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Psychomotorik Dienst
Stadt St.Gallen
C
Arbeitspapier Grafomotorik für
Kindergarten- Unterstufen- und
ISF Lehrpersonen
A
Schulgesundheitsdienst Psychomotorik Dienst PMD
Einleitung
Liebe Lehrpersonen
Die Grafomotorik ist ein Teilgebiet der Psychomotorik, im speziellen der Feinmotorik. Gra-
fomotorik bedeutet „Schreib-Bewegung“ und setzt sehr feine motorische Anpassungen
der Hand voraus.
Damit sich die Schreibbewegung überhaupt entwickeln kann, sind verschiedene Basisfunk-
tionen nötig. Es sind dies zum einen Funktionen der Schreibhand (Schreib- und Zeichenbe-
wegung, Kraftanpassung, taktilkinästhetische Wahrnehmung) wie auch visuelle (Formen-
aufnahme und -differenzierung) und auditive Wahrnehmungsleistungen (Lautaufnahme- und
differenzierung). Erst die Integration dieser Bereiche ermöglicht dem Kind den Weg zu ei-
nem gerichteten Strich und zur Schrift. Dabei ist diese Entwicklung auch von den individuel-
len Voraussetzungen des Kindes wie auch von Umweltanregungen abhängig.
Ebenfalls eine wichtige Rolle beim Erlernen des Zeichnens und Schreibens spielen nebst be-
wegungs- und wahrnehmungsbezogenen Bereichen emotionale, soziale und kognitive Aspek-
te.
Viele Kinder im Kindergarten und auf der Unterstufe haben grafomotorische Probleme ver-
schiedenster Ausprägung. Sie haben beispielsweise Mühe mit Zeichnen oder Schreiben, drü-
cken fest, sind verkrampft, haben eine unökonomische Stifthaltung oder zeigen eine unstabile,
unklare Handdominanz. Solche Kinder verlieren schnell die Lust am Malen, Zeichnen oder
Schreiben oder verweigern im schlimmsten Fall diese Tätigkeiten. Dadurch haben sie zu wenig
Übung und fühlen sich zusätzlich verunsichert.
Darum scheint es uns wichtig, mit Kindern, auch im Sinne der Prävention, die Basiselemen-
te des Schreibens (Sitz- und Stifthaltung, Fingerbewegung, …) und der Schrift (Striche in
verschiedene Richtungen, Punkte, Bögen, Kreise, …) möglichst schon im Kindergarten zu
thematisieren.
Ein Kind, das regelmässig malt und zeichnet übt nämlich alle Elemente der Schrift, ohne
dass es speziell unterstützt werden müsste.
Die vorliegenden Unterlagen, zusammengestellt von der Arbeitsgruppe Grafomotorik des
Psychomotorik Dienstes St.Gallen, sollen Ihnen Anregungen dazu geben. Sie sind zur Prä-
vention und zur Begleitung von leichteren grafomotorischen Schwierigkeiten gedacht. Für
weitere Hinweise und schwerwiegendere Probleme sind die Psychomotorik-Therapiestel-
len zuständig.
Die Zusammenstellung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Weitere Bücher mit
theoretischen Anregungen, Ideen und Spielmöglichkeiten sind in der Literaturliste zu fin-
den.
Wir hoffen, dass die Lehrpersonen mit diesen Inputs im Bereich der Grafomotorik einiges
„in Bewegung“ setzen können.
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1. Haltung:
1.1 Sitzhaltung
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Bild B
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• Fangis machen mit nicht zu strengen Wäscheklammern (Klammern an Kleider des ande-
ren anstecken oder wegnehmen)
• Im Pinzettengriff Rosinen, Haselnüsse etc. aufpicken. (Spielideen: Tier sammelt Vorräte
für Winter, Schätze stehlen, Hühner picken Körner, eines verzaubern…)
• Mit Wäscheklammern oder Pinzette Perlen, Schnüre (bspw. als Spaghetti), ... von Unter-
lage aufpicken
• Chinesische Stäbli im Dreipunktegriff halten, damit beidhändig etwas aus Schale fischen
(Spielidee: in Gruppe reihum würfeln, wer bestimmte Zahl hat, darf fischen…)
Schaukel
Regenbogen
Girlanden
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Sprünge
Liegende Acht
Wellen
• Knopf mit Bleistift über Unterlage ziehen oder stossen Spielideen: Kehrrichtsäcke
(Knöpfe) werden von Müllabfuhr (Stift) bei aufgezeichneten Häusern abgeholt, Auto
(Knopf) fährt durch Strassen, ... Immer wieder auf richtigen Dreipunktegriff achten!
• Kleine Spielfiguren oder flache Steine, etc. mit Stift durch aufgemalte Landschaften oder
Strassen in verschiedene Richtungen schieben (Spielidee: Schätze transportieren, ...)
Immer wieder auf richtigen Dreipunktegriff achten!
¿ Als Unterstützung für den Dreipunktegriff stellt der gezielte und sinnvolle Einsatz einer
Schreibhilfe (z.B. Grip oder Stetro) für Kinder mit ungünstiger Stifthaltung oft eine Hilfe
dar. Die vorgegebenen Fingerpositionen machen das Kind auf die ideale Haltung auf-
merksam. Ist die Position der Finger so automatisiert, kann sie auf den Stift ohne
Schreibhilfe übertragen werden. Beim freien Zeichnen, wo die Gestaltung und nicht die
Übung im Vordergrund steht, ist der Einsatz dieser „Hilfen“ nicht unbedingt geeignet, da
das Auswechseln der Schreibhilfen bei verschiedenen Farbstiften störend wirken kann.
¿ Dicke Farbstifte sind für Kinder zur Einübung des Dreipunktegriffs gut geeignet - denn ist
die Stifthaltung noch relativ ungeübt, können sich Finger und Hand beim Halten von dün-
nen Stiften wesentlich schneller verkrampfen und den Druck am Stift verstärken.
Mittlerweile gibt es auch ein reichhaltiges Angebot an dicken dreikantigen Bleistiften
und Farben, die eine ökonomische Stifthaltung erleichtern.
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2. Der Strich
2.1 Malentwicklung
Das Kind durchläuft in seiner grafomotorischen Entwicklung verschiedene Stufen. Vom
Zufallsergebnis (Kritzeln) und Freude am Tun (Spuren hinterlassen) zum gegenständlichen
Zeichnen (Mensch, Haus, …) bis hin zu gezielten Formen (einfache geometrische For-
men, eckig, rund, schräg, Wellen, …) und zur Schrift (eigener Name, …).
Voraussetzung für die Schrift ist eine gezielte Steuerung. Ein grosser Teil der Kinder er-
reicht im zweiten Kindergartenjahr diesen Entwicklungsstand (gezielte Formen, Anfang,
Ende und Richtung eines Striches, fortlaufende Bewegungen, Muster).
Kinder mit einem Entwicklungsrückstand oder Unsicherheiten brauchen gezielte Unter-
stützung, damit die Neugierde, Motivation und Freude am grafomotorischen Tun erhalten
bleiben oder geweckt werden kann.
3. Tonus
3.1 Was ist der „richtige“ Tonus ?
Unter Tonus verstehen wir die Körperspannung mit der gekritzelt, gezeichnet und ge-
schrieben wird; besonders in Schreibarm, -hand und –fingern. Der Tonus darf weder zu
stark noch zu schlaff sein. Durch Spüren (taktil-) und Bewegen (kinästhetisch) sollen viele
und richtige Informationen zur Verarbeitung ins Gehirn gelangen, verarbeitet und wieder
auf dem Papier ausgeführt werden können. Wenn diese „Leitung“ durch übermässige
Verkrampfung oder falsche Körperhaltung unterbrochen wird, gelingt der Informations-
fluss nicht mehr gut. Der richtige Tonus ist also die Spannung, die einen optimalen In-
formationsaustausch zwischen Gehirn und Hand ermöglicht.
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Erfahrungsgemäss reagieren die Kinder besser, wenn sie den richtigen Tonus experimen-
tell erforschen können.
Wir Menschen und auch einige Tiere haben eine sogenannte „Werkzeugintelligenz“ ent-
wickelt. Wir verlegen z.B. beim Einschlagen eines Nagels unser Gespür über die Finger-
spitzen der Hand hinaus bis in die Schlagfläche des Hammers und bei der anderen Hand
bis in den Kopf des Nagels – sonst würden wir wohl kaum so präzise treffen.
Die Bleistiftspitze ist in der Grafomotorik die Verlängerung der Finger: Die Grundfrage für
den richtigen Tonus heisst dann: „Kann ich das Papier durch die Bleistiftspitze spü-
ren?“
Verschiedene Papiersorten können zuerst mit den Fingerspitzen und dann mit dem Blei-
stift erspürt, erfahren und benannt werden. Dazu eignen sich z.B. aufgeklebte „Papier-
landschaften“. Wichtig ist dabei, dass die Kinder oft „blind“ bzw. mit verdeckten Augen
arbeiten können. Dabei werden die visuelle Sinneswahrnehmung unterdrückt und die tak-
tilkinästhetischen Kanäle geöffnet.
4 Gefühle
Im ganzen Bereich der Grafomotorik gilt es zu beachten, dass Kritzeln, Zeichnen, Planen
und besonders Schreiben nicht nur Arbeitstechniken bzw. „Feinmechanik“ sind, sondern
dass sie immer mit starken Gefühlen verbunden bzw. hochemotional sind.
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Angst, Aggression und besonders Frustration dazu. Oft werden solche Gefühle im Mo-
ment von den Kindern verdrängt und kommen vielleicht erst nach dem Kindergarten oder
zu Hause wieder zum Vorschein.
Es gilt deshalb zu beachten, dass Arbeit in der Grafomotorik immer auch Gefühlsarbeit
bzw. Arbeit im Gefühlshaushalt ist. Wie können Gefühle im richtigen Moment ausge-
drückt werden?
Im Kindergartenalter werden viele Kinder von ihren Gefühlen überschwemmt und können
noch nicht so gut einteilen, wie gross jetzt zum Beispiel die Frustration ist. Dabei kommt
es oft zu Überreaktionen oder Prägungen. Einige Kinder hören schon früh auf zu zeich-
nen, weil sie dem Vergleich mit den anderen und der Selbstkritik nicht standhalten kön-
nen. - Das ist schade, wäre eigentlich nicht nötig und ist für die grafomotorische Ent-
wicklung ein Rückschlag.
Die Motivation kommt am besten über die eigenen Motive der Kinder: Den Bus, einen
Dinosaurier, eine Prinzessin usw. zeichnen. Das Wichtigste in der grafomotorischen Ent-
wicklung ist, dass die Kinder möglichst mit ganzem Herzen dabei sein und sich trotz
Schwierigkeiten über ihre Arbeit freuen können.
5 Händigkeit
5.1 Handdominanz
Ein Kind darf in seiner Entwicklung der Händigkeit auf keinen Fall beeinflusst werden. Bei
Kindern, die noch keine eindeutige Bevorzugung ausdrücken, kann eine beidhändige För-
derung sinnvoll sein. Wenn sich im zweiten Kindergartenjahr noch keine Bevorzugung ei-
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ner Hand zeigt, empfehlen wir, sich mit einer Psychomotorik-Therapiestelle in Verbindung
zu setzen.
Wichtig ist, dass das Kind alle seine grafomotorischen Fertigkeiten auf der gleichen Hand
aufbaut.
5.2 Linkshänder
Für linkshändige Kinder sind gewisse Regeln zu beachten, die wir nachfolgend zusam-
mengestellt haben.
Gerade sitzen, d.h. auf beiden Hüften, Gewicht nicht nur auf eine Seite verlagert.
Heft oder Schreibblatt nicht zu nahe an den Bauch ziehen. Unterarm bleibt auf
dem Tisch liegen. Ellbogen oder Handgelenk dürfen weder hochgehoben noch
angewinkelt werden.
Das Heft oder Blatt liegt von der Körpermitte nach links.
Linkshänder „stossen“ die Schrift. Die Bewegung geht von aussen nach innen,
d.h. zur Körpermitte. Dazu bleibt die Hand in der geraden Linie des Unterarms,
wenn möglich auch unter der Schreiblinie. Die Schreibbewegung muss daher viel
stärker aus den Fingern kommen. Es sieht so aus, als ob die Finger nach „o-
ben“ schreiben müssten. Nur so kann vermieden werden, dass die Hand das
eben Geschriebene (mit Tinte) verwischt.
Für eine flüssige Schrift ist es unumgänglich, einen speziellen Füllfederhalter für
Linkshänder (mit Rundfeder) oder einen harten, feinen Filzstift zu kaufen.
Ein Linkshänder, der trotz dieser Hilfen nicht Schreiben lernt, ist möglicherweise
ein Linkshänder mit kompensatorischer Händigkeit (evtl. Rechtshänder mit mini-
malster cerebraler Bewegungsstörung rechts), oder ein Kind mit beidseitiger
Feinkoordinationsschwäche. Seine Handdominanz und Handgeschicklichkeit
(feinmotorischer Entwicklungs- und Übungsstand) müssen mit speziellen Test-
verfahren von einem Psychomotorik-Therapeuten geprüft werden.
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Es ist wichtig, dass die Lehrperson die Schreibhaltung und die Bewegungsabläu-
fe beim Schreiben, neben dem Kind sitzend, auch mit seiner linken Hand vor-
zeigt (Nachahmung!).
Rechtshänder: Linkshänder:
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Literaturverzeichnis
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