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Wichtig ist sicher, dass Freunde gewisse Bedürfnisse erfüllen können, einander etwas

zu bieten haben. Sie sind zum Beispiel da für soziale Funktionen wie den Austausch,
zum Trösten oder zum Feiern, aber auch für strukturelle Funktionen, also als Hilfe.
Das heisst aber nicht, dass Freundschaft nur mit Berechnung zu tun hat. Vor allem
aber sind wir soziale Wesen und haben ein Bedürfnis nach Zugehörigkeit. Man hat
also auch Freunde, weil sie einem gut tun. Wir haben in Tests herausgefunden, dass
Freunde das Selbstbewusstsein steigern.

Wie?
Wir haben die Testpersonen Fragebogen ausfüllen lassen. An Tagen, an denen sie
qualitativ gute Dinge mit ihren Freunden unternommen haben, waren sie zufriedener
mit sich selbst. Wir haben auch herausgefunden, dass in Ländern, in denen die
Bevölkerung mehr mit den Freunden unternimmt, im Schnitt ein höheres
Selbstwertgefühl herrscht, etwa in skandinavischen Ländern. In Ländern wie Ungarn
jedoch, wo ein niedriges Selbstwertgefühl herrscht, ist auch die
Freundschaftsfrequenz niedriger. Deutschland liegt im oberen Mittelfeld. In der
Schweiz dürfte es ähnlich sein.

Was ist ein guter Freund?


Das hängt von den eigenen Bedürfnissen ab. Wenn ich Alltagsbedürfnisse habe wie
Feiern, dann ist ein Feierfreund ein guter Freund. Es kann aber auch ein ganz
spezifisches Bedürfnis sein, wie der Austausch über einen seltenen Schmetterling. Je
spezieller eine Freundschaft ist, je weniger ist sie ersetzbar und umso wichtiger kann
sie sein, selbst wenn man sich nur selten sieht. Wichtig ist die Wechselseitigkeit.
Freunde müssen sich auf derselben Ebene begegnen. Eine gute Freundschaft muss
Bestand haben und stabil sein. Ein Luxuskriterium ist der gemeinsame Austausch.
Für mich gehört es dazu, dass man sich über bedeutsame Themen austauschen kann.

...was bei Männerfreundschaften ja nicht so der Fall sein soll.


Ja, die typischen Freunde, die schweigend zusammen angeln. Natürlich unterhalten
sich auch Männer mit ihren Freunden, aber sie sind tatsächlich etwas häufiger
geneigt, Freundschaften auch über gemeinsame Aktivitäten zu definieren. Frauen
dagegen legen mehr Wert auf Austausch.

Männer finden manchmal, nur Männerfreundschaften seien wahre


Freundschaften. Stimmt das?
Nein, absolut nicht. Im Gegenteil. Es sind eher die Frauen, die intensivere
Freundschaften haben, weil sie sich mehr miteinander austauschen und sich
gegenseitig eher offenbaren. Bloss gelten Frauen manchmal als zickiger und
eifersüchtiger als Männer, was sich natürlich auch auf eine Freundschaft auswirken
kann. Das ist ganz normal, schliesslich sind Gefühle im Spiel. Das bedeutet jedoch
nicht, dass die Freundschaft schlechter ist.

Wie wird aus einer Person ein Freund?


Der Zufall spielt eine grosse Rolle. Wenn man zum Beispiel in der Schule
nebeneinander sitzt, ist die Chance grösser, dass man sich befreundet. Wichtig ist
auch die wahrgenommene Ähnlichkeit, egal, ob diese objektiv da ist oder nicht.
Alleine schon die Illusion, zu meinen, man sei sich ähnlich, veranlasst die Leute,
mehr miteinander zu unternehmen. Ähnlichkeit fördert in diesem Sinne
Freundschaften.

Was ist mit «Gegensätze ziehen sich an»?


Das ist eine Weisheit aus dem Volksmund, die bei Freundschaften kein wirklicher
Faktor ist. In der Wissenschaft findet man dafür jedenfalls nur sehr selten Belege.
Sicher empfindet man das Fremde erstmal als interessant. Aber die Ähnlichkeit ist
bei Freundschaften viel wichtiger, selbst wenn sie eine Illusion ist.

Gibt es Seelenverwandtschaften bei Freunden?


Ja. Aber wie gesagt, ist dieses Gefühl der Ähnlichkeit in den meisten Fällen eine
Illusion. Man denkt: «Wir sind so ähnlich, wir sind seelenverwandt.» Wenn jedoch
ein Psychologe misst, was ähnlich ist, dann findet sich in der Regel nicht so viel. Das
ist eine Illusion, aber eine sehr wichtige, damit Freundschaften entstehen können.

Spielen Hormone bei der Auswahl der Freunde eine Rolle?


Nein. Es gibt kein spezifisches «Freundschaftshormon». Wozu auch, Freundschaften
sind ja nicht reproduktiv. Biologisch sind sie also höchstens indirekt relevant

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