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Martin Okrusch
Siegfried Matthes
Mineralogie
Eine Einführung in die spezielle Mineralogie,
Petrologie und Lagerstättenkunde
9. Auflage
Professor Dr. Martin Okrusch Professor Dr. Siegfried Matthes †
Lehrstuhl für Geodynamik
und Geomaterialforschung
Institut für Geographie
und Geologie
Universität Würzburg
Am Hubland
97074 Würzburg
Springer Spektrum
© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 1983, 1987, 1990, 1993, 1996, 2001, 2005, 2009, 2014
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Für Irene
Vorwort zur 9. Auflage
Vor genau 30 Jahren, im Sommer 1983, übergab Siegfried Matthes sein Mineralogie-
Lehrbuch erstmals der Öffentlichkeit. Dank einer gelungenen Konzeption erwarb sich
das Werk rasch viele Freunde, so dass bis zum Jahr 2001 bereits sechs Auflagen er-
scheinen konnten. Die letzte von ihnen stammt noch fast ganz aus der Feder von
Siegfried Matthes, der jedoch ihr Erscheinen nicht mehr erleben durfte, da er am 2. Mai
1999 im 86. Lebensjahr verstarb. Für mich war es Freude und Verpflichtung zugleich,
dieses erfolgreiche Lehrbuch weiter zu betreuen und an den aktuellen Wissensstand
anzupassen. Mit den 2005 und 2009 erschienenen Neuauflagen erhielt das Werk ein
neues, ansprechenderes Erscheinungsbild; es wurde z. T. neu gegliedert, inhaltlich er-
weitert und reichhaltiger illustriert. Neu hinzu kamen u. a. eine Einführung in die
Geochemie, eine umfassendere Darstellung der Kristallographie auf elementarer
Grundlage, sowie Kapitel über unser Planetensystem und seine Entstehung.
Auch für die 9. Auflage habe ich mich wieder um die Aktualisierung des Inhalts
bemüht, wobei mir besonders Übersichtsartikel in den Zeitschriften Elements,
Chemie der Erde und Mineralium Deposita sowie kritische Hinweise von Fachkollegen
eine große Hilfe waren. Das einleitende Kapitel Einführung und Grundbegriffe wurde
als neuer Teil I in die drei Kapitel Kristalle, Minerale und Gesteine aufgeteilt; die neuen
Kapitel 2 und 3 sind textlich erweitert und gewinnen durch neue Abbildungen an
Informationsgehalt. Neu hinzu gekommen sind ein Abschnitt zum Thema Edelsteine;
dem Würzburger Paläontologen Gerd Geyer verdanke ich eine wesentliche Verbesse-
rung des Textes zur Biomineralisation. Im Kapitel Silikate kam ein neuer Abschnitt
über den Cancrinit hinzu und Reiner Klemd (Erlangen) erweiterte das Kapitel über
Flüssigkeits-Einschlüsse um einen aktuellen Text zur ortsauflösenden Analytik. Ein
besonderes Anliegen war es mir, im petrologisch-lagerstättenkundlichen Teil die welt-
wirtschaftlich wichtigen Erzlagerstätten, insbesondere die sog. Giant Deposits, noch
stärker zu berücksichtigen. Die Textaussagen im Kapitel über Sedimente und Sedi-
mentgesteine wurden durch zusätzliche Abbildungen unterstützt und der Text über
die Migmatite im Metamorphose-Kapitel modernisiert. Neu geschrieben wurden wei-
te Passagen in den Kapiteln über den Mond, die Meteorite und unser Planetensystem.
Im Hinblick auf die thematische Breite dieses Lehrbuches war es schon für die
7. und 8. Auflage angesagt, kompetente Kollegen um kritische Durchsicht einzelner
Kapitel, z. T. auch um Textbeiträge zu bitten. Für diese wertvolle Hilfe bin ich Eckard
Amelingmeier (Würzburg), Hans Ulrich Bambnauer (Münster/Ostbevern), Gerd Geyer
(Würzburg), Herbert Kroll (Münster), Joachim Lorenz (Karlstein am Main), Karl
Mannheim (Würzburg), Uli Schüssler (Würzburg), Hans Adolf Seck (Köln), Ekkehart
Tillmanns (Wien) und Thomas Will (Würzburg) zu großem Dank verpflichtet.
Für konstruktive Kritik, wichtige Hinweise und Anregungen sowie für die Über-
lassung von Bildmaterial für diese Auflage gilt mein herzlicher Dank Addi Bischoff
(Münster), Joachim Bohm (Berlin), Thomas Cramer (Bogota), Jun Gao (Beijing), Reto
Gieré (Freiburg im Breisgau), Heribert Graetsch (Bochum), Klaus Heide (Jena), Jorijntje
Henderiks (Uppsala), Wolfgang und Gertrude Hermann (Würzburg), Reiner Klemd
(Erlangen), Joachim Lorenz (Karlstein am Main), Neil McKernow (Albany, West-
Australien), Uwe Ring (Stockholm), Ekkehart Tillmanns (Wien), Manfred Wildner
VIII Vorwort zur 9. Auflage
(Wien), Klaus Wittel (Frankfurt am Main) und Armin Zeh (Frankfurt am Main) sowie
meinen Würzburger Kolleginnen und Kollegen Eckard Amelingmeier, Hartwig
Frimmel, Gerd Geyer, Dorothée Kleinschrot, Nikola Koglin, Karl Mannheim, Ulrich
Schüssler, Volker von Seckendorff und Tobias Sprafke. Die anregenden Diskussionen
mit meinem Amtsnachfolger Hartwig Frimmel sind für mich immer wieder Grund
zur Freude.
Besonderer Dank gebührt wiederum Klaus-Peter Kelber, der exzellente Farbfotos
von Mineralen und Gesteinen für die neue Auflage beisteuerte. Winfried Weber danke
ich sehr für seine sorgfältigen Zeichenarbeiten. Wie gewohnt, gestaltete sich die Zu-
sammenarbeit mit dem Springer-Verlag sehr konstruktiv und vertrauensvoll. Hierfür
herzlichen Dank an Merlett Behncke-Braunbeck, Martina Mechler, Dr. Chris Bendall
und Dr. Wolfgang Witschel. Ich freue mich sehr, dass Armin Stasch (Bayreuth) wieder
das Layout des Buches übernehmen konnte. Sein Einfühlungsvermögen und seine
Kompetenz sind für mich immer eine Quelle der Beruhigung.
Ich hoffe, dass diese Einführung dazu beiträgt, die komplexen Prozesse, durch die
sich Minerale, Gesteine und Erzlagerstätten in der Natur bilden, besser zu verstehen.
In den letzten Jahren haben wir gelernt, dass die ersten Minerale schon in einer sehr
fernen Vergangenheit im Universum kristallisierten, lange bevor unser Planetensys-
tem entstand. Andererseits wird uns immer mehr bewusst, dass eine ausreichende
Versorgung mit mineralischen Rohstoffen, ohne die unsere menschliche Zivilisation
nicht existieren kann, keine Selbstverständlichkeit ist, sondern erhebliche Anstren-
gungen erfordert. Möge die 9. Auflage dieses Lehrbuches wieder neue Freunde unter
Studierenden und Hochschullehrern der Geowissenschaften, aber auch unter interes-
sierten Mineraliensammlern finden!
Auch diese Neuauflage des Mineralogie-Lehrbuches widme ich meiner Frau als Dank
für ihre unverzichtbare Hilfe beim Korrekturlesen und ihr liebevolles Verständnis für
die verstärkte zeitliche Belastung im letzten Jahr. Wie oft musste sie bei der Gartenar-
beit auf meine Mitwirkung verzichten!
Das vorliegende Buch ist eine Einführung in die Mineralogie, Petrologie und Lager-
stättenkunde auf genetischer Grundlage. Es widmet sich dem speziellen Teil des Fa-
ches, wobei Grundkenntnisse aus dem allgemeinen Teil – der allgemeinen Mineralo-
gie und der Kristallographie – vorausgesetzt werden. Darüber hinaus sind neben geo-
logischen Kenntnissen Grundlagen der allgemeinen, anorganischen und physikali-
schen Chemie an vielen Stellen sehr nützlich.
Im einleitenden Teil werden wichtige Begriffe erläutert und definiert. Im Teil I
folgte eine Auswahl der häufigsten Minerale in übersichtlicher Form und in Anleh-
nung an die Systematik von H. Strunz. Teil II ist der Petrologie und Lagerstätten-
kunde gewidmet. Er gliedert sich: A in die magmatische Abfolge mit Systematik und
Genese der magmatischen Gesteine einschließlich der Mineral- und Lagerstätten-
bildung, die mit magmatischen Vorgängen im Zusammenhang steht, B in die sedi-
mentäre Abfolge mit den Verwitterungsprodukten, Sedimenten und Sedimentgestei-
nen einschließlich der Mineral- und Lagerstättenbildung, C die Gesteinsmetamor-
phose einschließlich der Ultrametamorphose und der Metasomatose. Ein abschlie-
ßender Teil III widmet sich dem Stoffbestand von Erde und Mond und in einem kur-
zen Abschnitt auch den Meteoriten. Den einschlägigen experimentellen Zustandsdi-
agrammen – Ein-, Zwei- und Drei-Komponentensystemen – wird der ihnen ihrer
Bedeutung nach zukommende Raum gewährt. An allen möglichen Stellen finden sich
Hinweise auf die technisch-wirtschaftliche Bedeutung der Minerale, Gesteine und
Lagerstätten als Rohstoffe.
Das Buch ist aus Vorlesungen und Übungen hervorgegangen, die der Verfasser im
Laufe der Zeit seit 1950 an den Universitäten Frankfurt (M) und Würzburg durchge-
führt hat. So ist der Inhalt des Buches in erster Linie den Bedürfnissen des Unterrichts
an Universitäten und Hochschulen angepasst. Getroffene Auswahl und Umfang des
Stoffes dieses speziellen Teiles des Faches entsprechen nach Ansicht des Verfassers
weitgehend dem Lehrauftrag für das Grundstudium in Mineralogie. Für Studierende
der Geologie und andere Studierende, die Mineralogie als Neben- bzw. Beifach wäh-
len, dürfte das Buch auch bei den Anforderungen im Hauptstudium (Aufbaustudium)
hilfreich sein. In allen Fällen kann es in Verbindung und zur Ergänzung von Vorlesun-
gen und Übungen genutzt werden. Für das Weiterstudium und als Quellennachweis
ist am Schluss des Buches ein Verzeichnis wichtiger Lehrbücher und Monographien
aufgenommen worden. Das Buch richtet sich auch an diejenigen, die dem Fach Inter-
esse entgegenbringen, um sich Grundkenntnisse zu erwerben oder es beruflich als
Informationsquelle zu nützen. Verlag und Verfasser möchten glauben, dass das vorlie-
gende Buch innerhalb des deutschsprachigen Schrifttums eine derzeit spürbare Lücke
schließen hilft.
Die Kristallbilder sind dem Atlas der Kristallformen von V. Goldschmidt, die Kris-
tallstrukturen großenteils dem Strukturbericht entnommen und umgezeichnet wor-
den. Die meisten Diagramme und Strichzeichnungen stammen aus dem zitierten
Schrifttum, teilweise vereinfacht, andere ergänzt. Die Zahl der Autotypien wurde mit
Rücksicht auf die Preisgestaltung des Buches niedrig gehalten.
X Vorwort zur 1. Auflage
Bei der Fertigung des Buches erfuhr ich aus dem hiesigen Institut mannigfaltige
Hilfe. Herr Prof. Martin Okrusch übernahm die kritische Durchsicht des Manuskrip-
tes. Seine Ratschläge wurden als substantielle Verbesserungen dankbar anerkannt.
Darüber hinaus gewährte er mir freundliche Hilfe beim Lesen der Korrektur. Herr
Klaus Mezger vom hiesigen Institut unterstützte mich bei der Fertigung des Registers.
Herr Klaus-Peter Kelber hat sich mit der sorgfältigen Ausführung der Zeichnungen
und allen Mineralfotos große Verdienste um das Buch erworben. Die Originalauf-
nahmen zu den Abbildungen 145 und 146 stellte Herr Prof. K. R. Mehnert, Berlin,
freundlicherweise zum Abdruck zur Verfügung. Die Fotos der Abb. 92 und 93 stam-
men vom Verfasser. Meine Tochter Heike hatte die lästige Aufgabe der Reinschrift des
Manuskriptes übernommen. Allen sei für die gewährte Hilfe herzlich gedankt!
Schließlich habe ich dem Verlag für die jederzeit vertrauensvolle Zusammenar-
beit, die Ausstattung des Buches und dessen erschwinglichen Preis zu danken, Herrn
Dr. Konrad F. Springer für sein stets förderndes Interesse und Herrn Dr. Dieter Hohm
für Mühewaltung und Umsicht während dieser Zusammenarbeit.
Teil I
Einführung und Grundbegriffe ............................................................ 1
1 Kristalle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3
1.1 Kristallmorphologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4
1.2 Kristallstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8
1.2.1 Bravais-Gitter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8
1.2.2 Raumgruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10
1.2.3 Kristallstrukturbestimmung mit Röntgenstrahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10
1.3 Kristallchemie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12
1.3.1 Grundprinzipien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12
1.3.2 Arten der chemischen Bindung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12
1.3.3 Einige wichtige Begriffe der Kristallchemie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14
1.4 Kristallphysik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16
1.4.1 Härte und Kohäsion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16
1.4.2 Wärmeleitfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16
1.4.3 Elektrische Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17
1.4.4 Magnetische Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18
1.5 Kristalloptik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19
1.5.1 Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20
1.5.2 Grundzüge der Durchlicht-Mikroskopie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21
1.5.3 Grundzüge der Auflichtmikroskopie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27
Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29
2 Minerale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31
2.1 Der Mineralbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32
2.2 Mineralbestimmung und Mineralsystematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33
2.3 Vorkommen und Ausbildung der Minerale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35
2.4 Gesteinsbildende und wirtschaftlich wichtige Minerale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36
2.4.1 Gesteinsbildende Minerale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36
2.4.2 Nutzbare Minerale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39
2.4.3 Edelsteine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39
2.5 Biomineralisation und medizinische Mineralogie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42
2.5.1 Mineralbildung im Organismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43
2.5.2 Medizinische Mineralogie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48
2.6 Mineralogische Wissenschaften
und ihre Anwendungsgebiete in Technik, Industrie und Bergbau . . . . . . . . . . . . . 52
Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53
3 Gesteine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55
3.1 Mineralinhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56
3.2 Beziehungen zwischen chemischer Zusammensetzung und Mineralinhalt:
Heteromorphie von Gesteinen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56
XII Inhaltsverzeichnis
3.3 Gefüge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56
3.3.1 Struktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56
3.3.2 Textur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57
3.4 Geologischer Verband . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60
3.5 Abgrenzung der gesteinsbildenden Prozesse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61
3.6 Mineral- und Erzlagerstätten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63
Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66
Teil II
Spezielle Mineralogie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67
4 Elemente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69
4.1 Metalle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70
4.2 Metalloide (Halbmetalle) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75
4.3 Nichtmetalle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75
Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81
6 Halogenide . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99
Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102
11 Silikate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143
11.1 Inselsilikate (Nesosilikate) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145
11.2 Gruppensilikate (Sorosilikate) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153
11.3 Ringsilikate (Cyclosilicate) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156
11.4 Ketten- und Doppelkettensilikate (Inosilikate) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160
11.4.1 Pyroxen-Familie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161
11.4.2 Pyroxenoide . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165
11.4.3 Amphibol-Familie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166
11.5 Schichtsilikate (Phyllosilikate) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169
11.5.1 Pyrophyllit-Talk-Gruppe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171
11.5.2 Glimmer-Gruppe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172
11.5.3 Hydroglimmer-Gruppe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174
11.5.4 Sprödglimmer-Gruppe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174
11.5.5 Chlorit-Gruppe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174
11.5.6 Serpentin-Gruppe, Mg6[(OH)8/Si4O10] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175
11.5.7 Tonmineral-Gruppe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176
11.5.8 Apophyllit-Gruppe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178
11.6 Gerüstsilikate (Tektosilikate) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179
11.6.1 SiO2-Minerale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179
11.6.2 Feldspat-Familie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189
11.6.3 Feldspatoide (Foide, Feldspatvertreter) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198
11.6.4 Cancrinit-Gruppe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200
11.6.5 Skapolith-Gruppe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200
11.6.6 Zeolith-Familie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201
Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204
Teil III
Petrologie und Lagerstättenkunde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213
14 Vulkanismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241
14.1 Effusive Förderung: Lavaströme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243
14.2 Extrusive Förderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246
14.3 Explosive Förderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246
14.4 Gemischte Förderung: Stratovulkane . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 252
14.5 Vulkanische Dampftätigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 252
Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255
15 Plutonismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 257
15.1 Die Tiefenfortsetzung von Vulkanen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 258
XIV Inhaltsverzeichnis
22 Pegmatite . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 335
22.1 Theoretische Überlegungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 336
22.2 Geologisches Auftreten und Petrographie von Pegmatiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 337
22.3 Pegmatite als Rohstoffträger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 339
22.4 Geochemische Klassifikation der Granit-Pegmatite . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 340
Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 340
Teil IV
Stoffbestand und Bau von Erde und Mond
– unser Planetensystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 513
31 Meteorite . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 547
31.1 Fallphänomene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 548
31.2 Häufigkeit von Meteoriten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 550
31.3 Haupttypen der Meteorite . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 552
31.3.1 Undiffenzierte Steinmeteorite: Chondrite . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 553
31.3.2 Differenzierte Steinmeteorite: Achondrite . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 557
31.3.3 Stein-Eisen-Meteorite (differenziert) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 559
31.3.4 Eisenmeteorite (differenziert) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 561
31.4 Tektite . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 563
Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 564
A Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 639
A.1 Übersicht wichtiger Ionenradien
und der Ionenkoordination gegenüber O2– . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 639
A.2 Berechnung von Mineralformeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 639
A.3 Lernschema der subalkalinen Magmatite und der Alkali-Magmatite . . . . . . . 642
Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 643
Abdruckgenehmigungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 644
I Index . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 645
Sachindex . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 645
Geographischer Index . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 713
I
Teil I
Das Mineral, Plural: die Minerale oder gleichfalls gebräuchlich die Minerali-
en (verwendet in Begriffen wie Mineraliensammlung oder Mineralienbörse etc.).
1
Kristalle
1.1 Kristalle (grch. κρύσταλλοσ = Eis, übertragen auf den Bergkristall; Abb. 1.1) sind
Kristallmorphologie feste, homogene, anisotrope Körper mit dreidimensional periodischer Anordnung
ihrer chemischen Bausteine (Atome, Ionen, Moleküle).
1.2 Der Kristallbegriff greift weit über die Mineralwelt hinaus; er umfasst ebenso
Kristallstruktur alle kristallinen Substanzen, die im Labor und in technischen Betrieben künstlich
gezüchtet oder durch Massenkristallisation hergestellt werden.
1.3 In einer Kristallstruktur sind die Atome, Ionen oder Molekülgruppen periodisch zu
Kristallchemie Raumgittern angeordnet, d. h. in bestimmten Richtungen treten sie immer wieder
in gleichen Abständen auf (Translationsabstände der Gitterpunkte; Abb. 1.2). Jeder
1.4 Kristall, d. h. auch jedes kristallisierte Mineral zeichnet sich durch einen ihm eige-
Kristallphysik nen, geometrisch definierten Feinbau aus.
Als Ergebnis dieses Gitterbaus sind Kristalle homogen, d. h. sie sind physika-
1.5 lisch und chemisch einheitlich aufgebaut. Der Begriff der Homogenität lässt sich
Kristalloptik noch schärfer fassen, wenn man die vektoriellen, d. h. die richtungsabhängigen
physikalischen Eigenschaften wie Härte, Kohäsion, Wärmeleitfähigkeit, elektrische
Leitfähigkeit, Lichtbrechung und Doppelbrechung betrachtet. Ein Körper ist ho-
mogen, wenn er in parallelen Richtungen gleiches Verhalten zeigt. Aus der Fein-
struktur von Kristallen ergibt sich weiter ihre Anisotropie, die bedeutet, dass die
vektoriellen physikalischen Eigenschaften in unterschiedlichen Richtungen ver-
schieden sind. Demgegenüber treten in isotropen Medien wie z. B. Glas in unter-
schiedlichen Richtungen gleiche vektorielle Eigenschaften auf (Abb. 1.3). Beispie-
le hierfür werden im Abschn. 1.4 Kristallphysik besprochen.
Es sei in diesem Zusammenhang daran erinnert, dass nicht nur Minerale, sondern fast alle anorga-
nischen und sehr viele organische Festköper sich im kristallisierten Zustand befinden. Als techni-
sche Produkte bestimmen Kristalle unser tägliches Leben vom Zucker bis zum Aspirin, vom Schwing-
quarz in unseren Uhren bis zum Mikrochip im Computer, vom Laserkristall bis zum Katalysator in
unseren Fahrzeugen.
Abb. 1.1.
Kristallgruppe von Quarz,
Varietät Bergkristall, Ar-
kansas/USA. Etwa P der
natürlichen Größe.
(Foto: K.-P. Kelber)
1.1 1.1 gestalt nicht oder nicht voll entwickeln. Das ist insbeson-
Kristallmorphologie dere beim Kristallisieren von Mineralen in der Natur der
Fall: Minerale in Gesteinen besitzen nur selten gut aus-
Bei freiem, nicht behindertem Wachstum werden Kris- gebildete Flächen (Abb. 3.1, S. 57).
talle von ebenen Flächen begrenzt (Abb. 1.1), deren Rich- Es gilt das Gesetz der Winkelkonstanz, das in seinen
tungen im mathematischen Zusammenhang zum Raum- Grundzügen bereits im Jahr 1669 von dem dänischen
gitter stehen. Die Bildung von Kristallflächen ist Aus- Arzt und Naturwissenschaftler Niels Stensen (latinisiert
druck der Anisotropie der Wachstumsgeschwindigkeit: Nicolaus Steno, 1638–1686) am Quarz entdeckt wurde,
Rasches Wachstum in einer bestimmten Richtung führt allerdings in der Folgezeit in Vergessenheit geriet:
dazu, dass zunächst angelegte Flächen zu Kanten oder
Ecken entarten; langsames Wachstum führt dagegen zur Alle zu einer Kristallart gehörenden, chemisch gleich
Ausbildung größerer Kristallflächen (Abb. 1.4). Die zusammengesetzten Einzelkristalle schließen zwi-
Flächenkombinationen eines Kristallpolyeders (Kristall- schen analogen Flächen stets gleiche Winkel ein.
tracht) und die Größenverhältnisse der einzelnen Flä-
chen (Habitus) sind von den jeweiligen Wachstums- Dieses Gesetz gilt uneingeschränkt, und zwar auch für
bedingungen abhängig, insbesondere von Druck, Tem- Kristalle, die stark verzerrt gewachsen sind (Abb. 1.5).
peratur und chemischer Zusammensetzung der Schmelze Kristalle zeigen in ihrer äußeren (Ideal-)Gestalt und in
oder Lösung, in denen der betreffende Kristall wächst. der Verteilung ihrer vektoriellen physikalischen Eigen-
Kristalle gleicher Tracht können ganz unterschiedlichen schaften Symmetrie-Eigenschaften, welche die symme-
Habitus aufweisen, z. B. planar, isometrisch, säulig, trische Anordnung der Bausteine (Atome, Ionen, Mole-
nadelig. Wegen gegenseitiger Behinderung in ihrem küle) in der Kristallstruktur widerspiegeln.
Wachstum können die meisten Kristalle ihre Kristall-
Symmetrie ist die gesetzmäßige Wiederholung ei-
nes Motivs (Borchardt-Ott 2002), z. B. eines Gitter-
punktes oder einer Kristallfläche.
Abb. 1.5.
Kristallverzerrungen beim Quarz.
a–d Kopfbilder, e–f Parallelpro-
jektionen. (Aus Ramdohr u.
Strunz 1978)
*3m, trig.-pyramidal: In der 3-zähligen Drehachse c die ⊥ a1, a2, a3 bzw. ⊥ zu deren Winkelhalbierenden
schneiden sich drei Spiegelebenen, die ⊥ a1, a2, a3 ste- stehen; daraus resultieren 3 + 3 2-zählige Drehach-
hen. Beispiele: Turmalin (S. 158f), Millerit NiS, Prous- sen // a1, a2 a3 bzw. // zu deren Winkelhalbierenden.
tit und Pyrargyrit (S. 95). Mehrere wichtige Mineralbeispiele wie Beryll (S. 156f),
*32/m (3m), ditrig.-skalenoedrisch: In der 3-zähligen Molybdänit-2H, Graphit-2H (S. 75).
Drehinversionsachse c schneiden sich drei Spiegel-
ebenen, die ⊥ a1, a2, a3 stehen; daraus resultieren die Kubisches Kristallsystem:
drei 2-zähligen Drehachsen // a1, a2, a3. Zahlreiche a1 = a2 = a3, α 1 = α 2 = α 3 = 90°
Mineralbeispiele wie Calcit (Kalkspat, S. 118f), Korund
(S. 107), Hämatit (S. 108), Brucit Mg(OH)2, ged. Bis- Gemeinsames Kennzeichen aller fünf kubischen Kristall-
mut (gediegenes = elementares Bismut), ged. Antimon klassen sind 3-zählige Drehachsen oder Drehinversions-
und ged. Arsen (S. 75). achsen, die // der Raumdiagonale des Würfels (RD)
*32, trig.-trapezoedrisch: ⊥ auf der 3-zähligen Dreh- liegen und im Hermann-Mauguin-Symbol an zweiter
achse c stehen drei 2-zählige Drehachsen a1, a2, a3. Stelle genannt werden. An erster Stelle stehen die 4- oder
Wichtigstes Mineralbeispiel ist der Tiefquarz (S. 182ff); 2-zähligen Drehachsen oder Drehinversionsachsen, die
weiter sind zu nennen Cinnabarit (Zinnober, S. 90), // a1, a2, a3 liegen sowie die ⊥ darauf stehenden Spiegel-
ged. Selen Se und ged. Tellur Te. ebenen (m). An dritter Stelle werden die zweizähligen
Drehachsen // zur Flächendiagonale des Würfels (FD)
Hexagonales Kristallsystem: und die ⊥ darauf stehenden Spiegelebenen genannt.
meist a1 = a2 = a3 ≠ c, α = β = 90°, γ = 120°
23, kub.-tetraedrisch-pentagondodekaedrisch (nicht
Hauptachse c ist eine 6-zählige Drehachse oder Dreh- zu verwechseln mit der trigonalen Kristallklasse 32!):
inversionsachse; senkrecht dazu stehen drei Nebenach- Drei 2-zählige Drehachsen // a1, a2, a3, vier 3-zählige
sen a1, a2 und a3. Es besteht eine enge Verwandtschaft Drehachsen // RD. Beispiel: Ullmanit NiSbS, Gersdorf-
zum trigonalen System. fit NiAsS, Langbeinit K2Mg2[SO4]3.
*2/m3 (m3), kub.-disdokaedrisch: Drei Spiegelebenen
*6, hex.-pyramidal: 6-zählige Drehachse c. Beispiel: ⊥ a1, a2, a3, vier 3-zählige Drehinversionsachsen // RD;
Nephelin (S. 198), Cancrinit (S. 200) daraus resultieren drei 2-zählige Drehachsen // a1, a2, a3.
6 (= 3/m), trig.-dipyramidal: 6-zählige Drehinver- Beispiele: Wichtige Erzminerale wie Pyrit (S. 91),
sionsachse c (identisch mit 3-zähliger Drehachse c und Skutterudit (S. 94), Sperrylith PtAs2.
⊥ darauf stehender Spiegelebene). Beispiel: Laurelit *43m, kub.-hexakistetraedrisch: Drei 4-zählige Dreh-
Pb7F12Cl2. inversionsachsen // a1, a2, a3, vier 3-zählige Drehach-
*6/m, hex.-dipyramidal: ⊥ zur 6-zähligen Drehachse sen // RD, sechs Spiegelebenen ⊥ FD. Zahlreiche Bei-
steht eine Spiegelebene. Wichtigstes Beispiel: Apatit spiele wie Sphalerit (Zinkblende, S. 86), Tetraedrit und
(S. 138f), ferner Pyromorphit und Vanadinit (S. 140f). Tennantit (S. 96f), β -Boracit β -Mg3[Cl / B7O13], Soda-
6mm, dihex.-pyramidal: In der 6-zähligen Dreh- lith (S. 199).
achse c schneiden sich 3 + 3 Spiegelebenen, die 432, kub.-pentagonikositetraedrisch: Drei 4-zählige
⊥ a1, a2, a3 bzw. ⊥ zu deren Winkelhalbierenden ste- Drehachsen // a1, a2, a3, vier 3-zählige Drehachsen // RD,
hen. Beispiele: Wurtzit (S. 88), Greenockit CdS, Zin- sechs 2-zählige Drehachsen // FD. Petzit Ag3AuTe2.
kit ZnO. *4/m32/m (m3m), kub. hexakisoktaedrisch: Drei
6m2, ditrig.-dipyramidal: Drei vertikale Spiegel- Spiegelebenen ⊥ a1, a2, a3, vier 3-zählige Drehinver-
ebenen, die ⊥ a1, a2, a3 liegen, schneiden sich in der sionsachsen // RD, 6 Spiegelebenen ⊥ FD; daraus re-
6-zähligen Drehinversionsachse c; daraus ergeben sich sultieren drei 4-zählige Drehachsen // a1, a2, a3 und
drei 2-zählige Drehachsen, die in den Spiegelebenen sechs 2-zählige Drehachsen // FD. Zahlreiche wichti-
liegen und die Winkelhalbierenden zwischen a1, a2, a3 ge Mineralbeispiele: ged. Kupfer, Silber, Gold und
bilden. Beispiele: Bastnäsit (Ce,La,Y)[F / CO3], Beni- Platinmetalle (S. 74f), Diamant (S. 76), Halit (Steinsalz,
toid BaTi[Si3O9]. S. 100), Fluorit (Flussspat, S. 101f), Periklas MgO, Ura-
*622, hex.-trapezoedrisch: ⊥ zur 6-zähligen Dreh- ninit (S. 112f), Spinell (S. 104ff), Magnetit (S. 105f),
achse c stehen 3 + 3 2-zählige Drehachsen // a1, a2, a3 Chromit (S. 106), Argentit (Silberglanz, S. 84f), Gale-
bzw. // zu deren Winkelhalbierenden. Beispiele: nit (Bleiglanz, S. 85f), Granat-Gruppe (S. 148).
Hochquarz (S. 182, 187f), Kaliophilit K[AlSiO4].
*6/m2/m2/m (6/mmm), dihex.-dipyramidal: ⊥ zur Die Bezeichnung der Kristallflächen im Kristallpoly-
6-zähligen Drehachse c steht eine Spiegelebene; in der eder und der entsprechenden Netzebenen in der Kristall-
6-zähligen Achse schneiden sich 3 + 3 Spiegelebenen, struktur erfolgt über die Miller’schen Indizes. Auf Grund
8 1 · Kristalle
der Kristallstrukturbestimmung mittels Röntgenbeugung nicht nur auf eine einzelne Fläche, sondern auf die ge-
wird eine Einheitsfläche gewählt, die auf dem Achsenkreuz samte Form, d. h. auf die Gemeinschaft äquivalenter Flä-
des jeweiligen Kristallsystems Achsenabschnitte erzeugt chen, die durch eine oder mehrere Symmetrie-Operatio-
(Abb. 1.2). Setzt man den Achsenabschnitt auf der b-Ach- nen ineinander überführt werden, so setzt man die Miller-
se = 1, so ergibt sich ein Achsenverhältnis, das für jede oder Bravais-Indizes in geschweifte Klammern, also z. B.
Kristallart charakteristisch ist, z. B. beim orthorhombi- {1010} für das hexagonale Prisma beim Quarz.
schen Topas a : b : c = 0,528 : 1 : 0,955. Diesem entspricht
das Verhältnis der Gitterkonstanten der entsprechenden Als Zone bezeichnet man eine Schar von Kristallflächen (h1k1l1),
Kristallstruktur, die durch Röntgenbeugung ermittelt wer- (h2k2l2), (h3k3l3), die sich in parallelen Kanten schneiden; Flächen,
den (vgl. Abschn. 1.2 Kristallstruktur), z. B. für die Topas- die einer Zone angehören, sind tautozonal. Das Zonensymbol [uvw]
wird in eckige Klammern gesetzt. Für die Indizierung von Zonen
struktur ao = 4,65 Å, bo = 8,80 Å, co = 8,40 Å (1 Å = 10–8 cm);
gilt die Zonengleichung hu + kv + lw = 0, aus der sich z. B. ableiten
a o : b o : c o = 4,65 : 8,80 : 8,40 = 0,528 : 1 : 0,955. Für die lässt, dass die tetragonalen Prismenflächen (100), (010), (100) und
Miller’schen Indizes wählt man nun die reziproken (010) alle zur Zone [001] gehören, die // der c-Achse verläuft. Dem-
Achsenabschnitte der einzelnen Flächen und macht die- gegenüber gehören zwar die Flächen (100) und (100) zur Zone [010],
se ganzzahlig und teilerfremd, wobei die Einheitsfläche die parallel zur b-Achse verläuft, nicht aber (010) und (010).
mit (111) indiziert wird (Abb. 1.7). Eine Fläche, die nur
die a-Achse schneidet, also parallel zu b und c läuft bzw. Für ein vertieftes Verständnis dieser kristallographi-
diese im Unendlichen schneidet, hätte die Achsenab- schen Indizierungen sind das Durcharbeiten von geeig-
schnitte 1∞∞, reziprok gerechnet (100). Analog dazu ha- neten Kristallographie-Lehrbüchern (z. B. Bochardt-Ott
ben Flächen, die nur die b- oder die c-Achse schneiden, 2008; Kleber et al. 2010) und die Teilnahme an kristallo-
die Indizes (010) bzw. (001) (Abb. 1.7). Flächen parallel c, graphischen Anfängerübungen unbedingt erforderlich.
die a und b im gleichen Achsenabschnitt schneiden
1.2 (immer bezogen auf das jeweilige Achsenverhältnis, das 1.2
durch die Einheitsfläche definiert ist!) haben den In- Kristallstruktur
dex (110); Flächen, die a im einfachen, b im doppelten
Achsenabschnitt schneiden, hätten die Achsenab- 1.2.1
schnitte 12∞, was – reziprok genommen und ganzzahlig Bravais-Gitter
gemacht – den Index (210) ergibt. Negative Achsenab-
schnitte werden durch einen Strich (–) über der entspre- Wir hatten bereits darauf hingewiesen, dass zwischen
chenden Ziffer gekennzeichnet. Zur allgemeinen Kenn- äußerer Kristallgestalt und innerer Kristallstruktur eine
zeichnung der Flächenlagen verwendet man die Indizes grundsätzliche Korrespondenz besteht. Der wesentliche
(hkl), (hk0), (h0l) und (0kl) (Abb. 1.7). Für das trigonale Unterschied liegt darin, dass in der Kristallstruktur die
und hexagonale System gelten die viergliedrigen Bravais- Translation als wichtige Deckoperation dazukommt. Die-
Indizes (hkil), wobei i = –(h + k) ist, z. B. (1010) für eine se tritt wegen der geringen Größe der Translationsbeträge
Prismenfläche beim Quarz. Bezieht sich die Indizierung im Ångström-Bereich (1 Å = 10–8 cm) kristallmorpho-
Abb. 1.7.
Die Miller’schen Indizes für
wichtige Flächenlagen in einem
rhombischen Achsenkreuz. Un-
ter den allgemeinen Flächen-
lagen (hkl) wird eine als Ein-
heitsfläche (111) gewählt
1.2 · Kristallstruktur 9
logisch nicht in Erscheinung. Wie 1842 Moritz Ludwig triklin („dreifach geneigt“) oder anorthisch, abgekürzt a
Frankenheim (1801–1869) und 1850 Auguste Bravais monoklin („einfach geneigt“), abgekürzt m
(1811–1863) zeigen konnten, gibt es insgesamt 14 Trans- rhombisch oder orthorhombisch, abgekürzt o
lationsgruppen, die man als Bravais-Gitter bezeichnet. tetragonal, abgekürzt t
Diese können einfach (primitiv P), innenzentriert (I), hexagonal, abgekürzt h
basisflächenzentriert (C), allseits flächenzentriert (F) und kubisch, abgekürzt c
rhomboedrisch (R) sein. Sie gehören zu sechs Kristall-
familien, die den morphologisch definierten Kristall- Jedes Bravais-Gitter hat im jeweiligen Kristallsys-
systemen entsprechen. (Bei letzteren wird lediglich die tem die höchstmögliche Symmetrie. Damit ergeben
hexagonale Kristallfamilie noch einmal in das trigonale sich die in Tabelle 1.1 genannten Bezeichnungen (Ta-
und das hexagonale Kristallsystem unterteilt.): belle 1.1, Abb. 1.8).
Abb. 1.8.
Die 14 Translationsgruppen der
Kristalle (Bravais-Gitter) und
ihre Symmetrien. (Mod. nach
Ramdohr u. Strunz 1978)
Tabelle 1.1. Elementarzellen der 14 Bravais-Gitter. (Nach Kleber et al. 2010, mod. nach Tillmanns, pers. Mitt.)
10 1 · Kristalle
1.2.3
Kristallstrukturbestimmung mit Röntgenstrahlen
Abb. 1.9. Wirkungsweisen von Schraubenachsen. a 6-zählige
Schraubenachse 61 mit dem Drehwinkel ε = 60° und einer Transla- Wie aus Abb. 1.2 ersichtlich ist, ordnen sich die Atome,
tion in Richtung der c-Achse mit c / 6. b Dreizählige Schraubenachsen Ionen oder Molekülgruppen in einer Kristallstruktur zu
mit dem Drehwinkel ε = 120° und einer Translation in Richtung
der c-Achse um Çc (31) = Linksschraubung bzw. Àc (32) = Rechts-
Netzebenen an, die sich in bestimmten Abständen peri-
schraubung. Beide Schraubenachsen verhalten sich spielbildlich odisch wiederholen. Die Translationsbeträge längs der
(enatiomorph) zur Spiegelebene m. (Nach Borchardt-Ott 2008) kristallographischen Achsen a, b und c bezeichnet man
als Gitterkonstanten a0, b0, c0; sie bilden miteinander die
Winkel α , β , γ . Die Netzebenenabstände und Gitter-
konstanten der meisten anorganischen Kristalle liegen
im Bereich von einigen Ångström bis einigen Zehner
Ångström (1 Å = 10–8 cm). In der Annahme, dass die Wel-
lenlänge der Röntgenstrahlen in der gleichen Größen-
ordnung liegt, führte der deutsche Physiker Max von Laue
(1879–1960) zu ihrer quantitativen Bestimmung gemein-
sam mit Walter Friedrich und Paul Knipping im Jahr 1912
Beugungsexperimente mit Röntgenstrahlen durch. Dabei
Abb. 1.10. Wirkungsweise a einer Spiegelebene m = (010) und
wurden Kristalle als Beugungsgitter benutzt, ähnlich wie
b einer Gleitspiegelebene c = (010) mit der Gleitkomponente c0 / 2. man optische Gitter zur Bestimmung der Wellenlänge
(Nach Borchardt-Ott 2008) des sichtbaren Lichtes verwendet (Friedrich et al. 1912).
1.2 · Kristallstruktur 11
Durchstrahlt man einen Kristall mit einem Röntgen- Für die Variation von θ gibt es prinzipiell zwei Mög-
strahl, so wird dieser Primärstrahl an den Netzebenen lichkeiten:
des Kristalls in verschiedene Richtungen abgebeugt und
es kommt zu Interferenzerscheinungen. Die abgebeugten Der Kristall wird während der Röntgenaufnahme ge-
Wellen können auf einer Fotoplatte aufgefangen werden dreht: Drehkristall- bzw. Präzessions-Verfahren (Abb. 1.12).
und erzeugen dort einen Schwärzungsfleck, den Inter- Es wird eine große Menge kleiner Kristalle in beliebi-
ferenzfleck. Das dabei entstehende Laue-Diagramm lässt ger Orientierung durchstrahlt: Pulver- oder Debye-
die Symmetrie des Kristalls erkennen unter der Voraus- Scherrer-Verfahren (Abb. 1.13a).
setzung, dass der Kristall orientiert, d. h. beispielsweise
parallel zu einer Drehachse durchstrahlt wurde (Abb. 1.11). Bei beiden Fällen können die Röntgenstrahl-Interferen-
Damit war die Grundlage dafür gelegt, dass man mittels zen auf einem Film registriert werden, auf dem sie Interfe-
Röntgenbeugung renzflecken oder -linien bilden. Die Röntgenstrahl-Inter-
ferenzen lassen sich aber auch mittels eines Geiger-Müller-
die Symmetrie, Zählrohrs registrieren; sie erscheinen dann in einem sog.
die Raumgruppe, Diffraktogramm als Intensitäts-Maxima (Peaks, Abb. 1.13b).
und die Feinstruktur Die unterschiedlichen Röntgenbeugungsverfahren fin-
den bei der Strukturanalyse von Mineralen und anderen
von Kristallen bestimmen kann. Die Beziehung zwischen kristallinen Substanzen Anwendung. Dabei kann man
der Wellenlänge der Röntgenstrahlung λ , dem Netz- u. a. durch mathematische Fourier- oder durch direkte
ebenenabstand d und dem Beugungswinkel (Glanz- Methoden die periodische Verteilung der Elektronendichte
winkel) θ wurde von dem englischen Physiker William bestimmen und so die Punktlagen der einzelnen Atome,
H. Bragg (1862–1942) und seinem Sohn William L. Bragg Ionen oder Molekülgruppen ermitteln (Abb. 1.14a,b).
(1890–1971) in einer einfachen Gleichung formuliert, der Für die mineralogische und materialkundliche Praxis
Bragg’schen Gleichung: sind Röntgen-Pulververfahren, insbesondere die Röntgen-
Pulverdiffraktometrie von größter Bedeutung. Sie dienen
nλ = 2dsinθ [1.1] zur raschen und einfachen Identifikation von Mineralen und
anderen kristallinen Substanzen sowie zur Bestimmung
wobei n eine ganze Zahl, die Ordnung der Interferenz ist. ihrer Gitterkonstanten, wobei auch sehr feinkörnige Pro-
Diese wichtigen Grundgleichung sagt aus, dass nur dann ben analysiert werden können. Mit Pulvermethoden las-
Beugung an einer bestimmt Netzebenenschar (hkl) im sen sich darüber hinaus Mineralgemenge, Gesteine und
Kristall auftritt, wenn bei festgelegter Wellenlänge auch technische Produkte auf ihre Bestandteile untersuchen.
ein bestimmter Glanzwinkel vorliegt. Röntgenstrahl-
Interferenzen sind also zu erwarten, wenn
Abb. 1.13.
a Röntgen-Pulveraufnahme von
Halit (Steinsalz, NaCl). b Röntgen-
Pulverdiffraktogramm von Quarz
Abb. 1.14. Elektronendichte-Verteilungen in den Kristallstrukturen die dichteste Raumerfüllung ermöglicht (Prinzip
von a Halit NaCl, Projektion auf die Ebene (100), b Diamant C, Pro- der dichten Packungen),
jektion auf die Ebene (110). In der Halit-Struktur überlappen sich die höchstmögliche Symmetrie besitzt (Symme-
die Elektronenhüllen der Na+ und Cl–-Ionen nicht: Ionenbindung.
Demgegenüber zeigen die C-Atome in der Diamant-Struktur eine
trieprinzip) und
starke Überlappung ihrer Elektronenhüllen: Atombindung. (Armin die höchstmögliche Koordination aufweist, in der
Kirfel, Bonn, unpubl.) also möglichst viele Bausteine miteinander in
Wechselwirkung treten können (Wechselwirkungs-
1.3 1.3 prinzip).
Kristallchemie
1.3.1 1.3.2
Grundprinzipien Arten der chemischen Bindung
In den Kristallstrukturen stehen die einzelnen Bausteine, Die chemische Bindung beruht wesentlich auf den Wech-
nämlich Atome, Ionen und Molekülgruppen miteinander selwirkungen zwischen den Elektronen in den Außen-
in gegenseitiger Wechselwirkung. Die Art der Wechsel- schalen der Atome. Bekanntlich unterscheiden wir vier
wirkungskräfte und ihre Stärke hängen wesentlich mit Hauptbindungsarten, die aber häufig in unterschiedlichen
dem chemischen Bindungscharakter zusammen und Kombinationen auftreten, also Mischbindungen bilden.
1.3 · Kristallchemie 13
Ionenbindung (heteropolare Bindung) nengitter bilden. Sie bestehen vielmehr aus gleichartigen,
elektrisch neutralen Bausteinen, den Atomen. Allerdings
Ionenkristalle bestehen aus positiv geladenen Kationen spielen bei ihrer Bindung ebenfalls elektrische Kräfte,
und negativ geladenen Anionen, die sich gegenseitig elek- nämlich Wechselwirkungen zwischen positiv geladenen
trostatisch anziehen und in der Regel unterschiedliche Atomkernen und negativ geladenen Elektronenhüllen,
Größe besitzen. Kationen und Anionen streben danach, eine entscheidenden Rolle. Die Bindung erfolgt über ge-
durch Abgabe bzw. Aufnahme von Valenzelektronen eine paarte Valenzelektronen mit gemeinsamer Bahn, wobei
Elektronen-Konfiguration anzunehmen, die dem Edel- die Bahnebene etwa senkrecht zur Verbindungslinie der
gas-Typus entspricht. Die Stärke der Anziehung, die Atomkerne liegt. Als Beispiel diene die Diamant-Struk-
Bindungsstärke K, ist nach dem Coulomb’schen Gesetz tur (Abb. 4.11, S. 77). Die äußerste Schale des Kohlenstoff-
Atoms ist mit 2s22p2-Elektronen besetzt. Im angeregten
Zustand befindet sich jedoch je ein Elektron im 2s-Or-
[1.2]
bital und in den 2px-, 2py-, 2pz-Orbitalen. Daraus entste-
hen vier neue sp3-Hybrid-Orbitale, die nach den Ecken
proportional der Ionenladung e und umgekehrt propor- eines Tetraeders hin ausgerichtet sind (Abb. 1.15). Jedes
tional ihrem Abstand. In idealen Ionenkristallen, wie z. B. C-Atom kann also maximal vier C-Atome an sich bin-
im Halit (Steinsalz) NaCl, sind die Kationen, hier Na+, den, was zu einer Struktur mit Tetraeder- oder [4]-Ko-
und die Anionen, hier Cl–, weitgehend als starre Kugeln ordination führt. Auch bei der Atombindung wird Edel-
ausgebildet, deren Elektronenhüllen sich nicht überlap- gas-Konfiguration angestrebt; jedoch führt die Paarung
pen. Dieser Tatbestand lässt sich aus der Elektronen- der Valenzelektronen dazu, dass sich die Außenhüllen der
dichte-Verteilung ableiten (Abb. 1.14a). Aus den Abstän- Atome überlappen (Abb. 1.16), wie man an der Elek-
den ihrer Mittelpunkte kann man für die Anionen und tronendichte-Verteilung erkennt (Abb. 1.14b). Das Mo-
Kationen jeweils Ionenradien berechnen (s. Anhang, dell der starren, sich berührenden Kugeln ist daher nicht
Abb. A1, S. 639). Die Ionen streben eine dichte Packung mehr anwendbar, und man sollte eher mit einem Kalot-
an, wobei je nach Ionengröße unterschiedliche Koordi- ten-Modell arbeiten. Die Atombindung beim Diaman-
nationen auftreten. So ist z. B. in der Halit-Struktur jedes ten ist außerordentlich stark, was seine extrem große
Na+ von 6 Cl– umgeben und umgekehrt, also [6]-koordi- Härte erklärt (Tabelle 1.2, S. 16).
niert (vgl. Abb. 6.2, S. 100). Die weitaus überwiegende Zahl der Minerale stellt
chemische Verbindungen dar, die aus mehreren Atom-
Atombindung (homöopolare Bindung, kovalente Bindung) arten bestehen. Dementsprechend treten rein homöo-
polare Bindungen nur selten auf, sondern es dominieren
Kristallarten, die nicht aus unterschiedlichen Bausteinen Mischbindungen mit einem mehr oder weniger großen
zusammengesetzt sind, können logischerweise keine Io- heteropolaren Anteil (Abb. 1.16). Bei den auch in dünnen
Schnitten undurchsichtigen (opaken) Erzmineralen ist
meist auch ein metallischer Bindungsanteil vorhanden.
Metallbindung
Abb. 1.16.
Übergang zwischen Ionenbin-
dung und Atombindung nach
Fajans. (Nach Kleber et al. 2010)
14 1 · Kristalle
1.3.3
Einige wichtige Begriffe der Kristallchemie
Entmischung erfolgt. Das ist z. B. bei den Alkalifeldspäten lymorphe Umwandlungen in zweiter Koordina-
(Abschn. 11.6.2, S. 189f ) der Fall, die oberhalb von tion sind (c) Transformationen durch Ordnungs-
ca. 500 °C eine lückenlose Mischkristallreihe bilden, aber Unordnungs-Vorgänge, die z. B. bei den Feldspäten
unterhalb dieser Temperatur zu fast reinem Mikroklin eine wichtige Rolle spielen (vgl. Abschn. 11.6.2,
K[AlSi3O8] und fast reinem Albit Na[AlSi3O8] entmischen. S. 189ff), und (d) Transformationen durch Änderung
Im Gegensatz zu den ähnlich großen Kationen Na+ und des Bindungscharakters, wie das bei der Umwandlung
Ca2+ hat das K+ einen deutlich größeren Ionenradius und Graphit ↔ Diamant der Fall ist. Bei der Schicht-
kann daher zusammen mit Na+ nur bei hohen Tempera- struktur des Graphits kennen wir darüber hinaus
turen von einer gemeinsamen Struktur toleriert werden. noch Unterschiede nach der Stapelfolge: Der hexago-
nale Graphit-2H weist eine Zweier-, der trigonale Gra-
Polymorphie (grch. πόλυ = viel, μορϕή = Gestalt) phit-3R eine Dreierperiode auf. Diesen speziellen Fall
der Polymorphie, der auch bei den Schichtsilikaten
Polymorphie ist die Eigenschaft vieler chemischer (Abschn. 11.5, S. 169ff) eine wichtige Rolle spielt, be-
Substanzen, in Abhängigkeit von den thermodyna- zeichnet man als Polytypie.
mischen Zustandsbedingungen in mehr als einer
Kristallstruktur zu kristallisieren.
1.4 1.4 Tabelle 1.2. Mikrohärte der Standardminerale der Mohs’schen Härte-
Kristallphysik skala. (Nach Broz et al. 2006)
1.4.1
Härte und Kohäsion
praktisch allen Bereichen der elektronischen Hard- Erhitzen von Turmalin der Bereich der positiven c-Achse
ware. Dabei arbeitet man zum einen mit hochreinen positiv, der Bereich der negativen c-Achse negativ aufge-
Halbleiter-Substanzen, zum anderen aber mit Halb- laden; bei der Abkühlung kehrt sich die Aufladung um.
leitern, die gezielt mit Fremdatomen dotiert wurden. Dieser Effekt resultiert aus der Tatsache, dass Turmalin
So kann die geringe Eigenleitfähigkeit von reinem ein permanentes elektrisches Dipolmoment besitzt, des-
Silicium und reinem Germanium durch den Einbau sen Stärke von der Temperatur abhängt. Es stellt einen
der fünfwertigen Elemente P oder As in die Si- bzw. Vektor dar, dessen Lage sich bei Einwirkung von Symme-
Ge-Struktur erheblich gesteigert werden, wozu schon trie-Operationen nicht verändern darf. Daher sind nur
eine geringe Dotierung ausreicht. Atomare Zentren, diejenigen Kristallarten pyroelektrisch, die lediglich eine
die durch den Einbau von Fremdatomen entstehen, Drehachse oder eine Spiegelebene parallel zu einer Dreh-
werden als Donatoren bezeichnet, wenn sie Elektro- achse aufweisen; das gilt für die Kristallklassen 2, 3, 4, 6,
nen an das Leitungsband abgeben, als Akzeptoren mm2, 3m, 4mm und 6mm.
wenn sie Elektronen aus dem Valenzband aufneh-
men und dadurch bewegliche Löcher erzeugen. 1.4.4
Magnetische Eigenschaften
Piezoelektrizität (grch. πιέζειν = drücken, spannen). Durch den
piezoelektrischen Effekt wird bei gerichteter mechanischer Ein Elektron in einem Atom oder Ion verfügt über ein
Beanspruchung wie Druck oder Zug eine ungleichen Ver- magnetisches Moment, das aus seinem Spin und/oder
teilung der elektrischen Ladungen erzeugt, wobei sich seiner Kreisbewegung resultiert. Bei den sog. Übergangs-
mikroskopische Dipole innerhalb der Elementarzellen elementen Eisen und Titan, die in Mineralen häufig auf-
bilden und dadurch eine elektrische Spannung entsteht. treten, spielt der Spin die Hauptrolle. Die magnetischen
Dieser Vorgang ist umkehrbar: Beim Anlegen eines elektri- Momente von zwei Elektronen mit antiparallelem Spin
schen Wechselfeldes kommt es zur pulsierenden Kom- heben sich gegenseitig auf. Daher haben Atome und
pression und Dilatation, so dass mechanische Schwingun- Ionen mit gepaarten Elektronen – über alle Elektronen
gen entstehen. Piezoeffekte können nur dann auftreten, summiert – kein magnetisches Moment; sie werden als
wenn die Druck- bzw. Zugrichtung parallel zu einer pola- diamagnetisch bezeichnet, ebenso die Kristalle, die aus
ren Achse erfolgt, wenn also Richtung und Gegenrichtung solchen atomaren Bausteinen aufgebaut sind. Demgegen-
strukturell und physikalisch ungleichwertig sind. Das ist über besitzen Atome und Ionen mit einem oder mehre-
bei den zweizähligen Achsen a1, a2 und a3 des Quarzes ren ungepaarten Elektronen im Mittel ein magnetisches
(Kristallklasse 32) der Fall (Abb. 1.23), weswegen reine, Moment; sie sind paramagnetisch. Das magnetische
unverzwillingte Quarzkristalle vielfältige Anwendung als Moment eines ungepaarten Elektrons ist ein Bohr’sches
Schwing- und Steuerquarze finden (Abschn. 11.6.1, S. 179). Magneton μB = 0,9274 · 10–20 emu (Elektromagnetische
Diese werden heute meist großtechnisch gezüchtet, da bei Einheiten). Die meisten paramagnetischen Substanzen
den natürlichen Bergkristallen die zweizähligen Achsen besitzen nur ein ungepaartes Elektron und haben dem-
ihren polaren Charakter meist durch Verzwilligung ein- entsprechend nur das magnetische Moment von 1 μB.
gebüßt haben. Piezoeffekte zeigen auch die Minerale Tur- Jedoch neigen gerade die Übergangsmetalle mit den Ord-
malin (Kristallklasse 3m; Abschn. 11.3, S. 156) und Spha- nungszahlen 21–30 dazu, die fünf Plätze des 3d-Niveaus
lerit ZnS (Kristallklasse 43m) sowie die Kristalle der jeweils nur mit einem einzigen Elektron aufzufüllen und
D- und L-Weinsäure C4H6O6 (Kristallklasse 2). erst dann, wenn alle diese Plätze einfach besetzt sind, ein
zweites Elektron einzubauen (Tabelle 1.3). Die einfache
Pyroelektrizität. Beim pyroelektrischen Effekt führt eine Besetzung der fünf 3d-Plätze wird als Hoch-Spin-, die
thermische Behandlung zu einer elektrischen Aufladung möglichst weitgehende doppelte Besetzung als Tief-Spin-
an den polaren Enden eines Kristalls. So werden beim Bedingung bezeichnet. Dementsprechend haben Mn2+
Abb. 1.23.
Piezoelektrischer Effekt beim
Quarz. a Schnittlage der Quarz-
platte im Quarzkristall; b Quarz-
platte mit den polaren Achsen a1,
a2 und a3; c Piezoeffekt, erzeugt
durch Druck in Richtung einer
polaren Achse, hier a1. (Nach
Borchardt-Ott 2008)
1.5 · Kristalloptik 19
Tabelle 1.3.
Elektronen-Konfigurationen für
Eisen und Titan
und Fe3+ je fünf ungepaarte 3d-Elektronen mit paralle- Ferro- und ferrimagnetische Kristalle besitzen eine
lem Spin: 5μB. Fe0 und Fe2+ haben je sechs 3d-Elektro- charakteristische Temperatur, bei der sie paramagnetisch
nen, davon zwei gepaarte mit antiparallelem Spin und vier werden. Oberhalb dieses Curie-Punktes, der z. B. für
ungepaarte mit parallelem Spin: 4μB; darüber hinaus ver- Magnetit bei 578 °C liegt, werden die thermischen
fügt Fe0 noch über zwei gepaarte 4s-Elektronen mit anti- Schwingungen in der Kristallstruktur so groß, dass die
parallelem Spin. Ti3+ hat ein 3d-Elektron und dement- Parallelität der atomaren Magnete verloren geht. Ebenso
sprechend 1 μB, während Ti4+ keine 3d-Elektronen und gehen antiferromagnetische Strukturen beim Néel-Punkt
somit kein magnetisches Moment besitzt (Tabelle 1.3). in den paramagnetischen Zustand über. So ist Ilmenit
Für das magnetische Verhalten von Kristallen ist die Fe2+Ti4+O3 bei Zimmertemperatur paramagnetisch, wird
Verteilung von paramagnetischen Atomen oder Ionen in aber bei tieferer Temperatur antiferromagnetisch. Für
der Kristallstruktur von ausschlaggebender Bedeutung. geomagnetische Messungen und ihre Interpretation ist
der Curie-Punkt von großer praktischer Bedeutung (vgl.
In paramagnetischen Kristallen sind die paramagne- Abschn. 7.2, S. 104; Harrison u. Feinberg 2009).
tischen Atome mit ihren Spins und damit mit ihren
magnetischen Momenten statistisch verteilt und he- 1.5 1.5
ben sich gegenseitig auf. Somit resultiert im Mittel Kristalloptik
kein magnetisches Moment.
Als ferrromagnetisch bezeichnet man demgegenüber Die optischen Eigenschaften im polarisierten Licht sind
Kristallarten wie α -Eisen oder Magnetit Fe2+Fe23+O4, von größter Bedeutung für die Bestimmung von Mine-
bei denen zwischen benachbarten Fe-Atomen eine ralen in Gesteinen und Erzlagerstätten, aber auch von
Austauschbeziehung besteht in der Weise, dass die kristallinen Phasen in technischen Produkten. Die Kris-
magnetischen Momente in jeder Kristalldomäne pa- talloptik ist daher ein äußerst wichtiger Zweig der
rallel angeordnet sind. Daraus resultiert ein hohes Kristallphysik und rechtfertigt so ein eigenes Unter-
magnetisches Moment und damit eine große magne- kapitel. Kristalle, die in Dünnschliffen von ca. 25 μm
tische Massensuszeptibilität. (= 0,025 mm) Dicke durchsichtig oder durchscheinend
Es gibt aber auch Kristallarten, die aus zwei ferroma- sind, werden im Durchlicht untersucht, opake Kristalle
gnetischen Teilstrukturen bestehen, in denen die dagegen in polierten An- oder Dünnschliffen im reflek-
ungepaarten Elektronen jeweils antiparallele Spin- tierten Auflicht. Durch mikroskopische Untersuchungen
richtung aufweisen. Bei antiferromagnetischen Kris- können die Ausscheidungsfolge von Mineralen sowie ihre
tallen heben sich die magnetischen Momente dieser Gleichgewichts- und Reaktionsgefüge beurteilt werden;
Teilstrukturen genau auf, so dass im Mittel kein mag- solche Beobachtungen liefern wesentliche Anhaltspunkte
netisches Moment resultiert. für die Rekonstruktion gesteins- und lagerstättenbilden-
Demgegenüber heben sich bei ferrimagnetischen Kris- der Prozesse.
tallen die magnetischen Momente in den Teilstruk- In diesem Lehrbuch können lediglich die Grundzüge
turen nicht genau auf, weil ihre antiparallelen Momen- der Polarisations-Mikroskopie behandelt werden. Für
te nicht genau gleich groß sind, ihre Spinrichtung nicht das eingehende Studium der kristalloptischen Methoden
exakt antiparallel ist oder weil Strukturdefekte oder verweisen wir auf die einschlägigen Lehrbücher und
Verunreinigungen in der Struktur auftreten. Über die Nachschlagewerke. Eine knappe Einführung in die Me-
gesamte Struktur gemittelt ergibt sich somit ein ma- thoden der Durchlicht-Mikroskopie geben Müller u.
gnetisches Moment. Raith (1976); für eine vertiefte Behandlung verweisen wir
20 1 · Kristalle
1.5.1
Abb. 1.24. Abhängigkeit der Wellenlänge in zwei Mineralen unter-
Grundlagen schiedlicher Brechungsindizes 2,0 und 2,9 und Wellen-Fortpflan-
zungsgeschwindigkeiten von 150 000 bzw. 103 500 km s–1. (Nach
Die Natur des Lichts und seine Wechselwirkung mit Ma- Müller u. Raith 1976)
terie können bekanntlich durch zwei unterschiedliche
physikalische Theorien beschrieben werden, die sich Lichtintensität (= Helligkeit) ist proportional zu A2. Zwi-
gegenseitig ergänzen: schen der Frequenz f, d. h. der Zahl der Wellenzyklen pro
Sekunde (in Hz), der Lichtgeschwindigkeit v und der Wel-
Die Lichtquanten- oder Korpuskular-Theorie erklärt lenlänge λ besteht der folgende einfache Zusammenhang:
die Wechselwirkung von Licht und Materie im Bereich
von Atomen und Molekülen in einer Kristallstruktur
[1.4]
quantenphysikalisch. Danach besteht Licht aus Pho-
tonen, d. h. Korpuskeln der Masse 0, die sich wie Ge-
schosse von einem Materiepunkt zum andern bewegen. Abgesehen von einigen Ausnahmen bleibt die Fre-
Die Wellentheorie betrachtet Licht als Strahlungs- quenz einer Lichtwelle konstant, unabhängig davon, wel-
Energie, die in Form von elektromagnetischen Wellen ches Medium sie durchdringt. Da sich beim Eintritt von
von einem Materiepunkt zum anderen wandern. Die einem Medium in ein anderes die Lichtgeschwindigkeit v
optischen Erscheinungen, die man beim Mikroskopie- ändert, muss sich auch die Wellenlänge ändern: in op-
ren im Dünnschliff oder Anschliff beobachtet, lassen sich tisch dichteren Medien, z. B. in Kristallen oder in Glas,
mit der Wellentheorie beschreiben, wobei man je nach ist v und damit auch λ geringer als in einem optisch
Fragestellung zwei verschiedene Modelle anwendet: dünneren Medium, z. B. in Luft (Abb. 1.24). Für den
– Das Strahlenmodell beschreibt mit geometrischen Durchgang von Lichtwellen durch Materie sind folgen-
Methoden die Ausbreitung der Lichtstrahlen im de Begriffe wichtig (Abb. 1.25a):
Raum, ihre Brechung und Reflexion sowie den
Strahlengang in optischen Systemen, z. B. im Mi- Die Wellenfront ist die Fläche, die ähnliche Punkte
kroskop (Strahlenoptik). benachbarter Wellen verbindet.
– Das Wellenmodell fasst das Licht als Transversal- Die Wellennormale ist die Fortpflanzungsrichtung der
welle auf, die beim Durchgang durch Kristalle ge- Welle; sie steht senkrecht auf der Wellenfront.
beugt und polarisiert wird, wobei es zu Interferenz- Der Lichtstrahl ist die Richtung, in der sich die Licht-
erscheinungen kommt (Wellenoptik). energie fortpflanzt.
Das sichtbare Licht stellt nur einen begrenzten Aus- In optisch isotropen Medien wie in Glas oder in kubi-
schnitt aus einem kontinuierlichen Spektrum elektromag- schen Kristallen ist die Lichtgeschwindigkeit in allen Rich-
netischer Strahlung dar. Es umfasst einen Wellenlängen- tungen gleich, so dass Lichtstrahl und Wellennormale
bereich von 400–800 nm (1 nm = 10–7 cm), in dem die von parallel verlaufen (Abb. 1.25b). Demgegenüber ist in op-
Joseph von Fraunhofer (1787–1826) im Sonnenspektrum tisch anisotropen Medien, d. h. in allen nichtkubischen
gefundenen Spektrallinien enthalten sind. Nach dem Kristallen die Lichtgeschwindigkeit in unterschiedlichen
Wellenmodell besteht weißes Licht aus einem Bündel von Richtungen verschieden, so dass Lichtstrahl und Wellen-
unendlich vielen Wellen unterschiedlicher Wellenlänge λ , normale gewöhnlich nicht parallel zueinander verlaufen
die mit unterschiedlicher Amplitude A schwingen. Die (Abb. 1.25c).
1.5 · Kristalloptik 21
[1.5]
Maximalwert nγ und einem Minimalwert nα , die senk- Blickt man in Richtung der Rotationsachse, so beob-
recht aufeinander stehen. Die Differenz achtet man naturgemäß einen Kreisschnitt, bei dem alle
Brechungsindizes, nämlich entweder nα oder nγ , gleich
Δn = nγ – nα [1.6] groß sind. In dieser Richtung verhält sich der Kristall
also scheinbar isotrop: man bezeichnet die Rotations-
bezeichnet man als Hauptdoppelbrechung, deren maxi- achse, die mit der trigonalen, tetragonalen oder hexa-
maler Betrag nur in Schnittlagen // der Ebene nγ – nα gonalen Hauptachse des Kristalls zusammenfällt, als
erkennbar ist. In beliebigen Schnittlagen liegen die optische Achse. Ihre Richtung entspricht nicht notwen-
Brechungsindizes zwischen diesen beiden Extremwerten: digerweise der Längserstreckung des Kristalls. Kris-
nγ ≥ nγ’ ≥ nα’ ≥ nα , so dass die Werte für die Doppelbre- talle, in denen die optische Achse mit Z (= nγ ) zusam-
chung Δn = nγ’ – nα’ dementsprechend geringer sind. menfällt bezeichnet man als optisch positiv, z. B. Quarz
Trägt man alle möglichen Brechungsindizes eines Kris- (Abb. 1.26a), solche mit der optischen Achse // X (= nα )
talls im Raum auf, so erhält man ein Ellipsoid mit der dagegen als negativ, z. B. Calcit (Abb. 1.26b).
längsten Achse Z = nγ und der kürzesten Achse X = nα , 2. Bei optisch zweiachsigen Kristallen mit orthorhom-
die optische Indikatrix. Dabei sind grundsätzlich zwei bischer, monokliner und trikliner Symmetrie ist die
verschiedene Möglichkeiten zu unterscheiden: optische Indikatrix ein dreiachsiges Ellipsoid mit den
Hauptachsen Z, Y, X und nγ als größtem, nα als kleins-
1. Bei optisch einachsigen Kristallen mit trigonaler, te- tem Brechungsindex sowie einem Brechungsindex nβ ,
tragonaler und hexagonaler Symmetrie stellt die In-
dikatrix ein Rotationsellipsoid dar, bei dem entweder
Z (= nγ ) oder X (= nα ) die Rotationsachse bilden kön-
nen. Im ersten Fall hat die Indikatrix eine gestreckte,
im zweiten eine abgeplattete Form (Abb. 1.26a,b).
der ⊥ auf der Ebene nα – nγ steht: nγ ≥ nγ’ ≥ nβ ≥ nα’ ≥ nα Doppelspat bezeichnet. Die schnellere Welle entspricht
(Abb. 1.27a). Dreiachsige Ellipsoide besitzen zwei dem kleineren Brechungsindex nα’, die langsamere dem
Kreisschnitte, die sich in der Y-Achse (= nβ ) schnei- größeren Brechungsindex nγ’. In optisch einachsigen
den. Senkrecht auf diesen Kreisschnitten stehen die (trigonalen, tetragonalen, hexagonalen) Kristallen un-
beiden optischen Achsen, die in einer Ebene ⊥ Y (= nβ ) terscheidet man eine ordentliche Welle nω , die dem
liegen, der optischen Achsenebene. Blickt man in Rich- Snellius’schen Brechungsgesetz gehorcht, und eine au-
tung der optischen Achsen, so erscheint der Kristall ßerordentliche Welle nε , bei der das nicht der Fall ist.
optisch isotrop, da im Kreisschnitt naturgemäß immer
nur der Brechungsindex nβ vorhanden ist (Abb. 1.27b). nε entspricht der optischen Achse und ist im optisch
Zusammen mit den Hauptbrechungsindizes nα , nβ positiven Fall = nγ , im optisch negativen = nα ;
und nγ sowie der Hauptdoppelbrechung nγ – nα stellt nω entspricht dem Kreisradius und ist im optisch
der Winkel der optischen Achsen 2V eine wichtige positiven Fall = nα , im optisch negativen = nγ .
Materialgröße für die Mineralbestimmung dar. Sie
liefert Hinweise auf die chemische Zusammensetzung Bei optisch zweiachsigen (orthorhombischen, mono-
und/oder den Strukturzustand von Mischkristallen, klinen, triklinen) Kristallen gehorcht keine der beiden
z. B. bei den Feldspäten (Abschn. 11.6.2, S. 189ff). Kris- Wellen dem Brechungsgesetz.
talle, bei denen nγ die spitze Bisektrix (Winkelhalbie-
rende) des optischen Achsenwinkels bildet, sind op- Interferenzfarben
tisch positiv (2Vγ ), solche mit nα als spitzer Bisektrix
optisch negativ (2Vα ; Abb. 1.27c,d). Bei den natürlichen Lichtwellen, die sich in Luft ausbrei-
ten, sind die Schwingungsvektoren statistisch um die
In orthorhombischen Kristallen liegen die Hauptach- Achse der Fortpflanzungsrichtung verteilt. Im Gegensatz
sen der Indikatrix Z (= nγ ), Y (= nβ ) und X (= nα ) // den dazu wird das Licht beim Eintritt in den Kristall linear
kristallographischen Achsen c oder b oder a (Abb. 1.28a). polarisiert, d. h. die beiden Wellen, die sich mit unter-
Bei monoklinen Kristallen ist die Indikatrix gegen das schiedlicher Geschwindigkeit durch den Kristall bewegen,
Kristallgebäude einfach, in triklinen Kristallen doppelt schwingen in zwei senkrecht aufeinander stehenden Ebe-
geneigt (Abb. 1.28b,c). nen. Daraus resultiert eine Laufzeit-Differenz, der
Beim Lichtdurchgang durch einen optisch anisotro- Gangunterschied Γ (gemessen in nm), der proportional
pen, also doppelbrechenden Kristall beobachtet man eine zur Doppelbrechung Δn und zur Dicke des Kristalls d ist:
Aufspaltung des Lichtes in zwei Transversalwellen un-
terschiedlicher Fortpflanzungsgeschwindigkeit. Diese Γ = dΔn [1.7]
Tatsache lässt sich anhand eines klar durchsichtigen,
hochdoppelbrechenden Calcit-Kristalls eindrucksvoll Hält man die Dicke eines Dünnschliffs möglichst kon-
demonstrieren (Abb. 1.29). Solche Kristalle wurden frü- stant, d. h. nahe bei 25 μm, so lässt sich aus dem Gang-
her in Island gewonnen und wurden daher als Isländer unterschied die Doppelbrechung berechnen.
Abb. 1.28. Beziehungen zwischen Kristallbau und optischer Indikatrix. a Orthorhombische Kristalle: Die Achsen der optischen Indikatrix X,
Y und Z fallen mit den Kristallachsen a, b und c zusammen; im vorliegenden Beispiel ist a // Y, b // X und c // Z. In Schnitten nach ab und ac
herrscht gerade, in Schnitten nach ab gerade oder symmetrische Auslöschung. b Monokline Kristalle: Die optische Indikatrix ist einfach
geneigt, b fällt mit einer der Indikatrix-Achsen zusammen, in diesem Fall mit Y (= nβ ); die Auslöschungsschiefe sind: c / Z = +15°, a / X = –5°.
c Trikline Kristalle: Die optische Indikatrix ist zweifach geneigt, a, b und c fallen nicht mit X, Y oder Z zusammen. Die optische Achsen-
ebene XZ ist grau angelegt. (Nach Nesse 2004)
24 1 · Kristalle
Abb. 1.29.
Calcit, Mexiko. Der Spaltkör-
per nach {1011} besitzt als
„Doppelspat“ optische Qualität;
seine hohe Doppelbrechung
(Δ = 0,1719) ist durch die Ver-
doppelung der Schrift schon
mit bloßem Auge erkennbar.
Mineralogisches Museum der
Universität Würzburg. (Foto:
K.-P. Kelber)
[1.8]
schwingen die beiden Wellen in der gleichen Richtung,
also in Phase, und die resultierende Welle S liegt in der
Schwingungsrichtung des Analysators, so dass sie ver- Man kann leicht erkennen, dass maximaler Licht-
stärkt den Analysator durchläuft (Abb. 1.30b). Die Ver- durchgang erfolgt, wenn τ = 45°, 135°, 225°, 315° ist,
hältnisse werden in Abb. 1.31 verdeutlicht, die einen während bei τ = 90°, 180°, 270°, 360° der Lichtdurch-
keilförmig geschliffenen Quarzkristall zeigt. Da die gang T = 0 ist. Dreht man also den Kristall um 360°,
Doppelbrechung dieses Kristalls konstant ist, hängt der so beobachtet man viermal vollständige Auslöschung
Gangunterschied Γ nur von der jeweiligen Dicke des und – in Diagonalstellung – viermal maximale Hellig-
Quarzkeils ab. Man erkennt, dass beim ganzzahligen keit. Wie wir aus Abb. 1.28 entnehmen können, ist bei
Vielfachen der Wellenlänge iλ jeweils Minima im Licht- monoklinen und triklinen Kristallen die optische
durchgang auftreten und somit Auslöschung erfolgt, Indikatrix zum Kristallgebäude einfach bzw. doppelt
während es bei Gangunterschieden von (i + ½)λ zum geneigt. Dementsprechend tritt Auslöschung ein, wenn
maximalen Lichtdurchgang kommt. der Kristall mit der Schwingungsrichtung des Polari-
Verwendet man statt monochromatischem weißes sators einen entsprechenden Neigungswinkel bildet.
Licht, das aus unendlich vielen Wellenlängen zusam- So betragen z. B. beim monoklinen Kristall in Abb. 1.28b
mengesetzt ist, so spalten sich diese ebenfalls in senk- in der Schnittlage // der Fläche (010) die Auslöschungs-
recht zueinander stehende Wellen auf, die miteinan- schiefen Z / c = +15° und X / a = –5°. Demgegenüber
der interferieren. Für eine bestimmte Schliffdicke wird herrscht in einem Schnitt // (100) stets gerade Aus-
die Doppelbrechung und damit der Gangunterschied löschung, ebenso wie das bei rhombischen (Abb. 1.28a)
für alle Wellenlängen ungefähr gleich sein. Da aber und selbstverständlich auch bei optisch einachsigen
die Wellenlängen unterschiedlich sind, werden einige Kristallen der Fall ist. Bezüglich der Flächen {110}
den Analysator in Phase, andere außer Phase erreichen herrscht symmetrische Auslöschung, da z. B. beim
und dementsprechend entweder ausgelöscht oder monoklinen Kristall in Abb. 1.28b die Ebene XZ den
durchgelassen werden. Die Kombination der verschie- Spaltwinkel halbiert. Das ist beispielsweise bei Pyro-
denen Wellenlängen, die den Analysator durchlaufen, xenen und Amphibolen der Fall, bei denen {110}
ergibt die Interferenzfarben, die bei gleicher Schliff- und {110} wichtige Spaltrisse darstellen (Abb. 11.27, 11.28,
dicke d die Doppelbrechung Δn eines Minerals wider- S. 160). Die Auslöschungsschiefe lässt sich allerdings
spiegeln. Optisch isotrope Minerale erscheinen bei nur dann messen, wenn die kristallmorphologischen
+Nic schwarz, da Δn und damit auch Γ = 0 ist. Mit Richtungen durch Kristallflächen, Spaltrisse oder Zwil-
zunehmendem Gangunterschied verändern sich die lingsgrenzen eindeutig definiert sind.
26 1 · Kristalle
Abb. 1.33.
Konoskopische Interferenz-
bilder a für optisch einachsige,
b für optisch zweiachsige Kris-
talle (links in Diagonalstellung,
rechts in Normalstellung).
c, d, e Bestimmung des opti-
schen Charakters mithilfe des
Gipsplättchens Rot I (links: op-
tisch positiv, rechts: optisch
negativ): c optisch einachsiger
Kristall, ⊥ zur optischen Achse
geschnitten; d optisch zweiach-
sig, ⊥ zu einer spitzen Bisektrix
geschnitten; e optisch zweiach-
sig, ⊥ zur optischen Achse ge-
schnitten. (Vereinfacht nach
Müller u. Raith 1976)
[1.9] [1.12a]
2.1
Der Mineralbegriff
2.2
Mineralbestimmung
und Mineralsystematik
2.3
Vorkommen
und Ausbildung
der Minerale
2.4
Gesteinsbildende
und wirtschaftlich
wichtige Minerale
2.5
Biomineralisation
und medizinische
Mineralogie
2.6
Mineralogische
Wissenschaften und
ihre Anwendungsgebiete
in Technik, Industrie
und Bergbau
Minerale sind natürliche Produkte Als homogener Körper lässt sich jedes Mineral auf me-
chanischem Weg in (theoretisch) beliebig viele Teile zer-
Das bedeutet, sie sind durch natürliche Vorgänge und legen, die alle die gleichen physikalischen und chemischen
ohne Einflussnahme des Menschen entstanden. Ein künst- Eigenschaften aufweisen. Man bezeichnet allgemein Ma-
lich im Laboratorium hergestellter Quarz z. B. wird als terie als physikalisch und chemisch homogen, wenn beim
synthetischer Quarz vom natürlichen Mineral unterschie- Fortschreiten in einer Richtung immer wieder dieselben
den. Der synthetische Quarz ist zwar physikalisch und physikalischen und chemischen Eigenschaften angetrof-
chemisch mit dem natürlichen Quarz identisch, jedoch fen werden und wenn sich diese gleichen Eigenschaften
als Kunstprodukt im Sinn der obigen Definition kein auch mindestens in parallelen Richtungen wiederholen
Mineral. Man spricht allerdings von Mineralsynthese und (Abb. 1.3). Alles andere wäre heterogen.
meint die künstliche Herstellung eines Minerals mit al- Die chemische Homogenität besteht darin, dass jedes
len ihm zukommenden Eigenschaften. Es ist auch üblich, Mineral eine ganz bestimmte oder in festgelegten Gren-
z. B. einen künstlich hergestellten Smaragd von Edelstein- zen variierende stoffliche Zusammensetzung aufweist.
qualität als synthetischen Edelstein zu bezeichnen. Diese lässt sich mit einer individuellen chemischen For-
In ihrer weit überwiegenden Mehrzahl sind Minerale mel ausdrücken.
durch anorganische Vorgänge gebildet worden. Darüber Die weitaus überwiegende Zahl der Minerale sind an-
hinaus gibt es aber auch wichtige biogene Prozesse, durch organische Verbindungen (Tabelle 2.1). Nur sehr wenige
die Minerale in oder unter Mitwirkung von Organismen Minerale stellen organische Verbindungen dar, wie
entstehen können (vgl. Abschn. 2.5). So bauen Calcit, beispielsweise das Calciumoxalat Whewellit CaC2O4 · H2O,
Aragonit und Opal Skelette oder Schalen von Mikro- das Benzensalz Mellit Al2C6(COO)6 · 16H2O oder der
organismen und Invertebraten (Wirbellosen) auf; Kohlenwasserstoff Fichtelit C19H34. Untergeordnet treten
Apatit ist ein wesentlicher Bestandteil von Knochen und auch chemische Elemente auf. Öfter sind es einfache
Zähnen der Wirbeltiere (z. B. Pasteris et al. 2008); ele- chemische Verbindungen mit ganz bestimmter Zusam-
mentarer Schwefel, Pyrit und andere Sulfidminerale kön- mensetzung, wie z. B. Quarz SiO2. Zahlreiche Minerale
nen durch Reduktion unter dem Einfluss von Bakterien sind dagegen Mischkristalle, in denen ein einfacher
entstehen (z. B. Templeton 2011; Konhauser et al. 2011). oder gekoppelter Ersatz von Kationen oder Anionen
Minerale bilden die Gemengteile von Gesteinen und stattfindet, z. B. Mg2+ ↔ Fe2+ beim Olivin mit den End-
bauen als solche wesentliche Teile der Erde, des Mondes gliedern Forsterit Mg2[SiO4] und Fayalit Fe2[SiO4] oder
und der erdähnlichen Planeten auf. Derzeit zugänglich Na+Si4+ ↔ Ca2+Al3+ beim Plagioklas mit den Endgliedern
sind uns die kontinentale Erdkruste, Serien von Bohr- Albit Na[AlSi3O8] und Anorthit Ca[Al2Si2O8]. Bei Misch-
kernen der ozeanischen Erdkruste und untergeordnet kristallen können Veränderungen der Druck-Tempera-
Fragmente des oberen, selten auch des unteren Erd- tur-Bedingungen während des Wachstums zu chemi-
mantels. Wir müssen aber annehmen, dass der gesamte schem Zonarbau führen oder es kommt bei der Ab-
Erdmantel, der bis zu einer Tiefe von 2 900 km reicht, so- kühlung zu nachträglicher Entmischung einer chemi-
wie der innere Erdkern (unterhalb einer Tiefe von etwa schen Verbindung aus einem ursprünglich homogenen
5 100 km) aus Mineralen bestehen, über die allerdings nur Wirtkristall. Der Mineralbegriff schließt solche Inhomo-
theoretische oder hypothetische Vorstellungen existieren. genitäten mit ein.
Analoge Überlegungen gelten für den Mond, die erd-
Eine Aussage darüber, ob die Forderung der Homogenität einer
ähnlichen Planeten Merkur, Venus, Mars und dessen Sa- Mineralprobe erfüllt ist, stößt beim Mineralbestimmen nach äuße-
telliten sowie für die Asteroiden, kleine planetenähnliche ren Kennzeichen immer wieder auf Schwierigkeiten, weil eine sol-
Körper, welche die Sonne zwischen der Mars- und Jupiter- che Entscheidung wesentlich von der Bezugsskala abhängt. So kann
2.2 · Mineralbestimmung und Mineralsystematik 33
eine Probe mit bloßem Auge betrachtet durchaus homogen erschei- 2.2 2.2
nen, während sie sich unter dem Polarisations-Mikroskop bei stär- Mineralbestimmung und Mineralsystematik
kerer Vergrößerung als uneinheitlich erweist. In Wirklichkeit liegt
ein mikroskopisch feines Verwachsungsaggregat aus zahlreichen
Mineralkörnern oder Mineralfasern vor. In vielen Fällen erweisen Bestimmung von Mineralen
sich auch mikroskopisch homogene Minerale unter dem Elektro-
nenmikroskop oder durch Röntgenbeugungsanalyse als heterogen. Die Bestimmung von Mineralen nach äußeren Kenn-
zeichen unter Verwendung einfacher Hilfsmittel ist keine
Minerale sind in aller Regel Festkörper und meist kristallisiert triviale Angelegenheit; sie erfordert vielmehr Beobach-
tungsgabe, ein gutes visuelles Gedächtnis, Übung und Er-
Das einzige Mineral, das sich bei gewöhnlicher Tempe- fahrung (vgl. Vinx 2008). Unerlässlich ist eine Lupe mit
ratur im flüssigen Zustand befindet, ist das gediegene hinreichender Vergrößerung (10fach) und nicht zu kleinem
Quecksilber (elementares Hg), das bei Atmosphärendruck Gesichtsfeld. Sehr hilfreich, insbesondere für die exakte
einen Schmelzpunkt von –38,89 °C aufweist (Wasser zählt Ansprache sehr kleiner Minerale (sog. Micromounts) ist
nicht zu den Mineralen, wohl aber natürliches Eis). Mi- die Verwendung eines guten Binokularmikroskops mit
nerale sind meist kristallisierte Festkörper (Einkristalle), ausreichend großem Arbeitsabstand. Äußere Kennzei-
deren Bausteine (Atome, Ionen, Ionenkomplexe), unge- chen und physikalische Eigenschaften sind: Morphologi-
achtet zahlreicher Baufehler und Unregelmäßigkeiten, sche Ausbildung (Einkristall – Kristallaggregat – Gestein),
dreidimensional periodisch angeordnet sind (vgl. Kap. 1). Kristallform (Tracht – Habitus), Zwillingsbildung, Flä-
Demgegenüber befinden sich nur wenige Minerale im chenstreifung, Spaltbarkeit, Bruch, mechanisches Verhal-
amorphen, d. h. nichtkristallisierten Zustand. Ihr Feinbau ten (Elastizität, Sprödigkeit, Dehnbarkeit), Ritzhärte,
ist dann geometrisch ungeordnet. Zu ihnen gehören als Dichte, Farbe (Farbwandlung), Glanz, Lichtdurchlässig-
bekanntester Vertreter der Opal SiO2 · nH2O, und zwar in keit, Strich auf rauher Porzellanplatte, Fluoreszenz, mag-
den Formen Opal-AN (Hyalit, Glasopal) und Opal-AG netisches Verhalten, Radioaktivität. Hierzu leisten Be-
(Edelopal; Abschn. 11.6.1, Abb. 11.49, S. 188f). Opal ent- stimmungstafeln Hilfe (z. B. Hochleitner et al. 1996).
wickelt wie andere ursprünglich amorph gebildete Mine- Für eine exakte Mineralbestimmung sind dagegen auf-
rale im freien Raum unter dem Einfluss der Oberflächen- wendigere Verfahren mit teuren Geräten notwendig, die
spannung traubig-nierige Formen und niemals Kristall- dem Mineraliensammler nicht ohne weiteres zur Verfügung
formen, d. h. durch ebene Flächen begrenzte Polyeder. stehen. Hierzu gehört in erster Linie Röntgen-Pulver- und
Das seltene natürliche Kieselglas SiO2 (Lechatelierit) Röntgen-Einkristalldiffraktometer (Abschn. 1.2.3). Mit die-
kommt in der Natur als Bindemittel zusammengeschmol- sen Verfahren der Röntgenbeugung können Minerale sicher
zener Sandkörper vor und verdankt seine Entstehung angesprochen und ihre Gitterkonstanten bestimmt oder
meist Blitzschlägen, wurde aber auch in mehreren Mete- auch bisher unbekannte Minerale erkannt, ihre Gitterkon-
oriten-Kratern, den Einschlagstellen von großen Meteo- stanten und ihre Kristallstruktur ermittelt werden. Beson-
riten auf der Erdoberfläche, vorgefunden. Die vulkani- ders für die sichere Ansprache gesteinsbildender Mine-
schen Gläser (Obsidian) zählen wegen ihrer häufig hete- rale (s. u.) sind leistungsfähige Polarisations-Mikroskope
rogenen Zusammensetzung und ihres variablen Chemis- für Durchlicht und Auflicht (Abschn. 1.5.2, 1.5.3) unver-
mus nicht zu den Mineralen, sondern werden den vulka- zichtbar, möglichst in Kombination mit einer Digital-
nischen Gesteinen zugeordnet. Kamera. Für die Untersuchung des submikroskopischen
Baus von Mineralen, z. B. für die Analyse von submikro-
In den amerikanischen Lehrbüchern wird der Begriff mineral skopischen Entmischungen, verwendet man Raster-
häufig auf kristallisierte Minerale beschränkt, während die nicht-
kristallisierten Minerale wie Opal oder ged. Quecksilber als
und/oder Transmissions-Elektronenmikroskope. Die che-
mineraloids (Mineraloide) bezeichnet werden. Diese Abgrenzung mische Zusammensetzung von Mineralen wird heute
ist im deutschen Sprachraum nicht eingeführt. routinemäßig mit der Elektronenstrahl-Mikrosonde er-
Bernstein, ein fossiles Harz von Nadel- und Laubbäumen besonders mittelt, die eine ortsauflösende Punktanalyse im Bereich
aus der Tertiär-Zeit, ist ein amorphes Gemenge aus oxidierten Harz- von 1–2 μm gestattet. Dabei werden die Minerale in ei-
säuren und Harzalkoholen mit der durchschnittlichen Zusammen-
nem anpolierten Gesteinsdünnschliff oder einem Erz-
setzung 78 Gew.-% C, 9.9 % H, 11.7 % O, 0.42 % S. Der Begriff Bern-
stein entspricht demnach nicht der Mineraldefinition. anschliff mit einem feingebündelten Elektronenstrahl
Nichts mit Mineralen zu tun haben Begriffe wie Mineralwasser, beschossen und dadurch aus der Probe charakteristische
Mineralöl, Mineralsalze in den Nahrungsmitteln etc. Bei diesen Be- Röntgenstrahlung unterschiedlicher Wellenlänge emit-
zeichnungen geht es lediglich um eine Herausstellung von Natur- tiert, die mit einem Analysator-Kristall registriert wer-
produkten. Gelegentlich wird der Mineralbegriff aus völliger Un- den kann (Umkehrung der Bragg’schen Gleichung [1.1]).
kenntnis fälschlich für chemische Elemente bzw. Ionen eingesetzt
wie z. B. in dem Artikel „Superstar der Küche, die Tomate“ Reader’s
Die jeweils ermittelte Wellenlänge ist für die Gehalte der
Digest, 1991, Nr. 5: „Sie … enthält die Vitamine A, B, C und E sowie chemischen Komponenten charakteristisch, die das Mine-
Mineralien (darunter Eisen, Kalzium und Kalium).“ ral aufbauen, z. B. Mg, Fe und Si beim Olivin (Mg,Fe)2[SiO4];
34 2 · Minerale
die jeweilige Zählrate, die mit einem Geiger-Müller-Zähl- terschiede im Chemismus einschließlich des Spuren-
rohr gemessen und mit einem geeigneten Standard ver- chemismus und bei den physikalischen Eigenschaften
glichen wird, ist proportional dem jeweiligen Gehalt der einschließlich Kristalltracht und Kristallhabitus führen
betreffenden Komponente. Durch solche Analysen, die bei einer gegebenen Mineralart in den meisten Fällen zur
an einer größeren Zahl von Messpunkten durchgeführt Unterscheidung von Mineralvarietäten. Bei der Mineral-
werden, lässt sich die durchschnittliche chemische Zusam- art Quarz unterscheidet man z. B. eine größere Anzahl
mensetzung des Minerals und seine chemische Variations- von Varietäten wie: Bergkristall (Abb. 1.1), Rauchquarz
breite bestimmen; man erhält so auch Hinweise auf ei- (Abb. 2.1, 2.2), Citrin, Amethyst (Abb. 11.46, S. 184), Ro-
nen möglichen Zonarbau und erkennt Entmischungen senquarz.
oder winzige Mineraleinschlüsse.
Systematik der Minerale auf kristallchemischer Grundlage
Mineralarten und Mineralvarietäten
Für eine sinnvolle systematische Gliederung der Minera-
Zu einer Mineralart gehören alle Mineralindividuen mit le ist die Kenntnis ihrer chemischen Zusammensetzung
übereinstimmender chemischer Zusammensetzung und und ihrer Kristallstruktur erforderlich. Auf dieser Kom-
Kristallstruktur. Dabei können sich die chemischen und bination von chemischen und kristallstrukturellen Para-
physikalischen Eigenschaften von Individuum zu Indivi- metern beruht die Mineralklassifikation, die Hugo Strunz
duum innerhalb gewisser Grenzen unterscheiden, wo- seit 1941 in seinen Mineralogischen Tabellen vorlegte
durch Mineralvarietäten entstehen. (8. Aufl. Strunz 1982; 9. engl. Aufl. Strunz u. Nickel 2001).
Es gibt rund 4 600 definierte Mineralarten (Tabelle 2.1), Auf der Grundlage ihrer vorherrschenden Anionen oder
von denen jedoch nur ein geringer Anteil gesteinsbildend Anionenkomplexe werden die Minerale 10 verschiedenen
auftritt (Tabelle 2.2) und/oder wirtschaftlich bedeutsam Klassen (engl. classes) zugeordnet, die in Tabelle 2.1 aufge-
ist. Die meisten Mineralarten sind nicht sehr häufig oder führt sind. (Bei der Klasse 1, den Elementen, fehlen natür-
ausgesprochen selten. Jährlich werden etwa 100 Minerale lich die Anionen.) Die Klassen werden weiter in Abteilun-
neu entdeckt, die allerdings meist extrem selten und oft gen (engl. divisions), Unterabteilungen (engl. subdi-
nur in winzigen Exemplaren vorkommen. Geringe Un- visions), Gruppen (engl. groups) und – wenn nötig – in
Abb. 2.1. Kristalldruse aus Fluorit (grün), Quarz (Varietät Bergkris- Abb. 2.2. Kristalldruse aus Quarz (Varietät Rauchquarz) und Kali-
tall), Pyrit (glänzende Würfelchen) und Wolframit (schwarz) Kara Oba, feldspat (Orthoklas), Idaho, USA. Bildbreite 10 cm. Mineralogisches
Kasachstan. Bildbreite 10 cm. Mineralogisches Museum der Univer- Museum der Universität Würzburg, Schenkung Albert Schröder.
sität Würzburg, Schenkung Albert Schröder. (Foto: K.-P. Kelber) (Foto: K.-P. Kelber)
2.3 · Vorkommen und Ausbildung der Minerale 35
Tabelle 2.1.
Chemische Einteilung der
Minerale (Vereinfacht nach
Strunz 1982)
Familien untergliedert; für die Klassen 1. Elemente und der Natur. Für Rückschlüsse auf seine Entstehungs-
9. Silikate sind in Tabelle 2.1 auch die Abteilungen, bei den bedingungen ist dieser Befund unerlässlich.
Silikaten auch Beispiele für Unterabteilungen angeführt.
Minerale finden sich entweder auf Wänden von Klüf-
2.3 ten, Spalten oder Hohlräumen aufgewachsen oder 2.3
Vorkommen und Ausbildung der Minerale sind als Bestandteile von Gesteinen eingewachsen
bzw. miteinander verwachsen.
Zur Beschreibung und Identifizierung eines Minerals ge-
hören nicht nur seine kristallographischen, physikali- Die frei aufgewachsenen Minerale konnten die ihnen
schen und chemischen Eigenschaften, sondern auch eigene Kristallform entwickeln (Abb. 1.1, 2.1, 2.2). Sie ver-
Kenntnisse über sein Auftreten und sein Vorkommen in danken es dem günstigen Umstand, dass sie in einen freien
36 2 · Minerale
Raum (Hohlraum, Kluft oder Spalte) ungehindert hin- oder als sog. Porphyroblasten in metamorphen Ge-
einwachsen konnten. Ihnen fehlen allerdings ebene Be- steinen (Abb. 2.9, 2.10) auf. Im ersten Fall handelt es
grenzungen an ihrer Anwachsstelle, es sei denn, dass sie sich um Frühausscheidungen aus einer Schmelze, im
schwebend im Hohlraum oder in einem lockeren Medi- zweiten Fall um Minerale mit überdurchschnittlichem
um kristallisiert sind. Größenwachstum. Mikrokristalline Minerale lassen sich
Unter Kristalldruse versteht man eine Vereinigung lediglich unter dem Mikroskop, kryptokristalline unter
zahlreicher Kristalle, die auf einer gemeinsamen Unter- dem Elektronenmikroskop oder durch Röntgenbeugung
lage aufsitzen bzw. aufgewachsen sind (Abb. 1.1, 2.1, 2.2). identifizieren.
Bei sehr vielen kleineren Kriställchen spricht man auch Als Mineralaggregate bezeichnet man beliebige, auch
von einem Kristallrasen. Mandeln sind Mineralmassen, räumlich eng begrenzte natürliche Assoziationen der glei-
die rundliche Hohlräume im Gestein vollständig ausfül- chen oder unterschiedlicher Mineralarten. Schön kristal-
len (Abb. 11.47, S. 186). Demgegenüber sind Geoden nur lisierte Mineralaggregate bzw. Kristalldrusen von kom-
teilweise mit Mineralsubstanz gefüllt und enthalten nicht merziellem oder Liebhaber-Wert werden Mineralstufen
selten im Innern eine Kristalldruse, so die bekannten genannt (Abb. 1.1, 2.1, 2.2).
Achatgeoden eine Amethystdruse (Abb. 11.46, S. 184). Die
2.4 „Kristallkeller“ aus den Schweizer Alpen sind ausgewei- 2.4
tete Zerrklüfte mit bis zu metergroßen Individuen von Gesteinsbildende und wirtschaftlich wichtige Minerale
Bergkristall oder Rauchquarz. Auch Gipshöhlen enthal-
ten mitunter große und schön ausgebildete Kristalle von 2.4.1
Gips (Abb. 9.6, S. 133). Gesteinsbildende Minerale
Gesteinsbildende Minerale (Abb. 2.1–2.10) haben
sich bei ihrem Wachstum, wenn sie gleichzeitig kristal- Von den etwa 4 600 bekannten Mineralarten treten nur
lisiert sind, gegenseitig behindert. Sie weisen deshalb etwa 250 gesteinsbildend auf, unter denen nur ganz we-
meist eine zufällige, kornartige Begrenzung auf. Eine nige einen wesentlichen Teil der Erdkruste aufbauen. Wie
solche Mineralausbildung im Gestein wird als xenomorph eine grobe Abschätzung (Tabelle 2.2) zeigt, besteht die
(grch. ξένος = fremd, μορϕή = Gestalt) bezeichnet. In Erdkruste zu etwa 95 Volumen-% aus Silikatmineralen,
anderen Fällen sind gesteinsbildende Minerale dennoch wobei im Durchschnitt Plagioklas (Abb. 2.3, 2.4), Kalifeld-
von ebenen Flächen begrenzt. Ihre Form wird dann als spat (Abb. 2.2, 2.3, 2.5, 11.57, S. 196) und Quarz (Abb. 2.1,
idiomorph (grch. ίδιος = eigen) bezeichnet. Idiomorph 2.2, 2.3) zusammen nahezu 65 Vol.-% einnehmen, während
ausgebildete Minerale treten besonders als sog. Ein- die dunklen Minerale, vor allem Pyroxene (Abb. 2.6, 11.32,
sprenglinge in vulkanischen Gesteinen (Abb. 2.5, 2.6) S. 163), Amphibole (Abb. 11.35, S. 168), Glimmer, insbe-
Abb. 2.3.
Hypidiomorph-körniges Gefüge
eines Granits, typisch für Tiefen-
gesteine (Plutonite). Die Minerale
haben sich bei ihrem Wachstum
gegenseitig behindert: Plagioklas
(weiß), Kalifeldspat, teilweise
idiomorph ausgebildet (rosa),
Quarz, meist xenomorph (grau),
Biotit (schwarz). Reichenbach
(Dzierz· oniów), Niederschlesien,
Polen. Mineralogisches Museum
der Universität Würzburg.
(Foto: K.-P. Kelber)
2.4 · Gesteinsbildende und wirtschaftlich wichtige Minerale 37
sondere Biotit (Abb. 2.3, 2.7), Olivin (Abb. 2.8) sowie Ton-
minerale und Chlorit (Abb. 2.9) zusammen nur knapp
30 Vol.-%, die übrigen gesteinsbildenden Silikatminerale
ca. 4,5 Vol.-% ausmachen. Nichtsilikatische Minerale,
insbesondere Karbonate, hauptsächlich Calcit (Abb. 8.3,
8.4, S. 119) und Dolomit, Oxide, besonders Magnetit
(Abb. 2.9), Ilmenit und Hämatit (Abb. 7.7, S. 108) und
Phosphate wie Apatit (Abb. 10.2, S. 139) erreichen zusam-
men nur etwa 4 Vol.-%.
Abb. 2.4.
Plagioklas (Labradorit) mit poly-
synthetischen Zwillingslamellen,
Madagaskar. Das spektakuläre
Farbenspiel des Labradorisierens
ist durch Beugung an submikro-
skopischen Entmischungslamel-
len bedingt, den sog. Böggild-
Verwachsungen. Mineralogi-
sches Museum der Universität
Würzburg. (Foto: K.-P. Kelber)
38 2 · Minerale
Abb. 2.7.
Biotit im Nephelinsyenit-Pegma-
tit, Saga-Steinbruch, Tvedalen
bei Larvik, Norwegen. Mineralo-
gisches Museum der Universität
Würzburg. (Foto: K.-P. Kelber)
2.4 · Gesteinsbildende und wirtschaftlich wichtige Minerale 39
Abb. 2.9. Porphyroblasten von Magnetit (Oktaeder) in Grünschiefer Abb. 2.10. Glimmerschiefer mit Porphyroblasten von Staurolith (braun)
(Chloritschiefer), Erbendorf, Oberpfalz. Mineralogisches Museum und Granat (rot) mit deutlich erkennbarer Flächenkombination
der Universität Würzburg. (Foto: K.-P. Kelber) Rhombendodekaeder {110} und Ikositetraeder {211}. Jakutien,
Ostsibirien. Mineralogisches Museum der Universität Würzburg.
2.4.2 (Foto: K.-P. Kelber)
Nutzbare Minerale
2.4.3
Die meisten wirtschaftlich wichtigen Minerale sind nur Edelsteine
ganz untergeordnet am Aufbau der Erdkruste beteiligt.
Um sie mit vertretbarem Aufwand gewinnen zu können, Unter den mineralischen Rohstoffen, die uns die Erde lie-
müssen sie durch spezielle geologische Prozesse zu nutz- fert, nehmen Edelsteine zwar in der geförderten Menge
baren Erz- oder Minerallagerstätten angereichert wer- einen geringen Rang ein; in der Wertschöpfung stehen
den, und zwar teilweise um mehrere Größenordnungen sie jedoch an vorderer Stelle. Jährlich werden Schmuck-
(Tabelle 33.5, S. 602). Wie in Abschn. 3.6 (S. 63) näher aus- waren aus Gold und anderen Edelmetallen mit oder ohne
geführt wird, sind in Erzlagerstätten Erzminerale gefasste Edelsteine im Wert von etwa 150 Mrd. US$ auf den
konzentriert, aus denen nutzbare Metalle gewonnen Markt gebracht (Fritsch u. Rondeau 2009). Dienen diese
werden können. Die meisten Erzminerale sind Metall- Preziosen in unserer modernen Gesellschaft ausschließ-
Sulfide oder -Oxide, seltener Karbonate, Chromate, lich der privaten Schmuckfreude, insbesondere auch dem
Molybdate, Wolframate, Arsenate oder Vanadate; da- Repräsentationsbedürfnis der Reichen und Superreichen,
neben kommen Edelmetalle auch in gediegener (elemen- waren Edelsteine in früherer Zeit auch ein Mittel zur Dar-
tarer) Form vor. Andere Minerale, die Nichterze, z. B. stellung von weltlicher und klerikaler Macht. Erinnert sei
Halogenide, Karbonate, Nitrate, Borate, Sulfate, Phosphate an die Kroninsignien wie den Kronschatz des Deutschen
und Silikate, dienen nicht der Metallgewinnung, können Kaiserreiches in der Wiener Hofburg, den britischen
aber zu unterschiedlichen technischen Zwecken abgebaut Kronschatz im Londoner Tower, die Krone Ludwigs XV.
werden. Man setzt sie z. B. im Baugewerbe, in der che- im Pariser Louvre, die russische Reichskrone im Moskauer
mischen, metallurgischen und keramischen Industrie, bei Kreml oder die Pahlevi-Krone im Teheraner Kronschatz.
der Herstellung von Werkstoffen oder als Düngemittel Von wenigen Ausnahmen abgesehen – insbesondere
ein. Eine besondere Rolle unter den nutzbaren Mine- dem Bernstein – sind fast alle Edelsteine Minerale. Von den
ralen spielen die Edelsteine, denen wir einen eigenen uns bekannten Mineralarten wurden weniger als 200 als
Abschnitt widmen. Edelsteine verwendet. Der Gesamtwert ihrer jährlichen
40 2 · Minerale
Förderung liegt in der Größenordnung von 20–25 Mrd. US$ Mineralen zeigt eine ausgeprägte Anisotropie der Far-
(Fritsch u. Rondeau 2009). Mit einem Anteil von ca. 85 % be; sie sind dichroitisch, z. B. der optisch einachsige
steht Diamant mit weitem Abstand an der Spitze (Ab- Turmalin, oder pleochroitisch, z. B. der optisch
schn. 4.3, S. 75ff): es folgen Korund Al2O3 (Abschn. 7.4, zweiachsige Cordierit (Abschn. 11.3, S. 156f ). Bei
S. 110f) mit den beiden Varietäten Rubin und Saphir, das dem ebenfalls pleochroitischen Alexandrit, einer
Ringsilikat Beryll Be3Al2[Si6O18] (Abschn. 11.3, S. 156f) Cr-haltigen Varietät des Chrysoberyll BeAl2O4 (Ab-
mit den Varietäten Smaragd und Aquamarin, das kom- schn. 7.2, S. 104) ist die Erscheinung des Changierens
plexe Ringsilikat Turmalin (Abschn. 11.3, S. 156ff), das besonders ausgeprägt. Sie ist durch die Existenz von
Inselsilikat Topas Al2[F2 / SiO4] (Abschn. 11.1, S. 145f) und zwei Banden im optischen Absorptions-Spektrum be-
die Quarzvarietät Amethyst (Abschn. 11.6.1, S. 179f). dingt: Gelb und Blau werden absorbiert, Grün und Rot
durchgelassen. Dementsprechend erscheint Alexan-
Wodurch wird ein Mineral zum Edelstein? Zum einen drit bei Tageslicht grün, bei Kunstlicht rot.
sind es besondere physikalische Eigenschaften, die ein Eine hohe Lichtbrechung verleiht Edelstein-Mineralen
Mineral – meist in geschliffener Form – als Schmuck- in geschliffener Form einen schönen Glanz. Mit einer
stein besonders attraktiv machen, zum anderen ist es Lichtbrechung von 2,419 (für gelbes Licht) steht hier Dia-
die Seltenheit der Edelstein-Minerale, die ihre Nach- mant an erster Stelle, während Korund deutlich gerin-
frage und damit auch ihren Preis bestimmen. Das an- gere Brechungsindizes (nε 1,759–1,763, nω 1,767–1,772)
wendungsorientierte Fachgebiet der Edelsteinkunde aufweist. Der Wert der Beryll-Varietäten Smaragd und
(Gemmologie) beschäftigt sich mit der Bestimmung Aquamarin, deren Brechungsindizes noch geringer sind
von Edelsteinen mit mineralogischen Methoden, der (nε 1,565–1,590, nω 1,569–1,598), ist weniger in ihrem
Unterscheidung von natürlichen und synthetischen Glanz, als vielmehr in ihren Farben begründet.
Edelsteinen, der Erkennung von künstlich – durch Erhit- Die Dispersion der Lichtbrechung, d. h. die Abhängig-
zen, Bestrahlen oder Färben – veränderten Edelsteinen keit der Brechungsindizes von der Wellenlänge, führt
und von Fälschungen, aber auch mit der Erforschung dazu, dass an den Facetten eines geschliffenen Edelsteins
von geologischen Prozessen, durch die Edelstein- die unterschiedlichen Wellenlängen des einfallenden
Minerale in der Natur entstehen, sowie mit der Auffin- weißen Lichtes in unterschiedlichen Winkeln gebrochen,
dung und Ausbeutung neuer Edelstein-Lagerstätten. reflektiert oder totalreflektiert werden. Dadurch entsteht
ein attraktives Farbenspiel, das Feuer. Besonders aus-
Physikalische Eigenschaften der Edelstein-Minerale geprägt ist die Dispersion beim Diamant, bei dem die
Lichtbrechung für violettes Licht (λF = 396,8 nm) bei
An erster Stelle steht die Farbe der Edelstein-Minerale, nF = 2,465, für rotes Licht (λC = 656,3 nm) dagegen nur
wie z. B. das herrliche Grün des Smaragds, das sog. bei nC = 2,410 liegt. Die optischen Effekte, die durch
Taubenblutrot des Rubins, oder die absolute Farb- die Dispersion der Lichtbrechung bedingt sind, kön-
losigkeit, durch die sich Diamanten hoher Qualität aus- nen durch eine geeignete Schliffform, insbesondere
zeichnen. Für die Färbung der oxidischen und sili- durch den um 1910 entwickelten Brilliantschliff
katischen Edelsteine sind geringe Beimengungen von (Abb. 4.13, S. 78) optimiert werden.
Metallionen aus der Gruppe der Übergangselemente Besondere Lichteffekte entstehen durch – in anderen
verantwortlich, insbesondere von Titan. Vanadium, Fällen unerwünschte – Fremdeinschlüsse in Edelstein-
Chrom, Mangan, Eisen und Kupfer. Spurenelement- Mineralen sowie durch Realbau-Phänomene der Kris-
Gehalte von V3+, Cr3+, Mn3+ und Cu2+, die in der Grö- talle wie Spaltrisse, Zwillings- oder Entmischungs-La-
ßenordnung von 0,1 Gew.-% bzw. wenigen ppm (part mellen. Als Asterismus, der bereits von Plinius d. Ä.
per million) liegen, können starke Farbeffekte erzeu- (~23–79 n. Chr.) beschrieben wurde, bezeichnet man
gen, die durch elektronische Übergänge in den d-Or- einen sternförmigen Lichtschein, der durch orientier-
bitalen bedingt sind (z. B. Rossman 2009). Gemäß der te Einwachsungen von Rutil-Nädelchen erzeugt wird.
Kristallfeld-Theorie spalten diese Orbitale in ionaren Er tritt hauptsächlich bei den Korund-Varietäten Stern-
Verbindungen in unterschiedliche Energieniveaus auf, rubin und Sternsaphir, aber auch beim Rosenquarz,
und durch Absorption einer Wellenlänge des sichtba- seltener bei Granat und Zirkon auf. Das Chatoyieren
ren Lichts, die dieser Kristallfeldaufspaltung ent- (franz. chat = Katze, oeil = Auge), auch Katzenaugen-
spricht, können Elektronenübergänge angeregt wer- Effekt genannt, ist ein wogender Schimmer, der durch
den. Darüber hinaus können durch Metall-Metall- orientiert eingelagerte Hohlkanäle, wie beim Chryso-
Ladungsübergänge (Intervalence Charge Transfers, beryll-Katzenauge BeAl2O4, (Abschn. 7.2, S. 104) bedingt
IVCT) auch Elektronenwechsel-Vorgänge zwischen ist, ferner beim Beryll-, Turmalin- und Quarz-Katzen-
strukturell benachbarten und ungleich geladenen Kat- auge; das blau schimmernde Falkenauge und das durch
ionen, z. B. Fe2+ und Fe3+ oder Fe2+ und Ti4+ zu star- Oxidation von Fe2+ zu Fe3+ bronzegelb schimmernde
ken Farbeffekten führen. Eine Reihe von Edelstein- Tigerauge entstehen durch Verkieselung von Kroky-
2.4 · Gesteinsbildende und wirtschaftlich wichtige Minerale 41
dolith-Asbest (Abschn. 11.6.1, S. 179). Hauptsächlich tischer. Im Gegenteil: Mineraleinschlüsse belegen die na-
durch Interferenzeffekte im submikroskopischen Be- türliche Bildung eines Edelsteins und geben Hinweise auf
reich sind das Opalisieren und Irisieren beim Edelopal seine Herkunft (Provenienz). Allerdings versuchen man-
(S. 188), das Adularisieren beim Adular (Abschn. 11.6.2, che Hersteller aus verständlichen, wenn auch keineswegs
S. 189) und das Labradorisieren beim Labradorit akzeptablen Gründen, ihre Syntheseprodukte den natür-
(S. 198) bedingt. Alle diese Lichteffekte kommen am lich gebildeten Edelstein-Mineralen immer mehr anzu-
besten in rundlich geschliffenen Steinen, den Cabo- passen, indem sie z. B. beim Wachstum der synthetischen
chons, zum Ausdruck. Kristalle natürliche Minerale einschließen lassen. Daher
Die mechanischen Eigenschaften der Härte (Tabelle 1.2, lassen sich natürliche und synthetische Edelsteine oft
S. 16) und der Zähigkeit machen ein Edelstein- nicht mehr mit den gängigen Routineuntersuchungen un-
Mineral widerstandsfähig gegen Abrieb und Bruch. terscheiden, sondern der Nachweis einer Synthese ist häu-
Besonders große Härten besitzen Diamant mit der fig nur mit aufwendigen Analysenmethoden möglich. Die
Mohs-Härte 10, Korund (9), Topas (8) und Beryll Frage, warum die meisten Käufer – wenn sie die finan-
(7½–8). Diese Minerale sind daher beständig gegen ziellen Mittel dazu haben – lieber einen natürlichen Edel-
Korrosion durch Quarzstaub in der Luft, da Quarz nur stein erwerben als einen synthetischen Stein gleicher oder
die Mohs-Härte 7 hat. Demgegenüber ist das ansonsten sogar „besserer“ Qualität (der nach den gesetzlichen Vor-
sehr attraktive Edelstein-Mineral Opal SiO2 · nH2O mit gaben vom Verkäufer als solcher gekennzeichnet werden
der Härte 5½–6½ deutlich weicher als Quarz und des- muss!), lässt sich wohl nur psychologisch beantworten:
wegen z. B. nicht als Ringstein geeignet. der menschliche Geist strebt eben eher nach dem seltenen
Naturprodukt als nach industriell gefertigter Massenware.
Die Seltenheit von Edelstein-Mineralen
Methoden der industriellen Edelstein-Synthese
Im Gegensatz zu den objektivierbaren physikalischen
Eigenschaften, ist die Forderung der Seltenheit, die ein Bei der Edelstein-Synthese, die sich teilweise an geologi-
Mineral zum Edelstein macht, weniger gut fassbar. Es gibt schen Prozessen in der Natur orientiert, werden die glei-
Minerale von Edelsteinqualität, die zu selten und auch in chen Methoden wie bei der industriellen Züchtung von
Fachkreisen zu wenig bekannt sind, um auf dem Markt ei- Einkristallen für technische Zwecke, z. B. für die Herstel-
nen hohen Preis zu erzielen, z. B. der Taaffeit Mg3BeAl8O16. lung von Laser- oder Halbleiter-Kristallen angewandt. Am
Andererseits können gezielte Marketing-Kampagnen das wichtigsten sind folgende Züchtungs-Methoden (z. B.
Interesse an einem sehr seltenen Mineral und damit sei- Wilke u. Bohm 1988; Kane 2009; Kleber et al. 2010):
nen Marktwert stark steigern, was z. B. beim Benitoit
BaTi[Si3O9) und beim roten Beryll der Fall war (Fritsch Kristallzüchtung aus der Schmelze. Diese schon seit
u. Rondeau 2009). Die natürliche Entstehung von selte- Ende des 19. Jh. entwickelten Methoden sind verfah-
nen (Edelstein-)Mineralen ist an besondere geochemische renstechnisch sehr ausgereift und liefern Produkte von
Voraussetzungen gebunden, wie z. B. beim Smaragd besonders hoher Qualität. Die erste Züchtung von
(Abschn. 11.3, S. 156f), oder an extreme physikalisch- Rubin-Kristallen erfolgte 1885 in Genf durch langsa-
chemische Bedingungen geknüpft, wie beim Diamant me Kristallisation einer Schmelze in einem offenen
(Abschn. 4.3, S. 75ff). Tiegel, ein Verfahren, das z. B. durch Bridgman (1923)
Schließlich ist ein Mineral als Edelstein nur dann für technische Zwecke optimiert wurde.
schleifwürdig und damit in vollem Maße wirtschaftlich Viel weiter verbreitet ist das Schmelztropf-Verfah-
nutzbar, wenn es in entsprechender Größe und Reinheit ren des französischen Chemiker Auguste Verneuil
vorliegt, also weitgehend frei von unerwünschten Ein- (1856–1913), mit dem seit 1905 Einkristalle von Ru-
schlüssen und Rissen ist. Voraussetzung für die „Lupen- bin, seit 1910 von Saphir und Spinell, seit 1947/1948
reinheit“ eines Minerals sind ungewöhnlich günstige von Sternrubin, Sternsaphir sowie von Rutil gezüchtet
Kristallisationsbedingungen, die in der Natur nur selten wurden. Dabei wird die pulverförmige Ausgangs-
gegeben sind, bei der industriellen Herstellung syntheti- substanz, z. B. Al2O3, einer heißen Knallgasflamme
scher Edelsteine aber gezielt realisiert werden können. oder – neuerdings – einer Plasma-Fackel zugeführt
Schon deswegen sind natürlich vorkommende Edelstei- und bei Temperaturen bis 2 200 °C geschmolzen. Die
ne wesentlich seltener als künstlich erzeugte: Obwohl die- Schmelze tropft auf einen wachsenden Kristallkeim
se in ihrer chemischen Zusammensetzung und ihren und kristallisiert dort an, wodurch birnenförmige Ein-
physikalischen Eigenschaften identisch mit natürlichen kristalle von 6–8 cm Länge entstehen. Durchgreifende
Steinen sind, erzielen sie auf dem Markt doch wesentlich technische Verbesserungen des Verneuil-Verfahrens
geringere Preise, wie das am Beispiel synthetischer Rubi- ermöglichten in neuerer Zeit die Züchtung von Laser-
ne deutlich wird (Abschn. 7.3, S. 106). Das gilt auch, wenn stäben aus Rubin. Durch geeignete Zusätze von Spuren-
der natürliche Stein weniger lupenrein ist als ein synthe- elementen können beliebige Farben erzeugt werden.
42 2 · Minerale
Für die Züchtung von Einkristallen unterschied- Unter wesentlich höhere Drücken (meist 50–60 kbar)
lichster Zusammensetzung für technische Zwecke, z. B. und Temperaturen (um 1 400 °C) erfolgt die Diamant-
des Yttrium-Aluminium-Granats (YAG-Laser) und von Synthese, die 1955 fast gleichzeitig in Schweden und
Halbleiter-Kristallen aus Germanium oder Silicium, hat in den USA gelang. Hierfür werden Apparaturen
sich das Kristallzieh-Verfahren, das der polnische Che- mit konischen Hochdruck-Stempeln eingesetzt, z. B.
miker Jan Czochralski seit 1916/1918 an der TU Berlin- die berühmte Belt-Apparatur. Als Reaktionsmedium
Charlottenburg entwickelte, besonders bewährt. Dabei dient eine Metallschmelze (Nickel und/oder Eisen,
wird ein stäbchenförmiger Keimkristall langsam aus ei- auch Kobalt), in welcher der Kohlenstoff gelöst wird
ner Schmelze, deren Temperatur nur wenig über dem (Abschn. 4.3, S. 75f). Mit diesem Verfahren werden in
Schmelzpunkt liegt, herausgezogen. Entscheidend für erster Linie winzige Industrie-Diamanten von ca. 150 μm
den Erfolg dieses Verfahrens ist, dass Ziehgeschwin- Größe hergestellt. Erst 1970 gelang in den USA die
digkeit und Wachstumsgeschwindigkeit genau über- Synthese größerer, facettiert Steine und 1985 kamen
einstimmen. Von gemmologischem Interesse ist ledig- in Japan gelbe Industrie-Diamanten von 2 Karat auf
lich die Züchtung von synthetischem Alexandrit, die den Markt. Seit 2008 ist die Synthese von farblosen,
seit 1976 mit dem Czochralski-Verfahren erfolgte. gelben, braunen, blauen, grünen roten, rosa- und
Für die Synthese von chatoyierendem Alexandrit purpurfarbenen Diamanten möglich, die auch von
wurde das tiegelfreie Zonenschmelz-Verfahren ange- gemmologischem Interesse sind (Kane 2009).
wendet, das aber hauptsächlich der Züchtung von hoch- Die Kristallzüchtung aus der Gasphase geschieht
reinen Halbleitern, insbesondere von Silicium-Ein- entweder durch Sublimation gasförmiger Substanzen
kristallen dient. Dabei wird ein kristalliner Stab lang- in geschlossenen und offenen Systemen, z. B. bei der
sam durch eine Hochfrequenz-Heizspule hindurchge- Synthese von Moissanit SiC, oder aber durch chemi-
zogen oder umgekehrt wird die umgebende Spule an sche (Transport-)Reaktionen im gasförmigen Zustand,
dem Stab entlang geführt. In der dabei entstehenden durch die z. B. Diamant hergestellt wurde. Allerdings
schmalen Schmelzzone, die allmählich durch den Kris- können durch diese Prozesse meist nur sehr kleine Kris-
tallstab hindurch wandert, sammeln sich die Verunrei- talle erzeugt werden, wie sie beim orientierten Aufwach-
nigungen, die in der Ausgangssubstanz vorhanden wa- sen dünner Schichten auf einem kristallinen Substrat
ren. Nach mehrfacher Wiederholung dieses Vorganges (Epitaxie) entstehen, die in der Mikroelektronik bzw.
wird in der Endphase darauf geachtet, dass der gesamte Halbleitertechnik verbreitete Anwendung finden.
Stab aus dem gewünschten Einkristall besteht.
2.5 Kristallzüchtung aus Lösungen und Schmelzlösungen. 2.5
Kristallzüchtungen aus wässerigen Lösungen und bei Biomineralisation und medizinische Mineralogie
Atmosphärendruck wurden seit den 1930er Jahren (unter Mitwirkung von Gerd Geyer und Joachim A. Lorenz)
zu einem hohen technischen Stand entwickelt und
spielen für industrielle Anwendungen eine bedeuten- Minerale entstehen nicht nur durch anorganische gesteins-
de Rolle, werden aber nur selten für die Edelstein- bildende Prozesse, mit denen sich weite Teilen dieses Lehr-
Synthese angewandt; zu den wenigen Beispielen ge- buches beschäftigen, sondern sie können sich auch im
hören Opal und Malachit Cu2[OH)2 / CO3]. belebten Organismus durch biologische Vorgänge bilden.
Wesentlich häufiger züchtet man Edelstein-Mine- Diese Vorgänge, die man als Biomineralisation bezeich-
rale bei hohen Temperaturen unter Einsatz von ge- net (Dove et al. 2003; Skinner 2005; Dove 2010), sollen im
schmolzenen wasserfreien Salzen, z. B. einer Mischung Folgenden kurz dargestellt werden. Mineralisiertes Ge-
aus Bleioxid und Boroxid, die als Flussmittel dienen. webe spielt in Form von Stützgeweben, Exoskeletten und
Mit dieser Flux-Fusion-Methode wurde bereits 1887 Endoskeletten eine entscheidende Rolle bei der Entwick-
Rubin synthetisiert; es folgten Smaragd (1935), Alexan- lung von tierischen und pflanzlichen Organismen.
drit, oranger und blauer Saphir sowie Spinell. Darüber hinaus dienen primär oder sekundär, z. B. bei
Sehr wichtig ist die Hydrothermal-Synthese von Mine- der Diagenese (Abschn. 25.2.10, S. 396f, 25.3.5, S. 403)
ralen, bei der in einem Hochdruck-Autoklaven unter er- kristallisierte Minerale als Versteinerungsmittel. Die durch
höhten Drücken (meist ca. 1–2 kbar) und Temperaturen Biomineralisation fossilisierten Tiere und Pflanzen stel-
(meist 300–500 °C) Kristalle aus einer heißen wässerigen len unverzichtbare Dokumente für die Rekonstruktion der
Lösung gezüchtet werden. Mit diesem Verfahren stellte biologischen Evolution und der Geschichte unserer Erde
man seit 1950 unverzwillingte Quarzkristalle her, die in dar. Aus den Fossilresten kann man auf das relative Alter
der Technik als Schwing- und Steuerquarze unverzicht- von Sedimentgesteinen, auf ihre Bildungsbedingungen
bar sind (Abschn. 11.6.1, S. 179). Später wurden auch und deren zeitliche und räumliche Veränderungen schlie-
Smaragd, Aquamarin und andere Farbvarietäten von Be- ßen. Darüber hinaus können Isotopen-Analysen an Fos-
ryll, Rubin und Saphir sowie die Quarzvarietäten Citrin, silien dazu beitragen, das Klima zum Zeitpunkt der bio-
Amethyst und Rosenquarz hydrothermal gezüchtet. genen Mineralbildung sowie Veränderungen der Klima-
2.5 · Biomineralisation und medizinische Mineralogie 43
bedingungen über längere oder kürzere Zeiträume, ja das Verkleben und Stabilisieren von Sedimentoberflächen
sogar im jahreszeitlichen Wechsel zu rekonstruieren. Die- durch organische Substanz entscheidend, als auch das Fan-
se Forschungsergebnisse liefern wichtige Erkenntnisse für gen und Überwuchern von Sedimentpartikeln und das Ab-
die aktuelle Diskussion um den Klimawandel. scheiden von Karbonatmineralen. Die entstehenden
Die Mechanismen von Biomineralisations-Vorgängen lederartigen Biomatten überziehen die Sedimentoberfläche
im menschlichen und tierischen Körper, ihre Störungen und stabilisieren diese gegen Erosion, wodurch während
und ihre pathologischen Entartungen sowie die Reakti- der Blütezeit der Stromatolithe im Präkambrium die ma-
on des Organismus auf mineralische Stäube und Gifte sind rine Sedimentologie in wesentlichen Aspekten anders
Gegenstand der medizinischen Mineralogie, einer inter- verlief als im Phanerozoikum und in den heutigen Meeren.
disziplinären Forschungsrichtung im Grenzgebiet zwi- Die Ausfällung von Calcit wird durch die photosynthetische
schen Mineralogie, Biochemie und Medizin (Sahai u. Aktivität der Cyanobakterien begünstigt, indem dem Meer-
Schonen 2006, Sahai 2007). Darüber hinaus können wir wasser CO2 entzogen und somit der pH-Wert erhöht wird.
aus den natürlichen Vorgängen der Biomineralisation viel Die Wuchsform der Stromatolithen hängt vor allem von
über das Verhalten von anorganischen Materialien bei der der Sedimentanlieferung sowie von der Wassertiefe und
Regeneration des menschlichen Knochengerüstes (Jones der Wasserbewegung ab. Die Wechsellagerung innerhalb
et al. 2007) und die knöcherne Integration von Endopro- von Stromatolithen wird durch die unterschiedliche Tages-
thesen und Implantaten im menschlichen Körper lernen. und Nachtaktivität der Organismen erklärt. Gelegentlich
sind die Mikroorganismen noch erkennbar, da sie sekun-
2.5.1 där durch feinkörnige Quarzsubstanz silifiziert und
Mineralbildung im Organismus dadurch in verwitterungsresistente Fossilien umgewan-
delt wurden. Diese nur langsam wachsenden Gebilde
Mineralbildung durch Mikroorganismen konnten über sehr lange Zeiten der geologischen Vergan-
genheit Riffe bilden, da sie keine Fressfeinde hatten.
Zu den frühesten bekannten Zeugen biologischer Aktivi- Der durch die oxygene Photosynthese gebildete Sauerstoff wurde
tät zählen die Stromatolithen (grch. στρώμα = Decke, zunächst für die Oxidation von Fe2+ zu Fe3+ und von Sulfiden zu
λίθος = Stein), biogene Sedimentgesteine mit charakte- Sulfaten verwendet. Erst nachdem der Sauerstoff durch diese Pro-
ristischem Lagenbau (Lamination, s. Abb. 25.19, S. 402), zesse verbraucht war, nahm O2 in der Erdatmosphäre dramatisch
deren älteste Vertreter bei Pilbara in Westaustralien auf zu. Dieses Große Oxidations-Ereignis (Great Oxidation Event, GOE)
begann vor ca. 2,45 Ga und setzte sich wahrscheinlich bis ca. 2,0 Ga
ca. 3,43 Milliarden Jahre (3,43 Ga) datiert werden konnten
fort (Sverjensky u. Lee 2010). Als Folge dieser „Sauerstoffkatastrophe“
(Allwood et al. 2007; Noffke in Vorb.). Stromatolithen sind verringerten sich die Artenvielfalt und die Verbreitung der Stromato-
kalkig gebundene Biomatten, die im Wesentlichen durch lithen; seit ca. 450 Ma werden sie immer seltener, da sie durch die
prokaryote Cyanobakterien (Blaualgen) gebildet werden, mehrzelligen Eukaryoten in großem Umfang abgeweidet werden. Re-
den vermutlich ältesten Lebewesen, die oxygene Photosyn- zent können solche Biotope nur dort bestehen, wo infolge einer zu
these betreiben konnten. Sie reicherten die frühe Erdatmo- hohen Salinität keine Fressfeinde, z. B. Schnecken, leben können, de-
nen diese Biofilme zur Nahrung dienen. Diese feindlichen Bedin-
sphäre mit Sauerstoff an und bildeten dadurch die Grund- gungen sind heute nur an wenigen Stellen gegeben, z. B. im Hamelin
lage für die spätere Entwicklung der Sauerstoff-atmenden Pool der Shark Bay in Westaustralien (Abb. 2.11) oder im Mono Lake,
Organismen. Für die Bildung der Stromatolithen ist sowohl Kalifornien (McNamara 2004; Reitner 1997).
Abb. 2.11.
Rezente Stromatolithen, Hamelin
Pool, Shark Bay, Westaustralien.
Die Algenmatten entstanden im
Gezeitenbereich mit begrenzter
Wasserzirkulation unter hoch-
salinaren Bedingungen.
(Foto: Neil McKerrow, Albany,
Westaustralien)
44 2 · Minerale
Wichtige Bildner von Biomineralen sind einzellige oder bar die chemische Zusammensetzung der Kalkabschei-
mehrzellige eukaryotische Kalkalgen, die in der Lage sind, dungen steuert: Bei den Oogonien der Armleuchteralgen
aktiv Kalk abzuscheiden. Dabei kann das Calcium- (Charophyceen) wird innerhalb der Zellwand Calcit ab-
karbonat auf verschiedene Art und Weise an und in der geschieden, bei Corallinaceen (Rotalgen) intrazellulär Mg-
Zellwand sowie innerhalb der Zelle abgeschieden werden. Calcit, bei den Udoteaceen (Grünalgen) extrazellulär Cal-
Bei den Rotalgen (Rhodophyceen) handelt es sich um ein- cit und bei den Dasycladaceen (Grünalgen) innerhalb ei-
zellige oder mehrzellige eukaryotische Algen die vor allem ner extrazellulären Schleimscheide Calcit (wie bei den
verzweigte bäumchenartige Strukturen bilden, aber auch Cyanobakterien). Die meisten marinen Grünalgen schei-
Kalkkrusten erzeugen können (z. B. Lithothamnium) und den Aragonit aus.
maßgeblich zum Aufbau von Korallenriffen beitragen. Zu In nahezu allen Gewässern der Erde kommen einzelli-
den kalkabscheidenden Grünalgen (Chlorophyceen) ge- ge Kieselalgen (Diatomeen) vor, die am Beginn der Nah-
hören die Gruppen der Dasycladaceen (Wirtelalgen) und rungskette stehen. Sie bilden 10–100 μm große Skelette,
Codiaceen (Filzalgen). Besonders die letzteren gehören die aus Opal SiO2 · nH2O aufgebaut sind. Nach dem Ab-
heutzutage zu den mengenmäßig größten Produzenten sterben der Algen werden die filigranen, porigen Teilchen
von Karbonatpartikeln in karibischen und pazifischen im Sediment abgelagert. Sedimentgesteine, die ausschließ-
Riffen und Lagunen. Eine Gruppe der einzelligen Kalk- lich aus Kieselalgen bestehen, werden als Diatomite bezeich-
algen, die Coccolithophoriden (Abb. 2.12), sind ebenfalls net (Abschn. 25.5, S. 409f). Die Armleuchteralgen (Charo-
bedeutende Bildner von Biomineralen. Sie verfügen über phyceae), die einzige rezente Gruppe der bis ins Devon zu-
ein Außenskelett aus Mg-haltigem Calcit, das meist aus rück reichenden Ordnung Charales, bilden sogar Baryt
rundlichen Kalkplättchen (Coccolithen) besteht; diese be- Ba[SO4] in Form kleiner Körnchen (Abschn. 9.1, S. 130), wel-
decken als Coccolithenschlamm mit ca. 130 Mio. km2 fast che die Richtung des Wachstums beeinflussen.
ein Drittel des Meeresbodens. Als Kreidekalke sind sie an Foraminiferen (Kammerlinge), die rezent wichtigste
den Küsten von Nord- und Ostsee, z. B. in Süd-England Gruppe von marinen Einzellern, bilden meist Gehäuse aus
und auf Rügen aus der Kreide-Zeit überliefert. Calcit. Die planktisch lebenden rezenten Foraminiferen
Die Kalkabscheidung ist an organische Matrizen gehören zur Gruppe der Globigerinen, weshalb Forami-
(i. d. R. an Polysacharide) gebunden. Die Calcifications- niferen-Ablagerungen als Globigerinenschlamm bezeich-
zentren können verschieden beschaffen sein, was offen- net werden. Die fossilen Großforaminiferen, wie die
Fusulinen im Karbon und Perm oder die Nummuliten und
Alveolinen aus dem Tertiär bildeten bis 30 mm große
massive Gehäuse aus Calcit, die gesteinsbildend werden
konnten. Die altägyptischen Pyramiden von Gizeh bei
Kairo wurden aus solchen Nummulitenkalken erbaut.
Als bedeutende Gruppe der Mikroorganismen sind die
Radiolarien anzusehen. Diese nur 0,03 bis einige mm gro-
ßen, in den Weltmeeren weit verbreiteten Einzeller bau-
en ein Skelett auf, das meist aus Opal besteht. Nach dem
Absterben der Radiolarien werden die Opalskelette auf
dem Meeresboden sedimentiert und bedecken als Radio-
larienschlamm einige Millionen km2 der tropischen Mee-
re. Infolge von plattentektonischen Prozessen finden wir
diese Sedimente auch außerhalb der Tropen als braune
bis schwarze, sehr verwitterungsbeständige Radiolarite
wieder. Eine kuriose Ausnahme bildet eine Gruppe von
Radiolarien, die Acantharier, deren Skelette aus Coelestin
SrSO4 bestehen (Abschn. 9.1, S. 130).
Einen interessanten Fall der Mineralbildung im Orga-
nismus stellen manche Bakterien dar, die in der Lage sind,
kleine Magnetit-Kristalle in einem Magnetosom zu syn-
Abb. 2.12. Coccolithophoride als Beispiel für Biomineralisation bei thetisieren (Abschn. 7.2, S. 104f). Sie können sich damit am
einzelligen Algen im Nannoplankton. Einzelne Zelle von Gephyro- Erdmagnetfeld orientieren und zielgerichtete Ortsverän-
capsa oceanica, die von ca. 12 einzelnen Calcitplättchen (den so
derungen erreichen. Diese Eigenschaft teilen sie mit In-
genannten Coccolithen) bedeckt wird. Aus einer Planktonprobe der
Kimberley-Region (Australien), von CSIRO Tasmania zur Verfügung sekten, Vögeln, Fischen und Säugetieren (Bleil u. von
gestellt. (Aufnahme mit dem Raster-Elektronenmikroskop REM und Dobeneck 2006; Harrison u. Feinberg 2009; Póstal u.
Bestimmung Jorijntje Henderiks, Uppsala Universitet) Dunin-Borkowsky 2009).
2.5 · Biomineralisation und medizinische Mineralogie 45
Abb. 2.14.
Innerer Aufbau eines typischen
Röhrenknochens von Makro-
bis Nanodimensionen. Erläu-
terungen im Text. (Aus Pasteris
et al. 2008)
sich in zwei Arten von Hohlräumen unterschiedlicher Form und logisch gebildeter Hydroxyl- oder Fluorapatit in den Gesteinen in
Größe, nämlich (1) in Löchern (oder Lücken) an den gegenüber Form gedrungener oder langgestreckter Prismen oder Nadeln auf.
liegenden Enden der Fasern und (2) in Poren (oder Kanälen) h Kristallstruktur von Apatit, projiziert entlang der c-Achse. (An-
zwischen den Längsseiten benachbarter Mikrofibrillen. Jede stelle der komplizierten Struktur von Bio-Apatit ist die einfachere
Mikrofibrille ist ca. 300 nm lang und ca. 4 nm dick. Fluorapatit-Struktur dargestellt.) Dunkelblaue Dreiecke mit
g Die Nanokristalle von Bio-Apatit bilden Plättchen, die lediglich eine roten Kugeln: PO4-Tetraeder, große gelbe Kugeln: Ca-Atome, klei-
Dicke von 2–3 Einheitszellen aufweisen. Im Gegensatz dazu tritt geo- ne hellblaue Kugeln: (OH,F)-Gruppen in Hohlkanälen.
48 2 · Minerale
Infolge der Wechselwirkung mit organischer Zellsub- sche monokline Prismen mit rautenförmigen Flächen
stanz ist Bio-Apatit einem ständigen Umbauprozess, d. h. (Abb. 2.16, oben links). Demgegenüber zeigt Calcium-
der Auflösung und Wiederausfällung unterworfen. Die Oxalat-Dihydrat (COD) oder Weddelit CaC2O4 · 2H2O mit
Knochenzellen steuern Bildung, Umsatz oder Resorption der Kristallklasse 4/m tetragonale Bipyramiden (Abb. 2.16,
von Knochensubstanz im Körper und regulieren damit den oben rechts). Außerdem können in Nierensteinen Calcium-
Calcium-, Magnesium- und Phosphathaushalt. Ist dieser Oxalat-Trihydrat (COT) CaC2O4 · 3H2O, Hydroxylapatit
gestört, kann es zu Knochenerkrankungen wie Osteoporo- Ca5[(OH) / (PO4)3], Brushit Ca[H / PO4] · H2O und ver-
se kommen. Das Dentin kann durch die Einwirkung von schiedene Formen von Harnsäure-Kristallen C5H4N4O3
chemischen Substanzen aus der Nahrung und von Bakteri- auftreten. Durch bakterielle Infektionen kann es zur Bil-
en angelöst werden, was z. B. zur Karies-Erkrankung führt. dung von Struvit (NH4)Mg[PO4] · 6H2O kommen. Wie Un-
Andererseits lässt sich der Zahnschmelz auch durch Ein- tersuchungen von Wesson u. Ward (2007) zeigen, dürfte das
satz geeigneter Wirkstoffe remineralisieren (Boskey 2007). Wachstum von Nierensteinen auf dem Epithel der Nieren-
kanälchen durch die Adhäsion von organischen Makro-
2.5.2 molekülen auf den Kristallflächen von COM entscheidend
Medizinische Mineralogie begünstigt werden. Andererseits werden die Bildung sta-
biler Kristallaggregate und damit das Wachstum von Nie-
Pathologische Biomineralisation rensteinen durch Anwesenheit von COD behindert.
Abb. 2.15.
Links: Nierenstein-Typen:
a Querschnitt durch einen
COM-Stein mit Wachstums-
zonen; b COM-Steine mit Mor-
genstern-ähnlicher Ausbildung;
c komplexer Nierenstein aus
COM, der Bio-Apatit umwächst;
d rasterelektronenmikrosko-
pische Aufnahme eines COM-
Steins: gestapelte COM-Kristal-
le sind an den {100}-Flächen ver-
wachsen; e Brushit; f Struvit.
Mit freundlicher Genehmigung
von Louis C. Herring & Co.
(www.herringlab.com). Rechts:
Schematischer Schnitt durch
eine Niere mit den bevorzugten
Bildungsorten von Nierenstei-
nen in den kleinen und großen
Nierenkanälchen sowie im Harn-
leiter. (Aus Wesson u. Ward 2007)
2.5 · Biomineralisation und medizinische Mineralogie 49
Abb. 2.16.
Mikrofotos (oben) und Struktur-
modelle (unten) von COM- und
COD-Kristallen. Weiße Kugeln:
Wasserstoff; graue Kugeln: Koh-
lenstoff; rote Kugeln: Sauerstoff;
grüne Kugeln: Calcium. (Nach
Wesson u. Ward 2007)
siven Eigenschaften die Lungen buchstäblich „auffressen“. staub-bedingte Erkrankungen wie Lungenkrebs einge-
Nach seiner Schilderung waren im Bergbaugebiet der hend erforscht, doch sind bis jetzt die Mechanismen, die
Karpaten Frauen mit bis zu sieben Männern verheiratet, zur toxischen Reaktion der SiO2-Partikel mit dem Lungen-
da diese nacheinander an Staublunge verstarben. gewebe führen, noch immer nicht eindeutig geklärt
Pathologische Mineralstäube sind in ihrer Zusammen- (Fubini u. Fenoglio 2007). Für die Silikose-Erkrankung
setzung sehr vielfältig; doch spielen SiO2-Minerale und ist nur der lungengängige Anteil des Quarzstaubes ver-
Mineralfasern die weitaus wichtigste Rolle. Entscheidend antwortlich, der im Lungengewebe deponiert werden
für die Toxizität der Mineralstäube sind die mikromor- kann. Er ist mit dem bloßen Auge nicht mehr sichtbar, da
phologischen Eigenschaften der einzelnen Staubpartikel sein aerodynamischer Durchmesser bei <10 μm mit ei-
und die Reaktivität ihrer Oberflächen. Diese wird erhöht nem Schwerpunkt bei ca. 2,5 μm liegt.
durch scharfe Kristallkanten und Bruchflächen, durch
Bei der heute aktuellen Feinstaub-Problematik, einem wichtigen
Oberflächendefekte, schlecht koordinierte Ionen und freie Gegenstand der europäischen Politik, wird vorausgesetzt, dass Fein-
Radikale (Fubini u. Fenoglio 2007). Wichtig ist auch die staub (engl. particulate matter PM) per definitionem schädlich ist,
Biodurabilität der unterschiedlichen Staubpartikel: Einige d. h. ohne Rücksicht auf seine Natur bzw. seine Herkunft, was sicher
Mineralstäube lösen sich relativ schnell im Körper auf, z. B. nicht richtig ist. Für die Feinstaub-Richtlinie, die seit 2005 auch in
Gipsstaub; andere bleiben wesentlich länger stabil und sind deutschen Städten und Gemeinden gilt, wurde als Grenzwert ein
Tagesmittelwert von 50 μg PM10 (d. h. für eine Partikelfraktion mit
deswegen erheblich gesundheitsschädlicher, z. B. Quarz- einem aerodynamischer Durchmesser um 10 μm) eingeführt, der
staub. So werden Steinmetze bei der Bearbeitung von quarz- maximal an 35 Tagen im Jahr überschritten werden darf (z. B. Gieré
haltigen Gesteinen ohne Atemschutz lungenkrank, was als u. Querol 2010). Wie Untersuchungen mittels elektronenmikrosko-
Steinhauerkrankheit beschrieben wurde. Darüber hinaus pischer und mineralogischer Verfahren zeigen, ist Feinstaub jedoch
kann eine hohe, langjährige Belastung durch Quarzstaub sehr unterschiedlich zusammengesetzt. So besteht z. B. im Rhein-
Main-Gebiet der urbane Staub dieser Größenklasse nur zu etwa 10 %
zu einer verstärkten abrasiven Wirkung bei den Zähnen aus Rußpartikeln, aber es dominieren mineralische und biologische
führen und als Berufskrankheit anerkannt werden. Partikel natürlichen Ursprungs, wie zum Beispiel Altsalz aus der
Das Krankheitsbild der Silikose ist seit langem bekannt. Nordsee, das bei Nord- und Nordwest-Wetterlagen bis zu 50 % aus-
Es wird besonders durch Quarz, fallweise auch durch die machen kann. Diese Staubanteile lassen sich nicht verändern, schon
Hochtemperatur-Modifikationen Tridymit und Cristobalit gar nicht durch Einschränkungen des Verkehrs, so dass die bisheri-
gen Maßnahmen als „blinder Aktionismus“ zu bezeichnen sind (Wein-
ausgelöst (Abschn. 11.6.1, S. 179), während die Hochdruck-
bruch et al. 2006). Vermeidbar wären dagegen andere menschliche
Modifikationen Coesit und Stishovit oder amorphes SiO2 Aktivitäten, wie z. B. dass Abbrennen von Silvesterfeuerwerken mit
kaum eine gesundheitsschädigende Rolle spielen. Seit den ihren toxischen Stäuben durch die farbgebenden Salze, deren Emis-
1950er Jahren wurden die Silikose und andere Quarz- sion zur ersten jährlichen Überschreitung des Grenzwertes führen.
50 2 · Minerale
Unter den zahlreichen Arten von Mineralfasern, die vom Sulfide sind diese Metalle im Organismus kaum löslich und
Menschen eingeatmet werden, sind nur einige toxisch, und somit ungiftig. Daher konnten trotz der Giftigkeit von
zwar in erster Linie die natürlichen Mineralfasern die man Quecksilber und Blei im alten Ägypten Zinnober und Blei-
als Asbeste bezeichnet. Von diesen gehören die meisten glanz zur Herstellung von Schminken benutzt werden. Die
zur Amphibol-Familie (Abschn. 11.4.3, S. 166), darunter der Verwendung von Zinnober als roter Farbstoff war bis ins
Amosit (Grunerit), der Krokydolith (Magnesio-Riebeckit), 19. Jh. üblich, so dass man diesen in alten Briefmarken-
der Anthophyllit-Asbest sowie Tremolit- und Aktinolith- stempeln zerstörungsfrei, z. B. mittels Röntgenbeugung,
Asbest. Demgegenüber gehört der Chrysotil-Asbest zur Ser- nachweisen und damit die Echtheit dieser Briefmarken be-
pentin-Gruppe (Abschn. 11.5.6, S. 175). legen kann. Erst die Zerstörung der Sulfidminerale durch
Asbeste erzeugen die Asbestose, eine Lungenerkran- natürliche Verwitterungsprozesse oder technische Verhüt-
kung, welche die Lungenfunktion schwächt und oft töd- tungsverfahren führt zur Freisetzung der Schwermetalle.
lich verläuft; als Spätfolgen kann es zum Lungenkrebs Deren Transport erfolgt dann meist mit dem Abgasstrom
kommen. Nach heutiger Kenntnis spielt die Faserform für in die Luft, so dass diese Stoffe eingeatmet werden und sich
die toxische Wirkung von Asbesten eine wichtige Rolle; in dieser Form als besonders toxisch erweisen (Merian
besonders gefährlich sind die so genannten WHO-Fasern 1991). Wirklich giftige Minerale sind selten, so insbesondere
mit einem Durchmesser von <3 μm, einer Länge von ged. Quecksilber Hg, Arsenolith und Claudetit (As2O3) so-
>5 μm und einem Verhältnis Länge / Durchmesser von wie Witherit BaCO3; andere sind nur als gesundheitsschäd-
>3 : 1 (Albracht u. Schwerdtfeger 1991). Demgegenüber lich einzustufen wie z. B. Chalkanthit Cu[SO4] · 5H2O.
werden kürzere Fasern durch eine bestimmte Zellart, die Lagerstätten, in denen Erzminerale von toxischen
Alveolar-Makrophagen (AM) häufiger in der Lunge ein- Schwermetallen angereichert sind, und ihre weitere Um-
gekapselt und vom Körper ausgeschieden. Wichtige Fak- gebung stellen geochemische Anomalien dar, in denen die
toren für die Toxizität der Astbestfasern sind auch ihre Gehalte an toxischen Komponenten die heute zulässigen
chemische Zusammensetzung, ihr Reaktionsvermögen Grenzwerte weit überschreiten und oft auch ins Grund-
und ihre Biodurabilität (Fubini u. Fenoglio 2007; Nolan wasser gelangen. Abgänge von Grubenwässern, geother-
et al. 2001). Wegen seines hohen Risikopotentials wird der mischen Kraftwerken und Halden des Bergbaus können
technische Einsatz von Asbest in vielen westlichen Län- ein Gefahrenpotential für die Bevölkerung darstellen, dem
dern stark eingeschränkt; insbesondere in der Europäi- man – wenn nötig – durch geeignete Maßnahmen begeg-
schen Union ist er ganz verboten. Andererseits wird in nen muss (z. B. Büchel u. Merten 2009; Hudson-Edwards
vielen Entwicklungsländern Asbest immer noch produ- et al. 2005, 2011). Ein berühmtes Negativbeispiel aus der
ziert und technisch genutzt, von einigen Ländern, z. B. Vergangenheit ist der „Giftbach“ von Reichenstein (Zloty /
Kanada, Indien und Russland, auch exportiert. Stok) in Schlesien, durch den für viele Jahrzehnte die Ab-
wässer einer Gold-Arsen-Lagerstätte abflossen. Der Rio
Weitere faserförmige Minerale mit gesundheitsschädlichen Eigen- Tinto in Spanien erhielt seinen Namen wegen der farbi-
schaften sind das Kettensilikat Balangeroit, der Zeolith Erionit so- gen Metalloxide, die aus den Abwässern der in seinem
wie die Schichtsilikate Halloysit (S. 177), Palygorskit und Sepiolith. Einzugsgebiet liegenden, größten Kupfererzlagerstätte
Gesetzliche Regelungen für die Verwendung dieser Minerale stehen
bislang noch aus (Hawthorne et al. 2007). Auch künstliche Mineral-
Europas stammen (vgl. Abschn. 23.5.2, S. 363). Selbstver-
fasern (KMF), wie z. B. Wollastonit-Fasern (S. 165), die im Feuerfest- ständlich sollten beim Abbau und bei der Verhüttung von
bereich eingesetzt werden, haben sich als gesundheitsschädlich er- Erzen mit toxischen Komponenten besondere Sicherheits-
wiesen. Bei ihrer Produktion wird heute darauf geachtet, dass kriti- maßnahmen beachtet werden, was jedoch gerade in Ent-
sche Längen-/Durchmesser-Verhältnisse vermieden werden oder die wicklungs- und Schwellenländern oft nicht der Fall ist.
Fasern in einer Trägersubstanz gebunden sind. Weiter steuert man
So werden As-reiche australische Erze in Tsumeb (Nami-
die chemische Zusammensetzung so, dass die Beständigkeit im
menschlichen Gewebe gering ist. Bei natürlichen und künstlichen bia) verhüttet, weil hier die Grenzwerte zur Luftrein-
Mineralfasern soll der Kanzerogenitäts-Index Ki ≥ 40 liegen, was haltung über dem australischen Niveau liegen.
man am RAL-Gütezeichen erkennen kann.
Minerale als natürliche Strahlenquelle
Toxische Elemente in Mineralen
Einige Minerale sind starke radioaktive Strahler. Hierzu
Zahlreiche Minerale enthalten als Haupt- oder Neben- gehören in erster Linie Uraninit (Uranpecherz, Pech-
komponenten Schwermetalle, die toxische Wirkungen auf blende) UO2 bis U3O8, und andere Uran-Minerale sowie
den menschlichen und tierischen Organismen ausüben. Thorianit ThO2, die ionisierende Strahlen emittieren. Als
Hierzu gehören insbesondere Arsen, z. B. im Arsenopyrit Reinelemente geben sie nur α -Strahlen ab und sind daher
FeAsS oder im Tennantit Cu12[S / As4S12], Blei im Galenit infolge der sehr langen Halbwertszeit nur schwache Strah-
(Bleiglanz) PbS, Quecksilber im Cinnabarit (Zinnober) ler; jedoch erzeugen die kurzlebigen Tochterisotope der
HgS und Cadmium, das häufig als Nebenelement im Zerfallsreihen α - und β -Strahlen. Insbesondere das kurz-
Sphalerit (Zinkblende) ZnS eingebaut ist. Gebunden als lebige Radium-Isotop 226Ra ist als starker α - und γ -Strahler
2.5 · Biomineralisation und medizinische Mineralogie 51
für die Strahlenbelastung durch Uranerze und deren und seelischen Wohlbefindens gegeben. Einige dieser Pu-
Abfälle verantwortlich. Für den Abbau und die Verhüt- blikation versuchen durchaus, dem interessierten Leser
tung insbesondere von reichen Uran- und Thorium-Er- die Grundzüge der Mineralogie und Petrologie nahe zu
zen sind daher erhöhte Sicherheitsvorkehrungen notwen- bringen. Die angebliche Heilwirkung von Mineralen wird
dig. Die Sanierung von stillgelegten Uran-Bergwerken, auf vielfältige Ursachen wie Kristallstruktur, chemische
ihrer Abraumhalden und ihrer gesammelten Aufberei- Zusammensetzung, Farbe, ja sogar auf die geologischen
tungsabgänge (engl. tailings) erfordern eine hohen finan- Bildungsbedingungen oder die Form des künstlichen
ziellen Aufwand, wie er derzeit in den Bergbaugebieten Schliffes zurück geführt; jedoch bleiben die Autoren eine
von Aue-Niederschlema (Erzgebirge) und Ronneburg rationale Begründung für die angebliche Wirkungsweise
(Thüringen) geleistet wird. Die hohen Strahlungsdosen schuldig. Stattdessen werden Querverbindungen zur Astro-
beruhen hier auf dem Umstand, dass in der damaligen logie, zur chinesischen Medizin, zur indischen Chakren-
DDR zwar das Uran gewonnen und in die UdSSR expor- Lehre und zu einer Art Halbwissen-Physik gezogen.
tiert wurde, nicht aber das Radium. Es gelangte vielmehr Wie wir gesehen haben, können bestimmte Minerale
auf die Abraumhalden und bereitet dort Probleme, weil durchaus auf den menschlichen oder tierischen Organismus
es u. a. die harte γ -Strahlung emittiert und darüber hinaus einwirken, und zwar häufig mit negativer, teilweise aber auch
das radiaktives Zerfallsprodukt mehrerer Radium-Isotope, mit positiver Wirkung. Das ist aber nur möglich, wenn die
das Edelgas Radon (besonders 222Rn) in die Luft abgibt. Minerale in feiner Verteilung oder in Lösung vom Körper
Die Heilquellen in Bad Kreuznach, Bad Schlema, Bad Bram- aufgenommen werden und mit dem körpereigenen Gewebe
bach und St. Joachimsthal (Jachymov, Böhmen) enthal- reagieren können, oder wenn Minerale und Gesteine eine
ten hauptsächlich Radon, aber nur Spuren von Radium hohe Dosis an natürlicher radioaktiver Strahlung abgeben,
selbst. Man bezeichnet sie daher korrekt als Radonbäder. wie das z. B. bei Uran-haltigen Graniten der Fall ist. Diese
Voraussetzungen sind jedoch bei den als „Heilsteine“ emp-
Die toxische Wirkung von Radium wurde erstmals durch den New fohlenen Mineralen nicht erfüllt. Ihre angebliche Heilwir-
Yorker Zahnarzt Theodor Blum erkannt. Er beschrieb den sog.
kung entbehrt daher jeder naturwissenschaftlichen Grund-
Radium-Kiefer bei Patientinnen, die als Ziffernblatt-Malerinnen mit
Ra-haltiger Leuchtfarbe in Kontakt kamen, da sie ständig den Pinsel lage und könnte bestenfalls auf Autosuggestion (Placebo-
mit der Zungenspitze befeuchteten. Effekt) beruhen. Ein schöner Rauchquarzkristall gibt im
Kontakt mit dem menschlichen Köper keine Substanzen ab
Manche Gesteine, die U- und Th-haltige Minerale, und erleidet keinerlei Veränderung; die Strahlung, die er
wenn auch nur in geringer Menge führen, geben konti- angeblich aussendet, ist physikalisch nicht nachweisbar.
nuierlich eine natürliche Strahlungsdosis ab, welche die Eine solche „Strahlung“ müsste ähnliche Eigenschaf-
zulässigen Grenzwerte deutlich überschreitet. Hinzu kom- ten wie die physikalisch nachweisbaren Strahlenarten
men Belastungen aus der Inhalation des frei werdendem haben; so müsste auch für sie ein Abstandsgesetz gelten.
Radon (222Rn); wenn dieses während der Inhalation zer- Darüber hinaus sollte die Heilwirkung dieser „Strahlen“
fällt, verbleiben die nicht gasförmigen Tochterprodukte von der Größe der emittierenden Steine abhängig sein,
in der Lunge und führen hier zu gesundheitlichen Schä- weil große Stücke stärker strahlen müssten als kleine.
den. So beruht die sog. Schneeberger Krankheit auf der Schließlich sollte es Interferenzen mit anderen Minera-
Inhalation von Radon in Verbindung mit Quarz-Feinstaub, len geben, was zu chaotischen Verhältnissen in der freien
wobei sich die schädigenden Wirkungen potenzieren. Natur oder in Mineraliensammlungen führen würde. Dies
Erhöhte Radon-Konzentrationen finden sich z. B. in hätte auch zur Folge, dass in Minerallagerstätten sehr hohe
Kellerräumen und in Erdgeschossen von Häusern, die aus „Strahlungsdosen“ nachweisbar sein sollten – wenn es
Granit gebaut sind (z. B. im Fichtelgebirge). nicht auch eine Eigenabsorption gibt. Auch ein „energe-
tisches Aufladen“ von „verbrauchten“ Steinen in der Sonne
„Heilsteine”? – wie bei dem Phänomen der Phosphoreszenz – kann
nicht erklären, was das Mineral einst im Erdinnern ohne
Im Zuge der modernen Esoterik-Welle wurden vor- Sonneneinstrahlung an „Strahlung“ aufgenommen haben
wissenschaftliche Anschauungen aus der Antike und dem soll, die das Sonnenlicht wieder einbringen kann.
Mittelalter wieder belebt, nach denen Minerale Heilwir-
Ins Reich der Phantasie gehören Aussagen wie „Als Stein mit gro-
kung auf den menschlichen Organismus ausüben sollen. ßer innerer Spannung wirkt Rauchquarz geradezu spannungslösend.
Als prominentes Beispiel für diese Vorstellungen seien die Er ist der klassische Anti-Streß-Stein, der bei Streßsymptomen hilft
medizinischen Schriften der Benedikterinnen-Äbtissin und die innere Neigung zu Streß vermindert. Rauchquarz erhöht
Hildegard von Bingen (1098–1179) erwähnt. In der immer die Belastbarkeit und hilft Widerstände zu überwinden. Auch kör-
perlich baut Rauchquarz Spannungen ab. Er lindert dadurch
mehr anschwellenden Literatur zur „Steinheilkunde“ wer-
Schmerzen und löst Krämpfe. Besonders hilfreich ist er bei Rücken-
den detaillierte Empfehlungen zum Einsatz von Mineralen, beschwerden. Weiterhin macht Rauchquarz unempfindlicher ge-
seltener auch von Gesteinen für die Heilung ganz spezifi- gen Strahleneinflüsse und lindert Strahlenschäden. Er stärkt die
scher Krankheiten oder zur Steigerung des körperlichen Nerven.“ (M. Gienger 1997: Lexikon der Heilsteine).
52 2 · Minerale
Sind die oben beschriebenen Wirkungen bestenfalls steine (Atome, Ionen, Moleküle) in den Kristallen und
Folge einer Mischung aus Placebo-Effekt und Freude an ihrer chemischen Zusammensetzung. Auch die Auswir-
schönen Steinen zu werten, so kann die neue Praxis, kungen von Kristallstruktur und chemischer Bindung in
Mineralpulver aus Korund, Diamant oder Quarz für das (Mineral-)Kristallen auf deren Eigenschaften gehört in
Einlegen ins Wasser oder gar für eine orale Aufnahme dieses Gebiet. Selbstverständlich beschäftigen sich auch
anzubieten, teilweise zu gefährlichen Folgen führen, wie anorganische und organische Chemiker mit kristall-
ein Schadensersatz-Prozess aus jüngster Zeit belegt. Wenn chemischen Fragestellungen (Strukturchemie).
jemand z. B. Malachit-Pulver in größerer Menge zu sich Aufgabe der Kristallphysik ist speziell die Aufklärung
nimmt, überschwemmt er den Körper mit dem Schwer- der Zusammenhänge zwischen den physikalischen Eigen-
metall Kupfer, das in der Form des Kupferkarbonats im schaften der Kristalle (mechanische, magnetische, elek-
Magen sicher nicht stabil ist und durch die Magensäure trische, optische Eigenschaften etc.) und ihrer Kristall-
zumindest teilweise aufgelöst wird. Pulver aus Quarz (hier strukturen. Enge Beziehungen bestehen naturgemäß zur
wertsteigernd als Bergkristall, Rosenquarz oder Amethyst Festkörperphysik.
bezeichnet) werden im Internet, auf Mineralienbörsen
und in Heilsteinläden offen angeboten, u. a. um diese in Petrologie. Die Petrologie (Gesteinskunde) widmet sich dem
Öle und Salben einzuarbeiten. Diese Pulver sind eindeu- Vorkommen, dem Mineralbestand, dem Gefüge, dem Che-
tig als gesundheitsschädlich zu bezeichnen. mismus und der Genese der Gesteine; sie hat naturgemäß
Zusammenfassend muss man feststellen, dass der eine besonders enge Beziehung zur Geologie. Die Petro-
Handel mit angeblichen „Heilsteinen“ in jeder Form reine logie geht heute weit über die reine Beschreibung von Ge-
Geschäftemacherei ist und als Scharlatanerie schärfstens steinen (Petrographie) hinaus und versucht, gesteins-
abgelehnt werden muss. bildende Prozesse zu rekonstruieren und zu modellieren.
Eine wichtige Rolle spielen dabei die experimentelle Petro-
2.6 2.6 logie und die physikalisch-chemisch orientierte theoretische
Mineralogische Wissenschaften Petrologie. Mit ihrer Hoch- und Höchstdruckforschung be-
und ihre Anwendungsgebiete in Technik, Industrie sitzt die experimentelle Petrologie Beziehungen zur Fest-
und Bergbau körperphysik und zur Werkstoffkunde. Die Gesteinskunde
hat auch eine angewandte Richtung, die technische Gesteins-
Mineralogie umfasst als Überbegriff die folgenden kunde. Das dem Gestein analoge technische Produkt wird
mineralogischen Wissenschaften: Allgemeine Minera- in der Industrie meistens als Stein bezeichnet.
logie (Kristallographie), spezielle Mineralogie, Petro-
logie (Gesteinskunde), Geochemie, Lagerstätten- Geochemie. Die Geochemie (Chemie der Erde) erforscht die
kunde, angewandte (technische) Mineralogie, Bio- Gesetz- und Regelmäßigkeiten in der Verteilung der chemi-
mineralogie und medizinische Mineralogie, Archäo- schen Elemente und Isotope in den Mineralen und Gestei-
metrie. Mineralogie ist die materialbezogene Geowis- nen, darüber hinaus auch in Naturprodukten organischer
senschaft; sie steht in engem Zusammenhang mit den Abkunft (organische Geochemie). Ein wichtiges Forschungs-
anderen Geowissenschaften, insbesondere mit der gebiet ist die Isotopengeochemie. Dazu gehört auch die radio-
Geologie und der Geophysik. Sie ist zugleich auch metrische (isotopische) Altersbestimmung, mit der das Bil-
Teil der Materialwissenschaften und weist daher enge dungsalter von Mineralen und Gesteinen der Erde und des
Beziehungen zur Physik, zur physikalischen Chemie, Mondes, von Meteoriten sowie von interstellaren, circum-
zur anorganischen und organischen Chemie, darüber stellaren, präsolaren und interplanetaren Staubteilchen er-
hinaus auch zur Biologie und Biochemie auf. Mathe- mittelt wird (Kosmochemie). Anwendungsgebiete der Geo-
matische Grundlagen sind unverzichtbar. chemie sind geochemische Prospektion (die Suche nach La-
gerstätten mit Hilfe geochemischer Methoden) und, auf
Kristallographie. Die Kristallographie (Kristallkunde) wid- dem Gebiet des Umweltschutzes, die Feststellung von Spu-
met sich den Gesetzmäßigkeiten des kristallisierten ren anorganischer Schadstoffe wie Arsen, Blei, Cadmium,
Zustandes der festen Materie, d. h. von Mineralen und Quecksilber u. a. im Boden, in Deponien und in Gewässern.
von kristallisierten Kunstprodukten. Untersuchungsge-
genstände sind anorganische und organische Stoffe, Ein- Lagerstättenkunde. Die Lagerstättenkunde widmet sich
kristalle und Kristallaggregate. Diese Wissenschaft un- der regionalen Verbreitung, dem stofflichen Inhalt sowie
tersucht Eigenschaften, Vorgänge und Veränderungen an der Auffindung (Prospektion), Erschließung (Explorati-
Kristallen und feinkristallinen Kristallaggregaten. Dabei on) und Bewertung von natürlichen Rohstoffen (Erze,
spielen die Kristallstrukturbestimmung und ihre Metho- Steine und Erden, Industrieminerale, Energierohstoffe).
den eine wichtige Rolle. Sie versucht, lagerstättenbildende Prozesse zu rekonstru-
Aufgabe der Kristallchemie ist speziell die Aufklärung ieren und zu modellieren. Die angewandte Lagerstätten-
der Zusammenhänge zwischen der Anordnung der Bau- kunde befasst sich praxisorientiert mit Lagerstätten und
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3
Gesteine
3.1 3.1 Die Art der in einem Gestein auftretenden Minerale hängt
Mineralinhalt also einerseits von der chemischen Pauschalzusammensetzung
des Gesteins, andererseits jedoch von Druck, Temperatur
In überwiegender Mehrzahl bestehen Gesteine aus anorgani- und anderen äußeren Zustandsbedingungen ab, die bei der
schen, festen, kristallisierten Mineralen einer oder mehrerer Ar- Gesteinsbildung herrschten. Diese Beziehungen lassen sich
ten. Die meisten Gesteine sind polymineralisch, wie z. B. Gra- durch Methoden der Thermodynamik, einer wichtigen
nit, der sich aus Quarz, Kalifeldspat, Plagioklas und Biotit Arbeitsrichtung der Physikalischen Chemie, modellieren.
zusammensetzt (Abb. 2.3). Demgegenüber sind monomine-
3.3 ralische Gesteine wie Quarzit,der (fast) ausschließlich aus Quarz, 3.3
oder Marmor, der im Wesentlichen aus Calcit besteht, viel Gefüge
seltener. Auch Gletschereis, das z. Zt. schätzungsweise 10 % der
Erdoberfläche mit einem Gesamtvolumen von ca. 32 Mio km3 Das Gefüge (engl. fabric) von Gesteinen umfasst folgende,
einnimmt, ist ein monomineralisches Gestein. Man unterschei- nicht scharf gegeneinander abzugrenzende Begriffe:
det Hauptgemengteile und Nebengemengteile (Akzessorien). Struktur, Textur, Absonderung.
Letztere treten nur in untergeordneter Menge auf und sind für
die Gesteinsklassifikation unwesentlich. Sie können aber für 3.3.1
die Bildungsbedingungen eines metamorphen Gesteins oder Struktur
für die Herkunft eines Sedimentgesteins (Schwerminerale) sehr
charakteristisch sein oder wichtige Altersinformationen liefern Unter Struktur (engl. texture oder microstructure) ver-
(z. B. Zirkon). Neben Mineralen können natürliche Gläser, or- steht man die Art des Aufbaus aus den Einzelkompo-
ganische Festsubstanzen,Flüssigkeiten (Erdöl,Wasser) und Gase nenten, wie sie sich im Handstück oder unter dem Mikro-
(Erdgas, Luft) am Aufbau von Gesteinen beteiligt sein. Von den skop beobachten lässt. Die Strukturbeziehungen in ei-
ca. 4 600 gut definierten Mineralarten sind nur etwa 250 ge- nem Gestein hängen wesentlich von der Art ab, in der
steinsbildend, davon über 90 % Silicium-Verbindungen, d. h. sich die Temperatur, der Druck und andere Zustands-
Silikate und Quarz. Die häufigsten Minerale der Erdkruste sind variable sowie die chemische Zusammensetzung eines
in Tabelle 2.2. zusammengestellt; die Fotos in den Abb. 2.1–2.10 Gesteins im zeitlichen Verlauf der Gesteinsbildung ver-
vermitteln Eindrücke von ihrem äußeren Erscheinungsbild. ändern. Diese Beziehungen lassen sich mit den Me-
thoden der Reaktionskinetik, einer wichtigen Arbeits-
3.2 richtung der Physikalischen Chemie, modellieren.
Beziehungen zwischen chemischer Zusammensetzung
und Mineralinhalt: Heteromorphie von Gesteinen Die Struktur eines Gesteins wird durch folgende Eigen-
schaften beschrieben:
Gesteine gleicher chemischer Zusammensetzung können völ-
lig verschiedene Mineralbestände haben. Diese wichtige Tat- Grad der Kristallinität
sache lässt sich durch unterschiedliche Bildungsbedingungen
von Gesteinen bei geologischen Prozessen erklären; sie wird holokristallin = vollständig kristallisiert, z. B. Granit,
uns daher immer wieder beschäftigen. Zunächst seien ei- hypokristallin = teils aus kristallisierten Mineralen, teils
nige Beispiele für die Heteromorphie von Gesteinen genannt: aus Gesteinsglas bestehend, z. B. Rhyolith (Abb. 3.1),
hyalin = glasig = ganz oder im Wesentlichen aus Ge-
steinsglas bestehend, z. B. Obsidian, das allerdings weit-
gehend sekundär entglast sein kann unter Bildung von
Skelett-Kristallen (Mikrolithen), z. B. beim Pechstein.
Korngestalt
Korngröße
Abb. 3.1.
Vulkanisches Gestein: Lagiger
Rhyolith mit Fließfalten. Das
Gestein zeigt Einsprenglinge von
Alkalifeldspat in einer glasigen
Grundmasse. Glen-Coe-Ring-
komplex, Schottland. Mineralo-
gisches Museum der Universität
Würzburg. (Foto: K.-P. Kelber)
Korngrößenverteilung
Abb. 3.3.
Vulkanisches Gestein: Melaphyr-
Mandelstein, Basalt mit zahlrei-
chen Blasenhohlräumen, die
mit intensiv grün gefärbtem,
Fe2+-Fe3+-reichem Chlorit (Cha-
mosit) ausgekleidet sind. Idar-
Oberstein an der Nahe. Minera-
logisches Museum der Universi-
tät Würzburg. (Foto: K.-P. Kelber)
Abb. 3.5.
Sandstein der Hardegsen-Forma-
tion, Mittlerer Buntsandstein, mit
ausgeprägter Schrägschichtung.
Das Gefüge spiegelt die Ablage-
rung der Sande in einem ver-
zweigten Fluss-System mit stark
wechselnden Strömungsrichtun-
gen wider. Mauer der Schloss-
ruine Wertheim am Main.
(Foto: K.-P. Kelber, 2012)
Die Gesteinstextur bedingt die Absonderung über- Abb. 3.6. Gebändertes Hämatiterz mit eingefalteten Lagen von
geordneter Gesteinsbereiche, die im Aufschluss sofort Calcit-Marmor, Mo i Rana, Nordland, Norwegen. Mineralogisches
ins Auge fällt, wie Bankung, die die Schichtung der Museum der Universität Würzburg. (Foto: K.-P. Kelber)
60 3 · Gesteine
Sedimentgesteine nachzeichnet, oder Klüftung, die z. B. konkordanten Verband (lat. concordantia = Einmütig-
zur quaderförmigen Absonderung und zur Verwitterung keit), z. B. in einer kontinuierlich, d. h. ohne Unterbre-
in sog. Wollsack-Formen beim Granit (Abb. 24.1, S. 372), chungen sedimentierten Folge von Sandsteinen und
oder zur säulenförmigen Absonderung beim Basalt führt Tonsteinen, und
(Abb. 14.5, S. 244); Pillow-Laven zeigen rundliche Ab- diskordanten Verband (lat. discordantia = Widerspruch),
sonderungsformen (Abb. 14.7, S. 244). bei dem zwei Gesteinsserien abweichende Lagerung
aufweisen. Diese dokumentiert, dass zwischen der Bil-
3.4 3.4 dung der beiden Gesteinsserien mindestens ein geolo-
Geologischer Verband gisches Ereignis stattfand. Dafür gibt es mehrere Mög-
lichkeiten: Wenn das ältere Schichtpaket von dem
Entscheidend für das Verständnis gesteinsbildender darüber liegenden jüngeren lediglich durch eine un-
Prozesse sind die geologischen Verbandsverhältnisse regelmäßig gewellte Erosionsfläche getrennt ist, spricht
(Lagerungsform) der Gesteine, wie sie durch sorgfälti- man von Erosionsdiskordanz (engl. disconformity). Ist
ges Studium im Aufschluss rekonstruiert werden kön- dagegen das ältere Schichtpaket durch ein tektonisches
nen. Grundsätzlich unterscheiden wir Ereignis verkippt worden und unterliegt danach der
Abb. 3.7.
Winkeldiskordanz am Siccar Point,
Berwickshire, Schottland. Steil-
gestellte, ca. 430 Millionen Jahre
(430 Ma) alte Grauwacken und
Tonsteine des Silurs werden von
flach lagernden, ca. 370 Ma alten
Sandsteinen des Devons (Upper
Old Red) überdeckt. Diese weisen
infolge tektonischer Verkippung
eine schwache Neigung auf. Der
schottische Privatgelehrte James
Hutton (1726–1797) erkannte, dass
die Ablagerung der silurischen
Schichten, ihre Steilstellung, Her-
aushebung und Erosion sowie die
erneute Meeresbedeckung und
die Ablagerung der devonischen
Schichten einen sehr langen Zeit-
raum erfordert. Er führte damit
den Zeitbegriff in die Geologie ein:
„What can we require, nothing
but time.“ (Foto: Martin Okrusch)
Abb. 3.8.
Der Fischfluss-Canyon im Süden
Namibias erschließt die Diskor-
danz zwischen steilstehenden
Gneisen des ca. 1 200 Ma alten
Namaqua-Komplexes und den
flachlagernden, ca. 600–580 Ma
alten Sandsteinen und Kalkstei-
nen der unteren Nama-Gruppe.
(Foto: Joachim A. Lorenz)
3.5 · Abgrenzung der gesteinsbildenden Prozesse 61
Abb. 3.9.
Drei unterschiedliche Generatio-
nen von magmatischen Gängen
unterschiedlicher Zusammen-
setzung in einem Migmatit.
1. Dunkle Basaltgänge (Dolerit),
2. weiße Pegmatitgänge, 3. rosa
Aplitgänge (vgl. Kap. 13). Der
Migmatit entstand durch teil-
weise Aufschmelzung während
der Kollision von West- und Ost-
Gondwana bei der panafrikani-
schen Orogenese. Juttulhogget,
Dronning Maud Land, Ostant-
arktika. Der rote Pfeil weist auf
den kartierenden Geologen hin,
der als Maßstab dient!
(Foto: Hartwig Frimmel)
Abtragung, ehe das jüngere Schichtpaket auf der Magmatische Prozesse (Magmatismus) (Kap. 13–19)
Erosionsfläche abgelagert wird, entsteht eine Winkel-
diskordanz (engl. angular unconformity). Ein klassi- Solche Prozesse beinhalten die Erstarrung von Magmen,
sches Beispiel ist der Aufschluss Siccar Point in Schott- d. h. von Silikatschmelzen, seltener auch von Sulfid-,
land, wo steilgestellte Grauwacken und Tonsteine des Oxid- oder Karbonatschmelzen, die von sehr hohen Tem-
Silurs von flach lagernden Sandsteinen des Devons peraturen abgekühlt werden, wobei es zur Kristallisation
(Upper Old Red) überdeckt werden (Abb. 3.7). Auch von Mineralen kommt. Bei rascher Abschreckung von
der Kontakt zwischen kristallinem Grundgebirge, be- Magmen können diese teilweise oder vollständig zu
stehend aus verfalteten und metamorphen Gesteins- Gesteinsgläsern erstarren. Durch diese Vorgänge entste-
serien mit eingeschalteten Tiefengesteinen einerseits hen magmatische Gesteine (Magmatite). Erfolgt die För-
und überlagerndem unmetamorphem Deckgebirge derung und Erstarrung der Magmen durch vulkanische
andererseits, ist eine typische Diskordanz (Abb. 3.8). Prozesse (Vulkanismus) an der Erdoberfläche unter
Wenn magmatische Schmelzen in Form von Gängen Atmosphärendruck oder am Ozeanboden (submarin), so
oder Tiefengesteins-Körpern ihr Nebengestein durch- entstehen vulkanische Gesteine (Vulkanite). Erstarren die
setzen, entstehen ebenfalls diskordante Kontakt- Magmen dagegen im Erdinnern unter der Auflast mäch-
verhältnisse (Abb. 3.9; Abb. 15.7, S. 262). tiger Gesteinsmassen, d. h. bei erhöhten Drücken (Pluto-
nismus), bilden sich plutonische Gesteine (Plutonite, Tie-
Ausführlichere Darstellungen sind Lehrbüchern der all- fengesteine). Magmatische Gesteine mit relativ geringen
gemeinen Geologie zu entnehmen (z. B. Press u. Siever 2003). SiO2-Gehalten von 45–52 Gew.-% werden als basisch, sol-
che mit 52–65 Gew.-% SiO2 als intermediär und solche
Man sollte sich daran gewöhnen, bei der Geländearbeit mit >65 Gew.-% SiO2 als sauer bezeichnet. Basische Mag-
Gesteinsverbände und Gesteine systematisch in folgen- matite (z. B. Basalte oder Gabbros) sind relativ reich an
der Reihenfolge anzusprechen: Verbandsverhältnisse dunklen (mafischen) Gemengteilen wie Amphibole,
→ Absonderung → texturelle Merkmale → struktu- Pyroxene und/oder Olivin, saure Magmatite (z. B. Grani-
relle Merkmale → Mineralbestand (soweit im Hand- te oder Rhyolithe) enthalten dagegen vorwiegend helle
stück erkennbar). (felsische) Gemengteile wie Quarz und/oder Feldspäte.
Die Erdkruste besteht zu über 60 Vol.-% aus magmati-
3.5 schen Gesteinen (Tabelle III.1, S. 213). Unter den Vulkani- 3.5
Abgrenzung der gesteinsbildenden Prozesse ten sind Basalte die weitaus wichtigsten, während Andesite,
Dacite, Trachyte, Rhyolithe, Phonolithe u. a. mengenmäßig
Nach unserem heutigen Kenntnisstand, der sich im Laufe von zurücktreten; ausgesprochen selten bilden sich durch
250 Jahren geowissenschaftlicher Forschung entwickelt hat, Kristallisation von Karbonat-Magmen die Karbonatite.
kommen für die Gesteinsbildung folgende magmatische, Bei den Plutoniten dominieren ganz klar Granite und
metamorphe und sedimentäre Prozesse in Frage (Abb. 3.10). Granodiorite; andere Tiefengesteine wie Gabbros, Diorite,
62 3 · Gesteine
Abb. 3.10.
Der Kreislauf der Gesteine. Er-
läuterung im Text. (Modifiziert
nach Press u. Siever 2003)
Syenite oder Anorthosite sind dagegen viel seltener. Abge- Zwischen Diagenese und Gesteinsmetamorphose (s. u.)
sehen von einer dünnen Sedimenthaut ist praktisch die ge- bestehen gleitende Übergänge. Beispiele für verbreitete,
samte ozeanische Erdkruste aus Basalten aufgebaut, wäh- oft wirtschaftlich wichtige Sedimentgesteine sind Tonsteine,
rend die kontinentale Erdkruste überwiegend aus Graniten Sandsteine, Konglomerate, Kalksteine und Dolomite, Gips-
und Granodioriten sowie aus Gneisen granitischer oder und Anhydrit-Gesteine, sowie Steinsalz und Kalisalze.
granodioritischer Zusammensetzung (s. u.) besteht. Sedimente und Sedimentgesteine bilden nur eine relativ
dünne Haut über den Basalten der ozeanischen Erdkrus-
Sedimentäre Prozesse (Kap. 24 und 25) te oder dem kristallinen Grundgebirge aus Magmatiten
und Metamorphiten, das die kontinentale Erdkruste auf-
Der sedimentäre Kreislauf umfasst baut. Oft fehlen sedimentäre Gesteine ganz; ihr Anteil am
Bau der Erdkruste beträgt daher weniger als 10 Vol.-%
die Verwitterung existierender Gesteine, (Tabelle III.1, S. 213).
die Abtragung und
den Transport der Verwitterungsprodukte in fester Metamorphe Prozesse (Gesteinsmetamorphose) (Kap. 26–28)
oder gelöster Form,
die Ablagerung des suspendierten Materials aus der Bei diesen Prozessen kommt es zur Rekristallisation und
Luft, aus Wasser oder Eis, Reaktion von Mineralen in festen Gesteinen bei hohen bis
die Ausfällung der gelösten Ionen oder die Ausflockung sehr hohen Temperaturen und meist bei erhöhten bis sehr
gelöster Kolloide in Form von Mineralneubildungen oder hohen Drücken, zunächst ohne Anwesenheit einer Schmel-
die Kristallisation des gelösten Materials in Form von ze. Dabei bilden sich aus älteren magmatischen oder Se-
Organismen-Hartteilen durch biogene Prozesse. dimentgesteinen metamorphe Gesteine (Metamorphite).
So entstehen – in Abhängigkeit von der Zusammenset-
Es entstehen Sedimente und Sedimentgesteine. Letzte- zung und den Druck-Temperatur-Bedingungen der Me-
re gehen durch sekundäre Verfestigung (Diagenese) aus tamorphose – aus Graniten, Granodioriten oder Rhyoli-
lockeren Sedimenten hervor, wobei durch die Auflast der then Orthogneise oder helle Granulite, aus Gabbros und
darüber abgelagerten jüngeren Sedimentmassen erhöh- Basalten Grünschiefer, Blauschiefer, Amphibolite, dunkle
te Belastungsdrücke und Temperaturen erzeugt werden. Granulite oder Eklogite, aus Tonsteinen und Grauwacken
3.6 · Mineral- und Erzlagerstätten 63
Phyllite, Glimmerschiefer, Paragneise oder helle Granuli- Nach groben Abschätzungen der Bundesanstalt für
te, aus Kalksteinen und Dolomiten Marmore, aus Quarz- Geowissenschaften und Rohstoffe wurden im Jahr 2009
sandsteinen Quarzite. Werden bei der Gesteinsmetamor- weltweit folgende Mengen an mineralischen Rohstoffen
phose Temperaturen erreicht, die eine Teilschmelzung verbraucht (Wellmer 2012): Die Basis der Rohstoff-Pyra-
ermöglichen, so bilden sich Migmatite (s. u.). Metamor- mide bilden mit ca. 10 Milliarden t die Massenrohstoffe
phite sind zu etwa einem Viertel am Bau der Erdkruste Sand, Kies, Splitt, Kalkstein und Naturwerkstein, die
beteiligt (Tabelle III.1, S. 213). hauptsächlich für Bauzwecke genutzt werden, sowie die
Neben den magmatischen, sedimentären und meta- Energierohstoffe Steinkohle (6 Mrd. t), Erdöl (3,8 Mrd. t),
morphen Gesteinen gibt es zwei weitere wichtige Gesteins- Erdgas (3 Mrd. m3) und Braunkohle (1 Mrd. t). Mit Ab-
gruppen, die durch die Kombination zweier Arten von stand folgt der wichtigste Metallrohstoff, das Eisenerz
gesteinsbildenden Prozessen entstanden sind und dem- (2,2 Mrd. t) sowie die Nichtmetallrohstoffe Steinsalz,
entsprechend deren charakteristische Gefügemerkmale Kalisalz und Phosphat. An der Spitze der Rohstoff-Pyra-
in sich vereinigen: mide liegen die Metallerze, von denen lediglich neun mit
jährlichen Fördermengen von >1 Mrd. t beteiligt sind:
Vulkanische Lockerprodukte (Pyroklastite). Vulkanische außer dem Eisen sind die wichtigsten Gebrauchsmetalle
Aschen und Tuffe bestehen aus Glas- und/oder aus Mine- Aluminium, Kupfer, Mangan, Zink, Chrom, Blei, Titan und
ral- oder Gesteinsfragmenten, die durch explosive vulkani- (seit 1999) Nickel.
sche Prozesse gefördert und aus der Luft oder im Wasser
sedimentiert werden. Dadurch zeigen sie – ähnlich wie Bauwürdigkeit von Lagerstätten
Sedimente – häufig Schichtung, sind aber Vulkanite.
Bei genügender Konzentration von Mineralen oder Erzen
Migmatite entstehen bei der hochgradigen Gesteins- entstehen nutzbare (bauwürdige) Lagerstätten, vorausge-
metamorphose durch teilweise Aufschmelzung (partielle setzt die Rohstoffe lassen sich technisch und wirtschaft-
Anatexis). In solchen Gesteinsverbänden treten daher lich gewinnen. Für die Bauwürdigkeit einer Lagerstätte
geschmolzene und feste Anteile nebeneinander auf, also ist in erster Linie eine gewisse Mindestkonzentration der
magmatische neben metamorphen. zu gewinnenden Minerale oder Wertmetalle, d. h. ihre
Anreicherung über den Durchschnittgehalt in der Erd-
3.6 kruste ausschlaggebend (Tabelle 33.5, S. 602). So beträgt 3.6
Mineral- und Erzlagerstätten das Krustenmittel beim Eisen 5,00 Gew.-% Fe, während
die Bauwürdigkeitsgrenze für eine Eisenerz-Lagerstätte
Als Minerallagerstätte bezeichnet man eine natürli- bei ca. 30 Gew.-% Fe liegt, was einem Anreicherungsfaktor
che, räumlich begrenzte Konzentration von Minera- von ×6 entspricht. Für Mangan liegen diese Werte bei 0,10
len in und auf der Erdkruste. Erzlagerstätten sind die und 35 Gew.-% Mn, d. h. der Anreicherungsfaktor beträgt
natürlichen Fundorte von Erzen in und auf der Erd- hier schon ×350. Gold hat ein Krustenmittel von lediglich
kruste einschließlich des Ozeanbodens. 0,0015 g / t Au (= Gramm Gold pro Tonne Gestein), aber
Goldlagerstätten können schon ab Mindestkonzentra-
Erze sind Mineralaggregate oder Gesteine aus Erz- tionen von 1 bis 5 g / t bauwürdig sein, entsprechend
mineralen, in denen Metalle oder Metallverbindungen Anreicherungsfaktoren von ×700 bis ×3 300. Entschei-
oder auch Kernbrennstoffe (mit Uran oder Thorium) dend für die Bauwürdigkeit einer Erzlagerstätte ist
konzentriert sind. Die metallhaltigen Minerale nennt weiterhin eine Mindestmenge an gewinnbarem Erz so-
man Erzminerale. Verwertbare oder nicht verwertbare wie gute Möglichkeiten für seine Aufbereitung, durch die
Begleitminerale, die keine metallischen Elemente ent- das Erz vom „tauben“ Nebengestein getrennt werden kann.
halten, werden als Nichterze, mit einem traditionellen Außer diesen, durch geologische Prozesse bedingten
Bergmannsausdruck auch als Gangarten bezeichnet. Faktoren sind noch eine Reihe wirtschaftlicher, verkehrs-
geographischer und politischer Randbedingungen zu
Zum System der Versorgung mit mineralischen Roh- berücksichtigen, nicht zuletzt der alles entscheidende
stoffen gehören vier Elemente (Wellmer 2012): Weltmarktpreis. Seine Schwankungen lösen einen wich-
tigen Regelungsmechanismus aus: Steigender Welt-
eine bauwürdige Lagerstätte, marktpreis eines Wertmetalls führt zur Intensivierung der
die Investition in einen Bergbaubetrieb, in dem die Roh- Lagerstättenprospektion und -exploration sowie zur Ent-
stoffe gewonnen werden, wicklung verbesserter Methoden bei der Aufbereitung und
ein effektives Transportsystem, um die benötigten Roh- Verhüttung von Erzen; ein Überangebot auf dem Markt hat
stoffe zum Verbraucher zu bringen, einen sinkenden Weltmarktpreis und schlussendlich die
der Markt, d. h. eine genügende Zahl von interessierten Schließung von Minenbetrieben zur Folge (Wellmer u.
Verbrauchern, die bereit sind, für die Rohstoffe zu zahlen. Dalheimer 2012; vgl. Abschn. 33.3.2, S. 602f). Auch bei
64 3 · Gesteine
anderen mineralischen Rohstoffen, wie nutzbaren Gestei- Waldemar Lindgren (zuletzt 1933) wurde zwar von Guilbert u. Park
nen, Salzen und den fossilen Brennstoffen Stein- und Braun- (1986) erweitert und modernisiert, wird aber von diesen Autoren
selbst noch nicht als endgültig angesehen. Zunehmendes Interesse
kohle, Erdöl und Erdgas spricht man von Lagerstätten. Für
finden die Beziehungen zwischen Lagerstättenbildung und Platten-
ihre Gewinnbarkeit gelten analoge Voraussetzungen. tektonik (z. B. Sawkins 1990; Evans 1993).
Einteilung der Erze nach ihrer technischen Nutzung Im Rahmen dieses Lehrbuchs genügt folgende Grob-
gliederung:
Nach technisch-wirtschaftlichen Gesichtspunkten lassen
sich Erze in folgende Gruppen einteilen: Orthomagmatische Erzlagerstätten bilden sich direkt
bei der Abkühlung und Kristallisation von Magmen,
Erze der Eisenmetalle: Eisen Fe und die sog. Stahlver- also relativ früh in der magmatischen Entwicklung und
edler Mangan Mn, Nickel Ni, Kobalt Co, Chrom Cr, syngenetisch mit ihr. Wie in Kap. 21 ausführlich dar-
Vanadium V, Titan Ti, Molybdän Mo, Rhenium Re, gelegt wird, können sich dabei aus Silikat-Magmen
Wolfram W, Niob Nb, Tantal Ta, Zirkonium Zr, Hafni- unterschiedlicher Zusammensetzung, sulfidische oder
um Hf, Tellur Te. oxidische Erzschmelzen entmischen (liquide Entmi-
Erze der Nichteisenmetalle (sog. Buntmetalle, engl. base schung). Aus Sulfid-Magmen kristallisieren Nickel-
metals): Kupfer (lat. cuprum) Cu, Blei (lat. plumbum) magnetkies (Ni-haltiger Pyrrhotin), Kupferkies (Chalko-
Pb, Zink Zn, Cadmium Cd, Zinn (lat. stannum) Sn, pyrit), Pyrit und PGE-Minerale, aus Phosphor-reichen
Quecksilber (neulat. hydrargyrum) Hg, Arsen As, An- Oxid-Magmen Magnetit und Apatit. Weiterhin können
timon (lat. stibium) Sb, Bismut (Wismut) Bi, Gallium sich aus basischen Silikat-Magmen auch direkt
Ga, Indium In, Tellur Tl, Silicium Si, Germanium Ge. Kristallisate mit einem hohen Anteil an Schwermetall-
Erze der Leichtmetalle: Aluminium Al, Magnesium Mg, oxiden wie Chromit, Ilmenit, Titanomagnetit oder
Beryllium Be. auch von Platinmetallen ausscheiden. Häufig sind
Erze der Edelmetalle: Gold (lat. aurum) Au, Silber (lat. diese Erzanreicherungen an schichtige Intrusionen
argentum) Ag, sowie der Platingruppen-Elemente (Layered Intrusions, Abschn. 15.3.3, S. 262) gebunden.
(PGE) Platin Pt und die Platinmetalle Ruthenium Ru, Aus Karbonat-Magmen kristallisieren Minerale der
Rhodium Rh, Palladium Pd, Osmium Os, Iridium Ir. Seltenerd-Elemente (SEE), die zu Lagerstätten von zu-
Erze der Lanthaniden (Seltenerd-Elemente): z. B. Lan- nehmender weltwirtschaftlicher Bedeutung angerei-
than La, Cer Ce, Neodym Nd und Samarium Sm. chert sein können.
Erze der Actiniden (Kernbrennstoffe): insbesondere Pegmatite (vgl. Kap. 22). Bei der Kristallisation von
von Uran U und Thorium Th sowie von Radium Ra. Silikat-Magmen reichern sich im Lauf der Entwicklung
H2O und andere leichtflüchtige Komponenten wie Flu-
Genetische Einteilung der Mineral- und Erzlagerstätten or (als HF) oder Bor (als H3BO3) sowie seltene Ele-
mente, z. B. Lithium Li oder Beryllium Be an. Aus die-
Die Entstehung von Mineral- und Erzlagerstätten stellt sen wässerigen Restschmelzen kristallisieren in einem
einen Sonderfall der Gesteinsbildung dar, bei dem Schwer- weiten Temperaturbereich von ca. 700 bis ca. 450 °C,
metalle oder andere geochemisch seltene chemische Ele- also spätmagmatisch, extrem grobkörnige Gesteine,
mente über den geochemischen Durchschnitt der Erd- aus denen für technische Zwecke Feldspäte und Glim-
kruste angereichert werden. Es kommt zur Kristallisati- mer, Edelsteine, Phosphate, Minerale der seltenen Me-
on von Erz- und Industriemineralen, die bauwürdige oder talle Li, Be, Nb, Ta, Zr, Ti, Sn und der Seltenerd-Ele-
sogar weltwirtschaftlich bedeutsame Erz- und Mineral- mente (SEE) sowie der Kernbrennstoffe U und Th ge-
lagerstätten bilden können. Sehr häufig ist ihre Entste- wonnen werden können.
hung direkt oder indirekt mit magmatischen Prozessen Hydrothermale Erz- und Minerallagerstätten (Kap. 23)
verknüpft, wobei die Zusammenhänge sehr komplex sein entstehen durch Mineralabscheidung aus vulkani-
können und nicht immer klar durchschaubar sind. Das schen Dämpfen oder heißen wässerigen Lösungen
gilt insbesondere für die Frage, ob eine Lagerstätte gleich- (Hydrothermen), in denen Schwermetalle oder sel-
zeitig mit ihrem Nebengestein, also syngenetisch, oder tene chemische Elemente transportiert werden. Oft
später als das Nebengestein, also epigenetisch gebildet stellen die Hydrothermen juvenile, eindeutig spät-
wurde. Eine befriedigende Lagerstättensystematik auf magmatische Restlösungen dar; in anderen Fällen ist
genetischer Grundlage steht daher bis heute noch aus. jedoch kein unmittelbarer Zusammenhang mit mag-
matischen Prozessen nachweisbar, sondern die hydro-
Die Klassifikationen von Paul Niggli (1929) und Hans Schneiderhöhn
(zuletzt 1962) mit ihrer scharfen Trennung von magmatischer Früh- thermalen Lösungen wurden bei metamorphen Re-
kristallisation, Hauptkristallisation und Restkristallisation können aktionen freigesetzt oder stammen als Oberflächen-,
heute nicht mehr aufrecht erhalten werden. Die Systematik von Grund-, See- oder Meerwassser aus dem atmosphäri-
3.6 · Mineral- und Erzlagerstätten 65
schen Kreislauf. Die vulkanischen Dämpfe und hydro- Sedimentäre Erz- und Minerallagerstätten. Auch im
thermalen Lösungen durchdringen und infiltrieren sedimentären Kreislauf kommt es häufig zur Bildung
ihr Nebengestein, wobei es zur Ausfällung von Erz- von syngenetischen oder epigenetischen Lagerstätten.
mineralen und/oder nutzbaren Nichterzen kommt. Wir unterscheiden:
Wir unterscheiden: – Verwitterungs-Lagerstätten (Abschn. 24.5). Schon
– Hydrothermale Imprägnationen, bei denen das bei der chemischen Verwitterung von Silikatgesteinen
Nebengestein mit neu gebildeten Erzmineralen wie unter tropisch-wechselfeuchten Klimabedingungen
Zinnstein (Kassiterit), Wolframit, Molybdänglanz kann es zu erheblichen Metallanreicherungen kom-
(Molybdänit) sowie der Cu-Sulfide Chalkopyrit und men, wobei sich das Aluminiumerz Bauxit oder Fe-
Enargit imprägniert wird (Abschn. 23.2). Mn-Co- oder Ni-Co-reiche Laterite bilden. In den
– Hydrothermale Verdrängungen entstehen durch oberflächennahen Verwitterungszonen sulfidischer
Reaktion der erzbringenden Dämpfe und Lösungen Erzkörper werden die primären Gehalte an Bunt-
mit dem Nebengestein, dessen ursprünglicher und Edelmetallen sekundär stark angereichert.
Mineralbestand ganz oder teilweise durch eine Viel- – Seifen-Lagerstätten (Abschn. 25.2.7). Bei der Verwit-
zahl neugebildeter oxidischer und sulfidischer Erz- terung und bei Transportvorgängen in Flüssen oder
minerale von Fe, Sn, Mo, W, Cu, Pb, Zn, Co, As, Bi, Ag am Meeresstrand werden Minerale, die sich gegen-
und Au ersetzt wird. Darüber hinaus entstehen über der mechanischen und chemischen Verwitte-
durch die Verdrängung von Kalkstein oder Marmor rung stabil verhalten und eine vergleichsweise hohe
nutzbare Lagerstätten von Eisenspat (Siderit) oder Dichte aufweisen, zu Seifen angereichert, die oft von
von Magnesit. Diese Vorgänge bezeichnet man als weltwirtschaftlicher Bedeutung sind. Zu den wich-
Metasomatose (Abschn. 23.3, 26.6). tigsten Seifenmineralen gehören Edelmetalle wie
– Hydrothermale Erz- und Mineralgänge können sich ged. Gold oder Platinmetalle, Edelsteine wie Rubin
bilden, wenn die Hydrothermen das Nebengestein oder Diamant sowie andere Schwerminerale wie
auf Kluftsystemen und tektonischen Störungszonen Kassiterit (Zinnstein), Magnetit, Ilmenit und die
durchströmen und es dabei zur Mineralabscheidung Nb-Ta-Minerale Columbit und Tantalit.
kommt (Abschn. 23.4). Die Erzgänge enthalten eine – Metallkonzentrationen in ariden Schuttwannen
Fülle von – meist sulfidischen – Erzmineralen der (Red Beds, Abschn. 25.2.8). Hierbei stammen die
Metalle Au, Ag, Cu, Pb, Zn, Sn, As, Sb, Bi, Co, Ni und gelösten Schwermetallgehalte Cu, Ag und U vermut-
U aber auch ged. Gold. Weiterhin treten hydrother- lich aus verwitterten und ausgelaugten älteren Erz-
male Eiserzgänge mit Siderit oder Hämatit auf. Das lagerstätten oder Gesteinen in der Umgebung. Die
unmittelbare Nebengestein der Erzgänge ist häufig Ausfällung der Minerale erfolgte unter ariden
mit Erz imprägniert oder wird durch dieses ver- Klimabedingungen.
drängt. Eine große wirtschaftliche Rolle spielen – Buntmetall-Lagerstätten in Schwarzschiefern
auch die nichtmetallischen Ganglagerstätten von (Abschn. 23.2.11) entstehen durch Fällung der Erz-
Flussspat (Fluorit), Schwerspat (Baryt) und Quarz. minerale, hauptsächlich Sulfide von Cu, Cu-Fe, Zn
– Von steigender Bedeutung sind die vulkanogen- und Pb, durch bakterielle Reduktion in Sauerstoff-
sedimentären Erzlagerstätten, bei deren Bildung armen Meeren. Ein Beispiel von weltwirtschaft-
vulkanische und sedimentäre Prozesse miteinander licher Bedeutung ist der Kupferschiefer des Zech-
verknüpft sind. Solche Erzlagerstätten entstehen steins, der im Zeitraum von 1200–1990 im Raum
heute noch als Black Smoker an den mittelozeani- Mansfeld (Sachsen-Anhalt) gewonnen wurde. Er
schen Rücken, wo es zur Anreicherung von Cu-Fe- bildet heute im südlichen Polen die größte europä-
und von Zn-Fe-Sulfiden kommt. Ähnlicher Entste- ische Cu-Provinz.
hung sind die vulkanogen-sedimentären Lagerstät- – Sedimentäre Eisenerze (Abschn. 25.4.2, 25.4.3) stel-
ten mit massiven Sulfiderzen und unterschiedlichen len die größten Eisenreserven der Erde dar. Sie
Anteilen von Eisenerzen (Magnetit, Hämatit) oder wurde als Gebänderte Eisenformation (Banded Iron
von Quecksilbererz (Abschn. 23.5). Formation, BIF) überwiegend in proterozoischer
– Bei der Bildung der sedimentär-exhalativen Blei- Zeit gebildet. Weniger bedeutsam sind die altpaläo-
Zink-Lagerstätten (Sedex), der Blei-Zink-Ver- zischen Eisenerze vom Clinton-Typ, und die juras-
drängungslagerstätten vom Mississippi-Valley-Typ sischen Eisenerze vom Minette-Typ.
(MVT), der Karbonat-gebundenen Fluorit-Lager- – Sedimentäre Manganerze (Abschn. 25.4.3) sind häu-
stätten und der Diskordanz-gebundenen Uranerz- fig mit BIF assoziiert; daneben gibt es aber auch
Lagerstätten sind ebenfalls Hydrothermen stark deutlich jüngere Vorkommen. Eine mögliche
beteiligt, die allerdings relativ niedrig temperiert Metallreserve der Zukunft sind die Manganknollen
waren (Abschn. 23.6, 23.7). am Ozeanboden (Abschn. 23.4.4).
66 3 · Gesteine
– Zu den wirtschaftlich wichtigen Minerallagerstätten Klein C (1989) Minerals and rocks. Exercises in crystallography,
des sedimentären Kreislaufs gehören als Verwitte- mineralogy and hand specimen petrology. Wiley & Sons, New
York
rungsbildungen Tone, Kaolin und Bentonit sowie kie-
Markl G (2011) Minerale und Gesteine. Mineralogie, Petrographie,
selige Sedimente wie die Diatomeen-Erde (Kieselgur), Geochemie, 2. Aufl. Spektrum, Heidelberg
sedimentäre Phosphatgesteine (Phosphorit und Gua- Passchier CW, Trouw RAJ (2005) Microtectonics, 2nd edn. Springer-
no) und schließlich die marinen Evaporite mit Lager- Verlag, Berlin Heidelberg New York
stätten von Steinsalz (Halit), Kalisalzen (insbesondere Pichler H, Schmitt-Riegraf C (1993) Gesteinsbildende Minerale im
Dünnschliff, 2. Aufl. Enke, Stuttgart
Sylvin und Carnallit), Gips und Anhydrit.
Pohl WL (2005) Mineralische und Energie-Rohstoffe. Eine Einfüh-
Metamorphe Erz- und Minerallagerstätten. Prinzipi- rung zur Entstehung und nachhaltigen Nutzung von Lagerstät-
ell kann jede der hier aufgeführten Lagerstättentypen ten, 5. Aufl. Schweizerbart, Stuttgart
auch in metamorph überprägter Form vorkommen, Pohl WL (2011) Economic geology – principles and practice. Wiley-
wobei eine Um- und Neukristallisation des ursprüng- Blackwell, Chichester Oxford, UK
lichen Mineralbestandes oder sogar eine sekundäre Press F, Siever R (2003) Allgemeine Geologie – Eine Einführung in
das System Erde, 3. Aufl. Spektrum, Heidelberg Berlin Oxford
Anreicherung der Metallgehalte stattfinden kann. Ramdohr P (1975) Die Erzmineralien und ihre Verwachsungen,
Weltwirtschaftlich bedeutende Beispiele für diesen 4. Aufl. Akademie-Verlag, Berlin.
epigenetischen Prozess der Lagerstättenbildung sind Ramdohr P (1976) The ore minerals and their intergrowths. Perga-
die fossilen Goldseifen am Witwatersrand in Südafrika mon, Oxford
(S. 392ff) oder die Blei-Zink-Lagerstätte Broken Hill Ramdohr P, Strunz H (1978) Klockmanns Lehrbuch der Mineralo-
gie, 16. Aufl. Enke, Stuttgart
in Australien (S. 366), die ursprünglich auf eine Sedex-
Sawkins FJ (1990) Metal deposits and plate tectonics, 2nd edn. Sprin-
Lagerstätte zurückgeht. Daneben gibt es aber auch Fäl- ger-Verlag, Berlin Heidelberg
le, bei denen es während der Gesteinsmetamorphose Schneiderhöhn H (1962) Erzlagerstätten, Kurzvorlesungen zur Ein-
primär, also syngenetisch zur Metallanreicherung führung und Wiederholung, 4. Aufl. Gustav Fischer, Stuttgart
kommt. Hierzu gehören in erster Linie die Skarnerz- Tröger WE, Bambauer HU, Braitsch O, Taborszky F, Trochim HD
(1967) Optische Bestimmung der gesteinsbildenden Minerale.
Lagerstätten, die sich im Kontaktbereich zwischen
Teil 2, Textband. Schweizerbart, Stuttgart
magmatischen Intrusionen und ihrem karbonatischen Vinx R (2008) Gesteinsbestimmung im Gelände, 2. Aufl., Spektrum-
Nebengestein bilden (Abschn. 23.3.1, 26.6.1). Dabei fin- Springer-Verlag, Berlin Heidelberg
den nicht nur eine Temperatur-Erhöhung und damit eine Wimmenauer W (1985) Petrographie der magmatischen und meta-
kontaktmetamorphe Überprägung der Karbonat- morphen Gesteine. Enke, Stuttgart
gesteine statt. Vielmehr werden gleichzeitig, also Zoltai T, Stout JH (1985) Mineralogy – Concepts and principles.
Burgess, Minneapolis, Minnesota
syngenetisch auch erzbringende Hydrothermen zuge-
führt, aus denen sich Magnetit, Hämatit, das W-Erz Übersichtsartikel
Scheelit, die Sn-Erze Kassiterit und Stannin sowie Fe-,
Cu, Zn-, Pb-, Co-, Mo-, Bi-, As-Sulfide ausscheiden, die Schächter N (2008) Versorgung mit mineralischen Rohstoffen – eine
den ursprünglichen Mineralbestand der Karbonate Bestandsaufnahme. GMIT Geowissenschaftl Mitt 32:6–13
Wellmer F-W (2012) Rohstoffe, die Basis unseres Wohlstandes. GMIT,
verdrängen (Metasomatose).
Geowissenschaftliche Mitteilungen 47:6–21
Wellmer F-W, Dalheimer M (2012) The feedback control cycle as
Weiterführende Literatur regulator of past and future mineral supply. Mineral Dep 47:
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Nachschlagewerke
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Higgins MD (2006) Quantitative textural measurements in igneous and Niggli P (1929) Ore deposits of magmatic origin. Thomas Murby,
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II
Teil II
Spezielle Mineralogie
Eine Auswahl wichtiger Minerale
Beispiele:
Ca5[(F,Cl,OH)/(PO4)3] (Apatit) oder
(Mg,Fe)7[(OH)2/Si8O22] (Anthophyllit).
Bei der Auflistung der physikalischen Eigenschaften der Minerale wird die
Härte grundsätzlich nach der nichtlinearen relativen Härteskala von Mohs, die
Dichte in Gramm pro Kubikzentimeter (g cm–3) angegeben. Mengenangaben
erfolgen in Gewichtsprozent (%, Gew.-%), Volumenprozent (Vol.-%) oder Mole-
kularprozent (Mol.-%). Die Nummerierung für chemische Mineralreaktionen (in
runden Klammern) und für physikalische Formeln [in eckigen Klammern] er-
folgt kapitelweise.
4
Elemente
4.1 Im elementaren Zustand treten in der Natur etwa 20 chemische Elemente auf.
Metalle Darunter befinden sich gediegene (ged.) Metalle, Metalloide (Halbmetalle) und
Nichtmetalle. Die Metalle sind meistens legiert: Sie neigen zur Mischkristallbildung,
4.2 z. B. (Au, Ag). Die wichtigsten Vertreter sind in Tabelle 4.1 zusammengestellt.
Metalloide (Halbmetalle)
Tabelle 4.1.
4.3 In der Natur elementar auftre-
tende chemische Elemente
Nichtmetalle
Kupfer, Cu
Wirtschaftliche Bedeutung. Als Kupfererz ist ged. Cu von Struktur. Kubisch-flächenzentriert (Abb. 1.8).
geringerer wirtschaftlicher Bedeutung, Haupterzmine-
rale sind Kupfersulfide. Chemismus. Ged. Ag ist häufig mit Au, gelegentlich mit
Hg, Cu und Bi legiert.
Silber, Ag
Vorkommen. In der sekundär entstandenen sog. Zemen-
Ausbildung und Kristallformen. Kristallklasse 4/m32/m, tationszone sehr vieler Ag-führender Lagerstätten kann es
ged. Silber (engl. native silver) kommt meistens in draht-, lokal zu großen Anreicherungen von ged. Ag kommen.
haar- oder moosförmigen bis dendritischen Aggregaten
vor. Bekannt sind die prächtigen „Silberlocken“ (Abb. 4.3), Bedeutung. Im Gegensatz zu ged. Au spielt ged. Ag als Erz-
die nach einer Oktaederkante [110], der dichtest besetz- mineral in den Silberlagerstätten nur lokal eine Rolle.
ten Gittergeraden, ihr bevorzugtes Wachstum entwickelt
haben. Wohlausgebildete kubische Kriställchen sind re- Die wichtigsten Ag-Erzminerale sind einfache oder komplexe Sul-
lativ selten. Gelegentliche Zwillinge sind nach ihrer fide, wie Argentit (Silberglanz) Ag2S oder Freibergit (ein Ag-haltiges
Fahlerz) (Ag,Cu)10(Fe,Zn)2[(Sb,As)4S13], die als sog. Silberträger
Zwillingsebene (111) plattenförmig verzerrt. häufig Einschlüsse im Galenit (Bleiglanz) PbS bilden. Galenit ist
das wichtigste Silbererz! Auch Ag-Selenide und -Telluride können
Physikalische Eigenschaften. für die Ag-Gewinnung Bedeutung haben.
Spaltbarkeit fehlt
Bruch hakig, plastisch verformbar Gold, Au
Härte 2½–3
Dichte 9,6–12, rein 10,5 Ausbildung und Kristallform. Kristallklasse 4/m32/m. Ged.
Gold (engl. native gold) bildet in der Natur undeutlich ent-
wickelte Kriställchen mit unebener, gekrümmter Oberflä-
che, meistens Oktaeder {111}, seltener Würfel {100} oder
Rhombendodekaeder {110}, daneben verschiedene Kom-
binationen dieser und anderer kubischer Formen. Meistens
sind die Goldkriställchen stark verzerrt. Sie gruppieren sich
zu bizarren, blech- bis drahtförmigen, meist dendritischen
(skelettförmigen) Aggregaten, wobei die einzelnen Kriställ-
chen meist nach (111) miteinander verzwillingt sind
(Abb. 4.4, 4.5). Verbreiteter ist ged. Au in winzigen, mikros-
Abb. 4.3. Ged. Silber mit typisch lockenförmigem Wachstum, Kongs- Abb. 4.4. Ged. Gold. a Oktaeder mit typisch gekrümmter Oberflä-
berg, Norwegen. Etwa natürliche Größe. Mineralogisches Museum che, b mit dendritischem (skelettförmigem) Wachstum. (Aus Klein
der Universität Würzburg. (Foto: K.-P. Kelber) u. Hurlbut 1985)
72 4 · Elemente
Abb. 4.6.
Kosmisches Nickeleisen (Fe, Ni).
Eisenmeteorit (Oktaedrit) von
Joe Wright Mountain, Arkansas,
USA, gefunden 1884. Auf der ge-
sägten, polierten und angeätz-
ten Platte erkennt man die cha-
rakteristischen Widmannstät-
ten-Figuren. Sperriges Gerüst
aus Kamacit (Balkeneisen) mit
schmalen Rändern von Taenit
(Bandeisen), in den Lücken
Plessit (Fülleisen). Mineralogi-
sches Museum der Universität
Würzburg. (Foto: K.-P. Kelber)
74 4 · Elemente
Platin, Pt
Physikalische Eigenschaften.
Spaltbarkeit fehlt
Bruch hakig, dehnbar
Härte 4–4½, härter als Minerale der Gold-
Gruppe
Dichte 15–19 in Abhängigkeit vom legierten
Fe-Gehalt
Schmelzpunkt 1 769 °C
Farbe, Glanz stahlgrau, metallisch glänzend, oxi-
diert nicht an der Luft
Strich silberweiß
Ausbildung und Kristallformen. Kristallklasse 6/m2/m2/m Graphen und Fullerene. Durch extrem verfeinerte mikrome-
(Graphit-2H), auch trigonal 3m (Graphit-3R) in blättri- chanische Spaltung gelang es 2004 André Geim und Konstan-
gen bis äußerst feinschuppigen Massen, auch als hexa- tin Novoselov, aus Graphit sog. Graphen herzustellen, wofür
gonale plättchenförmige Kristalle. sie 2010 den Nobelpreis für Physik erhielten. Graphene sind
76 4 · Elemente
Kohlenstoffblätter, die – ebenso wie Graphit – die Struk- Ausbildung und Kristallformen. Kristallklasse 4/m32/m.
tur eines Sechsecknetzes aufweisen, aber nur eine Atom- Wachstumsformen meistens Oktaeder, daneben Rhom-
lage dick sind (Geim und Kim 2008). Sie lassen sich zu bendodekaeder, Hexakisoktaeder und Würfel, andere
Kohlenstoff-Nanoröhrchen oder durch Einbau von Fünf- Formen nicht ganz so häufig (Abb. 4.9).
ecken zu Fullerenen verbiegen. Die Existenz dieser käfig- Durch Lösungsvorgänge gerundete Flächen, Ätzer-
förmigen Kohlenstoffmoleküle war bereits 1970 von dem scheinungen (Abb. 4.10) und Streifung der Flächen sind
japanischen Chemiker Eiji Oosawa theoretisch vorher- charakteristisch. Auch verzerrte und linsenförmig gerun-
gesagt worden, aber erst Kroto et al. (1985) machten sie dete Kristalle sind nicht selten. Zwillingsverwachsungen
als Fullerene international bekannt. Sie bestehen aus nach (111), dem Spinellgesetz, sind häufig; gewöhnlich
Netzen von Sechsecken und Fünfecken mit 60, 70, 76, 80, abgeflacht nach (111).
82, 84, 86, 90 und mehr C-Atomen, wobei Moleküle, in
denen keine Fünfecke aneinandergrenzen, am stabilsten Physikalische Eigenschaften.
sind. Ohne die Verwendung von Graphen als Vorstufe Spaltbarkeit {111} vollkommen; sie ermöglicht die erste
lassen sich Fullerene durch Verdampfung von Graphit Stufe der Diamant-Bearbeitung, die Teilung
unter reduziertem Druck in einer Schutzgas-Atmosphäre Bruch muschelig, spröde
(Argon, Helium) oder aber durch Extraktion aus speziell Härte 10, härtestes Mineral (Standardmineral der
präpariertem Ruß technisch herstellen. Das weitaus am Mohs-Skala), aber deutliche Unterschiede
besten bekannte Fulleren hat die Zusammensetzung C60. auf den verschiedenen Flächen und in den
Es wurde ebenso wie das C70 in natürlichem Graphit, in verschiedenen Richtungen auf einer Fläche
Impakt-Kratern (Abschn. 31.1, S. 548) und – zusammen (Anisotropie der Härte), wobei die Härte
mit natürlichem Kieselglas (Lechatelierit) – in Blitzröh- auf {111} > {110} ≥ {100} ist. Dadurch wird
ren (Abschn. 11.6.1, S. 179) gefunden. In Zukunft könn- erst das Schleifen von Diamant möglich
ten Fullerene als Katalysatoren, Schmiermittel, bei der Dichte 3,52
Diamant-Synthese, als Halbleiter und Supraleiter verwen- Lichtbrechung nD = 2,419 (gelbes Licht λ D = 589,0 nm)
det werden, während für Graphen eine technische Nut- sehr hoch; dabei starke Dispersion des
zung, z. B. für Bauelemente von Einzelelektronen-Tran- Lichts (Farbenzerstreuung): für rotes
sistoren oder von Verbundwerkstoffen in Frage kommt. Licht (λ C = 656,3 nm): nC = 2,410, für vio-
lettes Licht (λ F = 396,8 nm): nF = 2,454,
Diamant, C Dispersionszahl nF – nC = 0,044; dadurch
entsteht das geschätzte Feuer der ge-
Diamant ist die Hochdruck-Modifikation des Kohlenstoffs, schliffenen Steine
die unter den Bedingungen der Erdoberfläche nur meta-
stabil existiert. Allerdings verhindert eine hohe Aktivie-
rungsenergie die Umwandlung in die stabile C-Modifi-
kation Graphit.
Farbe, Glanz die wertvollsten Steine sind völlig farblos gehen (Abb. 14.13, S. 251). Wie aus Abb. 4.15 hervorgeht,
(„rein weiß“) oder zeigen einen leicht bläu- kann sich Diamant innerhalb seines Stabilitätsfeldes nur in
lichen Farbstich („River“: blauweiß), ande- Erdtiefen von mindestens 140–170 km, also im Erdmantel,
re sind sehr häufig schwach getönt, gelblich, bilden (Stachel et al. 2005; Abschn. 29.3, S. 522f). Einige Dia-
grau oder grünlich. Reine, intensive Far- manten stammen nachweislich aus dem Unteren Erdmantel,
ben wie bei dem berühmten blauen Hope- aus Tiefen von etwa 700 km (Abb. 29.15)! Trotz seines meta-
Diamanten (Abb. 4.14) sind sehr selten. stabilen Zustands ist Diamant überaus resistent gegen Ver-
Gelbliche und grünliche Farbtöne sind witterungseinflüsse und überdauert mechanischen Trans-
durch geringe Gehalte an Stickstoff (max. port. Aufgrund seiner hohe Dichte kann er daher in Fluss-
0,28 Gew.-%), blaue durch Spuren von Bor und Strandsanden in Form von Diamant-Seifen sekundär
verursacht. Reine Diamanten sind durch- angereichert werden, z. B. in den bedeutenden Lagerstät-
sichtig, einschlussreiche dagegen nur ten der Namib-Wüste und im Offshore-Bereich Namibias.
durchscheinend oder undurchsichtig. Der Viele Fundstellen von Diamant sind bekannt geworden,
charakteristische hohe Glanz des Diaman- aber nur wenige sind als Lagerstätten bemerkenswert. Seit
ten wird als Diamantglanz bezeichnet. Die ältesten Zeiten sind Diamanten in Indien gefunden wor-
Wärmeleitfähigkeit ist sehr hoch, daher den; im 18. Jahrhundert wurden Vorkommen in Brasilien,
fühlen sich Diamanten kalt an 1869 in Südafrika, 1908 in Südwestafrika (heute Namibia)
und 1955 im ostsibirischen Jakutien (Gruben Mir, Udach-
Struktur. In der Diamantstruktur sind 2 flächenzentrier- naja und Jubilejnaja) entdeckt. Die seit 1970 aufgefunde-
te kubische Gitter mit den Atomkoordinaten 000 und nen primären Lagerstätten in Westaustralien, Südaustralien
¼ ¼ ¼ ineinandergestellt (Abb. 4.11a). Jedes C-Atom ist (Orrorroo nördlich Adelaide) und New South Wales ließen
von 4 Nachbaratomen tetraedrisch umgeben, die unter- Australien in kurzer Zeit zum wichtigsten Diamant-Produ-
einander starke homöopolare Bindungskräfte aufwei- zenten aufsteigen. Die Argyle Mine im Norden von
sen. Geometrisch bestehen // (111) dichtest mit Atomen Westaustralien, die erst 1979 bekannt wurde, ist derzeit die
besetzte, in sich gewellte Schichten mit C-C-Abständen größte Diamantmine der Erde. In den letzten Jahren sind
von 1,54 Å (Abb. 4.11b). Zwischen diesen dichtest besetz- die wichtigen Diamant-Lagerstätten Akluilâc, Lac de Gras
ten Netzebenen nach {111} besteht jeweils nur eine C-C- und Snap Lake im Norden Kanadas entdeckt worden. Wei-
Bindung pro Atom. So ist es verständlich, dass die Ok- tere Diamant-Vorkommen von weltwirtschaftlicher Bedeu-
taederflächen die besten Spaltflächen des Diamanten sind. tung sind Guaniamo in Venezuela, São Luiz und São Fran-
Ein Vergleich mit der Graphitstruktur ergibt sich aus der cisco in Brasilien, Kankan in Guinea, Orapa und Jwaneng
Gegenüberstellung in Abb. 4.11b und c. [0001] in der in Botswana sowie Monastery, Kimberley, Koffiefontein,
Graphitstruktur entspricht [111] in der Diamantstruktur. Jagersfontein, Premier and Venetia in Südafrika (Levinson
1998; Harlow and Davies 2004; Gurney et al. 2005; Abb. 4.12).
Vorkommen. Auf primärer Lagerstätte findet sich Diamant Im Jahr 2006 kamen 99,9 % der Weltförderung an Roh-
als akzessorischer Gemengteil in Kimberliten (Abb. 4.10) diamant in Höhe von ca. 171 Mio. Karat (= 34 t) aus 8 Län-
und Lamproiten, d. h. in Gesteinen, die in sehr tiefreichen- dern: Russland, Botswana, Australien, Kongo, Südafrika, Ka-
den Vulkanen auftreten. Sie füllen als Schlotbreccien vulka- nada, Angola und Namibia. Im Kongo befindet sich die För-
nische Durchschlagsröhren (Diatreme, engl. pipes), die nach derung und der Vertrieb von Diamanten in der Hand para-
unten zu in massive Kimberlit- oder Lamproit-Gänge über- militärischer Gruppen: „Blutdiamanten“.
Abb. 4.11. a Struktur von Diamant, b, c Beziehung der Diamantstruktur (b) zur Graphitstruktur (c), Erläuterungen s. Text
78 4 · Elemente
Abb. 4.12.
Die wichtigsten primären Dia-
mant-Vorkommen der Erde.
Schwarze Rauten: Schmuck-
und Industrie-Diamanten aus
Kimberliten und Lamproiten;
rote Rauten: Mikrodiamanten in
Ultra-Hochdruck-Metamor-
phiten. C.A.R.: Republik Kongo.
Archaische Kratone: >2,5 Ga;
altproterozoische Kratone:
2,5–1,6 Ga; jungproterozoische
Gesteinskomplexe: 1,6–0,8 Ga;
phanerozoische Gesteinskom-
plexe: <0,8 Ga. (Modifiziert nach
Harlow und Davies 2005)
Die Gewichtseinheit von Edelsteinen, das metrische Karat = 200 mg, fläche, sondern durch Impakt-Prozesse auf dem jeweili-
leitet sich von den Früchten des Johannesbrotbaumes Ceratonia gen Meteoriten-Mutterkörper, wie erstmals Ringwood
siliqua ab, die im Schnitt 197 mg wiegen und früher von Edel-
(1960) erkannt hatte (vgl. Harlow und Davies 2005).
steinhändlern zum Wiegen von Diamanten und Gold verwendet
wurden. Daneben findet man häufig winzige, nur einige Nanome-
ter (10–7 cm) große Diamanten (Nanodiamanten). Wie die
Auch in Krustengesteinen, die im Zuge von Kontinent- Isotopen-Signaturen von Edelgasen, die in diesen Dia-
Kontinent-Kollisionen tief versenkt wurden und eine manten eingeschlossen sind, belegen, entstanden sie
Ultrahochdruck-Metamorphose erlebten (Abschn. 26.2.5, zumindest teilweise schon präsolar, d. h. vor der Entste-
S. 436, Abschn. 28.3.9, S. 507), haben sich bisweilen winzi- hung und damit außerhalb unseres Sonnensystems, z. B.
ge Diamant-Kriställchen (Mikrodiamanten) gebildet bei der Explosion von Supernovae (Huss 2005; vgl. Tabel-
(Ogasawara 2005), z. B. im Erzgebirge, in der westlichen le 34.1, S. 633).
Gneisregion Norwegens, im Kokchetav-Massiv Sibiriens,
in Qaidam und Dabie Shan in China und auf der indone- Wirtschaftliche Bedeutung. Diamant, wohl der begehr-
sischen Insel Sulawesi, früher Celebes (Abb. 4.12). teste aller Edelsteine, wird am häufigsten in der Brillant-
Gelegentlich findet man Diamant auch in Meteoriten- form geschliffen (Abb. 4.13, 4.14). Durch Größenver-
kratern, in denen er sich beim Impakt unter den hohen hältnis, Anzahl und Winkel der Facetten wird mit dem
Drücken der Schockwellen-Metamorphose (Abschn. 26.2.3, Brillantschliff ein Maximum an Wirkung erreicht. Der
S. 429) aus Graphit in Kristallingesteinen gebildet hat. So seither größte Diamant wurde im Jahre 1905 in der Pre-
wurden im Nördlinger Ries bereits 1977 durch russische mier-Mine bei Pretoria gefunden. Er wog 3 106 Karat,
Forscher Diamanten entdeckt; daneben treten auch das sind 621 g, und erhielt den Namen Cullinan (Abb. 4.14).
Lonsdaleit, eine hexagonale Kohlenstoff-Modifikation mit Aus ihm wurden 105 Steine geschliffen, von denen der
Diamant-ähnlicher Kristallstruktur sowie Moissanit SiC größte (530,2 Karat) im Zepter der britischen Kron-
auf (El Goresy et al. 2001, 2003; Schmitt et al. 2005). juwelen gefasst ist. Seit der Antike wurden schätzungs-
Darüber hinaus wurde im Ries- und im Popigai-Krater weise 3,4 Milliarden Karat (= 680 t) Diamant gefördert. Der
(Sibirien) eine neue kubische C-Modifikation entdeckt, Gesamtwert der Jahresproduktion von schleifwürdigen
die sich durch extrem große Härte und Dichte (2.49) aus-
zeichnet (El Goresy et al. 2003).
Von besonderem Interesse ist das Auftreten von Dia-
manten in Meteoriten, das erstmals von Foote (1891) im
Eisenmeteoriten von Canyon Diablo (Arizona) beobach-
tet wurde. Viele dieser Diamanten entstanden durch
Schockwellen-Metamorphose (Abschn. 26.2.3, S. 429)
aus Graphit, und zwar nicht – wie früher angenommen
wurde – beim Aufprall von Meteoriten auf die Erdober- Abb. 4.13. Brillantschliff: a Seitenansicht; b Oberseite; c Unterseite
4.3 · Nichtmetalle 79
Abb. 4.16.
α -Schwefel: a–c Kristalle mit
rhombisch-bipyramidalem
Habitus; d mit disphenoidisch
verzerrtem Habitus
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5
Sulfide, Arsenide
und komplexe Sulfide (Sulfosalze)
5.1 Zu dieser Mineralklasse gehört die größte Anzahl der Erzminerale. Viele von ih-
Metall-Sulfide mit nen sind opak, d. h. sie sind auch in Dünnschliffen von 20–30 μm Dicke undurch-
M : S > 1 : 1 (meist 2 : 1) sichtig; sie besitzen Metallglanz mit unterschiedlichem Farbton. Nichtopake sul-
fidische Erzminerale sind in dünnen Schichten durchscheinend, besitzen eine sehr
5.2 hohe Lichtbrechung und zeigen z. T. Diamantglanz. Alle geben auf rauher Por-
Metall-Sulfide und zellanplatte einen diagnostisch verwertbaren Strich bei der Mineralbestimmung
-Arsenide mit M : S ≈ 1 : 1 nach äußeren Kennzeichen.
In den Kristallstrukturen der Sulfide herrschen Mischbindungen zwischen me-
5.3 tallischen, heteropolaren und homöopolaren Bindungskräften vor. Insbesondere
Metall-Sulfide, bei den auftretenden Schichtstrukturen trifft man auch Van-der-Waals-Bindungs-
-Sulfarsenide und kräfte an.
-Arsenide mit M : S ≤ 1 : 2 Die Unterteilung erfolgt nach Gruppen mit abnehmendem Metall-Nichtmetall-
Verhältnis (Strunz u. Nickel 2001):
5.4
Arsen-Sulfide 1. Metall-Sulfide etc. mit Metall (M) : Schwefel (S) > 1 : 1 (meist 2 : 1)
2. Metall-Sulfide etc. mit M : S = 1 : 1
5.5 3. Metall-Sulfide etc. mit M : S < 1 : 1
Komplexe Metall-Sulfide 4. Arsen-Sulfide
(Sulfosalze) 5. Komplexe Metall-Sulfide (Sulfosalze)
Ausbildung. Kristallformen sind relativ selten entwickelt, Struktur. Hoch-Bornit hat eine Kristallstruktur ähnlich
gewöhnlich in kompakten Massen. Sphalerit. Diese geht unterhalb ca. 265 °C in die metastabi-
le kubische Struktur des intermediären Bornits über, der
Physikalische Eigenschaften. sich unterhalb ca. 200 °C in die stabile Tieftemperaturform
Spaltbarkeit undeutlich nach {110} umwandelt. Tief-Bornit ist nicht – wie früher angenommen
Bruch muschelig – tetragonal, sondern rhombisch 2/m2/m2/m. In seinem
Härte 2½–3 Feinbau weist er komplexe Überstrukturen auf; Struktur-
Dichte 5,5–5,8 defekte lassen große Variationen im Cu : Fe : S-Verhältnis zu.
Farbe, Glanz bleigrau auf frischem Bruch, Metall-
glanz, an der Luft matt und schwarz Chemismus. Zusammensetzung schwankt durch Löslichkeit
anlaufend für Cu2S; etwas weniger für CuFeS2. Bornit weist innerhalb
Strich grauschwarz, metallisch glänzend des Systems Cu-Fe-S ausgedehnte Mischkristallbildung auf.
Struktur und Chemismus. Chalkosin ist dimorph, <103 °C Vorkommen. Vorwiegend hydrothermal gebildetes Erzmineral,
monoklin, >103 °C hexagonal. Es gibt mehrere ähnlich sekundär in der Zementationszone und sedimentär als Impräg-
zusammengesetzte Minerale, deren komplizierte Bezie- nation.Bornit verwittert leicht unter zwischenzeitlicher Bildung
hungen bis jetzt nur teilweise geklärt sind. von Chalkosin und Covellin CuS zu Azurit und Malachit.
Erwähnt sei hier der kubische Digenit, bei tiefen Tem-
peraturen etwa Cu9S5; oberhalb ca. 75 °C ausgedehnte Bedeutung. Bornit ist ein wichtiges Cu-Erzmineral.
Mischkristallreihe von Cu7S4 bis Cu2S.
Argentit und Akanthit (Silberglanz), Ag2S
Vorkommen. Primäres, hydrothermal gebildetes Erzmine-
ral, sekundär in der Zementationszone von Kupferlager- Ausbildung. Kristalle von Argentit zeigen kubische For-
stätten. Chalkosin verwittert leicht unter Bildung von men, häufig dominiert der würfelige Habitus, während
Cuprit Cu2O, mitunter ged. Kupfer und letztlich zu Cu- Akanthit-Kristalle monoklinen Habitus aufweisen. Meist
Hydrokarbonaten wie Azurit und Malachit. jedoch derb und massig, als sog. Silberschwärze pulve-
rig. Gelegentlich pseudomorph nach ged. Silber.
Bedeutung. Chalkosin und Digenit sind sehr wichtige Cu-
Erzminerale. Physikalische Eigenschaften.
Spaltbarkeit fehlt
Bornit (Buntkupferkies), Cu5FeS4 Bruch geschmeidig, mit dem Messer schneid-
bar; aus Silberglanz wurden in frühe-
Ausbildung. Kristallformen sind seltener, bisweilen Aggre- rer Zeit Münzen geprägt
gate verzerrter Würfel, meist als massiges Erz. Härte 2–2½
Dichte 7,3
Physikalische Eigenschaften. Farbe, Glanz auf frischer Schnittfläche bleigrauer
Spaltbarkeit selten deutlich Metallglanz, unter Verwitterungsein-
Bruch muschelig fluss matter Überzug und schwarz an-
Härte 3 laufend, schließlich pulveriger Zerfall
Dichte 4,9–5,1 Strich dunkelbleigrau, metallisch glänzend
Tabelle 5.1.
Metall-Sulfide mit M : S > 1 : 1
5.2 · Metall-Sulfide und -Arsenide mit M : S ≈ 1 : 1 85
Struktur. Argentit kristallisiert kubisch flächenzentriert ist nahe 1 : 1; gewöhnlich enthält Pentlandit auch
und entsteht unter höherer Temperatur, bei Abkühlung etwas Co.
Umwandlung in den monoklinen Akanthit.
Vorkommen. Zusammen mit Pyrrhotin meistens als liquid-
Vorkommen. Primäres, hydrothermal gebildetes Erz- magmatische Ausscheidung, z. B. in der bedeutenden
mineral; als Einschluss im Galenit PbS; sekundär in der Nickellagerstätte von Sudbury, Ontario, Kanada.
Zementationszone.
Bedeutung. Pentlandit ist das wichtigste Ni-Erzmineral.
Bedeutung. Wichtiges Ag-Erzmineral, auch als wesentli-
cher Silberträger im Galenit. Nickel als metallischer Rohstoff. Ni ist in erster Linie ein wich-
tiger Stahlveredler. Nickelstahl enthält 2½–3½ % Ni, dabei
Pentlandit, (Ni, Fe)9S8 erhöht Ni die Festigkeit und Korrosionsbeständigkeit des
Stahls.Verwendung als Legierungsmetall in Form von Hoch-
Ausbildung. Gewöhnlich bildet Pentlandit Körner oder temperaturwerkstoffen in der Kraftwerkstechnik, im Turbi-
flammenförmige Entmischungslamellen im Pyrrhotin, nen- und im chemischen Apparatebau sowie in der Galva-
kommt aber auch in körnigen Aggregaten zusammen mit notechnik, als Münzmetall, Nickelüberzug, Katalysator etc.
diesem vor (Abb. 21.7, S. 330).
5.2 5.2
Physikalische Eigenschaften. Metall-Sulfide und -Arsenide mit M : S ≈ 1 : 1
Spaltbarkeit deutlich nach {111}
Bruch spröde Galenit (Bleiglanz), PbS
Härte 3½–4
Dichte 4,6–5 Ausbildung. Kristallklasse 4/m32/m, häufig gut ausgebil-
Farbe, Glanz bronzegelb, Metallglanz dete Kristalle bis zu beträchtlicher Größe aus zahlreichen
Strich schwarz Fundorten; als Kristallformen (Abb. 5.1, 5.2) herrschen
vor: {100} und {111} allein oder in Kombination (als sog.
Unterscheidende Eigenschaft. Im Unterschied zu Pyrrhotin Kubooktaeder), daneben das Rhombendodekaeder {110}
nicht magnetisch. und das Trisoktaeder {221} und andere Formen. Gewöhn-
lich körnig oder spätig, oft feinkörnige bis dichte Erze
Struktur und Chemismus. Pentlandit hat Spinellstruk- bildend, bisweilen stark deformiert und gestriemt (sog.
tur (Abb. 7.2, S. 105); das Verhältnis von Fe : Ni Bleischweif), Gleitzwillinge.
Tabelle 5.2.
Metall-Sulfide und -Arsenide
mit M : S ≈ 1 : 1
Abb. 5.1.
Galenit, verbreitete Flächenkombi-
nationen; a Kubooktaeder: Kombi-
nation Würfel {100} und Oktaeder
{111}; b Würfel {100}, Oktaeder
{111}, vorherrschend c, d verschie-
dene Kombinationen aus Würfel
{100}, Oktaeder {111}, Rhomben-
dodekaeder {110}, Trisoktaeder
{221} und Ikositetraeder {322}
86 5 · Sulfide, Arsenide und komplexe Sulfide (Sulfosalze)
Abb. 5.6.
Kristallstruktur von Sphalerit
re Verwendung bei der Herstellung von Zinkweiß und Litho- Physikalische Eigenschaften.
pon. Das als Beiprodukt gewonnene Cadmium wird in Ni- Spaltbarkeit fehlt
Cd- und Ag-Cd-Batterien, als Bestandteil leicht schmelzen- Bruch muschelig
der Legierungen (Wood-Metall), in der Reaktortechnik, Härte 3½–4, viel geringer als diejenige von
als Korrosionsschutz und als Farbstoff verwendet. Pyrit FeS2
Dichte 4,1–4,3
Wurtzit, β -ZnS Farbe, Glanz grünlich-gelber bis dunkelgelber (mes-
singfarbener) Metallglanz, oft bunt an-
Ausbildung. Kristallklasse 6mm. Häufig in büscheligen gelaufen
oder radialfaserigen Aggregaten, oft zusammen mit Strich schwarz bis grünlich-schwarz
Sphalerit als Verwachsung in der Schalenblende (Abb. 5.3),
pyramidal-kurzsäulige Kristalle sind unvollkommen aus- Struktur. Die Kristallstruktur von Chalkopyrit (Abb. 5.8)
gebildet und relativ selten. ist aus derjenigen der Zinkblende durch Verdoppelung
der Elementarzelle bei gleichzeitigem Ersatz von zwei Zn
Physikalische Eigenschaften. Die physikalischen Eigen- durch Cu und Fe ableitbar. Die enge Strukturverwandt-
schaften sind denen von Sphalerit sehr ähnlich, vollkom- schaft zwischen Chalkopyrit und Sphalerit führt zu mi-
mene Spaltbarkeit nach {1010}, nach (0001) deutlich. kroskopisch feinen orientierten Verwachsungen beider
Minerale.
Struktur. Die Koordinationsverhältnisse in der Wurtzit-
struktur gleichen denen der Sphaleritstruktur. So ist Zn Vorkommen. Chalkopyrit ist das verbreitetste Cu-Erzmi-
von vier S, S von vier Zn tetraedrisch umgeben. Unter- neral. Liquidmagmatisches Ausscheidungsprodukt zu-
schiede bestehen durch die Art der Überlagerung der sammen mit Magnetkies und Pentlandit. In hydrother-
dichtest besetzten Anionenebenen in den beiden Gittern. malen Gängen und Imprägnationen, insbesondere in por-
Die Sphaleritstruktur gleicht hiernach einer kubisch phyrischen Kupfer-Lagerstätten (Porphyry Copper Ores;
dichten, die Wurtzitstruktur einer hexagonal dichten Abschn. 23.2.4, S. 349ff), in Form von Stöcken (sog. Kies-
Kugelpackung. stöcken) und Lagern in massiven Sulfiderzlagerstätten.
Durch rezente submarin-exhalative Tätigkeit bildet sich
Stabilitätsbeziehung. Wurtzit ist zwar die Hochtempera- Chalkopyrit zusammen mit anderen Sulfiden an mitteloze-
turmodifikation von ZnS, kann sich aber auch metasta- anischen Rücken (Black Smoker: Abb. 23.10, 23.11, S. 361).
bil bei niedrigen Temperaturen aus sauren Lösungen bil- Bei seiner Verwitterung entsteht ein inhomogenes
den. Hohe Cd-Gehalte begünstigen ebenfalls die Bildung Verwitterungserz (Kupferpecherz bzw. Ziegelerz), das aus
von Wurtzit. Azurit Cu3[OH/CO3]2, Malachit Cu2[(OH)2/CO3], Cuprit
Cu2O, Covellin CuS, Bornit, viel Brauneisenerz (Limonit)
Chalkopyrit (Kupferkies), CuFeS2 FeOOH und anderen Mineralen besteht.
Ausbildung. Kristallklasse 42m, bei den Kristallformen ist Bedeutung. Chalkopyrit ist nach Chalkosin das wirt-
das tetragonale Bisphenoid vorherrschend, häufig kom- schaftlich wichtigste Cu-Erzmineral.
biniert mit dem negativen Bisphenoid und dem tetrago-
nalen Skalenoeder (Abb. 5.7). Gewöhnlich Zwillings- Abb. 5.8.
verwachsungen nach (111) und stark verzerrte Kristalle. Kristallstruktur von
Chalkopyrit
Meist kommt Chalkopyrit in derben bis feinkörnigen
Massen vor.
Ausbildung. Kristallklasse mm2, rhombisch (pseudohexago- Ausbildung. Äußere Kristallform 6/m2/m2/m, die hexago-
nal), die prismatischen Kristalle sind nach c gestreckt und nale Hochtemperaturmodifikation ist oberhalb ~300 °C
vertikal gestreift, auch tafelig nach (001); Drillinge. Gewöhn- stabil. Ausgebildete Kristalle sind nicht sehr häufig, so als
lich derb in strahligen oder spätig-körnigen Aggregaten. 6-seitige Tafeln aus Basispinakoid {0001} und schmalem
Prisma, vielfach rosettenförmig oder buchstapelartig
Physikalische Eigenschaften. angeordnet (Abb. 5.9). Meistens jedoch derb und einge-
Spaltbarkeit {110} vollkommen, {100} und {010} deut- sprengt, körnig bis blättrig.
lich
Bruch uneben, spröde Physikalische Eigenschaften.
Härte 3½ Spaltbarkeit nach (0001) und {1120} in grobkör-
Dichte 4,5 nigen Stücken deutlich
Farbe, Glanz grau bis grauschwarz, blendeartiger Bruch muschelig, spröde
Glanz, opak Härte 4
Strich schwarz Dichte 4,6–4,7
Farbe, Glanz hell bronzefarben, mattbraun anlau-
Struktur. Die Kristallstruktur ist derjenigen des Wurtzits fend, Metallglanz
ähnlich, wobei ¾ des Zn durch Cu und ¼ durch As ersetzt Strich grauschwarz
sind; dadurch kommt es zur Erniedrigung der Symmetrie. Weitere Eigenschaft meist ferromagnetisch
Chemismus. As kann bis zu 6 % durch Sb ersetzt sein, et- Struktur. Die Kristallstruktur des Pyrrhotins entspricht dem
was Fe und Zn sind gewöhnlich eingebaut. NiAs-Typ mit S auf den As-Positionen und Fe auf den Ni-
Plätzen. Dabei besitzt Pyrrhotin meist einen Unterschuss
Vorkommen. Auf hydrothermalen Gängen, als Verdrän- an Fe relativ zu S, wobei die Zusammensetzung zwischen
gung und Imprägnation.
Physikalische Eigenschaften.
Spaltbarkeit nach {1010} und (0001) nur bisweilen
erkennbar
Bruch muschelig, spröde
Härte 5–5½
Dichte 7,8
Farbe, Glanz hell kupferrot, dunkler anlaufend, Me-
tallglanz, opak
Strich bräunlichschwarz
Bedeutung. Der Pentlandit-führende Pyrrhotin ist ein Verwendung von Quecksilber. Wegen seiner Giftigkeit ist
sehr wichtiges Ni-Erz. Reiner Pyrrhotin ist kein Eisenerz- der Einsatz von Quecksilber in physikalischen Geräten
mineral, wird aber gelegentlich zur Herstellung von Ei- (z. B. Thermometern), in der Elektroindustrie, der Me-
senvitriol oder Polierrot verwendet. dizin oder der Landwirtschaft stark eingeschränkt oder
verboten. Auch die Verwendung von Sn-Cu-(Ag,Au)-
Covellin (Kupferindig), CuS Amalgam in der Zahntechnik ist heute umstritten.
Ausbildung. Kristallklasse 32, bildet nur selten deutliche Struktur. Die Kristallstruktur weist Doppelketten // c ent-
rhomboedrische bis dicktafelige Kristalle, meist derb- sprechend der Streckung der Kristalle auf.
körnige bis dichte oder erdige Massen in Imprägnationen.
Vorkommen. In hydrothermalen Gängen.
Abb. 5.10.
Stibnit, nadelförmig nach c gestreckte Flächenkombination Bedeutung. Stibnit ist das wichtigste Sb-Erzmineral.
5.3 · Metall-Sulfide, -Sulfarsenide und -Arsenide mit M : S ≤ 1 : 2 91
Tabelle 5.3.
Metallische Sulfide, Sulfarsenide
und Arsenide mit M : S ≤ 1 : 2
Verwendung. Antimon als Legierungsmetall, besonders in technik sowie zur Herstellung hochwarmfester Legierun-
Blei- und Zinn-Legierungen, z. B. in Letternmetall, gen. Molybdänit wird wegen seiner geringen Härte und
Schrot- und Lötzinn, als Hartblei, Zusatz von Akkumu- vollkommenen Spaltbarkeit als Trockenschmierstoff und
latorenblei; reinstes Sb in der Halbleiter-Technik. in zusammengesetzten Schmierstoffen eingesetzt.
Ausbildung. Kristallklasse 6/m2/m2/m, hexagonale, un- Ausbildung. Kristallklasse kubisch disdodekaedrisch 2/m3,
vollkommen ausgebildete Tafeln, meistens in krumm- formenreich und auch in gut ausgebildeten Kristallen weit
blättrigen, schuppigen Aggregaten. verbreitet. Als häufigste Form treten auf: Würfel {100},
Pentagondodekaeder {210}, Oktaeder {111} und Disdo-
Physikalische Eigenschaften. dekaeder {321}, häufig auch miteinander kombiniert
Spaltbarkeit sehr vollkommen nach (0001), sehr (Abb. 5.11, 5.12). Die Würfelflächen des Pyrits sind meist
biegsame, unelastische Spaltblättchen gestreift, was die niedriger symmetrische Kristallklasse
Härte 1–1½, sehr gering (2-zählige statt 4-zähliger Drehachse a) andeutet. Es han-
Dichte 4,7–4,8 delt sich um eine Wachstumsstreifung (sog. Kombinati-
Farbe, Glanz bleigrau, Metallglanz onsstreifung) im aufeinanderfolgenden Wechsel von Wür-
Strich dunkelgrau fel- und Pentagondodekaederfläche. Durchkreuzungs-
Weitere Eigenschaft fühlt sich fettig an und färbt ab Zwillinge sind nicht selten („Eisernes Kreuz“). Als Ge-
mengteil von Erzen ist Pyrit meist wegen gegenseitiger
Struktur. Hexagonale Schichtstruktur mit // (0001) ver- Wachstumsbehinderung körnig ausgebildet.
laufenden MoS2-Schichten, die in sich valenzmäßig ab-
gesättigt sind. Zwischen den Schichten schwache Van-der-
Waals-Bindungskräfte, woraus sich die vollkommene
Spaltbarkeit nach (0001) erklärt.
Verwendung. Molybdän ist ein wichtiger Stahlveredler Abb. 5.11. Kristalltrachten bei Pyrit; a Würfel mit Kombinationsstrei-
fung; b Pentagondodekaeder {210}; c Kombination Pentagondodeka-
(Molybdänstahl), legiert in Gusseisen, Verwendung in der
eder {210} und Würfel {100}; d, e Kombination Oktaeder {111} mit Pen-
Elektrotechnik. Wegen seines hohen Schmelzpunkts tagondodekaeder {210}; f Durchdringungszwilling mit [001] als Zwil-
dient Mo als Reaktormetall und Baustoff in der Raketen- lingsachse
92 5 · Sulfide, Arsenide und komplexe Sulfide (Sulfosalze)
Abb. 5.13.
Kristallstruktur von Pyrit
(s. Text)
Chemismus. Arsenopyrit zeigt häufig Abweichungen im Vorkommen. Bisweilen auf hydrothermalen Gängen und
Verhältnis As : S gegenüber der theoretischen Formel. metasomatischen Verdrängungslagerstätten (Skarnerze).
Darüber hinaus kann Fe durch Co oder Ni diadoch er-
setzt sein. Ähnlich wie Pyrit enthält Arsenopyrit nicht Bedeutung. Wichtiges Co-Erzmineral.
selten Einschlüsse von ged. Au.
Verwendung von Kobalt. Legierungsmetall (Hochtempe-
Vorkommen. Verbreitet in hydrothermalen Gängen. raturlegierungen), Metallurgie: Stahlveredler (Bestand-
teil verschleißfester Werkzeugstähle), im Chemiebereich
Bedeutung. Arsenopyrit ist das wichtigste As-Erzmineral. (Farben, Pigmente, Glasuren, Katalysatoren).
94 5 · Sulfide, Arsenide und komplexe Sulfide (Sulfosalze)
Ausbildung. Kristallklasse 2/m2/m2/m, Kristalle prisma- Ausbildung. Rhombisch, kleine Kristalle, unter dem Erz-
tisch entwickelt, meistens körnige bis stängelige Aggre- mikroskop feiner Lamellenbau und zudem verzwillingt.
gate, derbe Massen. Keine sternförmigen Drillinge wie bei Safflorit.
Chemismus. Das Fe/As-Verhältnis schwankt gegenüber Ausbildung. Kristallklasse 2/m3, Kristallformen: Würfel,
der idealen chemischen Formel. Häufig Gehalte an S, Sb, Oktaeder, seltener Rhombendodekaeder und Pentagon-
Co und Ni. Goldgehalte gehen auf winzige Einschlüsse dodekaeder {210} sowie deren Kombinationen. Meistens
zurück. massig in dichtem bis körnigem Erz.
Tabelle 5.4.
Arsen-Sulfide
Tabelle 5.5.
Wichtige Sulfosalze
Weiterführende Literatur
Abb. 5.18. Kristalltrachten bei Fahlerz; a Kombination Tetraeder {111}
mit Tristetraeder {211}; b Tristetraeder {211}; c Kombination zweier Anthony JW, Bideaux RA et al. (1990) Handbook of mineralogy, vol I:
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Der nicht seltene Silbergehalt kann 2–4 %, im Freibergit Strunz H, Nickel EH (2001) Strunz mineralogical tables, 9th edn.
bis 18 % betragen. Hg kann im Schwazit bis zu 17 % aus- Schweizerbart, Stuttgart
machen, der so ein wichtiges Hg-Erzmineral darstellt. Vaughan DJ (ed) (2006) Sulfide mineralogy. Rev Mineral Geochem 61
6
Halogenide
Die Minerale dieser Klasse enthalten in ihren Strukturen große elektronegativ gela-
dene Halogenionen Cl–, F–, Br– und J–. Diese sind mit ebenfalls relativ großen Kat-
ionen von niedriger Wertigkeit koordiniert; der Bindungscharakter ist bevorzugt
–
heteropolar. Ihre Strukturen besitzen z. T. die höchstmögliche Symmetrie 4/m32/m,
so die Minerale Halit, Sylvin und Fluorit. Die Minerale dieser Klasse sind farblos
oder allochromatisch, d. h. durch Fremdionen oder Fremdeinschlüsse gefärbt. Sie
besitzen eine geringe Dichte, niedrige Lichtbrechung, einen relativ schwachen
Glanz und sind teilweise leicht in Wasser löslich.
Tabelle 6.1.
Die wichtigsten Halogenide
Sylvin, KCl
Chemismus. In den Salzlagerstätten enthält Sylvin nur sehr minerale. Dadurch wird ein Teil des Ca2+
wenig Na. Jedoch können Sylvin und Halit als Sublimati- zu metallischem Ca reduziert, das in kol-
onsprodukt an Kraterrändern von Vulkanen bei Bildungs- loidaler Verteilung als farbgebendes Pig-
temperaturen über 500 °C eine lückenlose Mischkristall- ment wirkt. F– wird zu F2-Gas oxidiert,
reihe bilden. Cl– im Sylvin kann bis zu 0,5 % durch Br– das beim Zerschlagen dieser Fluorite ent-
ersetzt sein. Der Einbau von Rb oder Cs anstelle von K weicht, z. B. beim sog. Stinkspat von Wöl-
geht über Spuren nicht hinaus. sendorf in der bayerischen Oberpfalz
Glanz Glasglanz, durchscheinend bis durch-
Vorkommen. In Evaporiten und als Sublimationspro- sichtig
dukt von Vulkanen. Sylvinit ist ein Gestein aus Sylvin und
Halit. Struktur. Die Ca2+-Ionen bilden einen flächenzentrier-
ten Würfel, dessen Achtelwürfel durch die F –-Ionen
Wirtschaftliche Bedeutung. Sylvin als Gemengteil von Kalisal- zentriert sind, d. h. diese bilden einen einfachen Würfel
zen ist Ausgangsprodukt für ein hochwertiges Kalidünger- von halber Kantenlänge (Abb. 6.5). Ca2+ ist dabei wür-
salz; er ist Rohstoff in der chemischen Industrie zur Her- felförmig von 8 F– und F– tetraedrisch von 4 Ca2+ um-
stellung von Kaliverbindungen und bei der Glasherstellung. geben. Die vollkommene Spaltbarkeit nach {111} ver-
läuft // zu den Netzebenen, die nur mit einer Ionenart
Fluorit (Flussspat), CaF2 besetzt sind.
Ausbildung. Kristallklasse 4/m32/m, gut ausgebildete kubi- Chemismus. In Yttrofluorit und Cerfluorit wird Ca2+ teil-
sche Kristalle sind häufig, vorwiegend Würfel {100}, weise durch Y3+ bzw. Ce3+ ersetzt, wobei der Ladungs-
(Abb. 6.3, 6.4) bisweilen kombiniert mit {111}, {110}, ausgleich durch zusätzlichen Einbau von der F– auf freie
Tetrakishexaeder und Hexakisoktaeder, seltener {111} oder Gitterplätze erreicht wird; man spricht daher von Addi-
{110} allein, weiterhin {100} als Durchdringungszwillinge tions-Baufehlern.
nach (111) (Abb. 6.3). Zonarbau. Derb in spätigen bis fein-
körnigen, auch farbig gebänderten Aggregaten.
Physikalische Eigenschaften.
Spaltbarkeit {111} vollkommen
Härte 4 (Standardmineral der Mohs-Skala)
Dichte 3,0–3,5
Farbe fast in allen Farben vorkommend, ins-
besondere grün (Abb. 2.1, S. 34), violett,
gelb, farblos (Abb. 6.4), auch schwarz-
violett. Meist sind die Farben blass. Farb-
ursache unterschiedlich: entweder durch
Spurenelemente, Baufehler in der Struk-
tur oder radioaktive Einwirkung. Viele
Fluorite zeigen im UV-Licht eine starke
Fluoreszenz, bedingt durch den Eintritt
von geringen Mengen an Seltenerd-Ele-
menten in die Struktur anstelle des Ca2+.
Die tiefblauen bis schwarz-violetten Flu-
orite verdanken ihre Farbe der radioak-
tiven Strahlung eingewachsener Uran-
Abb. 6.3.
Fluorit-Würfel {100}, Durch-
dringungszwilling nach (111)
Abb. 6.4. Fluorit mit würfeliger Tracht {100}. Grube Clara, Schwarz-
wald. Bildbreite 2 cm. Mineralogisches Museum der Universität
Würzburg. (Foto: K.-P. Kelber)
102 6 · Halogenide
7.1 In der Klasse der Oxide bildet der Sauerstoff Verbindungen mit ein, zwei oder meh-
M2O-Verbindungen reren Metallen. In ihren Kristallstrukturen liegen im Unterschied zu den Sulfiden
jeweils annähernd Ionenbindungen mit teilweise Übergängen zur homöopolaren
7.2 Bindung vor.
M3O4-Verbindungen Durch Unterschiede in ihrem Metall-Sauerstoff-Verhältnis M : O zeichnen sich
mehrere Verbindungstypen ab, wie M2O, MO, M2O3 und MO2. Neben diesen ein-
7.3 fachen Oxiden gibt es kompliziertere oxidische Verbindungen mit zwei oder
M2O3-Verbindungen mehreren Metallionen wie X[4]Y2[6]O4, die als Spinelltyp bezeichnet werden. Im
gewöhnlichen Spinell besetzt Mg2+ die tetraedrisch koordinierte Position von X
7.4 und Al3+ die oktaedrisch koordinierte Position von Y, im Magnetit (Fe3O4) neh-
MO2-Verbindungen men (Fe2+, Fe3+) die Position von X und (Fe3+, Fe2+) die Position von Y ein. Die
wichtigsten Vertreter der Oxide sind in Tabelle 7.1 aufgeführt.
7.5
Hydroxide
Tabelle 7.1.
Wichtige Vertreter der Oxide und
Hydroxide. In der Natur sind Me-
tallgehalte durch den Einbau von
Fremdionen oder mechanische
Beimengungen meist geringer als
die hier angegebenen theoreti-
schen Werte
Bedeutung. Cuprit ist weit verbreitet, jedoch nur lokal ein Vorkommen. Chrysoberyll kommt in Al-reichen Pegma-
wichtiges Cu-Erzmineral. titen und in metasomatisch veränderten Karbonat-
gesteinen (Skarnen) vor; Alexandrit bildet sich zusam-
7.2 7.2 men mit Smaragd (S. 157) in sog. Blackwalls, d. h. in
M3O4-Verbindungen fast reinen Biotitschiefern, die sich durch metasoma-
tischen Stoffaustausch im Kontaktbereich von Serpen-
Chrysoberyll, BeAl2O4 tiniten mit Graniten, Granitgneisen oder Pegmatiten bil-
den (Abschn. 26.6.1, S. 457f), z. B. an der Tokowoja im
Ausbildung. Kristallklasse 2/m2/m2/m, Kristalle dick- Ural (Russland).
tafelig nach der Fläche {010}, die meist eine deutliche
Streifung aufweist; daneben {010}, {001}, {101}, {012}; Bedeutung. Chrysoberyll-Katzenauge und Alexandrit
{111} ist oft groß entwickelt. Habitus und Flächenwinkel sind geschätzte Edelsteine.
sind ähnlich wie bei Olivin (S. 146). Zwillinge häufig nach
{103} mit einem Winkel nahe 60°. Spinell-Gruppe
Durchdringen sich drei Zwillinge dieser Art, so können
scheinbar hexagonale Dipyramiden entstehen (Abb. 7.1). Eine große Zahl von Oxid-Mineralen, einige Sulfide (z. B.
Linneit Co3S4) und zahlreiche Kunstprodukte kristal-
lisieren in der Spinellstruktur. Diese ist sehr flexibel und
kann mindestens 30 verschiedene Elemente mit Wertig-
keiten von +1 bis +6 als Kationen aufnehmen. Kennzeich-
nend für die Spinellstruktur ist eine kubisch-dichteste
Kugelpackung der O-Ionen. In einer solchen existieren
(bezogen auf 32 Sauerstoffe) insgesamt 64 tetraedrische
und 32 oktaedrische Lücken, von denen in der Spinell-
struktur jedoch nur 8 Tetraeder- und 16 Oktaeder-
Lücken besetzt sind (Abb. 7.2). Bei den Normal-Spinel-
a b len mit dem Formeltyp X[4]Y[6]2O4 werden die 8 Tetra-
Abb. 7.1. Durchwachsungsdrillinge von a Chrysoberyll von Esperito
ederplätze von 2-wertigen, die 16 Oktaederplätze von
Santo (Brasilien) und b Alexandrit von Novello Claims (Simbabwe). 3-wertigen Kationen besetzt; natürliche Beispiele sind
Sammlung Professor Dr. H. Bank (Idar-Oberstein). (Foto: K.-P. Kelber) Chromit Fe2+Cr3+ 2+ 3+
2 O4, Magnesiochromit Mg Cr2 O4 und
7.2 · M3O4-Verbindungen 105
Aluminatspinelle
Hercynit Fe2+Al3+
2 O4. Bei den natürlichen Invers-Spinel- Physikalische Eigenschaften.
len mit dem Formeltyp Y[4][X[6]Y[6]]O4 dagegen wer- Spaltbarkeit nach {111} kaum deutlich
den die Tetraederplätze meist von 3-wertigen Kationen, Bruch muschelig
die Oktaederplätze von 2- und 3-wertigen Kationen be- Härte 7½–8
setzt, z. B. Magnetit Fe3+[Fe2+Fe3+]O4, Magnesioferrit Dichte 3,8–4,1
Fe3+[Mg2+Fe3+]O4 und Jacobsit Fe3+[Mn2+Fe3+]O4; der in- Farbe, Glanz in vielen Farben durchsichtig bis durch-
verse Ulvöspinell hat die Strukturformel Fe2+[Ti4+Fe2+]O4. scheinend, hiernach Varietäten: Edler
Spinell, besonders rot mit Spuren von Cr,
Der Antispinell-Strukturcharakter von Magnetit lässt sich aus seinem
aber auch blau oder grün. Hercynit
magnetischen Moment (Abschn. 1.4.4, S. 18f) ableiten, dass (reduziert
auf den absoluten Nullpunkt = 0 K) 4,07 μB beträgt. Wir erinnern uns, (FeAl2O4) und Pleonast, ein Mischkris-
dass Fe2+ ein magnetisches Moment mit einem Bohr’schen Magneton tall der Zusammensetzung (Mg,Fe2+)
von 4 μB, Fe3+ dagegen von 5 μB besitzt (Tabelle 1.3, S. 19). Wäre Mag- (Al,Fe3+)2O4, schwarz, in dünnen Split-
netit ein Normalspinell mit der Strukturformel Fe2+Fe3+ 2 O4, so wären tern grün durchscheinend. Picotit (Chrom-
die Tetraederplätze mit 8 Fe2+ besetzt, deren magnetische Momente spinell) (Fe 2+ , Mg) (Al,Cr,Fe 3+ ) 2 O 4 ,
sich zu 8 × 4 μB = 32 μB addierten; für die 16 mit Fe3+ besetzten
Oktaederplätze ergäben sich 16 × 5 μB = 80 μB mit entgegengesetzter schwarz, in dünnen Splittern bräunlich
Spinrichtung. Aus der Differenz würde sich ein gesamtes magneti- durchscheinend; meist Glasglanz
sches Moment von 48 μB oder – bezogen auf 4 Sauerstoffe – 6 μB, d. h.
ein viel zu hoher Wert errechnen. Fasst man dagegen Magnetit als Vorkommen. Überwiegend in metamorphen Gesteinen,
Invers-Spinell mit der Strukturformel Fe3+[Fe2+Fe3+]O4 auf, so erhält sekundäre Anreicherung in Seifen.
man für die Tetraederplätze 8 × 5 μB = 40 μB, für die Oktaederplätze
8 × 4 μB + 8 × 5 μB = 72 μB. Als Differenz erhält man dann einen theo-
retischen Wert von 32 μB bzw. 4 μB, der dem gemessenen magnetischen Bedeutung. Der tiefrot gefärbte edle Spinell ist ein wert-
Moment sehr nahe kommt. voller Edelstein. Nach dem Schmelztropf-Verfahren des
französischen Chemiker Verneuil lassen sich birnenför-
Viele Spinelle sind wahrscheinlich Übergangstypen zwi- mige Spinell-Einkristalle in allen Farben synthetisieren.
schen der normalen und der inversen Kationenverteilung,
so ist Spinell MgAl2O4 zu etwa ¿ ein Invers-Spinell. Im Magnetit (Magneteisenerz), Fe3O4
Folgenden werden daher nur die vereinfachten Mineral-
formeln angegeben. Als 2-wertige Kationen können sich Ausbildung. Die kubischen Kristalle weisen vorwiegend Ok-
in den natürlichen Spinellen Mg2+, Fe2+, Zn2+ oder Mn2+, taeder {111} auf (Abb. 2.9, S. 39), seltener {110} oder die Kom-
als 3-wertige Kationen Al3+, Fe3+, Mn3+ oder Cr3+ gegen- bination zwischen beiden. Zwillinge nach dem Spinellgesetz.
seitig diadoch ersetzen. Dabei besteht eine vollkommene Im Übrigen meist als derb-körniges Erz, daneben akzesso-
Mischbarkeit zwischen den 2-wertigen, eine nur wenig rischer Gemengteil in verschiedenen Gesteinen. Martit ist
vollkommene zwischen den 3-wertigen Kationen. Die viel- eine Pseudomorphose von Hämatit nach Magnetit.
106 7 · Oxide und Hydroxide
Physikalische Eigenschaften. allerdings, dass der Lavastrom nicht zu einem späteren Zeit-
Spaltbarkeit Teilbarkeit nach {111} angedeutet punkt wieder über die Curie-Temperatur aufgeheizt wur-
Bruch muschelig, spröde de. Wird z. B. im Zuge einer Gesteinsmetamorphose (vgl.
Härte 6 Kap. 26) der Basalt in Amphibolit umgewandelt, so spie-
Dichte 5,2 geln die Magnetit-Kriställchen den magnetischen Zustand
Farbe, Glanz schwarz, stumpfer Metallglanz, bis- zum Zeitpunkt der erneuten Abkühlung auf unter 573 °C
weilen blaugraue Anlauffarben, opak nach dem Höhepunkt des metamorphen Ereignisses wider.
Strich schwarz Neuerdings ermöglichen auch Sedimente mit magne-
Besondere Eigenschaft stark ferromagnetisch totaktischen Bakterien paläomagnetische Messungen.
Chemismus. Gesamt-Fe bis 72,4 %, häufig etwas Mg oder Mn2+ Chromit (Chromeisenerz), FeCr2O4
für Fe2+ und Al, Cr, Mn3+, Ti4+ + Fe2+ für Fe3+. Bei Abkühlung
Ti-reicher Magnetite (Titanomagnetite) entmischt sich die Ausbildung. Gewöhnlich körnig-kompaktes Erz bildend,
Ulvöspinell-Komponente; oft kommt es zur Ausscheidung auch eingesprengt in ultramafischen Gesteinen in schlie-
von Ilmenit-Lamellen // {111} nach der Oxidationsreaktion ren- oder kokardenförmigen Aggregaten. Nur ganz sel-
ten treten kleine kubische Kristalle nach {111} auf.
(7.1)
Physikalische Eigenschaften.
Bei sehr schneller Abkühlung in vulkanischen Gestei- Spaltbarkeit fehlt
nen unterbleibt aber häufig diese Entmischung. Bruch muschelig, spröde
Härte 5½
Vorkommen. Als Differentiationsprodukt basischer Magma- Dichte 4,6
tite bedeutende Eisenerzlagerstätten bildend; akzessori- Farbe, Glanz schwarz bis bräunlichschwarz, fettiger
scher Gemengteil in vielen Gesteinen, kontaktmetasoma- Metallglanz bis halbmetallischer Glanz, in
tisch in Skarnen, daneben metamorph aus anderen Fe- dünnen Splittern braun durchscheinend
Mineralen, gemeinsam mit oder anstelle von Hämatit in Strich stets dunkelbraun
gebänderten Eisensteinen, z. B. Itabiriten. Magnetit und
der mit ihm isostrukturelle Thiospinell Greigit Fe2+Fe3+
2 S4 Chemismus. Zusammensetzung schwankend, bis 46,5 %
werden in die Zellen von magnetotaktischen Bakterien Cr, Mischkristallbeziehungen zu Picotit (Mg,Fe 2+ )
eingebaut; daraus resultiert ihre Fähigkeit, sich im Mag- (Cr,Al,Fe3+)2O4.
netfeld der Erde auszurichten und entlang der Feldlinien
zu wandern. Greigit bildet sich sedimentär im Sauerstoff- Vorkommen. In band- oder nesterförmiger Anordnung in
freien (anaeroben) Milieu und kann als Vorläufer-Phase ultramafischen Gesteinen, dort als magmatisches Diffe-
für die sedimentäre Bildung von Pyrit dienen. rentiat entstanden (Abschn. 21.2.1, S. 326f), z. B. im Bush-
veld-Komplex, Südafrika, aus dem 2007 5 500 Mill. t
Bedeutung. Wichtigstes Eisenerzmineral. Das Vorkommen Chrom, d. h. 72,4 % der Weltproduktion gefördert wur-
von Magnetit in magmatischen und metamorphen Gestei- den. Auch als kompakter Chromeisenstein. Sekundär als
nen ermöglicht paläomagnetische Untersuchungen; so sind Seifenmineral, gelegentlich zusammen mit ged. Platin.
die Streifenmuster am Ozeanboden, durch die man das Sea
Floor Spreading erkannt hatte, durch den Magnetit-Gehalt Bedeutung. Das einzige wirtschaftlich wichtige Cr-Erz-
in ozeanischen Basalten bedingt. Beim Erstarren eines Ba- mineral.
salt-Lavastroms werden die Magnetit-Kriställchen, die in
der Lava fein verteilt sind, unter ihre Curie-Temperatur von Verwendung. Stahlveredler. Chromstähle sind Legierungen
578 °C abgekühlt. Sie gehen vom paramagnetischen in den von Cr und Fe (Ferrochrom mit 45–95 % Cr), oft unter Zu-
ferromagnetischen Zustand über, wobei sich die Fe2+- und satz von Ni; galvanische Verchromung, feuerfeste Chromit-
Fe3+-Atome mit ihren vier bzw. fünf ungepaarten 3d-Elek- magnesitsteine, Cr-Salze für Pigmente in Farben und Lacken.
tronen parallel ausrichten (vgl. Abschn. 1.2.4, S. 19), und
7.3 zwar zunächst in einzelnen Domänen der Kristallstruktur. 7.3
Unter der Einwirkung des äußeren magnetischen Erdfeldes M2O3-Verbindungen
werden die magnetischen Momente der Magnetite im ge-
samten Lavastrom parallel ausgerichtet. Durch diese Die O-Ionen bilden eine (annähernd) hexagonal
thermoremanente Magnetisierung können die Orientierung dichte Kugelpackung und die Kationen, z. B. Al3+,
des Erdmagnetfeldes sowie die Inklination – und damit die Fe3+ oder Ti4+, besetzen À der dazwischenliegenden
geographische Breite – zum Zeitpunkt der vulkanischen oktaedrischen Lücken, in denen sie jeweils 6 O als
Förderung abgelesen werden. Voraussetzung hierfür ist nächste Nachbarn haben.
7.3 · M2O3-Verbindungen 107
Abb. 7.4.
–
Flächenkombination von Korund: Dipyramiden {2241},
– –
{2243}, Rhomboeder {1011}, Basispinakoid {0001}
metamorphen Kalksteinen (z. B. im Hunzatal, Kaschmir) der Schmuckindustrie Verwendung, sondern in zunehmen-
und Dolomiten, seltener auch in Gneisen (z. B. die Rubine dem Maße auch in der elektronischen und optischen In-
von Morogoro, Tansania, Abb. 7.3); der attraktive Rubin- dustrie, sowie in der Medizintechnik, z. B. als Rubin-Laser.
Zoisit-Amphibolit von Longido (Tansania) wird als Deko-
rationsstein poliert. Wirtschaftlich wichtiger ist das Vorkom- Hämatit (Eisenglanz, Roteisenerz), Fe2O3
men in Edelsteinseifen, in denen Rubin und Saphir wegen
–
ihrer Härte und Verwitterungsbeständigkeit sekundär an- Ausbildung. Kristallklasse 32/m wie Korund. Hämatit kommt
gereichert werden. Die klassischen Rubin-Lagerstätten im in rhomboedrischen, bipyramidalen und tafeligen Kristal-
Raum Mogok (Burma = Myanmar) stehen vermutlich seit len vor, die oft außerordentlich formenreich sind (Abb. 7.6,
Jahrhunderten im Abbau und liefern Rubine von Spitzen- 7.7). Als Flächen treten besonders auf: die Rhomboeder
– –
qualität. Wichtige Seifen-Lagerstätten für Rubin und Saphir {1011} und {1014} und ein hochindiziertes ditrigonales
–
liegen in Thailand und in Sri Lanka. Skalenoeder {224 3}. Infolge polysynthetischer Verzwil-
–
Ein weiteres burmesisches Vorkommen bei Möng-Hsu lingung nach dem Rhomboeder {1011} sind die Basisflächen
wird seit den frühen 1990er Jahren abgebaut, erbringt aber {0001} gewöhnlich mit einer Dreiecksstreifung bedeckt. Der
nur Korunde, die wegen ihrer wenig ansprechenden Blau- Formenreichtum der Hämatitkristalle geht auf unterschied-
färbung unverkäuflich sind und durch thermische Behand- liche Bildungsbedingungen zurück. Bei niedriger Tempe-
lung in Rubin umgewandelt werden müssen (Rossman 2009). ratur herrscht z. B. dünntafeliger Habitus vor. Noch niedri-
ger sind die Temperaturen für die aus Gelen entstandenen
Korund als Rohstoff und Edelstein. Korund findet wegen sei- nierig-traubigen Formen mit radial-stängeligem bis radial-
ner großen Härte Verwendung als Schleifmittel (Korund- strahligem Aufbau anzusetzen. Mit ihrer stark glänzenden
schleifscheiben, Schleifpulver, Smirgelpapier). Die edlen Oberfläche werden sie als Roter Glaskopf bezeichnet. Ver-
Varietäten Rubin und Saphir sind wertvolle Edelsteine. An- breitet tritt Hämatit besonders in derben, körnigen, blätt-
stelle des natürlichen Korunds wird heute körniger Korund rig-schuppigen oder auch dichten sowie erdigen Massen
durch elektrisches Schmelzen tonerdereicher Gesteine, ins- auf. Solche tonhaltigen erdigen Massen bezeichnet man als
besondere von Bauxit, hergestellt. Allerdings wird Korund Rötel, früher als Farberde verwendet.
schon seit einiger Zeit zunehmend durch das härtere Carbo-
rundum, SiC, ersetzt. Rubin und Saphir werden mit allen
Eigenschaften natürlicher Steine seit langem nach dem
Schmelztropfverfahren von Verneuil synthetisch hergestellt.
Bei diesem großindustriellen Verfahren können in beliebi-
ger Menge und Farbe birnenförmige Einkristalle bis zu etwa
6–8 cm Länge gezüchtet werden. Ihr Preis ist dramatisch
geringer als bei natürlichen Steinen gleicher Qualität.
So erzielte 2006 ein burmesischer Rubin von 8,62 Karat
(= 1,72 g) im Auktionshaus Christie’s den Rekordpreis von
3,6 Millionen US$, was einem Karat-Preis von 420 000 US$
entspricht! Demgegenüber ist ein synthetischer Verneuil-
Rubin von gleicher Qualität und einem Gewicht von 6 Ka-
rat (= 1,2 g) schon für 650 US$ per Karat zu haben (Kane
2009). Wesentlich teurer ist die Herstellung von Rubinen
und Saphiren durch Hydrothermal-Synthese oder mit Fluss-
mittel-Verfahren (vgl. Abschn. 2.6, S. 52), bei denen zudem
nur wesentlich kleinere Kristalle gezüchtet werden können.
Die Jahresproduktion von Verneuil-Korunden liegt bei etwa
900 t. Industriell hergestellte Korunde finden nicht nur in
Vorkommen. In hydrothermalen Gängen, metasomatisch an Bedeutung. Ilmenit ist ein wichtiges Ti-Erzmineral.
Kalksteine gebunden (z. B. Insel Elba), als Hauptgemeng-
teil in gebänderten Eisensteinen (Jaspilit und Itabirit), als Titan als metallischer Rohstoff. Ti-haltige Spezialstähle und
Nebengemengteil in metamorphen, seltener auch magma- Legierungen mit Fe (Ferrotitan) für Flugzeugbau und
tischen Gesteinen, als vulkanisches Exhalationsprodukt, auf Raumfahrt. Herstellung von Titanweiß, eine Farbe von
alpinen Klüften. Sekundär aus Magnetit (Martit); durch Ver- außergewöhnlicher Deckkraft, sowie von Glasuren. Als
witterungsvorgänge langsamer Übergang in Limonit. Eisenerz sind Ilmenit-führende Erze nicht geschätzt, weil
Titan die Schlacke bei der Verhüttung des Erzes sehr vis-
Bedeutung. Als Roteisenerz bzw. Roteisenstein wichtiges kos macht.
Eisenerz zur Gewinnung von Stahl und Gusseisen, Ver-
wendung von Roteisen als Pigment, Polierrot und roter Perowskit, CaTiO3
Ockerfarbe; Rötel ist ein Gemenge aus Ton und Hämatit,
bei Naturvölkern zur Körperbemalung, in der Kunst zum Ausbildung. Kristallklasse 2/m2/m2/m, aber nur wenig
Zeichnen verwendet. von der kubischen Symmetrie abweichend, würfelige, ok-
taedrische oder skelettförmig verzweigte Kristalle
Ilmenit (Titaneisenerz), FeTiO3
Physikalische Eigenschaften.
Ausbildung. Kristallklasse 3. Trigonal-rhomboedrische Spaltbarkeit {100} ziemlich deutlich
Kristalle mit wechselnder Ausbildung, rhomboedrisch bis Härte 5½
dicktafelig (keine Skalenoeder oder hexagonale Dipyra- Dichte 4,0
miden wie bei Hämatit). Polysynthetische Verzwillingung Farbe, Glanz undurchsichtig bis durchscheinend,
nach {1011} ähnlich wie bei Hämatit. Gewöhnlich derb in schwarz, rötlichbraun, orangegelb oder
körnigen Aggregaten, als akzessorischer Gemengteil im Ge- honiggelb, Diamantglanz
stein, in dünnen glimmerartigen Blättchen lose in Sanden. Strich grauweiß bis farblos
110 7 · Oxide und Hydroxide
Physikalische Eigenschaften.
Spaltbarkeit {110} vollkommen
Struktur. Perowskit bildet einen mineralogisch wie technisch Bruch muschelig, spröde
sehr wichtigen Strukturtyp, der durch eine sehr hohe Härte 6–6½
Packungsdichte gekennzeichnet ist (Abb. 7.8). Ti ist oktae- Dichte 4,2–4,3
drisch, also mit 6 Sauerstoffen koordiniert; in den Lücken Farbe, Glanz dunkelrot, braun bis gelblich, seltener
zwischen den eckenverknüpften TiO6-Oktaedern sitzt das schwarz, blendeartiger Diamantglanz,
große Ca, das jeweils von 12 Sauerstoffen umgeben ist. Im durchscheinend, Lichtbrechung sehr
Gegensatz zur idealen kubischen Struktur sind die TiO6- hoch, etwa vergleichbar mit derjenigen
Oktaeder etwas verkippt. Die Position der großen Katio- von Diamant
nen X kann von über 20 Elementen wie Ca2+, Ba2+, Pb2+, K+, Strich gelblich bis bräunlich
die der kleinen Kationen Y von fast 50 Elementen wie Ti4+,
Zr4+, Sn4+, Nb5+, Ga3+ eingenommen werden. Struktur. In der Rutilstruktur sind die Ti-Ionen in annähernd
gleichen Abständen von 6 O-Ionen oktaedrisch umgeben.
Chemismus. Natürlicher Perowskit kann beachtliche Men- Die Sauerstoff-Oktaeder sind über diagonale Kanten // (001)
gen an Seltenerd-Elementen oder Alkalien anstelle von miteinander verknüpft und bilden unendliche Ketten // der
Ca, sowie Nb anstelle von Ti einbauen. c-Achse. Zwischen diesen deformierten Ketten besteht
jeweils nur eine Verknüpfung durch das O-Ion einer gemein-
Vorkommen. Akzessorisch in alkalireichen Magmatiten, samen Oktaederecke (Abb. 7.9). TiO2 ist trimorph. In der
in Karbonatiten, Kimberliten und Pyroxeniten, lokal zu Natur kommen neben Rutil die beiden Minerale Anatas und
bauwürdigen Ti-Lagerstätten angereichert, z. B. in Baga- Brookit vor, wenn auch in geringerer Verbreitung.
gem, Brasilien.
Chemismus. Manche Rutile weisen beträchtliche Gehalte
Bedeutung. Während Perowskit CaTiO3 als Ti-Erz nur lo- an Fe2+, Fe3+, Nb und Ta auf. Durch Ersatz von Ti4+ durch
kale Bedeutung erlangt, baut (Mg,Fe)SiO3 mit Perowskit- Fe2+ wird der elektrostatische Valenzausgleich für den Ein-
Struktur über 70 Vol.-%, CaSiO3-Perowskit ca. 7 Vol.-% tritt von Nb5+ und Ta5+ in die Rutilstruktur ermöglicht.
des unteren Erdmantels auf; Silikat-Perowskite sind da-
mit die wichtigsten Minerale der Erde (Abschn. 29.3.4, Vorkommen. Akzessorisch in zahlreichen Gesteinen, oft als
S. 532f). Unterschiedlich zusammengesetzte Perowskite mikroskopischer Gemengteil, als dünne Nädelchen in Ton-
mit piezoelektrischen Eigenschaften werden in großem schiefern und Phylliten, in höher metamorphen Gesteinen
Umfang technisch hergestellt und bilden die Grundlage in größeren Kristallen, so auch in gewissen Pegmatiten. San-
für Elektrokeramiken. Je nach chemischer Zusammenset- de und Sandsteine enthalten Rutil häufig als Schwermineral.
zung reicht ihr Verwendungsspektrum von Nichtleitern
(Isolatoren) über Halbleiter zu metallischen Leitern und Bedeutung. Rutil ist ein wichtiges Ti-Mineral. Gelegent-
Hochtemperatur-Supraleitern. Der künstliche Perowskit lich Rohstoff zur Gewinnung von Ti-Metall (über TiCl4);
SrTiO3 dient unter dem Namen Fabulit als Diamant-Ersatz. Herstellung von TiN, verwendet als Hartwerkstoff, als
goldfarbener Überzug von Werkzeugen zur spanenden
7.4 7.4 Bearbeitung, als Modeschmuck.
MO2-Verbindungen
Abb. 7.9.
Rutil-Struktur mit Ketten
Zu den wichtigsten Vertretern der MO2-Verbindun- von TiO6-Oktaedern. (Nach
gen gehören die SiO2-Minerale, insbesondere der Lindsley 1976)
Quarz. Nach ihrer Kristallstruktur gehören sie je-
doch eher zu den Gerüstsilikaten und werden daher
dort behandelt (Abschn. 11.6.1, S. 179ff).
7.4 · MO2-Verbindungen 111
Physikalische Eigenschaften.
Spaltbarkeit an Kristallen deutlich nach {110}
Bruch muschelig, spröde
Härte 6–6½ bei gut ausgebildeten Kristallen
(„Polianit“), 2–6 bei derbem Pyrolusit
Dichte 5,2 für Kristalle, <5 bei derbem Pyrolusit
Abb. 7.10. Kassiterit: a kurzsäuliger Habitus; b, c Zwillinge nach (011) Farbe, Glanz dunkelgrau, Metallglanz, opak
(sog. Visiergraupen); d „Nadelzinn“ nadelförmig nach der c-Achse Strich schwarz
112 7 · Oxide und Hydroxide
Struktur. Rutiltyp (Abb. 7.9), Mn befindet sich in oktaed- Manganoxide, z. B. Kryptomelan, könnten zur Dekon-
rischer Koordination mit O. taminierung von Grubenwässern und industriellen
Abwässern eingesetzt werden, um Schwermetall-
Chemismus. Mn-Gehalt bis rund 63 %, meist zahlreiche Kationen wie Co2+, Zn2+ und Cd2+ zu absorbieren.
fremde Beimengungen enthaltend, die z. T. absorptiv an- Durch photokatalytische Oxidation (z. B. Birnessit,
gelagert sind, häufig auch bis zu 1–2 % H2O, daher die Todorokit) könnten Böden verbessert und Umwelt-
unterschiedlichen physikalischen Eigenschaften. schäden behoben werden.
Auch das Ionenaustauschvermögen von Manganaten
Vorkommen. Bestandteil von Verwitterungserzen, oft ne- und anderen Oxiden mit Tunnelstrukturen ist vielfäl-
ben Limonit, sedimentär. tig nutzbar.
Mn als metallischer Rohstoff. Vor allem Stahlveredler (Spie- Ausbildung. Kristallklasse 4/m32/m, {111} auch mit {100}
geleisen und Ferromangan), Legierungsmetall mit an- und {110} kombiniert als Uraninit; jedoch sind gut ausge-
deren Metallen, Entschwefelung im Eisenhüttenprozess, bildete Kristalle selten. Gewöhnlich derb, oft mit traubig-
Rohstoff in der chemischen Industrie und der Elektro- nieriger, stark glänzender Oberfläche als Uranpecherz.
industrie (Trockenelemente), Entfärben von Glas.
Physikalische Eigenschaften.
Manganate mit Tunnelstrukturen Spaltbarkeit {111} deutlich
Bruch muschelig, spröde
Struktur. Diese Minerale bestehen aus ringförmig angeord- Härte 5–6
neten Doppelketten (mit quadratischen oder rechteckigen Dichte entsprechend dem Atomgewicht von U
Querschnitten) von [MnO6]-Oktaedern, in denen Katio- sehr hoch: 10,6, jedoch mit zunehmen-
nen wie K, Ba, Pb oder auch H2O sitzen, z. B. Romanèchit dem geologischen Alter auf 9–7,5 sin-
(Ba,H 2 O)Mn 5 O 10 , Hollandit (Ba,K)(Mn,Ti,Fe) 8 O 16 , kend; traubig-nierig ausgebildetes
Kryptomelan KMn8O16, Coronadit PbMn8O16, Todorokit Uranpecherz hat 6,5–8,5
(Na,Ca,K,)(Mn,Mg,Al)6O12 · 3–4H2O ( zeigt an, dass Farbe, Glanz schwarz, halbmetallischer bis pech-
dieser Strukturplatz nicht vollständig besetzt sein muss). artiger Glanz
Strich bräunlichschwarz
Vorkommen. Feinkörnige, nur röntgenographisch bestimm-
bare Gemenge dieser Manganate sowie von Pyrolusit, Man- Besondere Eigenschaft. Stark radioaktiv. Mit dem radioak-
ganit γ -MnOOH, Birnessit (Na0,8Ca0,4)Mn4O8 · 3H2O und tiven Zerfall der Uran-Isotope 238U und 235U entstehen drei
Vernadit δ -(Mn,Fe,Ca,Na)(O,OH) 2 · nH2O bauen die stabile Blei-Isotope (206Pb, 207Pb und 208Pb) neben Helium
Manganknollen in der Tiefsee auf, bilden Überzüge auf (α -Strahler). Die Pb-Menge ist gesetzmäßig abhängig vom
untermeerischen Basalten oder metallhaltige Sedimen- Alter der betreffenden Uraninitprobe. Hierauf basieren die
te an mittelozeanischen Rücken. Erdig-mulmige Massen U-Pb- und die He-U-Methode der isotopischenen Alters-
aus unterschiedlichen Manganoxiden, die häufig Verwit- bestimmung (Abschn. 33.5.3, S. 615f). Unter den Isotopen
terungsrückstände bilden, bezeichnet man als Wad. Psi- der radioaktiven Zerfallsreihe von 238U und 235U befindet
lomelan ist ein Gemenge aus Romanèchit; er kommt – sich insbesondere auch das 226Ra. Das Element Radium, das
wie Pyrolusit – in traubig-nierigen oder zapfenförmigen mit einem konstanten Anteil von 0,34 g / t im Uraninit ent-
Aggregaten vor, die aus Gelen ausgeschieden wurden halten ist, wurde 1898 durch das Ehepaar Curie in der Pech-
(Schwarzer Glaskopf), auch in Form von Ooiden. Braun- blende von St. Joachimsthal (Jachymov, Böhmen) entdeckt.
stein ist ein ungenau definierter technischer Sammelbe-
griff für unterschiedliche Manganoxide. In der etwa 2 Ga alten Uranlagerstätte Okelobondo in Gabun (West-
afrika) liefen spontan nukleare Kettenreaktionen ab, die zu einem
Zerfall von 235U durch Neutroneneinfang führten (Meshik 2006).
Bedeutung. Natürliche und technisch hergestellte Man-
Dabei wirkte einströmendes Grundwasser als Moderator, ähnlich wie
ganate und andere Oxide mit Tunnelstrukturen haben in einem technischen Leichtwasser-Reaktor. Durch Analyse der Xe-
eine beachtliche Mikroporosität, die technisch nutzbar non-Isotopie konnte der komplexe Zerfallsprozess, der über hun-
ist (Pasero 2005): derttausende von Jahren im Zweistundentakt ablief, im Detail re-
konstruiert werden. Die freiwerdende Energie bei der Kernspaltung
So wurde SYNROC, eine synthetische Verbindung der führte zur Erhitzung und zur Verdampfung des Wassers, wodurch
der Prozess nach 30 Minuten zum Stillstand kam; nach 1½ Stunden
Zusammensetzung BaAl2Ti6O18 mit Hollandit-Struk- war genügend Wasser nachgeströmt, um den Prozess erneut in Gang
tur, zur Immobilisierung von radioaktivem Cäsium zu setzen. Die Durchschnittsleistung dieses natürlichen Kernreak-
verwendet (Ringwood et al. 1979). tors betrug vermutlich weniger als 100 kW.
7.5 · Hydroxide 113
Struktur. Die Kristallstruktur des Uraninits entspricht den Uranbedarf für die nächsten 100 Jahre zu decken
dem Fluorittyp (Abb. 6.5). Durch den radioaktiven Ein- (Macfarlane und Miller 2007). Die Verwendung der Uran-
fluss ist die strukturelle Anordnung jedoch meist weit- oxide zur Herstellung von Leuchtfarben und zu fluores-
gehend zerstört. zierendem Glas spielt nur noch eine begrenzte Rolle.
Wegen seiner hohen Dichte wird abgereichertes Uran
Chemismus. Uraninit kristallisiert zunächst als UO 2, als Gegengewicht in Flugzeugen und Hochleistungs-
wird jedoch stets teilweise aufoxidiert, so dass seine tat- segelbooten eingesetzt, außerdem als panzerbrechende
sächliche Zusammensetzung zwischen UO2 und U3O8 Munition.
(= U4+O2 + 2U 6+O3) liegt. U wird z. T. durch Th und Das bei der Verhüttung von Uranerzen gewonnene
Seltenerd-Elemente, besonders Ce diadoch vertreten; Radium wird v. a. in der Medizin verwendet.
durch den radioaktiven Zerfall bilden sich zusätzlich Pb
und He. Dazu enthält Uranpecherz zahlreiche mechani- 7.5 7.5
sche Einlagerungen. Hydroxide
Vorkommen. Gemengteil in Graniten (z. B. Rössing, Nami- Alle Kristallstrukturen der Hydroxide weisen Hydroxyl-
bia), Nephelinsyeniten (z. B. Ilímaussaq, Grönland), Peg- gruppen (OH)– oder H2O-Moleküle auf, wobei die Bin-
matiten (z. B. Bancroft, Ontario) und hydrothermalen dungskräfte generell schwächer als bei den Oxiden sind.
Gängen (Abschn. 23.4.6, S. 358f) und sauren Vulkaniten,
z. B. in den Lagerstätten Strelsovsk (Russland), Dornot
(Mongolei) und Nopal (Mexiko). Die weltweit größten Gibbsit (Hydragillit), γ -Al(OH)3
Uran-Lagerstätten mit insgesamt über 40 % aller Vorräte
liegen im Athabasca-Distrikt (Saskatchewan, Kanada) und Ausbildung. Kristallklasse 2/m, feinfaserig bis schuppig.
im Alligator-River-Distrikt (Nord-Territorium, Australien).
Es handelt sich um hydrothermale Vererzungen, die an die Physikalische Eigenschaften.
Diskordanz zwischen einem kristallinen Grundgebirge und Spaltbarkeit (001) vollkommen
einem Deckgebirge aus klastischen Sedimentgesteinen ge- Härte 2½–3½
bunden sind (Abschn. 23.7, S. 367). Uraninit kommt auch Dichte 2,4
sedimentär als Seifenmineral vor, so im goldführenden Farbe, Glanz farblos, weiß, Glasglanz, auf Spalt-
Quarzkonglomerat vom Witwatersrand in Südafrika und flächen Perlmuttglanz
im Blind-River-Gebiet der Provinz Ontario (Kanada). Uran-
pecherz verwittert sehr leicht. Es wird zunächst zu UO3 oxi- Struktur. Sechserringe von kantenverknüpften Al(OH)6-
diert; danach bilden sich unter Aufnahme von Fremdionen Oktaedern bilden hexagonale Schichten, die untereinander
und H2O leicht lösliche Hydroxide, Karbonate und Sulfate, durch Van-der-Waals-Kräfte verbunden sind (Abb. 7.11).
später schwerer lösliche Phosphate, Arsenate, Vanadate und
Silikate. Alle diese sekundären Uranminerale sind grellbunt
gefärbt, insbesondere gelb, grün oder orange.
Vorkommen. Bestandteil von Bauxit und Laterit, Gemen- Formen mit radialstrahligem Gefüge. In anderen Fällen
gen aus Gibbsit, Böhmit γ -AlOOH und Diaspor sowie derbe, dichte und poröse oder pulverartige Massen
Kaolinit, Quarz, Hämatit, Goethit, Rutil und Anatas. Es bildend. Pseudomorphosen nach verschiedenen Eisen-
handelt sich um Verwitterungsprodukte, die z. T. sekun- mineralen.
där umgelagert sind (Abschn. 24.5.3, S. 376f).
Physikalische Eigenschaften.
Bedeutung. Bauxit ist der wichtigste Rohstoff für die Spaltbarkeit {010} vollkommen
Gewinnung von Al-Metall, ferner für die Herstellung Bruch muschelig
von synthetischem Korund und von Spezialkeramik. Härte 5–5½
Dichte 4,5 im Mittel
Diaspor, α -AlOOH Farbe, Glanz schwarzbraun bis lichtgelb, halb-
metallisch auch seidenglänzend, da-
Ausbildung. Kristallklasse 2/m2/m2/m, tafelig nach (010), neben matt und erdig, in dünnen
fein gestreift oder aufgeraut; größere Kristalle selten, Splittern braun oder gelblich durch-
meist in feinkörnigen Gemengen. scheinend
Strich braun bis gelblich
Physikalische Eigenschaften.
Spaltbarkeit (010) sehr vollkommen, Bruch mu- Struktur. Goethit kristallisiert in der Diaspor-Struktur.
schelig, sehr spröde
Härte recht hoch: 6½–7 Chemismus. Ungefähr 62 % Fe, wechselnder Gehalt an
Dichte 3,4 H2O. Der aus Gelen kristallisierte Goethit (nur noch aus
Farbe, Glanz farblos, weißgrau, grünlich, bräun- seinen äußeren Formen erschließbar) weist in seinen
lich, Glasglanz, auf Spaltflächen Perl- Aggregaten einen durchweg höheren H 2O-Gehalt in
mutterglanz, durchsichtig bis durch- Form von absorbiertem oder kapillarem Wasser auf und
scheinend hat dann die Formel FeOOH · nH2O; dementsprechend
liegt der Fe-Gehalt <62 %. Außerdem sind aus dem
Struktur. Unendliche Doppelketten von Al(O,OH)6-Okta- ehemaligen Gel Verunreinigungen wie z. B. Si, P, Mn, Al,
edern //c, die unter sich durch Wasserstoff-Brücken- V etc. übernommen worden.
bindungen miteinander verknüpft sind (Abb. 7.12).
Vorkommen. Goethit und Lepidokrokit (s. unten) sind ty-
Vorkommen. Bestandteil von Bauxit und Laterit, auch in pische Verwitterungsbildungen; sie treten insbesondere
niedriggradigen metamorphen Bauxiten (Diasporite). im „Eisernen Hut“ von primären Sulfiderz-Lagerstätten
auf, daneben bilden sie marin-sedimentäre Eisenerze
Bedeutung. Bauxit als Al-Erz, Diasporit als Schleif- und (Minette), Bohnerze, Raseneisenerze, See-Erze.
Poliermittel. Limonit ist eine Sammelbezeichnung für amorphe
bis kryptokristalline Gemenge von Goethit und Le-
Goethit (Nadeleisenerz), α -FeOOH pidokrokit, meist auch etwas Hämatit mit wechseln-
den Wassergehalten; häufig sind amorphe Kieselsäure,
Ausbildung. Kristallklasse 2/m2/m2/m, die prismatisch- Phosphate, Tonminerale und organische Zersetzungs-
nadelförmigen Kristalle sind nach c gestreckt, mit Längs- produkte beteiligt. Der Eisengehalt erreicht meist nur
streifung und häufig kugelig-strahlige Aggregate bil- 30–40 %.
dend, als Brauner Glaskopf mit spiegelglatter Oberfläche,
traubig-nierige, zapfenförmige und stalaktitähnliche Bedeutung. Eisenerz, jedoch meist arme Lagerstätten.
Abb. 7.12.
Struktur von Diaspor α -AlOOH
und Goethit α -FeOOH, Projekti-
onen a auf (100), b auf (001).
Kantenverknüpfte Al(O,OH)6-
bzw. Fe(O,OH)6-Oktaeder bilden
Doppelketten // der c-Achse,
die versetzt miteinander durch
Van-der-Waals-Kräfte verbun-
den sind. (Nach Strunz und
Nickel 2001)
Literatur 115
Zitierte Literatur
8.1 Chemisch sind die Karbonate Salze der Kohlensäure H2CO3. Strukturell ist ihnen ein
Calcit-Gruppe, inselartiger Anionenkomplex [CO3]2– gemeinsam. Die zugehörigen Kationen kön-
– nen dabei einen kleineren oder einen größeren Ionenradius besitzen als das Ca2+
32/m
mit 1,08 Å. Die Karbonate mit einem kleineren Kation wie z. B. Mg2+, Zn2+, Fe2+ oder
8.2 Mn2+ kristallisieren ditrigonal-skalenoedrisch wie Calcit CaCO3 und haben Calcit-Struk-
Aragonit-Gruppe, tur (Abb. 8.1). Demgegenüber kristallisieren die Karbonate mit größeren Kationen
2/m2/m2/m wie Sr2+, Pb2+ oder Ba2+ mit einem Radius >1,08 Å rhombisch, und die Strukturen
ihrer Karbonate entsprechen derjenigen des Aragonits CaCO3. In der orthorhom-
8.3 bischen Aragonit-Struktur haben diese größeren Kationen 9 O als nächste Nachbarn
Dolomit-Gruppe anstatt 6 O; es steht ihnen ein entsprechend größerer Raum in der Struktur zur Ver-
fügung. Die hexagonale Vaterit-Struktur besteht aus Schichten von dicht gepackten
8.4 [CO3]-Gruppen ⊥ (0001), die mit Schichten von [8]-koordiniertem Ca wechsellagern.
Azurit-Malachit-Gruppe Die Trimorphie des CaCO3, das in der Calcit-, Aragonit- oder Vaterit-Struktur kristalli-
sieren kann, erklärt sich wesentlich aus der mittleren Größe des Ca2+ und seinem
8.5 mittleren Raumbedarf.
Nitrate Bei den komplizierten Strukturen der Azurit-Malachit-Gruppe ist in sehr verein-
fachter Beschreibung das Cu2+ oktaedrisch gegenüber O2– und (OH)– koordiniert.
8.6 Diese oktaedrischen Einheiten sind kettenförmig aneinandergereiht; es besteht über
Borate O-Brücken seitlich eine Verknüpfung mit den (CO3)-Gruppen.
Tabelle 8.1.
Wasserfreie und wasserhaltige
Karbonate. Ionenradien nach
Whittacker u. Muntus 1970
Physikalische Eigenschaften.
Spaltbarkeit {1011} vollkommen, {0112} Gleitfläche
Härte 3 (Standardmineral der Mohs-Skala)
Dichte 2,7
Farbe, Glanz, op-
tisches Verhalten meist farblos, milchigweiß, durchschei-
Abb. 8.2. Tracht und Habitus bei Calcit. a Ditrigonales Skalenoeder nend bis klar durchsichtig, durch orga-
{2131} kombiniert mit Rhomboeder {1011}; b hexagonales Prisma nische Einschlüsse braun bis schwarz;
{1010} kombiniert mit ditrigonalem Skalenoeder {3251} und Rhom- Perlmutterglanz. Optisch rein als Islän-
boeder {0112}; c hexagonales Prisma {1010} kombiniert mit Rhom- discher Doppelspat (Abb. 1.29, S. 24),
boeder {0112}; d Rhomboeder {0112} kombiniert mit hexagonalem
Prisma {1010}; e das Basispinakoid {0001} dominiert stark gegenüber
sehr starke negative Doppelbrechung
Prisma und Skalenoeder; f Spaltrhomboeder mit polysynthetischer Wichtiges Erkennungsmerkmal: Calcit löst sich leicht in
Druckzwillingslamellierung verursacht durch Gleitung nach (0112) kalten verdünnten Säuren unter heftigem Brausen.
–
8.1 · Calcit-Gruppe, 32/m 119
–1} und
Abb. 8.3. Calcit-Kristall mit vorherrschendem Skalenoeder {213
–
Rhomboeder {101 1}, Rauschenberg (Bayern). Bildbreite ca. 4 cm. Mi-
neralogisches Museum der Universität Würzburg. (Foto: K.-P. Kelber)
Physikalische Eigenschaften.
–
Spaltbarkeit {1011} vollkommen
Härte 3½–4
Dichte 3,7–3,9
Farbe, Glanz lichtgraugelb, mit zunehmendem Oxida-
tionseinfluss gelblich bis gelbbraun und
schließlich dunkelbraun, dabei bunt an-
laufend; Glas- bis Perlmuttglanz, durch-
scheinend bis undurchsichtig
Abb. 8.5. Rhodochrosit mit Quarz, Pasto Bueno, Peru. Bildbreite 3,8 cm.
Struktur. Isotyp mit Calcit. Mineralogisches Museum der Universität Würzburg. (Foto: K.-P. Kelber)
8.2 · Aragonit-Gruppe, 2/m2/m2/m 121
Abb. 8.7.
Aragonit: Drilling nach (110)
mit pseudohexagonaler Sym-
a b
metrie
Abb. 8.6. Fragmente aus der Struktur von a Calcit, projiziert auf (0001)
und b Aragonit projiziert auf (001). [CO3]2–: hellblaue Dreiecke, Ca2+:
dunkelblaue Kugeln. Beim Calcit ist Ca von sechs, beim Aragonit von
neun Sauerstoffen umgeben. (Nach Strunz und Nickel 2001)
122 8 · Karbonate, Nitrate und Borate
Chemismus. CaCO3, diadocher Ersatz des Ca2+ besonders Eine weitere, metastabile CaCO3-Modifikation ist der
durch Sr2+, auch Pb2+. hexagonale Vaterit, der sich bei niedrigen Temperaturen
aus wässerigen Lösungen ausscheidet und auch fossil-
Bildungsbedingungen und Vorkommen. Aragonit ist viel bildend auftritt.
seltener als Calcit und nur begrenzt gesteinsbildend. We-
gen seiner etwas dichteren Struktur als Calcit ist Arago- Strontianit, Sr[CO3]
nit die Hochdruck-Modifikation von CaCO3, d. h. im Ver-
gleich zu Calcit liegt sein Stabilitätsfeld im Bereich hö- Ausbildung. Kristallklasse 2/m2/m2/m, Kristalle wie Ara-
herer Drücke und niedrigerer Temperaturen, wobei die gonit nadelig oder dünnstängelig und oft büschelig grup-
Gleichgewichtskurve der Reaktion piert, Zwillingsbildungen wie Aragonit. Verbreiteter sind
stängelige und körnige Aggregate.
Aragonit Calcit (8.1)
Physikalische Eigenschaften.
etwa durch die Punkte 5 kbar/ 180 °C, 7 kbar/ 300 °C und Spaltbarkeit {110} deutlich
9 kbar/ 400 °C verläuft (Abb. 8.8). Stabil entsteht Arago- Bruch muschelig
nit daher unter den Bedingungen der Hochdruck-Meta- Härte 3½–4
morphose, insbesondere in Subduktionszonen, in denen Dichte 3,8, deutlich höher als bei Aragonit
ein ungewöhnlich niedriger geothermischer Gradient Farbe, Glanz farblos oder durch Spurengehalte sehr
herrscht (Abschn. 26.2.5, S. 432, Abschn. 28.3.8, S. 505ff). schwach gefärbt; auf Kristallfächen
Obwohl Aragonit bei niedrigen Drücken, insbeson- Glas-, auf Bruchflächen Fettglanz,
dere bei Bedingungen der Erdoberfläche nicht stabil ist, durchsichtig bis durchscheinend
entsteht er doch metastabil in Hohlräumen vulkanischer
Gesteine, setzt sich als Bestandteil von Sinterkrusten oder Struktur. Isotyp mit Aragonit.
als Sprudelstein aus Thermalwässern oder Geysiren ab;
er bildet sich organogen als Perlmuttschicht natürlicher Chemismus. Stets wird Sr durch Ca diadoch ersetzt, maxi-
Perlen und der Schalen von Muscheln, Schnecken, Am- mal enthält Strontianit ca. 25 Mol.-% CaCO3-Komponente.
moniten, Korallen, Schwämmen und Algen, z. T. zu-
sammen mit Calcit. Bei Anwesenheit eines Lösungsmit- Vorkommen. Als Kluftfüllung in Kalksteinen oder Kalk-
tels oder längerem Reiben im Mörser geht Aragonit lang- mergeln, aus Gehalten des Nebengesteins stammend (La-
sam in die stabile Form Calcit über; bei Erhöhung der teralsekretion); gelegentlich in hydrothermalen Lager-
Temperatur auf 400 °C (bei P = 1 bar) dagegen sehr stätten und in Karbonatiten.
schnell. Diese Umwandlung ist monotrop, d. h. sie ist
nicht umkehrbar. Aragonit wandelt sich jedoch nicht in Technische Verwendung. In der Pyrotechnik, früher Bedeu-
Calcit um, wenn seine Struktur durch Sr-Einbau stabili- tung bei der Zuckergewinnung, Glas- und Keramik-
siert wird. industrie, Gewinnung des Metalls Strontium.
Abb. 8.9.
Cerussit: pseudohexago-
naler Drilling nach (110)
Witherit, Ba[CO3]
Physikalische Eigenschaften.
Ähnlich denen von Aragonit und Strontianit.
Spaltbarkeit {010} deutlich
Bruch muschelig, spröde
Härte 3½
Dichte 4,3, höher als diejenige von Aragonit
und Strontianit, jedoch niedriger als
Abb. 8.11. Das isobare Temperatur-Konzentrations-Diagramm mit der
die von Cerussit Mischungslücke im System Calcit–Dolomit. Der CO2-Druck ist nied-
Farbe, Glanz farblos, weiß, gelblich; Glasglanz, auf rig, etwa 50 bar, jedoch ausreichend, um eine Dekarbonatisierung
Bruchflächen Fettglanz zu verhindern. (Mod. nach Goldsmith u. Heard 1961)
Bedeutung. Im Mittelalter als Farbe für Gemälde verwendet. Niter (Kalisalpeter), K[NO3]
Physikalische Eigenschaften.
Spaltbarkeit {100} vollkommen, Bruch muschelig
Härte 2–2½
Dichte 1,7
Farbe, Glanz farblos, weiß, grau, gelb; Fettglanz;
durchscheinend; überzieht sich mit
einer trüben Rinde von Tincalconit
Na2[B4O5(OH)4] · 3H2O
Geschmack süßlich-alkalisch
Löslichkeit löst sich rasch in H2O
Struktur. Ketten aus eckenverknüpften [BO4]-Tetraedern Chang LLY, Howie RA, Zussman J (1996) Rock-forming minerals.
// b werden alternierend mit B(OH)-Gruppen verbunden, Vol 5B, 2nd edn, non-silicates: Sulphates, carbonates, phosphates,
halides. Longman, Harlow, Essex, UK
wodurch planare [BO2OH]-Dreiecke entstehen. Die
Grew ES, Anovitz LM (eds) (1996) Boron – Mineralogy, petrology
Ketten werden // a durch NaO5(H2O)-Polyeder und // c and geochemistry. Rev Mineral 33
NaO2(H2O)3-Polyeder vernetzt (Abb. 8.13d). Lippmann F (1973) Sedimentary carbonate minerals. Springer-Ver-
lag, Berlin Heidelberg
Vorkommen. Im Liegendbereich einer riesigen Bor-Lager- Reeder JR (ed) (1983) Carbonates: Mineralogy and chemistry. Rev
stätte (6,5 km lang, 1,5 km breit und 75 m mächtig) in Mineral 11
Strunz H, Nickel EH (2001) Strunz mineralogical tables, 9th edn.
Tertiär-Tonen der Mohave-Wüste (Kalifornien), zusam- Schweizerbart, Stuttgart
men mit Borax, Colemanit und Ulexit; Kernit entstand
wahrscheinlich durch Entwässerung von Borax im Zuge Zitierte Literatur
einer schwachen Metamorphose; weiteres Vorkommen bei
Tincalayu (Argentinien). Anthony JW, Bideaux RA, Bladh KW, Nichols MC (2003) Handbook
of mineralogy, vol. V: Borates, carbonates, sulfates. Mineralogical
Anwendung. Siehe Borax. Society of America
Evans RC (1976) Einführung in die Kristallchemie. Walter de Gruyter,
Ulexit, CaNa[B5O6(OH)6] · 5H2O Berlin New York
Goldsmith JR, Heard HC (1961) Subsolidus phase relations in the
– system CaCO3-MgCO3. J Geol 69:45–74
Ausbildung. Kristallklasse 1; feine Fasern, die zu lockeren, Johannes W, Puhan D (1971) The calcite-aragonite transition,
wattebauschartigen Gebilden („cottonballs“) aggregiert reinvestigated. Contrib Mineral Petrol 31:28–38
sind; gelegentlich auch parallelfaserig angeordnet mit Whittacker EJW, Muntus R (1970) Ionic radii for use in geochemistry.
faseroptischen Eigenschaften als „television stone“. Geochim Cosmochim Acta 34:945–956
9
Sulfate, Chromate, Molybdate, Wolframate
9.1 Bei den Kristallstrukturen der wasserfreien Sulfate bildet der Anionenkomplex
Sulfate [SO4]2– mit S im Mittelpunkt ein leicht verzerrtes Tetraeder, an dessen Ecken sich
4 O befinden. Der [SO4]-Komplex wird durch starke homöopolare Bindungskräf-
9.2 te zusammengehalten, während die Bindungen zwischen [SO4] und den Katio-
Chromate nen ausgesprochen heteropolar sind. Bei den Kristallstrukturen von Baryt,
Coelestin und Anglesit mit ihren relativ großen Kationen Ba2+, Sr2+ und Pb2+ bil-
9.3 den 12 O die nächsten Nachbarn in etwas verschiedenen Abständen. Dagegen
Molybdate ist das kleinere Ca2+ bei Anhydrit nur von 8 O-Nachbarn umgeben, die fast gleich
und Wolframate weit entfernt sind. Der Anionenkomplex ist dabei weniger verzerrt. Daraus erklä-
ren sich geometrische Unterschiede in der Anhydrit-Struktur gegenüber Baryt.
Man kann die rhombische Anhydrit-Struktur – wie auch die rhombischen Struk-
turen der Baryt-Gruppe – als deformierte NaCl-Struktur beschreiben, dessen Na-
Ionen durch Ca-Ionen und die Cl-Ionen durch SO4-Tetraeder ersetzt sind.
Gips als wasserhaltiges Sulfat besitzt in seiner Kristallstruktur [SO4]2–-Schich-
ten // (010) mit starker Bindung zu Ca2+. Diese Schichtenfolge wird seitlich durch
Schichten von H2O-Molekülen begrenzt. Die Bindung zwischen den H2O-Mole-
külen nach Art von Van-der-Waals-Kräften ist schwach. Das erklärt die vorzügli-
che Spaltbarkeit des Gipses nach {010}.
Tabelle 9.1.
Die wichtigsten in der Na-
tur vorkommenden Sulfate
Abb. 9.3. Ausschnitt aus der Baryt-Struktur projiziert auf (010). Man
Abb. 9.2. Barytrosen auf Cerussit, Mibladen, Marokko. Bildbreite erkennt [10]-koordinierte [BaO10]-Polyeder (gelb), die über vier
ca. 10 cm. Mineralogisches Museum der Universität Würzburg. Ecken und drei Kanten mit [SO4]-Tetraedern (blau) verknüpft sind.
(Foto: K.-P. Kelber) (Aus Strunz und Nickel 2001)
9.1 · Sulfate 131
Verwendung als mineralischer Rohstoff. Wie Strontianit. Bedeutung als mineralischer Rohstoff. Herstellung von
Schwefelsäure; Zusatz zu Baustoffen; zur Herstellung eines
Anglesit, Pb[SO4] rasch wirkenden Bindemittels (Anhydrit-Binder) und von
Estrich.
Ausbildung. Kristallklasse 2/m2/m2/m; die kleinen, jedoch
oft gut ausgebildeten Kristalle sind vorwiegend tafelig, Gips, Ca[SO4] · 2H2O
flächenreich und oft einzeln aufgewachsen, langprisma-
tischer Habitus ist seltener, Kristallformen sind denen Ausbildung. Kristallklasse 2/m; die oft großen monokli-
des Baryts ähnlich. Derbe Krusten auf Galenit neben nen Kristalle sind häufig tafelig ausgebildet nach dem
Cerussit sind sekundär aus ersterem gebildet. seitlichen Pinakoid {010} (Abb. 9.4a,b), nicht ganz so oft
prismatische (seltener nadelförmige) Entwicklung nach c,
Physikalische Eigenschaften. gut ausgebildete Kristalldrusen oder Kristallrasen inner-
Spaltbarkeit {001} vollkommen, {210} weniger deutlich halb von Höhlen (sog. Gipshöhlen: Abb. 9.6).
Bruch muschelig Nicht selten Zwillinge: Bei den sog. (echten) Schwalben-
Härte 3 schwanzzwillingen (Abb. 9.4c) ist (100) Zwillings- und Ver-
Dichte 6,3, auffallend hoch wachsungsebene, während es bei den sog. Montmartre-
Farbe, Glanz farblos bis zart gefärbt; Diamantglanz, Zwillingen (Abb. 9.4d) aus dem Ton am Montmartre bei
durchsichtig bis durchscheinend Paris die Ebene (001) ist. Montmartre-Zwillinge mit stets
unterdrücktem Vertikalprisma sind meist linsenförmig
Chemismus. Bleigehalt 68,3%, mitunter erhebliche Ba-Gehalte. gekrümmt. Nicht selten auch Durchdringungszwillinge.
132 9 · Sulfate, Chromate, Molybdate, Wolframate
Abb. 9.6.
Riesenkristalle von Gips (Selenit) in der Gipshöhle Cueva de los
Cristales in der Naica-Mine von Santo Domingo, Chihuahua, Mexi-
ko. Sie zeigen den typischen Mondscheinglanz, nach dem die Varie-
tät Selenit ihren Namen erhalten hat. (Foto: Javier Trueba, Madrid,
mit Genehmigung von Contacto/Agentur Focus, Hamburg)
134 9 · Sulfate, Chromate, Molybdate, Wolframate
9.2 9.2
Chromate
Physikalische Eigenschaften.
Spaltbarkeit nach {110}, ziemlich vollkommen
Bruch uneben bis muschelig
Härte 2½
Dichte 5,9–6,1
Farbe, Glanz rot, gelblichrot, orange (Abb. 9.8);
Strich gelborange; diamant- bis harz-
artiger, bisweilen fettiger Glanz
9.3 Tabelle 9.2. Die wichtigsten Chromate, Molybdate und Wolframatea 9.3
Molybdate und Wolframate
Physikalische Eigenschaften.
Spaltbarkeit nach {101}, ziemlich deutlich Struktur. Die Kristallstruktur des Scheelits ist tetragonal-
Bruch muschelig, spröde innenzentriert und entspricht einer verzerrten Zirkon-
Härte 3 Struktur. Sie besteht aus isolierten, in c-Richtung leicht
Dichte 6,7–6,9 abgeflachten [WO4]4–-Tetraedern, die über O-Ca-O-Brü-
Farbe, Glanz gelb oder orangegelb, selten olivgrün, cken miteinander zu einem 3-dimensionalen Gerüst ver-
braun oder farblos; durchsichtig bis knüpft sind. Ca2+ ist gegenüber O [8]-koordiniert. In
durchscheinend; Diamant- bis Harz- Richtung der c-Achse liegen Schraubenachsen mit un-
glanz; terschiedlichem Drehsinn.
Härte 4–4½ ramkarbid (Widia) hat fast die Härte von Diamant
Dichte 6,7–7,5, sehr hoch, zunehmend mit und dient u. a. der Herstellung von Spezialbohrkronen;
höherem Fe/Mn-Verhältnis zum Färben von Glas und Porzellan, in der Raketen-
Farbe, Glanz schwarz; blendeartiger Glanz technik.
Strich braun bis braunschwarz mit zuneh-
mendem Fe-Gehalt Weiterführende Literatur
Chemismus. Wolframit bildet eine vollständige Mischkris- Alpers CN, Jambor JL, Nordstrom DK (eds) (2000) Sulfate minerals
– crystallography, geochemistry and environmental sigificance.
tallreihe zwischen den beiden Endgliedern FeWO4 (Fer- Rev Mineral Geochem 40
berit) und MnWO4 (Hübnerit). Die fast reinen Endglieder Anthony JW, Bideaux RA, Bladh KW, Nichols MC (2003) Handbook
kommen weniger häufig vor. of mineralogy, vol. V: Borates, carbonates, sulfates. Mineralogical
Society of America
Struktur. Da in der Wolframit-Struktur W – ebenso wie Chang LLY, Howie RA, Zussman J (1996) Rock-forming minerals.
Vol 5B, 2nd edn. Non-silicates: Sulphates, carbonates, phosphates,
Fe und Mn – in [6]-Koordination auftritt, wird Wolfra- halides. Longmans, Harlow, Essex, UK
mit jetzt den 1 : 2-Oxiden (XO2) und nicht mehr den Wol- Ramdohr P, Strunz H (1978) Klockmanns Lehrbuch der Mineralo-
framaten zugeordnet (Strunz u. Nickel 2001). gie, 16. Aufl. Enke, Stuttgart
Strunz H, Nickel EH (2001) Strunz Mineralogical Tables, 9th edn.
Schweizerbart, Stuttgart
Vorkommen. In pegmatitähnlichen Gängen mit viel Quarz
und als hochhydrothermale Imprägnation häufig zusam- Zitierte Literatur
men mit Kassiterit (Wolfram- und Zinngreisen). Auf se-
kundärer Lagerstätte in Seifen. Forti P, Sanna L (2010) The Naica project: A multidisciplinary study
of the largest gypsum crystal of the world. Episodes 33:1–10
Wirtschaftliche Bedeutung. Wichtigstes Wolframerzmi- Garcíá-Ruiz JM, Villasuso R, Ayora C, Canals A, Otálora F (2007) For-
mation of natural gypsum megacrystals in Naica, Mexico. Geology
neral neben Scheelit. Wolfram ist Stahlveredler (Wolf- 35:327–330
ramstahl), es zeichnet sich durch einen extrem hohen Sanna L, Forti P, Lauritzen SE (2011) Preliminary U/Th dating and the
Schmelzpunkt aus (T = 3 410 °C), deshalb wird es als evolution of gypsum crystals from Naica caves. Acta Carsologica
Faden (Einkristall) in Glühbirnen verwendet; Wolf- 40:17–28
10
Phosphate, Arsenate, Vanadate
Tabelle 10.1.
Phosphate, Arsenate,
Vanadate
Physikalische Eigenschaften.
Spaltbarkeit fehlt
Bruch uneben, muschelig
Härte 3½–4
Dichte 6,7–7,0
Farbe, Glanz meist grün (durch Spuren von Cu:
„Grünbleierz“), braun („Braunbleierz“)
oder gelb, grau oder farblos, seltener
orangerot; auf Kristallflächen Dia-
mant-, auf Bruchflächen Fettglanz,
durchscheinend
Farbe, Glanz rubinrot (Abb. 10.4), orangegelb, gelb- Chakhmouradian AR, Wall F (2012) Rare earth elements: Minerals,
lich-braun, diamantähnlicher Glanz mines, magnets (and more). Elements 8:333–340
Chang LLY, Howie RA, Zussman J (1996) Rock-forming minerals,
auf Kristallflächen; durchscheinend
vol 5B, 2nd edn. Non-silicates: Sulphates, carbonates, phosphates,
bis durchsichtig halides. Longmans, Harlow, Essex, UK
Elliott JC (1994) Structures and chemistry of apatites and other
Struktur. Isotyp mit Apatit. calcium orthophosphates. Elsevier, Amsterdam
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11
Silikate
11.1 Die dominierende Rolle der natürlichen Silikate (einschließlich Quarz) besteht darin,
Inselsilikate dass sie mit einem Anteil von etwas über 90 Vol.-% am stofflichen Aufbau der Erd-
(Nesosilikate) kruste beteiligt sind (Tabelle 2.2, S. 37). Darüber hinaus besitzen sie eine überra-
gende technische und wirtschaftliche Bedeutung als mineralische Rohstoffe.
11.2
Gruppensilikate
(Sorosilikate)
11.3
Ringsilikate
(Cyclosilicate)
11.4
Ketten- und
Doppelkettensilikate
(Inosilikate)
11.5
Schichtsilikate
(Phyllosilikate)
11.6
Gerüstsilikate
(Tektosilikate)
Abb. 11.1. Die Bauprinzipien der Silikatstrukturen. a Inselsilikate, b Gruppensilikate, c–e Ringsilikate:
c Dreierringe, d Viererringe, e Sechserringe; f Kettensilikate, g Doppelkettensilikate, h Schichtsilikate,
i Gerüstsilikate (Sodalith-Käfig)
Ketten- und Doppelkettensilikate (Inosilikate, engl. nachbarten Tetraedern verknüpft. Jedem Si sind
auch chain silicates) mit eindimensional unendlichen damit nur 4 halbe O zugeordnet. Daraus ergibt sich
Tetraederketten oder Tetraederdoppelketten, wobei für das dreidimensionale Gerüst die Formel SiO2,
jedes Si 2 seiner O mit den in der Kettenrichtung be- identisch mit der Formel des Siliciumdioxids
nachbarten Si teilt. In den Einerketten wird das Verhält- Quarz, einer elektrostatisch abgesättigten Struktur.
nis Si : O damit ebenso wie bei der Ringbildung 1 : 3. Gerüstsilikate im eigentlichen Sinne sind nur mög-
Bei dem wichtigsten Vertreter, der Pyroxen-Familie, lich, wenn ein Teil des Si4+ durch Al3+ ersetzt ist.
liegt eine eindimensionale Verknüpfung von Tetra- Dadurch erhält die Struktur eine negative Ladung,
ederverbänden der Zusammensetzung [Si2O6]4– vor. zu deren Absättigung der Einbau von Kationen not-
Beispiele: Hypersthen (Mg,Fe)[6] 2 [Si2O6] oder Diop- wendig ist. Da das dreidimensionale Gerüst stark
sid Ca[8]Mg[6][Si2O6]. aufgelockert ist, haben in den großen Hohlräumen
Bei den unendlichen Doppelketten sind 2 einfa- große Kationen wie K+, Na+, Ca2+ etc. Platz. Es
che Ketten von SiO4-Tetraedern seitlich mitein- kommt zur Bildung von Alumosilikaten, wie z. B.
ander über 1 Brückensauerstoff verbunden. Damit den Feldspäten oder Feldspatvertretern.
hat gegenüber der einfachen Kette jedes 2. Tetrae- In manchen Fällen sind in das lockere Gerüst
der ein weiteres O mit einem Tetraeder der Nach- noch große fremde Anionen (wie Cl–, SO2– 4 etc.)
barkette gemeinsam. Daher besitzt die Doppelkette oder selbständige Wassermoleküle eingebaut.
die Zusammensetzung [Si4O11]6– als strukturelle Die Wassermoleküle sind in den betreffenden Sili-
Grundeinheit. katen besonders locker gebunden. Sie entweichen
Die silikatische Doppelkette enthält freie Hohl- bei Temperaturerhöhung leicht aus der Struktur,
räume, in die (OH)–- und F–-Ionen eintreten kön- ohne dass diese zusammenbricht. In mit Wasser-
nen. Diese Anionen sind nicht an Si-Ionen gebun- dampf gesättigter Atmosphäre wird das Wasser
den, stellen vielmehr sog. Anionen 2. Stellung dar. wieder aufgenommen und eingebaut. Diese was-
Beispiele: Amphibol-Familie mit Anthophyl- serreichen Gerüstsilikate gehören zu der umfang-
lit (Mg,Fe) 7[6] [(OH) 2 /(Si 8 O 22 )] oder Tremolit reichen, technisch wichtigen Mineralgruppe der
Ca[8] [6]
2 Mg5 [(OH,F)2/(Si8O22)]. Zeolithe.
Schichtsilikate (Phyllosilikate, engl. auch sheet sili- Die lockere Packung der Gerüstsilikate führt zu
cates) mit zweidimensional unendlichen Tetraeder- relativ niedriger Dichte und zu relativ niedrigen
schichten. Hier treten infolge weiterer Polymerisa- Werten von Licht- und Doppelbrechung der betref-
tion [SiO4]-Tetraederketten in unbegrenzter Anzahl fenden Minerale.
zu zweidimensionalen Schichten zusammen. Jedes
[SiO4]-Tetraeder besitzt drei Brückensauerstoffe zu
benachbarten Tetraedern. Das Si : O-Verhältnis 11.1 11.1
wird damit zu 2 : 5 oder [Si2O5]2– bzw. [Si4O10]4–. Inselsilikate (Nesosilikate)
Auch die silikatischen Schichten enthalten wie
die Doppelketten freie Hohlräume, in die (OH)–- Tabelle 11.1. Wichtige Inselsilikate
und F–-Ionen eintreten können.
Beispiele:
– Pyrophyllit Al2[(OH)2/Si4O10]
– Talk Mg3[(OH)2/Si4O10]
– Muscovit K+{Al2[(OH)2/AlSi3O10]}–
– Phlogopit K+{Mg3[(OH,F)2/AlSi3O10]}–
Bei den Glimmern Muscovit und Phlogopit sind
¼ der Si[4]-Plätze im Kristallgitter durch Al[4] er-
setzt. Damit ist der innerhalb der geschweiften
Klammer befindliche Komplex einfach negativ ge-
laden und der elektrostatische Valenzausgleich kann
durch Eintritt von K+ erfolgen. Die Formel des Mus-
covits wird aus der Pyrophyllit-Formel, diejenige
des Phlogopits aus der Talk-Formel abgeleitet.
Gerüstsilikate (Tektosilikate, engl. auch framework
silicates). In diesen Silikatstrukturen sind die
[SiO4]-Tetraeder über sämtliche vier Ecken mit be-
146 11 · Silikate
Olivin, (Mg,Fe)2[SiO4]
Physikalische Eigenschaften.
Spaltbarkeit {010} deutlich
Bruch muschelig
Härte 6½–7
Dichte 3,2 (Forsterit) bis 4,3 (Fayalit)
Farbe, Glanz olivgrün, auch gelblichbraun bis rot-
braun (abhängig vom Fayalit-Gehalt),
Glasglanz auf Kristallflächen, Fett- Abb. 11.3. Schema der Olivin-Struktur (Endglied Forsterit) // a in die
(100)-Ebene projiziert. Zwischen den inselartigen SiO4-Tetraedern
glanz auf Bruchflächen, durchsichtig (Si ist nicht eingezeichnet) liegt Mg[6] innerhalb der oktaedrischen
bis durchscheinend Lücken, d. h. dass Mg jeweils 6 O als nächste Nachbarn besitzt.
(Nach Bragg u. Bragg, aus Evans 1976)
Struktur. Die Olivinstruktur kann man als eine // (100)
angenähert hexagonal dichte Kugelpackung der Sauer- cherem Kern. Hauptgemengteil in den Gesteinen des
stoffe beschreiben (Abb. 11.3). Dabei befindet sich Si in Oberen Erdmantels, Gemengteil von Meteoriten, insbe-
den kleineren tetraedrischen Lücken zwischen 4 O. Die sondere Chondriten. Olivin wandelt sich unter Wasser-
Mg- bzw. Fe2+-Ionen nehmen die etwas größeren oktaed- aufnahme sekundär in Serpentin um.
rischen Lücken mit 6 O als nächste Nachbarn ein.
Unter sehr hohen Drücken, etwa ab 50 kbar, geht die Olivin als Rohstoff. Dunite, das sind fast monomineralische,
Olivinstruktur in die noch dichter gepackte Spinell- aus Forsterit-reichem Olivin bestehende Gesteine, sind ein
struktur über (Abb. 7.2, S. 105; Abschn. 29.3.3, S. 530). wichtiger Rohstoff zur Herstellung feuerfester Forsterit-
Ziegel. Chrysolith oder Peridot sind klare, olivgrün gefärb-
Chemismus. Olivin bildet eine lückenlose Mischkristallrei- te Olivin-Kristalle, die als Edelstein geschätzt werden.
he zwischen den beiden Endgliedern Forsterit Mg2SiO4
und Fayalit Fe2SiO4 (Abb. 18.14, S. 295f). In dem gewöhnli- Zirkon, Zr[SiO4]
chen gesteinsbildenden Olivin überwiegt stets Forsterit
mit 90–70 Mol.-% gegenüber Fayalit. Charakteristisch ist ein Ausbildung. Kristallklasse 4/m2/m2/m, die kurzsäuligen,
geringer diadocher Einbau von Ni2+ anstelle von Mg2+, auch meist eingewachsenen Kristalle weisen häufig eine einfa-
von Mn2+ anstelle von Fe2+, letzteres besonders in den che Kombination des tetragonalen Prismas {100} oder {110}
Fayalit-reichen Olivinen. mit der tetragonalen Dipyramide {101} auf; aber auch {101}
allein oder flächenreichere Kristalle kommen vor (Abb. 11.4,
Vorkommen. Olivin ist ein wichtiges gesteinsbildendes 11.5); unter dem Mikroskop ist oft Zonarbau zu erkennen
Mineral in ultramafischen Gesteinen, nicht selten auch (Abb. 11.6). Häufig tritt Zirkon auch in Form loser abge-
in Basalten als zonar gebaute Einsprenglinge mit Mg-rei- rollter Körner auf sekundärer Lagerstätte auf (Zirkon-
Abb. 11.5. Zirkon-Kristall mit zwei verschiedenen tetragonalen Abb. 11.6. Mikrofoto eines Zirkon-Kristalls aus einem Leukogranit
Dipyramiden {101} und {301} im Pegmatit. Hunza-Tal, Kaschmir. nahe Dannemora, Adirondack Mountains, Staat New York (Nasdala
Bildbreite ca. 2 cm. Mineralogisches Museum der Universität Würz- et al. 2005). Schnitt parallel der c-Achse, Länge des Kristalls 360 μm
burg. (Foto: K.-P. Kelber) (= 0,36 mm), Dicke des Dünnschliffs 30 μm, gekreuzte Polarisato-
ren (+Nic.). Der Kristall zeigt größtenteils primären Zonarbau und
Seifen). Kristalltracht und Kristallhabitus des Zirkons hän- weist moderate Strahlenschädigung auf, erkennbar an einer deutli-
chen Verringerung der Doppelbrechung mit Interferenzfarben
gen empfindlich von den Entstehungsbedingungen ab.
2. Ordnung. Demgegenüber zeigt der rundliche, Uran-arme Kern hohe
Interferenzfarben (rosarot 3. Ordnung), wie sie für Zirkon ohne nen-
Physikalische Eigenschaften. nenswerte Strukturschäden typisch sind. (Foto: Lutz Nasdala, Wien)
Spaltbarkeit {100} unvollkommen
Bruch muschelig
Härte 7½
Dichte 4,7 (relativ hoch)
Farbe, Glanz gewöhnlich braun, auch farblos, gelb,
orangerot, seltener grün; Diamant-
oder Fettglanz, undurchsichtig bis
durchscheinend, bei Edelsteinqualität
auch durchsichtig
Chemismus. Das Zirkonium in der Kristallstruktur wird stets Altersbestimmung. Wegen seines Th- und U-Gehalts wird
bis zu einem gewissen Grad durch Hf, Th und U diadoch Zirkon schon seit langem zur isotopischen Altersbestim-
ersetzt. Hafnium wurde zuerst im Jahre 1922 im Zirkon auf- mung von magmatischen und metamorphen Gesteinen
gefunden. Darüber hinaus enthält Zirkon ein breites Spek- genutzt, insbesondere mit der Uran-Blei-Methode (Ab-
trum an Spurenelementen, u. a. Seltene Erden und P. schn. 33.5.3, S. 615f). Die Datierung von Zirkonen, die als
Schwermineral in Sedimentgesteinen vorkommen, kann
Vorkommen. Als verbreiteter akzessorischer Gemengteil Altersinformationen über das Abtragungsgebiet liefern,
tritt Zirkon in mikroskopisch kleinen Kriställchen in vie- aus dem diese Zirkone stammen, und so wichtige Hin-
len magmatischen und metamorphen Gesteinen auf, am weise für die plattentektonische Rekonstruktion alter
häufigsten in Nephelinsyeniten und Pegmatiten, in letz- Kratone und Orogene geben. Wesentliche methodische
teren auch in größeren Kristallen und lagerstättenkund- Fortschritte in der Isotopenanalytik erlauben heute die
lich bedeutsamer Anreicherung. Verbreitet als Schwer- Datierung von einzelnen Zirkon-Kristallen und sogar die
mineral in Sanden und klastischen Sedimentgesteinen, ortsauflösende Altersbestimmung unterschiedlicher
angereichert in Seifen, auch Edelsteinseifen. Die sog. Wachstumsstadien in zonar gebauten Einzelzirkonen
pleochroitischen Höfe um mikroskopisch kleine Zirkon- (Harley und Kelly 2007).
einschlüsse, vorzugsweise im Glimmer, gehen auf die ra-
dioaktive Einwirkung von Th und U zurück. Granat-Gruppe, X2+ 3+
3 Y2 [SiO4]3
Bedeutung als mineralischer Rohstoff. Zirkon ist ein wichtiger In dieser Strukturformel sind in natürlichen Granaten
mineralischer Rohstoff, so zur Gewinnung der Elemente Zr die Positionen folgendermaßen besetzt:
und Hf und von Zr-Verbindungen. Zr findet Verwendung als
Legierungsmetall (Ferrozirkon) und Reaktormaterial. Zirkoni- X2+ = Mg, Fe2+, Mn2+, Ca
um-Niob-Legierungen werden als Supraleiter genutzt; Glä- Y3+ = Al[6], Fe3+, Cr3+, V3+
ser aus Zr-(und Hf-)Fluoriden haben eine extrem hohe Durch-
lässigkeit im Infrarot und finden daher in der Glasfaser-Tech- Endglieder der sog. Pyralspit-Reihe sind:
nik Verwendung. Zirkon zersetzt sich erst bei ca. 1 660 °C zu
ZrO2 (Zirkonia) und SiO2; Zirkonia hat einen Schmelzpunkt Pyrop Mg3Al2[SiO4]3
von ca. 2 700 °C! Daher stellen schlickergegossene Ziegel- Almandin Fe3Al2[SiO4]3
steine aus polykristallinem Zirkon oder Tiegelmaterial aus Spessartin Mn3Al2[SiO4]3
Zirkonia mechanisch widerstandsfähige, säurebeständige
und hochfeuerfeste Werkstoffe dar. Poröse, ZrO2-basierte Ke- Endglieder der sog. Ugrandit-Reihe sind:
ramik bildet hervorragende Wärmeisolatoren; in Behältern
aus Zirkonia können Hochtemperaturgläser und Metalle, Uwarowit Ca3Cr2[SiO4]3
z. B. Platin, geschmolzen werden. In der Medizintechnik wer- Grossular Ca3Al2[SiO4]3
den aus ZrO2 Hüftgelenk-Implantate, Zahnimplantate und Andradit Ca3Fe2[SiO4]3
Zahnkronen hergestellt; Y-stabilisiertes ZrO2 wird in Brenn-
stoffzellen sowie als Ionenleiter in Lambda-Sonden zur Mes- Darüber hinaus sind zahlreiche weitere Endglieder
sung der Sauerstoff-Fugazität eingesetzt. Andere Verbindun- von Granat synthetisiert worden, die – wenn überhaupt
gen des Zirkoniums werden zu Glasuren in der keramischen – in der Natur nur eine sehr begrenzte Bedeutung besit-
Industrie und in der Glasindustrie verwendet. Durchsichti- zen, aber z. T. technisch wichtig sind.
ge, schön gefärbte Zirkone sind geschätzte Edelsteine, z. B.
der bräunlich- bis rotorange gefärbte Hyazinth. Auch grün Ausbildung. Kristallklasse 4/m32/m, kubische Kristalle
gefärbte Zirkone sind bekannt, während intensiv blau gefärb- überwiegend Rhombendodekaeder {110}, auch Ikosite-
ter, geschliffener Zirkon fast stets durch Brennen künstlich traeder {211} und deren Kombinationen (Abb. 2.10, S. 39,
verändert wurde. Hauptförderländer für Zirkon von Edel- Abb. 11.8), seltener auch in Kombination mit {hkl}, vor-
steinqualität sind derzeit Australien, Kambodscha, Myan- wiegend im Gestein eingewachsen, auch in gerundeten
mar (Burma), Sri Lanka und Thailand (Watson 2007). Körnern und Kornaggregaten, Zonarbau ist häufig.
Abb. 11.8.
Granat, unterschiedliche
Flächenkombinationen
11.1 · Inselsilikate (Nesosilikate) 149
Abb. 11.10. Strukturen der Al-Silikate, Projektionen auf (100). a Sillimanit besteht aus Ketten von kantenverknüpften [AlO6]-Oktaedern // c
(gelb), die alternierend durch isolierte, eckenverknüpfte [AlO4]-Tetraeder (grün) und [SiO4]-Tetraeder (blau) verbunden sind. b Auch Anda-
lusit besteht aus [AlO6]-Oktaederketten // c (gelb), die über die Ecken abwechselnd von Paaren kantenverknüpfter [AlO5]-Polyder (grün)
und isolierter [SiO4]-Tetraeder (blau) zusammengehalten werden. c Demgegenüber ist die Struktur von Kyanit sehr viel dichter gepackt. Sie
besteht aus Bändern von kantenverknüpften [AlO6]-Oktaedern // c (gelb); seitlich anhängende [SiO4]-Tetraeder (blau) stellen die Verbin-
dung zu den Nachbarbändern dar. (Nach Papike 1987 aus Kerrick 1990)
Andalusit, Al[6]Al[5][O/SiO4]
die niedrigsten Drücke beschränkt. Er geht bei Druck-
steigerung in Abhängigkeit von der Temperatur in die
Ausbildung. Kristallklasse 2/m2/m2/m, prismatische
jeweils dichtere Phase über, entweder in Kyanit oder in
Kristallform nach c mit nahezu quadratischem Quer-
Sillimanit. Sillimanit ist die stabile Hochtemperatur-Mo-
schnitt senkrecht c. Das rhombische Prisma {110} und
difikation unter den drei polymorphen Mineralphasen.
das Basispinakoid {001} dominieren, auch mit {101} und
Er geht bei starker Zunahme des Drucks in Kyanit über.
{011}. Im Chiastolith ist kohliges Pigment in bestimm-
Alle drei Al2SiO5-Phasen können nur bei einer ganz
ten Sektoren des Kristalls angereichert, im Querschnitt
bestimmten Druck-Temperatur-Kombination stabil
⊥ (001) in Form eines dunklen Kreuzes. Andalusit kommt
nebeneinander bestehen, am sog. Tripelpunkt bei etwa
auch in strahlig-stängeligen und körnigen Aggregaten vor.
4 kbar und 500 °C. Al-Silikate geben wichtige Hinwei-
se für die Druck-Temperatur-Bedingungen, unter de-
Physikalische Eigenschaften.
nen ein metamorphes Gestein gebildet wurde.
Spaltbarkeit {110} mitunter deutlich
Bruch uneben, muschelig
Sillimanit, Al[6]Al[4][O/SiO4] Härte 7½
Dichte 3,2
Ausbildung. Kristallklasse 2/m2/m2/m, nadelförmig in Farbe, Glanz grau, rötlich, dunkelrosa oder bräun-
metamorphen Gesteinen, als Fibrolith faserig und in lich; Glasglanz
Büscheln, verfilzten Aggregaten oder Knoten auftretend.
Chemismus. Häufig geringer Gehalt an Fe und Mn. Viridin
Physikalische Eigenschaften. ist ein Mn-reicher Andalusit.
Spaltbarkeit {010}, die Prismen besitzen eine Quer-
absonderung Vorkommen. Gemengteil metamorpher Sedimentgesteine
Härte 6½ mit hohem Al-Gehalt (Metapelite), insbesondere Glimmer-
Dichte 3,2 schiefer (Abschn. 26.3, S. 438); bisweilen in Quarz einge-
Farbe, Glanz weiß, gelblichweiß, grau, bräunlich oder wachsen. Häufig kommt Andalusit auch in Al-reichen mag-
grünlich; Glasglanz, faserige Aggregate matischen Gesteinen wie Rhyoliten, Graniten, Apliten und
mit Seidenglanz, durchscheinend Pegmatiten, aber auch in Migmatiten vor (Clarke et al. 2005).
Oft ist Andalusit oberflächlich in feinschuppigen Hellglim-
Chemismus. Häufig mit geringem Gehalt an Fe3+. mer umgewandelt, mitunter Pseudomorphosen von Hell-
glimmer nach Andalusit. In kohlenstoffhaltigen Tonschie-
Vorkommen. Gemengteil metamorpher Al-reicher Sediment- fern, die thermisch überprägt sind, hat sich häufig die Vari-
gesteine (Metapelite) wie Glimmerschiefer und Paragneise. etät Chiastolith in säulenförmigen Kristallen gebildet.
11.1 · Inselsilikate (Nesosilikate) 151
Kyanit (Disthen), Al[6]Al[6][O/SiO4] ein- und aufgewachsen; sehr formenreich: über 140 ver-
schiedene Trachten sind beschrieben worden. Meist herr-
Ausbildung. Kristallklasse 1, breitstängelig nach c mit gut schen längsgestreifte Vertikalprismen vor, besonders {110},
ausgebildetem Pinakoid {100}, diese Fläche ist oft flach- daneben {120} und {130}, außerdem die Längsprismen {011},
wellig gekrümmt und quergestreift; daneben {010} und {021} und {041}, dazu die rhombischen Dipyramiden {113}
{110} bzw. {110}, seltener durch {001} begrenzt. und {112} und das Basispinakoid {001}. Häufig auch in
Verbreitet Zwillingsbildung nach (100). Eingewachsen stängeligen Aggregaten (Varietät Pyknit) oder körnig.
in metamorphen Gesteinen.
Physikalische Eigenschaften.
Physikalische Eigenschaften. Spaltbarkeit {001} vollkommen
Spaltbarkeit, Bruch {100} vollkommen, {010} deutlich; Bruch muschelig
(001) ist Absonderungsfläche, (100) ist Härte 8 (Standardmineral der Mohs-Skala)
zugleich Translationsfläche mit Trans- Dichte 3,5
lationsrichtung [100], d. h. // a. Daraus Farbe, Glanz farblos, hellgelb, weingelb, meerblau,
ergibt sich ein faseriger Bruch nach grünlich oder rosa; Glasglanz, klar
(001) und auffällige Wellung auf (100) durchsichtig bis durchscheinend
Härte Kyanit besitzt eine ausgesprochene
Anisotropie der Ritzhärte auf der
Fläche (100), nämlich 4–4½ // [001],
dagegen 6–7 // [010], daher der
Name „Disthen“ (Abb. 1.20, S. 16)
Dichte 3,7,die Dichte von Kyanit als Hochdruck-
modifikation ist deutlich höher als dieje-
nige der beiden anderen Polymorphen
Farbe, Glanz Farbe versch. intensiv blau (Abb. 11.11),
daher der Name Kyanit (grch. κύανος
= blau); daneben auch blauviolett, grün-
lichblau, grünlich bis bräunlichweiß;
Glasglanz, auf (100) Perlmuttglanz, kan-
tendurchscheinend bis fast durchsichtig
Topas, Al2[F2/SiO4]
Staurolith, Fe2Al9[O6(O,OH)2/(SiO4)4]
Physikalische Eigenschaften.
Spaltbarkeit {010} bisweilen deutlich
Bruch uneben, muschelig
Härte 7–7½
Dichte 3,7–3,8
Struktur. Die relativ komplizierte Kristallstruktur besitzt eine Ausbildung. Kristallklasse 2/m, überwiegend tafelige, pris-
annähernd kubisch dichteste Kugelpackung, in der Al ok- matische, keilförmige (Varietät Sphen von grch. σϕήν
taedrisch, Si und – ungewöhnlicherweise! – auch Fe2+ = Keil), in magmatischen Gesteinen häufig Briefkuvert-
tetraedrisch koordiniert sind. Sehr vereinfacht lässt sich die förmige Kristalle mit monoklinen Prismen {111} sowie
Struktur durch 8 Einheiten der Kyanit-Struktur mit abwech- den Pinakoiden {100}, {001} und {102} (Abb. 11.16).
selnd zwischengelagerten Fe2AlO3(OH)-Schichten // (100)
beschreiben. Die nicht selten auftretenden Parallelver- Physikalische Eigenschaften.
wachsungen zwischen Staurolith (010) und Kyanit (100) mit Spaltbarkeit {110}, auch {111}, bisweilen deutlich
gemeinsamer c-Achse sind auf diese Weise erklärbar. Bruch muschelig, spröde
Härte 5–5½
Chemismus. In der oben aufgeführten chemischen For- Dichte 3,4–3,6
mel des Stauroliths kann Fe2+ durch Mg und Al durch Farbe, Glanz gelbgrün bis grün in der Varietät Sphen
Fe3+ bis zu einigen Prozenten ersetzt sein. Auch Mn2+ und alpiner Klüfte, braun bis dunkelbraun
Zn2+ können Fe2+ bis zu einem gewissen Grad ersetzen. in Titaniten magmatischer Gesteine;
starker Harz- bis Glasglanz
Vorkommen. Charakteristischer Gemengteil Fe- und Al-rei-
cher metamorpher Sedimentgesteine (Metapelite), häufig Struktur. Die Struktur baut sich aus isolierten [SiO4]-
neben almandinbetontem Granat und Biotit. Sekundär als Tetraedern auf, die durch [CaO7]-Polyeder und [TiO6]-
Schwermineral in Sanden und Sandsteinen. Oktaeder verknüpft werden.
Chloritoid, (Fe,Mg,Mn)Al2[O/(OH)2/SiO4] Chemismus. Ca kann diadoch durch Y (bis hin zum Yttro-
titanit), Ce und andere Seltenerd-Elemente, Ti durch Al,
Ausbildung. Kristallklasse 2/m oder 1, sechsseitige Tafeln, Fe3+, Nb und Ta ersetzt werden.
meist aus polysynthetischen Zwillingslamellen beste-
hend, die übereinander geschichtet sind, sehr einfache Vorkommen. Verbreiteter akzessorischer Gemengteil in Mag-
Kristallformen, oft in radialstrahligen Aggregaten. matiten, besonders in Dioriten, Syeniten und Nephelinsye-
niten, sowie in Metamorphiten, besonders Amphiboliten.
Physikalische Eigenschaften. Die Varietät Sphen kommt auf alpinen Klüften vor.
Spaltbarkeit {001} vollkommen
Härte 6½ Wirtschaftliche Bedeutung. Gelegentlich zu Edelsteinen
Dichte 3,5–3,8 verschleifbar.
Farbe, Glanz dunkelgrün bis schwarz, in dünnen
Plättchen grasgrün; Glasglanz 11.2 11.2
Gruppensilikate (Sorosilikate)
Struktur. Dicht gepackte Oktaederschichten mit den Zu-
sammensetzungen Al(O,OH)6 und Fe(O,OH)6 wechsel- Melilith-Reihe: Gehlenit, Ca2Al[4][Al[4]SiO7] –
lagern // (001) und werden durch isolierte [SiO4]-Tetra- Åkermanit, Ca2Mg[4][Si2O7]
eder verknüpft.
Ausbildung. Kristallklasse 42m, kurzsäulige, dicktafelige
Chemismus. Al kann teilweise durch Fe3+, Fe2+ durch Mg oder quaderartige Kristalle, im Gestein eingewachsen
ersetzt werden, insbesondere bei steigenden Bildungs- oder in Hohlräumen aufgewachsen.
drücken (Mg-Chloritoid); Ottrelith ist ein Mn-reicher
Chloritoid. Physikalische Eigenschaften.
Spaltbarkeit {001} oft deutlich, gelegentlich {110}
Vorkommen. Charakteristischer Gemengteil Fe- und Al- Härte 5–6
reicher metamorpher Sedimentgesteine (Metapelite), Dichte 2,9–3,0
entsteht bei niedrigeren Metamorphose-Temperaturen Farbe, Glanz farblos, häufiger gelb, braun; auf fri-
als Staurolith. schem Bruch Fettglanz
154 11 · Silikate
Tabelle 11.2.
Wichtige Gruppensilikate
Struktur. Die Kristallstruktur von Epidot enthält als Anionen- sendem Ionenradius (Armbruster et al. 2006). So wird beim
gerüst sowohl inselförmig angeordnete [SiO4]-Tetraeder als Piemontit das Al auf der M3-Position durch Mn3+ ersetzt.
auch isolierte [Si2O7]-Gruppen. Drei verschiedene, kanten-
verknüpfte Oktaeder-Gruppen [Al,Fe3+O6] bilden Ketten Weitere mögliche Fremdionen sind V3+ auf M1 und Fe3+ auf M3 beim
Vanadoepidot, V3+ auf M3 beim Mukhinit, Cr 3+ auf M3 beim
// der b-Achse, von denen die M1-M3-Ketten gewinkelt, die
Tawmawit bzw. Cr3+ auf M1 und M3 beim Chromotawmawit sowie
M2-Ketten gerade sind (Abb. 11.18b,c). Diese Ketten sind Mn3+ auf M1 und M3 beim Manganipiemontit.
mit den beiden inselförmigen Gruppen zu einem drei-
dimensionalen Gerüst verbunden (Abb. 11.18a). Die gro- Die großen Lücken in der Epidot-Struktur mit den Positio-
ßen, [8]-koordinierten Ca2+-Ionen nehmen unterschiedlich nen A1 und A2 sind bei den meisten Vertretern der Epidot-
geformte Lücken der Struktur ein, die mit A1 und A2 be- Gruppe mit Ca2+ besetzt. Dieses kann teilweise durch Sr2+
zeichnet werden, wobei der Ca–O-Abstand variiert. und Pb2+ auf A2 oder durch Mn2+ auf A1 ersetzt werden.
Beim Allanit (Orthit) werden auf der A2-Position Ce3+ und
Chemismus. „Epidot“ ist Gruppenname für die vollständige andere dreiwertige Seltenerd-Elemente, aber auch U und
Mischkristallreihe zwischen den (theoretischen) Endglie- Th anstelle von Ca2+ eingebaut. Der Ladungsausgleich er-
dern Klinozoisit (mit Al:Fe3+ = 3:0) und Epidot (mit Al : Fe3+ folgt über einen gekoppelten Ersatz Ca2+Al3+ Ce3+Fe2+,
= 2 : 1). Im Klinozoisit-Endglied sind also alle Oktaederpo- bei dem Al3+ gegen Fe2+ auf der M3-Position ausgetauscht
sitionen mit Al besetzt, während im Epidot-Endglied die M3- wird. Ähnlich wie beim Zirkon (S. 146f) wird die Allanit-
Position Fe3+ enthält. Mischkristalle mit <40 Mol.-% Epidot- Struktur durch den radioaktiven Zerfall von U und Th mehr
Endglied werden als Klinozoisit, solche mit >40 Mol.-% Epi- oder weniger stark strahlengeschädigt oder auch völlig zer-
dot-Endglied als Epidot bezeichnet. Der Name „Pistazit“ für stört (metamikter Zustand).
Fe-reichen Epidot ist international nicht mehr gebräuchlich
Auch beim Allenit gibt es weitere gekoppelte Substitutionsmög-
und sollte besser vermieden werden. Beim theoretischen Ferri-
lichkeiten durch Mg2+ und Mn2+ auf M3, z. T. kombiniert mit Mn3+,
epidot-Endglied (mit Al: Fe3+ = 1: 2) befindet sich Fe3+ auf den Fe3+, V3+ und/oder Cr3+ oder auch Mg2+, Fe2+ und/oder Mn2+ auf M1.
M1- und M3-Plätzen; Zusätzlich bestehen zahlreiche weitere
Möglichkeiten für den Einbau fremder Kationen mit pas- Vorkommen. Verbreiteter Gemengteil in metamorphen
Gesteinen, z. B. in Grünschiefern, Epidot-Amphiboliten
und Blauschiefern. In magmatischen Gesteinen als se-
kundäres Zersetzungsprodukt, z. B. von Ca-reichen Pla-
gioklasen („Saussurit“). Als Kluftmineral mitunter in sehr
gut ausgebildeten, flächenreichen Kristallen.
Zoisit, Ca2Al3[(O/OH)/SiO4/Si2O7]
Physikalische Eigenschaften.
Spaltbarkeit {100} vollkommen
Bruch uneben
Härte 6
Dichte 3,2–3,4
Farbe, Glanz grau, braungrau, grünlich, die Mn-halti-
ge Varietät Thulit ist rosa. Tansanit ist ein
tiefblauer Zoisit von Edelsteinqualität; er
gilt als „Edelstein des 20. Jahrhunderts“;
Glasglanz, auf (100) z. T. Perlmuttglanz
Abb. 11.18. Struktur von Klinozoisit. a Projektion auf (010). Kanten-
verknüpfte [Al,Fe3+O6]-Oktaeder (gelb) bilden Ketten // der b-Achse, Struktur. Ähnlich Epidot.
wobei die M1- und M3-Oktaeder (b) gewinkelt, die M2-Oktaeder (c)
gerade sind (kleine offene Kreise: H+-Ionen). Diese Ketten werden
durch isolierte [SiO4]-Tetraeder (blau) und [Si2O7]-Gruppen (rot) zu
Chemismus. Nur geringer Einbau von Fe3+ und Mn3+.
einem Gerüst (a) verbunden, in dessen A1- und A2-Lücken das große
Ca2+-Ion sitzt (große blaue Kugeln). (Nach Armbruster et al. 2006) Vorkommen. In metamorphen Gesteinen, z. B. in Eklogiten.
156 11 · Silikate
Vesuvian, Ca19Al10(Mg,Fe)3[(OH,F)10/(SiO4)10/(Si2O7)4]
Physikalische Eigenschaften.
Spaltbarkeit kaum erkennbar
Bruch muschelig-splittrig
Härte 6–7
Dichte 3,3–3,5, abhängig vom variierenden
Chemismus
Farbe, Glanz am häufigsten verschiedene Gelb-,
Braun- oder Grüntöne; an Kanten oft
durchscheinend, Glas- bis Fettglanz
Abb. 11.21.
Beryll: a einfache Tracht;
b mit zusätzlichen hexa-
gonalen Dipyramiden
Vorkommen. In Oxidationszonen von Cu-Lagerstätten. Abb. 11.23. Turmalin: a Vertikalstreifung und Rundung im Schnitt
⊥ der c-Achse; b, c polare Ausbildung der Kristalle mit verschiede-
Verwendung. Gelegentlich als Schmuckstein verschliffen. nen trigonalen Pyramiden als Endbegrenzung
11.3 · Ringsilikate (Cyclosilicate) 159
Alkali-Turmaline
Ca-Turmaline
Leerstellen-Turmaline
Abb. 11.25. Scheingerundete Kristalle von Turmalin mit ausgeprägtem
Zonarbau in einem Pegmatit von Omaruru, Namibia. Bildbreite 3 cm. Die theoretischen Endglieder der Turmalin-Gruppe
Mineralogisches Museum der Universität Würzburg. (Foto: K.-P. Kelber) sind in Tabelle 11.4 zusammengestellt.
160 11 · Silikate
Farbvarietäten. Der tiefschwarze, Fe-reiche Turmalin wird bis zu 1,8 % CuO und 3,5 % MnO (Ertl et al. 2013). Spä-
als Schörl bezeichnet; betont Mg-reich ist der braune bis ter fand man ähnliche schleifwürdige Elbaite vom
grünlichbraune Dravit. Die meisten Turmalin-Varietä- Paraíba-Typ auch in Mosambik und in Nigeria. Weitere
ten von Edelsteinqualität – vorwiegend Elbaite – verdan- Elbaite von Edelsteinqualität sind der grüne, Cr-haltige
ken ihre Farbe geringen Beimengungen von Fe2+ (meist Verdelith (Abb. 11.24) und der rosarote bis rote Rubellit,
blau), Fe2+ + Ti4+ (grün), Mn3+ (rosa), Mn2+ + Ti4+ (gelb) der Mn-, Li- und Cs-haltig ist; nicht so häufig kommt
oder einer Kombination dieser farbgebenden Elemente. der blaue Indigolith vor; selten gibt es auch farblosen
Seltener, so in Tansania und Kenia, wurden Turmaline ge- Turmalin. Edelstein-Turmaline von optimaler Qualität
funden, deren Farbe durch Spuren von Cr3+ und V3+ be- sollten weder zu blass, noch zu dunkel gefärbt (d. h. zu
dingt ist (z. B. Rossman 2009). Im Jahre 1988 wurden in Fe-reich) sein.
Granit-Pegmatiten im brasilianischen Staat Paraíba Cu2+-
Mn2+-führende Elbaite gefunden, die sich durch unge- Vorkommen. Turmalin ist häufiger akzessorischer Ge-
wöhnlich gesättigte Grün- und Blautöne auszeichnen und mengteil in Pegmatiten oder hochhydrothermal beein-
auf dem internationalen Edelsteinmarkt sehr erfolgreich flussten Graniten, hier auch Drusenmineral. Als mikros-
sind (z. B. Bank et al. 1990; Rossman 2009); sie enthalten kopischer Gemengteil in den verschiedensten Gesteinen
sehr verbreitet; auch als detritisches Schwermineral und
Tabelle 11.4. Besetzung der X-, Y-, Z-, V und W-Position in den theo- als Mineralneubildung in Sedimenten.
retischen Endgliedern der Turmalin-Gruppe nach Hawthorne und
Henry (1999)
Verwendung. Durchsichtige und dabei schön gefärbte rote,
grüne, mehrfarbige, seltener auch blau gefärbte Turma-
line werden als Edelsteine geschliffen.
11.4 11.4
Ketten- und Doppelkettensilikate (Inosilikate)
Zu den Ketten- und Doppelkettensilikaten gehören
zwei wichtige Gruppen von gesteinsbildenden Mine-
ralen:
Pyroxene und
Amphibole.
Abb. 11.27. Pyroxen, Schnitt ⊥ [001] mit angedeuteter Spaltbarkeit Abb. 11.28. Amphibol, Schnitt ⊥ [001] mit vollkommener Spaltbarkeit
nach {110}. Rechts daneben die enge Beziehung zur Pyroxen-Struktur nach {110}. Rechts daneben die enge Beziehung zur Amphibol-Struktur
mit ihren relativ schwächeren seitlichen Bindungskräften zwischen mit ihren relativ schwächeren seitlichen Bindungskräften zwischen den
den [SiO3]-Ketten, die // c verlaufen. Spaltwinkel 87° bzw. 93° [Si4O11]-Doppelketten, die // c verlaufen. Spaltwinkel 124° bzw. 56°
11.4 · Ketten- und Doppelkettensilikate (Inosilikate) 161
11.4.1
Pyroxen-Familie
Der Chemismus der Pyroxene (Abb. 11.29a,b) kann
durch die allgemeine Formel X[8]Y[6][Z2O6] ausge-
Abb. 11.29. Nomenklatur von a Ca-Mg-Fe-Klinopyroxenen, b Ortho-
drückt werden. Die Position von X können die folgen- pyroxenen und c Mischkristallen zwische Jadeit (Jd), Ägirin (Äg) und
den Kationen einnehmen: Na+, Ca2+, Fe2+, Mg2+, Mn2+, Ca-Mg-Fe-Klinopyroxenen (Quad) nach Morimoto et al. (1988). Ja-
die Position von Y: Fe2+, Mg2+, Mn2+, Zn2+, Fe3+, Al3+, deit und Omphacit treten in Hochdruck-metamorphen Gesteinen
Cr3+, V3+ und Ti4+, die Position von Z: im wesentlichen auf (Abschn. 26.3.1, S. 438, 28.3.8, S. 505ff, 28.3.9, S. 507ff)
Si4+ und Al3+. Klinopyroxene, bei denen die X- und Y-
Positionen durch verschieden große Kationen besetzt (Wo) kommt als Wollastonit in der Natur vor, wird je-
sind, haben monokline Symmetrie. Demgegenüber doch nicht zu den Pyroxenen gerechnet, sondern zu
sind in den rhombischen Orthopyroxenen, z. B. im Hy- den Pyroxenoiden (Abschn. 11.4.2, S. 165f).
persthen, die Kationenpositionen annähernd gleich Die Kristallstruktur der Pyroxen-Familie zeichnet
groß, und deshalb besteht hier ausschließlich [6]-Ko- sich durch [SiO3]2–- bzw. [Si2O6]4–-Ketten // zur c-Ach-
ordination (X = Y) und die Symmetrie wird höher. se aus (Abb. 11.1, S. 143). Diese Einfachketten werden
Diese Symmetrieerhöhung wird durch eine Art sub- seitlich abgesättigt durch die Kationen X und Y. Die grö-
mikroskopischer Verzwillingung // (100) unter Verdop- ßeren X-Kationen, bei Diopsid z. B. Ca2+, beim Jadeit
pelung der Elementarzelle hervorgerufen. Viele Klino- Na+, besitzen etwas schwächere Bindungskräfte und
pyroxene können in erster Näherung als Glieder des sind gegenüber O [8]-koordiniert. Die kleineren Y-Kat-
4-Komponenten-Systems CaMgSi2O6–CaFeSi2O6– ionen, im Diopsid Mg2+, im Jadeit Al3+, sind demgegen-
Mg2Si2O6–Fe2Si2O6 („Pyroxen-Trapez“) betrachtet wer- über [6]-koordiniert. Als Beispiel ist in Abb. 11.30 die
den (Abb. 11.29a,b). Die monokline Pyroxen-Misch- Jadeit-Struktur dargestellt. Man erkennt unendliche,
kristallreihe Mg2Si2O6–Fe2Si2O6 (Klinoenstatit-Klino- parallele Ketten von eckenverknüpften [SiO4]-Tetrae-
ferrosilit) ist in irdischen Gesteinen ungewöhnlich. dern und kantenverknüpften [AlO6]-Oktaedern, die
Pigeonit tritt nur unter niedrigen Drücken auf (vgl. beide in Richtung der c-Achse verlaufen und über Ecken
hierzu auch den pseudobinären Schnitt Protoenstatit- miteinander verbunden sind. Das große Na+-Kation
Diopsid bei 1 bar Druck; Abb. 18.16, S. 297). Ca2Si2O6 sitzt in den Lücken der Struktur.
162 11 · Silikate
Mg-Fe-Pyroxene
Tabelle 11.5.
Wichtige Pyroxene
11.4 · Ketten- und Doppelkettensilikate (Inosilikate) 163
Ca-Pyroxene
Spodumen, LiAl[Si2O6]
Abb. 11.33. SiO4-Tetraeder-Einfachketten bei Pyroxenen und Pyro-
Ausbildung. Kristallklasse 2/m; z. T. in metergroßen Riesenkris- xenoiden. a Zweier-Einfachkette: Pyroxene; b Dreier-Einfachkette:
tallen (bis 90 t schwer!), oft angerauht, angeätzt und // c ge- Wollastonit; c Fünfer-Einfachkette: Rhodonit; d Siebener-Einfach-
streift; grobspätige oder nach (100) breitstrahlige Aggregate. kette: Pyroxferroit. (Nach Liebau 1959)
11.4.3 Mg-Fe-Amphibole
Amphibol-Familie
Anthophyllit – Ferroanthophyllit, (Mg,Fe)7[(OH)2/Si8O22]
Der Chemismus der Amphibole kann durch die allge-
meine Formel A0–1B2C5[(OH,F)2/T8O22] ausgedrückt Gedrit – Ferrogedrit, (Mg,Fe)5Al2[(OH)2/Al2Si6O22]
werden. Die einzelnen Plätze in der Struktur können
durch folgende Kationen eingenommen werden: Ausbildung. Kristallklasse 2/m2/m2/m; stängelig bis nadelför-
mig, häufig büschelig gruppiert, faserig als Anthophyllitasbest.
A = Na+, seltener K+,
B = Na+, Ca2+, Mg2+, Fe2+, Mn2+ Physikalische Eigenschaften.
C = Mg2+, Fe2+, Mn2+, Al3+, Fe3+, Ti4+ Spaltbarkeit {210} vollkommen, oft Querabsonde-
T = Si4+, Al3+ rung der Stängel
Härte 5½–6
Dabei ist der Ersatz von Al3+ durch Fe3+ sowie zwischen Dichte 2,9–3,2; Gedrit 2,9–3,6
Ti4+ und den anderen Ionen der Y-Position begrenzt, Farbe, Glanz gelbgrau bis gelbbraun oder nelken-
ebenso der Ersatz von Si4+ durch Al3+. braun, je nach Fe-Gehalt; mit bronze-
Wie bei der Pyroxen-Gruppe ist bei den Amphi- farbenem Schiller
bolen die monokline Symmetrie am häufigsten. Bei
den rhombischen Orthoamphibolen sind wie bei den Vorkommen. In Mg-reichen metamorphen Gesteinen, z. B.
entsprechenden Pyroxenen in der Struktur alle Kat- in Anthophyllit-Cordierit-Gneisen.
ionenplätze [6]-koordiniert. In den Klinoamphibolen
ist das Verhältnis der [6]-:[8]-koordinierten Gitter- Cummingtonit – Grunerit, (Mg,Fe)7[(OH)2/Si8O22]
plätze 5:2, in den Klinopyroxenen 2: 2. Im Unterschied
zur Pyroxenstruktur besteht jeweils in der Mitte der Ausbildung. Kristallklasse 2/m; faserig-nadelige Ausbil-
6-zähligen Ringe der Doppelketten eine Lücke für die dung, oft radialstrahlig-büschelig gruppiert.
Aufnahme eines relativ großen 1-wertigen Anions
2. Stellung wie (OH) und F; die großen A-Gitterplätze Physikalische Eigenschaften.
werden ganz oder teilweise mit Na in [10]- oder [12]- Spaltbarkeit {110} gut
Koordination besetzt, bleiben aber auch häufig als Härte 4–6
Leerstelle unbesetzt (). In Abb. 11.36 ist die Struk- Dichte 3,0–3,6 (je nach Fe-Gehalt)
tur eines monoklinen Ca-Amphibols beispielhaft Farbe, Glanz lichtgrün bis graugrün, beige, bräun-
dargestellt und erläutert. lich; seidenartig glänzend
11.4 · Ketten- und Doppelkettensilikate (Inosilikate) 167
Tabelle 11.6.
Wichtige Amphibol-Endglieder
Vorkommen. In metamorphen Gesteinen; Grunerit tritt Jadeits sehr ähnlich und werden oft fälschlich auch als
zusammen mit Hämatit oder Magnetit sowie Quarz in Jade bezeichnet.
gebänderten Eisensteinen auf.
Physikalische Eigenschaften.
Verwendung. Feinfaseriger Grunerit (Amosit) wird gele- Spaltbarkeit {110} vollkommen, Querabsonderung
gentlich als Asbest verarbeitet. Härte 5–6
Dichte 3,0–3,5 (je nach Fe-Gehalt)
Ca-Amphibole Farbe, Glanz Tremolit: rein weiß, grau oder licht-
grün; ausgesprochener Seidenglanz.
Tremolit, Ca2Mg5[(OH)2/Si8O22] – Aktinolith: hell- bis dunkelgrün je
Aktinolith („Strahlstein“), Ca2(Mg,Fe)5[(OH)2/Si8O22] nach Fe-Gehalt, bei feinnadeliger Ent-
wicklung auch blaßgrün bis grau-grün
Ausbildung. Kristallklasse 2/m; prismatische, stängelige
oder nadelige Kriställchen mit Querabsonderung, Vorkommen. Verbreiteter Gemengteil in metamorphen
häufig ist das Vertikalprisma {110} als Wachstumsfläche Gesteinen, z. B. in Tremolit-Marmoren und Aktinolith-
ausgebildet (Abb. 11.34a), mitunter divergentstrahlig, schiefern; gelegentlich als Kluftmineral.
büschelig bis garbenförmig angeordnet (Abb. 11.35);
auch faserig als Tremolit- oder Aktinolithasbest; biswei- Verwendung von Nephrit. Wie Jadeit Werkstoff für Schmuck-
len feinnadelig und in wirrfaserig-verfilzten Massen, und Kunstgegenstände, in prähistorischer Zeit für Stein-
die als Nephrit bezeichnet werden; sie sind denen des waffen und Geräte.
168 11 · Silikate
Abb. 11.34.
Amphibole, unter-
schiedliche Flä-
chenkombinatio-
nen: a Aktinolith;
b, c Hornblende,
wobei Bild c um
90° gegenüber b
um die c-Achse
gedreht ist
Hornblende,
(Na,K)0–1(Ca,Na)2(Mg,Fe2+,Fe3+,Al)5[(OH,F)2/(Si,Al)2Si6O22]
ist eine feinfaserige Hornblende, die sich sekundär aus Vorkommen. Dunkler Gemengteil in magmatischen Gestei-
Augit bildet und diesen unter Erhaltung seiner äußeren nen mit Na-Vormacht, besonders Alkaligraniten, mitunter
Kristallform ersetzt (Pseudomorphose). auch in metamorphen Gesteinen. Krokydolith kommt als
matt grünlichblaue bis tintenblaue Kluftfüllung vor.
Na-Amphibole
Verwendung. Krokydolith ist verspinnbar und dabei hitze-
Glaukophan – Ferroglaukophan, und säurebeständig; er besaß daher lange Zeit technische
Na2(Mg,Fe)3Al2[(OH)2/Si8O22] Bedeutung als hochwertiger Asbest („Blauasbest“). Kroky-
dolith-Nadeln in der Atemluft können jedoch im Lungen-
Ausbildung. Kristallklasse 2/m; prismatisch oder in stän- gewebe mehrere Jahre überdauern, bis sie endgültig aufge-
gelig-körnigen, auch feinfilzigen Aggregaten. löst werden, haben also eine große Biodurabilität (Werner
et al. 1995); sie können daher zu starken Gesundheits-
Physikalische Eigenschaften. schädigungen (Asbestose) und schließlich zu Krebs führen.
Spaltbarkeit {110} vollkommen Daher ist die technische Verwendung von Asbest, insbeson-
Härte 5½–6 dere auch von Blauasbest in westlichen Industrieländern
Dichte 3,0–3,3 heute stark eingeschränkt oder verboten (vgl. Abschn. 2.5.2,
Farbe, Glanz blau, dunkel- bis schwarzblau mit Zu- S. 48f).Verkieselter und durch Oxidationsvorgänge verän-
nahme des Fe-Gehalts; Glasglanz, in derter Krokydolith ist als goldbraunes Tigerauge ein ge-
feinfilzigen Aggregaten auch Seiden- schätzter Ornament- und Schmuckstein.
glanz, kantendurchscheinend
Arfvedsonit ist makroskopisch und chemisch dem
Chemismus. Lückenlose Mischkristallreihe zwischen den Mg- Riebeckit ähnlich. Er kommt jedoch nur als Gemengteil von
und Fe2+-Endgliedern, zusätzlich kann Al durch Fe3+ ersetzt magmatischen Gesteinen mit Na-Vormacht vor.
werden mit Übergängen zur Mischkristallreihe Magnesiorie-
beckit-Riebeckit. Na-Amphibole im Übergangsbereich zwi- 11.5 11.5
schen der Glaukophan-Ferroglaukophan- und der Magnesio- Schichtsilikate (Phyllosilikate)
riebeckit-Riebeckit-Reihe werden auch als Crossit bezeichnet;
dieser praktische Name taucht leider in der modernen Am- Die Schichtsilikat-Strukturen sind aus zweidimen-
phibol-Nomenklatur von Leake et al. (1997) nicht mehr auf. sional unendlichen Schichten aus Sechserringen von
[SiO4]-Tetraedern aufgebaut, deren Spitzen alle in eine
Vorkommen. Lokal wichtiges gesteinsbildendes Mineral, je- Richtung zeigen (Abb. 11.1, 11.37). Das Si:O-Verhält-
doch ausschließlich in metamorphen Gesteinen wie Glauko- nis ist damit 2:5 bzw. 4:10 entsprechend [Si4O10]4–. In
phanschiefern (Blauschiefern); entstanden unter Hochdruck- den Zentren der Sechserringe befinden sich meist
Niedrigtemperatur-Bedingungen,wie sie besonders in Subduk- (OH)-Ionen in gleicher Höhe wie die freien O-Atome
tionszonen und kontinentalen Kollisionszonen realisiert sind; an den Spitzen der [SiO4]-Tetraeder. Je 2 O und 1 (OH)
oft zusammen mit Aragonit, Lawsonit, Epidot und Jadeit. bilden ein Dreieck, dessen Größe angenähert der Drei-
ecksfläche von [MgO6]- oder [AlO6]-Oktaedern ent-
Magnesioriebeckit – Riebeckit, spricht. Dadurch können die Tetraederschichten mit
Na2(Mg,Fe2+)3Fe3+ Schichten aus oktaedrisch koordinierten Kationen
2 [(OH)2/Si8O22]
Arfvedsonit, NaANaB2Fe42+(Fe3+,Al)[(OH)2/Si8O22] verknüpft werden. Man unterscheidet Zwei- und
Dreischichtstrukturen (Abb. 11.37).
Ausbildung. Kristallklasse 2/m; meist in körnig-stänge-
ligen Aggregaten eingewachsen; die feinfaserige Form Zweischichtstrukturen: Bei den Zweischichtstrukturen
von Riebeckit heißt Krokydolith. sind die freien Tetraederspitzen aller [Si4O10]-Schichten
nach derselben Seite hin gerichtet. Hier sind die Katio-
Physikalische Eigenschaften. nen, im wesentlichen Mg2+ oder Al3+, jeweils von 2 O
Spaltbarkeit {110} vollkommen der benachbarten Tetraederspitzen und zusätzlich von
Härte 5 (Riebeckit) bis 6 (Magnesioriebeckit) 4 (OH)– oktaedrisch umgeben und abgesättigt. Auf die-
Dichte 3,1–3,4 (je nach Fe-Gehalt) se Weise ist in den Zweischichtgittern je eine Mg(OH)2-
Farbe blau bis graublau, mit zunehmendem oder Al(OH)3-Schicht mit je einer [Si4O10]-Schicht ver-
Fe-Gehalt tintenblau bis schwarzblau knüpft. Derartige Zweischichtgitter weisen auf: Serpen-
tin Mg6[(OH)8/Si4O10] und Kaolinit Al4[(OH)8(/Si4O10].
Chemismus. Lückenlose Mischkristallreihe zwischen den Dreischichtstrukturen: Bei den Dreischichtstrukturen
Mg- und Fe2+-Endgliedern; durch den Ersatz von Fe3+ Al sind die freien Sauerstoffe der Tetraederspitzen gegen-
Mischkristallbildung mit (Ferro-)Glaukophan. einander gerichtet. Hier verknüpfen Kationen wie Mg2+
170 11 · Silikate
Abb. 11.37.
Kristallstrukturen der Schicht-
silikate, Übersicht. In den ge-
wählten Schnittlagen bilden die
kristallographischen Achsen b
und c einen rechten Winkel. (Mod.
nach Searle u. Grimshaw 1959)
oder Al3+ in oktaedrischer Koordination gegenüber O setzt bleibt. Werden alle Oktaederzentren durch zwei-
und OH oben und unten je eine benachbarte [Si4O10]- wertige Kationen besetzt, so wird die Besetzung als
Tetraederschicht miteinander. Es kommt zu einer regel- trioktaedrisch bezeichnet. Werden nur À der vorhan-
mäßigen, sandwichartigen Wechselfolge Tetraeder- denen oktaedrischen Plätze durch dreiwertige Katio-
schicht – Oktaederschicht – Tetraederschicht. Zu die- nen besetzt, so spricht man von einer dioktaedrischen
sem Strukturtyp gehören Talk, Pyrophyllit und die Besetzung (Abb. 11.37). Die Dreierschichten sind in
Glimmer. sich abgesättigt und werden untereinander nur durch
Bei Talk Mg3[(OH)2/Si4O10] ist jedes Mg2+ von 4 O schwache Van-der-Waals-Kräfte zusammengehalten;
und 2 (OH) in [6]-Koordination umgeben. Wird Mg2+ deswegen sind Pyrophyllit und Talk fein zerreiblich.
durch Al3+ ersetzt wie im Pyrophyllit Al2[(OH)2/Si4O10], Glimmer besitzen Dreischichtstrukturen, in denen
so ist der elektrostatische Valenzausgleich dadurch in den Tetraederschichten einzelne Si durch Al[4] er-
gewährleistet, dass jeder dritte Kationenplatz unbe- setzt werden; maximal ist das bis zur Hälfte der Si-
11.5 · Schichtsilikate (Phyllosilikate) 171
Atome möglich. Damit reichen die Ladungen von Verwendung. Ähnlich Talk, v. a. aber als Feuerfest-Material,
Mg2+ bzw. Al3+ nicht mehr aus, um die Schichten ab- oft in Kombination mit Zirkon, z. B. Pyrophyllit-Zirkon-
zusättigen. Als Ladungsausgleich treten dann zwi- Pfannensteine für die Stahlindustrie, ferner Isolations-Ke-
schen die Dreischichtenpakete große Kationen ein wie ramiken, Wandfliesen, als Füllstoff für Papier, Kunststof-
K+, Na+ oder auch Ca2+. Ihre Bindungskräfte sind bei fe, Kautschuk und Seifen, als Trägerstoffe für Insektizide.
den großen niedrigwertigen Kationen und der hohen
Koordinationszahl [12] nur relativ schwach. Talk, Mg3[(OH)2/Si4O10]
Wird in der Struktur von Pyrophyllit Al2[(OH)2/Si4O10] Ausbildung. Kristallklasse meist 2/m, daneben auch tri-
¼ der Si4+-Positionen durch Al3+ ersetzt und das so entstan- kline und rhombische Polytypen; Kristalle mit 6-seitiger
dene Ladungsdefizit durch Eintritt von K+ zwischen seine (pseudohexagonaler) Begrenzung sind relativ selten,
Schichtpakete ausgeglichen, so ergibt sich die Muscovit-Struk- meist in schuppig-blättrigen Aggregaten, Talk massig-
tur entsprechend der Formel: K+{Al2[(OH)2/AlSi3O10]}–. Aus dicht als Speckstein (Steatit).
der Struktur des Talks erhält man auf die gleiche Weise die-
jenige des Phlogopits K+{Mg3[(OH)2/AlSi3O10]}–. Muscovit Physikalische Eigenschaften.
ist durch seine À-Besetzung der oktaedrischen Plätze diokta- Spaltbarkeit {001} vollkommen, Spaltblättchen sind
edrisch, während die Phlogopit und Biotit K{(Mg,Fe2+)3 biegsam, jedoch nicht elastisch
[(OH)2/AlSi3O10]} zu den trioktaedrischen Glimmern zählen. Härte 1 (Standardmineral der Mohs-Skala),
Die relativ starken Bindungskräfte Si-O (und Al-O) inner- fühlt sich fettig an
halb einer Tetraederschicht und die enge Bindung zur Okta- Dichte 2,7
ederschicht erklären die sehr vollkommene Spaltbarkeit nach Farbe zart grün, grau oder silberweiß
der Basis {001} zwischen den Schichtpaketen bei fast allen Glanz Perlmutterglanz, durchscheinend
Schichtsilikaten. Charakteristisch für diese Mineralgruppe
ist das Auftreten von Polytypen unterschiedlicher Symme- Struktur. Trioktaedrisches Dreischichtsilikat (Abb. 11.37).
trie bei der gleichen Mineralart, die sich meist nur röntgeno- Die Schichtpakete sind in sich abgesättigt und werden un-
graphisch unterscheiden lassen; so treten u.a. monokline tereinander lediglich durch schwache Van der Waals’sche
(2M1, 1M), trikline (Tc) und trigonale (3T) Polytypen auf. Restkräfte gebunden. Daraus erklärt sich die vollkomme-
ne Spaltbarkeit nach {001}.
11.5.1
Pyrophyllit-Talk-Gruppe Chemismus. Geringer Einbau von Fe und Al.
Tabelle 11.7.
Wichtige Schichtsilikate
K+ kann in geringem Maß durch Na+, Rb+ oder Cs+, Al[6] stets aufgewachsen; meist in einzelnen unregelmäßig
durch Mg2+, Fe2+, Fe3+ u. a. ersetzt werden; bei den Anio- begrenzten Blättchen oder in schuppigen Aggregaten im
nen 2. Stellung kann (OH)– durch F– vertreten sein. Ge- Gestein eingewachsen. Häufig Zwillingsbildung mit (001)
koppelte Substitution Mg[6]Si[4] Al[6]Al[4] im Phengit. als Verwachsungsebene.
Grüner Cr-haltiger Muscovit heißt Fuchsit.
Physikalische Eigenschaften.
Vorkommen. Muscovit ist ein sehr verbreitetes Mineral in Spaltbarkeit {001} sehr vollkommen
Metamorphiten wie Phylliten, Glimmerschiefern und Härte 2½–3
Gneisen, in Magmatiten, z. B. mit Biotit in sog. Zwei- Dichte 2,8–3,2
glimmergraniten, auch in Sandsteinen. Sericit ist häufig Farbe, Glanz dunkelgrün, bräunlichgrün, hellbraun,
sekundäres Umwandlungsprodukt, z. B. von Feldspäten. dunkelbraun bis schwarzbraun. Perl-
mutterglanz auf den Spaltflächen
Verwendung als Rohstoff. Wegen seiner guten Wärme- und
Elektro-Isolation wird Muscovit technisch genutzt. Chemismus. Gegenüber Phlogopit ist ein Teil des Mg2+
durch Fe2+ sowie durch Fe3+, Al[6] und Ti4+ ersetzt; zum
Paragonit, NaAl2[(OH)2/AlSi3O10] Ladungsausgleich wird in der Tetraederschicht teilweise
Al[4] anstelle von Si eingebaut. Biotite bilden eine lücken-
Makroskopisch und mikroskopisch dem Muscovit sehr lose Mischkristallreihe zwischen Phlogopit und den
ähnlicher Hellglimmer; beide lassen sich nur röntgeno- Fe-reichen Endgliedern Annit KFe32+[(OH)2/AlSi3O10]
graphisch oder durch Analytik mit der Elektronenstrahl- bzw. Siderophyllit K(Fe2+,Fe3+,Al)3[(OH)2/(Si,Al)4O10].
Mikrosonde unterscheiden; daher wurde Paragonit als Schwarzbraun gefärbte, Fe-reiche Biotite werden als
gesteinsbildendes Mineral vielfach übersehen. Er tritt Lepidomelan bezeichnet.
nicht selten in schwach- bis mittelgradig metamorphen,
Al-reichen Gesteinen (Metapeliten) auf. Vorkommen. Biotit ist ein sehr verbreitetes gesteinsbil-
dendes Mineral, das in Magmatiten, so z. B. Graniten, Gra-
Phlogopit, KMg3[(OH,F)2/AlSi3O10] nodioriten und deren Pegmatiten, und auch in Meta-
morphiten, z. B. Glimmerschiefern und Gneisen, auftritt.
Ausbildung. Kristallklasse 2/m beim häufigen 2M1-Phlo-
gopit, nicht selten in prismatischen Kristallen mit pseu- Lepidolith, K(Li,Al)3[(F,OH)2/(Si,Al)4O10]
dohexagonaler Begrenzung; er neigt zur Ausbildung grö- und Zinnwaldit, K(Fe2+,Al,Li,)3[(OH,F)2/(Si,Al)4O10]
ßerer Kristalle.
Struktur und Chemismus. Wegen seines geringen Ionenra-
Physikalische Eigenschaften. dius sitzt Li+ nicht auf den Zwischengitterplätzen in [12]-
Spaltbarkeit {001} sehr vollkommen Koordination, sondern ersetzt das [6]-koordinierte Al3+
Härte Härte 2½–3 in den Oktaederschichten. Bei einem Li : Al-Verhältnis
Dichte 2,75–3,0 von 1 : 1 ergäbe sich ein vollständiger Ladungsausgleich
Farbe gelbbraun bis grünlichgelb, auch fast farblos und eine ideale trioktaedrische Besetzung.
Tatsächlich variiert das Li : Al-Verhältnis sehr stark,
Chemismus. Phlogopit im engeren Sinne ist das Mg-Endglied so dass der Ladungsausgleich über eine entsprechende
einer lückenlosen Mischkristallreihe mit Biotit, wobei Mg2+ Variation im Si : Al-Verhältnis in der Tetraederschicht
durch Fe2+ ersetzt wird; dagegen ist die Mischkristallbildung oder durch Leerstellen in der Oktaederschicht erfolgen
mit Muscovit außerordentlich begrenzt; häufig Ersatz des muss; es besteht somit ein Übergang zur dioktaedrischen
(OH) durch F, bis hin zum Fluorphlogopit mit F > (OH). Besetzung.
Vorkommen. In Mg-reichen Magmatiten wie Kimberlit und Ausbildung. Kristallklasse 2/m bei den 2M- und 1M-Poly-
Lamproit, den Trägergesteinen der Diamanten sowie in typen, trigonal (32) beim 3T-Polytyp. Lepidolith meist
Metamorphiten wie Phlogopitschiefern und Phlogopitmar- als Blättchen oder Schüppchen, z. T. in halbkugeligen Ag-
moren. Phlogopit ist noch im oberen Erdmantel stabil. gregaten; schöne Kristalle sind selten. Dagegen bildet
Zinnwaldit tafelige Kristalle mit 6-seitigem Umriss, meist
Technische Verwendung. Wie Muscovit. fächerförmig gruppiert und aufgewachsen.
Farbe, Glanz Lepidolith: weiß bis blass rosarot oder Ausbildung. Meist keine wohlausgebildeten Kristalle,
pfirsichblütenfarben; Perlmutterglanz auf schuppige oder blättrige Aggregate.
den Spaltflächen; die Färbung wird durch
einen geringen Gehalt an Mn2+ verur- Physikalische Eigenschaften. Wegen des Einbaus von Ca2+
sacht; Zinnwaldit: blassviolett, silbergrau, anstelle von K+ oder Na+ werden die Zwischenschicht-
gelblich, bräunlich, auch fast schwarz Bindungen verstärkt, während der Ersatz von Si4+ durch
(„Rabenglimmer“); Perlmuttglanz Al3+[4] die Bindungen innerhalb der Tetraederschicht
schwächt. Deswegen ist die Spaltbarkeit nach {001} et-
Vorkommen. Lepidolith tritt zusammen mit anderen Li- was weniger vollkommen als bei Muscovit; die Spalt-
haltigen Mineralen in Pegmatiten auf; Zinnwaldit bildet blättchen sind spröde und zerbrechlich: Sprödglimmer.
sich unter hochhydrothermalen Bedingungen neben
Zinnstein, Topas, Fluorit und Quarz. Härte 3½–4½
Dichte 3,0–3,1
Technische Verwendung. Gewinnung des Leichtmetalls Li- Farbe, Glanz weiß, rötlichweiß, perlgrau; starker
thium für Speziallegierungen; zur Herstellung von Li-Sal- Perlmutterglanz, durchscheinend
zen, pyrotechnischen Artikeln und Spezialgläsern.
Chemismus. CaAl[4] kann z. T. durch NaSi[4], Al[6] durch
11.5.3 Fe und Mg ersetzt werden.
Hydroglimmer-Gruppe
Vorkommen. Gemengteil in Ca-Al-reichen metamorphen
Illit, (K,H3O)Al2[(H2O,OH)2/(Si,Al4)O10] Gesteinen, z. B. in metamorphen Bauxiten (Smirgel).
Von den zahlreichen trioktaedrischen Sprödglim-
Struktur. Illit (Hydromuscovit) ist ein dioktaedrisches, mern sei an dieser Stelle nur der monokline Clintonit
(seltener) trioktaedrisches Dreischichtsilikat mit glim- CaMg2(Al,Mg)[(OH)2/(Si,Al)4O10] genannt.
merähnlicher Struktur, ein Hydroglimmer, bei dem K+
teilweise durch H3O+ ersetzt ist. Vorherrschend ist der 11.5.5
1M-, seltener der 2M1-Polytyp. Chlorit-Gruppe
Ausbildung. Häufig ist Illit sehr feinkörnig (<20 μm) ausge- Die Chloritstruktur besteht aus Vierschicht-Paketen, in
bildet oder erreicht sogar kolloidale Dimensionen (<2 μm) denen sich eine talkähnliche Schicht aus Tetraeder-Ok-
und wird dann zu den Tonmineralen gerechnet (S. 176). taeder-Tetraeder-Einheiten und eine brucitähnliche Zwi-
schenschicht aus [(Mg,Fe)(O,OH)6)]- oder [Al(O,OH)6]-
Vorkommen. Illite sind wichtiger Bestandteil von Böden, Tief- Oktaedern abwechseln (Abb. 11.37). Als einfachstes End-
see-Sedimenten (roter Tiefseeton), Ziegeleitonen, Mergeln, glied ergäbe sich die Formel Mg3[(OH)2/Si4O10] · Mg3(OH)6,
Tonsteinen, Grauwacken, aber auch von bereits schwach die jedoch kein Chlorit ist, sondern für die Serpentin-Grup-
metamorphen Gesteinen wie Tonschiefern. Die weit ver- pe gilt. In den meisten Chloriten ist Mg in der talk- und in
breiteten dioktaedrischen Illite entstammen wahrschein- der brucitähnlichen Schicht teilweise durch Al, Fe2+ und Fe3+
lich der Verwitterung von Muscovit oder von Kalifeldspäten. ersetzt. Außerdem ersetzt Al[4] teilweise Si. So besteht ein
Andererseits kann Illit auch aus Montmorillonit durch Kali- breites Spektrum von Mischkristallzusammensetzungen,
aufnahme entstehen. Darüber hinaus bildet sich Illit in die eigene Varietätennamen erhalten haben. Seit Bayliss
Alterationszonen um heiße Quellen sowie verbreitet bei der (1975) werden jedoch alle Mg-reichen Chlorite mit Mg > Fe
Diagenese und niedrigstgradiger Metamorphose von toni- als Klinochlor, die Fe-reichen als Chamosit bezeichnet.
gen Sedimenten; dabei rekristallisiert er unterschiedlich Daneben gibt es noch chloritähnliche Schichtsilikate, in
stark; die sog. Illit-Kristallinität, die man durch Röntgen- denen eine dioktaedrische pyrophyllitähnliche Schicht mit
Pulverdiffraktometrie bestimmen kann, gilt als Maß für die einer trioktaedrisch brucitähnlichen Schicht wechsellagert,
temperaturabhängige Kornvergröberung des Illits im z. B. Sudoit (Al,Fe)2[(OH)2/(Si,Al)4O10] · Mg2Al(OH)6 und
Grenzbereich Diagenese/Metamorphose. Cookeit Al2[(OH)2/AlSi3O10] · LiAl2(OH)6.
Physikalische Eigenschaften.
Spaltbarkeit {001} sehr vollkommen, die Spalt-
blättchen sind biegsam, jedoch nicht
elastisch wie diejenigen von Glimmer
Härte 2–3
Dichte je nach Zusammensetzung sehr varia-
bel 2,6–3,0
Farbe grün in wechselnden Tönen, selten fast
farblos oder auch fast schwarz, durch
Spurenelemente mitunter abweichen-
de Färbung
Abb. 11.38. a Schematische Darstellung einer möglichen Krümmung
Vorkommen. Wichtiges gesteinsbildendes Mineral in meist der Schichten in der Chrysotil-Struktur; b nach elektronenmikrosko-
niedriggradigen metamorphen Gesteinen, z. B. in Grün- pischer Aufnahme eines Chrysotil-Röllchens, schematisch, c schemati-
schiefern (Abb. 2.9, S. 39); sekundäres Umwandlungs- sche Darstellung der Antigorit-Struktur. (a, c nach Klein u. Hurlbut 1985)
produkt aus Biotit, Granat, Pyroxen oder Amphibol in Meta-
morphiten und Magmatiten; Kluft- und Drusenmineral. Lizardit, Antigorit (Blätterserpentin),
Chamosite (Thuringite) sind Fe2+-Fe3+-reiche Chlo- Chrysotil (Faserserpentin)
rite, die in manchen marinen Eisenerzen vorkommen.
Ausbildung. Serpentin bildet meist völlig dichte Aggrega-
11.5.6 te; mikroskopisch blättrig oder schuppig, beim Chrysotil
Serpentin-Gruppe, Mg6[(OH)8/Si4O10] faserig; gut ausgebildete Kristalle sind sehr selten. Die un-
terschiedlichen Polytypen lassen sich nur durch Röntgen-
Zu dieser Gruppe gehören mehrere Strukturvarietäten. beugung und das Elektronenmikroskop identifizieren.
Am verbreitetsten sind Lizardit (monoklin m, trigonal 3
oder 3m, hexagonal 6 oder 6mm), Antigorit (Blätter- Physikalische Eigenschaften. Alle drei Serpentin-Minerale
serpentin, monoklin) und Chrysotil (Faserserpentin, mo- zeigen ähnliche Eigenschaften und sind daher selbst mi-
noklin 2/m, orthorhombisch mm2). Serpentine haben kroskopisch nur schwierig und mit großer Übung zu un-
eine Zweischichtstruktur, bestehend aus einer Tetraeder- terscheiden.
schicht und einer brucitähnlichen Oktaederschicht. Die-
se Struktureinheit ist elektrostatisch abgesättigt, so dass Kohäsion Spaltbarkeit nach {001} bei Lizardit und
von Struktureinheit zu Struktureinheit nur schwache Bin- Antigorit makroskopisch kaum sichtbar;
dungen nach Art der Van-der-Waals-Restkräfte bestehen. auch die faserige Teilbarkeit bei Chrysotil
Die pseudohexagonal angeordneten [SiO4]-Tetraeder zei- ist oft undeutlich; demgegenüber zeigen
gen alle in die gleiche Richtung; in den brucitähnlichen die äußerst biegsamen Fasern des Chry-
Oktaederschichten sind jeweils 3 (OH) durch 2 Spitzen- sotil-Asbests weitest gehende mechani-
Sauerstoffe ersetzt. sche Teilbarkeit. Serpentingesteine (Ser-
Im Vergleich etwa zum Al in der Kaolinit-Struktur pentinite) haben splittrigen bis musche-
(Abb. 11.37) ist das Mg etwas größer, so dass die Oktaeder- ligen Bruch, sind mild und politurfähig
schicht der Serpentin-Minerale etwas aufgeweitet ist. Härte 3–4, bisweilen härter durch Verkieselung
Dadurch passen die Gitterabstände zwischen Oktaeder- Dichte 2,5–2,6
und Tetraederschicht nicht genau aufeinander. Diese me- Farbe, Glanz vorherrschend grün in allen Abstufun-
trische Unstimmigkeit („misfit“) führt bei Chrysotil zu gen, aber auch blassgelb oder weiß,
einer Krümmung und Einrollung der beiden Schichten, durch Spurenelemente mitunter abwei-
wobei sich die Tetraederschicht auf der Innen- und die chende Färbung; feinverteilter Magne-
Oktaederschicht auf der Außenseite der Chrysotil-Röll- tit färbt Serpentinite grau, schwarz oder
chen befindet (Abb. 11.38a). Diese erscheinen makrosko- braun, seltener rötliche Färbung durch
pisch als Fasern mit rund 200 Å Durchmesser (Abb. feinverteilten Hämatit; oft sind Serpen-
11.38b). Beim Antigorit (Blätterserpentin) wird der Misfit tinite geadert und farbig geflammt;
dadurch ausgeglichen, dass die Doppelschichten sich aus Chrysotil-Asbest zeigt Seidenglanz
Modulen aufbauen, die jeweils nach 8 [SiO4]-Tetraedern
in die Gegenrichtung umklappen; dadurch entsteht Vorkommen. Nach Wicks u. O’Hanley (1988) ist Lizardit
eine wellenartige, „modulierte“ Struktur der blättchen- das bei weitem häufigste Serpentin-Mineral, gefolgt von
förmigen Kristalle (Abb. 11.38c). Im Gegensatz dazu Antigorit und Chrysotil. Lizardit, z. T. auch Antigorit, bil-
weist Lizardit eine ebene 1 : 1-Schichtstruktur auf. den sich bei der niedriggradigen Metamorphose von
176 11 · Silikate
Kaolinit, Al4[(OH)8/Si4O10]
Physikalische Eigenschaften.
Spaltbarkeit {001} vollkommen, Spaltblättchen bieg-
sam, feste Tone und Kaoline haben er-
Abb. 11.39. Kaolinit mit pseudohexagonalem Umriß der Blättchen.
dig-muscheligen Bruch
Größe: ~1 μm ∅, Aufnahme mit dem Raster-Elektronenmikroskop Härte 1
(REM). Kaolin von Zettlitz bei Karlsbad (Karlovy Vary), Böhmen Dichte 2,1–2,6
11.5 · Schichtsilikate (Phyllosilikate) 177
Farbe reiner Kaolin ist weiß; Kaolintone sind Farbe, Glanz hellblau, bläulichgrün oder grün; fet-
durch Fremdbeimengungen gelb, tig glasglänzend oder matt, halb durch-
grünlich oder bläulich gefärbt sichtig bis undurchsichtig
Vorkommen. Kaolinit ist ein sehr wichtiges und weit ver- Kristallstruktur. Ähnlich Halloysit.
breitetes Tonmineral. Er entsteht durch Verwitterung
(Kali-)feldspatreicher Gesteine wie Granit, Rhyolith, Vorkommen. Als sekundäres Cu-Mineral mit 30–36 % Cu
Arkose, oder durch Einwirkung thermaler bzw. hydro- in Oxidationszonen von Cu-Lagerstätten, oft zusammen
thermaler Wässer auf diese, wobei pH-Werte <6 reali- mit Malachit, Azurit und Cuprit.
siert sein müssen; Pseudomorphosen nach gesteinsbil-
denden Al-Silikaten, insbesondere Feldspäten, sind häu- Verwendung. Lokal als Kupfererz; zu Schmuckzwecken;
fig. Hauptgemengteil von Kaolin (Porzellanerde), Be- als Antifouling-Zusatz für Schiffsanstriche.
standteil vieler Tone, von sauren, tropischen Böden und
Lateriten, auch in Tiefseesedimenten. Montmorillonit (Smectit),
~(Al,Mg,Fe)2[(OH)2/(Si,Al)4O10] · Na0,33(H2O)4
Bedeutung als Rohstoff. Ton und Kaolin (china clay) sind außer-
ordentlich wichtige und auch relativ verbreitete Rohstoffe für Struktur und Zusammensetzung. Montmorillonit ist ein
die keramische Industrie (Fayence und Porzellan). Beim Erhit- dioktaedrisches Dreischichtsilikat sehr variabler Zusam-
zen auf 350 °C entweicht das gebundene Wasser; bei Brenn- mensetzung, die durch die oben angegebene Formel nur
temperaturen von ca. 1 200 °C erfolgt die Umwandlung in angenähert wiedergegeben wird. Na kann z. T. durch Ca
das Al-Silikat Mullit (S. 151), eine wesentliche kristalline Kom- ersetzt werden. Durch Einbau von Wasserschichten wird die
ponente im Porzellan. Feuerfeste Tone mit sehr hoher Schmelz- Struktur in der c-Dimension stark aufgeweitet (Abb. 11.37).
temperatur finden als Schamotteziegel in der Metallurgie Ver- Je nach dem Wassergehalt ändert sich durch innerkris-
wendung. Sogenannte Ziegeltone sind zur Herstellung von talline Quellung oder Schrumpfung der Gitterabstand.
Mauer- und Dachziegeln besonders gut geeignet. Kaolin dient Zur Montmorillonit-Reihe gehören auch der grüngefärb-
als Füllmittel und Appretur in der Papierindustrie und ist Roh- te, Fe3+-reiche Nontronit, der Ca-Al-reiche Beidellit so-
stoff für die Gewinnung von Al2O3 (Tonerde). Suspensionen wie trioktaedrische Schichtsilikate wie der Mg-reiche
feindisperser Tone sind zur Stabilisierung der Bohrlochwände Saponit, und der Li-haltige Hectorit.
beim Niederbringen von Bohrlöchern notwendig. In der
pharmazeutischen Industrie wird Kaolin (Bolus alba) als Ausbildung und physikalische Eigenschaften. Mild, fein
Füllstoff für kosmetische medikamentöse Puder eingesetzt. zerreiblich und mit Wasser quellend, wird aber nicht
Chemisch gleich zusammengesetzt wie Kaolinit, aber wirklich plastisch.
monoklin sind die Tonminerale Dickit (farblos, weiß, gelb-
lich, bräunlich) und Nakrit (weiß, gelblich, auch grünlich), Vorkommen. Montmorillonit ist ein wasserspeicherndes
die auf hydrothermalen Lagerstätten vorkommen. Mineral im Boden. Er ist vorherrschendes Tonmineral im
Bentonit, der sich bei der subaquatischen Verwitterung und
Halloysit, Al4[(OH)8/Si4O10] · 2H2O Diagenese oder bei der hydrothermalen Zersetzung von glas-
reichen vulkanischen Aschen, Tuffen und Ignimbriten bildet
Zweischichtsilikat mit Schichten von H2O-Molekülen zwi- (Christidis und Huff 2009; Abschn. 14.3, S. 246). Als wichti-
schen den kaolinitartigen Zweischichtpaketen (Abb. 11.37, ger Bestandteil v. a. in tropischen Böden, auch in Tiefseeböden.
S. 170); durch den Misfit entstehen spiralförmige Röllchen.
Der Verlust der eingelagerten Wassermoleküle bei der Ent- Montmorillonitreiche Tone als Rohstoff. Technisch wichtig sind
wässerung ist im Unterschied zum Verhalten von Montmo- die enorme Quellfähigkeit, das große Ionenaustausch-Ver-
rillonit irreversibel. Halloysit ist ein häufiges Verwitterungs- mögen, z. B. für toxische Schwermetalle wie Zn, Pb, Cr, Cu
produkt vulkanischer Gläser, entsteht jedoch auch hydro- sowie die Aufnahmefähigkeit für Farbstoffe, Öle und Gase.
thermal; er ist Bestandteil vieler Tone und Böden. Dadurch sind Montmorillonit-reiche Tone und Bentonite
wichtige Rohstoffe mit erstaunlich vielfältiger Verwendung,
Chrysokoll (Kieselkupfer), ~Cu4H4[(OH)8/Si4O10] · nH2O z. B. als Zusatz zu keramischen Massen, als Absorptions-
mittel bei der Trinkwasseraufbereitung und der Abwasser-
Ausbildung. Kristallsystem orthorhombisch; derb, traubig- reinigung, beim Entfärben von Lösungen, Bleichen von
nierig bis stalaktitisch, gelartig dicht oder in Krusten. Speiseölen, Entfernung von Proteinen aus Bier, zur Wein-
schönung, zum Entfetten von Wolle, als Fett- und Schmier-
Physikalische Eigenschaften. mittelverdicker, als Pelletiermittel für Erze, als Tierfutter,
Härte 2–4 zur Tierpflege, als Trägermaterial für Insektizide und Pes-
Dichte 2,0–2,2 tizide, als Bohrspülmittel bei Tiefbohrungen, z. B. in der
178 11 · Silikate
Erdölindustrie, zur Abdichtung von Schadstoffdeponien oder drei verschiedenen Tonmineralen zusammengesetzt
(Eisenhour und Brown 2009). Neuerdings werden sie auch sind. Die häufigsten Wechsellagerungs-Strukturen bestehen
zur Herstellung von organischen und anorganischen Hyb- aus Illit- und Montmorillonit-Lagen, die in regelmäßiger
rid-Materialien verwendet (Güven 2009). Wie schon in an- oder unregelmäßiger Folge in der c-Richtung gestapelt sind.
tiken Kulturen werden sie auch heute noch in der Medizin Regelmäßige Wechsellagerungsminerale sind teilweise mit
als Heilerden verwendet (Williams et al. 2009). eigenen Namen bezeichnet worden.
Wechsellagerungs-Tonminerale
Abb. 11.40. Die [SiO4]-Tetraederschicht von Apophyllit, projiziert auf
Neben den aufgeführten Tonmineralen kommen besonders
die Ebene (001). Die SiO4-Tetraeder bilden Viererringe, wobei die
in jungen pelitischen Sedimenten sog. Wechsellagerungs- Spitzen alternierend nach oben und nach unten zeigen. (Nach Strunz
Tonminerale (Mixed-Layer-Tonminerale) vor, die aus zwei und Nickel 2001)
11.6 · Gerüstsilikate (Tektosilikate) 179
Farbe, Glanz farblos, weiß, rötlich- oder gelblichweiß, zu Strunz und Nickel (2001) behandeln wir die SiO2-
rosenrot, lichtgrünlich (Abb. 11.63, 11.64), Minerale nicht bei den Oxiden, sondern – unter Be-
bräunlich; ausgezeichneter Perlmutt- rücksichtigung ihrer Kristallstrukturen – bei den
glanz mit eigentümlichem, charakteristi- Gerüstsilikaten. Wir befinden uns damit in Überein-
schem Lichtschein (daher der veraltete stimmung mit Deer, Howie u. Zussman (1963, 1992).
Name„Ichthiophalm“ =Fischaugenstein)
Bes. Eigenschaft Beim Erhitzen entweicht die Hälfte des
Wassers kontinuierlich; der Rest geht bei Die wechselnde gegenseitige Verdrehung der zusammen-
250 °C verloren; vor dem Lötrohr blät- hängenden SiO4-Tetraeder ergibt bei unterschiedlicher Sym-
tert Apophyllit auf (grch. αποϕυ′ λλειν metrie eine verschiedengradig aufgelockerte Kristallstruktur.
= abblättern) und schmilzt unter Aufblä- Bei der relativ lockeren Quarz-Struktur (Abb. 1.18, S. 15, 11.41)
hen zu einem weißen Glas bilden die SiO4-Tetraeder zusammenhängende, rechts- oder
linkssinnig gewundene Spiralen in der kristallographischen
Vorkommen. Vorwiegend in Blasenräumen von Basalten c-Richtung (Abb. 11.42).Die Identitätsperiode der Kette besteht
und ähnlichen Vulkaniten, oft zusammen mit Zeolithen
(Abb. 11.63, 11.64), Calcit u. a., seltener als Drusenmineral
in Graniten; als Kluftfüllung in Syeniten, metamorphen
Gesteinen und Erzlagerstätten.
11.6 11.6
Gerüstsilikate (Tektosilikate)
11.6.1
SiO2-Minerale
Kristallstrukturen
In Tabelle 11.8 sind die wichtigsten kristallisierten und
amorphen Modifikationen des SiO2 aufgeführt, die aus
der Natur und als Syntheseprodukte bekannt sind. In
Abb. 11.41. Dieses Modell zeigt die relativ lockere Sauerstoffpackung
ihren Kristallstrukturen haben Quarz, Tridymit, Cristo- des Quarzes (die Kugeln entsprechen dem Sauerstoff). Prismen- und
balit und Coesit gemeinsam, dass sie aus [SiO4]-Tetra- Rhomboederflächen sind angedeutet. In den winzigen tetraedri-
edern aufgebaut sind,die ein dreidimensional zusammen- schen Lücken zwischen 4 Sauerstoffkugeln befindet sich das kleine Si.
hängendes Gerüst bilden. Damit gehört jedes O zu 2 Si Die unregelmäßige Absonderung des muscheligen Bruchs des Quar-
zes verläuft innerhalb der relativ großen Lücken zwischen den ge-
und es entfallen auf jedes Si-Ion nur  Sauerstoff-Ionen,
ringsten Bindungskräften der Struktur. (Original im Mineralogi-
woraus sich die Formel SiO2 ergibt. Im Gegensatz schen Museum, Universität Würzburg, Entwurf Emil Eberhard)
180 11 · Silikate
Abb. 11.42.
Die Strukturen von trigonalem
Tiefquarz (a) und hexagonalem
Hochquarz (b) projiziert auf die
(0001)-Ebene senkrecht zur mor-
phologischen c-Achse, die als 3-
bzw. 6 zählige Schraubenachse
ausgebildet ist. Anstelle der
[SiO4]-Tetraeder sind lediglich
die Si-Atome in unterschiedli-
chen Niveaus eingezeichnet.
Der strukturelle Übergang von
Hoch- zu Tiefquarz beruht auf
einer Einwinkelung der Si-O-Si-
Bindungsrichtungen. (Nach
Strunz 1982)
Abb. 11.43. Die Strukturen der wichtigsten SiO2-Minerale im Vergleich. (Heribert Graetsch, Bochum, unpubliziert)
aus 3 Tetraedern. Dichte (Tabelle 11.8) und Lichtbrechung nβ nen noch tetraedrisch, im Stishovit hingegen höher, okta-
von Tridymit 1,47 (Abb. 1.18, S. 15), Quarz 1,55 und Coesit 1,59 edrisch koordiniert, wobei die [SiO6]-Oktaeder teilweise
sind ein zahlenmäßiger Ausdruck der unterschiedlichen kantenverknüpft sind und Ketten // c bilden: Stishovit hat
Packungsdichte der Strukturen (Abb. 11.43). die gleiche Struktur wie Rutil TiO2 (Abb. 7.9, S. 110). Die mit
Da die SiO2-Strukturen elektrostatisch abgesättigt sind, diesem Koordinationswechsel verbundene dichtere Packung
können – abgesehen von Spurenelementen – keine wei- kommt in der noch höheren Dichte von 4,35 und dem ho-
teren Kationen eingebaut werden, obwohl in den weit- hen Brechungsindex nβ = 1,81 besonders zum Ausdruck.
maschigen Tetraeder-Gerüsten dafür genügend Raum
wäre. Erst der teilweise Ersatz von Si4+[4] durch Al3+[4] er- Die Phasenbeziehungen im Einstoffsystem SiO2
zeugt negative Ladungen, die durch Einbau von 1- oder
2-wertigen Kationen neutralisiert werden, wie z. B. beim Die Stabilitätsfelder der SiO2-Modifikationen sind bis zu
Kalifeldspat K+[AlSi3O10]– oder Anorthit Ca2+[Al2Si2O8]2–. Drücken von weit über 100 kbar (= 10 GPa) experimen-
In der Struktur der Hochdruck-Modifikation Coesit ist tell erforscht. Von den aus der Natur und von Synthese-
das Si gegenüber O wie bei den übrigen SiO2-Modifikatio- produkten her bekannten kristallinen Modifikationen
11.6 · Gerüstsilikate (Tektosilikate) 181
des SiO2 sind nur sechs stabil und im Druck-Temperatur- felder, die weite P-T-Bereiche innerhalb der Erdkruste
Diagramm (P-T-Diagramm) (Abb. 11.44) dargestellt. Bei ei- und Teile des obersten Erdmantels umfassen. Das ist ei-
nem Druck von 1 bar (≈ 1 000 hPa) und einer Temperatur ner der Gründe, weshalb Quarz zu den am meisten ver-
von 573 °C wandelt sich der trigonal-trapezoedrische Tief- breiteten Mineralen der Erdkruste zählt. Demgegenüber
quarz (32) unter Erhaltung seiner äußeren Kristallform und haben die Peridotite des Erdmantels kein freies SiO2, so
ohne Verzögerung in den strukturell sehr ähnlichen hexa- dass in ihnen kein Quarz auftreten kann. Quarz kann sich
gonal-trapezoedrischen Hochquarz (622) um, und zwar im Unterschied zu Tridymit und Cristobalit nur inner-
reversibel. Diese Transformation ist displaziv, denn die halb seines Stabilitätsfelds bilden. Seine Anwesenheit in
Symmetrieänderung wird lediglich durch eine geringe einem vulkanischen Gestein z. B. bedeutet, dass seine
Verkippung der [SiO4]-Tetraeder erreicht, deren Kanten Kristallisationstemperatur aus schmelzflüssiger Lava
beim Hochquarz genau senkrecht zur c-Achse stehen, beim nicht wesentlich höher als 870 °C gewesen sein kann.
Tiefquarz aber leicht geneigt sind (Abb. 1.18, S. 15). Der Um- Die Umwandlungstemperatur für Tiefquarz in Hoch-
wandlungsvorgang erfolgt daher ohne Energieverlust oder quarz steigt bei positivem Verlauf der Umwandlungsgrenze
Energiegewinn: er ist enantiotrop. (Abb. 11.44) um 21,2 °C pro kbar Druck an, d. h. bei einem
Belastungsdruck von 2 kbar entsprechend einer Tiefe von
Allerdings wissen wir seit den Untersuchungen von Bachheimer 6 km in der Erdkruste liegt die Umwandlungstemperatur
(1980), dass bei der α β-Umwandlung von Quarz in einem engen
um rund 42 °C höher, also bei rund 616 °C. Wegen der
Temperaturbereich von 573 bis 574,5 °C (bei 1 bar) eine intermediä-
re Übergangsphase Quarz 3q auftritt (Raaz et al. 2003). enantiotropen Umwandlung Hochquarz Tiefquarz kann
diese Abhängigkeit nicht als geologisches Thermometer ver-
Bei 1 bar Druck und weiterer Wärmezufuhr wandelt wendet werden, da die Hochquarz-Struktur nicht abge-
sich der Hochquarz bei 870 °C rekonstruktiv in Tridy- schreckt werden kann. Auch das Auftreten von Tridymit und
mit um, und zwar in die hexagonale Modifikation Hoch- Cristobalit kann man nicht als geologisches Thermometer
Tridymit (Abb. 1.18); bei 1 470 °C geht dieser in die ku- verwenden, da diese SiO2-Modifikationen auch metasta-
bische Modifikation Hoch-Cristobalit über. Die Übergän- bil im Stabililitätsfeld von Quarz gebildet werden können
ge in Hoch-Tridymit und Hoch-Cristobalit machen ein und die Umwandlung bei ihnen sehr träge verläuft.
Aufbrechen der Tetraederverbände erforderlich. Wegen Unter sehr hohen Drücken von 20–40 kbar (2–4 GPa)
der starken Verzögerung dieser Umwandlung kann wandelt sich Quarz in die Hochdruck-Modifikation Coesit um
Hochquarz in den Stabilitätsfeldern von Tridymit und (Abb. 11.44). Dieser geht bei einer weiteren beachtlichen
Cristobalit metastabil erhalten bleiben und bei rund Druckerhöhung auf 80–100 kbar in Stishovit über. Nach
1 730 °C unmittelbar zum Schmelzen gebracht werden
(Abb. 11.44). Die Umwandlung von Hochquarz in Tridy-
mit kann jedoch ohne Verzögerung erfolgen, wenn
Fremdionen zugegeben werden, wie z. B. Alkali-Ionen.
Die beiden Hochtemperaturphasen Tridymit und
Cristobalit sind auf relativ niedrige Drücke beschränkt.
Hoch- und Tiefquarz dagegen haben sehr große Existenz-
Abb. 11.45.
Tiefquarz. a Zwillingskristall mit
Zwillingsnähten und Querstrei-
fung; b Linksquarz; c Rechtsquarz;
d stark verzerrter Quarzkristall;
e Dauphinéer Zwilling (LL);
f Brasilianer Zwilling (RL);
g Japaner Zwilling; h Hochquarz
11.6 · Gerüstsilikate (Tektosilikate) 183
des negativen Rhomboeders des anderen Individuums Varietäten des Tiefquarzes. Man unterscheidet nach Far-
zusammen. Gewundene Verwachsungsnähte auf den be, Ausbildung, Transparenz und anderen Eigenschaften
Prismen- und Rhomboederflächen, die eine Verzwilli- zahlreiche Varietäten des Tiefquarzes. Nur die makro-
gung anzeigen, sind nur erkennbar, wenn man die Quarz- kristallinen Varietäten treten in Kristallformen auf. Die
kristalle mit Flusssäure anätzt. Solche Zwillingsnähte mikrokristallinen Varietäten bilden derbe, dichtkörnige
sollten nicht mit den etwa // c verlaufenden Suturen des oder dichtfasrige Massen, die muschelig brechen.
Makromosaikbaus verwechselt werden, der für gewöhn- Nach ihrer Internstruktur lassen sich bei Quarzkristallen
liche Bergkristalle typisch ist. Nur wenn die kleinen grundsätzlich zwei Typen unterscheiden (Bambauer et al.
Trapezoeder- und/oder Dipyramidenflächen entwickelt 1961, 1962):
sind, lässt sich entscheiden, ob RR oder LL vorliegt.
Das Dauphinéer-Gesetz ist oft an den Bergkristallen Gewöhnliche Quarze zeigen einen radialen Mosaikbau
und Rauchquarzen der Westalpen gut ausgebildet. aus makroskopisch sichtbaren Kristalldomänen. Häu-
Brasilianer-Gesetz (Abb. 11.45f): fig sind vertikale Suturen ≈ // c erkennbar, welche die
Ein Rechts- und ein Linksquarzkristall (RL) gleicher horizontale Streifung auf den Prismenflächen {1010}
Größe durchdringen sich symmetrisch mit (1120) als durchschneiden. Dieser Typ tritt vor allem bei Dauphi-
Symmetrieebene, wobei die positiven Rhomboederflä- née-Zwillingen auf, z. B. beim größten Teil der alpinen
chen des einen mit den positiven Rhomboederflächen Kluftquarze.
des anderen Individuums zusammenfallen; das glei- Lamellenquarze bestehen aus einem konzentrischen
che gilt analog für die negativen Rhomboederflächen. Fachwerk aus niedrig-symmetrischen Lamellen und
Allerdings sind die kritischen Trapezoederflächen, die sind daher optisch anomal 2-achsig. Die Lamellen-
drei mal paarweise – jeweils links und rechts über einer systeme sind auf den Kristallflächen nicht sichtbar.
Prismenkante – auftreten sollten, in der Realität kaum Bevorzugt beobachtet man diesen Typ bei Brasilianer-
jemals gut sichtbar, so dass Abb. 11.45f nur als Prinzip- Zwillingen; er wurde nur bei einem kleinen Teil der
skizze zu verstehen ist! Brasilianer Zwillinge treten alpinen Kluftquarze gefunden.
häufig an Amethysten brasilianischer Fundpunkte auf.
Dauphinéer- und Brasilianer-Gesetz können auch zu- Die mannigfaltigen Farben von Quarzkristallen sind
sammen am selben Quarzkristall vorkommen; solche meist durch Fremdionen bedingt, deren Mengenanteil in
Vierlinge haben scheinbar hexagonale Symmetrie. Lamellenquarzen wesentlich höher als in gewöhnlichen
Japaner-Gesetz (Abb. 11.45g): Quarzen ist, jedoch 0,1 Gew.-% nur selten überschreitet
Dieses seltene Gesetz entsteht durch Verwachsung (Lehmann und Bambauer 1973; Jung 1992; Rossman 1994).
zweier Kristalle mit fast rechtwinkelig (84° 33') zuein- Die Spurenelemente sind nicht gleichmäßig in einem Kris-
ander geneigten c-Achsen. tall verteilt, sondern in bestimmten Wachstums-Sektoren
– und innerhalb dieser auch zonar – unterschiedlich stark
Häufiger als in gut ausgebildeten Kristallen liegt Tief- angereichert, wobei in der Regel {1011} > {0111} > {1010}
quarz in körnigen Verwachsungsaggregaten vor, wobei gilt (Bambauer 1961). Die Folge ist eine zonare Farb-
die Individuen infolge Wachstumsbehinderung ihre verteilung in vielen Quarzen. Die Fremdionen besetzen
Kristallform nicht ausbilden konnten. entweder Gitterplätze des Si in der Quarzstruktur oder
Zwischengitterplätze in den Kanälen // c. Wird ein Si4+-
Physikalische Eigenschaften. Gitterplatz durch ein Kation geringerer Wertigkeit, z. B.
Spaltbarkeit fehlt bis auf selten beobachtete Aus- Al3+ oder Fe3+ ersetzt, so erfolgt der Ladungsausgleich durch
nahmen ein Kation auf einem benachbarten Zwischengitterplatz,
Bruch muschelig z. B. durch Li+, d. h. durch die Substitution Si4+ Al3+Li+
Härte 7 (Standardmineral der Mohs-Skala), bzw. Fe3+Li+. Eine weitere Möglichkeit ist der Ersatz von O2–
die große Härte und die fast fehlende durch (OH)–, z. B. Si4+O2– Al3+(OH)– bzw. Fe3+(OH)–.
Spaltbarkeit erklären sich aus den all- Diese Art des Ladungsausgleichs spielt eine wesentliche
seitig starken Si-O-Bindungen der Rolle bei „feuchten“ Quarzen, die aus hydrothermalen
Quarzstruktur Klüften oder Drusen stammen; demgegenüber dominie-
Dichte 2,65 ren in den „trockenen“ Pegmatit-Quarzen die Al-Li-Farb-
Farbe reiner Quarz ist farblos wie die Varie- zentren (Guzzo et al. 1997). Außer der Eigenfärbung durch
tät Bergkristall; die wichtigsten gefärb- den Einbau von Ionen der Übergangsmetalle, z. B. Fe oder
ten Varietäten sind unten aufgeführt Mn, können Farbzentren durch ionisierende Strahlung
Glanz Glasglanz auf den Prismenflächen, Fett- entstehen. In synthetischen Quarzkristallen lassen sich
glanz auf den muscheligen Bruchflä- die meisten der natürlichen Quarzfarben erzeugen,
chen, durchscheinend bis durchsichtig darüber hinaus aber noch weitere, in der Natur bisher
Lichtbrechung nε = 1,5442, nω = 1,5533 (Na-Licht) nicht gefundene Farben (Lehmann und Bambauer 1973).
184 11 · Silikate
Abb. 11.47. Achatmandel im Rhyolith von Sailauf (Spessart) mit typi- Abb. 11.48. a Infiltrations-Kanal im Achat von der Serra Geral (Bra-
scher rhythmischer Bänderung in zwei Richtungen. Zunächst erfolgte silien). Man erkennt, dass sich die Achatlagen nach außen hin aus-
die Mineralabscheidung aus der Lösung konzentrisch-schalig an den dünnen. Bildbreite ca. 2,5 cm. b Mikrofoto des gleichen Infiltrati-
Rändern der Mandel, danach im Innenraum parallel zur Erdober- ons-Kanals, +Nic. Bildbreite ca. 2,4 cm. (Aus Walger et al. 2009)
fläche. Die Achatmandel stellt somit eine geologische Wasserwaage
dar. Bildbreite ca. 4,5 cm. (Foto: Joachim A. Lorenz, Karlstein am Main)
braun, rot, gelb oder grün gefärbt, seine makroskopisch
Bänderungsform; diese entstand durch ein Wirbel- derb-dichten Massen sind spröde und brechen musche-
system mit randlicher Auskolkung (Abb. 11.48a,b). lig, häufig schwach wachsglänzend, kantendurchschei-
3. Die Horizontalbänderung bildet sich durch Aus- nend bis undurchsichtig. Vorkommen u. a. als Bestand-
flockung von SiO2-Gelpartikeln in dem mit Lösung teil von Kieselhölzern, von Hornstein, von gebändertem
gefüllten Hohlraum; sie stellt eine geologische Was- Eisenstein (Jaspilit; Abb. 25.23, S. 406). Zur Jaspis-Grup-
serwaage dar (Abb. 11.47). Die gemeine Achat- pe gehören zahlreiche Varietäten, so u. a.:
bänderung kann die Horizontalbänderung über-
wachsen oder mit dieser im Wechsel auftreten. Plasma: Dunkelgrün durch Fe2+, Chlorit-Einschlüsse.
Onyx: ist ein speziell schwarzweiß gebänderter, Sard- Heliotrop: Wie Plasma, jedoch durch blutrote Tupfen
onyx (Sarder) ist ein braunweiß gebänderter Chalce- aus Hämatit (Fe2O3) ausgezeichnet. Verwendung als
don bzw. Achat. Schmuckstein.
Chrysopras: In guter Qualität ein begehrter Edelstein, Hornstein (Feuerstein, Flint, engl. chert): Tritt in Form
ist durch Ni-Ionen grün gefärbt. von abgeplatteten Linsen oder unregelmäßigen Knol-
Moosachat: Besitzt graue, moosähnlich gezeichnete den- len in Karbonatsedimenten auf, so z. B. in den Kreide-
dritische Einschlüsse. Besonders bei den Achaten gibt es kalken Südenglands und der Insel Rügen. Hornstein
zahlreiche mit Phantasienamen belegte Spielarten. entsteht meist bei der Diagenese als Konkretion durch
Abscheidung aus SiO2-haltigen Porenlösungen und
Bei den Vertretern der Jaspis-Gruppe ist im Unter- enthält mitunter noch röntgenamorphe Opalsubstanz.
schied zu denen der Chalcedon-Gruppe die mikro- bis Porzellanjaspis, Bandjaspis: Sind entsprechend ihrer
kryptokristalline Quarzsubstanz feinkörnig beschaffen. inhomogenen Beschaffenheit und ihrer Genese eher
Jaspis im engeren Sinn ist meist intensiv (schmutzig) als Gesteine einzustufen.
11.6 · Gerüstsilikate (Tektosilikate) 187
Hochquarz, SiO2 20 cm lang und bis 5 cm dick und wiegen bis zu 1 kg. Die
derzeitige Jahresproduktion liegt bei ca. 1 000 t.
Kristallklasse 622, hexagonal-trapezoedrisch. Ursprünglich als Achat und seine Varietäten dienen zur Herstellung von
Hochquarz gebildeter Quarz unterscheidet sich vom Tiefquarz Schmuck, Gemmen, Kameen und kunstgewerblichen
durch seine Kristalltracht. Bei ihr tritt in gedrungenen Kristal- Gegenständen; dafür wird Achat oft künstlich gefärbt.
len die hexagonale Dipyramide {1011} allein oder kombiniert Wegen seiner großen Zähigkeit dient Achat auch als Roh-
mit schmalem, hexagonalem Prisma {1010} auf (Abb. 11.45h). stoff für die Fabrikation von Lagersteinen in der fein-
Bekannt ist das Vorkommen des Hochquarzes als sog. Quarz- mechanischen und Uhren-Industrie, von Kugelmühlen,
Dihexaeder-Einsprenglinge in vulkanischen Gesteinen wie Reibschalen und Pistillen sowie für Poliersteine.
Rhyolithen bzw. Quarzporphyren. Diese Einsprenglinge sind
als Hochquarz bei einer Temperatur >573 °C auskristallisiert. Tridymit und Cristobalit, SiO2
Bei ihrer Abkühlung erfolgte die enantiotrope Umwandlung
in eine Paramorphose, die aus Domänen mit Tiefquarzstruk- Hoch-Tridymit bildet kleine 6-seitig begrenzte grauweiße
tur besteht, jedoch unter Erhaltung der äußeren Kristall- Täfelchen der Kristallklasse 6/m2/m2/m, vorwiegend zu
form. Dabei kommt es zur Verkippung der SiO4-Tetraeder Drillingen gruppiert in fächerförmiger Anordnung. Hoch-
in der Kristallstruktur (Abb. 1.18b,c, S. 15; Abb. 11.42a,b) Cristobalit hat die Kristallklasse 4/m32/m und erscheint in
und zu sprunghafter, wenn auch relativ geringer Änderung winzigen hellen oktaedrischen Kriställchen. Beide kommen
verschiedener physikalischer Eigenschaften. in Blasenräumen vulkanischer Gesteine vor. Cristobalit ist
z. B. auch aus der Grundmasse von Trachyten beschrieben
Quarz als Rohstoff worden. Beide Minerale sind Bestandteil vieler Opale (s. u.).
Quarz ist ein wichtiger Rohstoff für die Herstellung von Glas, Moganit, SiO2
besonders auch von Quarzglas, einem Spezialglas, das aus
reinem SiO2 besteht. Quarz findet Verwendung in der kera- Dieses mikrokristalline SiO2-Mineral mit der Kristallklasse
mischen Industrie, der Feuerfestindustrie (Silikasteine), der 2/m wurde von Flörke et al. (1984) in einem Ignimbrit-Strom
Baustoffindustrie (Silikatbeton). Quarz dient außerdem der von Mogán (Gran Canaria) entdeckt. Es kommt sehr häu-
Herstellung von Siliciumcarbid (Carborundum, SiC) in der fig als untergeordneter Bestandteil von Achaten vor; mit zu-
Schleifmittelindustrie; er ist als Rohstoff an verschiedenen nehmendem Alter wird Moganit allerdings immer mehr in
Erzeugnissen der chemischen Industrie beteiligt, z. B. bei mikrokristallinen Quarz umgewandelt, so dass er in präsilu-
der Herstellung von Silikonen (Schmiermittel, hydraulische rischen Achaten (älter als ca. 445 Ma) nicht mehr nachge-
Flüssigkeiten, Lackgrundlage etc.), von Silikagel (Verwen- wiesen werden konnte (Moxon und Rios 2004). Die Moganit-
dung als Absorptionsmittel, zum Trocknen von Gasen etc.). Struktur besteht aus alternierenden Lagen von Links- und
Schließlich dient reiner Quarz zur Züchtung von Silicium- Rechtsquarz, die // (1010) angeordnet sind und ein drei-
Einkristallen (Reinstsilicium) für die Solarindustrie und die dimensionales Gerüst aus eckenverknüpften [SiO4]-Tetra-
Halbleiterindustrie (Herstellung von Transistoren etc.); die edern bilden (Miehe und Graetsch 1992).
Jahresproduktionen liegen bei 39 000 t mit stark steigender
Tendenz bzw. 12 000 t (Ackermann 2008). Edle Varietäten Coesit und Stishovit, SiO2
des Quarzes sind als Schmuck- oder Edelstein geschätzt,
wie Amethyst, Rauchquarz, Citrin, Rosenquarz, Chrysop- Die Hochdruck-Modifikationen Coesit (Kristallklasse 2/m)
ras, Achat oder Onyx. Hochwertige und reine Quarzkristalle und Stishovit (4/m2/m2/m) bilden sich bei der Schock-
finden Verwendung in der optischen Industrie, als Piezo- wellen-Metamorphose beim Einschlag großer Meteorite
quarze zur Steuerung elektrischer Schwingungen (z. B. in (Abschn. 26.2.3, S. 429); sie treten daher in Meteoriten-
der Quarzuhr) und in der Elektroakustik bei der Erzeugung Kratern, so im Nördlinger Ries, als mikroskopischer
von Ultraschall (als Wandler in Mikrophonen, Lautspre- Gemengteil zusammen mit natürlichem Kieselglas auf
chern und Ultraschallgeräten), als Steuerquarze zur genauen (Abb. 26.8, S. 431). In nichtgeschockten krustalen Gestei-
Abstimmung der Frequenz von Rundfunkwellen etc. Da die nen wurde Coesit erstmals von Chopin (1984) entdeckt, und
Vorräte an hochwertigen, insbesondere unverzwillingten zwar in einem Pyropquarzit des Dora-Maira-Massivs in den
Quarzkristallen praktisch erschöpft sind, verwendet man italienischen Alpen (Abb. 28.13, S. 510). Nach diesem sen-
in der Technik nur noch künstliche Quarzkristalle. Diese sationellen Fund wird Coesit jetzt immer häufiger in Ge-
werden in großen Hochdruck-Autoklaven bei Drücken von steinen gefunden, die eine Ultrahochdruck-Metamorpho-
1 000–1 700 bar und Temperaturen von 350–400 °C aus alka- se als Ergebnis von kontinentalen Kollisionen erlebt haben
lischer wässeriger Lösung gezüchtet (Hydrothermal-Synthese), (Abschn. 28.3.9, S. 507f), so in Eklogiten Westnorwegens,
wobei Bruchstücke von reinem natürlichen Quarz den des Erzgebirges, der Westalpen und des Dabie Shan (Chi-
Bodenkörper bilden; die Wachstumsgeschwindigkeit be- na). Da die Peridotite des oberen Erdmantels kein freies SiO2
trägt bis zu 1,3 mm pro Tag. Die Einkristalle werden bis haben, kann in ihnen kein Coesit vorkommen. Wohl aber
188 11 · Silikate
wird er gelegentlich in Eklogiten gefunden, die in den Erd- Wachsglanz, durchsichtig bis milchig-
mantel versenkt und durch tiefreichenden Vulkanismus in durchscheinend; die edlen Opale zeigen
vulkanischen Durchschlagsröhren (sog. Pipes) als Xenolithe anmutiges Farbenspiel, das als Opalisie-
(grch. ξένος = fremd, λíθος = Stein) wieder an die Erdo- ren bezeichnet wird (Abb. 11.49a)
berfläche gebracht wurden. In Gesteinen des tieferen Erd-
mantels (unterhalb ca. 680 km) könnte wieder freies SiO2 Struktur. Mit Röntgenbeugung lassen sich mehrere Opal-
in Form von Stishovit auftreten (Abschn. 29.3.3, S. 530). typen unterscheiden:
In den Mars-Meteoriten vom Shergottit-Typ (Abschn. 31.3.2, S. 556f) Opal-A ist gelähnlich amorph; er wird unterteilt in
wurde neben Stishovit Seifertit gefunden, eine orthorhombische
Opal-AN (Hyalit, Glasopal) und Opal-AG (Edelopal).
(2/m2/m2/m) Höchstdruckmodifikation von SiO2 mit der Dichte 4,3.
Er entstand bei einer Schockwellen-Metamorphose durch Umwand- Opal-C besteht aus Cristobalit, Opal-CT aus stark fehlge-
lung von Tridymit oder Cristobalit, wobei wahrscheinlich Drücke ordneten Cristobalit-Tridymit-Stapelfolgen (Flörke et al.
von 350 kbar überschritten wurden (El Goresy et al. 2008). 1985, 1991). Eine 3-dimensionale Ordnung ist erst mit
dem Übergang in krypto- bis mikrokristallinen Quarz der
Lechatelierit, SiO2 Varietäten Chalcedon oder Jaspis erreicht. Dabei nehmen
Härte, Dichte und Lichtbrechung zu. Rund 25 % der Si-O-
Natürliches Kieselglas hat sich durch Blitzeinschläge in Si-Bindungen in der Opalstruktur sind durch Einbau von
reine Quarzsande unter lokaler Schmelzung des Quarzes endständigen Hydroxylionen aufgebrochen: Si-(OH).
gebildet. Solche Blitzröhren, auch als Fulgurite bezeichnet,
werden 1–3 cm dick und bis zu einigen Metern lang; natür- Elektronenmikroskopisch konnte gezeigt werden,
liches Kieselglas entsteht auch in Meteoriten-Kratern. dass röntgenamorphe Opale aus Kieselgel-Kügelchen von
150–400 nm (= 1 500–4 000 Å) Durchmesser aufgebaut
Opal, SiO2 · nH2O sind. Im gemeinen Opal (ohne Farbenspiel) liegen
Kügelchen verschiedener Größe unregelmäßig nebenei-
Ausbildung. Amorph, glasartige und dichte Massen, bis- nander, während im Edelopal Bereiche gleich großer
weilen in nierig-traubiger oder stalaktitischer Ausbil- Kügelchen in regelmäßiger Anordnung und dicht ge-
dung in typischer Gelform. packt auftreten (Abb. 11.49b). Das bunte Farbenspiel des
Edelopals kommt durch Streuung, Beugung und Refle-
Physikalische Eigenschaften. xion des einfallenden Lichtes an diesen Kügelchen und
Bruch muschelig den dazwischen liegenden Hohlräumen bzw. Hohlraum-
Härte 5½–6½ füllungen (Luft, Wasser, Kieselgel-Zement) zustande (z. B.
Dichte 2,0–2,2, vom H2O-Gehalt abhängig Ramdohr und Strunz 1978).
Farbe, Glanz wasserklar farblos oder in blassen Far-
ben; dunklere Farben gehen auf Ver- Chemismus. Der H2O-Gehalt des Opals liegt zwischen 4
unreinigungen zurück; Glasglanz oder und 9 %, gelegentlich erreicht er 20 %.
a b
Abb. 11.49. a Amorpher Edelopal als mm-dünne Schicht auf Basalt, Queensland, Australien. Bildbreite 10 cm. Mineralogisches Museum der Uni-
versität Würzburg, Schenkung Albert Schröder. (Foto: K.-P. Kelber). b Amorpher Edelopal-AG von Queensland, Australien. Die Aufnahme mit dem
Raster-Elektronenmikroskop (REM) zeigt mehr oder weniger dicht gepackte Kügelchen von Kieselgel mit ca. 0,2–0,3 μm Durchmesser. Die
Lücken sind teils mit H2O-Molekülen, teils mit einem amorphen SiO2-Zement gefüllt, der für die Aufnahme weggelöst wurde. (Aus Graetsch 1994)
11.6 · Gerüstsilikate (Tektosilikate) 189
Vorkommen. Opal bildet sich durch Ausfällung von Kie- Edelopal: Ausgezeichnet durch sein lebhaftes buntes Far-
selsäure aus SiO2-reichen hydrothermalen Lösungen in benspiel (Opalisieren). Edelopal ist in guter Qualität ein
Hohlräumen und Klüften vulkanischer Gesteine oder als wertvoller Edelstein.
Zersetzungsprodukt jungvulkanischer Gesteine, wobei Hydrophan (Milchopal): Milchigweiß, geht durch
das entstehende Kieselgel allmählich eintrocknet; Opal- Wasserverlust aus Edelopal hervor.
AN (Hyalit) wird durch Abschreckung von SiO2-reichen Feueropal: Bernsteinfarben bis hyazinthrot, durchschei-
vulkanischen Dämpfen an kalten Gesteinsoberflächen nend, bisweilen von Edelsteinqualität.
gebildet (Flörke et al. 1973). Kieselsinter sind krusten- Gemeiner Opal: Mit verschiedener unreiner Färbung, derb
förmige Absätze aus Thermalquellen und Geysiren und wachsglänzend, kantendurchscheinend bis undurch-
(Geyserit). Weiterhin entsteht Opal in Grundwasser- sichtig; hoher Gehalt an nichtflüchtigen Verunreinigungen.
horizonten von Sandsteinen und Mergeln; als Bestand- Holzopal: Unter Wahrung der Struktur des Holzes von
teil von Kieselsäure abscheidenden Organismen (Dia- gelber bis braunroter Opalsubstanz durchsetztes Holz,
tomeen, Radiolarien, Kieselschwämme) und daraus meist von Baumstämmen; häufig erfolgt Übergang in
gebildeten Gesteinen wie Diatomiten und Radiolariten; Jaspis bzw. Chalcedon. Neuerdings wurde die Beteiligung
als Versteinerungsmittel von opalisierenden Muscheln von Hoch-Tridymit festgestellt.
und Hölzern. Kieselgur, Tripel: Lockere, feinporöse Massen oder Ge-
steine aus Opalsubstanz, vorwiegend aus Opalpanzern
Die Bildung von Kieselhölzernen (versteinerten Baumstämmen) stellt
von Diatomeen oder Radiolarien bestehend, teilweise
keine Verkieselung, d. h. keinen Ersatz der Zellsubstanz durch SiO2
dar. Vielmehr kommt es zur Einkieselung, d. h. zur Hohlraumfüllung nachträglich umkristallisiert in kryptokristallinen Quarz
der Holzporen mit SiO2, durch Diffusion von Kieselsäure Si(OH)4 in oder in Tief-Cristobalit. Durch seine Eigenschaften wie
das Holz hinein, wobei sich nach der Gleichung enorme Saugfähigkeit und Wärmedämmung findet Kie-
selgur vielseitige technische Verwendung.
Si(OH)4 SiO2 + 2H2O (11.3)
in Lösung als Bodenkörper
11.6.2
zunächst ein SiO2-Gel ausscheidet (Landmesser 1994). Erst allmäh- Feldspat-Familie
lich führt ein Reifungsprozess nacheinander zur Bildung von Opal- (unter Mitwirkung von Hans-Ulrich Bambauer und Herbert Kroll)
A → Opal-CT → Opal-C und schließlich zu stark fehlgeordnetem
Chalcedon. Nach der Ostwaldschen Stufenregel wird also aus einem Kristallstruktur und Phasenbeziehungen bei den Feldspäten
instabilen Ausgangsprodukt über metastabile Zwischenstufen
schließlich ein stabiles Endprodukt erreicht (vgl. Abb. 27.5, S. 468).
Mit einer Beteiligung von über 50 Vol.-% sind die
Varietäten von Opal. Feldspäte die häufigste Mineralguppe der Erdkrus-
te. Im Erdmantel fehlen Feldspäte völlig.
Hyalit (Glasopal) Glasglänzend und wasserklar mit
traubig-nieriger Oberfläche, meist als krustenförmiger Chemische Zusammensetzung der Feldspäte (Tabelle 11.9).
Überzug in den Hohlräumen vulkanischer Gesteine. Die Zusammensetzung der meisten Feldspäte kann im
Abb. 11.50.
Mischkristallbildung im ternären a b
Feldspatsystem bei a 900 °C und
b 600 °C. a Nomenklatur der
Hochtemperatur-Alkalifeldspäte
und der Plagioklas-Reihe. Bei
rund 900 °C gibt es zwischen Or
und Ab keine Mischungslücke.
b Unterhalb 600 °C (bei 1 bar
Druck) beginnt sich eine Mi-
schungslücke zu öffnen, wobei
es zu perthitischer und antiper-
thitischer Entmischung kommt.
Auch die ternäre Mischungslücke
des Systems vergrößert sich. Wie
im Text ausgeführt, stellen „Or-
thoklas“ und „Na-Orthoklas“
metastabile Paramorphosen mit
monokliner Morphologie dar, die
bei der Umwandlung von (K,Na)-
Sanidin zu Mikroklin entstanden
sind. (Mod. nach Deer et al. 1963)
190 11 · Silikate
Tabelle 11.9.
Die wichtigsten Gerüstsilikate
(SiO2-Minerale s. Tabelle 11.8)
Dreistoffsystem KAlSi3O8 (Or, Orthoklas) – NaAlSi3O8 (Ab, Um die chemische Zusammensetzung eines Feldspats
Albit) – CaAl2Si2O8 (An, Anorthit) ausgedrückt werden zu charakterisieren, bedient man sich des Or-Ab-An-
(Abb. 11.50, 11.51). Die Feldspatzusammensetzungen zwi- Verhältnisses in Mol.-%, wie z. B. Or10Ab70An20. Dieser
schen Or und Ab werden als Alkalifeldspäte, diejenigen zwi- Zusammensetzung würde der mit in Abb. 11.50a ein-
schen Ab und An als Plagioklase bezeichnet. Die gebräuch- getragene K-Oligoklas entsprechen.
lichsten Mineralnamen einer weiteren Untergliederung der Barium-Feldspäte sind selten; das reine Endglied
beiden Reihen sind in Abb. 11.50 eingetragen. Zwischen Or Ba[Al2Si2O8] heißt Celsian (Cn); die Mischkristalle zwi-
und An besteht eine ausgedehnte Mischungslücke. Natürli- schen Cn und Or werden als Hyalophane bezeichnet.
che Feldspat-Zusammensetzungen, die in diesem Feld lie-
gen, gibt es nicht. So existiert z. B. kein ternärer Feldspat, Kristallstruktur der Feldspäte. Die Kristallstruktur der Feld-
dessen Or : Ab : An-Verhältnis 1 : 1 : 1 entspricht. Auf diese späte weist ein gemeinsames Bauprinzip auf: [SiO4]- und
Weise lassen sich die meisten Feldspäte in erster Näherung [AlO4]-Tetraeder bilden 4-zählige Ringe, die // der a-Achse
als binär betrachten (Abb. 11.50, 11.51). In der Natur treten kurbelwellen-förmig aneinandergereiht und über gemein-
die Plagioklase deutlich häufiger auf als die Alkalifeldspäte. same Sauerstoffbrücken nach Art eines dreidimensionalen
11.6 · Gerüstsilikate (Tektosilikate) 191
Abb. 11.53.
Mikrofoto eines Kalifeldspats
mit typischer lamellarer Entmi-
schung (Mesoperthit), neben
Korund (hohes Relief, gelbliche
Interferenzfarben) und Phlogopit
(bunte Interferenzfarben). Ko-
rundgneis von Morogoro (Tan-
sania). Gekreuzte Polarisatoren
(+Nic.), Bildbreite ca. 1 mm
(Foto: M. Okrusch)
den Zusatz „Hoch“ für weitgehend ungeordnet und „Tief“ neter Al,Si-Verteilung, der vermutlich nur als künstliche
für maximal geordnet: Hoch-Sanidin und Tief-Mikroklin. Bildung existiert. Unter Gleichgewichtsbedingungen,
Die Umwandlung Sanidin → Mikroklin ist extrem träge, d. h. bei langsamer Abkühlung, tritt bei 980 °C folgende
–
denn für die intrakristalline Al,Si-Diffusion besteht bei diffusive Transformation ein: Monalbit (C2/m) → Albit (C1),
der niedrigen Umwandlungstemperatur Tdiff eine hohe wobei über intermediäre Ordnungszustände der maxi-
kinetische Barriere. Zudem ist zu beachten, dass sich mal geordnete Tief-Albit erreicht wird. Alle Ordnungs/
Grenzflächen trikliner Domänen in einer monoklinen Unordnungs-Übergänge sind reversibel, d. h. ein Al,Si-ge-
Matrix bilden müssen. Als Folge entstehen im Sanidin ordneter Alkalifeldspat lässt sich durch Erhitzen wieder
über submikrokopische Stadien letztlich zahlreiche mi- in den ungeordneten Zustand überführen. Indessen wan-
kroskopische Domänen, die im Endstadium aus maximal delt sich bei rascher Abkühlung Monalbit ohne Änderung
geordnetem Tief-Mikroklin bestehen, d. h. die Umwand- der Al,Si-Verteilung bei 980 °C displaziv um: Monalbit
lung geht nicht einkristallin vonstatten. Die Mikroklin- (C2/m) Analbit (C1). Die Umwandlung ist reversibel
Domänen sind nach dem Mikroklin-Gesetz verzwillingt; und vergleichbar Hoch-Cristobalit Tief-Cristobalit.
dadurch ensteht die wohlbekannte „Mikroklingitterung“ Analbit ist also Al,Si-ungeordnet und bei keiner Tempe-
(siehe Zwillingsbildungen, Abb. 11.56). Die träge Um- ratur stabil; daher ist er auch nicht im Zustandsdiagramm
wandlung kann durch „katalytische“ Einflüsse beschleu- Abb. 11.54 dargestellt.
nigt werden: z. B. durch Anwesenheit fluider Phasen bei Bei den Plagioklasen sind Kristallstruktur und Pha-
hohem H2O-Druck oder durch mechanische Spannungen. senübergänge durch das sich ändernde Si : Al-Verhältnis
Letztlich ist das Produkt der Umwandlung eine Para- von Albit Na[AlSi3O8] zu Anorthit Ca[Al2Si2O8] und durch
morphose von Mikroklin nach Sanidin. Ist deren Aufbau den gekoppelten Valenzausgleich Na+Si4+ Ca2+Al3+
submikroskopisch, so nennt man sie Orthoklas, ist die zusätzlich kompliziert (Carpenter 1994). Auch hier gibt
Gitterung mikroskopisch und deutlich, so spricht man von es Hoch- und Tief-Zustände. Jedoch zeigt reiner Anor-
Mikroklin. Alle diese Paramorphosen zeigen die mono- thit mit dem Si : Al-Verhältnis von 1 : 1 eine maximal ge-
kline Morphologie des Sanidins (Abb. 11.55), sie sind im ordnete Al,Si-Verteilung. Wäre das nicht der Fall, wür-
Aussehen getrübt bis undurchsichtig. Metastabil erhalte- den sich in der Struktur Al-O-Al und Si-O-Si-Kontakte
nen, wasserklaren Sanidin findet man noch am ehesten ergeben, die energetisch ungünstig sind. Dieses Al-
in rasch abgekühlten Vulkaniten. Wegen der genannten Vermeidungsprinzip gilt für die Ordnungsvorgänge in
Ungleichgewichte ist die Al,Si-Verteilung, die leicht durch allen Feldspäten.
Röntgenbeugung zu bestimmen ist, in der Regel nicht als
geologisches Thermometer zu verwenden, wohl aber der Entmischungsvorgänge bei Feldspäten
Umwandlungspunkt, der sich ggf. im Gestein lokalisie-
ren lässt (Bambauer et al. 2005). Im Zweistoffsystem KAlSi 3 O 8 (Or)–NaAlSi 3 O 8 (Ab)
Auf der Ab-Seite des binären Systems ist die Polymor- (Abb. 11.54) können sich nur bei relativ hoher Tempera-
phie vielgestaltiger (Abb. 11.54). Das Na-Äquivalent zum tur unter niedrigen Drücken homogene Alkalifeldspäte
Sanidin ist der Monalbit (monoklin, C2/m) mit ungeord- ausscheiden (vgl. auch Abb. 18.12, S. 292). So bilden
11.6 · Gerüstsilikate (Tektosilikate) 193
Abb. 11.55.
Die Trachten und der Habitus
sowie die Zwillingsbildung
bei Alkalifeldspat sind alle von
primärem Sanidin abzuleiten;
a tafelig nach {010}, typisch für
vulkanisch gebildeten Sanidin;
b dicktafelig nach {010}, typisch
für Orthoklas; c Karlsbader Zwil-
ling; d gestreckt nach der a-Ach-
se; e Bavenoer Zwilling; f Mane-
bacher Zwilling (b–f typisch für
Orthoklas und Mikroklin); g Bei-
spiel für Adular-Tracht; h Bei-
spiel für Anorthoklas-Tracht
als „Rhombenfeldspat“
Tabelle 11.10.
Die wichtigsten Zwillings-
gesetze der Plagioklase
⊥ (010): Normalengesetz) oder die Normale auf einer angeordnet sind (Abb. 11.56). Dabei wird beim Albit-Ge-
Kristallkante (Kantennormalengesetz) sein kann. Man un- setz die Spiegelebene des Sanidins (2/m) als Zwillings-
terscheidet nach Zahl und Anordnung der Zwillingsindi- ebene, beim Periklin-Gesetz die zweizähligen Achse des
viduen einfache (häufig bei Orthoklas) und polysyntheti- Sanidins als Zwillingsachse übernommen. Das Albit-
sche Zwillinge (in der Regel bei Plagioklas und bei Mikro- Gesetz ist vermutlich das am häufigsten auftretende
klin; Abb. 11.56). Häufig beobachtet man aber auch kompli- Zwillingsgesetz in der Natur.
zierte Zwillingsstöcke mit einfacher oder polysynthetischer
Wiederholung, bei denen oft verschiedene Zwillings- Physikalische Eigenschaften.
gesetze kombiniert auftreten. Neben den Makrozwillin- Spaltbarkeit: Im Wesentlichen nach {001} (vollkommen)
gen können die Ausmaße der einzelnen Zwillingsindi- und {010} (meist nur deutlich), durch et-
viduen bis zu Abmessungen weniger Elementarzellen was weniger starke Bindungen in der Kris-
hinabreichen. Das Karlsbader, Manebacher und Bavenoer tallstruktur angelegt. Die beiden Spalt-
Gesetz bilden sich nur primär beim Kristallwachstum ebenen schneiden sich in der a-Achse, und
(Wachstumszwillinge). Das Albit- und Periklin-Gesetz zwar bei den monoklinen Feldspäten (Sani-
können beim Kristallwachstum, durch Deformation din) unter einem Winkel von 90°. Das gilt
(Deformations-Zwillinge bei den Plagioklasen) oder auch für die Paramorphosen (Orthoklas
auch bei der polymorphen Umwandlung (Transforma- und Mikroklin) mit monokliner Morpho-
tionszwillinge) entstehen. Wichtigstes Beispiel hierfür ist logie: die feine Mikroklinverzwillingung
das Mikroklin-Gesetz: die monokline Morphologie des führt zu einer „monoklinen“ „Aggregat-
umgewandelten Sanidins wird von mikroskopisch feinen spaltbarkeit“. Bei den triklinen Feldspat-
Bereichen aus triklinem Tief-Mikroklin ausgefüllt, die kristallen weicht der Winkel nur wenig von
nach dem Albit- und dem Periklin-Gesetz polysynthetisch 90° ab, bei Mikroklin-Einkristallen würde
11.6 · Gerüstsilikate (Tektosilikate) 195
er nur ca. 30', bei den Plagioklasen maxi- reicht von schlecht definierten, unregelmäßigen Bereichen
mal 4–5° in Abhängigkeit vom An-Gehalt mit ∅ von etwa 100–1 000 Å bis zu solchen, die nahe
betragen. ∅ ≈ 1 μm sich der mikroskopischen Auflösung nähern und
Härte 6 (Standardmineral der Mohs-Skala), also ähnlich dem mikroskopischen Bild von Mikroklin (s. u.)
relativ groß, bedingt durch die starke, nach nach dem Mikroklin-Gesetz verwachsen sind. In einem ein-
allen Seiten hin wirkenden (Al,Si)-O-Bin- zelnen K-Feldspat können mehr oder weniger mikrosko-
dungen in der Kristallstruktur pisch homogen erscheinende Orthoklas-Bereiche in Be-
Dichte Relativ gering, bedingt durch die lockere reiche mit mikroskopisch erkennbarer Mikroklingitterung
Gerüststruktur; Alkalifeldspäte 2,5–2,6, übergehen. Derartige Orthoklase liegen sehr häufig als
Plagioklase 2,6–2,8, je nach An-Gehalt Mikroperthite vor. Orthoklas gehört demzufolge nicht als
Farbe, Glanz Fast durchweg hell: weiß, grau, gelblich, stabile Phase ins Zustandsdiagramm der Alkalifeldspäte
grünlich oder hellrosa, auch rot durch (Bambauer et al. 1989).
mikroskopisch bis submikroskopisch fei- Orthoklase können dicktafelig nach {010} (Abb. 11.55b)
ne Einlagerungen von Hämatit; die Spalt- oder nach a gestreckt (Abb. 11.55d) oder kurzprismatisch
flächen besitzen häufig Perlmuttglanz nach dem Vertikalprisma {110} (Abb. 11.58) entwickelt
sein. Wachstumszwillinge (des ehemaligen Sanidins) nach
Alkalifeldspat-Reihe, (K,Na)[AlSi3O8] dem Karlsbader Gesetz (Abb. 11.55c) mit c als Zwillings-
–
(Kristallklasse 2/m oder 1) achse bzw. (100) als Zwillingsebene und (010) als unre-
gelmäßige Verwachsungsebene sind verbreitet. Etwas we-
(K,Na)-Sanidin niger häufig ist die Verzwillingung nach dem Bavenoer Ge-
setz mit Zwillings- und Verwachsungsebene (021) oder
Sanidin ist die monokline Hochform von Alkalifeldspat (021) (Abb. 11.55e), noch seltener das Manebacher Ge-
(2/m), unter Gleichgewichtsbedingungen auch Hoch- setz mit (001) als Zwillings- und Verwachsungsebene
temperaturform, als Hoch-Sanidin weitgehend (nicht (Abb. 11.55f), wobei die Kristalle nach a gestreckt sind.
maximal!) Al,Si ungeordnet, als Tief-Sanidin im Rahmen Orthoklas kommt gewöhnlich in körnigspätigen Kristal-
der Symmetrie 2/m etwas geordnet. Dabei besteht eine len als Hauptgemengteil in vielen hellen Plutoniten vor,
vollständige Mischungsreihe zwischen Sanidin und Mon- wobei er häufig idiomorphe bis panidiomorphe Ein-
albit. Die Mischkristalle sind in der Natur durch rasche sprenglinge bildet.
Abkühlung metastabil als (K,Na)-Sanidin in frisch aus-
sehenden, relativ jungen Vulkaniten und deren Tuffen Mikroklin
erhalten und sind dann häufig dünntafelig nach {010} ent-
wickelt (Abb. 2.5, S. 37, Abb. 11.55a). Wasserklare Durch- Tief-Mikroklin ist die trikline (1), stabile Tieftemperatur-
sichtigkeit spricht für fehlende Entmischung, Trübung deu- form des K-Feldspats mit maximaler Al,Si-Ordnung
tet u. a. das Vorliegen von Kryptoperthiten an. Sanidin kann (Abb. 11.52b); submikroskopische Orthoklas-Mikroklin-
sich auch metastabil im Stabilitätsbereich des Mikroklins Verwachsungen sind in den Gesteinen weit verbreitet,
bilden (z. B. Adular). Insgesamt lassen sich die bei Ortho- doch sind sie bei allen Temperaturen metastabil. Tief-
klas und Mikroklin erwähnten Wachstumszwillinge nach Mikroklin ist stets ein sehr Ab-armer bis nahezu reiner
dem Karlsbader, Bavenoer und Manebacher Gesetz auf pri- K-Feldspat (Abb. 11.54). Idiomorphe Einkristalle von
mären Sanidin zurückführen (Abb. 11.55c,e,f). Mikroklin, d. h. solche, die auch trikline Morphologie (1)
zeigen, sind sehr selten; im Vergleich zu monoklinen Feld-
(K,Na)-Orthoklas späten treten dann statt des Vertikalprismas {110} die Pi-
nakoide {110} und {110} auf. Auch die Metrik der K-Feld-
(K,Na)-Orthoklase sind Paramorphosen mit monokliner späte ist sehr ähnlich, z. B. ist der Winkel zwischen dem
Morphologie (2/m), die metastabile Produkte der Um- Basispinakoid {001} und dem seitlichen Pinakoid {010}
wandlung von (K,Na)-Sanidin auf dem Weg zum Tief- bei Mikroklin 89°30' gegenüber 90° bei Sanidin und Or-
Mikroklin darstellen, also kinetisch gestrandete Zwi- thoklas (siehe auch Spaltbarkeit). Jedoch tritt Mikroklin
schenzustände repräsentieren. Daher sind sie gemein- in der Regel als Paramorphose von Mikroklin nach
glänzend und für das Auge leicht getrübt (selten) bis Sanidin auf, d. h. soweit erkennbar, mit monokliner
meistens undurchsichtig. Solche Orthoklase sind mikro- Morphologie. Wie bei Orthoklas beobachtet man auch
skopisch weitgehend inhomogen und bestehen aus über- Wachstumszwillinge (des ehemaligen Sanidins) nach dem
wiegend submikroskopischen Domänen verschiedener Karlsbad-, Baveno- und Manebach-Gesetz. Im Gegensatz
Größe mit trikliner Al,Si-Verteilung. Diese Domänen sind zu Orthoklas bestehen die Paramorphosen aus mikros-
nur mit dem Transmissions-Elektronenmikroskop (TEM) kopisch gut auflösbaren, im Idealfall klar definierten, oft
auflösbar; soweit sie eine gewisse Größe erreicht haben, lamellaren Einkristallbereichen, die ∅ ≈ 100 μm erreichen
erkennt man ein recht variables Erscheinungsbild: Dieses und bevorzugt nach dem Mikroklin-Gesetz verzwillingt
196 11 · Silikate
sind (Bambauer et al. 1989). Es entsteht so ein nach dem phen Granulite. Mikroklin findet sich darüber hinaus im
Albit- und Periklin-Gesetz gegittertes Lamellensystem, Detritus klastischer Sedimentgesteine, so besonders in
das in Schnittlagen ≈ // {001} (unter +Nic.) gut sichtbar Arkosen, ist aber auch als primäre (sog. authigene) Bil-
ist und ein mikroskopisches Identfizierungsmerkmal des dung in Sedimentgesteinen anzutreffen.
Mikroklins darstellt (Abb. 11.56). Orthoklas und Mikroklin
– wie hier beschrieben – sind Produkte des gleichen Um- Bedeutung von Orthoklas und Mikroklin als Rohstoff. Beide
wandlungsvorgangs und somit nicht streng zu trennen. Minerale sind wichtige Rohstoffe in der Keramikindus-
Mikroklin-Perthite sind neben Orthoklas die verbrei- trie (Porzellan, Glasuren), der Glasindustrie und für die
teten Kali- bzw. Alkalifeldspäte in Plutoniten. In großen Herstellung von Email.
bis riesengroßen Individuen ist Mikroklin der Hauptge- Die Varietät Mondstein ist ein milchig getrübter Kali-
mengteil der meisten Pegmatite. In deren Hohlräumen feldspat mit kryptoperthitischer Entmischung. Bei sei-
kommen auch gut ausgebildete Individuen vor (Abb. 2.2, ner Verwendung als Edelstein ist sein bläulich-wogen-
S. 34), so auch der relativ seltene blaugrüne Amazonit der Lichtschein geschätzt, der bei gewölbt geschliffener
(Abb. 11.57) Oberfläche (Cabochon) hervortritt.
Im sog. Schriftgranit (Abb. 22.3, S. 338) werden
Mikroklin-Individuen orientiert von Quarzstängeln Adular
durchwachsen. Dieses Gefüge wird meist durch simulta-
ne Kristallisation von Quarz und Kalifeldspat aus einer Dieser Kalifeldspat besitzt in der Regel mononokline
H2O-reichen Restschmelze erklärt. Mikroklin ist der Kristallformen mit der besonderen Adulartracht durch
verbreitetste Alkalifeldspat in metamorphen Gesteinen; Vorherrschen von {110} und {101} und Fehlen oder weit-
Mesoperthite, d. h. Alkalifeldspäte die sich ungefähr zu gehendes Zurücktreten von {010} (Abb. 11.55g). Adular
gleichen Teilen aus Mikroklin- und Albit-Lamellen auf- kommt in alpinen Klüften vor, wo er metastabil, d. h. Al,Si-
bauen (Abb. 11.53), sind typisch für die hochmetamor- ungeordnet bei relativ niedrigen Temperaturen gewachsen
11.6 · Gerüstsilikate (Tektosilikate) 197
Tabelle 11.11.
Tief-Albit und Anorthit
198 11 · Silikate
schon erwähnte Peristerit-Lücke daran erkennbar, dass das Feldspatoide ohne tetraederfremde Anionen
mikroskopisch feine, lamellare Entmischungsgefüge einen
Mondstein-artigen Lichtschein verursacht (Ribbe 1983b). Nephelin, (Na,K)[AlSiO4]
Seltener als die übrigen Plagioklaszusammensetzungen. Vorkommen. Nephelin ist ein wichtiges Mineral in SiO2-
Die durch Flächen begrenzten Kristalle sind dicktafelig untersättigten magmatischen Gesteinen mit Na-Vor-
nach {010} entwickelt und kommen als Drusenmineral macht. Im Unterschied zu Leucit tritt Nephelin nicht nur
in Ca-reichen vulkanischen Auswürflingen und basalti- in Vulkaniten, z. B. in Phonolithen, Nephelintephriten,
schen Tuffen vor, als ein relativ seltener Gemengteil in Nephelinbasaniten und Nepheliniten auf, sondern auch
stark unterkieselten Ca-reichen magmatischen Gesteinen häufig in Plutoniten wie Nephelinsyeniten und deren Peg-
sowie in mittel- bis hochgradig metamorphen Kalken und matiten, gelegentlich sogar in metamorphen Gesteinen.
Kalkmergeln (Silikatmarmore, Kalksilikat-Gesteine).
11.6.3
Feldspatoide (Foide, Feldspatvertreter)
Die Feldspatoide unterscheiden sich durch ihren
geringeren SiO2-Gehalt von den Alkalifeldspäten. Sie
können nicht im Gleichgewicht mit Quarz auftreten,
da sich sonst die entsprechenden Feldspäte bilden Abb. 11.59. a Nephelin-Kristall mit asymmetrischen Ätzfiguren auf
würden. Feldspatoide kristallisieren aus alkalireichen, den Flächen des hexagonalen Prismas; b Ikositetraeder {211}
(Leucitoeder) von ehemaligem Hoch-Leucit, paramorph umgewan-
SiO2-armen silikatischen Schmelzen. delt in Lamellen von Tief-Leucit, orientiert // {110}
11.6 · Gerüstsilikate (Tektosilikate) 199
Nephelin als Rohstoff. Als Feldspatersatz in der kerami- Feldspatoide mit tetraederfremden Anionen: Sodalith-Reihe
schen Industrie. Nephelin-reiche magmatische Gesteine
der Kola-Halbinsel sind wichtiger Rohstoff für die Ge- Sodalith, Na8[Cl2/(AlSiO4)6] oder als Merkformel
winnung von Aluminium in Russland. 3NaAlSiO4 (Nephelin) · NaCl
Wie man schon aus dem Vergleich der Struktur-, besser noch Hauyn, (Na,Ca,K,)8–4[(SO4)2–1/(AlSiO4)6]
der Oxidformeln erkennt, ist Leucit (K2O · Al2O3 · 4SiO2)
gegenüber Kalifeldspat (K2O · Al2O3 · 6SiO2) unterkieselt. Struktur. In der Gerüststruktur der Sodalithreihe sind ge-
ordnete [SiO4]- und [AlO4]-Tetraeder so miteinander ver-
Struktur. In der Leucit-Struktur befinden sich die K-Io- knüpft, das käfigartige Hohlräume von kubo-oktaederi-
nen in den weiten Hohlräumen des lockeren Gerüsts aus scher Symmetrie (sog. Sodalith-Käfige: Abb. 11.1i, 11.60) ent-
allseitig verknüpften (Al,Si)O4-Tetraedern, die 4-, 6-, 8- stehen, die jeweils durch 6 Viererringe // {100} und 8 Sech-
und 12-zählige Ringe bilden. K+ besitzt gegenüber O [12]- serringe // {111} begrenzt werden. In diesen Hohlräumen
Koordination; es kann nur in geringem Maße durch Na+ sitzen die großen Anionen [Cl]– und [SO4]2– sowie die Katio-
ersetzt werden. Der kubische Hoch-Leucit (Kristallklasse nen Na+ und Ca2+. Auch bei vielen Zeolithen treten Sodalith-
4/m32/m), ist bei Temperaturen >605 °C beständig; er Käfige als strukturelle Bausteine auf (Abschn. 11.6.5).
wandelt sich bei Temperaturerniedrigung in den tetra-
gonalen Tief-Leucit (4/m) um, wobei die kubischen Ausbildung. Kristallklasse 43m; gerundete, bisweilen kor-
Kristallformen äußerlich erhalten bleiben. rodierte, im Gestein eingewachsene Kristalle oder kör-
nige Aggregate, nur relativ selten bilden sie aufgewach-
Ausbildung. Der kubische Hoch-Leucit weist als Hoch- sene Kristalle, dann mit dem Rhombendodekaeder {110}
temperaturform häufig modellhaft gut ausgebildete Iko- als der vorherrschenden Kristallform.
sitetraeder {211} auf, die auch als Leucitoeder bezeich-
net werden. Kristalle von ehemaligem Hoch-Leucit stel- Physikalische Eigenschaften.
len – ähnlich wie Mikroklin – Paramorphosen dar, in de- Spaltbarkeit {110} vollkommen; Bruch muschelig
nen Domänen aus Tief-Leucit komplizierte Zwillings- bis uneben
stöcke bilden (Abb. 11.59b). Die Lamellen sind oft nach Härte 5–6
{110} orientiert und mikroskopisch bei +Nic durch ihre Dichte Sodalith 2,3, Nosean 2,3–2,4, Hauyn 2,5
Anisotropie meist gut sichtbar. Die Leucitkristalle sind Farbe, Glanz Farblos, weiß, aschgrau bis tiefblau
fast stets im Gestein eingewachsen. (ultramarinblau); sehr oft blau in un-
terschiedlichen Tönen, besonders
Physikalische Eigenschaften. beim Hauyn; durchsichtig, durchschei-
Spaltbarkeit fehlt nend, gelegentlich sogar undurch-
Bruch muschelig sichtig; glas- bis fettglänzend. Die
Härte 5½–6 blaue Färbung wird durch unter-
Dichte 2,5 schiedliche Elektronenzentren in der
Farbe, Glanz farblos, grauweiß bis weiß, auch gelb- [SO4]-Anionengruppe in der Struktur
lich; Glas- oder Fettglanz, trüb, durch- verursacht
scheinend
Chemismus. Sodalith enthält höchstens geringe Mengen an
Bildungsbedingungen und Vorkommen. Leucit ist ein cha- K+ und Ca2+ anstelle von Na+ sowie Fe3+ anstelle von Al3+;
rakteristisches Mineral SiO2-untersättigter vulkanischer Nosean und Hauyn bilden eine lückenlose Mischkristall-
Gesteine mit K-Vormacht wie Leucitphonolithe, Leucit- reihe und enthalten stets etwas Cl– anstelle von [SO4]2–
tephrite, Leucitbasanite und deren Tuffe. sowie z. T. beachtliche Anteile an K+ und etwas Fe3+.
Er fehlt im Allgemeinen in echten Plutoniten und in
metamorphen Gesteinen, weil sein Kristallisationsge- Abb. 11.60. Sodalith-Käfig. Im Ver-
biet mit zunehmendem Wasserdruck immer kleiner wird gleich zur Darstellung in Abb. 11.1i
sind die Sauerstoffe weggelassen,
(Abb. 18.12, S. 292); ab PH2O ≈ 2,6 kbar kann sich Leucit auch
um die Käfig-Struktur deutlicher
aus unterkieselten Schmelzen nicht mehr ausscheiden. zu machen. (Nach Seel et al. 1974)
Vorkommen. Sodalith kommt besonders in alkalibetonten letztere bilden kontinuierliche Kanäle //c, in denen ein Teil
Plutoniten (Nephelinsyeniten und deren Pegmatiten) so- der Kationen Na+ und Ca2+ sowie die Anionen CO32– und
wie als mikroskopischer Gemengteil in vulkanischen Ge- SO42– sitzen. Durch die Eckenverknüpfung der 6-zähligen
steinen (Phonolithen und Alkalibasalten) vor, außerdem Ringe entstehen außerdem charakteristische, 11-flächige
als aufgewachsene Kriställchen in vulkanischen Auswürf- Cancrinit-Käfige (sog. ε -Typ), die den anderen Teil der
lingen. Sodalith entsteht auch durch metasomatische Kationen sowie die H2O-Moleküle enthalten.
Umwandlung (Fenitisierung; s. Abschn. 26.6.1, S. 457).
Nosean und Hauyn sind fast ganz auf Alkalivulkanite wie Chemismus. Es existiert eine lückenlose Mischkristallreihe
Alkalibasalte und Phonolithe sowie vulkanische Aus- zwischen dem CO3-reichen Endglied Cancrinit und dem
würflinge beschränkt. SO4-reichen Endglied Wischnewit; darüber hinaus kön-
nen auch OH und Cl als tetraederfremde Anionen betei-
Verwendung. Derbe, kräftig ultramarinblaue, durch Feni- ligt sein, so besonders im Hydrocancrinit bzw. im Davyn,
tisierung entstandene Sodalith-Massen von Ontario (Ka- die – ebenso wie Wischnewit – auch K anstelle von Ca
nada), Indien, Brasilien und Namibia werden zu kunst- und Na enthalten.
gewerblichen Gegenständen, Steinketten sowie Boden-
und Fassadenplatten verarbeitet. Es gibt eine Vielzahl von Vorkommen. Cancrinit tritt hauptsächlich in Nephelin-
synthetischen Materialien mit Sodalith-Struktur, von de- syeniten (Abschn. 13.2.2) oder deren Pegmatiten (Ab-
nen einige als Molekularsiebe verwendet werden. schn. 22.2, S. 337) auf, z. B. auf der Insel Alnö in Schwe-
den; er kristallisiert also direkt aus SiO2-untersättig-
Lasurit, (Na,Ca)8[S2/(AlSiO4)6] ten Magmen, aus pegmatitischen Restschmelzen oder
(auto-)hydrothermalen Restlösungen, wobei bereits aus-
Am häufigsten ist der kubische Lasurit-1C mit der kristallisierter Nephelin, seltener auch Sodalith pseudo-
Kristallklasse 43m; daneben treten der orthorhombische morph verdrängt werden. Voraussetzung für seine Bil-
Lasurit-6O mit 2/m2/m2/m und der trikline Lasurit-4A dung ist ein hoher CO2-Partialdruck.
mit der seltenen Kristallklasse 1 auf. Nur selten findet man
Lasurit in Form gut ausgebildeter Kristalle mit {110}; 11.6.5
fast stets bildet er dichtkörnige, blaue Massen mit gelb- Skapolith-Gruppe
glänzenden Pyrit-Einschlüssen, oft auch mit Anteilen von
Calcit. Dieses Gemenge wird mit dem Gesteinsnamen Skapolithe sind feldspatähnliche Gerüstsilikate mit
Lapis lazuli bezeichnet und ist ein geschätzter Schmuck- den tetraederfremden Anionen Cl– – auch F–, (OH)–
stein, der bereits seit dem Altertum in Afghanistan ab- – sowie [CO3]2– und [SO4]2–. Sie bilden eine lücken-
gebaut wird. Der Chemismus von Lasurit entspricht dem lose Mischkristallreihe zwischen den Endgliedern.
künstlichen Farbstoff Ultramarin.
Marialith, Na4[Cl/(AlSi3O8)3] und Mejonit,
11.6.4 Ca4[CO3/(Al2Si2O8)3] bzw. Sulfat-Mejonit, Ca4[SO4/(Al2Si2O8)3]
Cancrinit-Gruppe
Ausbildung. Kristallklasse 4/m; aufgewachsene Kristalle
Cancrinit (Na,Ca,)8[CO3,SO4)2/(AlSiO4)6] · 2H2O bilden gedrungene, seltener langgestreckte tetragonale
Prismen mit dominierendem {100}, ferner {110}, {111}
Ausbildung. Kristallklasse 6. Cancrinit kommt meist ge- und {101}; das Auftreten der selteneren Formen {121}
steinsbildend in körnigen Aggregaten vor. Aufgewachsene oder {210} oder von Ätzfiguren deutet an, dass Skapolith
Kristalle sind kurzprismatisch oder nadelig entwickelt mit nicht zur höchstsymmetrischen tetragonalen Kristall-
{1010} und {0001}, seltener mit {1011} oder {1120}. klasse gehört; meist aber findet man Skapolith einge-
wachsen im Gestein.
Physikalische Eigenschaften.
Spaltbarkeit {1010} vollkommen, {0001} mäßig Physikalische Eigenschaften.
Bruch uneben bis muschelig Spaltbarkeit {110} vollkommen, {100} deutlich;
Härte 5–6 Bruch muschelig, spröde
Dichte 2,4–2,5 Härte 5–6
Farbe, Glanz farblos, weiß, hellblau bis hell blau- Dichte 2,5–2,8, je nach Marialith/(Sulfat-)
grau, honiggelb, rötlich; Glasglanz auf Mejonit-Verhältnis
{1010}, Perlmuttglanz, Fettglanz Farbe, Glanz farblos oder weiß, mit Glasglanz bis
Fettglanz; durch Zersetzung und/oder
Struktur. Alternierende SiO4- und AlO4-Tetraeder sind Hämatit-Entmischung grau, grünlich,
über die Ecken zu 6- und 12-zähligen Ringen verknüpft; rötlich, ja ziegelrot, trübe
11.6 · Gerüstsilikate (Tektosilikate) 201
Struktur. Lockere Gerüststruktur mit Viererringen aus Auch in ihrem Auftreten in der Natur haben Zeolithe
[(Si,Al)O4]-Tetraedern, die // c zu Kanälen angeordnet viel Gemeinsames. Ihre häufig gut ausgebildeten Kristalle
sind; in den kleineren Hohlräumen sitzen die Kationen füllen Hohlräume oder Klüfte meist innerhalb magmati-
Na+ und Ca2+, in den größeren die tetraederfremden An- scher, besonders jungvulkanischer Gesteine, so in Basalten
ionen Cl–, [CO3]2– und [SO4]2–. und Phonolithen. In winzigen Kriställchen bilden Zeolithe
Umwandlungsprodukte von Gesteinsgläsern und vulkani-
Vorkommen. In (auto-)metasomatisch umgewandelten schen Tuffen, so besonders auf dem Ozeanboden und in kon-
Gesteinen, z. B. Gabbros; in Metamorphiten, z. B. in Ska- tinentalen Salzseen. Einige Zeolithe, insbesondere Laumon-
polithgneisen und Granuliten; auf alpinen Klüften. tit und Heulandit, sind kritische Minerale der Diagenese
und der niedrigstgradigen Metamorphose (Zeolithfazies).
11.6.6
Zeolith-Familie Technische Bedeutung der Zeolithe
Zeolithe sind Gerüstsilikate mit besonders weitma- Ihre strukturellen Eigenschaften (Abb. 11.61) machen die
schig angelegten Strukturen, großen Hohlräumen Zeolithe zu Ionen- bzw. Basen-Austauschern, sog. Permu-
oder Kanälen (Abb. 11.61). In diesen Zwischenräumen titen. So können Na-Zeolithe aus hartem Wasser Ca2+-
befinden sich große Kationen (Na+, Ca2+, K+, auch Ionen aufnehmen im Austausch gegen die eigenen Na+-
Ba2+ und Sr2+) und besonders auch H2O-Moleküle, Ionen. Die dann an Ca2+-Ionen gesättigten Zeolithe las-
als Zeolithwasser bezeichnet. Eine lockere Bindung sen sich für eine weitere Verwendung mit Hilfe von Na+-
macht die Kationen austauschbar. Das Zeolithwasser reichen Lösungen wieder regenerieren. Für die Aufberei-
kann schon bei mäßigem Erhitzen stufenweise aus- tung des Wassers werden synthetische Zeolithe eingesetzt.
getrieben werden, ohne dass das Alumosilikatgerüst Entwässerte Zeolithe sind in der Lage, auch Atome
zusammenbricht (Name „Kochstein“ von grch. ζέω oder Moleküle anderer Art bis zu einem gewissen Parti-
= sieden). Bedeutsam ist, dass die Zeolithe verlore- keldurchmesser aufzunehmen. Diese Fähigkeit ermög-
nes Wasser wieder aufnehmen können. licht es, Zeolithe als sog. Molekularsiebe technisch für
die fraktionierte Reinigung von Gasen bzw. Gasgemi-
Viele Zeolithe haben sehr komplexe chemische Formeln, schen, insbesondere Edelgasen, einzusetzen.
über die nicht immer Einigkeit besteht (Coombs et al. 1998;
Bish u. Ming 2001). Wir geben die Zeolith-Formeln nach Die wichtigsten Zeolithe
Armbruster u. Gunter (2001) an, jedoch z. T. in stark ver-
einfachter Form. Bei Zeolith-Mischkristallen wird das Unter den zahlreichen Zeolithen seien nur die wichtigsten
jeweils vorherrschende Alkali- oder Erdalkali-Ion hinter angeführt. Nach äußeren Kennzeichen wurde die Zeolith-
dem Namen angegeben, z. B. Heulandit-Ca, Stilbit-Na. Familie in folgende Gruppen eingeteilt:
Die lockeren Strukturen der Zeolithe wirken sich auch
auf physikalische Eigenschaften aus. So liegen Härte Faserzeolithe
(3½–5½), Dichte (2,0–2,4) und Lichtbrechung (1,48–1,50) Blätterzeolithe
deutlich niedriger als bei den Feldspäten. Die Kristalle Würfelzeolithe
sind meist farblos oder weiß, höchstens durch Beimen-
gungen zart gefärbt. Natürlich ist die Morphologie jeweils strukturell begründet.
Abb. 11.61.
Kristallstrukturen von Zeolithen.
a Kette aus [SiO4]-Tetraedern
(einfarbig) und [AlO4]-Tetrae-
dern (schraffiert) von Faserzeo-
lithen, z. B. Natrolith. b Blick in
Kettenrichtung // c. c Chabasit-
Käfig. d Faujasit-Käfig. Bei c
und d sind die Sauerstoffe
weggelassen. (Nach Gottardi u.
Galli 1985)
202 11 · Silikate
Physikalische Eigenschaften.
Spaltbarkeit {110} deutlich entsprechend den schwä-
cheren Bindungskräften zwischen den
// c kettenförmig aneinandergereih-
ten (Al,Si)O4-Tetraedern; Bruch mu-
schelig
Härte 5–5½
Dichte 2,2–2,6
Farbe, Glanz meist farblos, weiß, seltener zart ge-
färbt; Glas bis Seidenglanz; durchsich-
tig bis durchscheinend Abb. 11.62. Kristalltrachten, Zwillinge und Viellinge bei Zeolithen.
a Einkristall von Natrolith; b Bündel von Durchkreuzungszwillin-
Struktur. Kantenverknüpfte [SiO4]- und [AlO4]-Tetraeder gen von Stilbit (Desmin); c Chabasit, Durchkreuzungszwilling nach
bilden Ketten // der c-Achse (Abb. 11.61a,b); diese wer- (0001); d Phillipsit, zwei Zwillinge durchkreuzen sich unter Erlan-
den durch weitere [SiO4]-Tetraeder zu einem dreidimen- gen einer pseudotetragonalen Symmetrie
sionalen Gerüst von Vierer- und Achterringen verbun-
den. Dadurch entstehen große Kanäle, in denen Na+-Io-
nen und H2O-Moleküle sitzen.
Physikalische Eigenschaften.
Spaltbarkeit {010} vollkommen, {100} deutlich;
Bruch uneben, spröde
Härte 5–5½
Dichte 2,3–2,4
Farbe, Glanz weiß, auch gräulich, gelblich, rötlich;
Glasglanz, auf Spaltflächen Perlmutt-
glanz; durchscheinend bis trübe
Physikalische Eigenschaften.
Spaltbarkeit {1011} bisweilen deutlich, sonst musche-
liger Bruch
Härte 4½
Dichte 2,1
Farbe, Glanz farblos oder weiß, seltener zart gefärbt;
Glasglanz, durchsichtig bis durchschei-
nend
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12
Flüssigkeits-Einschlüsse in Mineralen
Reiner Klemd
Während des Wachstums oder der Rekristallisation von Mineralen können ne-
ben kristallinen Körpern auch Flüssigkeiten eingeschlossen werden. Flüssigkeits-
Einschlüsse (engl. fluid inclusions) werden oft übersehen, da sie mit einem Durch-
messer von normalerweise <1 μm–0,1 mm sehr klein sind. In vielen Fällen sind
sie <0,01 mm. Größere Einschlüsse bis zu mehreren Millimetern sind selten. Die
ersten Arbeiten über Flüssigkeits-Einschlüsse erschienen bereits vor über 130 Jah-
ren. Nach 1900 erlebte diese Forschungsrichtung einen schnellen Aufschwung.
Ein ausführlicher Abriss wird in den Lehrbüchern von Roedder (1984), Shepherd
et al. (1985), Leeder et al. (1987) und Goldstein u. Reynolds (1994) gegeben. Das
Ziel der Untersuchung von Flüssigkeits-Einschlüssen ist die Ermittlung von physi-
kalischen Daten wie Temperatur, Druck, Dichte und Zusammensetzung der Flüs-
sigkeiten. Diese Daten ermöglichen Rückschlüsse auf die Bildungsbedingungen
ihrer Wirtminerale.
Das Einschlussvolumen beträgt normalerweise weniger als In den Mineralen gibt es mehrere Generationen von Flüs-
1 % des Gesamtvolumens des Wirtkristalls, selten bis zu 5 %. sigkeits-Einschlüssen:
Die Form der Flüssigkeits-Einschlüsse kann einer negati-
ven Kristallform des kristallographischen Aufbaus des Wirt- Primäre Flüssigkeits-Einschlüsse entstehen während
kristalls entsprechen; jedoch weitaus häufiger ist sie rund, des Wachstums eines Minerals. Häufig befinden sie sich
oval oder unregelmäßig ausgebildet (Abb. 12.1, 12.2a). Die auf Wachstumszonen der Minerale (Abb. 12.3a,b).
Einschlussfüllung besteht oft aus einer Flüssigkeit und Sekundäre Einschlüsse bilden sich dagegen erst
einer Gasblase, die sich durch Volumenkontraktion der nach der Kristallisation des Wirtminerals. Sie sind an
Flüssigkeit beim Abkühlen des Gesteins gebildet hat. Die verheilte Risse oder Brüche im Mineral gebunden
Flüssigkeit ist normalerweise eine wässerige Lösung, in (Abb. 12.2a).
der Salze gelöst sind. In den meisten Fällen handelt es Als pseudosekundär werden Flüssigkeits-Einschlüsse
sich um Na-, K-, Ca-, Mg-, Fe-Chloride; von anderen Sal- bezeichnet, die zwar während des Wachstums des Wirt-
zen wird seltener berichtet. Häufig beobachtet werden kristalls gebildet wurden, aber häufig Eigenschaften
Einschlüsse von reinem CO2 oder CO2-H2O, während rei- der sekundären Einschlüsse aufweisen (Abb. 12.3a,b).
ne CH4-Einschlüsse seltener sind. CO2 und CH4 können Niemals kreuzen sie allerdings die Korngrenzen ihrer
sowohl als Gas als auch als Flüssigkeit eingeschlossen Wirtminerale im Gegensatz zu den sekundären Ein-
werden. Verhältnismäßig häufig werden sog. Tochtermi- schlüssen.
nerale in den Flüssigkeits-Einschlüssen beobachtet, die
in den Einschlüssen während der Abkühlungsphase aus Primäre und pseudosekundäre Flüssigkeits-Einschlüsse
den übersättigten Lösungen auskristallisieren. Kristalle repräsentieren die physikalisch-chemischen Bedingungen
dagegen, die während der Bildung des Flüssigkeits-Ein- zur Zeit der Entstehung des Wirtminerals. Da sekundäre
schlusses eingeschlossen wurden, bezeichnet man als Einschlüsse erst nach der Kristallisation des Wirtminerals
Festeinschlüsse (solid inclusions) (Abb. 12.2b). In eini- gefangen werden, spiegeln sie spätere Einflüsse auf das
gen sehr schnell erstarrten magmatischen Gesteinen wird Mineral bzw. auf das Gestein wider. Um Aussagen über
von Silikatglas-Einschlüssen berichtet, die auch Schmelz- die Entwicklungsgeschichte eines Minerals treffen zu kön-
einschlüsse oder magmatische Einschlüsse genannt wer- nen, ist deshalb eine Unterscheidung der verschiedenen
den. Alle Arten dieser Flüssigkeits-Einschlüsse haben ge- Einschlusstypen, die oft nebeneinander vorkommen, un-
meinsam, dass sie abgeschlossene und stofflich selbstän- erlässlich. Das häufigste Wirtmineral für Flüssigkeits-Ein-
dige Körper sind, die während der Entstehung des Wirt- schlüsse ist Quarz, aber auch in Mineralen wie Fluorit,
kristalls und/oder der nachfolgenden Prozesse, denen das Granat, Kyanit, Pyroxene, Karbonate und Apatit sind Flüs-
Wirtmineral ausgesetzt war, entstanden sind. sigkeits-Einschlüsse beobachtet worden (Abb. 12.2c).
Abb. 12.1.
Rauchquarzkristall von Wett-
ringen (Mittelfranken) mit farb-
loser Zone, die zahlreiche Flüs-
sigkeits-Einschlüsse enthält.
a Maßstab 5 cm; b vergrößerter
Auschnitt, Bildbreite 1,5 cm;
c stark vergrößerter Ausschnitt,
Bildbreite 0.5 cm. Sammlung
K. Wiedmann (Crailsheim).
(Foto: K.-P. Kelber)
12 · Flüssigkeits-Einschlüsse in Mineralen 209
Abb. 12.2.
Einschlüsse in Mineralen.
a Mikrofoto von sekundären,
oval und unregelmäßig begrenz-
ten Ein- und Mehrphasenein-
schlüssen in magmatischem
Quarz von Varkenskraal (Süd-
afrika). Vergrößerung 630fach.
b Ovaler Flüssigkeits-Einschluss
mit Mineraleinschlüssen und
Tochtermineralen in magmati-
schem Quarz von Varkenskraal,
Muscovit (m) und Calcit (c). Auf-
nahme mit dem Raster-Elektro-
nenmikroskop (REM), Maßstab:
1 μm. (Aus Shepherd et al. 1985).
c Mikrofoto eines primären, wäs-
serigen Zweiphasen-Einschlus-
ses (FI) entlang der c-Achse von
Omphacit (Omp) aus einem
Eklogit aus dem Tianshan (NW-
China). Ttn: Titanit, Länge 25 μm.
(Foto: Jun Gao, Chinesische
Akademie der Wissenschaften,
Beijing)
210 12 · Flüssigkeits-Einschlüsse in Mineralen
Abb. 12.4. P-T-Diagramm mit den Isochoren für reines H2O. Weiterhin
Abb. 12.3. Einschlüsse in Mineralen. Prinzipskizze zur Anordnung pri- wird das Verhalten von zwei verschiedenen Einschlüssen A und B, die
märer (P), sekundärer (S) und pseudosekundärer (PS) Flüssigkeits-Ein- unterschiedliche Dichten besitzen, während des Aufheizungsvorgangs
schlüsse in Quarz und Fluorit. a Quarz, Schnitt parallel zur c-Achse; mit dem Heiz-Kühl-Tisch dargestellt (Pfeile). Obwohl die Einschlüsse
b Fluorit, Schnitt parallel zur Würfelfläche. (Aus Shepherd et al. 1985) dieselbe Homogenisierungstemperatur (TH) besitzen, ergeben sich aus
den unterschiedlichen Dichten unterschiedliche Einschließungs-
temperaturen (TT) und die Homogenisierung findet entweder in die
Mikrothermometrische Untersuchungen flüssige (A) oder in die gasförmige Phase (B) statt. Die Dichten entlang
der Isobaren sind in g cm–3 angegeben; k. P. bezeichnet den kritischen
Mikrothermometrische Untersuchungen von Flüssig- Punkt auf der Dampfdruckkurve. (Mod. nach Shepherd et al. 1985)
keits-Einschlüssen werden normalerweise mit kommer-
ziellen Heiz-Kühltisch-Systemen durchgeführt, die einen Diagenese von Sedimenten sowie magmatischen und ge-
Temperaturbereich von –196 bis +600 °C abdecken soll- ring- bis mittelgradigen metamorphen Prozessen, sind
ten. Durch die mikrothermometrische Untersuchung von diese Voraussetzungen jedoch erfüllt. In solchen Fällen
Flüssigkeits-Einschlüssen werden physikalisch-chemische kann man normalerweise bei der Untersuchung von Flüs-
Daten (Druck-Temperatur-Zusammensetzung der Flüs- sigkeits-Einschlüssen voraussetzen, dass das unter Labor-
sigkeit, P-T-X) ermittelt, die die Bildungsbedingungen bedingungen beobachtete Volumen und damit die Dich-
(primäre und pseudosekundäre Einschlüsse) und späte- te des Einschlusses den Bildungsbedingungen entspricht.
ren geologischen Ereignisse (sekundäre Einschlüsse) von Daher kann, bei bekannter Zusammensetzung des Ein-
Mineralen und deren Wirtgesteinen charakterisieren. schlussinhalts (s. unten), eine Isochore, d. h. eine Linie
Voraussetzungen hierfür sind: konstanten Volumens in einem P-T-Diagramm konstru-
iert werden (Abb. 12.4). In einem geschlossenen System
1. die stoffliche Homogenität der Flüssigkeit zum Zeit- bleibt der Einschlussinhalt erhalten; deshalb bewahrt der
punkt des Einschließens, Einschluss neben dem konstanten Volumen auch seine
2. die Erhaltung des Einschlussinhalts während der wei- Dichte aus dem Bildungsbereich. Hieraus folgt, dass der
teren geologischen Entwicklung, Einschluss an einem bestimmten P-T-Punkt (TT) der Iso-
3. ein konstantes Volumen der Flüssigkeits-Einschlüsse chore eingefangen worden sein muss. Die Dichte des Ein-
seit dem Zeitpunkt des Einschließens. schlussinhalts wird während eines experimentellen Heiz-
vorgangs durch Homogenisierung der verschiedenen
Sind diese Voraussetzungen nicht oder nur teilweise Phasen der Flüssigkeits-Einschlüsse bestimmt. So homo-
erfüllt, so muss dies in der Interpretation der P-T-X- genisiert die Gasblase eines Zweiphaseneinschlusses, der
Daten berücksichtigt werden, was nicht selten mit erheb- aus einer Flüssigkeit und einer Gasblase besteht, bei der
lichen Schwierigkeiten verbunden ist. Sind z. B. die Punk- Homogenisierungstemperatur TH (Abb. 12.4) entweder in
te 2 und 3 nicht oder nur teilweise erfüllt, so spricht man die flüssige Phase (Einschluss A) oder in die Gasphase
von einer Reäquilibrierung der Einschlüsse, was beson- (Einschluss B). Hierbei wird die Gasblase während des
ders durch die retrograde Überprägung von hochgradi- Heizvorgangs entweder immer kleiner, bis sie schließlich
gen metamorphen Gesteinen wie Eklogiten und Granuli- verschwindet, oder sie wird immer größer, bis der Flüs-
ten beachtet werden muss. Solche Reäquilibrierungen tre- sigkeitssaum aufgezehrt ist. Bei TH beginnt die Isochore
ten vor allem in Quarz auf und sind häufig nur bei genauer auf der Siedekurve ihre Fortsetzung in das homogene
struktureller und mikrothermometischer Bearbeitung der Zustandsfeld, je nach Dichte entweder in das flüssige oder
Flüssigkeits-Einschlüsse erkennbar. Bei vielen anderen gasförmige Feld (Abb. 12.4). Kann nun T oder P durch
geologischen Vorgängen, wie bei der Bildung von hydro- eine unabhängige Temperatur- oder Druckabschätzung
thermalen Erzlagerstätten oder Erdöllagerstätten, der bestimmt werden, so wird der P-T-Bereich der Bildungs-
12 · Flüssigkeits-Einschlüsse in Mineralen 211
Abb. 12.5.
a Unregelmäßige Ablation
(LUV266nm) eines Flüssigkeits-
Einschlusses an einer Quarz-
Oberfläche (30 μm). b Tiefen-
profil nach der Ablation eines
Flüssigkeits-Einschlusses in
Quarz (30 μm). (Modifiziert
nach Graupner et al. 2005)
212 12 · Flüssigkeits-Einschlüsse in Mineralen
Petrologie und
Lagerstättenkunde
Zur Systematik der Gesteine
Wie ein Blick auf geologische Karten, z. B. auf die von Mitteleuropa, eindrucks-
voll zeigt, besteht die oberflächennahe Erdkruste überwiegend aus Sediment-
gesteinen und nicht verfestigten Sedimenten. Das gleiche gilt für die Ozean-
böden, wie durch zahlreiche Bohrungen zur Gewinnung von Erdöl oder zu rein
wissenschaftlichen Zwecken belegt wurde. Demgegenüber dominieren in tie-
feren Bereichen der Erdkruste magmatische und metamorphe Gesteine. Unter
den Ozeanböden sind es fast ausschließlich Basalte und Gabbros, während in
der kontinentalen Erdkruste Granite und Granodiorite sowie daraus gebildete
Metamorphite vorherrschen. Kenntnisse über die Zusammensetzung der Erd-
kruste gewinnen wir aus Bergwerken, Tunneln und Tiefbohrungen. So erreich-
te die geowissenschaftliche Tiefbohrung auf der Kola-Halbinsel (Russland) eine
Endteufe von 12 260 m, die kontinentale Tiefbohrung der Bundesrepublik
Deutschland (KTB) bei Windischeschenbach in der Oberpfalz (Bayern) kam bei
9 101 m zum Stehen. Auf indirektem Wege vermitteln tektonisch gehobene und
tiefgreifend abgetragene Krustenbereiche Aufschlüsse über den Aufbau der
Erdkruste (s. Kap. 29, S. 515ff ).
Die folgende Tabelle gibt eine Abschätzung der Häufigkeit von Gesteinen in
der Erdkruste in Vol.-%:
Tabelle III.1.
Häufigkeit von Gesteinen in
der Erdkruste (nach Ronov
u. Yaroshevsky 1969)
13
Magmatische Gesteine (Magmatite)
13.1 Magmatische Gesteine (Magmatite, Eruptivgesteine, engl. igneous rocks) sind (im
Einteilung Wesentlichen) Kristallisationsprodukte aus einer natürlichen glutheißen silika-
und Klassifikation tischen Schmelze, dem Magma. Gelegentlich kommen auch karbonatische,
der magmatischen oxidische oder sulfidische Magmen in der Natur vor.
Gesteine An aktiven Vulkanen kann man die Förderung magmatischer Schmelzen in
eindrucksvoller Weise direkt beobachten. Bei der effusiven Förderung fließen re-
13.2 lativ dünnflüssige Laven an der Erdoberfläche oder auf dem Meeresboden aus;
Petrographie bei der extrusiven Förderung werden sie als zäher Brei heraus gedrückt. In beiden
der Magmatite Fällen werden vulkanische Gase, insbesondere H2O, CO2 und Schwefeldämpfe
freigesetzt. Diese heftigen Entgasungen belegen, dass in den Magmen des Erd-
innern leichtflüchtige Komponenten gelöst sind. Effusiv und extrusiv geförderte
Laven erstarren rasch zu feinkörnigen vulkanischen Gesteinen, z. T. sogar zu vul-
kanischen Gläsern wie Obsidian oder Pechstein. Erreichen die leichtflüchtigen
Komponenten einen gewissen Mengenanteil, so kommt es zur Blasenbildung
und Fragmentierung des Magmas. Die Folge ist der explosive Vulkanismus, bei
dem flüssige Lavateile in die Atmosphäre ausgeworfen werden und ganz oder
teilweise im Flug erstarren. Es werden vulkanische Fragmente – neben erstarrter
Lava auch Gesteinsbruchstücke und Einzelminerale – unterschiedlicher Größen-
ordnung sedimentiert, die von vulkanischen Schlacken bis zu vulkanischen
Aschen reichen. Häufig kommt es zur Bildung mächtiger Schichten von vulkanischer
Asche, die diagenetisch zu vulkanischem Tuff verfestigt wird. Ablagerungen von
vulkanischen Glutwolken und Glutlawinen bezeichnet man als Schmelztuffe oder
Ignimbrite. Alle diese, explosiv geförderten und aus vulkanischem Lockermaterial
bestehenden Ablagerungen werden unter dem Begriff pyroklastische Gesteine
(Pyroklastite) zusammengefasst; unverfestigte Pyroklastite jeder Art und Korngröße
bezeichnet man als Tephra. Stratovulkane (Schichtvulkane) sind durch eine vielfälti-
ge Wechsellagerung von Laven und Tuffen gekennzeichnet; sie enthalten außerdem
Gänge (engl. dikes), die diese Schichtenfolge diskordant durchsetzen oder als Lager-
gänge (engl. sills) nahezu konkordant zwischen den Schichten liegen. Diese Beob-
achtung zeigt, dass magmatische Schmelzen in das Vulkangebäude intrudiert sind.
Erreichen Magmen nicht die Erdoberfläche oder den Meeresboden, sondern
bleiben in größerer Erdtiefe stecken, so wird ihre Entgasung durch die Gesteins-
bedeckung verhindert. Der oft recht heterogene silikatische Schmelzbrei, das
Magma, in dem neben viel gelöstem Gas auch bereits Kristalle oder Kristall-
aggregate abgeschieden sind, kristallisiert in der Tiefe unter Bildung mittel- bis
grobkörniger Plutonite (Tiefengesteine), z. B. als Granit. An der Existenz der flüs-
sigen Lava, dem Ausgangsprodukt vulkanischer Gesteine, besteht kein Zweifel.
Auch sind alle Laven nachweislich aus der Tiefe gefördert worden. Demgegen-
über kann die Existenz von Magmen in der Tiefe nur indirekt aus ihren
Kristallisationsprodukten, den Plutoniten, erschlossen werden, die heute durch
Abtragung an der Erdoberfläche freigelegt sind: Noch niemand hat je das Mag-
ma der Tiefe gesehen; auch konnten bislang weder direkte noch indirekte Mes-
sungen mit Hilfe von Instrumenten vorgenommen werden, die seine Substanz
oder das Ausmaß seiner Existenz betreffen.
Trotzdem wird die Existenz von magmatischen Schmelzen im Erdinnern durch
zahlreiche Beobachtungen gestützt. So sichern lokale Zusammenhänge mit ak-
tiven Vulkanen das Vorhandensein von basaltischen Magma-Kammern in nicht
allzu großer Tiefe innerhalb der Erdkruste, so z. B. unter der Insel Hawaii oder der
Insel Vulcano. Plutone weisen häufig diskordante Kontakte mit ihrem Neben-
gestein auf und enthalten Xenolithe (Nebengesteins-Schollen). Durch den ther-
mischen Einfluss des kristallisierenden Magmas wird das Nebengestein kontakt-
metamorph verändert: es entstehen Kontakthöfe. Durch Experimente an natürli-
chen Gesteinen oder in stark vereinfachten Modellsystemen bei hohen Tempe-
raturen und Drücken kann das Aufschmelzverhalten von Gesteinen und die Kris-
tallisation von magmatischen Schmelzen modelliert werden.
13.1 13.1 Beim intersertalen Gefüge ist die feinkristalline oder gla-
Einteilung und Klassifikation der magmatischen Gesteine sige Grundmasse nur in untergeordneter Menge vorhan-
den und füllt die Zwickel zwischen den kreuz und quer
13.1.1 gewachsenen, leistenförmigen Feldspat-Einsprenglingen.
Zuordnung nach der geologischen Stellung und dem Gefüge Bei den Einsprenglingen kann man drei verschiedene
Arten unterscheiden:
Wie oben dargelegt, kann eine Grobeinteilung der
magmatischen Gesteine zunächst einmal nach ihrer Phänokristen (grch. ϕαι′νω = sichtbar machen) oder
geologischen Stellung vorgenommen werden. Rück- Einsprenglinge im engeren Sinne sind relativ früh aus
schlüsse auf ihren Bildungsort (Kristallisationsort) der Schmelze auskristallisiert;
lassen sich bereits aus den Verbandsverhältnissen Antekristen (lat. ante = vor) stammen entweder aus
ziehen. Hiernach unterscheidet man: einem Vorläufermagma oder wurden durch Mischung
mit einem anderen Magma in das vorliegende Magma
1. Plutonite, eingetragen (Hildreth 2001);
2. Vulkanite und Xenokristen (grch. ξε′νος = fremd) sind Fremdmine-
3. subvulkanische (hypabyssische) Gesteine, insbe- rale, die aus dem festen Nebengestein stammen.
sondere Ganggesteine (Plutonit-Porphyre, Dole-
rite, Granophyre, Aplite, Pegmatite, Lamprophyre). Vulkanische Lockerprodukte (Pyroklastika) sind meist
durch eine hohe Porosität gekennzeichnet. Aus der Luft ab-
Je nach ihrem Bildungsort weisen magmatische Ge- gelagerte vulkanische Aschen, sekundär verfestigt zu vul-
steine charakteristische Gefügemerkmale auf,die zur Klas- kanischen Tuffen, zeigen häufig Schichtung; demgegenüber
sifikation verwendet werden können (vgl. Kap. 3, S. 55ff). weisen Ignimbrite (Schmelztuffe), die aus Glutwolken und
Glutlawinen abgelagert wurden, meist keine Schichtung,
Vulkanite. Sie bilden sich im Zuge vulkanischer Ereignisse dafür aber oft Fließgefüge auf. Sie werden schon bei oder
an der Erdoberfläche (subaerisch) oder am Meeresboden kurz nach ihrer Förderung durch Verschweißen von
(submarin), gelegentlich auch unter Gletschern. Effusiv Schmelzanteilen mehr oder weniger stark verfestigt.
und extrusiv geförderte vulkanische Laven weisen häu-
fig Fließgefüge auf (Abb. 3.1, S. 57); sie sind oft kom- Subvulkanische Gesteine (Ganggesteine). Sie sind als magma-
pakt, in vielen Fällen aber auch blasig (Mandelstein, tische Gänge (Dikes) und Lagergänge (Sills), aber auch in
Abb. 3.2, 3.3, S. 57f), zellig, schwammig oder sogar schau- Form von Stöcken in oberflächennahen (hypabyssischen bzw.
mig (Bims). Ihre Struktur ist häufig porphyrisch mit Ein- subvulkanischen) Bereichen der Erdkruste intrudiert; sie
sprenglingen in einer feinkristallinen bis dichten Grund- können auch als Bestandteil von Vulkanbauten auftreten.
masse (Matrix), die granular oder filzig, z. T. auch kryp- Subvulkanische Gesteine sind stets kompakt und holokris-
tokristallin entwickelt sein kann (Abb. 13.7a,b, 13.9a, tallin; sie weisen häufig ein porphyrisches Gefüge auf, wo-
13.11a,b, 13.12b). Häufig ist die Grundmasse sogar hy- bei die Grundmasse fein- bis mittelkörnig ausgebildet ist
pokristallin oder hyalin (glasig) entwickelt (Abb. 3.1, (Plutonit-Porphyre). Dunkle, meist porphyrische Gangge-
S. 57), wobei allerdings oft Mikrolithe oder winzige Kris- steine heißen Lamprophyre, helle, feinkörnige Ganggesteine
tallite als Entglasungsprodukte auftreten (Abb. 13.9b). Aplite und helle, sehr grobkörnige Ganggesteine Pegmatite.
13.1 · Einteilung und Klassifikation der magmatischen Gesteine 217
Plutonite. Sie entstehen durch Kristallisation von magmati- Le Bas u. Streckeisen 1991; Woolley et al. 1996). Dabei hat
schen Schmelzen in der Tiefe und bilden in der Erdkruste man der Einteilung der magmatischen Gesteine nach ih-
geologische Körper unterschiedlicher Form und Größe: rem Mineralbestand den Vorzug gegeben. Diese Empfeh-
Plutone. Batholithe sind plutonische Massen, deren Ober- lungen betreffen Vulkanite, Plutonite und Lamprophyre
flächenanschnitt mehr als 100 km2 beträgt; sie sind durch (dunkle Ganggesteine) neben speziellen Randgruppen.
multiple Magmenintrusionen entstanden, setzen sich also Soweit möglich, erfolgt die Klassifikation der Vulkanite
aus mehreren Plutonen zusammen. Plutonite sind stets und Plutonite auf der Basis des modalen Mineralbestandes
kompakt und holokristallin; sie zeigen bisweilen Fließ- (Modus, Modalbestand), d. h. dem prozentualen Anteil der
gefüge. Typisch ist ein gleichkörniges, mittel- bis grobkör- in einem Gestein vorhandenen Minerale (in Vol.-%). Die-
niges Gefüge mit hypidiomorpher Ausbildung der Gemeng- ser wird durch ein Punktzählverfahren unter dem Mikro-
teile. Daneben treten auch porphyrische bzw. porphyrartige skop mittels einer Hilfsapparatur, dem Pointcounter, quan-
Varietäten auf, wobei allerdings die Großkristalle häufig Ein- titativ bestimmt oder – einfacher – halbquantitativ abge-
schlüsse anderer Minerale enthalten, also relativ spät kris- schätzt. Bei vulkanischen Gläsern oder bei Vulkaniten mit
tallisiert sind und demnach keine früh ausgeschiedenen einem gewissen Glasanteil ist das natürlich nicht möglich;
Einsprenglinge darstellen. auch bei Vulkaniten mit mikro- bis kryptokristalliner
Grundmasse lässt sich der Modalbestand nicht bestimmen,
Dreidimensionale Gefügeanalyse. In neuerer Zeit gewinnt da viele Mineralkörner wegen ihrer Kleinheit nicht iden-
die 3D-Analyse von Gesteinsgefügen zunehmend an Be- tifizierbar sind oder in verschiedenen Ebenen des 20–30 μm
deutung, wofür grundsätzlich zwei Gruppen von Metho- dicken Dünnschliffs liegen. Umgekehrt bieten auch sehr
den zur Anwendung kommen (Jerram und Higgins 2007): grobkörnige Plutonite Schwierigkeiten bei der Bestim-
mung ihres Modalbestands. So kann man leicht abschät-
Zweidimensionale Gefügeanalyse von parallelen zen, dass in einem Dünnschliff von 20 × 30 mm Fläche bei
Gesteinsschnitten. Hierfür wird ein Gesteinsblock ent- einem Gestein mit mittlerem Korndurchmesser von 5 mm
weder schrittweise abgeschliffen oder – besser – durch nur etwa 20–25 Körner auftreten. Das ist für eine hinrei-
parallele Schnitte in Scheiben zerlegt, aus denen sich chende statistische Genauigkeit zu wenig, so dass für eine
dann Dünnschliffe herstellen lassen. Gesteinsprobe mehrere Dünnschliffe ausgezählt werden
Dreidimensionale Computer-Tomographie (CT), wie sie müssen. In all diesen Fällen wird man die chemische Zu-
z. B. in der Medizin seit längerem Anwendung findet. sammensetzung heranziehen und aus ihr einen künstli-
Ein Gesteinsblock wird mit Röntgen-, Synchrotron-, chen Mineralbestand, die Norm, errechnen (s. unten).
Gamma- oder Elektronenstrahlen oder auch mit sicht- Grundlage der Klassifikation der Magmatite sind
barem Licht durchstrahlt, wodurch man sequentielle 5 Mineralgruppen, zu denen die wichtigsten gesteinsbil-
2D-Bilder erzeugt, die zu einem virtuellen 3D-Bild ver- denden Minerale der Magmatite gehören:
einigt werden.
Felsische (helle) Minerale
13.1.2 Q Quarz (und andere SiO2Minerale)
Klassifikation nach dem Mineralbestand A Alkalifeldspäte (Sanidin, Orthoklas, Mikroklin,
Perthite, Anorthoklas, Albit bis zu einem An-Ge-
Eine detaillierte Einteilung (Klassifikation, Systema- halt von 5 Mol.-%)
tik) der magmatischen Gesteine (Magmatite) wird P Plagioklas (An5–100)
nach dem Mineralbestand, dem Chemismus oder F Feldspatoide (Foide, Feldspatvertreter: Leucit, Ne-
nach beiden Kriterien vorgenommen. Wegen der phelin, Sodalith, Nosean, Hauyn u. a.)
Bedeutung der Feldspäte basiert jede mineralogische Mafische (dunkle) Minerale, Mafite:
Systematik wesentlich auf der Art und der Menge M Glimmer, Amphibole, Pyroxene, Olivin u. a. sowie
des Feldspats. Dabei ergibt sich als Regel: Je größer die opaken Minerale (z. B. Magnetit, Ilmenit) und
der prozentuale Anteil von SiO2 in einem magmati- weitere Akzessorien (z. B. Zirkon, Titanit, Apatit)
schen Gestein ist, um so größer ist der Anteil an Al-
kalifeldspat und um so größer der Albit-Gehalt im Unterscheidung nach dem gesamten Mengenanteil der
Plagioklas, dafür um so kleiner der Anteil an dunk- Mafite (M):
len Gemengteilen (Mafiten).
Hololeukokrate Magmatite: <10 Vol.-% Mafite
Aufbauend auf Vorschlägen von Streckeisen (1967) Leukokrate Magmatite: 10 –35 Vol.-% Mafite
wurde die mineralogische Klassifikation der magmati- Mesokrate Magmatite: 35 –65 Vol.-% Mafite
schen Gesteine (igneous rocks) durch die International Melanokrate Magmatite: 65 –90 Vol.-% Mafite
Union of Geological Sciences (IUGS) verbindlich gere- Holomelanokrate
gelt (z. B. Streckeisen 1974, 1980; Le Maitre 1989, 2004; (ultramafische) Magmatite: >90 Vol.-% Mafite
218 13 · Magmatische Gesteine (Magmatite)
Abb. 13.1. IUGS-Klassifikation der Plutonite und Vulkanite im Doppeldreieck Q–A–P–F nach dem modalen Mineralbestand. Erläute-
rungen im Text. Früher gebräuchliche Bezeichnungen in Klammern. Gesteinsnamen der Felder 6–10' in Tabelle 13.1. (Nach Streckeisen
1974, 1980; Le Maitre 1989; Le Bas u. Streckeisen 1991)
Alle magmatischen Gesteine mit M < 90 Vol.-% – das weise Sammelnamen für eine größere Gesteinsgruppe. So
ist der weitaus überwiegende Teil – werden nach den im ist bei der Sammelbezeichnungen Alkalifeldspat-Granit,
Gestein anwesenden hellen (felsischen) Gemengtei- -Syenit, -Rhyolith, -Trachyt der jeweilige Alkalifeldspat zu
len klassifiziert. Dabei werden die Modalbestände in spezifizieren, z. B. Mikroklin-Granit, Albit-Rhyolith.
das Doppeldreieck Q–A–P–F projiziert, und zwar jeweils Die dunklen Gemengteile (Mafite) werden bei der
für Plutonite und Vulkanite gesondert (Abb. 13.1 und IUGS-Klassifikation zunächst vernachlässigt; sie kön-
Tabelle 13.1). Bei Quarz-führenden Gesteinen werden nen aber zur näheren Kennzeichnung eines Gesteins
die Molprozente Q + A + P = 100, bei Foid-führenden dienen, z. B. Hornblendegranit. Bei mafischen Pluto-
Gesteinen A + P + F = 100 gesetzt und diese Mengen- niten der Gabbro-Gruppe (Feld 10 in Abb. 13.1, links) wer-
verhältnisse in das obere bzw. untere Dreieck eingetra- den Gesteine aus Klinopyroxen (Cpx) + Plagioklas als
gen. Diese Anordnung ist möglich, weil in einem Gestein Gabbro, solche aus Orthopyroxen (Opx) + Plagioklas
Quarz und Feldspatoide nicht im Gleichgewicht nebenei- als Norit und solche aus Olivin (Ol) + Plagioklas als
nander auftreten können. Die Magmatite des mittleren Troktolith bezeichnet (Abb. 13.2b,c); Gesteine aus
Gürtels führen als helle Gemengteile im Wesentlichen nur Ol + Cpx / Opx + Plag heißen Olivin-Gabbros bzw. Oli-
Feldspäte. Chemisch ausgedrückt befinden sich im obe- vin-Norite, Gesteine aus Opx + Cpx + Plag nennt man
ren Dreieck mit freiem Quarz SiO2-übersättigte, im mitt- Gabbro-Norite. Anorthosite (nach „Anorthose“, der alten
leren Streifen SiO2-gesättigte und im unteren Dreieck mit französischen Bezeichnung für Plagioklas) bestehen zu
Feldspatoiden SiO2-untersättigte Gesteine. Die in die >90 Vol.-% aus Plagioklas (Abb. 13.2b). Die ebenfalls im
Doppeldreiecke eingebrachten Gesteinsnamen sind teil- Feld 10 liegenden Diorite sind meist aus Amphibol + Pla-
13.1 · Einteilung und Klassifikation der magmatischen Gesteine 219
– Pegmatit ist durch ein sehr grobkörniges Gefüge chemischen Zusammensetzung charakteristi-
ausgezeichnet, bestehend aus Kalifeldspat + Albit sche Merkmale aufweisen. Im Vergleich zu Ba-
(seltener Oligoklas) + Quarz + Muscovit ± Biotit; salten bzw. Doleriten zeigen sie höhere Gehalte an
Alkalipegmatite enthalten Nephelin anstelle von K2O oder K2O + Na2O (bezogen auf den jeweiligen
Quarz sowie sehr verschiedene Akzessorien. Ty- SiO2-Gehalt) und besitzen hohe Gehalte an sel-
pisch sind graphische Verwachsungen zwischen teneren Elementen wie Cr, Ni, Ba, Sr, Rb, P, H2O
Kalifeldspat und Quarz im sog. Schriftgranit u. a. Sie führen oft kleinere Einsprenglinge von
(Abb. 22.3, S. 338). Biotit, Hornblende, Klinopyroxen (Diopsid bis
Dunkle Ganggesteine Augit) und Olivin (serpentinisiert). Die hellen
– Dolerite sind mittelkörnige Ganggesteine basal- Gemengteile Alkalifeldspat, Plagioklas und häufig
tischer Zusammensetzung. Sie weisen häufig ophi- etwas Quarz kommen niemals als Einsprenglinge
tisches oder subophitisches Gefüge auf, bei dem vor. Die wichtigsten Lamprophyre sind in Tabel-
sich Leisten von Plagioklas sperrig verschränken le 13.2 aufgeführt.
und von größeren xenomorphen Augitkristallen
vollständig oder teilweise umwachsen werden Neben den aufgeführten Kalkalkali-Lamprophyren
(Abb. 18.9, S. 289). gibt es Alkali-Lamprophyre: Camptonit führt neben Feld-
– Lamprophyre sind mesokrate bis melanokrate späten auch Foide als helle Gemengteile, Monchiquit ent-
Ganggesteine, die nicht einfach Äquivalente von hält eine glasige Grundmasse und Foide, Alnöit ist ultra-
häufigen Plutoniten oder Vulkaniten darstellen, mafisch. Als dunkle Gemengteile enthalten diese Alkali-
sondern in ihrem Mineralbestand und ihrer lamprophyre Na-Amphibol, Titanaugit, Biotit und Oli-
vin; der ultramafische Alnöit enthält besonders auch
Tabelle 13.2. Wichtigte Lamprophyre Melilith.
13.1.3
Chemismus und CIPW-Norm
Tabelle 13.3.
Chemische Durchschnitts-
Zusammensetzungen (Oxide,
Gew.-%) einer Auswahl wich-
tiger Plutonite. H2O bezeichnet
Wasser, das in den Mineralen –
meist in Form von (OH)-Grup-
pen – chemisch gebunden,
also nicht adsorbiert ist
(Nach Nockolds 1954)
13.1 · Einteilung und Klassifikation der magmatischen Gesteine 221
Den weitaus höchsten Wert besitzt in den meisten gehören zu den beiden häufigsten Magmatitgruppen, der
magmatischen Gesteinen SiO2. Er liegt, wenn man von Basalt- und der Granit-Granodiorit-Gruppe. Bei den am
extremen Zusammensetzungen absieht, zwischen 40 und meisten verbreiteten Magmatiten liegt der Al2O3-Wert
75 % (Tabelle 13.3, 13.4). Dabei sind 2 Häufigkeits- zwischen 10 und 20 %, MgO zwischen 0,3 und 30 %, FeO
maxima bei 52,5 und 73,0 % SiO2 festgestellt worden. Sie (einschl. Fe2O3) zwischen 4 und 12 %, CaO zwischen 0,5
und 12 %, K2O zwischen 0,2 und 6,0 % und Na2O zwi-
Tabelle 13.4. Chemische Durchschnitts-Zusammensetzungen (Oxide, schen 0,5 und 9 %. Alle anderen Oxide haben kleinere
Gew.-%) einer Auswahl wichtiger Vulkanite. (Nach Nockolds 1954) Werte oder sind nur in sehr geringen Mengen vorhan-
den. Ihre Variationsbreite hält sich bei den gewöhnlichen
Magmatittypen in Grenzen.
Nur wenige, relativ seltene Magmatite können extre-
mere chemische Zusammensetzungen aufweisen als die
in den Tabellen 13.3 und 13.4 aufgeführten, so z. B. die
Karbonatite, eine interessante Gesteinsgruppe, die über-
wiegend aus Karbonaten zusammengesetzt ist. Bei ih-
nen kann CO2 31,8 % erreichen, während SiO2 mitunter
kaum über einen Spurengehalt hinausgeht. Diese Ge-
steinsgruppe besitzt auch sonst einen ungewöhnlichen
Chemismus, indem sie z. B. hohe Konzentrationen an
relativ seltenen Elementen enthält.
Die Zuordnung der chemischen Hauptelemente inner-
halb der verschiedenen Magmatite ist nicht zufällig. So
haben magmatische Gesteine z. B. mit hohem SiO2-Wert
gleichzeitig auch relativ hohe Alkaliwerte, jedoch relativ
niedrige CaO- und MgO-Werte und umgekehrt. Deshalb
bietet sich auch der Gesteins-Chemismus als Grundlage
für eine Klassifikation der magmatischen Gesteine an, wo-
für es zahlreiche Möglichkeiten gibt. Für eine Klassifika-
tion vulkanischer Gesteine, bei denen sich der modale
Abb. 13.3.
Chemische Klassifikation der Vul-
kanite im Diagramm Na2O + K2O
gegen SiO2 nach Le Bas et al.
(1992). q = normativer Quarz,
ol = normativer Olivin
222 13 · Magmatische Gesteine (Magmatite)
Mineralbestand nicht bestimmen lässt, empfiehlt die Eine SiO2-Übersättigung tritt durch normatives Q, die-
IUGS das TAS-Diagramm (TAS = Total Alkali vs. Silica) jenige von Al2O3 gegenüber (K2O + Na2O) und CaO durch
nach Le Bas et al. (1986, 1992), in dem Gew.-% (Na2O + K2O) normatives C hervor (links oben in Tabelle 13.6).
gegen Gew.-% SiO2 aufgetragen ist (Abb. 13.3). Mit beginnender, noch recht schwacher SiO2-Unter-
Der Chemismus ermöglicht so auch eine Erfassung sättigung wird zunächst ein Teil des hy durch das (un-
der hyalinen und hypokristallinen Vulkanite. Darüber terkieselte) ol ersetzt. Verfolgen wir die Entwicklung in
hinaus hat eine chemische Gesteinsklassifikation auch vertikaler Richtung in Tabelle 13.6 weiter, so wird mit et-
noch weitere Vorteile: Durch die modernen instrumen- was stärkerer Untersättigung ein Teil des ab durch ne er-
tellen Analysemethoden, insbesondere Röntgen-Fluores- setzt. Wird die SiO2-Untersättigung noch größer, so wird
zenz-Spektroskopie (XRF) und induktiv gekoppelte Plas- ab durch ne, or teilweise oder vollständig durch lc ersetzt.
ma-Spektroskopie (ICP), lassen sich Gesteinsanalysen Bei einer Al2O3-Übersättigung gegenüber den Alkali-
viel rascher durchführen als Modalanalysen. Außerdem en und CaO, also im Fall Al2O3 > (K2O + Na2O + CaO),
gehen sie von einer deutlich größeren Probenmenge aus tritt normativ C auf. Das bedeutet jedoch nicht, dass Ko-
(i. Allg. ca. 2 kg) als die Modalanalyse eines Dünnschliffs, rund im modalen Mineralbestand des Gesteins enthal-
sind also repräsentativer. Deswegen beobachtet man in ten sein muss; vielmehr enthalten C-normative Gestei-
jüngster Zeit eine Hinwendung zu geochemischen Ge- ne andere Al-reiche Minerale, insbesondere Muscovit
steinsklassifikationen. Allerdings ist zu bedenken, dass K2O · 3Al2O3 · 6SiO2 · 2H2O. Nimmt der Aluminium-Über-
wegen der Heteromorphie der Gesteine sich aus der che- schuss (in Tabelle 13.6 nach rechts) weiter ab, indem Al2O3
mischen Zusammensetzung eines Gesteins nicht zwangs- nur noch >(K2O + Na2O), jedoch <(K2O + Na2O + CaO) ist,
läufig auch sein Mineralbestand ergibt; deshalb sind die dann tritt normativ kein C mehr auf. Es erscheint zusätz-
Bestimmung des Mineralinhalts und – soweit möglich – lich di neben hy und/oder ol, während an noch immer
eine zumindest halbquantitative Abschätzung des Modal- vorhanden ist. Die Präsenz des Al2O3-Gehalts im Gestein
bestandes unverzichtbar.
Zu den ältesten und am besten ausgearbeiteten che- Tabelle 13.5. Standardminerale der CIPW-Norm
mischen Klassifikationen der magmatischen Gesteine
zählt das CIPW-System (benannt nach den 4 amerikani-
schen Petrologen Cross, Iddings, Pirsson und Washing-
ton). Diesem System liegt die CIPW-Norm zugrunde, ein
normativer Mineralbestand, der nach bestimmten Regeln
errechnet wird (z. B. Wimmenauer 1985, S. 23 f.). Die
CIPW-Norm besteht aus einer Anzahl von sog. Standard-
mineralen (Tabelle 13.5), deren Anteil in Gew.-% ange-
geben wird. Mit ihnen werden Stoffgruppen der chemi-
schen Analyse zusammengefasst und damit der komple-
xe Magmatit-Chemismus anschaulicher gemacht. Unter-
schiede zum Modalbestand ergeben sich zwangsläufig,
weil die meisten Standardminerale vereinfachte End-
glieder der tatsächlichen Mineralgemengteile darstellen
und (OH)-haltige Standardminerale nicht vorgesehen
sind. So geht z. B. das in den Glimmern enthaltene K+ in
das Standardmineral Kalifeldspat (or) ein. In Magmati-
ten mit zwei Feldspäten verteilt sich der Anteil des
Standardminerals Albit (ab) auf Plagioklas und Alkali-
feldspat. Deshalb ist eine Darstellung der CIPW-Norm-
Minerale im Doppeldreieck Q–A–P–F nicht ohne weite-
res möglich.
Die CIPW-Norm spielt zum Vergleich chemischer Ei-
genschaften von magmatischen Gesteinen eine wichtige
Rolle. So können die Sättigungsgrade an SiO2 oder das
Verhältnis von Al2O3 gegenüber den Alkalien (K2O + Na2O)
und CaO besser beurteilt, verglichen und eingestuft wer-
den. Die Auswirkungen auf den normativen Mineral-
bestand durch Kombination verschiedener Sättigungs-
bzw. Untersättigungsgrade von SiO2 und Al2O3 sind in
Tabelle 13.6 ausgeführt:
13.2 · Petrographie der Magmatite 223
Tabelle 13.6.
Auswirkungen von SiO2- und
Al2O3-Übersättigung, -Sätti-
gung und -Untersättigung
auf die CIPW-Norm
wäre modal neben Plagioklas durch Biotit oder/und Am- 13.2 13.2
phibol angezeigt. Wird schließlich Al2O3 < (K2O + Na2O) Petrographie der Magmatite
(rechte vertikale Reihe in Tabelle 13.6), so tritt wegen der
geringen Gehalte an Al2O3 kein an mehr auf und ein Na2O- Auf Grund ihrer chemischen Zusammensetzung
Überschuss führt zu ac; wegen des CaO-Überschusses ver- werden die magmatischen Gesteine grundsätzlich in
größert sich die Menge an di, teilweise auf Kosten von hy. Alkali-Magmatite und subalkaline Magmatite ein-
Für den modalen Mineralbestand des betreffenden Ge- geteilt. Bezogen auf den gleichen SiO2-Wert besit-
steins bedeutet dies das Auftreten von Na-Pyroxen und/ zen die Alkali-Magmatite höhere (K2O + Na2O)-Ge-
oder Na-Amphibol. Die Umrechnungsregeln der CIPW- halte als die subalkalinen Magmatite, wie das in
Norm schließen entsprechend Tabelle 13.6 aus, dass fol- Abb. 17.2 (S. 274) am Beispiel der Hawai-Basalte do-
gende Normminerale zusammen auftreten können: kumentiert wird. Bei den subalkalinen Magmatiten
ist Mol.-% (K2O + Na2O) < Al2O3.
Q mit ol, ne, lc Auf Grund geochemischer Kriterien lassen sich
hy mit ne, lc diese beiden Hauptgruppen weiter untergliedern,
C mit di, ac wobei diese Einteilung nicht nur formale sondern
an mit ac durchaus auch genetische Bedeutung haben kann.
Man spricht dann von magmatischen Reihen oder
Eine modifizierte, computergerechte Form der CIPW-Norm, die Serien. In der folgenden Übersicht sind auch die
Standard Igneous Norm (SIN), wurde von Verma et al. (2003) erar- englischen Begriffe zum Vergleich mit aufgeführt:
beitet.
1. Alkali-Magmatite, Alkali-Serie (engl. alkaline
Die chemische Zusammensetzung von magmatischen rock suite, alkaline magma series)
Gesteinen spiegelt genetische Prozesse bei der Bildung a) Na-betont (sodic)
und Weiterentwicklung von Magmen im Kontext der b) K-betont (potassic)
Plattentektonik wider. Wichtige Hinweise bieten die Ge- c) K-reich (high-K)
halte an Haupt- und Spurenelementen, insbesondere 2. Subalkaline Magmatite, (engl. subalkaline rock
auch an Seltenerd-Elementen, die stabilen Isotope von suite, subalkaline magma series)
Sauerstoff und Schwefel sowie radiogene Isotopen- a) Kalkalkali-Magmatite, Kalkalkali-Serie (calc-
systeme (Rb-Sr, Sm-Nd). Auf diese Fragen soll am Bei- alkaline rock suite, calcalkaline magma series)
spiel der wichtigen Gesteinsgruppe Basalt (Kap. 19, – K-arm (low-K type)
S. 305ff) und Granit (Kap. 20, S. 311ff) sowie im Kap. 33 – medium-K type
(S. 595ff) näher eingegangen werden. – K-reich (high K-type)
224 13 · Magmatische Gesteine (Magmatite)
b) Tholeiit-Serie (tholeiitic rock suite, tholeiitic unterscheidet sich durch seine feine polysynthetische
magma series) Zwillingslamellierung auf den Spaltflächen (Albit- und
Periklingesetz) vom Orthoklas oder Mikroklin. Quarz,
Die Abgrenzung zwischen der Kalkalkali- und der rauchgrau, ist an seinem muscheligen Bruch mit Fettglanz
Tholeiit-Reihe erfolgt anhand des AFM-Dreiecks immer kenntlich. Dunkler (mafischer) Gemengteil ist fast
(Abb. 17.3, S. 274). stets Biotit (braun, dunkel- bis schwarzbraun, auch dun-
Die geochemischen Unterschiede zwischen den kelgrün), bis zu 10 Vol.-% am Mineralbestand beteiligt.
beiden Hauptgruppen spiegeln sich im Modal- Häufig tritt neben Biotit auch Muscovit auf, der zu den
bestand der einzelnen Gesteinstypen wider. Bei mafischen Gemengteilen gerechnet wird (Zweiglimmer-
den leukokraten Alkali-Magmatiten sind Alkali- granite). Hinzu kommt gelegentlich grüne bis bräunliche
feldspäte oft die einzige Feldspatart. In den meso- Hornblende neben Biotit oder allein (Hornblendegranit).
kraten und melanokraten Alkali-Magmatiten kommt Blassgrüner Augit ist seltener (Augitgranit). Die akzesso-
An-reicher Plagioklas hinzu. Feldspatoide sind rischen Gemengteile treten nur teilweise makroskopisch
typisch, insbesondere Nephelin in Na-betonten, hervor: Es beteiligen sich Zirkon, Titanit, Apatit (im We-
Leucit in K-betonten und K-reichen Alkali-Mag- sentlichen Fluorapatit) und die opaken Minerale Magne-
matiten. Zwangsläufig fehlen jedoch Foide in den tit, Ilmenit, häufig auch Pyrit und andere.
leukokraten Vertretern, wenn diese Quarz führen.
Charakteristische mafische Gemengteile in Alkali- Gefüge. Das Gefüge des Granits ist gewöhnlich richtungs-
Magmatiten sind Na-Pyroxene und Na-Amphibole los körnig ausgebildet; es gibt aber auch Granite, die
neben dunklem, Fe-reichem Biotit (Lepidomelan). Fließregelung zeigen. Plagioklas und die dunklen Ge-
Die subalkalinen Magmatite unterscheiden sich mengteile weisen teilweise ebene Begrenzung durch Flä-
von den Alkali-Magmatiten durch das völlige Feh- chen auf, sind also hypidiomorph, die Akzessorien z. T.
len von Anorthoklas, Feldspatoiden, Na-Pyroxenen auch idiomorph. Im Unterschied zu ihnen sind die Kör-
und Na-Amphibolen. ner von Kalifeldspat meist, die von Quarz immer unre-
gelmäßig begrenzt, also xenomorph ausgebildet. Diese
Kombination führt zu dem sog. hypidiomorph-körnigen
Hinweis: Früher, insbesondere in der deutschen Literatur, wurden
Gefüge des Granits, aber auch anderer Plutonite. In sol-
die subalkalinen Magmatite in ihrer Gesamtheit als Kalkalkali-
Magmatite bezeichnet. chen Gefügen ist angenähert eine Ausscheidungsfolge der
Gemengteile aus dem granitischen Magma erkennbar,
Wegen ihrer weitaus größeren Verbreitung werden auch als Rosenbusch-Regel bezeichnet. Daneben gibt es
zunächst die subalkalinen Magmatite beschrieben, in weiter Verbreitung Granite, deren Gefüge dieser Regel
danach erst die Alkali-Magmatite. nicht genügt, weil es durch spät- bis nachmagmatische
Rekristallisation von Mineralen, sog. Endoblastese, be-
13.2.1 einflusst ist. Durch diesen Vorgang entstehen Groß-
Subalkaline Magmatite (Abb. 13.1, 13.2 und Tafel A.1) kristalle von Kalifeldspat, die verbreitet Einschlüsse von
Plagioklas enthalten. Bei solchen Kalifeldspat-Endo-
Sulbalkaline Plutonite blasten, die nicht mit echten Einsprenglingen verwech-
selt werden dürfen, ist häufig eine Kristallgestalt ange-
Granit deutet. Man spricht in diesem Falle von einem porphyr-
artigen Gefüge des Granits. Beim Rapakivi-Gefüge, be-
Helles (leukokrates), mittel- bis grobkörniges, meist mas- nannt nach dem Rapakivi-Granit in Süd-Finnland, wer-
siges Gestein, das in seinem Modalbestand das große den rundliche, einige Zentimeter große Kristalle von
Feld 3 im Q–A–P-Dreieck einnimmt (Abb. 13.1). Bei Be- Kalifeldspat durch einen Mantel von Oligoklas-Körnern
darf kann man eine weitere Einteilung in Syenogranite umgeben; diese Feldspat-Aggregate liegen in einer mittel-
mit A > P und Monzogranite mit A ≈ P vornehmen. körnigen Grundmasse (Abb. 13.4).
Abb. 13.4. Rapakivi-Gefüge in einem Syenit von Ylämaa, Finnland. Diorit (Abb. 13.5b)
Rundliche Einsprenglinge von Kalifeldspat (rosa, mit zahlreichen
Einschlüssen von Amphibol), umgeben von einem Mantel von
Oligoklas-Körnern (grünlichgrau) in einer mittelkörnigen Grund- Graugrünes, meist mittelkörniges, mesokrates Gestein
masse aus Kalifeldspat, Oligoklas und Amphibol. (Foto: K.-P. Kelber) von massiger Ausbildung.
dunklen Gemengteilen, wie Biotit und/oder Hornblen- Mineralbestand. Heller Gemengteil ist Plagioklas (An30–50),
de, seltener Augit, zu. Da fließende Übergänge zu Granit während Kalifeldspat mit <10 Vol.-% der Feldspäte und
bestehen, ist eine makroskopische Zuordnung zwischen Quarz mit <5 Vol.-% der hellen Gemengteile zurücktreten,
Granit oder Granodiorit am Handstück nicht immer ein- oft auch ganz fehlen. Quarzreichere Diorite werden als
deutig möglich. Quarzdiorite bezeichnet. Dunkler Gemengteil ist gewöhn-
lich eine dunkelgrüne Hornblende, daneben auch Biotit,
Vorkommen. Granit und Granodiorit sind die häufigsten der im Glimmerdiorit vorherrscht, Augitdiorit ist selte-
Plutonite. Größere Granitplutone befinden sich im ner. Akzessorien wie bei Granit und Granodiorit, Titanit
Grundgebirge Mitteleuropas, besonders im Harz, Oden- ist sehr häufig, Zirkon tritt zurück.
wald, Schwarzwald, in den Vogesen, im Thüringer Wald,
Fichtelgebirge, im Oberpfälzer und Bayerischen Wald, Gefüge. Hypidiomorph-körnig.
Böhmerwald, im Österreichischen Waldviertel, im Erz-
gebirge, Iser- und Riesengebirge, im Lausitzer Gebirge und Vorkommen. Größere Dioritkörper finden sich in Mit-
in den Alpen. teleuropa besonders im Thüringer Wald, Bayerischen
Wald, Vorspessart, Odenwald, Schwarzwald und in den
Technische Verwendung für Granit und Granodiorit. Das bei Vogesen.
den meisten Granitplutonen anzutreffende Kluftsystem
ist für die Gewinnung von Werk- und Pflastersteinen al- Verwendung. Wie Granit und Granodiorit.
ler Art von großer Bedeutung. Durch seine Dickbankig-
keit lassen sich häufig große Blöcke gewinnen, die als Gabbro (Abb. 13.2b,c, S. 219, Abb. 13.6a)
Ornamentsteine, Grabdenkmäler oder für die Monumen-
talarchitektur geeignet sind oder zu Fassaden- und Melanokrates bis mesokrates, mittel- bis grobkörniges,
Fußbodenplatten gesägt werden; die Blöcke und Platten meist massiges Gestein.
226 13 · Magmatische Gesteine (Magmatite)
13.2 · Petrographie der Magmatite 227
Mineralbestand und Varietäten. Plagioklas (An50–90) in Zur Gabbro-Gruppe rechnen auch: Troktolith (Fo-
dicktafeligen Körnern, oft mit makroskopisch sichtba- rellenstein), bestehend aus Plagioklas (An70–90) und
ren Zwillingsstreifen nach dem Albit- und Periklingesetz, (serpentinisiertem) Olivin als wesentliche Gemeng-
Klinopyroxen (Diopsid bis Augit), mitunter mit bräunli- teile.
chem Schiller auf den Absonderungsflächen nach (100)
(Diallag). Gabbros mit Orthopyroxen (Bronzit bis Hy- Anorthosit
persthen) anstelle von Klinopyroxen werden als Norit be-
zeichnet, solche mit Klinopyroxen + Orthopyroxen als Anorthosit ist ein hololeukokrates Gestein, das überwie-
Gabbronorit, mit Olivin als Olivingabbro bzw. Olivinnorit gend aus Plagioklas (An20–90) besteht und fast keine mafi-
(Abb. 13.2b,c); als weitere Mafite können magmatisch ge- schen Gemengteile enthält; Anorthosite kommen zusam-
bildete, braune Hornblende und/oder brauner Biotit auf- men mit Gabbros in Layered Intrusions vor oder bilden eige-
treten: Hornblendegabbro, Biotit-Hornblende-Gabbro, ne Massive von großer Ausdehnung, z. B. den Kunene-Kom-
Biotitgabbro; Quarzgabbros enthalten einen Quarz-An- plex in Süd-Angola und Nord-Namibia und den Lac-Saint-
teil von 5–20 Vol.-% der hellen Gemengteile; Gabbrodiorit Jean-Komplex in Quebec (Kanada) Anorthosite sind häu-
ist ein Übergangsglied zum Diorit mit Plagioklas um fig mit Charnockiten (Abschn. 26.3.1, S. 438) assoziiert.
An50.
Akzessorien sind besonders Apatit, Ilmenit oder Ti- Peridotit (Abb. 13.2a, Abb. 13.6b)
tanomagnetit, nicht selten Pyrrhotin (Magnetkies), Py-
rit und etwas Chalkopyrit (Kupferkies). Häufig sind die Holomelanokrates (ultramafisches) Gestein, mittel- bis
Pyroxene sekundär (spätmagmatisch) in Gemenge von grobkörnig, auch sekundär dichtkörnig durch Serpenti-
Aktinolith umgewandelt (Uralitisierung). nisierung (vorwiegend) des Olivins.
Gefüge. Hypidiomorph-körnig; häufig Kumulatgefüge Mineralbestand. Olivin (Ol, teilweise in Serpentin umge-
(s. unten). wandelt), Orthopyroxen (Opx, Enstatit, Bronzit oder Hy-
persthen) und/oder Klinopyroxen (Cpx, diopsidischer
Vorkommen. Gabbros und Norite bilden schichtige Intru- Augit), bisweilen Hornblende oder wenig Phlogopit,
sivmassen (Layered Intrusions) von oft riesiger Ausdeh- akzessorisch Chromspinell (Picotit), Chromit, Magnetit.
nung (Abb. 15.5, 15.6, S. 261). Magmatische Schichtung
entsteht durch das Absinken schwerer Olivin- und Pyro- Varietäten (Abb. 13.2a). Dunit fast nur aus Ol bestehend,
xen-Kristalle in der Schmelze, die sich lagig zu sog. Ku- Harzburgit mit Ol + Opx (Hypersthen), Wehrlit mit
mulaten anreichern (Abb. 21.2, S. 325). Die wichtigsten Ol + Cpx (diopsidischer Augit), Lherzolith mit Ol + Opx
Beispiele sind Bushveld (Südafrika), Sudbury (Ontario, (Bronzit) + Cpx (Abb. 13.6b).
Kanada), Stillwater (Montana, USA), Skaergaard (Grön- Hornblendeperidotit mit Hornblende neben oder anstelle
land, Abb. 15.6, S. 235). Layered Intrusions sind Träger von Pyroxen, Granatperidotit mit Pyrop-reichem Granat.
wichtiger Erzlagerstätten von Ni, Pt-Metallen, Cr und Ti
(Kap. 21). In Mitteleuropa finden sich kleinere Gabbro- Vorkommen. Zum Beispiel im Odenwald, Schwarzwald,
Plutone im Harz, Odenwald, Schwarzwald, Bayerischen Harz (Bad Harzburg), in den Vogesen, Pyrenäen (Lherz),
Wald und in den Sudeten. in Südspanien (Ronda), in den Südalpen (Ivreazone), in
Gabbros bauen die untere ozeanische Erdkruste in einer Mittelnorwegen (Åheim), Zypern (Troodos-Masiv),
Mächtigkeit von einigen Kilometern auf (Abb. 29.7, S. 519). Oman, Neuseeland; als Fremdeinschlüsse (Xenolithe) in
basaltischen Gesteinen.
Technische Verwendung. Gabbro wird wegen seiner hohen
Druckfestigkeit bevorzugt zu Straßen- und Bahnschotter Subalkaline Vulkanite
und Splitt verwendet.
Wegen ihres feinen Korns ist eine makroskopische Be-
stimmung sehr erschwert oder undurchführbar. Eine
Abb. 13.5. Mikrofotos von Plutoniten. a Granodiorit, Steinbruch am gewisse Orientierung können bei porphyrischem Gefü-
Lindberg, Intrusivgebiet von Fürstenstein, Bayerischer Wald. Haupt-
gemengteile: Plagioklas (mit polysynthetischer Verzwilligung nach
ge die Einsprenglinge geben.
dem Albit-Gesetz sowie ausgeprägtem Zonarbau), Kalifeldspat (ex-
trem xenomorph, z. B. Mitte links), Quarz und Biotit (braun). Ge- Rhyolith (Liparit) (Abb. 13.7a)
kreuzte Polarisatoren (+Nic.). Bildbreite ca. 3 mm. b Quarzdiorit,
Märkerwald, östlich Bensheim, Odenwald. Hauptgemengteile: Pla- Leukokrates, dicht- bis feinkörniges Gestein mit gele-
gioklas (polysynthetische Zwillinge nach dem Albit- und Periklin-
gentlichen Einsprenglingen, bisweilen glasig. Der Che-
Gesetz sowie Zonarbau, Anorthit-reiche Zonen stark serizitisiert),
Hornblende (verzwillingt, links oben), Biotit (rechts unten) und mismus entspricht dem von Alkalifeldspat-Graniten und
Quarz. +Nic. Bildbreite ca. 4 mm. (Fotos: K.-P. Kelber) Syeno-Graniten.
228 13 · Magmatische Gesteine (Magmatite)
13.2 · Petrographie der Magmatite 229
Mineralbestand. Einsprenglinge von Sanidin (oft tafelig Eine porphyrische, purpurrot gefärbte Varietät von
nach {010}), Plagioklas (An10–30) und Quarz mit Hoch- Dacit, der Porfido rosso antico, wurde in der römischen
quarztracht. Nur spärlich sind dunkle Gemengteile vor- Kaiserzeit (nachweislich seit 18 n. Chr.) im Steinbruch
handen, besonders Biotit. Die Grundmasse enthält sehr Mons Porphyrites am Djebel Dokhan in der ägyptischen
oft Glas, Fließgefüge werden häufig beobachtet. Ostwüste gewonnen (Klemm u. Klemm 1993, 2008;
Hyaline Rhyolithe sind verbreitet: Obsidian, vorwiegend Abu El-Enen u. Okrusch 2012). Er war in der Antike als
schwarz, muscheliger Bruch, kantendurchscheinend; Pech- Dekorationstein hoch geschätzt; aus ihm gefertigte
stein, braun bis dunkelgrün, mit trübem Wachsglanz, oft Sarkophage blieben ausschließlich Königen und Kaisern
mit makroskopisch sichtbaren Kristall-Einsprenglingen vorbehalten. Wegen Schließung der Steinbrüche in der
(meist Sanidin); Perlit, bläulichgrün bis bräunlich, beste- Mitte des 5. Jh. musste der hohe Bedarf an diesem Mate-
hend aus körnig-schaligen Glaskügelchen von Hirsekorn- rial, der auch noch im Mittelalter und in der Neuzeit
bis Erbsengröße als Hauptmasse des Gesteins (Abb. 13.9b); bestand, ausschließlich durch die Verwendung antiker
Perlit und Pechstein unterscheiden sich von Obsidian durch Spolien gedeckt werden (Abb. 13.8).
höhere Wassergehalte; sie führen winzige Kriställchen
(Mikrolithe) oder skelettförmige Kristalle unterschiedlicher Andesit (Abb. 13.7b)
Art als Entglasungsprodukte. Bimsstein ist ein Rhyolithglas,
das bei vulkanischen Explosionen aufgeschäumt wurde, es Vulkanit-Äquivalent von Quarz-Monzodiorit bis Quarz-
ist blasig-schaumig, seidenglänzend, auf dem Wasser Diorit (Feld 9* und 10* in Abb. 13.1), meist porphyrisch
schwimmend. Die Bezeichnung Quarzporphyr für das se- mit feinkörniger bis dichter, grau, grünlich-schwarz oder
kundär veränderte, in Mitteleuropa jungpaläozoische Äqui- rötlich-braun gefärbter Grundmasse.
valent des Rhyoliths sollte nicht mehr verwendet werden.
Mineralbestand. Einsprenglinge von Plagioklas (An30–50
Vorkommen. Beispiele: Karpatenraum, Euganäen (Nord- oder höher), häufig deutlicher Zonarbau mit spektaku-
italien), Insel Lipari, Insel Milos (Kykladen), Insel Arran lärem Wechsel von An- und Ab-reicheren Zonen, An-
und Pass Glen Coe (Schottland; Abb. 3.1, S. 57), Island. Gehalt generell zum Rand hin abnehmend, ferner Horn-
blende, Biotit, diopsidischer Augit und Hypersthen. Ak-
Technische Verwendung. Rhyolith wird als Kleinpflaster, zessorien sind Apatit, Zirkon, Titanit und Titanomagnetit.
Sockelsteine, Packlager und Schotter genutzt; Perlit dient Die Grundmasse enthält nicht selten Glas. Boninite sind
wegen seiner Blähfähigkeit zur Herstellung von schall- Hyalo-Andesite, die Einsprenglingen von Olivin, Ortho-
und wärmeisolierenden Leichtbaustoffen, für Schaum- pyroxen, Klinopyroxen und wenig Chromspinell in einer
glasziegel, für Filter und Oberflächenkatalysatoren sowie glasigen Grundmasse führen.
bei der Zementierung von Erdölbohrungen.
Obsidian z. B. von Lipari und von Milos wurde in der Vorkommen. Beispiele: Euganäen, Karpatenraum, Kaskaden-
Jüngeren Steinzeit in großem Umfang zu Pfeilspitzen und Gebirge (USA), Andenvulkane. Andesite sind die wichtigs-
Messern verarbeitet; Kultur der Azteken in Mexiko; Bims- ten Vulkanite der Kalkalkali-Reihe; sie sind charakteristisch
stein findet Verwendung als Leichtbaustoff. für konvergente Plattenränder. Zusammen mit Daciten und
Rhyolithen bauen sie die Vulkanreihen von Orogengürteln
Dacit und Rhyodacit und Inselbögen oberhalb von Subduktionszonen auf, z. B.
rings um den Pazifischen Ozean. Zusammenfassend wer-
Vulkanit-Äquivalente von Granodiorit und (Monzo-)Granit. den die vulkanischen Suiten aus Andesit–Dacit–Rhyolith
als Adakite bezeichnet (Defant und Drummond 1990;
Mineralbestand. Einsprenglinge von Plagioklas und Quarz Martin 2005). Der Name Porphyrit für das sekundär verän-
mit Tracht des Hochquarzes, im Rhyodacit auch etwas derte vulkanische Äquivalent des Andesits sollte nicht mehr
Sanidin. Dunkler Gemengteil ist vorwiegend Hornblen- verwendet werden.
de, etwas seltener auch Biotit. Die Grundmasse enthält Übergangsglieder zwischen Basalt und Andesit werden
oft Glas. als basaltische Andesite bezeichnet, während Trachy-
andesite durch höhere Na2O + K2O-Gehalte (Abb. 13.3)
und dementsprechend erhöhte Alkalifeldspat/Plagioklas-
Verhältnisse (entsprechend dem Latit im Doppeldreieck
Palast von Knossos auf Kreta (ca. 1800 v. Chr.) und in der
im Jahr 800 geweihten Palastkapelle Karls des Großen im
Dom zu Aachen (z. B. Lorenz 2012; Abb. 13.8).
Abb. 13.10.
Mikrofoto von Komatiit mit typi-
schem Spinifex-Gefüge, benannt
nach einer spitzen Grasart in
Australien. Zwischen meist ske-
lettförmigen Olivinkristallen, die
merklich serpentisiert sind, be-
findet sich Glasmatrix (im Bild
schwarz), die nadelförmige Kris-
tällchen von Augit als Entgla-
sungsprodukte enthält (sichtbar
besonders am oberen Bildrand).
Spinifex-Gefüge entsteht durch
schnelle Erstarrung einer ehe-
mals heißen, stark unterkühlten
Schmelze. Komatiitlava, Timmins,
Ontario, Kanada. +Nic. Bildbreite
ca. 12 mm. (Foto: K.-P. Kelber)
234 13 · Magmatische Gesteine (Magmatite)
Mineralbestand. Alkalifeldspat (Orthoklas- oder Mikro- Vorkommen. Monzonigebiet und Predazzo in Südtirol,
klinperthit), sehr wenig Plagioklas, Quarz, eisenreicher, Meißener Massiv in der Elbtalzone Sachsens.
schwarzbrauner Biotit (Lepidomelan) oder Natronamphi-
bol (z. B. Riebeckit) und/oder Natronpyroxen (Ägirin) in Nephelinsyenit
Prismen oder Körnern. Akzessorien: Zirkon, Apatit und
weitere ganz spezifische Minerale. Albitgranite führen als In stärker unterkieselten Alkalisyenit treten neben Alkali-
Alkalifeldspat reinen Albit. feldspat auch Feldspatoide als wesentliche Gemengteile
auf. Nehmen die Gehalte auf >10 Vol.-% der hellen Ge-
Vorkommen. Alkalifeldspat-Granite treten viel weniger mengteile zu, spricht man von Foidsyeniten Am häufigs-
häufig als Kalkalkaligranit auf, meist zusammen mit ten sind Nephelinsyenite. Das Synonym Foyait wird in
Alkalisyenit, Nephelinsyenit und anderen Alkalipluto- der IUGS-Nomenklatur nicht mehr verwendet.
niten z. B. im Oslogebiet in Südnorwegen, an mehreren
Stellen in Schweden, in Grönland. Mineralbestand. Alkalifeldspäte wie Orthoklas- oder Mikro-
klinperthit oder Anorthoklas; auch Albit kann auftreten.
Alkalifeldspat-Syenit (Alkalisyenit) Nephelin (Varietät Eläolith) ist durch Entmischung der
Kalsilit-Komponente grau oder durch Einschlüsse von Hä-
Alkalifeldspat-Syenite (Feld 6 in Abb. 13.1) sind durch matit rötlich gefärbt, zeigt muscheligen Bruch und Fettglanz
Quarz-Gehalte von <5 % der leukokraten Gemengteile (makroskopisch dem Quarz ähnlich); er ist xenomorph
und Plagioklas-Anteile von <10 % des totalen Feldspat- ausgebildet, seltener idiomorph durch Wachstumsflächen
gehalts gekennzeichnet. begrenzt. Seine sekundäre Umwandlung in ein Haufwerk
von Zeolith ist verbreitet. Neben Nephelin tritt sehr häufig
Mineralbestand. Orthoklas- oder Mikroklinperthit, auch als Foid blassfarbener bis tiefblauer Sodalith auf, idiomorph
Anorthoklas, nur wenig Plagioklas, eisenreicher Bio- nach {110} oder als Zwickelfülle; mit seinem modalen Vor-
tit (Lepidomelan), Natronamphibol (z. B. Riebeckit), herrschen Übergang in Sodalithsyenit; auch Nosean und
Natronpyroxen (Ägirin, Ägirinaugit), auch als Säume Cancrinit können vorhanden sein. Ganz selten tritt in
um Diopsid. Akzessorien: honiggelber Titanit, Apatit, Plutoniten Pseudoleucit auf, ein Gemenge aus Kali-
Zirkon. feldspat + Nephelin, pseudomorph nach idiomorphem Leu-
Die Varietät Larvikit enthält etwa 90 % Anorthoklas cit {211}. Als mafische Gemengteile finden sich hellgrüner
sowie wenig Titanaugit ± Biotit (Lepidomelan). Anor- bis farbloser Diopsid, dunkelfarbiger Ägirin in dünnen, oft
thoklas, kenntlich an seinen spitz-rautenförmigen Quer- büschelig gruppierten Nädelchen; Ägirinaugit bildet
schnitten, zeigt z. T. blauschillerndes Farbenspiel, was auf demgegenüber eher gedrungene Kristalle mit zonarer
antiperthitische Entmischung der Or-Komponente zu- Umwachsung eines Diopsidkerns; auch Titanaugit kommt
rückgeht; da der verbleibende Wirtkristall ein Oligo- vor. Der Amphibol ist wiederum ein Natronamphibol (z. B.
klas ist, kann man die Larvikite auch zu den Monzoni- Arfvedsonit); oft tritt dunkelbrauner Biotit (Lepidomelan)
ten stellen. hinzu. Akzessorien sind vorzugsweise Minerale mit Selte-
nen Erden sowie zahlreiche Ti- und Zr-haltige Silikate.
Vorkommen. Zwischen Oslo und dem Langesundfjord in Shonkinit ist ein melanokrater Nephelinsyenit
Südnorwegen. (M > 60 Vol.-%).
13.2 · Petrographie der Magmatite 235
Vorkommen. Beispiele: Oslogebiet in Südnorwegen, Kola- nicht selten auch etwas Quarz, Tridymit oder Cristobalit.
halbinsel, Karpatenraum, Mittelschweden, Serra de Daneben gibt es glasreiche Trachyte bis zu Trachytgläsern
Monchique in Portugal. Bekannt ist der subvulkanische (Obsidian), ebenso Trachyt-Bimssteine.
Shonkinit vom Katzenbuckel im Odenwald.
Vorkommen. Beispiele: Drachenfels im Siebengebirge,
Technische Verwendung. In Kanada und den USA werden Westerwald, Böhmisches Mittelgebirge, Auvergne in
ausgedehnte Nephelinsyenit-Vorkommen in großem Zentralfrankreich, Insel Ischia, Campi Flegrei bei Nea-
Umfang wirtschaftlich genutzt. Sie bilden einen wichti- pel, Kanarische Inseln, Azoren.
gen Rohstoff für die Glasherstellung. In der Keramik wird
das Gestein häufig als Ersatz für Feldspat verwendet. Phonolith (Abb. 13.11a)
Foidmonzodiorit und Foidmonzogabbro (Essexit) Grau bis grünliches oder bräunliches, dicht- bis feinkör-
niges, auch porphyrisches Gestein. Als Einsprenglinge
Meso- bis melanokrates, hypidiomorph-körniges Ge- treten makroskopisch mitunter hervor: Na-Sanidin,
stein. (Feld 13 in Abb. 13.1). Nosean oder Hauyn, Nephelin oder Leucit in idiomorph
ausgebildeten Kristallen. Daraus ergeben sich verschie-
Mineralbestand. Plagioklas (An40–60, mehr oder weniger dene Varietäten. Phonolith ist das Vulkanit-Äquivalent
idiomorph ausgebildet) > Alkalifeldspat (Na-Orthoklas- des Foidsyenits. Das Gestein sondert häufig in dünnen
oder Na-Mikroklinperthit, oft als Saum um Plagioklas Platten ab, die beim Anschlagen klingen („Klingstein“
oder Zwickelfülle), Foide. Als dunkler Gemengteil über- von grch. ϕωνή = Klang).
wiegt Pyroxen (diopsidischer Augit, Titanaugit und/oder
Ägirinaugit), daneben Fe-reiche Hornblende oder Biotit. Mineralbestand. Na-Sanidin, auch Anorthoklas, Nephelin
Olivin, wenn vorhanden, ist meistens in Serpentin umge- und andere Feldspatoide, besonders Leucit oder Nosean.
wandelt. Akzessorien sind Apatit, Titanit und opake Fe- Mafische Gemengteile sind Ägirin, Ägirinaugit und/
Ti-Oxide. Foid-führende Plutonite mit geringem oder feh- oder Na-Amphibol, bisweilen auch Melanit, ein Ti-
lendem Alkalifeldspat heißen Foiddiorite und Foidgabbros haltiger Andradit-Granat. Die Grundmasse enthält
(Theralithe; Feld 14 in Abb. 13.1) selten etwas Glas. Fluidalgefüge durch annähernd pa-
rallel angeordnete Leistchen von Sanidin ähnlich dem
Vorkommen. Beispiele: Kaiserstuhl, Böhmisches Mittelge- Trachyt. In Blasenräumen häufig viele Arten von Zeo-
birge, Südnorwegen. lithen (Natrolith, Chabasit u. a.). Der Phonolith i. e. S.
führt als Foid Nephelin; herrscht ein anderes Foid vor,
Foidolith so spricht man von: Leucitphonolith, Sodalithphonolith,
Noseanphonolith (Abb. 13.11a). Übergang zu Trachyt ist
Plutonite, deren Foidanteil 60–100 Vol.-% der hellen Ge- verbreitet. Phonolith kann auch als Phonolith-Bimsstein
mengteile beträgt (Feld 15 in Abb. 13.1). Als Beispiel sei der entwickelt sein.
melanokrate Ijolith genannt, bestehend aus Nephelin, Ägi-
rinaugit, ±Biotit sowie akzessorischem Apatit und Titanit. Vorkommen. Beispiele. Laacher See-Gebiet (Eifel), Rhön,
Kaiserstuhl, Hegau, Böhmisches Mittelgebirge, Auvergne
Alkali-Vulkanite (Französisches Zentralmassiv), Kanarische Inseln.
Leukokrates, dicht- oder feinkörniges, auch porphyrisches Alkalibasalte (mit normativem ol < 5 %) und Alkali-
Gestein, holokristallin, auch hypokristallin. Vulkanit-Äqui- Olivinbasalte (mit ol > 5 %) sind durch einen höheren
valent des (Alkali-)Syenits (Feld 6 und 7 in Abb. 13.1b). Gehalt an Alkalien, meistens Na, relativ zu Al und Si ge-
kennzeichnet; dadurch treten normative, z. T. auch mo-
Mineralbestand. Einsprenglinge: Na-Sanidin oder Anor- dale Gehalte an Nephelin auf, wobei allerdings ne < 5 %
thoklas, auch Plagioklas (An20–30, gelegentlich höher), in bleibt (Feld 10' in Abb. 13.1). Bei höheren normativen
einzelnen Varietäten Feldspatoide, Na-Pyroxen, auch di- und modalen Foid-Gehalten spricht man von Tephriten
opsidischer Augit und/oder Na-Amphibol (z. B. Riebeckit), und Basaniten (s. unten). Im Basalttetraeder von Yoder
Biotit. Die Grundmasse besteht aus fluidal angeordneten u. Tilley (1962) liegen die darstellenden Punkte der Al-
Leisten von Na-Sanidin, Na-Pyroxen (Ägirin) neben diop- kali-Olivinbasalte links von der kritischen Ebene der
sidischem Augit, Na-Amphibol, zuweilen Biotit, auch Glas- SiO2-Untersättigung, diejenigen der Olivintholeiite da-
substanz. Akzessorien sind Apatit, Titanit, Magnetit, Zirkon, gegen rechts dieser Ebene (Abb. 18.21, S. 302).
236 13 · Magmatische Gesteine (Magmatite)
13.2 · Petrographie der Magmatite 237
Abb. 13.11. Mikrofotos von Alkalivulkaniten, mit porphyrischem Tabelle 13.7. Tephrite und Basanite
Gefüge. a Leucit-Nosean-Phonolith, Rieden, Laacher-See-Gebiet,
Eifel. Einsprenglinge: Leucit (farblos, z. T. mit Ikositetraeder-
Umriss), Nosean (grau mit braunem Rand) und Ägirinaugit
(grünlich bis bräunlich); feinkristalline Grundmasse aus Alkali-
feldspat, Nephelin, Leucit, Nosean und Ägirinaugit. 1 Nic. Bildbreite
ca. 5 mm. b Limburgit (Hyalo-Nephelinbasanit), Limberg bei
Sasbach, Kaiserstuhl. Einsprenglinge: Titanaugit (mit Zonar- und
Sektorenbau, z. T. verzwillingt) und Olivin (weitgehend in
bräunlichen Iddingsit umgewandelt, ein feinstkörniges Gemenge
aus Montmorillonit, Chlorit, Goethit, Hämatit u. a.); hypokristal-
line Grundmasse aus Plagioklas, Nephelin, Augit, Magnetit und atlantischen Rückens; Leucittephrit bzw. Leucitbasanit
Gesteinsglas. +Nic. Bildbreite ca. 5 mm. (Fotos: K.-P. Kelber) speziell im Kaiserstuhl, Laacher-See-Gebiet, Duppauer
Gebirge (Nordböhmen), Monte Somma und Vesuv,
Roccamonfina in Mittelitalien.
Gefüge und Mineralbestand. Ähnlich den Olivin-Tholeiiten
und Tholeiitbasalten. Foidite: Nephelinit und Leucitit (Abb. 13.12a,b)
Vorkommen. Das Auftreten von Alkali-(Olivin-)Basalten Basaltähnliche Gesteine, die als helle Gemengteile nur
neben Tholeiiten ist charakteristisch für ozeanische Inseln, Nephelin und/oder Leucit neben wenig Hauyn und
z. B. Hawaii. Sie treten jedoch auch innerhalb von konti- Sanidin enthalten (Abb. 13.1, Feld 15c). Unter den Mafiten
nentalen, nichtorogenen Regionen auf, so in intrakonti- (M meist >50 Vol.-%) dominieren unterschiedliche
nentalen Grabenzonen (rift valleys), z. B. im Ostafrika- Klinopyroxene: Titanaugit, basaltischer Augit, auch
nischen Grabensystem, im Oslogebiet, im Rheintalgraben Ägirin oder Diopsid. Bei Anwesenheit von Olivin oder
und den hessischen Gräben (Westerwald, Vogelsberg), in Melilith spricht man von Olivin- bzw. Melilith-Nephe-
der Eifel sowie in der Basin and Range Province (USA). liniten oder -Leucititen. Akzessorien sind Apatit,
Im weiteren Sinne gehören zu den Alkalibasalten die Melanit, Titanit, Perowskit, Chromit. Vorkommen:
Varietäten: Laacher See-Gebiet (Eifel), Rhön, Vogelsberg, Löbauer
Berg (Oberlausitz), Nordböhmen, Toskana, Ostafri-
Hawaiit: Plagioklas (An30–50), Augit, Olivin, ±Foide kanisches Grabensystem.
(meist in Feld 9' und 10' in Abb. 13.1);
Mugearit: Plagioklas (An10–30), Augit, ±Olivin, ±Foide 13.2.3
(meist in Feld 9 und 9'); Karbonatite, Kimberlite und Lamproite
Trachybasalt: mit geringen Mengen an Alkalifeldspat
(meist Sanidin) neben vorherrschendem Plagioklas (Über- Karbonatite
gang zum Latit), Augit bis Ägirinaugit, Olivin ± Foide.
Karbonatite sind relativ seltene magmatische Gesteine mit
Tephrit und Basanit (Tabelle 13.7) >50 Vol.-% Karbonatmineralen, die zuerst von Brögger
(1921) aus dem Fen-Gebiet in Südnorwegen beschrieben
Melanokrate, SiO2-untersättigte Gesteine (Feld 14 in wurden. Sie treten geologisch in Schloten, Gängen und
Abb. 13.1) mit dicht- bis feinkörnigem, auch porphyri- als Lavaströme auf und kommen meist zusammen mit
schem Gefüge; gröbere Varianten werden wie bei den foidreichen Vulkaniten (Phonolithe, Nephelinite) oder
Tholeiiten als Dolerite bezeichnet. Plutoniten (Nephelinsyenite, Ijolithe) vor. Auch Pyro-
klastika aus Karbonatitmaterial sind bekannt.
Mineralbestand. Stets Plagioklas (An50–70) und Foide,
dunkle Gemengteile sind Titanaugit, diopsidischer Au- Mineralbestand. Hauptkarbonatminerale sind Calcit, Do-
git, auch Amphibol. Einsprenglinge bilden Plagioklas, lomit, Ankerit und Siderit, die gewöhnlich 70–90 Vol.-%
Leucit und Pyroxen, in den Basaniten auch Olivin. Die ausmachen; daneben können als Silikatminerale For-
Grundmasse enthält mitunter auch geringe Mengen von sterit, Melilith, Diopsid, Ägirin, Ägirinaugit, Wollasto-
Glas. Akzessorien: besonders Magnetit und Apatit. nit, Calcium- und Alkali-Amphibole, Phlogopit, Alkali-
Limburgit ist ein Nephelinbasanit mit glasiger Grund- feldspäte und Nephelin auftreten; Akzessorien sind
masse und Einsprenglingen von Titanaugit, Olivin und Apatit, Pyrochlor (Ca,Na,Ba,Sr,Ce,Y)2(Nb,Ta)2(O,OH,F)7,
Titanomagnetit (Abb. 3.2, S. 57, 13.11b). Titanit, Zirkon, Nb-haltiger Perowskit CaTiO3, Fe-Ti-Oxide,
Sulfide und zahlreiche seltene Minerale mit Seltenerd-
Vorkommen. Beispiele: Laacher-See-Gebiet (Eifel), Rhön, Elementen, Th, U etc. Nach der Art der Karbonatminerale
Kaiserstuhl, Thüringen, Böhmisches Mittelgebirge, unterscheidet man Calcitkarbonatite (z. B. Sövite), Dolo-
Auvergne, Kanarische Inseln und Inseln des mittel- mitkarbonatite (z. B. Rauhaugite), Ferrokarbonatite (mit
238 13 · Magmatische Gesteine (Magmatite)
Literatur 239
Abb. 13.12. Mikrofotos von Alkalivulkaniten. a Nephelinit, Löbauer Lorenz (1998) wird der explosive Kimberlit-Vulkanismus
Berg, Oberlausitz. Es dominieren Verwachsungen von hypidiomor- nahe der Erdoberfläche durch den Kontakt des heißen
phem Nephelin (graue Interferenzfarben, teilweise in Natrolith
Kimberlit-Magmas mit kaltem Grundwasser ausgelöst.
umgewandelt) und Titanaugit (bunte Interferenzfarben, mit typi-
schem Sektorenbau); in den Zwickeln feinkörnige Grundmasse aus Diesen Vorgang bezeichnet man als Phreatomagmatis-
Nephelin, Plagioklas, Augit und Opakmineralen. +Nic. Bildbreite mus. Wie Abb. 4.15 (S. 80) zeigt, benötigt Diamant zu sei-
ca. 3,5 mm. b Tephritischer Leucitit, Vesuv, Lava von 1944. Einspreng- ner Bildung Mindestdrücke von 45–55 kbar (im Tempe-
linge: Augit (gelblichgrün mit schwachem Zonarbau), Leucit (farb- raturbereich von 1 000–1 500 °C), entsprechend einer Tiefe
los, Ikositetraeder) und Plagioklas (farblos, unten rechts); fein-
von 140–170 km. Diamantführende Kimberlite müssen
kristalline Grundmasse aus Plagioklas, Leucit, Biotit und Opak-
mineralen. 1 Nic. Bildbreite ca. 4,5 mm. (Fotos: K.-P. Kelber) somit aus großen Erdtiefen stammen; die in ihnen häufig
enthaltenen Bruchstücke von Granatperidotit geben daher
Aufschluss über die Zusammensetzung des Erdmantels.
Ankerit oder Siderit) und die seltenen Natrokarbonatite
(mit Na-K-Ca-Karbonaten). Vorkommen und Bedeutung. Wie in Abschn. 29.3.1 (S. 522f)
näher begründet wird, treten Kimberlite ausschließlich in
Vorkommen. Vor allem in Alkaligesteinskomplexen, beson- Kontinentalschilden (Kratonen) auf, so im südlichen und
ders in Ringkomplexen, häufig innerhalb von intrakon- westlichen Afrika, in Sibirien, in Kanada, neuerdings auch
tinentalen Riftzonen; Fen-Distrikt (Südnorwegen), Insel in Finnland. Als primäre Diamantlagerstätten sind Kim-
Alnö (Mittelschweden), Kola-Halbinsel (Russland), Kai- berlite von überragender weltwirtschaftliche Bedeutung.
serstuhl, Phalaborwa (Südafrika), Namibia, im ostafri-
kanischen Grabensystem, wo u. a. der Oldoinyo Lengai Lamproite
(Tansania) als aktiver Natrokarbonatit-Vulkan auftritt.
Die in Gängen auftretenden Lamproite gehören ungewöhn-
Wirtschaftliche Bedeutung. An Karbonatitvorkommen lich K-reichen Magmatitserien an und bestehen aus Olivin,
sind nicht selten Lagerstätten von Apatit (Kola-Halbin- Diopsid, Phlogopit, Leucit, Sanidin und einem K-reichen
sel) und von nutzbaren Mineralen mit Nb und SEE oder Amphibol in unterschiedlichen Mengenanteilen. Akzesso-
Sulfiden (Phalaborwa) gebunden (Abschn. 21.4, S. 331f). rien sind: Perowskit, Nephelin, Apatit neben weiteren, an
Seltenen Erden reichen Mineralen. Durch ihre Diamant-
Kimberlite führung haben Lamproite an wirtschaftlichem Interesse
gewonnen: Diamantlagerstätte Argyle (Westaustralien).
Kimberlite sind ultramafische Vulkanite bis Sub-
vulkanite. Es handelt sich um Glimmerperidotite, die Weiterführende Literatur
meist porphyrisches Gefüge aufweisen und die serpen-
tinisiert und karbonatisiert sind. Best MG (2003) Igneous and metamorphic petrology, 2nd edn.
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Best MG, Christiansen EH (2001) Igneous petrology. Blackwell,
Mineralbestand. Olivin (meist in Serpentin oder Kar-
Malden, Mass., USA
bonat umgewandelt) und (Fe-)Phlogopit (oft zu Vermi- Hersum TG, Marsh BD (2007) Igneous textures: On the kinetics
culit zersetzt) bilden Einsprenglinge; die Grundmasse behind the words. Elements 3:247–252
enthält wechselnde Anteile von Serpentin, Karbo- Higgins MD (2006) Quantitative textural measurements in igneous
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Nebengemengteile sind außerdem Apatit, Monticellit Quantifying igneous microstructures. Elements 3:239–245
CaMg[SiO4], Rutil und Perowskit CaTiO3. Pyrop-reicher Le Maitre RW (ed) (1989) A classification of igneous rocks and
Granat, Enstatit und Cr-Diopsid sind ebenfalls häufig und glossary of terms. Blackwell Oxford
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Herkunftsort des Kimberlit-Magmas (Xenokristalle). of terms, 2nd Edn. Cambridge University Press, Cambridge, UK
Wimmenauer W (1985) Petrographie der magmatischen und me-
Viele Kimberlite sind zudem Trägergesteine für Diamant, tamorphen Gesteine. Enke, Stuttgart
der nicht selten in schleifwürdigen Kristallen auftritt
(Abb. 4.10, 4.14, S. 76, 79). Zitierte Literatur
Geologische Stellung und Gefüge. Kimberlite treten gewöhn- Abu El-Enen MM, Okrusch M (2012) Porfido rosso antico: Die geo-
lich an der Erdoberfläche in vulkanischen Durchschlags- logische Situation des Mons Porphyrites am Diebel Dokhan in
röhren (Diatremen, engl. pipes) in Form von Tuffen und der ägyptischen Ostwüste. In: Lorenz J (ed) Porphyr. Mitt
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Schlotbreccien auf, die durch explosiven Vulkanismus Brögger WC (1921) Die Eruptivgesteine des Kristianiagebietes, IV.
entstanden sind; nach unten zu gehen sie in massive Das Fengebiet in Telemark, Norwegen. Vit Selsk Skr Mat Nat
Gänge und Lagergänge über (Abb. 14.13, S. 251). Nach Klasse 1920, 1, 494 pp. Kristiania (Oslo)
240 13 · Magmatische Gesteine (Magmatite)
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14
Vulkanismus
14.1 Der aktive Vulkanismus ist für Geologen und Petrologen von besonderem Inter-
Effusive Förderung: esse, da er einer der wenigen geologischen Prozesse ist, die sich unmittelbar
Lavaströme beobachten lassen. Vulkane sind geologische Gebilde, die durch den Ausbruch
von magmatischen Schmelzen und/oder Gasen aus dem Erdinnern an die Erd-
14.2 oberfläche oder auf den Meeresboden entstehen. Als Vulkane im geographischen
Extrusive Förderung Sinne bezeichnet man die Hügel oder Berge, die durch Anhäufung von vulkani-
schem Gesteinsmaterial gebildet wurden.
14.3 Es gibt heute nahezu 800 aktive Vulkane, davon einige mit Dauertätigkeit, wie
Explosive Förderung der Stromboli (Äolische Inseln), der Ätna (Sizilien), der Kilauea (Hawaii). Der Izalco
in El Salvador befand sich als„Leuchtturm des Pazifik“ von 1770 bis 1957 in Dauer-
14.4 tätigkeit. Wie Abb. 14.1 zeigt, konzentrieren sich die jungen und aktiven Vulkane
Gemischte Förderung: auf die tektonisch mobilen Zonen der Erde, die gleichzeitig durch große
Stratovulkane Erdbebenhäufigkeit gekennzeichnet sind. Dieses sind die divergenten Platten-
ränder (mittelozeanische Rücken), die konvergenten Plattenränder (Subduktions-
14.5 zonen), die intrakontinentalen Riftzonen und schließlich die Gebiete über sog.
Vulkanische Plumes oder Hot Spots (Abschn. 19.1, S. 306), insbesondere ozeanische Inseln wie
Dampftätigkeit Hawaii. Für die Bevölkerung in den betroffenen Gebieten ist es eine Existenzfrage
zu wissen, ob ein Vulkan wirklich erloschen ist oder ob der Vulkanismus nur ruht.
So galt der Vorläufervulkan des Vesuv, der Monte Somma, lange Zeit als erloschen,
bis er im Jahre 79 n. Chr. wieder einen verheerenden Ausbruch erlebte.
Nach einer Abschätzung von Bottinga et al. (1983) werden auf der Erde in jeder
Sekunde etwa 1 300 t Lava gefördert, der weitaus größte Anteil davon submarin.
Abb. 14.1. Vulkanismus und Plattentektonik. Globale Verteilung aktiver und ruhender Vulkane und die wichtigsten Lithosphärenplatten. Man erkennt eine eindrucksvolle Konzentration der
vulkanischen Aktivität an den konvergenten Plattenrändern oberhalb von Subduktionszonen (konvergierende Pfeile). Von den zahlreichen Vulkanen an divergenten Plattenrändern, insbeson-
dere an mittelozeanischen Rücken (divergente Pfeile) sind nur solche dargestellt, die aus dem Meeresspiegel herausragen. Für den rezenten Hot-Spot-Vulkanismus im ozeanischen und
kontinentalen Intraplattenbereich gibt es nur wenige, aber prominente Beispiele. (Aus Schmincke 2000)
14.1 · Effusive Förderung: Lavaströme 243
14.1 wurden beim Ausbruch der Laki-Spalte auf Island kurz- 14.1
Effusive Förderung: Lavaströme zeitig schätzungsweise 7 200–8 700 m3 / s gefördert
(Thordarsson und Self 1993). Zum Vergleich: der Rhein
Der überwiegende Teil der effusiv geförderten Laven bei Köln führt normalerweise 2 000 m3 / s!
ist dünnflüssig und heiß (Abb. 14.2, 14.3) und besitzt
basaltische Zusammensetzung (mit 40–60 % SiO2).
Solche Laven können – auch auf flach geneigten Hän- Heiße, dünnflüssige und gasarme Basaltlaven werden in-
gen – mehr als 150 km weit fließen, wobei der indivi- ternational als Pahoehoe-Laven (sprich pah’-ho-ih-ho-ih)
duelle Strom oft nur Dicken von wenigen Metern er- bezeichnet, ein Ausdruck, der zunächst auf Hawaii verwen-
reicht. Demgegenüber sind viskosere Laven naturge- det wurde. Bei konstanter Fließgeschwindigkeit bildet sich
mäß viel weniger geeignet, große Entfernungen zu- eine Haut mit glatter oder gestriemter Oberfläche: Fladen-
rückzulegen; sie können daher nur auf steilen Hängen lava (Abb. 14.3); bei Beschleunigung der Fließbewegung wird
fließen. Deswegen bilden SiO2-reichere rhyolithische die Erstarrungshaut in Schollen zerbrochen: Schollenlava;
Laven viel seltener Ströme, wie z. B. der berühmte Störungen des Fließvorgangs bei noch nicht ganz erstarrter
Obsidianstrom von Rocche Rosse auf Lipari. Effusive Haut führen zur Bildung von Seil- oder Stricklava (Abb. 14.3,
Lavaförderung kann große Ausmaße annehmen; so 14.4). Mit abnehmender Temperatur eines Lavastroms geht
Pahoehoe-Laven in Aa-Lava (sprich ah-ah’) oder Brocken-
lava über, die wegen ihrer höheren Viskosität langsamer
fließt. Oft spielt auch eine steigende Verformungsrate, z. B.
beim Fließen über einen steilen Hang eine zusätzliche Rol-
le. Der Lavastrom beginnt zu „klumpen“; an seiner Ober-
seite bilden sich zackige bis rundliche, z. T. aufgeblähte
Schlacken, die von der Stirn des Lavastroms herunterfallen
und von diesem überfahren werden. So entsteht die typische
Zonierung von Aa-Strömen: Top- und Basis-Breccien, rand-
liche Schlackenwälle und ein massives Zentrum (Schmincke
2000). Beim Abkühlen mächtigerer, kompakter Lavaströme
tritt ein Volumenverlust ein. Dieser wird über ein System
von polygonalen Klüften ausgeglichen, die senkrecht zur
Abkühlungsfläche stehen: Säulenbasalte (Abb. 14.5).
Bei submariner Förderung von Pahoehoe-Lava entstehen
Abb. 14.2. Ausbruch des Ätna im Jahr 1975. Man erkennt den tätigen
typische kissen-, genauer gesagt schlauchartige Formen:
Krater mit strombolianischer Tätigkeit und den daraus ausfließen- Pillowlaven. Entscheidend für ihre Bildung ist die rasche
den Pahoehoe-Lavastrom. (Foto: Martin Pfleghaar, Heidenheim) Abschreckung im Kontakt mit dem kalten Meerwasser,
Abb. 14.3.
Pahoehoe-Lava vom 16. Juli 1991,
Kilauea, Insel Hawaii, nahe der
Mündung in den Pazifischen
Ozean. Die glutflüssige Lava ist
von einer dünnen Erstarrungs-
haut überzogen, die teils glatt,
teils gerunzelt ist: Fladen- und
Stricklava. (Foto: Pete Mouginis-
Mark, University of Hawaii)
244 14 · Vulkanismus
Abb. 14.4. Stricklava von 1858, Vesuv. (Foto: M. Okrusch) Abb. 14.7. Basaltpillow aus einem submarinen Lavastroms eines Vor-
läufer-Vulkan des Ätna. Die gelbliche Substanz in den Zwickeln zwi-
schen den Pillows ist Glasbruch (Hyaloklastit), der in Palagonit um-
gewandelt wurde. Burgfelsen von Aci Castello (Sizilien). Man beachte
den Bergschuh als Größenvergleich. (Foto: M. O.)
Lavadecken
14.2 14.2
Extrusive Förderung
14.3 14.3
Explosive Förderung
Tabelle 14.1. Beispiele für den vulkanischen Explosivitäts-Index (VEI). (Aus Miller und Wark 2008)
Abb. 14.12.
Lavafontäne vom 13. August
1984, Pu’u-O’o-Krater, Hawaii.
(Foto: Pete Mouginis-Mark,
University of Hawaii)
man Typen, die nach dem Ausbruch der Fossa di Vulcano Alfredson 2010). Von den ca. 100 000 Flugstreichungen waren ins-
(1888) und des Vesuv (1631) benannt wurden, aber quan- gesamt etwa 10 Mill. Passagiere betroffen.
Ganz allgemein können vulkanische Aschen und Sulfat-Aerosole,
titativ nicht genau definiert sind. Die energiereichste und
die durch den explosiven Vulkanismus in die tiefere Schichten der Erd-
verheerendste Form des explosiven Vulkanismus ist die atmosphäre geschleudert werden, starke, aber kurzzeitige Auswirkun-
plinianische Tätigkeit, bei der große Mengen an Bims- gen auf Wetter und Klima haben. Demgegenüber beeinflussen vul-
tephra gefördert und weit verbreitet werden (D bis zu kanogene Aerosole, die bis in die Stratosphäre vorgedrungen sind, die
50 000 km2, gelegentlich mehr); F kann bis auf 90 % an- chemischen Kreisläufe in der hohen Erdatmosphäre sowie den sola-
ren und terrestrischen Strahlungs-Haushalt längerfristig und können
steigen. Neben dieser Fallout-Tephra wird ein Teil des ge-
somit von beachtlicher Klimarelevanz sein (Durant et al. 2010).
förderten Materials in Form von pyroklastischen Strömen
oder durch Ringwolken (base surges) am Boden trans-
portiert (s. unten). Wegen des großen Massenverlusts im Pyroklastische Ströme, Glutwolken und Glutlawinen
Erdinnern kommt es in der Folge von plinianischen Er-
eignissen häufig zum Einbruch einer großen Caldera. Pyroklastische Ströme gehören zu den verheerendsten
vulkanischen Phänomenen. Sie bestehen aus einer glut-
Diese Art der explosiven Tätigkeit wurde nach dem römischen
heißen Suspension von Festpartikeln in einem vulkani-
Schriftsteller Plinius d. J. benannt, dem wir die erste ausführliche
Beschreibung einer Vulkaneruption verdanken, bei der sein Onkel schen Gas, die sich – ähnlich wie eine schwere Flüssig-
Plinius d. Ä. ums Leben kam: der Ausbruch des Monte Somma von keit – mit großer Geschwindigkeit am Boden ausbreitet.
79 n. Chr. Bei diesem katastrophalen Ereignis wurde die Stadt Für Menschen in ihrem Wirkungsbereich gibt es keine
Pompeji durch Bimsaschen, die Stadt Herculaneum durch einen Rettung. Der Festanteil besteht aus Glas- und Bims-Frag-
heißen Aschenstrom zugedeckt und vollständig zerstört. Auch heu- menten unterschiedlicher Korngröße, Kristallen und
te noch stellen der Vesuv und die nahe gelegenen Campi Flegrei
(s.u.) eine erhebliche potentielle Gefahr für die Millionenstadt Gesteinsblöcken. Den pyroklastischen Strömen eilen
Neapel und die gesamte Region dar. Ein erneuter plinianischer heiße, aschenarme Druck- oder Schockwellen (base
Ausbruch könnte verheerende Folgen haben. Wichtige plinianische surges) voraus, die sich ringförmig mit 100–400 km / h
Ereignisse in vorgeschichtlicher Zeit sind die Ausbrüche des Laacher- ausbreiten, ähnlich wie das bei Atomexplosionen beob-
See-Vulkans (Eifel) ca. 10 900 v. Chr. und der Vulkan-Insel Santorin achtet wurde. Sie haben verheerende Auswirkungen. Mit
(Kykladen) ca. 1 400 v. Chr., bei der die dortige minoische Zivilisati-
on weitgehend zerstört wurde. Eine der verheerendsten vulkanischen
Schmincke (2000) können wir heute drei Typen von
Katastrophen der jüngeren Geschichte war der Ausbruch des pyroklastischen Strömen unterscheiden:
Krakatau (Indonesien); seine erste Explosion wurde im Umkreis von
150 km, die zweite auf 7 % der Erdoberfläche gehört; durch die aus- 1. Bei hochexplosiven plinianischen Eruptionen bilden
gelöste Flutwelle wurden 36 000 Menschen getötet. Noch verheeren- sich, wie Abb. 14.11 zeigt, materialreiche pyroklasti-
der war die Eruption des Tambora-Vulkans auf den kleinen Sunda-
sche Ströme, die überwiegend aus Bimsaschen beste-
Inseln (Indonesien), die 1815 erfolgte und 50 000 Menschenleben
forderte (VEI = 7). Erhebliches öffentliches und wissenschaftliches hen und als gröbere Festpartikel Glasscherben, Bims-
Interesse hat die plinianische Eruption des Mount Saint Helens (Was- lapilli (s. unten), Kristalle und Gesteinsbruchstücke
hington, USA) am 18. Mai 1980 erregt und eine intensive interdiszi- führen. Sie werden fast immer aus großen Calderen
plinäre Erforschung des explosiven Vulkanismus veranlasst (vgl. gefördert, die infolge des Massenverlusts einbrechen.
Schmincke 2000). Durch die Explosion wurde ein Lavadom zerstört, Es entstehen ausgedehnte, mächtige Decken von
der seit dem 17. April 1980 kontinuierlich angewachsen war. Der
vulkanische Explosivitäts-Index VEI lag bei 5. Lediglich aufgrund Ignimbrit, die Täler auffüllen, also Geländeunter-
der dünnen Besiedelung des Gebiets konnte eine große Katastrophe schiede ausgleichen. Ignimbrite zeigen keine Schich-
vermieden werden: jedoch lag die Zahl der Todesopfer immerhin noch tung, sind aber häufig chemisch zoniert und spiegeln
bei 80. Demgegenüber kamen 1982 beim plinianischen Ausbruch des so die kompositionelle Zonierung der sich leerenden
El Chichón (Mexiko) etwa 2 000 Menschen um. Große öffentliche Magmenkammer wider.
Aufmerksamkeit gewann der Ausbruch des Pinatubo (Luzon, Phi-
lippinen) im Jahr 1991, bei dem pro Sekunde ca. 200 000 m3 Pyro-
2. Glutlawinen (pyroklastische Blockströme) vom Typ des
klastika gefördert wurden; daraus entwickelten sich gewaltige Mt. Pelée (1902) entstehen, wenn hochviskose, meist
Schlammströme (Lahars, s.u.; vgl. Newhall und Punongbayan 1996). andesitische oder dacitische Magmen domartig aus
Es besteht heute kein Zweifel mehr, das viele, wenn nicht alle dem Rand eines Krater herausgedrückt werden, abbre-
plinianischen Eruptionen phreatomagmatisch sind, d. h. durch den chen und als Gemisch aus heißen Blöcken und Aschen
Einbruch von externem Wasser, insbesondere von Grund- oder
zu Tal gehen. Die Staukuppe Mt. Pelée, die am 5. April
Oberflächenwasser, aber auch von geschmolzenem Gletschereis, aus-
gelöst oder verstärkt wurden. 1902 entstanden war, lieferte zwischen dem 8. April und
Ein aktuelles Beispiel für eine subglaziale phreatomagmatische dem 9. Juni 1902 mehrfach Glutlawinen, die durch das
Explosions-Tätigkeit ist der Ausbruch des Eyafjallajökulls auf Island Tal der Rivière blanche abgingen. Spektakuläre Beispie-
vom 20. März bis 9. Juli 2010. Dabei wurden in der Zeit vom 18. April le von Glutlawinen lieferte der Merapi (Java), beson-
bis 10. Mai 2010 durch das Schmelzen des über dem Vulkan liegen- ders bei seinen letzten Ausbrüchen von 1994 und 1998.
den, 200–300 m mächtigen Gletschers besonders heftige Explosio-
nen ausgelöst. Die riesige, bis 4 km hoch aufsteigende Aschenwolke 3. Begleitet werden pyroklastische Ströme von base
wurde mit dem südost-gerichteten Jetstream über Europa verteilt, surges, d. h. Schockwellen aus hochverdünnten
was zeitweise zur Einstellung des Flugverkehrs führte (Gíslason u. Aschenströmen, die sich mit hoher Geschwindigkeit
250 14 · Vulkanismus
über Berg und Tal bewegen. Im Falle des Mt.-Pelée- SiO2-Gehalten von ca. 65–70 bzw. 72–76 Gew.-% hat. Durch
Ausbruchs übersprangen sie die Talflanken der Rivière die Zähigkeit der Schmelze wird das Platzen der Gasblasen
blanche und rasten mit enorm hoher Geschwindig- zunächst verhindert. Diese können sich immer mehr aus-
keit hangabwärts auf die Stadt St. Pierre zu, die bereits dehnen, bis schließlich die erste Gasblase platzt und
am 8. April 1902 vollständig zerstört wurde. Dabei dadurch kettenreaktionsartig die Explosion ausgelöst
musste der Tod von 28 000 Menschen beklagt werden; wird. Die Besonderheit der Supereruptionen liegt in der
nur zwei Strafgefangene überlebten in ihrem Verlies. enormen Menge von eruptierbarem Magma mit Kristall-
gehalten von <50 Vol.-%, das sich im oberen Bereich ei-
Supereruptionen und Supervulkane nes viel größeren Magmenreservoirs befindet. Dieses ist
größtenteils mit einem Kristallbrei, bestehend aus
Als Supereruptionen bezeichnet man explosive Vulkan- >50 Vol.-% Kristallen, gefüllt und geht randlich in ein
ausbrüche, bei denen innerhalb relativ kurzer Zeit riesi- vollkristallines granitisches Gestein über. Nach geophy-
ge Mengen von >1015 kg, entsprechend >1 000 km3, vul- sikalischen Messungen und der Analyse der pyroklasti-
kanischer Lockerprodukte durch Aschenfälle und pyro- schen Ablagerungen, des Bishop-Tuffs, dürfte die Mag-
klastische Ströme gefördert wurden (VEI ≥ 8). Vulkane, menkammer des Long-Valley-Vulkans einen horizonta-
in denen zumindest eine Supereruption stattfand, wer- len Durchmesser von fast 30 km und eine Höhe von 12 km
den als Supervulkane bezeichnet (Miller und Wark 2008), gehabt haben (Hildreth und Wilson 2007; Bachmann und
von denen bisher nahezu 50 bekannt sind, und zwar aus- Bergantz 2008; Abb. 15.1, S. 258). Wie isotopische Alters-
schließlich in Bereichen von dicker kontinentaler Erd- datierungen an Zirkonen (Abschn. 33.5.3, S. 615f) bele-
kruste. Solche außergewöhnlich großen Ereignisse kom- gen, wurden Magmenkammern von Supervulkanen im
men nur alle 10 000 bis 100 000 Jahre vor und sind aus Laufe von zehntausenden bis hunderttausenden von Jah-
historischer Zeit nicht bekannt (Tabelle 14.1). So fand die ren mehrfach mit neuen Magmenschüben gefüllt, ehe es
Supereruption des Yellowstone-Vulkans (Wyoming) vor zur explosiven Förderung kam (Reid 2008). Wahrschein-
2 Millionen in einem kontinentalen Intraplatten-Bereich lich spielte das Eindringen von heißen, aus dem Erdmantel
über einem Hot Spot statt. Die Supereruption des Long- stammenden Basalt-Magmen in die SiO2-reichen Krusten-
Valley-Vulkans (Kalifornien) erfolgte vor 760 000 Jahren gesteine bzw. in das Magmenreservoir eine entscheiden-
in einem Krustenbereich mit Dehnungstektonik. Dem- de Rolle bei der Auslösung von Supereruptionen.
gegenüber waren die Supereruptionen des Toba-Vulkans
(Sumatra) vor 74 000 und des Taupo-Vulkans (Neusee- Vulkanische Schutt- und Schlammströme (Lahars)
land) vor 26 500 Jahren an konvergente Plattenränder in
Bereichen oberhalb von Subduktionszonen gebunden. Vulkanische Schutt- und Schlammströme (Lahars) ge-
hören zu den gefährlichsten Begleiterscheinungen des
Durch die Taupo-Supereruption wurden Ignimbrit-Ablagerungen explosiven Vulkanismus. Sie können bis 60 km, in Ex-
in einer Ausdehnung von >20 000 km2 gefördert, während die
Aschenfall-Ablagerungen – soweit sie >10 cm mächtig sind – sich
tremfällen sogar 300 km weit fließen, bewegen sich rasch
in einem Bereich von 10 Mill. km2 nachweisen lassen, dünnere und haben große Zerstörungskraft; durch sie werden
Aschenschichten sind noch in einem erheblich größeren Areal er- etwa 10 % der Todesfälle bei Vulkanausbrüchen verur-
kennbar. Die Aschenwolke des Toba-Vulkans nahm wahrscheinlich sacht (Schmincke 2000). Lahars entstehen, wenn sich
ein Gebiet ein, dass im Norden fast bis zum Himalaya, im Westen bis pyroklastische Ströme in Flussläufe ergießen, bei star-
zum Horn von Afrika, im Südwesten nahezu bis Madagaskar, im
ken Regenfällen oder auf Vulkanen, die mit Schnee oder
Südosten bis nahe an die australische Westküste und im Nordosten
bis an die Philippinen reichte. Gletschern bedeckt sind. Das war z. B. beim Nevado del
Ruiz (Kolumbien) der Fall, dessen Ausbruch 1985 etwa
Die enormen Massendefizite im Erdinnern, die durch 25 000 Menschenleben kostete, und zwar überwiegend
solche vulkanischen Megaereignisse in kürzester Zeit ent- durch Lahars. Warnungen vor der Gefährlichkeit des schnee-
stehen, müssen durch Einbrüche riesiger Calderen aus- bedeckten Vulkans wurden von den Behörden nicht beach-
geglichen werden, die Durchmesser von fast 100 km er- tet. Demgegenüber waren beim Ausbruch des Pinatubo
reichen können. Daher fehlen in Supervulkanen die typi- (Luzon, Philippinen) 1991 nur etwa 350 Tote zu beklagen,
schen Oberflächenformen gewöhnlicher Vulkanbauten weil die Behörden auf Grund der Warnungen von Wissen-
(Miller und Wark 2008). schaftlern die Bevölkerung aus den Tälern, in denen die
Wie auch sonst beim explosiven Vulkanismus besit- zahlreichen Lahars abgingen, rechtzeitig evakuierte.
zen die Magmen der Supervulkane ein großes Explosiv-
potential. Dieses ist bedingt durch einen hohen Gehalt Maare, Diatreme und Tuffringe
an leichtflüchtigen Komponenten, meist H2O, die als Gas-
blasen in der Schmelze eingeschlossen sind, verbunden Diatreme sind mit vulkanischem Lockermaterial gefüll-
mit einer hohen Viskosität des Magmas, das typischer- te Durchschlagsröhren, die von einem Tuffring umgeben
weise Dacit-, häufiger Rhyolith-Zusammensetzung mit sind, der häufig mit einem See gefüllt ist. Sie sind das
14.3 · Explosive Förderung 251
ne. Obwohl sie häufig Schichtung zeigen, stellen wir sie nicht
zu den Sedimenten oder Sedimentgesteinen, weil sie nicht
aus Verwitterungsprodukten hervorgegangen sind.
fadenförmiger Basaltlava erstarren, dem Retikulit. Ignimbrite eingeschaltet. Stratovulkane sind sehr viel
Wenn die Fontänen hoch in den Himmel aufschießen, verbreiteter als die reinen Lavavulkane. Dabei gibt es
werden die Schmelztropfen vom Wind verweht und lavaarme und lavareiche Arten, und es bestehen zudem
dabei an den Rändern ausgezogen. Diese Glasgebilde Übergänge zu den Lavavulkanen. Der Bau von Strato-
nennt man nach der hawaiianischen Vulkangöttin vulkanen kann außerordentlich kompliziert sein. Be-
„Pelées Haar“ oder „Pelées Tränen“. kannteste Beispiele sind der Monte Somma-Vesuv
Ignimbrite (Schmelztuffe, engl. welded tuff) sind Ab- und der Ätna in Italien sowie die Vulkaninselgruppe
sätze von Glutwolken und Glutlawinen, die besonders Santorin (Kykladen); typische Vertreter sind auch andesi-
in ihren unteren Teilen durch Kollabieren der Bims- tische und dacitische Vulkane über den Subduktions-
fragmente und Zusammensintern verfestigt sind, zonen rund um den Pazifik.
wobei es zu Ähnlichkeiten mit Laven kommen kann. Die einfachste Form eines Stratovulkans ist die eines
Bergkegels mit konkaven Flanken. Er besitzt oben auf sei-
Sekundäre Verfestigung. Bei der sekundären Verfestigung ner Spitze einen Krater, aus dem zunächst die Ausbrüche
von Pyroklastiten entstehen vulkanische Tuffe, und zwar erfolgen. Überschreitet ein solcher Vulkan eine gewisse
je nach Korngröße Aschen- und Lapillituffe; bei einem Höhe, so ist die Festigkeit seiner Außenhänge dem Druck
höheren Anteil von Grobkomponenten spricht man auch der Lavasäule im Schlot allmählich nicht mehr gewach-
von Bomben- oder Schlackentuffen; Bimse werden zu sen und es brechen Radialspalten auf. Es kann zu Flanken-
Bimstuffen verfestigt. Bei der Verfestigung wird als Fol- ausbrüchen kommen. Wenn sich die Spalten mit Lava fül-
ge von vulkanischer Dampftätigkeit, von Verwitterungs- len, entstehen Radialgänge. Haben diese Spalten die Form
prozessen oder durch Diagenese Poren-Zement zuge- von Kegelmänteln, die zum Schlot hin einfallen, so erstarrt
führt oder er entsteht bei der Umwandlung von glasigen die eindringende Lava zu Kegelgängen (cone sheets);
Bestandteilen. Im letzteren Fall kommt es zu Neubildung demgegenüber stehen Ringgänge (ring dikes) steil. Bei-
von Tonmineralen, verschiedenen Zeolithen oder/und spiele bieten durch Erosion freigelegte ehemalige Vulka-
SiO2-Mineralen. ne auf der Halbinsel Ardnamurchan in Schottland. Dringt
Lava oberflächennah konkordant zwischen die Schicht-
Bentonite sind Glastuffe, die durch Entglasung in fugen des Stratovulkans ein, so entstehen Lagergänge
Montmorillonit oder ein ähnliches Tonmineral um- (sills). Dabei bahnt sich die Intrusion auf einer früheren
gewandelt sind. Oberfläche des Stratovulkans, die sich geologisch als Dis-
Palagonittuffe enthalten Fragmente von dunklem kontinuität auswirkt, den Weg.
basaltischem Glas (als Sideromelan bezeichnet) das Wenn Lagergänge eines erloschenen Vulkans durch
durch Wasseraufnahme in Palagonit (s. oben) umge- Erosion freigelegt sind, kann man sie leicht mit effusiven
wandelt ist. Aus diesem amorphen Zwischenprodukt Lavaströmen verwechseln. Von diesen unterscheiden sich
entstehen Montmorillonit (Smectit) und Zeolithe, v. a. Lagergänge jedoch durch das Fehlen einer Schlackenkrus-
Phillipsit. te, durch stellenweises Überspringen in ein anderes
Tuffite sind umgelagerte Pyroklastika. Sie entstehen, Schichtniveau sowie durch Frittungserscheinungen am
wenn Aschen bzw. Tuffe bei folgenden Erosions- Nebengestein des Hangenden und Liegenden.
prozessen während eines kürzeren oder längeren
14.5 Transportwegs mit pelitischem Material vermengt 14.5
werden und eine gemeinsame Sedimentation erfolgt. Vulkanische Dampftätigkeit
Bei geringerem pyroklastischen Anteil spricht man
von tuffitischen Sedimenten. Wenn die Sättigungsgrenze der in einem Magma gelös-
Bezeichnungen wie Rhyolithtuff, Trachyttuff oder ten leichtflüchtigen (volatilen) Komponenten überschrit-
Phonolithtuff sind nur dann sinnvoll, wenn gleichzei- ten wird, bildet sich eine freie Gasphase. Wie wir gese-
tig geförderte Lava entsprechender Zusammenset- hen haben, kann das zu explosiver Vulkantätigkeit füh-
zung nachweisbar ist. Eine Einordnung ist über die ren. In Pausen oder nach Erlöschen der vulkanischen
chemische Zusammensetzung möglich. Aktivität kommt es jedoch zu relativ ruhiger Entgasung,
z. B. aus dem offenem Schlot oder aus Gesteinsspalten
14.4 des Vulkanbaus (Abb. 16.1, S. 265). Unter den geför-
Gemischte Förderung: Stratovulkane derten Gasen dominieren H2O (35–90 Mol.-%) und CO2
(5–50 Mol.-%), gefolgt von S-Dämpfen (H2S + SO2 + SO3,
Aus einem Wechsel von extrusiver, effusiver und ex- zusammen 2–30 Mol.-% gerechnet als SO2) sowie HCl
plosiver Tätigkeit entstehen Stratovulkane; sie setzen und HF. Weiter wurden nachgewiesen CO, H 3 BO 3 ,
sich aus Lavaströmen und dazwischengeschalteten Pyro- Carbonylsulfid COS, NH 3 , CH 4, Rhodanwasserstoff
klastit-Lagen zusammen (Abb. 14.14); oft sind auch HCNS, H2, Ar u. a. Allerdings ist H2O-Dampf nur zum
14.5 · Vulkanische Dampftätigkeit 253
geringen Beimengungen von H2S und CO2. Dabei schwankt es beginnt ein neuer Zyklus. Die Hauptgebiete liegen auf
die Temperatur zwischen 165 und 130 °C. Der Luftsauerstoff Island (nach dem dort befindlichen Großen Geysir wur-
oxidiert H2S zu H2SO3, wobei nach der Reaktion de das Phänomen benannt), im Yellowstone-Nationalpark
(Wyoming, USA) und auf der Nordinsel Neuseelands.
H2S + ½O2 H2O + S (14.2) Beim Abkühlen scheiden Thermalwässer einen Teil der
gelösten Stoffe aus. Dabei bilden sich Mineralkrusten und
elementarer Schwefel als Zwischenprodukt ausgefällt Sinter, vorwiegend Kalk- oder Kieselsinter. Das abgeschie-
wird, der sich rund um die Austrittsstellen als monokline dene CaCO3 ist mineralogisch vorwiegend Aragonit, das
Kriställchen abscheidet. Die sauren Fumarolengase zer- abgeschiedene SiO2 · nH2O Opal. Ein Ausscheidungs-
setzen die umgebenden vulkanischen Gesteine, deren Kat- rhythmus kommt häufig durch eine zarte Bänderung zum
ionen teilweise ausgelaugt werden, und es bilden sich Sul- Ausdruck. Die beobachtete Buntfärbung wird durch Bei-
fate wie Anhydrit, Gips, Epsomit MgSO4 · 7H2O, Alunit mengungen von Spurenelementen hervorgerufen. Im
KAl3[(OH)6/(SO4)2] und Kalialaun KAl[SO4]2 · 12H2O. Yellowstone-Park bestehen die prächtigen Sinterterrassen
Borhaltige Fumarolen, als Soffionen bezeichnet, set- von Mammoth Springs aus CaCO3, der Geysir Old Faithful
zen die flüchtige Borsäure H3BO3 als weiße Schüppchen setzt Kieselsinter ab. Die Aragonitsinter des Karlsbader
ab, das Mineral Sassolin H3[BO3]. Lokal kommt es dabei Sprudelsteins zeichnen sich teilweise durch erbsenähn-
zur Bildung von Borlagerstätten, die nur noch gelegent- liches Ooidgefüge aus und werden deshalb als Erbsen-
lich genutzt werden. stein (Pisolith) bezeichnet. Durchdringen Thermalwässer
blasiges vulkanisches Gestein, können die Hohlräume mit
Die wirtschaftliche Bedeutung von vulkanischem Schwefel ist meist Mineralabscheidungen gefüllt werden. Am häufigsten
gering. Große, bauwürdige Schwefellagerstätten entstehen durch trifft man an: Opal, Chalcedon (besonders dessen Varie-
bakterielle Reduktion von Sulfaten. tät Achat: Abb. 11.46, 11.47, S. 184f), Quarz, Calcit oder
Kristalldrusen von Zeolithen, besonders Chabasit, Nat-
Thermen und Geysire rolith, Stilbit oder Heulandit. Wegen ihrer äußerlich ge-
schlossenen, abgerundeten Form bezeichnet man solche
Thermen (Thermalquellen, heiße Quellen) zählen zu den Füllung als Mandeln oder Geoden. In ihrem Innern bleibt
langandauernden postvulkanischen Erscheinungen, die häufig noch freier Raum übrig, in dem gut ausgebildete
das letzte Stadium der Wärmeabgabe eines erloschenen Kristalle wachsen können. So enthalten Achatgeoden häu-
Vulkans bilden. Sie können aber auch ohne Beziehung fig Kristalldrusen von Amethyst (Abb. 11.46, S. 184).
zum Vulkanismus in Gebieten mit erhöhtem Wärmefluss
entstehen, z. B. im Bereich größerer Störungszonen, so Früher wurden besonders schön gefärbte Achatgeoden bei Idar-
im Eger-Graben mit berühmten Badeorten wie Karlsbad Oberstein (Nahe) abgebaut und gaben Anlass zu einer bodenstän-
(Karlovy Vary, Tschechien). digen Schmuck- und Edelsteinindustrie. Auswanderer aus dem
Nahetal entdeckten die viel größeren Achat- und Amethyst-Lager-
Thermen sind weit verbreitet und fördern in erster stätten in Südbrasilien und Uruguay, die große wirtschaftliche Be-
Linie verdampftes Grundwasser: In Wüsten gibt es keine deutung besitzen und jetzt das Rohmaterial für die Idar-Ober-
heißen Quellen. Ihre Temperatur ist nicht höher als der steiner Schleifereien liefern.
Siedepunkt des Wassers bei dem entsprechenden Luft-
druck, d. h. etwa 100 °C im Meeresspiegel-Niveau (z. B. Geothermische Energie
Campi Flegrei), etwa 90 °C in 3 000 m über NN (z. B. am
Ätna). Während ihrer Zirkulation auf Klüften und Spal- Heiße Quellen und Geysire, die in geothermischen Fel-
ten des Nebengesteins lösen sie geringe Mengen von de- dern vorkommen, dienten seit undenklichen Zeiten zum
ren Substanz und treten als Mineralquellen an die Erdo- Baden, Waschen und Kochen. Darüber hinaus wurden
berfläche aus. Manche Thermen fördern reichlich H2S auch gelöste Salze durch Abdampfen gewonnen, z. B. die
(Schwefelquellen) oder CO2 (Säuerlinge). Borsäure in den Soffionen von Larderello im jungen
Geysire (Geyser) sind periodisch aufsteigende heiße Vulkangebiet der Toskana (Italien). Hier wurde seit 1904
Springquellen, die ihre Herkunft der Aufheizung des der Heißdampf, der sich durch Aufheizung von ein-
Grundwassers verdanken. Dieses sickert entlang von Stö- gesickertem Oberflächenwasser bildet, zur Erzeugung
rungen in den Untergrund ein, sammelt sich in einem von elektrischer Energie genutzt. Das Wasser wird in
Speichergestein, z. B. einem porösen Sandstein, wo es – porösen Karbonatgesteinen des Lias und der oberen
z. B. durch Wärmezufuhr aus einer Magmenkammer – Trias, in permischen Sandsteinen und Konglomeraten
erhitzt wird. Das heiße Wasser steigt entlang von Störun- (Verrucano) ‚ sowie in darunter liegenden präkambischen
gen auf, bis es durch Druckentlastung nahe der Erdober- bis frühpaläozoischen Glimmerschiefern und Gneisen
fläche seinen Siedepunkt erreicht und als Dampf-Was- gespeichert. Nach oben zu werden diese Wasserreservoire
ser-Fontäne herausgeschleudert wird. Nach dem Aus- durch relativ undurchlässige eozäne Flysch-Sedimente
bruch füllt sich die Spalte mit kühlerem Grundwasser und (Argille scagliose) abgedichtet. Durch eine in der Tiefe
Literatur 255
vermutete Magmenkammer wird das Wasser auf 96–230 °C White RV, Saunders AD (2005) Volcanism, impact and mass extinc-
aufgeheizt und steht unter Drücken von 5–32 bar. Der tions: Incredible or credible conincidences. Lithos 79:299–319
Wolff F von (1929/1931) Der Vulkanismus. II Spezieller Teil. 1. Die
hochgespannte Heißdampf wird durch bis zu 4 km tiefe
Neue Welt. 2,1. Der Atlantische Ozean. Enke, Stuttgart
Bohrlöcher, die einen seismischen Reflektor, den H-Ho-
rizont, erreichen, an die Erdoberfläche gebracht und auf Zitierte Literatur
Turbinenschaufeln geleitet. Deren Material muss unemp-
findlich gegen Korrosion durch H3BO3 sein. Die Sonden Bachmann O, Bergantz G (2008) The magma reservoirs that feed
supereruptions. Elements 4:17–21
bleiben durchschnittlich 12–15 Jahre aktiv und liefern
Bertini, G, Casini M, Gianelli G, Pandeli E (2006) Geological structure
30–300 t Dampf pro Stunde. Im Jahr 2006 lag die Gesamt- of a long-living geothermal system, Larderello, Italy. Terra Nova
leistung in Larderello bei 583 MW. Im Bereich eines 18:163–169
zweiten Reflektors, des K-Horizonts, sind überkritische Bottinga Y, Calas G, Coutures J-P, Mathieu J-C (1983) Liquid silicates
Fluide gespeichert (vgl. Abschn. 18.1, S. 282), die bis jetzt at Cassis; A conference report. Bull Mineral 106:1–3
nicht zur Energieerzeugung genutzt werden (Bertini et al. Coffin MF, Eldholm O (1994) Large igneous provinces: Crustal
structure, dimensions, and external consequences. Rev Geophys
2006). Auch andere bedeutende Kraftwerke liegen in jun- 32:1–36
gen Vulkangebieten, so The Geysers (Kalifornien) mit Gíslason SR, Alfresson HA (2010) Sampling of the volcanic ash from
1 500 MW, Wairaki und Ohaki (Neuseeland) 250 MW und the Eyafjallajökull Volcano, Iceland – A personal account. Ele-
Krafla (Island). Beim Abteufen eines Bohrloches für geo- ments 6:269
thermische Energie hat man an der Krafla eine Magmen- Harris A, Ripepe M (2007) Synergy of multiple geophysical approaches
to unravel explosive eruption conduit and source dynamics – A
kammer angebohrt; das führte zur Förderung von Lava
case study from Stromboli. Chem Erde 67:1–35
aus dem Bohrloch (Krafft 1984). Hildreth W, Wilson CJN (2007) Compositional zoning of the Bishop
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15
Plutonismus
15.1 Bleiben Magmen im Erdinnern stecken und kristallisieren unter der Auflast mäch-
Die Tiefenfortsetzung tiger Gesteinsmassen, d. h. bei erhöhten Drücken, so bilden sich Plutonite (Tie-
von Vulkanen fengesteine). Im Gegensatz zum Vulkanismus entziehen sich die Prozesse des Plu-
tonismus der unmittelbaren Beobachtung; sie lassen sich daher nur indirekt aus
15.2 den Verbandsverhältnissen und Gefügen der Plutonite erschließen.
Formen plutonischer
und subvulkanischer
Intrusivkörper
15.3
Innerer Aufbau
und Platznahme
von Plutonen
Abb. 15.1.
Vereinfachtes Querprofil durch
das Magmenreservoir unterhalb
der Caldera des Long-Valley-
Supervulkans (Kalifornien).
Der Vertikalmaßstab und die
relativen Volumenanteile des
eruptionsfähigen Magmas, des
Kristallbreis, des randlichen
Granitoids und der Basalt-Injek-
tionen sind nur annäherungs-
weise bekannt. (Aus Bachmann
und Bergantz 2008)
15.2 · Formen plutonischer und subvulkanischer Intrusivkörper 259
Abb. 15.2.
Der Brandberg-Batholith in
Namibia, ein Alkaligranit-Kom-
plex von Unterkreide-Alter
(ca. 130 Ma), der während des
Aufbrechens von Gondwana in
paläozoische Karoo-Sedimente
und kretazischen Etendeka-
Vulkanite intrudiert ist. Diese
geschichteten Nebengesteine sind
im Vordergrund an den Flanken
der Intrusion erkennbar.
(Foto: M. Okrusch)
260 15 · Plutonismus
40 km Durchmesser. Beispiele sind die Granite im Harz von Peridotit, Pyroxenit und Anorthosit enthalten. Ihrer
(Brocken- und Ramberg-Granit), Fichtelgebirge, Ober- Form nach handelt es sich meist um Lopolithe, d. h. um gro-
pfälzer Wald, Erzgebirge und den Sudeten sowie die Di- ße Intrusionen, deren zentraler Bereich über dem (vermu-
orite und Gabbros des Odenwaldes. Einfache Plutone teten) Zufuhrkanal eingesunken ist. Daraus resultiert ihre
haben im Grundriss kreisförmige, andere eine ovale Be- konkav-konvexe, löffel- bis schüssel-förmige Gestalt
grenzung. Im letzteren Fall sind sie einem Streckungs- (Abb. 15.5, 15.6) Typisch für ihren inneren Aufbau ist die
bzw. Dehnungsakt des sich formenden Orogens ange- magmatische Schichtung (igneous layering). Man spricht
passt (Längs- und Querplutone). Bei ihnen treffen wir daher von Layered Intrusions (s. unten).
konkordante wie diskordante Kontakte zum Neben-
15.3 gestein an. Nicht selten sind kleine Plutone lediglich 15.3
kuppelförmige Aufbrüche größerer darunterliegender Innerer Aufbau und Platznahme von Plutonen
Plutone oder Batholithe.
Wie bereits oben angedeutet, besteht für die Platznahme
Größere Plutone von >100 km2 Flächenausdehnung von großen plutonischen Intrusionen grundsätzlich ein
wurden wegen ihrer unbekannten Tiefenfortsetzung Raumproblem, d. h. die Frage, wie der Platz für die rie-
auch als Batholithe bezeichnet. Es gibt allerdings Hin- senhaften Magmenvolumina geschaffen wurde, die in die
weise darauf, dass sie sich nicht bis in die „ewige Teu- Erdkruste intrudieren. Zur Lösung dieses Problems be-
fe“ fortsetzen, sondern eher eine bettdeckenartige darf es sorgfältiger Analysen der Interngefüge von Pluto-
Form haben (Abb. 15.4), ähnlich Lopolithen (s. unten). nen und der Externgefüge des intrudierten Nebengesteins.
Außerdem sind sie recht komplex zusammengesetzt Diese Studien sind – nach grundlegenden Arbeiten von
und bestehen typischerweise aus einer Folge von zeit- Hans Cloos in den 1930er Jahren – erst in jüngster Zeit
lich und stofflich verschiedenen Magmen-Intrusionen. wieder verstärkt in Angriff genommen worden (vgl. z. B.
Hutton 1996).
Beispiele sind der orogene Sierra-Nevada-Batholith in
Kalifornien (Abb. 15.4), der sich während der Kreidezeit bei 15.3.1
der Subduktion der pazifischen unter die nordamerikani- Interngefüge von Plutonen
sche Platte gebildet hat, und der anorogene Brandberg-
Batholith in Namibia (Abb. 15.2), der – ebenfalls in der Auch im Pluton verändert die Schmelze durch Fließen
Kreide – beim Aufbrechen Gondwanas intrudierte. ihren Ort. Dabei herrschen aufsteigende Bewegungen vor.
Die Mehrzahl der Plutone besteht petrographisch aus Die Richtung des Fließens ermittelt man aus der Rich-
leukokraten und mesokraten Plutoniten, insbesondere aus tung seiner Spuren. Fixiert wird nur der letzte Bewegungs-
Graniten und Granodioriten. Daneben gibt es aber auch sehr zustand und nur die relative Bewegung zu den benach-
prominente mafische Intrusionen, die sich überwiegend aus barten Bereichen. Für das Studium dieser Relativ-
Gabbro oder Norit aufbauen und untergeordnete Anteile bewegungen der plutonischen Schmelze ist jede Art von
Abb. 15.4.
Orthogonale Projektion des
Rattlesnake-Mountain-Plutons
(Kalifornien). (Nach MacColl
1964, aus Best 2003)
15.3 · Innerer Aufbau und Platznahme von Plutonen 261
Nach der zusammenfassenden Diskussion von Hutton Unter Diapirismus versteht man ganz allgemein den ver-
(1996) lassen sich folgende Platznahme-Mechanismen tikalen Aufstieg eines rundlichen Körpers geringerer
unterscheiden: Dichte in einem dichteren Medium, z. B. eines Salzdoms
in einer Sedimentfolge. Nach dem Stokes’schen Gesetz
Kesseleinbrüche (Cauldron Subsidences), ist die Geschwindigkeit v des Aufstiegs
Magmatic Stoping (magmatisches Aufstemmen),
gewaltsame Platznahme: Diapirismus und Ballooning,
[15.1]
Platznahme im Zusammenhang mit tektonischen
Bewegungen.
wobei Δρ der Dichteunterschied zwischen beiden Medi-
Kesseleinbrüche (Cauldron Subsidences) en, r der Radius des kugelförmig gedachten Körpers ge-
ringerer Dichte, g die Erdbeschleunigung und ηc die Vis-
Wenn bei Vulkanausbrüchen Magmenkammern in der kosität des Nebengesteins ist. Wie experimentelle Unter-
Tiefe geleert werden, kann es entlang der Ringspalten suchungen und Modellierungen zeigen, wird das Neben-
262 15 · Plutonismus
Abb. 15.7.
Intrusionskontakt zwischen
Tonstein- und Siltstein-Schichten
der ca. 1 130 Ma alten, mesopro-
terozoischen Hogfonna-Forma-
tion (Ahlmannryggen-Gruppe)
und dem Diorit des ca. 1 110 Ma
alten Kullen-Lagerganges.
Grunehogna-Nunatak, westli-
ches Dronning-Maud-Land,
Antarktika. Man erkennt deut-
lich, wie die Sedimentschichten
durch das eindringende Diorit-
Magma aufblättern, aus ihrem
Verband heraus gelöst werden
und auf Grund ihrer höheren
Dichte nach unten wegsacken:
ein typisches Beispiel für
Magmatic Stoping. (Foto: Chris
Harris, Universität Kapstadt)
gestein beim Aufstieg eines Magmenköpers duktil de- konnte man z. B. zeigen, dass das Deformationsgefüge der
formiert und umfließt diesen, wobei es über dem Dach externen Scherzone sich direkt in den Pluton hinein fort-
zur Plättung, an den Flanken zur vertikalen Streckung setzt, dort aber bereits vor der endgültigen Erstarrung,
und im Schwanzbereich zusätzlich zur Einschnürung der also magmatisch gebildet wurde (Hutton 1996). Darüber
Streckungsgefüge kommt. Auch im aufsteigenden Mag- hinaus sind Minerale, die sich im Kontakthof des Plutons
makörper entstehen selbstverständlich Fließgefüge. Der kontaktmetamorph gebildet haben (Abschn. 26.2.1,
diapirische Aufstieg wird gestoppt, wenn der Dichtekon- S. 424ff), ebenfalls noch deformiert. Viele Plutone sind
trast infolge Abkühlung und Kristallisation des Plutons nachweislich an Blattverschiebungen gebunden, z. B. die
verschwindet. Gut untersuchte Beispiele sind die Granit- einfachen Plutone vom Pull-Apart-Typ wie der Syenit-
plutone von Criffel und Arran (Schottland). Granit-Pluton von Meißen, seltener an extensionale Scher-
Detaillierte Untersuchungen an Plutonen, die man als zonen wie der Queternoq-Pluton (Südgrönland). 1988
Diapire interpretiert hatte, zeigen jedoch häufig umlau- konnte erstmals im Französischen Zentralmassiv nach-
fende Plättungsgefüge, ähnlich wie in der Haut eines gewiesen werden, dass Granite auch entlang von Über-
aufgeblasenen Ballons. Diese weisen darauf hin, dass sich schiebungen und steilen Aufschiebungen intrudieren kön-
der Magmenkörper nach seiner Platznahme radial in alle nen. Ein weiteres wichtiges Beispiel ist der Great Tonalite
Richtungen ausgedehnt hatte, wahrscheinlich infolge des Sill in Alaska und British Columbia, der ca. 1 000 km lang
sukzessiven Nachschubs neuer Magmen. Dieser Vorgang und ca. 20 km mächtig ist.
des Ballooning kann in vielen Fällen so stark dominie-
ren, dass Gefüge der ursprünglichen Platznahme durch 15.3.3
Diapirismus und/oder Stoping weitgehend ausgelöscht Layered Intrusions
sind. Als Beispiele seien die Granitplutone von Flaman-
ville (NW-Frankreich) und Ardara (Irland) genannt. Wie bereits oben erwähnt, stellen die großen schichtigen
Intrusionen der Erde einen besonders interessanten Son-
Platznahme im Zusammenhang mit tektonischen derfall von Plutonen dar. Darüber hinaus sind diese gro-
Bewegungen ßen mafischen Intrusionen von hohem wirtschaftlichen
Interesse, weil an sie Lagerstätten von Platinmetallen, Ni-
Es wurde schon lange angenommen, dass Plutone für ihre ckel, Chrom, Titan und Vanadium von Weltbedeutung ge-
Platznahme tektonische Schwächezonen benutzen. Jedoch bunden sind. Die meisten großen Layered Intrusions wur-
erst seit etwa 1970 konnte durch sorgfältige Gefüge- den im Zeitraum Archaikum bis mittleres Proterozoikum
untersuchungen an Plutonen und ihrem Nebengestein gebildet, wie Stillwater (Montana) mit einem Alter von
nachgewiesen werden, dass die Intrusion zeitgleich mit 2,7 Ga und einer Flächenausdehnung von 4 400 km 2,
dem tektonischen Ereignis, also syntektonisch erfolgte. So Windimurra (Westaustralien, ca. 2,8 Ga, 2 300 km2), Great
Literatur 263
Dike (Simbabwe; 2.5 Ga, 3 300 km2), Bushveld (Südafrika; mafitenreichen Lagen wird die restliche Interkumulus-
2,1 Ga, 66 000 km 2 , Abb. 21.4, S. 326) und Sudbury Schmelze zunehmend herausgedrückt und wandert nach
(Ontario, Kanada; 1,85 Ga, 1 300 km2, Abb. 21.6, S. 329). oben ab; diesen Vorgang nennt man Filterpressung
Nur wenige und meist kleinere Komplexe entstanden (Abb. 21.2, S. 325). Umgekehrt können die leichteren Pla-
im jüngeren Proterozoikum oder im Paläozoikum, wie gioklase in der Schmelze aufschwimmen und sich in
Muscox (Canada, ca. 1,2 Ga, 3 500 km2, Abb. 15.5), Duluth höheren Zonen anreichern. In Wirklichkeit sind die Pro-
(Minnesota, 1,1 Ga, 5 000 km2), Berkreim-Sogndal (Nor- zesse, die zum Layering führen, sehr viel komplexer: So
wegen, 930 Ma, 230 km2) und Fongen-Hyllingen (Norwe- spielen z. B. Konvektionsströme, die Zufuhr neuer Mag-
gen; 405 Ma; 160 km2). Die berühmte Skaergaard-Intru- menschübe und spätere Rekristallisations-Erscheinun-
sion (Grönland, 100 km2) intrudierte erst im Eozän vor gen eine wichtige Rolle. Für ein vertieftes Studium sei
ca. 55 Ma. Sie soll hier als Beispiel kurz behandelt wer- auf den von Cawthorne (1996) herausgegebenen Sam-
den (Abb. 15.6). melband verwiesen. Neue Beobachtungen und Interpre-
tationen geben McBirney (2009) für den Skaergaard- und
Nach der grundlegenden Arbeit von Wager u. Brown (1968) bildet Clarke et al. (2009) für den Bushveld-Komplex.
die Skaergaard-Intrusion einen asymmetrisch-trichterförmigen
Körper, der präkambrische Gneise und tertiäre Basalte durchsetzt
und eine geschichtete Internstruktur aufweist. Der oberste Bereich,
Weiterführende Literatur
von dem die Autoren annehmen, dass es sich um vulkanische Agglo-
Bachmann O, Bergantz G (2008) The magma reservoirs that feed
merate gehandelt hat, ist vollkommen abgetragen. Demgegenüber
supereruptions. Elements 4:17–21
ist die Upper Border Group (obere Grenzgruppe) noch teilweise er-
Best MG (2003) Igneous and metamorphic petrology, 2nd edn.
halten; sie besteht aus Gabbros und Fe-reichen Dioriten mit einzel-
Blackwell, Oxford
nen granitischen Lagen („Granophyr“). Darunter folgt die Layered
Best MG, Christiansen EH (2001) Igneous petrology. Blackwell,
Series (lagige Serie), die sich in drei Zonen gliedert:
Malden, Mass., USA
Carmichaels ISE, Turner FJ, Verhoogen J (1974) Igneous petrology.
Obere Zone: Sie besteht aus Fe-reichem Gabbro mit Fe-reichem
McGraw-Hill, New York
Olivin.
Cawthorne RG (ed) (1996) Layered intrusions. Elsevier, Amsterdam
Mittlere Zone: Sie besteht aus Gabbro ohne Olivin.
Clarke B, Uken R, Reinhardt J (2009) Structural and compositional
Untere Zone: Sie besteht aus Gabbro mit Mg-reichem Olivin.
constraints on the emplacement of the Bushveld Complex, South
Africa. Lithos 111:21–36
Die nicht aufgeschlossene Hidden Layered Series macht schät-
Hildreth W (2004) Volcanological perspectives on Long Valley,
zungsweise 70 % des gesamten Plutons aus und besteht wahrschein-
Mammoth Mountain, and Mono Craters: Several contiguous, but
lich ebenfalls aus mafischen, aber auch aus ultramafischen Plutoniten.
discrete systems. J Volcan Geotherm Res 136:169–198
Typisch für die Layered Series ist ein ausgeprägter rhythmischer
Marsh BD (1981) On the crystallinity, probability of occurrence, and
Lagenbau (rhythmic layering). Die einzelnen Lagen, 5–40 cm dick,
rheology of lava and magma. Contrib Mineral Petrol 78:85–98
stellen meist gradierte Einheiten dar, in denen die Gehalte an Mafiten,
McBirney AM (2009) Factors governing the textural development
insbesondere Augit und Olivin, zurücktretend Fe-Ti-Oxide, von oben
of Skaergaard gabbros: A review. Lithos 111:1–5
nach unten zunehmen, der Plagioklas-Anteil dagegen abnimmt. Dazu
Wager LR, Brown GM (1968) Layered igneous rocks. Oliver & Boyd,
kommt noch ein cryptic layering, d. h. der An-Gehalt der Plagiokla-
Edinburgh-London
se, der Fo-Gehalt der Olivine und der Mg-Gehalt der Augite nehmen
vom höchsten bis zum tiefsten Niveau der Layered Series kontinu-
ierlich zu. In der Marginal Border Group liegen abgeschreckte mag- Zitierte Literatur
matische Schmelzen vor, die vielleicht Hinweise auf ursprüngliche
Stamm-Magma liefern könnten (Abschn. 17.2, S. 275ff). Hutton DHW (1996) The „space problem“ in the emplacemet of
granite. Episodes 19:114–119
Charakteristisch für Layered Intrusions sind Kumu- MacColl RSJ (1964) Geochemical and structural studies in batholothic
rocks of Southern California: Part 1, structural geology of Rattle-
latgefüge, die darauf hinweisen, dass die Bildung der La-
snake Mountain Pluton. Geol Soc America Bull 75:805–822
gen auf eine Art magmatischer „Sedimentation“, d. h. auf Smith CH, Kapp HE (1963) The Muscox Intrusion, a recently discov-
Absaigern der schweren Mafite zurück zu führen ist ered layered intrusion in the Coppermine River area, Northwest
(Abb. 17.4, 17.6, S. 277f ). Bei der Kompaktion der Territories, Canada, Min Soc America Spec Paper 1:30–35
16
Magma und Lava
16.1 Wie wir gesehen haben, werden bei Vulkanausbrüchen glutheiße Gesteins-
Chemische schmelzen aus dem Erdinnern gefördert, die unter stürmischer Entgasung aus-
Zusammensetzung fließen oder explosiv herausgeschleudert werden. Man muss daraus schließen,
und Struktur dass im Erdinnern glutheiße Schmelzen existieren, in denen leichtflüchtige
magmatischer (volatile) Komponenten gelöst sind. Die meisten Laven, die an die Erdoberfläche
Schmelzen gefördert werden, enthalten bereits Kristalle, die in einer Magmenkammer oder
beim Aufstieg gewachsen sind; sie bilden Einsprenglinge in vulkanischen Ge-
16.2 steinen. Als Magma bezeichnet man dementsprechend glutheiße Gesteins-
Vulkanische Gase schmelzen des Erdinnern, die neben leichtflüchtigen Bestandteilen meist auch Kris-
talle enthalten können. Es muss daran erinnert werden, dass „Magma“ ein theore-
16.3 tischer Begriff ist; denn niemand hat ein Magma je gesehen! Wir beobachten
Magmatische lediglich die vielfältigen Entgasungsprozesse von Lava an der Erdoberfläche, die
Temperaturen ein wesentliches Merkmal des Vulkanismus sind (Abb. 16.1) und bei explosiver
Entbindung der Gase oft eine verheerende Rolle spielen. Solche Prozesse bele-
16.4 gen eindringlich, dass die Menge an leichtflüchtigen Komponenten, die im Mag-
Viskosität ma gelöst sind, groß sein muss. Aber auch die ruhiger verlaufende Entgasung
von Magmen z. B. von ausfließenden Lavaströmen beeindruckt durch die enormen Mengen
und Laven geförderter Gase. Weitere Schlüsse über das Magma der Tiefe werden aus seinen
Kristallisationsprodukten, den Vulkaniten und Plutoniten, gezogen.
16.5
Löslichkeit von Abb. 16.1.
leichtflüchtigen Vulkanische Dampftätig-
keit am Hauptkrater des
Komponenten Ätna. (Foto: M. Okrusch)
im Magma
16.3 16.3
Magmatische Temperaturen
16.3.1
Direkte Messungen
Tabelle 16.1. Farbe und Temperatur von Schmelzen Solche Versuche wurden von französischen Forschern
bereits im 19. Jahrhundert durchgeführt, wobei aller-
dings der ursprünglich vorhandene Gehalt an leicht-
flüchtigen Komponenten, insbesondere H2O, nicht be-
rücksichtigt werden konnte. Erst mit der Einführung von
Hochdruck-Autoklaven können Aufschmelz- und Kristal-
lisations-Experimente bei hohen Temperaturen und Drü-
cken durchgeführt werden, bei denen die Schmelzen
jeweils an H2O gesättigt sind, d. h. der Wasserdampfdruck
ist gleich dem Gesamtdruck: PH2O = Ptot. Mit solchen
Hydrothermal-Experimenten kann man die Liquidus- und
268 16 · Magma und Lava
16.4 16.4
Viskosität von Magmen und Laven
Der Viskositätsmodul η wird definiert als die Kraft, die not- band. Er beeinflusst ebenso die Sonderung von frühaus-
wendig ist, um in einer Flüssigkeitsschicht von 1 cm2 Fläche geschiedenen Kristallen im Magma, die im Allgemeinen
und 1 cm Dicke die obere gegen die untere Schichtfläche mit
von der Dichte der umgebenden Schmelze abweichen.
einer Geschwindigkeit von 1 cm s–1 in Parallelbewegung zu hal-
ten. Anders ausgedrückt: η ist die Scherspannung (gemessen So stiegen die in der Vesuvlava zuerst abgeschiedenen
in Pa) bezogen auf die Verformungsrate (gemessen in s–1): Kristalle von Leucit wegen ihrer geringeren Dichte auf
1 Poise = 0,1 Pa s. und reicherten sich an ihrer Oberfläche schwimmend an.
In vielen Basaltlaven sinken andererseits die spezifisch
Bei Newtonschen Flüssigkeiten sind Scherspannung und schwereren Olivin- und Pyroxenkristalle zu Boden und
Verformungsrate proportional, bei ihnen genügt schon bilden dort einen Bodensatz, sie akkumulieren, wie das
eine unendlich kleine Scherspannung, um sie zum Flie- insbesondere in mächtigen Lagergängen oder in Layered
ßen zu bringen. In der Natur zeigen nur ganz niedrigvis- Intrusions beobachtet werden kann. Alle diese Vorgänge
kose Laven ohne Gasblasen und Kristalle Newtonsches werden bei großer Viskosität gehemmt.
Verhalten. Bei den meisten Laven muss dagegen eine Dabei drängt sich die Frage auf, wie sich die Viskosi-
endliche Schubkraft aufgewendet werden,bevor sie zu flie- tät von Magmen mit den erhöhten Drücken des Erdin-
ßen beginnen (Fließgrenze, engl. yield strength oder yield nern ändert. Zur Klärung dieser Frage bieten sich Expe-
stress); sie werden Binghamsche Flüssigkeiten genannt. rimente mit der Kugelfallmethode an. Bei erhöhten Drü-
cken und Temperaturen werden Pulver von Mineralen
Viskositätsmessungen können in der Natur an Lava- oder Gesteinen, auf denen eine Metallkugel (z. B. aus Pt)
strömen und an Lavaseen oder im Laboratorium an liegt, künstlich geschmolzen; in dieser Schmelze sinkt die
künstlichen Silikatschmelzen vorgenommen werden. Kugel ab und der Fallweg, den sie in einer bestimmten
Dabei wurde gezeigt, dass die Viskosität der SiO2-reiche- Zeit zurücklegt, ist ein Maß für die Viskosität. Auf diesem
ren Schmelzen um mehrere Größenordnungen höher ist Wege kam Kushiro (1976) zu dem zunächst überraschen-
als bei SiO2-ärmeren, z. B. den basaltischen (Abb. 16.5). den Ergebnis, dass bei einem Druckanstieg von 1 bar auf
Laven mit höherer Viskosität besitzen eine größere 25 kbar – bei einer konstanten Temperatur von 1 350 °C
Neigung zu glasiger (hyaliner) Erstarrung, weil das Dif- – der Viskositätsmodul einer trockenen Jadeitschmelze
fusionsvermögen der chemischen Elemente und der Kris- etwa um eine Zehnerpotenz abnimmt, d. h. die Schmel-
tallisationsvorgang in einer solchen Schmelze stark ge- ze wird immer beweglicher. Weitere Experimente zeig-
hemmt sind. Das sind die SiO2-reicheren Laven von Rhy- ten, dass dieses Ergebnis auch für andere Silikatschmelzen
olith- oder Trachytzusammensetzung, die zu Obsidian von Rhyolith- bis Basaltzusammensetzung gilt, und zwar
oder Pechstein erstarren können (s. S. 229, 232f). für solche, die Si-reich sind und/oder ein (Na + K) / Al-Ver-
Darüber hinaus ist der Viskositätsgrad einer natürli- hältnis nahe 1 haben. Bei ihnen ist der Anteil der Brücken-
chen Schmelze entscheidend für den Aufstieg und ihr sauerstoffe in O-Si-O-Bindungen (BO) größer als der an
Intrusionsvermögen in einen gegebenen Gesteinsver- Nichtbrückensauerstoffen (NBO): BO / (BO + NBO) > 0,5.
Offenbar findet in diesen Schmelzen bei isothermer
Druckerhöhung zunehmend ein Übergang Al[4] → Al[6]
statt, so dass der Anteil an Netzwerkbildern kleiner wird.
Ist dagegen BO / (BO + NBO) < 0,5, so nimmt die Vis-
kosität mit steigendem Druck zu, weil die Struktur dich-
ter gepackt wird und die Bindungskräfte zunehmen
(Scarfe et al. 1987). Von großem Einfluss auf die Viskosi-
tät von Silikatschmelzen ist darüber hinaus der Gehalt
an leichtflüchtigen Komponenten, insbesondere H2O bzw.
(OH) und F (z. B. Hui et al. 2009).
16.5 16.5
Löslichkeit von leichtflüchtigen Komponenten
im Magma
17.1 Es ist schon lange bekannt, dass die zahlreichen Typen von magmatischen Ge-
Magmatische Serien steinen nicht isoliert betrachtet werden dürfen. Vielmehr bestehen zwischen den
Vulkaniten oder Plutoniten, die in einer bestimmten Region (Magmatische Pro-
17.2 vinz) gefördert wurden, zeitliche und räumliche Zusammenhänge. Die unter-
Bildung von schiedlichen Gesteinsarten einer magmatischen Provinz sind häufig durch Über-
Stamm-Magmen gänge miteinander verknüpft; in ihrer chemischen und mineralogischen Zusam-
mensetzung zeigen sie charakteristische Variationen oder sie weisen gewisse
17.3 Grundgemeinsamkeiten, z. B. generell hohe K-Gehalte, auf. Man kann daher die
Magmenmischung einzelnen Gesteinstypen nicht auf eine ebenso große Zahl selbständig gebilde-
ter primärer Stamm-Magmen zurückführen. Vielmehr bilden sie Glieder von mag-
17.4 matischen Serien, die sich mit sinkender Temperatur durch unterschiedliche geo-
Magmatische logische Prozesse aus einem Stamm-Magma entwickelt haben. Die Trennung ei-
Differentiation nes gegebenen Stamm-Magmas in verschiedene, stofflich unterschiedliche, meist
aber durch gewisse Übergänge miteinander verbundene Teilmagmen wird als
17.5 magmatische Differentiation bezeichnet. Darüber hinaus können sich Magmen
Assimilation durch Magmenmischung oder durch Assimilation von Nebengestein in ihrer ur-
sprünglichen Zusammensetzung verändern. Nach einer Abschätzung von
Schmincke (2000, S. 16) werden weltweit pro Jahr über 30–35 km3 Magmen
gefördert. Dabei entfallen auf die unterschiedlichen plattentektonischen Situati-
onen im Durchschnitt die in Tabelle 17.1 genannten Mengen.
Abb. 17.1. Harker-Diagramm für die kalkalkalische Vulkanit-Serie Abb. 17.3. AFM-Dreieck mit tholeiitischem und kalkalkalinem
des Crater Lake, Kaskaden-Provinz, Oregon, mit der typischen Trend. Erläuterung im Text. B tholeiitischer bzw. kalkalkaliner Ba-
Entwicklung Basalt (B) → Andesit (A) → Dacit (D) → Rhyolith (R). salt, FB Ferrobasalt, BA basaltischer Andesit, A Andesit, D Dacit,
(Nach Williams 1942, mod. aus Carmichael et al. 1974) R Rhyolith. (Aus Wilson 1989)
17.2 · Bildung von Stamm-Magmen 275
nicht ausreichen, um Gesteine zum partiellen Schmelzen zu unter den mittelozeanischen Rücken mit unveränderter
bringen. Sie erreichen maximal 610 °C in junger Kruste und primärer Mantelschmelze, die aus der Tiefe periodisch auf-
370 °C in der Kruste alter, stabiler Kontinente (Chapman steigt, vermischt. Es ist zu erwarten, dass derartige basische
1986). Ungewöhnlich hohe Temperaturen können jedoch Magmen eine weitgehend vollständige Mischbarkeit unter-
durch folgende Prozesse erreicht werden (Clark et al. 2011): einander aufweisen. Auch bei der Entstehung von Layered
Intrusions und den damit verknüpften Erzlagerstätten dürf-
Erhöhte radioaktive Wärmeproduktion durch den Zer- te Magmenmischung eine wichtige Rolle spielen.
fall von Radionukliden (Abschn. 33.5.3, S. 569f); Laborversuche haben gezeigt, dass die Mischbarkeit von
Zunahme der Wärmezufuhr aus dem Erdmantel in silikatischen Schmelzen insbesondere von ihrer Viskosität
Backarc-Becken; und Fließgeschwindigkeit abhängt. Größere Viskositäten
Mechanische Aufheizung in großräumigen duktilen oder Viskositätsunterschiede behindern die Mischbarkeit.
Scherzonen. So ist zu erwarten, dass sich SiO2-reiche Magmen untereinan-
Darüber hinaus liefern große mafische Intrusionen, die der oder mit basaltischen Magmen nur unvollständig mi-
aus dem Erdmantel stammen, die externe Wärmezufuhr, schen. Das Ergebnis sind z.B. Plutonite mit schlierigem Ge-
die für ein partielles Aufschmelzen der Unterkruste not- füge. Auch die Entstehung des Rapakivi-Gefüges (vgl. Ab-
wendig ist. Dieser Vorgang wird als Magmatic Under- schn. 13.2.1, S. 224, Abb. 13.4) führt man auf die Mischung
plating bezeichnet. von zwei Magmen unterschiedlicher Zusammensetzung und
Temperatur zurück. Dabei wird das neue, heißere Magma
Für den Aufstieg von Granit-Magmen in der Erdkruste abgeschreckt, und es kommt zur orientierten Aufwachsung
ist der Aufschmelzgrad von besonderer Bedeutung. Ist die- von Oligoklas auf Kalifeldspat; beim Anti-Rapakivi-Gefü-
ser gering, so kann sich die Schmelze nicht von ihrem Mut- ge ist die Kristallisationsabfolge umgekehrt (Hibbard 1981).
tergestein trennen, sondern wird auf den Korngrenzen kon-
17.4 zentriert. Bei höheren Aufschmelzgraden entstehen zu- 17.4
nächst Migmatite (s. Abschn. 26.5, S. 453ff) und schließlich Magmatische Differentiation
Granit-Magmen, die aus Schmelze und kristallinen Rest-
mineralen bestehen. Der rheologisch kritische Schmelz- Dieser Begriff umfasst alle Vorgänge, bei denen aus ei-
anteil, bei dem die Festigkeit eines Gesteins so weit er- nem homogenen Stamm-Magma mehrere Fraktionen
niedrigt ist, dass es sich als Magma verhält, liegt im Bereich entstehen, die schließlich zu Magmatiten unterschied-
von etwa 25–40 % (z. B. Arzi 1978). licher Zusammensetzung kristallisieren. Der weitaus
wichtigste Prozess ist die Kristallisations-Differentia-
17.3 tion, deren experimentelle Grundlagen in Kap. 18 be-
Magmenmischung handelt werden. Es gilt das Bowen’sche Reaktions-
prinzip, das weiter unten erläutert wird (s. Abschn. 18.3,
Bereits 1851 hatte der deutsche Chemiker Robert Bunsen S. 299ff). Daneben spielen in einzelnen Fällen die
(1811–1899) vorgeschlagen, die magmatische Entwick- liquide Entmischung von Magmen eine Rolle. Auch
lungsreihe vom Basalt zum Rhyolith auf Island durch die chemische Gradienten in einer Magmenkammer und
Mischung eines basaltischen und eines rhyolithischen Gastransport, d. h. der Transport von chemischen Kom-
Stamm-Magmas zu erklären. Larsen et al. (1938) beschrie- ponenten, die in aufsteigenden Gasblasen gelöst sind,
ben Andesite und Dacite in der San-Juan-Vulkan-Provinz wurden als mögliche Ursachen für die magmatische
(Colorado), die in einer homogenen Grundmasse Plagio- Differentiation diskutiert, aber kaum näher untersucht.
klas-Einsprenglinge mit sehr unterschiedlicher Zusammen-
setzung und Art des Zonarbaus enthalten. Diese Beobach-
tung führte zu der Annahme, dass zwei Magmen mit unter- 17.4.1
schiedlichen Einsprenglings-Plagioklasen in einer Mag- Kristallisations-Differentiation
menkammer vermischt wurden, ehe es zur endgültigen
magmatischen Förderung kam. Eine verbreitete Ursache für eine magmatische Diffe-
rentiation ist die fraktionierte Kristallisation, d. h. die
Dem Prozess der Magmenmischung als Modell für sukzessive Abtrennung von auskristallisierten Mine-
die Entstehung komagmatischer Schmelzen wird ralen aus einem Magma. Da dieser Vorgang im Wesent-
eine zunehmend bedeutsame Rolle zugeschrieben. lichen eine Wirkung der Schwerkraft ist, bezeichnet man
ihn auch als eine gravitative Differentiation. Am häufigs-
So lassen sich z. B. viele der geochemischen und petro- ten ist das Absinken (Absaigern) früh ausgeschiedener
graphischen Merkmale von Basalten mittelozeanischer Kristalle von größerer Dichte im Magma, so dass eine
Rücken (MORB) dadurch erklären, dass sich bereits diffe- spezifisch leichtere, stofflich veränderte Restschmelze
renziertes basaltisches Magma in den Magmenkammern übrig bleibt.
17.4 · Magmatische Differentiation 277
Abb. 17.4. Schema für die Bildung magmatischer Schichtung durch gravitative Kristallisationsdifferentiation in einem Lagergang von
400–600 m Mächtigkeit (Centre-Hill-Komplex, Kanada). a Aus einem Basalt-Magma scheiden sich Olivin (Ol, ) und Klinopyroxen (Cpx, )
aus, die unterschiedlich schnell nach unten absaigern; es bildet sich ein Olivinkumulat (Peridotit, PD); am Hangend-Kontakt des Lager-
gangs kristallisiert eine feste, feinkörnige Kruste aus Randgabbro (marginal gabbro, MG), darunter befindet sich ein Kristallbrei, der reich
an Cpx und Plagioklas (/) ist. b Beim Absinken wird ein Teil des Ol in Orthopyroxen (Opx, graue Kreise) umgewandelt (Abb. 18.15, 18.16,
S. 296f), der absinkt; es ensteht ein Opx-Cpx-Kumulat (CP); Plagioklas steigt auf und reichert sich im oberen Kristallbrei an. c Ein neuer
Magmenschub intrudiert und vermischt sich mit der Restschmelze, wobei der obere Kristallbrei teilweise abgerieben wird. In der stagnie-
renden, an Fe und Si angereicherten Interkumulus-Schmelze kristallisieren fingerförmige Kristalle von Fayalit (schwarz), die sich stets vom
Hangend-Kontakt weg verzweigen (branching textured gabbro: BTG); darunter entsteht eine Gabbro-Zone mit aggregiertem Plagioklas
(clotted textured gabbro CTG). d In gleicher Weise bilden sich weitere Zyklen, so dass im Liegenden Ol- und Opx-Cpx-Kumulate
(PD und CP) und im Hangenden BTG und CTG miteinander abwechseln. Zuletzt kristallisiert die restliche Schmelze zu einem Leuko-
Gabbro (LG). (Nach Thèriault u. Fowler 1996, mit freundlicher Genehmigung des Verlages Elsevier)
[17.1]
Abb. 17.6.
Magmatische Schichtung im
Bushveld-Komplex. Ein gewöhn-
licher Norit wird überlagert von
einer Lage aus Plagioklas-rei-
chem, sehr grobkörnigem Norit
mit bis zu Zentimeter-großen
Orthopyroxen-Kristallen (hell-
braune Flecken). (Foto: Reiner
Klemd)
K angereichert ist (Abb. 17.5). Auch leichtere Minerale kön- che Hinweise auf eine gravitative Differentiation vermisst.
nen sich als Erstausscheidungen frühzeitig in einer etwas Als alternative Erklärung kann man mit Marsh (2006) das
schwereren Schmelze absondern und nun umgekehrt auf- Modell der Erstarrungsfronten (solidification fronts) her-
steigen, was zur Bildung von sog. Flotationskumulaten führt. anziehen. Danach schreitet die Kristallisation eines Mag-
Ein überzeugendes Beispiel für diesen Typ der gravitativen mas von den Rändern der Magmenkammer nach innen hin
Differentiation war das Schlotmagma des Vesuvs. Hier stie- fort, wobei sich die Restschmelze in Richtung auf SiO2- und
gen früh ausgeschiedene Leucitkristalle von geringerer H2O-reichere Zusammensetzungen entwickeln kann.
Dichte als schwimmender Kristallbrei in der etwas dichteren Ein interessantes Fallbeispiel ist der Lavasee Makaopuhi
Restschmelze auf. Auch die großen Anorthosit-Massive der auf Hawaii (Wright und Okamura 1977). Dieser entstand
Erde werden heute als Flotationskumulate von riesigen Men- 1965 durch Einströmen eines Basalt-Magmas, in dem zahl-
gen basaltischer Schmelzen interpretiert. Da der Kristalli- reiche große Olivin-Kristalle suspendiert waren. Innerhalb
sationszeitraum eines Magmas bei langsamer Abkühlung von Tagen und Wochen bildeten sich an der Oberfläche und
recht groß ist, kann ein derartiger gravitativer Sonderungs- am Boden des Sees Erstarrungskrusten, die als Erstarrungs-
prozess zwischen Kristallkumulat und Restschmelze sich fronten langsam nach innen wanderten. Kontinuierlich
mehrfach wiederholen, wenn die Kristalle immer wieder von durchgeführte Bohrungen durch den erstarrenden Lavasee
der Restschmelze getrennt werden oder die Zufuhr frischer zeigten, dass die Olivin-Kristalle teils in der oberen Erstar-
Magmenschübe den Vorgang erneut anstößt (Abb. 17.4). rungskruste eingeschlossen, größtenteils aber abgesaigert
Kumulatgefüge treten vorwiegend innerhalb von basal- waren und ein dickes Kumulat am Boden des Sees bildeten.
tischen Lagergängen oder in Layered Intrusions auf (s. Ab- Der Rest der Lava kristallisierte dagegen zu einem homoge-
schn. 15.3.3, S. 262f). Die größte von ihnen ist der Bushveld- nen, undifferenzierten Basalt. Ein SiO2-reiches Differen-
Komplex, ein Lopolith mit Ausmaßen von 450 × 350 km, ei- tiationsprodukt hatte sich in diesem Fall nicht gebildet.
nem Oberflächenanschnitt von 66 000 km2 und einer Dicke Die Kristallisations-Differentiation eines bis 1 130 °C hei-
von 9 km. Er zeigt einen vielfältigen Lagenwechsel aus Peri- ßen Pikrit-Magmas im Kilauea-Iki-Lavasee (Hawaii) wurde
dotit, Pyroxenit, Gabbro, Norit und Anorthosit (Abb. 17.6). von Tuthill Helz (2009) untersucht. Der See entstand während
Im tieferen Teil des Körpers treten 15 Bänder aus Chromit der Eruption von 1959, wobei ein bereits existierender Pit-
mit Mächtigkeiten bis zu 1 m auf (Abb. 21.5, S. 327), darüber krater aufgefüllt wurde. Durch oberflächliche Erstarrung
25 Bänder aus Magnetit. Im oberen Teil des ausgedehnten bildete sich eine geschlossene Magmenkammer von etwa
Körpers befinden sich verschiedene leukokrate Differentiate 40 × 106 m3 Volumen. In dieser entstanden im Magma, das
bis hin zur Granit-Zusammensetzung. an Olivin verarmt war, zwei getrennte Konvektionszellen,
Nach Gleichung [17.1] können Kristalle in der Schmelze die im Hangenden und Liegenden sowie gegeneinander
nur dann effektiv absaigern oder aufschwimmen, wenn sie durch Olivin-reichere Gesteinslagen abgegrenzt wurden. In
eine bestimmte Mindestgröße erreicht haben, wobei es sich den Konvektionszellen kam es im Verlauf der nächsten
in vielen Fällen um Antekristen handeln dürfte. Das Fehlen 35 Jahre zu einem komplexen, mehrphasigen Zusammen-
solcher Kristalle ist wohl die Ursache dafür, dass man in spiel von Olivin-Fraktionierung, lateraler Konvektion, Auf-
vielen Lagergängen, aber auch in großen Lakkolithen jegli- stieg von Teilmagmen geringerer Dichte und Abtrennung
17.5 · Assimilation 279
von Fe-reicheren Teilmagmen. Erst Mitte der 1990er Jahre einiger Jahre waren zwei Magmaschichten entstanden, in
war die gesamte Magmenkammer bis unter die Solidus-Tem- denen sich getrennte Konvektionszellen bildeten, durch die
peratur von ca. 980 °C abgekühlt und erstarrte vollständig. es zur raschen Homogenisierung der beiden Magmaschich-
In höher differenzierten, SiO2-reicheren Magmen wird ten kam. Noch verbliebene feste Gesteinsanteile wurden im
die Viskosität so hoch und damit die Sink- oder Steig- Grenzbereich zwischen beiden Schichten, der Übergangs-
geschwindigkeit von früh ausgeschiedenen Kristallen so zone, angereichert. Durch konduktiven Wärmetransport
gering, dass eine Kristallisationsdifferentiation auf konven- kühlten sich die Magmaschichten in einem Zeitraum von
tionellem Weg nicht mehr möglich ist. Von Sparks et al. 10 000 bis 100 000 Jahren ab, wobei die Erstarrungsfronten
(1984) und Baker u. McBirney (1985) wurde daher das Mo- von oben und unten her nach innen hin vordrangen.
dell einer konvektiven Fraktionierung entwickelt. Danach Dadurch kristallisierte die obere Schicht zu Granophyr, die
kristallisieren an den Seitenwänden einer Magmenkammer untere zu Norit aus.
Minerale aus, wodurch eine hochdifferenzierte Schmelze Während bei gewöhnlichen Silikat-Magmen eine liqui-
entsteht, die wegen ihrer geringen Dichte an den Innen- de Entmischung nicht stattfindet, ist die gegenseitige Lös-
wänden konvektiv nach oben steigt. lichkeit von Silikat-Schmelzen mit Sulfid- und Oxid-Schmel-
zen nur sehr begrenzt. Deren Entmischung vollzieht sich
17.4.2 bereits in einem sehr frühen Stadium bei beginnender Ab-
Entmischung im schmelzflüssigen Zustand kühlung des silikatischen Stamm-Magmas, wobei sich die
(liquide Entmischung) aussondernde Sulfidschmelze wegen ihrer größeren Dich-
te tropfen- und schlierenförmig am Boden der silikatischen
Die Entmischung von Silikatschmelzen im flüssigen Zustand Hauptschmelze ansammelt. Es kommt dabei zur Bildung
wurde um 1900 als bedeutender Prozess bei der magmati- bedeutender sulfidischer Erzlagerstätten (Abschn. 21.3,
schen Entwicklung angesehen und diente zur Erklärung von S. 328ff). Klare Hinweise für liquide Entmischung gibt es
bimodalen Magmatit-Assoziationen wie Basalt – Rhyolith auch in Apatit-Magnetit-Lagerstätten, die an Diorite gebun-
oder von dunklen und hellen Ganggesteinen. Heute wissen den sind. Philpotts (1967) konnte zeigen, dass schon bei
wir durch experimentelle Untersuchungen, dass liquide Ent- hohen Temperaturen Phosphat-reiche, Eisenoxid-reiche
mischungen in Silikatschmelzen sich auf extreme Zusammen- und dioritische Schmelzen miteinander im Gleichgewicht
setzungen beschränken, z. B. auf ultrabasische Schmelzen, gestanden haben. Schließlich gibt es experimentelle Ergeb-
die ungewöhnlich reich an K und Fe sind oder hohe CO2- nisse (z. B. Lee und Wyllie 1997) und Geländebefunde, die
Gehalte aufweisen. Die meisten Petrologen sind sich daher zeigen, dass Karbonat- und Silikat-Magmen nur sehr be-
einig, dass liquide Entmischung kein wichtiger Prozess für grenzt miteinander mischbar sind. So könnten Nephelinit-
die Differentiation eines silikatischen Stamm-Magmas ist. Karbonatit-Assoziationen in Ignimbriten im ostafrikani-
Eine interessante Ausnahme stellt wohl die großräumige schen Grabensystem auf liquide Entmischung zurückzufüh-
Differentiation des Intrusivkörpers von Sudbury, Ontario ren sein (Le Bas 1977). Ein überzeugendes Beispiel ist das ge-
(Kanada; Abschn. 21.3.1, S. 328f) dar, der aus drei mächti- meinsame Auftreten von Trachytglas und Karbonatit-Asche
gen magmatischen Schichten besteht: einer ca. 850 m mäch- in einem Ignimbrit von Kenya (Macdonald et al. 1993).
tigen Norit-Lage im Liegenden, einer ca. 400 m mächtigen
Übergangszone aus Quarzgabbro und einer ca. 1 800 m 17.5 17.5
mächtigen Lage von Granophyr (Mikrogranit) im Hangen- Assimilation
den. Der Sudbury-Komplex verdankt seine Entstehung ei-
nem gigantischen Meteoriteneinschlag, durch den inner- Bei seiner Platznahme befindet sich ein Magma meist im
halb von ca. 2 Minuten die kontinentale Erdkruste und Tei- Ungleichgewicht mit dem Nebengestein bzw. mit einigen
le des obersten Erdmantels in einem Bereich von 90 km ∅ der Nebengesteinsminerale. Dadurch setzt ein komplexer
und 30 km Tiefe aufschmolzen. Dabei entstand eine über- Reaktionsmechanismus ein, bei dem Nebengestein partiell
hitzte Impaktschmelze mit einem Volumen von rund aufgeschmolzen werden kann; einzelne Nebengesteins-
30 000 km3 und einer Temperatur von ca. 1 700 °C. Nach minerale werden mit der Schmelze unter Bildung neuer
Zieg und Marsh (2005) stellte sie eine Emulsion dar, in der Minerale reagieren, andere unverändert bleiben. Durch die-
die unterschiedlichsten Anteile des aufgeschmolzenen Un- sen Vorgang der Assimilation kann ein Stamm-Magma oder
tergrundes in Form von hochviskosen Tropfen und Klum- Teile davon chemisch verändert werden (Kontamination).
pen nebeneinander vorlagen, quasi eine geschmolzene Brec- In diesem Zusammenhang erinnern wir uns an den Pro-
cie. Ab einem Radius von > ca. 6 mm erfolgte die physikali- zess des „Magmatic Stoping“ bei der Platznahme von Mag-
sche Dichtetrennung der unterschiedlichen Tropfen rascher men, durch den das Nebengestein mechanisch und che-
als die chemische Homogenisierung durch Diffusion, so misch in einzelne Schollen zerlegt wird (Abschn. 15.3.2,
dass die dunklen Schmelzanteile absaigerten, die hellen auf- S. 261f, Abb. 15.7). Hinweise auf Assimilationsprozesse lie-
stiegen, ein Vorgang, der von Zieg und Marsh (2005) als fern am ehesten Gesteine, die reich an „unverdauten“
viscous emulsion differentiation bezeichnet wird. Innerhalb Nebengesteinsschollen sind, oder die Schlieren enthalten,
280 17 · Bildung und Weiterentwicklung von Magmen
bei denen der Unterschied zwischen umgebendem Plutonit Pirajno F (2004) Hotspots and mantle plumes: global intraplate
und aufgenommenem Nebengestein verschwimmt. Man tectonics, magmatism and ore deposits. Mineral Petrol 82:193–216
Sawyer EW, Cesare B, Brown M (2011) When the continental crust
sagt, ein solches Magma wirke unausgereift.
melts. Elements 7:229–234
Assimilationsprozesse finden ihre Begrenzung in ih- Schmincke HU (2000) Vulkanismus, 2. Aufl. Wissenschaftliche Buch-
rem hohen Energiebedarf. Die meisten Magmen enthal- gesellschaft, Darmstadt
ten bereits ausgeschiedene Kristalle, sind also nicht über Tuthill Helz R (2009) Processes active in mafic magma chambers:
ihre Liquidustemperatur überhitzt. Sie werden daher The example of Kilauea Iki Lava. Lithos 111:37–46
Wilson M (1989) Igneous petrogenesis. Harper Collins, London
nicht sehr große Nebengesteinsvolumina assimilieren
können. Selbstverständlich können nur diejenigen Zitierte Literatur
Fremdgesteine partiell aufgeschmolzen werden, deren
Liquidustemperatur unter der des intrudierenden Mag- Arzi AA (1978) Critical phenomena in the rheology of partially
mas liegt. Es gilt die Umkehrung des Bowen’schen molten rocks. Tectonophysics 44:173–184
Reaktionsprinzips (Abschn. 18.3, S. 299ff). Sehr wider- Baker BH, McBirney AR (1985) Liquid fractionation. Part III:
Geochemistry of zoned magmas and the compositional effects
standsfähig gegen Assimilation sind monomineralische of liquid fractionation. J Volcanol Geotherm Res 24:55–81
Gesteine wie Quarzit. Chapman DS (1986) Thermal gradients in the continental crust.
Trotz dieser Einschränkungen werden für die chemi- In: Dawson JB, Carswell DA, Hall J, Wedepohl KH (eds) The nature
schen Charakteristika von magmatischen Serien häufig of the lower continental crust. Geol Soc Spec Publ 24:23–34,
Assimilationsvorgänge in Kombination mit fraktionierter London
Eaton JP, Murata KT (1960) How volcanoes grow. Science 132:925–938
Kristallisation verantwortlich gemacht. Solche AFC-
Hibbard MJ (1981) The magma mixing origin of mantled feldspar.
Prozesse (AFC = Assimilation + Fractional Crystallisation) Contrib Mineral Petrol 76:158–170
lassen sich oft gar nicht petrographisch nachweisen, son- Larsen ES, Irving J, Gonjer FA, Larsen ES 3rd (1938) Petrologic results
dern nur indirekt aus der Geochemie erschließen. So kön- of a study of the minerals from the Tertiary volcanic rocks of the
nen z. B. Rb-Sr- und Sm-Nd-Isotopenanalysen darauf hin- San Juan region, Colorado. 7. The plagioclase feldspars. Am Mi-
neral 23:227–257
weisen, dass eine basaltische Schmelze aus dem Erdmantel
Le Bas MH (1977) Carbonate-nephelinite volcanism: An African
eine „krustale Komponente“ aufgenommen hat, was nur case history. Wiley, New York
durch Assimilation von Krustengesteinen möglich ist. Ein Lee WJ, Wyllie PJ (1997) Liquid immiscibility between nephelinite
klassisches und gut untersuchtes Beispiel für die Wirksam- and carbonatite from 1.0 to 2.5 GPa compared with mantle melt
keit von AFC-Prozessen auf die Magmenentwicklung ist der compositions. Contrib Mineral Petrol 127:1–16
Somma-Vesuv-Vulkankomplex. Die Ergebnisse von geoche- Macdonald GA, Katsura T (1964) Chemical composition of Hawaiian
lavas. J Petrol 5:82–133
mischen und isotopengeochemischen Analysen von Piochi Macdonald R, Kjarsgaard BA, Skilling IP, et al. (1993) Liquid
et al. (2006) machen wahrscheinlich, dass die Assimilation immiscibility between trachyte and carbonate in ash flow tuffs
von Karbonatgesteinen eine wichtige Rolle bei der Bildung from Kenya. Contrib Mineral Petrol 114:276–287
der stark unterkieselten, kalireichen Magmen gespielt hat, Murata KJ, Richter DH (1966) The settling of olivine in Kilauea mag-
wie das bereits von Rittmann (1933) vermutet worden war. ma as shown by lavas of the 1959 eruption. Am J Sci 264:34–57
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18
Experimentelle Modellsysteme
18.1 Zum Verständnis der Regeln, die bei der Kristallisation von Mineralen (Mineral-
Die Gibbs’sche paragenesen und Gesteinen) aus Silikatschmelzen herrschen, haben experimen-
Phasenregel telle Untersuchungen in Hochtemperatur-Öfen unschätzbare Beiträge geliefert.
Solche Experimente wurden seit Beginn des 20. Jahrhunderts im Geophysical
18.2 Laboratory der Carnegie Institution in Washington, D.C. (USA), später auch an an-
Experimente deren Instituten durchgeführt, und zwar zunächst an sehr einfachen Silikat-
in Zweistoff- und systemen unter trockenen Bedingungen und bei 1 bar Druck. Später erfolgten
Dreistoffsystemen solche Untersuchungen an zunehmend komplizierteren Systemen oder natürli-
chen Gesteinen (s. Abschn. 16.3.2, S. 267f ) und bei viel höheren Drücken unter
18.3 Anwesenheit leichtflüchtiger Komponenten, besonders H2O. Für solche Hydro-
Das Reaktionsprinzip thermal-Experimente sind Hochdruck-Autoklaven unterschiedlicher Bauart,
von Bowen insbesondere innenbeheizte Bomben, erforderlich. Damit können auch die kom-
plexeren, (OH)-haltigen gesteinsbildenden Minerale erfasst und dadurch die ex-
18.4 perimentellen Bedingungen den natürlichen Verhältnissen schrittweise ange-
Das Basalt-Tetraeder von nähert werden. Selbstverständlich sind die experimentell gewonnenen petro-
Yoder und Tilley (1962) logischen Modelle im Einzelfall nur mit kritischen Einschränkungen anwendbar,
wobei wir grundsätzlich zwischen zwei Grenzfällen unterscheiden müssen, der
18.5 Gleichgewichtskristallisation und der fraktionierten Kristallisation. Die Kristalli-
Gleichgewichts-Schmelzen sation eines Magmas in der Natur ist ein sehr komplexer Prozess, der noch dazu
und fraktioniertes in viel größeren zeitlichen und räumlichen Dimensionen abläuft als im Experi-
Schmelzen ment. Trotzdem konnten durch die experimentelle Petrologie Erkenntnisse von
prinzipieller Bedeutung für das Verständnis der Bildung und Differentiation von
Magmen gewonnen werden.
18.1 18.1
Die Gibbs’sche Phasenregel
Wir definieren als Phasen (Ph) eines heterogenen Abb. 18.1. Einstoffsystem H2O (s. Text)
Mehrstoffsystems alle Teile dieses Systems, die sich
physikalisch unterscheiden lassen, z. B. unter dem Mi- C = 1. Es treten insgesamt drei Phasen auf, nämlich Eis I,
kroskop, dem Elektronenmikroskop, durch Röntgen- flüssiges Wasser und Wasserdampf. Diese stehen am
beugung, durch ihre Dichte und ihre magnetischen Punkt I, einem sog. Tripelpunkt, miteinander im Gleich-
Eigenschaften. Phasen können sein: unterschiedliche gewicht, d. h. es gilt Ph = 3. Somit ist die Zahl der Frei-
Kristallarten, Schmelze oder auch mehrere, nicht mit- heitsgrade F = 1 – 3 + 2 = 0: man kann also weder P
einander mischbare Schmelzen sowie ein fluide oder noch T verändern, ohne das Gleichgewicht des Systems,
eine Gasphase. d. h. die Koexistenz von Eis I, Wasser und Wasserdampf
aufzuheben: Der Tripelpunkt I ist ein invarianter Punkt.
Als Komponenten (C) eines Systems bezeichnen wir An der Schmelzkurve A–I koexistieren Eis I und flüssi-
die geringste Zahl der unabhängigen chemischen ges Wasser; es gilt F = 1 – 2 + 2 = 1. Das bedeutet, die Zahl
Bestandteile, die notwendig sind, um die am System der Freiheitsgrade ist gleich 1; es kann entweder P oder T
beteiligten Phasen aufzubauen. frei verändert werden, ohne das Gleichgewicht, nämlich die
Koexistenz von Eis I und Wasser, zu verändern. Man kann
Die Zahl der Komponenten ist in den meisten Fällen entweder P oder T frei wählen, während jeweils der andere
nicht gleich der Zahl der vorhandenen chemischen Ele- Parameter dadurch festgelegt ist: Kurve I–A ist eine uni-
mente, sondern meist kleiner als diese, weil die Element- variante Gleichgewichtskurve. Die gleiche Aussage gilt für
verhältnisse häufig durch die Stöchiometrie festgelegt die Sublimationskurve I–B und die Siedekurve I–C, an de-
werden, z. B. SiO2 anstelle von Si und O oder NaAlSi3O8 nen Wasserdampf mit Eis I bzw. mit Wasser koexistiert. Die
anstelle von Na2O, Al2O3 und SiO2 bzw. Na, Al, Si, O. Eine Siedekurve endet am kritischen Punkt C bei PC = 218 bar
wichtige Ausnahme sind Mehrstoffsysteme mit ged. Me- und TC = 371 °C, an dem Wasser und Wasserdampf aufhö-
tallen, z. B. den Platinmetallen; denn die Metall-Legie- ren, eigene Phasen zu sein, und bei dem Wasserdampf nicht
rungen sind nicht stöchiometrisch zusammengesetzt. mehr durch Druckerhöhung verflüssigt werden kann; man
spricht jetzt von einer fluiden Phase.
Die Freiheitsgrade (F) eines Systems sind gegeben durch Ausgehend vom Stabilitätsfeld von Eis I kreuzt man
die Zahl der Zustandsvariablen, die den Zustand eines bei isobarer Temperaturerhöhung (z. B. bei Atmosphä-
Systems verändern können. Hier sind in erster Linie rendruck PA = 1 bar) nacheinander bei Tm die Schmelz-
Druck (P), Temperatur (T) und Konzentrationsvariable kurve und bei Tb die Siedekurve und kommt so in die
(X) zu nennen, während elektrische, magnetische, Ka- Stabilitätsfelder von Wasser und Wasserdampf. In die-
pillar- oder Gravitationskräfte sowie die Oberflächen- sen 3 Feldern ist jeweils nur 1 Phase stabil; es gilt somit
spannung im Allgemeinen außer Acht gelassen werden. F = 1 – 1 + 2 = 2, d. h. man kann jetzt P und T frei wäh-
len ohne das System zu verändern, es sei denn man stößt
Es gilt die Phasenregel, die 1874 von dem amerikani- an eine univariante Gleichgewichtskurve. Die Stabilitäts-
schen Physikochemiker Josiah Willard Gibbs (1839–1903) felder dieser drei Phasen sind also divariant.
entwickelt wurde, In diesem Zusammenhang sei auf das anomale Verhalten von Wasser
hingewiesen: Beim H2O hat die Schmelzkurve A-I eine negative Stei-
F = C – Ph + 2 [18.1] gung, d. h. mit Druckerhöhung erniedrigt sich die Schmelztemperatur,
wie man beim Schlittschuh- oder Skilaufen praktisch ausprobieren
kann. Bei gleichen P-T-Bedingungen hat Eis I eine geringere Dichte
die wir anhand eines P-T-Diagramms für das Einstoff-
als flüssiges Wasser, so dass Eisberge auf dem Wasser schwimmen
system H2O erläutern wollen (Abb. 18.1). Hier ist die Zahl können. Wasser dehnt sich beim Gefrieren aus; es kommt in der Na-
der unabhängigen Komponenten, in diesem Fall H2O, tur zur Frostsprengung von Gesteinen (Abschn. 23.1, S. 344).
18.2 · Experimente in Zweistoff- und Dreistoffsystemen 283
18.2 Bei einem Druck von P = 1 bar ist der Schmelzpunkt 18.2
Experimente in Zweistoff- und Dreistoffsystemen von Diopsid 1 391 °C, der von Anorthit 1 553 °C. Durch
Zumischung der jeweils anderen Komponente werden die
Wie wir am Beispiel der SiO2-Minerale (Abb. 11.43, S. 180) Schmelz- bzw. Kristallisationspunkte erniedrigt, und
gezeigt haben, lassen sich in einem Einkomponenten- zwar bei kleinen Beimengungen proportional zu den
System die Stabilitätsfelder der einzelnen Phasen, die uni- zugesetzten Molen (Raoult-Van t’Hoff ’sches Gesetz). Es
varianten Gleichgewichtskurven und die invarianten entstehen zwei leicht gekrümmte Liquiduskurven, die
Punkte in einem P-T-Diagramm darstellen. In einem sich bei einer niedrigst schmelzenden Zusammensetzung
Zweikomponenten-System (Zweistoffsystem) ist das mit einem Mengenverhältnis von 58 Gew.-% Di und 42
nicht mehr möglich, weil jetzt drei Veränderliche vorlie- Gew.-% An treffen, dem eutektischen Punkt E bei 1 274 °C
gen, nämlich Druck, Temperatur und die Konzentrati- (grch. ευ = gut, τηκτóς = geschmolzen). An ihm koexis-
on X der beiden Komponenten: Es kommt also noch eine tieren Kristalle von Diopsid und Anorthit mit einer
Konzentrationsvariable hinzu. Eine Darstellung wäre Schmelze eutektischer Zusammensetzung: Es handelt sich
daher nur in einem räumlichen Diagramm möglich, es sei um einen isobar invarianten Punkt.
denn, man hält eine Veränderliche, z.B. den Druck kon- Demgegenüber treten an den beiden Liquiduskurven
stant: Man erhält ein isobares T-X-Diagramm. Die Kennt- Anorthit oder Diopsid jeweils im Gleichgewicht mit
nis einfacher binärer Silikatsysteme ist eine wichtige Vor- Schmelzen unterschiedlicher Zusammensetzung auf; die
aussetzung, um komplexere Drei- oder Mehrkomponen- Liquiduskurven sind also univariant, d. h. man kann –
ten-Systeme zu verstehen, in denen man z. B. das Kristal- bei konstantem Druck – entweder nur die Temperatur
lisationsverhalten von Basalt-Magmen modellieren kann. oder nur die Zusammensetzung der Schmelze variieren,
ohne das Gleichgewicht des Systems zu stören. Das Ein-
phasenfeld der Schmelze oberhalb der beiden Liquidus-
18.2.1 kurven ist divariant. Unterhalb der waagerechten Sol-
Experimente zur Kristallisationsabfolge iduskurve koexistieren Kristalle von reinem Diopsid und
basaltischer Magmen reinem Anorthit miteinander.
Aus dem Diagramm lässt sich entnehmen, dass die
Zweistoffsystem Diopsid–Anorthit Ausscheidungsfolge der beiden Kristallarten nicht von
der Höhe ihrer Schmelzpunkte abhängt, sondern ganz
Das System Diopsid–Anorthit, das von Bowen (1915, 1928) wesentlich von der Ausgangszusammensetzung der
experimentell bearbeitet wurde, kann in erster Annähe- Schmelze, d. h. von derem normativen Di/An-Verhältnis.
rung bereits als Modell für die Kristallisation basaltischer Kühlen wir eine Schmelze mit der Ausgangszusammen-
Magmen aufgefasst werden. Es handelt sich um ein ein- setzung X (= Di85An15) ab, so erreichen wir bei einer Tem-
faches eutektisches System, d. h. die beiden Komponen- peratur von ca. 1 350 °C (Punkt X1) die Liquiduskurve
ten Di (CaMgSi2O6) und An (CaAl2Si2O8) bilden weder und Diopsid kristallisiert. Bei weiterer Temperatur-
Mischkristalle noch Verbindungen miteinander (Abb. 18.2). erniedrigung längs X1E scheidet sich nun Diopsid im
Gleichgewicht mit der Schmelze aus, wobei seine Menge
kontinuierlich zunimmt. Das führt zu einer relativen
Anreicherung der An-Komponente in der Schmelze. So-
bald bei TE = 1 274 °C der eutektische Punkt E erreicht ist,
kristallisieren bei konstanter Temperatur Diopsid und
Anorthit im Mengenverhältnis 58 : 42 gleichzeitig aus, bis
die Schmelze aufgebraucht ist. Der Gesamtmodalbestand
dieses basaltischen Gesteins entspricht selbstverständlich
der Ausgangszusammensetzung der Schmelze Di85An15.
Das einfache Zweistoffsystem Di-An hilft uns also zu ver-
stehen, wie ein Basalt mit Einsprenglingen von Klinopy-
roxen in einer kristallinen Grundmasse aus Klinopyro-
xen und Plagioklas entstanden sein kann.
Wählen wir eine 2. Ausgangszusammensetzung der
Schmelze Y (Di40An60), so kristallisiert bei Temperatur-
erniedrigung auf ca. 1 380 °C (Y1) zuerst reiner Anorthit
im Gleichgewicht mit der Schmelze aus. Durch konti-
Abb. 18.2. Das binäre eutektische System Diopsid (CaMgSi2O6)–
nuierliche Zunahme von Anorthit entlang Y1E wird das
Anorthit (CaAl2Si2O8) bei P = 1 bar (nach Bowen 1915, 1928) und Di/An-Verhältnis der Schmelze immer größer, bis bei
das System Di–An–H2O bei PH2O = 10 kbar (nach Yoder 1965) 1 274 °C der eutektische Punkt E erreicht ist und jetzt
284 18 · Experimentelle Modellsysteme
Diopsid- und Anorthit gemeinsam kristallisieren. Auf zugeführt; sie ist daher ebenfalls positiv. Daraus ergibt sich,
diese Weise lässt sich die Bildung eines Basalts mit Ein- dass dT / dP stets ein positives Vorzeichen haben muss: die
sprenglingen von Plagioklas in einer kristallinen Grund- Schmelztemperatur nimmt mit dem Druck zu.
masse aus Klinopyroxen und Plagioklas im eutektischen
Durch diesen experimentellen Befund lässt sich das Auftreten von
Mengenverhältnis erkären.
zwei unterschiedlichen Einsprenglingsgenerationen, wie sie oft in
Vulkaniten beobachtet werden, erklären (Abb. 18.3): Eine Schmel-
Wir halten fest: Es scheidet sich zuerst diejenige ze z. B. der Zusammensetzung Di55An45 kühlt sich in einer Mag-
Kristallart aus, die in der Schmelze als Komponente menkammer unter hohem Druck ab (1 → 2), wodurch sich Ein-
im Überschuss relativ zur eutektischen Zusammen- sprenglinge von Diopsid ausscheiden (Punkt 2). Bei raschem Auf-
stieg in eine oberflächennahe Magmenkammer sinkt der Druck,
setzung vorhanden ist.
während die Temperatur sich zunächst kaum erniedrigt. Dadurch
wird entlang der Linie 2 → 2' die Liquidusfläche durchstoßen; die
Bei Erhöhung des Gesamtdrucks im wasserfreien ausgeschiedenen Diopsid-Kristalle stehen jetzt im Ungleichgewicht
System steigen die Schmelztemperaturen von Diopsid mit der Schmelze und werden teilweise resorbiert. Punkt 2' befin-
um ca. 12 °C/ kbar (Boettcher et al. 1982), die von Anor- det sich rechts vom Eutektium, d. h. bei weiterer Abkühlung auf 3'
thit dagegen nur um ca. 2 °C/ kbar an (Goldsmith 1980); scheiden sich nunmehr Einsprenglinge von Anorthit aus. Auch ein
vollständig kristallines Gestein kann bei Druckentlastung, z. B.
auch die eutektische Temperatur erhöht sich entspre- entlang der Linie 3 → 3' wieder aufschmelzen.
chend und die Lage des Eutektikums verschiebt sich et-
was in Richtung der An-Komponente, wie das aus dem Anders liegen die Verhältnisse bei erhöhtem Wasser-
Blockdiagramm (Abb. 18.3) zu entnehmen ist. Es gilt die dampfdruck im System Diopsid–Anorthit–H2O. Im Ge-
Clausius-Clapeyron’sche Gleichung für die Schmelz- gensatz zum wasserfreien System kann jetzt bei der Kris-
punkterhöhung mit dem Druck: tallisation der Schmelze zusätzlich eine Gasphase mit
einem Molvolumen Vg auftreten. In diesem Falle wäre
Vl < (Vs + Vg) und die Clausius-Clapeyron’sche Glei-
[18.2a]
chung erhielte folgende Form:
Dabei ist:
[18.2b]
Vs = Molvolumen der festen Phase
Vl = Molvolumen der Schmelze
LP = molare Schmelzwärme (bei konstantem Hier werden der Zähler und somit auch dT / dP nega-
Druck) tiv: Mit Erhöhung des Wasserdampfdrucks erniedrigen
Lp / T = ΔS = Entropiedifferenz des Schmelzvor- sich daher die Schmelzpunkte von Diopsid und Anor-
gangs thit und die eutektische Temperatur. Bei PH2O = 5 kbar
ist TE ca. 1 100 °C, bei 10 kbar ca. 1 020 °C (Abb. 18.2). Da
Mit Ausnahme von Wasser (s. oben) gilt stets Vl > Vs, was der Schmelzpunkt von Anorthit viel stärker sinkt als der
bedeutet, dass der Zähler in der Gleichung positiv ist. Die von Diopsid, verschiebt sich das Eutektium stark nach
Schmelzwärme wird verbraucht, d. h. sie wird dem System der Anorthit-Seite hin (Yoder 1965).
Zweistoffsystem Albit–Anorthit
Abb. 18.5.
Plagioklas-Einsprengling (längs-
ter Durchmesser ca. 2 mm) mit
alternierendem Zonarbau in der
Dacit-Lava von 1915, Lassen
Peak, Kalifornien. +Nic. (Mikro-
foto M. Okrusch)
Dreistoffsystem Diopsid–Anorthit–Albit
kristallisieren Diopsid und Plagioklas-Mischkristall ge- die fraktionierte Kristallisation mehr Möglichkeiten als
meinsam aus der Schmelze. Da jetzt drei Phasen mitein- in Zweistoffsystemen.
ander im Gleichgewicht stehen, handelt es sich um eine
univariante Kurve. Kushiro (1973) analysierte die Zusammensetzung koexistierender
Schmelzen und Plagioklas-Mischkristalle, die er im Dreistoffsystem
Invariante Punkte existieren im Dreistoffsystem Di–An–Ab nur in Di–An–Ab experimentell hergestellt hatte, mit der Elektronenstrahl-
den flankierenden Zweistoffsystemen Di–An und Di–Ab: Es sind Mikrosonde. Daraus resultiert eine Plagioklas-„Zigarre“, die von der
die beiden eutektischen Punkte E1 und E2. Invariante Punkte kön- im reinen System Ab–An abweicht (Abb. 18.8b). Die „Soliduskurve“
nen in Dreistoffsystemen z. B. dann auftreten, wenn alle 3 Rand- in Abb. 18.8b – genauer: die Projektion der Solidusfläche auf die Ab-
systeme eutektisch sind. Dann entstehen 3 kotektische Linien, die An-T-Ebene – ergibt sich direkt aus diesen experimentellen Bestim-
sich in einem ternären Eutektikum ET treffen (s. Abb. 18.22, S. 303). mungen (+); die „Liquiduskurve“ stellt eine Projektion der kotekti-
An diesem Punkt koexistieren 3 kristalline Phasen mit einer schen Linie auf die An-Ab-T-Ebene dar. Somit lässt sich das An/Ab-
Schmelze definierter Zusammensetzung. Es folgt: F = 3 – 4 + 2 = 1; Verhältnis einer Schmelze, die mit einem bestimmten Plagioklas-
wird der Druck konstant gehalten, bleibt kein Freiheitsgrad Mischkristall (z. B. C') koexistiert, an der Liquiduskurve in Abb. 18.8b
mehr übrig. ablesen. Zieht man nun in Abb. 18.8a von dem entsprechenden
Punkt (LC) auf der Ab-An-Seite eine Gerade zur Di-Ecke, so schnei-
det diese Gerade die kotektische Linie E1–E2 in einem Punkt. Dieser
Um den Kristallisationsverlauf im Dreistoffsystem
gibt die ternäre Schmelzzusammensetzung C an, die mit dem
Di–An–Ab besser darstellen zu können, projizieren wir Plagioklas C' im Gleichgewicht steht. Anmerkung: Die von Kushiro
die beiden Liquidusflächen und die kotektische Linie auf (1973) ermittelten Temperaturen in Abb. 18.8b weichen etwas von
die Konzentrationsebene Ab–An–Di, wobei die Tempe- den Isothermen in Abb. 18.7 (nach Bowen 1915, 1928) ab.
raturen in Form von Isothermen dargestellt werden
(Abb. 18.6, 18.7). Man liest sie wie die Höhenlinien einer In einem ersten Beispiel gehen wir von einer Schmelz-
topographischen Karte; ihr Verlauf entspricht in unse- Zusammensetzung X aus (Abb. 18.7), deren Chemismus
rem Fall einem Tal zwischen zwei Bergen. Die in Abb. 18.7 50 % Ab50An50 und 50 % Di entspricht. Sie liegt also in-
eingezeichneten Konoden A–A', B–B', C–C' und D–D' nerhalb des Ausscheidungsfeldes von Diopsid. Kühlt man
verbinden Schmelz-Zusammensetzungen auf der kotek- eine solche Schmelze ab, so wird bei ca. 1 275 °C die
tischen Kurve mit den Plagioklas-Mischkristallen, mit Liquidusfläche erreicht und Diopsid beginnt zu kristal-
denen diese Schmelzen im Gleichgewicht stehen. Wich- lisieren. Bei weiterer Abkühlung ändert sich unter fort-
tig ist, dass jede Schmelze gegebener Zusammensetzung dauernder Ausscheidung von Diopsid die Zusammen-
auf der Liquidusfläche von Plagioklas einen einzigarti- setzung der Schmelze auf der Liquidusfläche entlang des
gen Kristallisationsverlauf hat. Dadurch ergeben sich für gestrichelt eingezeichneten geraden Kristallisationspfa-
Abb. 18.7.
Dreistoffsystem Diopsid–Albit–
Anorthit bei P = 1 bar. Projektion
der Liquidusfläche auf die Kon-
zentrationsebene. Die kotektische
Linie E1–E2 ist durch gekenn-
zeichnet. Eingetragen ist die
Kristallisationsbahn (farbig)
einer Schmelze der Zusammen-
setzung X mit darstellendem
Punkt im Diopsidfeld sowie die
Konoden zwischen Schmelz-
zusammensetzungen auf der
kotektischen Linie und koexis-
tierenden Plagioklas-Misch-
kristallen. (Nach Bowen 1928
und Kushiro 1973)
288 18 · Experimentelle Modellsysteme
Das Dreistoffsystem Diopsid–Anorthit–Albit erklärt 70 % SiO2 ab, so wird bei ca. 1 230 °C die Liquiduskurve er-
das Auftreten von Klinopyroxen- oder Plagioklas- reicht und es kristallisiert Tridymit. Bei weiterer Abkühlung
Einsprenglingen in einer feinkörnigen Grundmasse scheidet sich immer mehr Tridymit aus, bis bei 1 060 °C das
aus Klinopyroxen + Plagioklas in vielen Basalten Eutektikum E1 erreicht ist, an dem es zu gemeinsamer Kris-
zumindest qualitativ. Dabei sind allerdings die Ein- tallisation von Albit und Tridymit kommt. Es entsteht also
sprenglinge in einer tief liegenden Magmenkammer, ein „Alkalirhyolith“ mit Einsprenglingen von Tridymit; bei
d. h. bei erhöhtem Druck, gewachsen, während die weiterer Abkühlung kommt es theoretisch zur Umwand-
Grundmasse an oder nahe der Erdoberfläche aus der lung Tridymit → Hochquarz → Tiefquarz, doch kann we-
rasch abgekühlten Schmelze kristallisiert ist. Auch gen der trägen Reaktionskinetik Tridymit auch metastabil
das Vorkommen von mehreren Einsprenglingsgene- erhalten bleiben.
rationen lässt sich durch Variation des Drucks er- Befinden wir uns zwischen dem flachen Albit-Maxi-
klären, wie auf S. 284 gezeigt wurde. Einsprenglings- mum und dem Eutektikum E1, so hat die Schmelze eine
freie Basalte haben entweder eine Zusammensetzung alkalitrachytische Zusammensetzung, z. B. U mit 55 % SiO2.
entsprechend der kotektischen Linie oder sind bei Beim Abkühlen dieser Schmelze wird bei ca. 1 080 °C, d. h.
ihrer Förderung rasch abgekühlt. nur wenig unterhalb des Schmelzpunktes von Albit die
Anhand des Di-An-Ab-Systems könnte man auch Liquiduskurve erreicht, wo sich nun Albit ausscheidet. Mit
das ophitische Gefüge erklären, das für viele gröber weiterer Abkühlung nimmt seine Menge geringfügig zu;
körnige, doleritische Basalte typisch ist (Abb. 18.9): Es denn schon bei 1 060 °C wird das Euktikum E1 erreicht,
besteht aus einem sperrigen Gerüst von Plagioklas, der wo Albit und Tridymit gemeinsam kristallisieren. Es liegt
sich entlang der Liquidusfläche Ab–An–E1–E2 aus- jetzt ein „Alkalitrachyt“ mit Albit-Einsprenglingen vor.
geschieden hat; bei Erreichen der kotektischen Linie Eine analoge Kristallisationsabfolge mit Erstauscheidung
wird das Plagioklas-Gerüst von großen, xenomorphen von Albit-Einsprenglingen beobachten wir, wenn die
Klinopyroxenen überwachsen. Schmelzzusammensetzung zwischen Albit und dem Eu-
18.2.2
Experimente zur Bildung SiO2-übersättigter
und SiO2-untersättigter Magmen
Zweistoffsystem Nephelin–SiO2
Abb. 18.10.
Zweistoffsystem Nephelin NaAlSiO4–
SiO2 mit der stöchiometrischen Ver-
bindung Albit Na[AlSi3O8]. Erläute-
rung im Text. (Nach Greig u. Barth 1938)
tektikum E2 liegt, also die Zusammensetzung eines Ne- Eutektikum E2 erreicht wird, wo Nephelin (mit ca. 15 %
phelin-führenden Albittrachyts hat, z. B. V mit 40 % SiO2. SiO2-Überschuss) und Albit gemeinsam kristallisieren.
Das entstehende „Gestein“ ist ein Phonolith mit Ein-
Es ist bemerkenswert, dass Magmen, die knapp sprenglingen von Nephelin.
rechts oder links vom Albit-Maximum liegen, also
in ihrer Zusammensetzung sehr ähnlich sind, in ganz Zweistoffsystem Leucit–SiO2
unterschiedliche Richtung differenzieren müssen.
Wenn Albit aus einer leicht SiO 2 -übersättigten Analog zum System Nephelin–SiO2 existiert auch in die-
Schmelze gravitativ fraktioniert, führt das zu stär- sem System, das von Schairer u. Bowen (1947, 1955) ex-
kerem SiO2-Überschuss bis maximal E1; erfolgt da- perimentell bearbeitet wurde, eine stöchiometrische Ver-
gegen die Fraktionierung aus einer leicht SiO2-unter- bindung zwischen den Komponenten KAlSi2O6 (Lct) und
sättigten Schmelze, führt das zu stärkerem SiO2-Un- SiO2, nämlich Kalifeldspat K[AlSi3O8]. Man würde daher
terschuss bis minimal E2. Das flache Albit-Maximum wieder ein Maximum mit den beiden Teilsystemen Leu-
wirkt also als thermische Barriere für die Bildung cit–Kalifeldspat und Kalifeldspat–SiO2 erwarten. Das ist
SiO2-über- oder -untersättigter Magmenserien. jedoch nicht der Fall. Legt man einen reinen Albitkristall
in ein Platinschiffchen und erhitzt ihn im Muffelofen auf
>1 118 °C, so schmilzt er zu einer Albitschmelze glei-
Das gilt allerdings nicht mehr für sehr hohe Drücke (z. B. 16 kbar
bei 600 °C, 27 kbar bei 1 200 °C), weil dann Albit zu Jadeit cher Zusammensetzung. Führt man diesen Versuch je-
NaAl[Si2O6] + Quarz SiO2 zerfällt (Abb. 26.1, S. 420). Darüber hin- doch mit einem reinen Kalifeldspat-Kristall aus, so
aus treten auf der Nephelin-Seite zwei Komplikationen auf: 1. Ne- kommt es bei Erhitzen auf >1 150 °C zur Kristallisation
phelin kann bis zu 15 % zusätzliche SiO2-Komponente aufnehmen. von Leucit im Gleichgewicht mit einer SiO2-reicheren
2. Reiner Nephelin wandelt sich bei 1 254 °C in seine Hochtempera-
Schmelze: Kalifeldspat schmilzt inkongruent, Albit da-
tur-Modifikation Carnegieit um; bei SiO2-Sättigung des Nephelin
liegt diese Umwandlungstemperatur bei 1280 °C. Da es sich bei beiden gegen kongruent. Als Ergebnis wird das Maximum, das
Mineralen um Mischkristalle handelt, erfolgt die Umwandlung über wir beim Kalifeldspat erwartet hatten, durch das Feld
einen Temperatur-Bereich, in dem Si-reicherer Nephelin mit etwas Leucit + Schmelze abgeschnitten: man spricht von einem
Si-ärmerem Carnegieit koexistiert (die kleine „Zigarre“ in Abb. 18.10). verdeckten Maximum (Abb. 18.11).
Da Carnegieit nicht als Mineral in der Natur vorkommt, ist sein Auf- Kühlt man bei P = 1 bar eine Schmelze V mit 15 %
treten im System Nephelin–SiO2 nur von theoretischem Interesse.
SiO2 ab, so wird bei etwa 1 600 °C die Liquiduskurve er-
Kühlen wir eine Schmelze der Zusammensetzung Y reicht und es kristallisiert Leucit. Dieser scheidet sich bei
mit 25 % SiO2 ab, so wird bei etwa 1 200 °C die Liquidus- weiterer Abkühlung entlang der Liquiduskurve aus, wo-
kurve erreicht und es kristallisiert Nephelin mit etwa bei die Schmelze immer SiO2-reicher wird. Beim Reakti-
10 % SiO2-Überschuss. Bei weiterer Abkühlung scheidet onspunkt P = 1 150 °C liegt die Zusammensetzung der
sich immer mehr Nephelin aus, der durch Reaktion mit Schmelze schon weit jenseits der Kalifeldspat-Zusam-
der Schmelze SiO 2-reicher wird, bis bei 1 068 °C das mensetzung. Jetzt kommt es zur peritektischen Reaktion
18.2 · Experimente in Zweistoff- und Dreistoffsystemen 291
Abb. 18.11.
Zweistoffsystem Leucit KAlSi2O6–
SiO2 mit der stöchiometri-
schen Verbindung Kalifeldspat
K[AlSi3O8] (nach Schairer u.
Bowen 1947). Rechts: Erklär-
ung der Hebelregel. Erläute-
rung im Text
(grch. πέρι = um herum, τηκτóς = geschmolzen), d. h. bei P entsprechend der peritektischen Reaktion in Kali-
Leucit reagiert mit der SiO2-übersättigten Schmelze un- feldspat umwandelt. Jetzt bleibt aber noch Schmelze üb-
ter Bildung von Kalifeldspat (Or). rig, aus der sich bei sinkender Temperatur Kalifeldspat
ausscheidet, bis bei 990 °C der eutektische Punkt erreicht
Die Zusammensetzung der Schmelze ergibt sich nach der Hebel- ist. Hier kristallisieren Kalifeldspat und Tridymit gemein-
regel Kraft × Kraftarm = Last × Lastarm aus dem reziproken Ab-
stands-Verhältnis Or–P : P–SiO2 zu 74 Gew.-% Or und 26 Gew.-
sam im eutektischen Mengenverhältnis von 58,5 : 41,5
% SiO2 (Abb. 18.11). Um daraus das Molverhältnis von Or und SiO2 (Gew.-%). Das entstehende „Gestein“, ein Alkalifeldspat-
in der Schmelze zu berechnen, teilen wir die Gewichtsprozente der Rhyolith enthält Kalifeldspat-Einsprenglinge in einer
beiden Komponenten durch ihre jeweiligen Molekulargewichte. Das Grundmasse aus Kalifeldspat + Tridymit. In SiO2-reiche-
ergibt für Or 74 : 278,34 = 0,27, für SiO2 26 : 60,085 = 0,43. Ganzzahlig ren Schmelzzusammensetzungen, z. B. Y mit 50 % SiO2
gemacht errechnet sich also für Schmelze P folgendes Molverhältnis
kommt das inkongruente Schmelzen von Kalifeldspat nicht
Or : SiO2 = 3 : 5. Dieses gilt für einen Druck von 1 bar; mit Druck-
erhöhung würde es sich verändern. mehr zum Tragen. Jetzt scheidet sich sofort Kalifeldspat aus,
zu dem am eutektischen Punkt Tridymit hinzutritt. Die
Am peritektischen Punkt (Reaktionspunkt) P läuft die Kristallisation der Schmelze Z mit 70 % SiO2 erfolgt ganz
Reaktion analog zum System Nephelin–SiO2 (Abb. 18.10, Schmelze X).
5K[AlSi2O6] + 3KAlSi3O8 · 5SiO2 = 8K[AlSi3O8] Das inkongruente Schmelzen von Kalifeldspat ist
Leucit + Schmelze = Kalifeldspat petrogenetisch sehr wichtig. Bei gravitativer Frakti-
(18.1) onierung von Leucit aus den Schmelzen V, W oder X
oder bei unvollständiger Umwandlung Leucit → Kali-
bei konstanter Temperatur so lange ab, bis alle Schmelze feldspat verschiebt sich die Zusammensetzung in
der Zusammensetzung 3Or + 5SiO2 verbraucht ist. P ist Richtung SiO2, also auf das Eutektikum zu. Daher
also ein isobar-isotherm invarianter Punkt. Da die Aus- können sich SiO2-untersättigte, Leucit-normative
gangsschmelze V zwischen der Leucit- und der Kalifeld- Schmelzen, wie z. B. V, zu SiO2-übersättigten Schmel-
spat-Zusammensetzung liegt, bleibt nach Ablauf der Re- zen entwickeln (aber nicht umgekehrt!), was im
aktion noch Leucit übrig; damit ist die gesamte Schmelze System Nephelin–SiO2 unmöglich ist. Während das
zu einem Gemenge aus Leucit und Kalifeldspat kristalli- offene Maximum in diesem System eine thermische
siert, entsprechend einem Leucitphonolith. Kühlt man eine Barriere darstellt, ist das bei einem verdeckten Ma-
Schmelze W ab, die genau die Kalifeldspat-Zusammen- ximum nicht der Fall.
setzung hat, so wird bei ca. 1 530 °C die Liquiduskurve er-
reicht und es scheidet sich wiederum Leucit aus, bis beim Im wasserfreien System bleibt das inkongruente Schmelzen von
peritektischen Punkt P die obige Reaktion einsetzt. Jetzt Kalifeldspat erhalten, bis bei ca. 19 kbar und 1 445 °C der Tripel-
wird – Gleichgewichtseinstellung voraus gesetzt – aller punkt Kalifeldspat-Leucit-Schmelze erreicht ist und das Leucitfeld
Leucit in Kalifeldspat umgewandelt, wobei die gesamte im P-T-Diagramm verschwindet (Lindsley 1966). Demgegenüber
konnte schon Goranson (1938) zeigen, dass im System Leucit–SiO2–
Schmelze verbraucht wird. Das entstehende „Gestein“
H2O Kalifeldspat schon ab PH2O = 2,6 kbar kongruent schmilzt,
entspricht einem Alkalifeldspat-Trachyt. Auch aus der demnach also als thermische Barriere wirkt. Dieses Beispiel zeigt
Schmelze X, die mit 30 % SiO2 bereits SiO2-übersättigt ist, wieder eindrucksvoll, welche wichtige Rolle das Wasser für die
kristallisiert bei ca. 1 430 °C zunächst Leucit aus, der sich magmatische Entwicklung spielt.
292 18 · Experimentelle Modellsysteme
Abb. 18.12.
Das (pseudo-)binäre System
Albit NaAlSi3O8–Kalifeldspat
KAlSi3O8 mit Mischkristallbil-
dung und Mischungslücke bei
Drücken von P = 1 bar, PH2O
= 2 kbar und PH2O = 5 kbar.
L = Schmelze, V = H2O-Dampf
(vapour). Erläuterungen im Text.
(Bowen u. Tuttle 1950; Morse 1970)
Zweistoffsystem Albit–Kalifeldspat Die Kurven, die dieses Feld begrenzen, sind univariant; denn man
kann entweder die Temperatur oder die Zusammensetzung von
Schmelze oder von Alkalifeldspat frei wählen. Nach der Phasen-
Bekanntlich zeigen die Alkalifeldspäte bei hohen Tempera-
regel F = C – Ph + 2 = 2 – 3 + 2 = 1 bleibt jedoch kein Freiheitsgrad
turen eine lückenlose Mischkristallbildung zwischen den mehr übrig, wenn man den Druck konstant hält. Deshalb ist das
Endgliedern Albit Na[AlSi3O8] (Ab) und Kalifeldspat System bei P = 1 und PH2O < 2,6 bar kein echtes Zweistoffsystem,
K[AlSi3O8] (Or), während es bei Abkühlung zur Entmi- sondern stellt einen pseudobinären Schnitt durch das Dreistoff-
schung von Albit in Kalifeldspat (Perthit) bzw. von Kalifeld- system Ne–Lct–SiO2 dar (Abb. 18.13).
spat in Albit (Antiperthit) kommt (Abb. 11.53, 11.54, S. 192f).
Wir lernen hier einen neuen Typ von Zweistoffsystem Bei PH2O = 2 kbar sind entsprechend der Clausius-
kennen, der durch ein Schmelzminimum und eine Clapeyron’schen Gleichung
Mischungslücke (Solvus) gekennzeichnet ist. Experimen-
telle Untersuchungen im System Ab–Or bei P = 1 bar und
[18.2b]
Ab–Or–H2O bei unterschiedlichen H2O-Drücken (Bowen
und Tuttle 1950; Morse 1970) haben gezeigt, dass sich mit
steigendem H2O-Druck das Feld der lückenlosen Misch- die Liquidus- und Soliduskurven und das Schmelz-
kristallreihe der Alkalifeldspäte (Akfss) immer mehr ver- minimum zu erheblich niedrigeren Temperaturen hin
kleinert und schließlich ganz verschwindet (Abb. 18.12). verschoben. Das Feld der primären Leucit-Ausscheidung
Wie wir gesehen haben, schmilzt Albit durchweg kon- ist fast ganz verschwunden; dadurch werden die Verhält-
gruent, d. h. er geht bei einer vom Druck abhängigen Tem- nisse sehr viel einfacher (Abb. 18.12b). Kühlen wir unter
peratur in eine gleich zusammengesetzte Schmelze über Gleichgewichtsbedingungen eine Ausgangsschmelze X
(Abb. 18.10). Demgegenüber schmilzt Kalifeldspat bei der Zusammensetzung Or80Ab20 ab, so wird bei ca. 940 °C
H2O-Drücken unterhalb 2,6 kbar inkongruent zu Leucit die Liquiduskurve erreicht und es scheidet sich nahezu
und einer gegenüber der Kalifeldspat-Zusammensetzung reiner Or aus. Bei weiterer Abkühlung reagiert dieser
SiO2-reicheren Schmelze (Abb. 18.11). Diese Tatsache Akfss mit der Schmelze; beide werden Ab-reicher, bis
kommt natürlich auch im System Ab-Or zum Tragen. So Orss bei ca. 830 °C die Zusammensetzung der Ausgangs-
existiert bei P = 1 bar ein ausgedehntes Feld zwischen schmelze, also Or80Ab20 erreicht und der letzte Schmelz-
Or100Ab0 und Or50Ab50 (jeweils Gew.-%), in dem Leucit tropfen die Zusammensetzung Or45Ab55 hat. Bei weiterer
(Lct) die Liquidusphase bildet. Erst im Bereich zwischen Abkühlung im Subsolidus-Bereich bleibt der Akf-Misch-
Or50Ab50 und dem Schmelzminimum bei Or36Ab64 und kristall Or80Ab20 erhalten; denn erst bei Temperaturen
1 063 °C tritt ein Or-haltiger Akf-Mischkristall (Orss) als <500 °C wird die Flanke des Solvus erreicht.
Liquidusphase auf, links des Minimums scheidet sich ein Anders liegen die Verhältnisse, wenn wir eine Ab-rei-
Ab-reicher Akfss (Abss) aus der Schmelze (L) aus. Zwischen chere Ausgangsschmelze, z. B. Y (Ab45Or55) abkühlen. Bei
den Feldern Lct + L und Orss + L schaltet sich ein Feld etwa 860 °C kristallisiert an der Liquiduskurve ein Orss
ein, in dem wegen der peritektischen Reaktion Leucit mit Or88Ab12 aus, der bei weiterer Abkühlung durch Re-
+ SiO2-reiche Schmelze = Kalifeldspatss alle drei Phasen aktion mit der Schmelze Ab-reicher wird. Die Kristallisati-
miteinander koexistieren (Abb. 18.12a). on ist beendet, wenn Orss die Zusammensetzung der Aus-
18.2 · Experimente in Zweistoff- und Dreistoffsystemen 293
gangsschmelze Y (Ab45Or55) erreicht hat: Die letzte Schmelz- Abss (Or8Ab92) mit 46 % Orss (Or78Ab22), vorausgesetzt
zusammensetzung von etwa Or32Ab68 entspricht nahezu das Gleichgewicht hat sich eingestellt. Für die Kristalli-
dem Schmelzminimum bei etwa 770 °C. Wichtig ist, dass sation von Ausgangsschmelzen, deren Zusammensetzung
bei fraktionierter Kristallisation von Orss zwar Albit-reiche, links vom Eutektikum liegen, z. B. Z (Or15Ab85), gelten
aber keine reine Albitschmelze entstehen kann; denn die analoge Kristallisationspfade.
Kristallisationsabfolge muss immer am Schmelzminimum
Der in Abb. 18.12c dargestellte Systemtyp stellt einen allgemeine-
enden. Analoge Verhältnisse ergeben sich, wenn wir eine
ren Fall dar, aus dem sich 1. das System mit lückenloser Misch-
Albit-reiche Schmelze Z (Or10Ab90) entweder unter Gleich- kristallbildung wie Albit–Anorthit (Abb. 18.4) und 2. das einfache
gewichtsbedingungen oder fraktioniert kristallisieren eutektische System wie Diopsid–Anorthit (Abb. 18.2) als Spezial-
lassen. Kühlen wir im Subsolidus-Bereich den Akfss der fälle ableiten lassen: Im Fall 1 wird die eine Liquidus-Solidus-„Zi-
Zusammensetzung Y Ab45Or55weiter ab, so erreicht man garre“ immer größer, bis die kleinere „Zigarre“ und der Solvus ganz
bei etwa 660 °C den Solvus und es kommt zur perthiti- verschwinden. Im Fall 2 wandern die gekrümmten Anteile der Soli-
duskurven und die Flanken des Solvus immer mehr nach außen,
schen Entmischung von Abss. Bei weiterer Temperatur- bis sie mit den Ordinaten zusammenfallen; d. h. es findet überhaupt
erniedrigung wird – Gleichgewichtseinstellung voraus- keine Mischkristallbildung mehr statt.
gesetzt – der Orss-Wirt immer Or-reicher, der entmischte
Abss immer Ab-reicher (s. auch Abb. 11.54, S. 193). Aus den experimentellen Ergebnissen lassen sich für
Das Mengenverhältnis der koexistierenden Akf-Pha- die Natur wichtige Befunde ableiten:
sen lässt sich über die Hebelregel berechnen: Bei 600 °C
ist das Verhältnis der Strecken aY : Yb = 80 : 20; es koe- 1. In vulkanischen Gesteinen hat Leucit einen wei-
xistiert also 80 % Orss der Zusammensetzung Or69Ab31 ten Bildungsbereich; bei rascher Abkühlung kann
mit 20 % Abss (Or20Ab80). die peritektische Reaktion ausbleiben und Leucit
Wie der Vergleich zwischen Abb. 18.11a und 18.11b metastabil erhalten bleiben.
zeigt, wird das Feld, in dem ein einheitlicher Alkalifeld- 2. Homogene Mischkristalle von Alkalifeldspat sind
spat-Mischkristall existieren kann, mit zunehmendem in vulkanischen Gesteinen verbreiteter als in ih-
H2O-Druck immer kleiner, weil die Soliduskurven ab- ren Plutonit-Äquivalenten.
sinken und der Solvus ansteigt. 3. Granite und Syenite, die nur einen – entweder
Bei PH2O = 5 kbar ist es zum Schnitt von Soliduskurve homogenen oder perthitisch entmischten – Al-
und Solvus gekommen und es gibt keine lückenlose kalifeldspat enthalten, sind bei relativ hohen Tem-
Mischkristallreihe Ab-Or mehr; aus dem Schmelz- peraturen und niedrigen H2O-Drücken kristalli-
minimum ist ein Eutektikum geworden (Abb. 18.12c). siert. Sie werden als Hypersolvus-Granite bzw. -
Kühlen wir unter Gleichgewichtsbedingungen eine Syenite bezeichnet (Tuttle und Bowen 1958).
Schmelze X der Zusammensetzung Or80Ab20 ab, so wird 4. Subsolvus-Granite und -Syenite, die primär Ab-
bei ca. 850 °C die Liquiduskurve erreicht und es schei- reichen Plagioklas neben Alkalifeldspat enthal-
det sich fast reiner Orss aus. Dieser wird bei weiterer ten, wurden bei erhöhten H2O-Drücken gebildet.
Abkühlung durch Reaktion mit der Schmelze immer Ab-
reicher, bis der Orss bei 725 °C die Zusammensetzung der
Ausgangsschmelze X erreicht hat. Der letzte Schmelztropfen Dreistoffsystem Nephelin–Kalsilit–SiO2
besitzt mit ca. Or32Ab68 noch nicht ganz die eutektische
Zusammensetzung von ca. Or28Ab72. Diese könnte nur Dieses System, das bei P = 1 bar von Bowen (1937) und
erreicht werden, wenn die Ausgangsschmelze X unter Schairer (1950) experimentell bearbeitet wurde, ist für
Abtrennung von Orss fraktioniert kristallisiert. Kühlt das Differentiationsverhalten von hellen Magmentypen
man den Mischkristall Or80Ab20 im Subsolidus-Bereich von großem Interesse (Abb. 18.13). Die Verbindungsli-
weiter ab, so wird bei ca. 585 °C der Solvus erreicht und nie Ab–Or teilt das System
die perthitische Entmischung von Abss beginnt (s. oben).
Aus einer Ab-reicheren Schmelze Y (Or40Ab60) würde bei in einen SiO 2-übersättigten Teil SiO2–Ab–Or, das
ca. 755 °C der erste Or ss mit der Zusammensetzung Granitsystem, durch das man die Kristallisationsab-
Or88Ab12 auskristallisieren. Bei der eutektischen Tempe- folge von Rhyolithen, Graniten, Quarztrachyten und
ratur von 703 °C hätte er durch Reaktion mit der Schmel- Quarzsyeniten modellieren kann, und
ze – Gleichgewichtseinstellung vorausgesetzt – die Zu- einen SiO2-untersättigten Teil Ab–Or–Ks–Ne, der die
sammensetzung Or72Ab28 erreicht. Es ist daher noch Kristallisation von Phonolithen und Nephelinsyeni-
Schmelze der eutektischen Zusammensetzung Or35Ab65 ten beschreibt.
übrig, die jetzt zu einem Gemenge aus Abss + Orss, kris-
tallisiert. Die Zusammensetzung dieser beiden Misch- Wir kennen bereits die flankierenden Zweistoffsyste-
kristalle ändert sich bei weiterer Abkühlung entlang der me Ne–SiO2 (Abb. 18.10), Lct–SiO2 (Abb. 18.11) und den
Flanken des Solvus. So koexistieren bei 600 °C etwa 54 % pseudobinären Schnitt Ab–Or (Abb. 18.12a). Zwischen
294 18 · Experimentelle Modellsysteme
den Komponenten NaAlSiO4 (Ne) und KAlSiO4 (Kalsilit, Zusammensetzung A. Beim Abkühlen auf die Liquidusflä-
Ks) bestehen bei hohen Temperaturen Mischkristall- che scheidet eine Schmelze A zunächst einen Abss der
reihen, von denen uns nur die (Na,K)-Nephelin-Misch- Zusammensetzung A' aus. Bei weiterer Abkühlung folgt
kristalle (Ness) interessieren. die Zusammensetzung der Schmelze einer gekrümmten
Wir betrachten wiederum die Projektion der Liqui- Kristallisationsbahn, die bei B auf die kotektische
dusfläche auf die Konzentrationsebene, wobei die „To- Linie E1–E2 stößt. Hier scheiden sich Abss und Tridymit
pographie“ an den eingetragenen Isothermen erkenn- gemeinsam aus, bis nahe beim Schmelzminimum (m) bei
bar ist (Abb. 18.13a). Die beiden Eutektika E1 (1 060 °C) 1 063 °C die letzte Schmelze verbraucht ist. Das End-
zwischen Tridymit und Albit und E2 (990 °C) zwischen produkt der Gleichgewichtskristallisation besteht aus
Tridymit und Kalifeldspat sind durch eine kotektische etwa 15 % Trd und 85 % Abss der Zusammensetzung B'
Linie verbunden, die ein ternäres Schmelzminimum (m) (Or23Ab77), wie sich nach der Hebelregel berechnen lässt.
besitzt. An dieser Linie koexistieren Tridymit, Alkalifeld- Das entspräche einem Quarz-Albit-Trachyt. Bei fraktio-
spat-Mischkristalle und SiO2-übersättigte Schmelze. Vom nierter Kristallisation von Abss kann das ternäre Schmelz-
Eutektikum E3 (1 068 °C) zwischen Nephelin und Albit minimum m erreicht werden.
geht ebenfalls eine kotektische Linie aus, an der Akfss mit
Ness und Schmelze im Gleichgewicht stehen. Sie besitzt Zusammensetzung D. Die Zusammensetzung D liegt zwar
ein weiteres ternäres Schmelzminimum (M) und trifft ebenfalls im SiO2-übersättigten Teil des Konzentrations-
sich im invarianten Punkt R bei 1 020 °C mit einer wei- dreiecks Ne–Ks–SiO2, jedoch bereits im Leucitfeld. Da-
teren kotektischen Linie, an der Ness mit Lct und Schmel- her kristallisiert aus Schmelze D an der Liquidusfläche
ze koexistiert. Darüber hinaus geht von Punkt R eine zunächst Leucit aus. Bei weiterer Abkühlung ändert sich
Reaktionskurve (Peritektikale)aus, an der Leucit mit die Schmelzzusammensetzung infolge der Leucit-Aus-
Schmelze unter Bildung von Alkalifeldspatss reagiert; die- scheidung entlang der geraden Linie D → E. Bei E setzt
se trifft auf den peritektischen Punkt P im flankieren- die peritektische Reaktion ein, bei der Lct mit der SiO2-über-
den Zweistoffsystem Lct–SiO2. Ausgehend vom Maxi- sättigten Schmelze zu Orss reagiert, wobei der Kristalli-
mum im Zweistoffsystem Ne–SiO 2 bildet die Verbin- sationspfad der Reaktionskurve P–R folgt. Bei F ist aller
dungslinie Ab–Or eine thermische Barriere, deren Wir- Leucit verbraucht und die Kristallisationsbahn verläuft nun
kung allerdings durch das inkongruente Schmelzen von entlang der gekrümmten Kurve von F nach G, wo die kotek-
Kalifeldspat beeinträchtigt wird. tische Linie E1–E2 erreicht wird. Das Kristallisationsprodukt
Wir wollen die Kristallisationsverläufe einiger besteht nun aus ca. 9 % Trd und 81 % Orss der Zusammen-
Schmelzen rekonstruieren (Abb. 18.13a). setzung G' (Or89Ab11), entsprechend einem Quarz-Sanidin-
18.2 · Experimente in Zweistoff- und Dreistoffsystemen 295
Trachyt. Bei fraktionierter Kristallisation von Orss kann Bei erhöhten H2O-Drücken im System Ne–Ks–SiO2–
das ternäre Schmelzminimum (m) erreicht werden. Wird H2O wird das Ausscheidungsfeld von Leucit immer
jedoch Leucit durch gravitative Fraktionierung oder als mehr eingeschränkt und verschwindet ab 4 kbar ganz
gepanzertes Relikt an der weiteren Reaktion mit der (Sood 1981). Dadurch wird die Rolle der Verbindungs-
Schmelze gehindert, so verlässt die Kristallisationsbahn linie Ab–Or als thermische Barriere immer stärker
bei E oder zwischen E und F die Reaktionskurve und er- ausgeprägt. Bei P H2O = 5 kbar (Morse 1968) sind im
reicht die kotektische Linie E1–E2. SiO 2-übersättigten und SiO 2-untersättigten Teil des
Systems anstelle der Minima je ein ternäres Eutekti-
Zusammensetzung H. Auch die Zusammensetzung H liegt kum E (645 °C) und E' (638 °C) getreten. Diese sind durch
im Leucitfeld, aber nun im SiO2-untersättigten Teil des eine kotektische Linie miteinander verbunden, die dort,
Dreistoffsystems. Somit scheidet sich beim Erreichen der wo sie die Linie Ab–Or kreuzt, ein Maximum hat
Liquidusfläche ebenfalls Leucit aus, und bei weiterer Ab- (Abb. 18.13b). Es gibt vier wichtige Ausscheidungsfelder,
kühlung verändert sich die Schmelzzusammensetzung in denen Quarz, Abss, Orss und Ness jeweils die Liquidus-
unter kontinuierlicher Leucit-Auscheidung entlang der phasen bilden.
geraden Linie H → D → E. Bei E kommt es zur Reaktion
des Leucit mit der SiO2-übersättigten Schmelze unter Bil- Auf der kotektischen Linie E–E' befindet sich nahe E' ein
dung von Or ss . Der Kristallisationspfad folgt der Reaktionspunkt R, an dem Analcim Na[AlSi2O6] · H2O nach der Re-
aktion Abss + L = Anl + Orss gebildet wird. Deshalb existiert zwi-
Reaktionskurve P–R, bis der isobare Reaktionspunkt R schen den Ausscheidungsbereichen von Abss und Ness ein schma-
erreicht ist, wo jetzt Lct + L zu Akfss + Ness reagieren. Tem- les Analcimfeld, so dass bei hohen H2O-Drücken Abss und Ness nicht
peratur und Schmelzzusammensetzung bleiben konstant, im Gleichgewicht koexistieren können.
bis die Schmelze verbraucht ist. Das gebildete „Gestein“
ist ein Leucitphonolith; die Zusammensetzung der koe- 18.2.3
xistierenden Alkalifeldspat- und (Na,K)-Nephelin-Misch- Experimente zum Verhalten von Mafiten
kristalle muss durch Analyse mit einer Elektronenstrahl- in basaltischen Magmen
Mikrosonde bestimmt werden, die Schairer 1950 noch
nicht zur Verfügung stand. Bei Leucit-Fraktionierung Zweistoffsystem Forsterit–Fayalit
könnte die Schmelze einen Kristallisationspfad in den
SiO2-übersättigten Teil des Systems, z. B. F → G verfolgen Wie wir gesehen haben, bilden die Olivine eine lücken-
und die kotektische Linie zwischen E2 und m erreichen. lose Mischkristallreihe (Abb. 18.14), so dass sich der glei-
Aus Schmelzen der Zusammensetzungen X und Y che Systemtyp ergibt wie bei den Plagioklasen (Bowen u.
scheiden sich an der Liquidusfläche Abss bzw. Ness aus, Schairer 1935). Bei einem Druck von 1 bar liegt der Schmelz-
deren Zusammensetzungen ganz auf der Na-reichen punkt von Forsterit (Fo) bei 1 890 °C, von Fayalit (Fa) bei
Seite liegen. Bei weiterer Abkühlung wird die kotektische 1 205 °C. Aufgrund seines extrem hohen Schmelzpunkts
Linie E3–R erreicht, wo beide Mischkristalle unter lau- ist Fo-reicher Olivin ein hochfeuerfestes Mineral, das gro-
fender Änderung ihres Chemismus gemeinsam kristal- ße technische Bedeutung besitzt.
lisieren, bis das Schmelzminimum M erreicht ist. Das
„Gestein“ ist ein Phonolith aus Abss und Ness, deren
genaue Zusammensetzung wir nicht kennen.
Zweistoffsystem Forsterit–SiO2
(Abb. 18.14) zeigt. Die so modifizierten Schmelzen könn- Wie beim Dreistoffsystem Di–An–Ab (Abb. 18.7) be-
ten als Modell für Olivintholeiit- (W), Tholeiit- (X) und trachten wir die Projektion der Liquidusfläche auf die
Quarztholeiit-Magmen (Y, Z) dienen. Zur Fraktionierung Konzentrationsebene Di-Fo-SiO2 bei konstantem Druck
von Olivin kann es kommen, wenn dieser in der Schmel- von 1 bar.
ze gravitativ absaigert oder als „gepanzertes Relikt“ vor Wesentliche Grundlage bildet das flankierende Zwei-
vollständige Reaktion zu Protoenstatit geschützt und stoffsystem Forsterit–SiO2, das wir soeben kennengelernt
dadurch aus dem System entfernt wird. Dann kann ein haben, mit dem Peritektikum P bei 1 557 °C und dem Eu-
SiO2-untersättigtes Olivintholeiit-Magma zu einem SiO2- tektikum E1 bei 1 543 °C (Abb. 18.15). Die flankierenden
übersättigten Quarztholeiit-Magma differenzieren (aber Zweistoffsysteme Diopsid–SiO2 und Forsterit–Diopsid
nicht umgekehrt). sind eutektisch; die Eutektika E2 bei 1 371 °C und E3 bei
1 388 °C liegen in der Nähe der Diopsid-Ecke (Abb. 18.16).
Von Greig (1927) wurde im SiO2-reichen Teil des Systems Forsterit– E1 und E2 werden durch eine kotektische Linie verbun-
SiO2 die liquide Entmischung von zwei Silikatschmelzen experimen- den, an der Cristobalit (Crs) bzw. Tridymit (Trd) jeweils mit
tell nachgewiesen, zu der es bei einer Temperatur von >1 695 °C,
d. h. knapp unterhalb des Schmelzpunkts von Cristobalit kommt
Mischkristallen von Protoenstatit (PEnss), Pigeonit (Pgtss)
(Abb. 18.5). Dieser Befund ist jedoch für natürliche Bedingungen ohne oder Diopsid (Diss) sowie Schmelze koexistieren. Eine
Bedeutung und daher nur von theoretischem Interesse. weitere kotektische Linie, an der Fo, Diss und Schmelze
miteinander im Gleichgewicht stehen, geht vom Eutek-
Dreistoffsystem Diopsid–Forsterit–SiO2 tikum E3 aus, überschreitet ein flaches offenes Maximum
bei 1 390 °C und endet bei 1 385 °C. Hier stößt sie mit ei-
Dieses komplexe System, das bereits von Bowen (1914), ner Reaktionskurve zusammen, die vom peritektischen
später von Boyd u. Schairer (1964) und Kushiro (1972) Punkt P ausgeht. An ihr koexistieren nacheinander PEnss
bei P = 1 bar experimentell bearbeitet wurde, dient als und Pgtss mit Fo und Schmelze (L). Die Felder von PEnss
Modellsystem für die Ausscheidungsbeziehungen der und Pgtss werden ebenfalls durch eine Reaktionskurve
dunklen Gemengteile in einer tholeiitischen Schmelze. getrennt, während zwischen Pgtss und Diss eine kotekti-
Obwohl es dem Anfänger häufig Verständnisschwierig- sche Linie verläuft. An diesen univarianten Kurven ste-
keiten bereitet, soll es wegen seiner großen petrologischen hen jeweils 2 dieser Pyroxen-Mischkristalle miteinander
Bedeutung hier besprochen werden. sowie mit Schmelze im Gleichgewicht. Analog zum Zwei-
Abb. 18.16.
Dreistoffsystem Diopsid
CaMgSi2O6– Forsterit Mg2SiO4–
SiO2 bei P = 1 bar. Projektion der
Liquidusfläche auf die Konzentrati-
onsebene. Eingezeichnet sind die
Kristallisationsbahnen (farbig) von
Schmelzen der Ausgangszusam-
mensetzungen X, Y und Z unter
Gleichgewichtsbedingungen. Er-
läuterungen im Text. Die Misch-
kristalle PEn1, PEn2 und PEn3 sind
mit 1, 2, 3 markiert. Einsatz: Pseu-
dobinärer Schnitt Mg2Si2O6 (En)–
CaMgSi2O6 (Di) mit den Liquidus-
und Soliduskurven sowie den Mi-
schungslücken zwischen unter-
schiedlichen Pyroxenphasen.
(Nach Kushiro 1972)
298 18 · Experimentelle Modellsysteme
stoffsystem Fo–SiO2 (Abb. 18.15) erkennt man also auch restlichen Forsterit sowie den beiden Pyroxen-Mischkris-
im Dreistoffsystem Fo–Di–SiO2 die drei Ausscheidungs- tallen PEn3 und Pgt1.
felder von Fo, PEn (und den anderen Pyroxen-Mischkris- Kühlen wir eine Ausgangsschmelze Y ab, die auf der
tallen) und Crs bzw. Trd sowie das Feld der liquiden Ent- Verbindungslinie PEn–Di liegt, so scheidet sich bei Er-
mischung. Unterbrechungen in der Verbindungslinie reichen der Liquidusfläche wiederum zuerst Forsterit aus
PEn–Di deuten zwei Mischungslücken in den Pyroxen- und die Zusammensetzung der Schmelze ändert sich
Zusammensetzungen an, die man dem pseudobinären kontinuierlich bis A, wo die Reaktion Fo + L = PEnss
Schnitt PEn–Di entnehmen kann (Abb. 18.16, Einsatz). einsetzt. Bei weiterer Abkühlung entwickelt sich die
Weiterhin erkennt man in Abb. 18.16, dass – entsprechend Schmelzzusammensetzung wieder entlang der Reakti-
dem verdeckten Maximum im binären System Fo–SiO2 onskurve von A nach B, wo – im Unterschied zur Kristal-
(Abb. 18.15) – das ausgedehnte primäre Ausscheidungs- lisationsabfolge der Schmelze X – nicht nur alle Schmel-
feld des Forsterits fast die gesamte pseudobinäre Verbin- ze sondern auch aller Forsterit aufgebraucht ist. Das Kris-
dungslinie PEn–Di der Pyroxen-Zusammensetzungen tallisationsprodukt besteht schließlich nur aus zwei ver-
überdeckt. Lediglich die Di-reichen Cpx-Mischkristalle schiedenen Pyroxenen PEn3 und Pgt1.
nahe der Di-Ecke schmelzen kongruent. Nun wählen wir noch eine Ausgangsschmelze Z, die
bereits rechts der Verbindungslinie Di–PEn, aber noch
Der pseudobinäre Schnitt En–Di (Abb. 18.16, Einsatz) zeigt, dass innerhalb des primären Ausscheidungsfeldes von Fors-
bei Liquidus-Temperaturen PEnss, Pgtss und Diss mit Fo und Schmel-
ze im Gleichgewicht stehen, während im Subsolidus-Bereich die
terit liegt. Die anfänglichen Schritte der Kristallisation
Pyroxen-Mischkristalle PEnss + Pgtss sowie Pgtss + Diss miteinan- und die Änderung der Schmelzzusammensetzung stim-
der koexistieren. Mit sinkender Temperatur erweitern sich die men mit beiden Ausgangszusammensetzungen X und Y
beiden Mischungslücken, wodurch das Stabilitätsfeld von Pgtss überein. Nur ist in diesem Fall der abgeschiedene Fors-
auskeilt. An einem invarianten Reaktionspunkt bei etwa 1 235 °C terit früher aufgebraucht als die Schmelze. Das ist bei etwa
zerfällt der letzte Pgtss (mit etwa 13 % Di-Komponente) in PEnss
1 530 °C (Punkt C in Abb. 18.16) der Fall. Mit weiterer
und Diss. Ab 1 100 °C beginnt sich PEnss unter Reaktion mit Diss in
Di-reicheren Orthoenstatit (OEnss) umzuwandeln; es gibt zwei Abkühlung verlässt deshalb der Kristallisationspfad die
Koexistenzfelder PEnss + OEnss und OEnss + Diss, bis bei 985 °C rei- peritektische Reaktionskurve, quert das Feld des Proto-
ner PEn in OEn übergegangen ist (im Einsatz von Abb. 18.16 nicht enstatits entlang C → D und erreicht bei ca. 1 500 °C die
mehr dargestellt). Durch die experimentell bestimmten Phasenbe- kotektische Linie, an der PEnss, Cristobalit und Schmelze
ziehungen im pseudobinären Schnitt En–Di erklären sich die weit
koexistieren. Mit weiterer Abkühlung scheidet sich da-
verbreiteten Entmischungen von Klinopyroxen in Orthopyroxen
und umgekehrt (Abb. 13.6a, S. 229); das gilt insbesondere für den her PEnss, der kontinuierlich Di-reicher wird, gemeinsam
inverted pigeonite, einen Pigeonit mit Entmischungslamellen von mit Cristobalit bzw. bei niedriger Temperatur mit Tridy-
Augit. Es sei allerdings darauf hingewiesen, dass nach Experimen- mit aus. Wenn die Zusammensetzung der Schmelze
ten von Longhi u. Boudreau (1980) bereits zwischen 1 445 °C und Punkt E (ca. 1 385 °C) erreicht hat, kristallisiert Pigeonit
1 385 °C Orthoenstatit als zusätzliche Phase auftritt, dann aber wie- neben Protoenstatit und Tridymit aus, bis die Schmelze
der verschwindet. Dadurch werden die Verhältnisse noch etwas kom-
plizierter, ohne dass sich die grundsätzliche Aussage des Systems
aufgebraucht ist. Das zuletzt vorliegende Kristallaggregat
ändert. Wir stützen uns daher auf die Ergebnisse von Kushiro (1972). besteht aus den Phasen PEn2, Pgt2 und Tridymit (und
wahrscheinlich einem Rest von Cristobalit, der sich nur
Kühlt man eine Schmelze X der Zusammensetzung träge in Tridymit umwandelt).
80 % Fo + 5 % Di + 15 % SiO 2, die im primären Aus- Wir haben bei unseren Betrachtungen über das Sys-
scheidungsfeld des Forsterits liegt (Abb. 18.16), bis zur tem Di–Fo–SiO2 bislang die Einstellung eines thermody-
Temperatur der Liquidusfläche ab, so ändert sich ihre namischen Gleichgewichts vorausgesetzt. In der Natur ist
Zusammensetzung unter fortwährender Ausscheidung das häufig nicht oder nur unvollkommen der Fall. Stellt sich
von Fo entlang der Kristallisationsbahn X → A. Bei A das Gleichgewicht nicht ein, so weichen die Kristallisations-
wird die Reaktionskurve zwischen den Ausscheidungs- bahnen mehr oder weniger von den dargelegten ideali-
feldern von Fo und Pyroxen erreicht und die peritekti- sierten Bedingungen ab. Ungleichgewichte können in der
sche Reaktion von Fo mit SiO2-übersättigter Schmelze Natur dadurch entstehen, dass die ausgeschiedenen
zu PEnss setzt ein. Dem pseudobinären Schnitt (Abb. 18.16, Forsteritkristalle aus einem oder mehreren der folgen-
Einsatz) kann man entnehmen, dass eine Schmelze A mit den Gründe nicht mit der Schmelze reagieren konnten:
etwa 10 % Di-Komponente mit einem fast Di-freien PEn1
koexistiert. Bei weiterer Abkühlung geht die Reaktion Die Forsteritkristalle werden von der verbleibenden
Fo + L = PEnss weiter, wobei sich die Schmelze entlang Schmelze gravitativ getrennt oder die Schmelze wird
der Reaktionskurve entwickelt und immer Di-reicher aus dem bestehenden Kristallbrei ausgepresst.
wird; auch PEnss wird etwas Di-reicher. Beim invarian- Ein dicker Reaktionssaum von Pyroxen infolge von
ten Punkt B (ca. 1 425 °C) kristallisiert bei konstanter zu geringer Diffusionsgeschwindigkeit schützt den
Temperatur Pgtss neben PEnss aus, bis die Schmelze auf- verbleibenden Forsterit-Kern vor einer weiteren Re-
gebraucht ist. Das entstehende „Gestein“ besteht aus dem aktion mit der umgebenden Schmelze.
18.3 · Das Reaktionsprinzip von Bowen 299
Kontinuierliche Reaktionsserien (Abb. 18.19). Sie entstehen he ausscheidet. So hatte schon 1882 der deutsche Petro-
durch die Reaktion von früh ausgeschiedenen Mischkris- graph Harry Rosenbusch (1836–1914) mikroskopisch be-
tallen mit der Schmelze. Dabei werden kontinuierlich neue obachtet, dass in natürlichen Magmatiten neben Olivin
Mischkristalle der gleichen Mineralart so lange gebildet, und Pyroxen ein An-reicher Plagioklas (Bytownit-Labra-
bis die Schmelze aufgebraucht ist. Wichtigstes Beispiel ist dorit), dagegen neben Hornblende und Biotit ein Ab-rei-
die Mischkristallreihe der Plagioklase (Abb. 18.4, S. 285) cherer Plagioklas (Andesin-Oligoklas) kristallisiert und
als Hauptvertreter der felsischen Minerale in basischen das im Sinne einer Ausscheidungsfolge interpretiert
und intermediären Magmen. Ihre Entwicklung findet – (Rosenbusch-Regel). Allerdings sind später häufig Aus-
druckabhängig – innerhalb eines ausgedehnten Tempe- nahmen von dieser Regel beobachtet worden, so kommen
raturbereichs statt. Mit fallender Temperatur wird die in Andesiten und Daciten auch relativ An-reiche Plagiokla-
Schmelze, die mit den sich ausscheidenden Plagioklas- se neben Amphibolen und Biotit vor. Ob die Erstausschei-
Mischkristallen im Gleichgewicht steht, immer reicher an dung mit einem mafischen oder einem felsischen Mineral
Ab- und ärmer an An-Komponente. Bei chemischem Un- beginnt, hängt wesentlich von der Ausgangszusammenset-
gleichgewicht bilden sich Plagioklaskristalle mit Zonarbau, zung der Schmelze ab, wie das am Beispiel des Dreistoff-
wobei der Kern An-reicher, die Außenzonen Ab-reicher sind, systems Di–An–Ab gezeigt wurde (Abb. 18.7, 18.8, S. 287f).
allerdings häufig mit sog. Rekurrenzen (alternierender Zo-
narbau: Abb. 18.5). Bei Entfernung von An-reichen Plagio- Die Mineralfolge der diskontinuierlichen Reaktionsreihen zeigt
mit der Temperaturerniedrigung eine zunehmende Polymerisati-
klas-Mischkristallen aus der Schmelze wird die Rest-
on der [(Si,Al)O4]-Tetraeder vom Inselsilikat Olivin über die Ket-
schmelze gegenüber der Ausgangs-Schmelzzusammen- ten- und Doppelkettensilikate Pyroxen und Hornblende zum
setzung an Na2O und SiO2 angereichert, an CaO und Al2O3 Schichtsilikat Biotit.
dagegen verarmt (Anorthit: CaO · Al2O3 · 2SiO2, Albit:
Na2O · Al2O3 · 6SiO2). K2O reichert sich ebenfalls in der Rest- Wie Bowen (1928) zeigen konnte, lassen sich einige
schmelze an und wird bei der Bildung von Biotit und Alkali- wichtige Magmentypen durch Kristallisationsdifferenti-
feldspäten verbraucht. Im Unterschied zu den Plagioklasen ation eines basaltischen Magmas erklären. Dabei sind die
gibt es bei den Alkalifeldspäten, die bei der Kristallisation Reaktionsbeziehungen innerhalb der Reaktionsreihen
von sauren Magmen eine zunehmend bedeutende Rolle Olivin → Biotit und Bytownit → Albit sowie zwischen den
spielen, zwei Entwicklungsreihen, die von Or-reichen oder ausgeschiedenen Mineralen und den Restschmelzen von
Ab-reichen Zusammensetzungen ausgehen und sich im Bedeutung. Schematisch lässt sich der Differentiations-
Schmelz-Minimum treffen (Abb. 18.12, 18.13). verlauf nach folgendem Prinzip erläutern (Abb. 18.20):
Bei den mafischen Gemengteilen stellt man mit sin- Bei Abkühlung eines basaltischen Magmas kristalli-
kender Temperatur eine zunehmende Tendenz zur sieren als Hauptminerale zuerst Olivin und Bytownit aus,
Anreicherung von Fe2+ auf Kosten von Mg fest. Ein wodurch sich die Zusammensetzung der verbleibenden
wichtiges Beispiel ist die Mischkristallreihe der Olivine Restschmelze in Richtung → Andesit ändert. Nun sind
(Abb. 18.14), bei der sich – ausgehend von fast reinem zwei Fälle denkbar:
Foss – durch Reaktion mit der Schmelze kontinuierlich
immer Fa-reichere Mischkristalle bilden. Bei fraktionier- 1. Gleichgewichtskristallisation:
ter Kristallisation von Fo-reichem Olivin kann schließ- Die ausgeschiedenen Kristalle bleiben im Kontakt mit
lich eine fast reine Fayalitschmelze gebildet werden. der Schmelze und reagieren mit dieser unter Bildung von
Naturbeobachtungen, insbesondere in Layered Intrusi-
ons zeigen, dass bei der Kristallisation basaltischer Mag-
men die Mischkristallreihen der Pyroxene sich gleich-
sinnig von Mg- zu Fe-reicheren Gliedern entwickeln:
Orthopyroxen, Pigeonit und Augit (Abb. 18.16) sowie relativ wenig Rhyolithschmelze als Restdifferentiat. Da
Labradorit (Abb. 18.4). Bei vollständiger Reaktion kann Olivin, Pyroxen und die Feldspäte keine (OH)-Grup-
die gesamte Schmelze verbraucht werden: Es entsteht ein pen einbauen, werden bei der fraktionierten Kristalli-
Basalt oder – bei höherem Druck – ein Gabbro. sation auch H2O (und andere leichtflüchtige Kompo-
2. Fraktionierte Kristallisation: nenten) in den Restschmelzen immer stärker angerei-
Die ausgeschiedenen Kristalle werden von der Schmel- chert. Schließlich können sich hydrothermale Lösun-
ze getrennt. Solange noch nicht viele Kristalle abgeschie- gen bilden, aus denen sich z. B. Zeolithe ausscheiden.
den und die heiße Schmelze noch wenig viskos ist,
dürfte das am ehesten gravitativ durch Aufschwimmen Somit ist klar, dass in der Tat andesitische, rhyolithi-
der Bytownit- und Absaigern der Olivin-Kristalle ge- sche und trachytische Restschmelzen durch Kristallisa-
schehen, während bei größerem Kristallanteil die Rest- tionsdifferentiation eines Basalt-Magmas erklärt werden
schmelze durch Filterpressung aus einem Olivin-Ku- können. Es wäre jedoch ein Fehler anzunehmen, dass das
mulat heraus gedrückt würde. Bei mangelnder Rühr- immer oder auch nur in der überwiegenden Mehrzahl
wirkung wegen zu geringer Konvektion in der Mag- der Fälle so sein muss. Hiergegen spricht bereits das Zu-
menkammer kann sich Olivin auch mit einem Reakti- rücktreten von Basalten oder Gabbros in vielen Andesit-
onssaum von Pyroxen, Bytownit mit Ab-reicheren Rän- Dacit-Rhyolith- bzw. Tonalit-Granodiorit-Granit-Asso-
dern umgeben und so als gepanzerte Relikte vor wei- ziationen. Auch der enorm große Anteil von granitisch-
terer Aufzehrung geschützt werden. Nun liegt eine granodioritischem Material am Aufbau der oberen
andesitische Restschmelze vor, die entweder zu einem kontinentalen Erdkruste schließt eine Fraktionierung
Andesit (oder Diorit) auskristallisieren kann oder ei- von basaltischen Magmen als wesentlichen Bildungs-
ner weiteren Fraktionierung unterworfen wird. Dabei mechanismus aus. Andererseits gibt das Bowen’sche
dürfte der wesentliche Trennmechanismus in der Reaktionsprinzip eine gute qualitative Erklärung für das
Filterpressung liegen. Im Zuge der fraktionierten Kris- gemeinsame Vorkommen bestimmter Minerale wie Oli-
tallisation nehmen die Gehalte an SiO2, Na2O und K2O vin–Labrador, Andesin–Hornblende, Oligoklas–Kalifeld-
in der Schmelze allmählich immer stärker zu. Es ent- spat–Quarz–Biotit. Es hilft weiterhin, das Verhalten von
stehen Restschmelzen, aus denen Rhyolithe oder Gra- Nebengestein bei der Assimilation durch Magmen bes-
nite kristallisieren können. Mengenmäßig ergibt sich ser zu verstehen: Infolge inkongruenten Schmelzens gilt
gegenüber der ursprünglichen Basaltschmelze nur dann z. B. die diskontinuierliche Reaktionsserie in um-
Abb. 18.19.
Die Reaktionsserien nach Bowen
Abb. 18.20.
Das Schema der magmatischen
Differentiation eines tholeiiti-
schen Magmas in Verbindung
mit den Reaktionsserien von
Bowen
302 18 · Experimentelle Modellsysteme
18.4 18.4
Das Basalt-Tetraeder von Yoder und Tilley (1962)
Fraktioniertes Schmelzen
Fraktioniertes Schmelzen. Werden wenige Prozent der eutekti- Bowen NL (1937) Recent high-temperature research and its
schen Erstschmelze ET aus dem System entfernt, so bewegt significance in igneous geology. Am J Sci 233:1–21
Bowen NL, Andersen O (1914) The binary system MgO–SiO2. Am J
sich die Zusammensetzung des kristallinen Residuums in
Sci 187:487–500
Richtung X'. Bei fortgesetzter Wärmezufuhr bildet sich aus Bowen NL, Schairer JF (1935) The system MgO–FeO–SiO2. Am J
X' weiterhin eutektische Schmelze der Zusammensetzung Sci 229:151–217
ET. Wenn wiederum geringe Anteile dieser Schmelze entfernt Bowen NL, Tuttle OF (1950) The system NaAlSi3O8–KAlSi3O8–H2O.
werden, verschiebt sich die Zusammensetzung des Residu- J Geol 58:489–511
Boyd FR, England JL, Davis TC (1964) Effects of pressure on the melting
ums nach X'', aus dem wieder eutektische Schmelze ET ent- and polymorphism of enstatite, MgSiO3. J Geophys Res 69:2101–2109
stehen kann. Temperatur und Schmelzzusammensetzung Boyd FR, Schairer JF (1964) The system MgSiO3–CaMgSi2O6. J Pe-
bleiben also konstant, bis im Residuum die Di-Komponen- trol 6:275–309
te völlig aufgebraucht ist entsprechend der Zusammenset- Correns CW (1968) Einführung in die Mineralogie, 2. Aufl (Nach-
zung R im flankierenden Zweistoffsystem Fo–Prp. Jetzt druck 1981). Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York
Davis BTC, Schairer JF (1965) Melting relations in the join diopside–
kommt die Schmelzbildung bis auf Weiteres zum Erliegen. forsterite–pyrope at 40 kilobars and at one atmosphere. Carnegie
Erst wenn das Gestein auf 1 770 °C aufgeheizt ist, entsteht Inst Washington Yearb 64:123–126
eine neue Schmelze mit der Zusammensetzung des binären Ernst TH, Schorer G (1969) Die Pyroxene des „Maintrapps“, einer
Eutektikums E3. Fraktioniertes Schmelzen führt also zu zwei Gruppe tholeiitischer Basalte des Vogelsberges. Neues Jahrb
Schmelzen unterschiedlicher Zusammensetzung ET und E3. Mineral Monatsh 1969:108–130
Goldsmith JR (1980) The melting and breakdown of plagioclase at
high pressures and temperatures. Am Mineral 65:272–284
Im Gleichgewichtsfall würde das vollständige Aufschmel- Goranson RW (1938) Silicate–water systems: Phase equilibria in
zen des Granat-Peridotits X eine sehr hohe Temperatur von the NaAlSi3O8–H2O and KAlSi3O8–H2O systems at high tempe-
ca. 1960 °C erfordern; beim fraktionierten Schmelzen wären ratures and pressures. Am J Sci 235A:71–91
dafür >2 000 °C nötig. Wegen des großen Temperaturinter- Greig JW (1927) Immiscibility in silicate melts. Am J Sci 213:1–44, 133–154
Greig JW, Barth TWF (1938) The system Na2O·Al2O3·SiO2 (nepheli-
valls zwischen Solidus- und Liquiduskurve (z. B. Abb. 16.4,
ne, carnegieite) – Na2O · Al2O3 · 6SiO2. Am J Sci (5) 235A:93–112
S. 268) gilt ganz allgemein, dass Gesteine praktisch nie voll- Kushiro I (1972) Determination of liquidus relations in synthetic
ständig, sondern lediglich partiell aufschmelzen. Daraus silicate systems with electron probe analysis: The system forste-
folgt, dass die entstehenden Magmen eine andere Zusam- rite–diopside–silica at 1 atmosphere. Am Mineral 57:1260–1271
mensetzung aufweisen müssen als ihr Ausgangsgestein; d. h. Kushiro I (1973) The system diopside–anorthite–albite: Determi-
nation of compositions of coexisting phases. Carnegie Inst
nach Abtrennung der Schmelze bleibt ein Restgestein üb-
Washington Yearb 72:502–507
rig. Dieses ist an inkompatiblen Elementen (Abb. 33.1, S. 598) Kushiro I, Yoder HS (1969) Melting of forsterite and enstatite at high
wie K, Rb, Ba, Sr, P, Ti, Zr, U, Th, Nb und Zr verarmt, d. h. an pressures under hydrous conditions. Carnegie Inst Washington
solchen, die bevorzugt in die Schmelze gehen. Yearb 67:153–161
Lindsley DH (1966) Melting relations of KAlSi 3O 8: Effects of
Weiterführende Literatur pressure up to 40 kilobars. Am Mineral 51:1793–1799
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19
Die Herkunft des Basalts
19.1 Basalte stellen die wichtigste Gruppe der vulkanischen Gesteine dar, die erdweit
Basalte und in großer Verbreitung auftreten. Bildung, Differentiation und Förderung basal-
Plattentektonik tischer Magmen haben enge Beziehungen zur Plattentektonik (z. B. Pearce u. Cann
1973; Tabelle 19.1). Experimentelle Untersuchungen in vereinfachten Modell-
19.2 systemen und an natürlichen Gesteinen haben entscheidend dazu beigetragen,
Bildung von die Entstehung von Basalt-Magmen durch partielle Anatexis von Peridotit im
Basalt-Magmen Oberen Erdmantel besser zu verstehen.
durch partielles Grundlegend für das Verständnis dieser Prozesse ist das Pyrolit-Modell, das der
Schmelzen von australische Geophysiker Alfred E. Ringwood (1930–1993) in den 1960er Jahren
Mantelperidotit erarbeitete und zusammen mit dem experimentellen Petrologen David H. Green
und anderen weiter entwickelte. Es hat sich bis in unsere Tage als tragfähig erwie-
sen (z. B. Green u. Falloon 1998). Danach besteht der Obere Erdmantel in weiten
Bereichen aus Lherzolithen, die Spinell, bei höheren Drücken dagegen Granat
führen. Schmelzen diese Gesteine auf, so entstehen in Abhängigkeit vom Druck
(d. h. von der Tiefe), von der Temperatur, vom H2O-Gehalt und vom Aufschmelz-
grad unterschiedliche Typen von Basalt-Magmen, deren Anteil, bezogen auf das
Ursprungsgestein, ca. 30 % nicht übersteigt. Zurück bleiben kristalline Rest-
gesteine, insbesondere Harzburgite und Dunite, die man häufig als Einschlüsse
(Autolithe) in Basalten findet.
scher Zusammensetzung sehr hohe Temperaturen. Ent- vom ozeanischen Geotherm (Ringwood 1975) geschnit-
sprechend der Clausius-Clapeyron’schen Gleichung [16.2a] ten. Bei einem Gesamt-H2O-Gehalt von 0,1 % erfolgt
nimmt die Solidustemperatur für H2O-freie („trockene“) diese Überschneidung in einem Tiefenbereich von
Pyrolite mit steigendem Druck zu. Wegen der unter- 85–160 km (Abb. 19.2). Neben H2O können auch andere
schiedlichen Pyrolit-Paragenesen (s. oben) verläuft die leichtflüchtige Komponenten, insbesondere CO2 den
Soliduskurve nicht stetig, sondern weist Knicke auf. In Pyrolit-Solidus erniedrigen.
Abb. 19.2 erkennt man, dass die Soliduskurve durch die Wie in Abb. 19.3 schematisch dargestellt, variiert der Auf-
geothermischen Gradienten unter stabilen Kontinental- schmelzgrad bei einem H2O-Gehalt von 0,1 % und bei Tem-
schilden (kontinentaler Geotherm) oder unter den Oze- peraturen und Drücken, die dem ozeanischen Geotherm
anen (ozeanischer Geotherm) nicht geschnitten wird. Die entsprechen, zwischen 0,5 und 1,5 %. Durch diesen gerin-
Temperaturzunahme mit der Tiefe reicht also für ein gen Schmelzanteil wird die Fortpflanzungsgeschwindigkeit
partielles Schmelzen von H2O-freiem Pyrolit nicht aus. der Erdbebenwellen verringert. Damit lässt sich die Zone
Lediglich stark erhöhte geothermische Gradienten, erniedrigter Wellengeschwindigkeiten im oberen Erdmantel,
wie sie z. B. unter den Achsen von mittelozeanischer Rü- die Low-Velocity Zone, erklären, die bereits 1926 durch den
cken realisiert sind, überschneiden sich mit dem „tro- deutschen Geophysiker Beno Gutenberg (1899–1960) er-
ckenen“ Pyrolit-Solidus, so dass es an divergenten Plat- kannt wurde; sie liegt in wechselnden Tiefenbereichen zwi-
tenrändern schon in relativ geringer Tiefe (ca. 15–40 km) schen 60 und 260 km (Abschn. 29.3.2, S. 527f). Die mit dem
zum partiellen Aufschmelzen von H2O-freiem Mantel- partiellen Schmelzen verbundene Dichte-Erniedrigung
material kommen kann. So bilden sich im Grenzbereich reicht aus, um diese Mantelbereiche als Diapire aufsteigen
zwischen Plagioklas- und Spinell-Pyrolit bei etwa 11 kbar zu lassen, wobei das auslösende Moment wohl meist in tek-
Tholeiite mit MORB-ähnlicher Zusammensetzung, die tonischen Vorgängen zu suchen ist. Die Aufstiegsgeschwin-
bei etwas niedrigeren Drücken Qtz-normativ, bei höhe- digkeit ist ausreichend hoch, um einen vollständigen Wär-
ren Drücken Ol-normativ sind (Presnall et al. 1979; meaustausch mit der Umgebung zu verhindern. Die Mantel-
Jaques u. Green 1980; Takahashi u. Kushiro 1983). diapire kühlen sich also nur adiabatisch ab; ihr P-T-Pfad
entfernt sich daher stark vom geothermischen Gradienten.
19.2.3 Mit abnehmender Erdtiefe nimmt wegen der zunehmenden
Partielles Schmelzen von H2O-haltigem Pyrolit Druckentlastung der Aufschmelzgrad bei diesem Dekom-
pressions-Schmelzen immer stärker zu und kann 30 % er-
Anders liegen die Verhältnisse, wenn Pyrolit geringe reichen (Ringwood 1975, 1979). Die chemische Zusammen-
Mengen an (OH)-haltigen Mineralen wie Amphibol oder setzung der gebildeten Magmen und des Restgesteins wird
Phlogopit enthält. Der Pyrolit-Solidus erhält jetzt eine von den P-T-Bedingungen am jeweiligen Aufschmelzort,
ganz andere Form, die durch die obere Stabilitätsgrenze besonders aber vom Aufschmelzgrad gesteuert: Je geringer
dieser Minerale bestimmt ist; er wird daher zumindest der Schmelzanteil, desto höher ist der relative Anteil an
Abb. 19.3.
P-T-Diagramm zur Bildung
basaltischer Magmen durch
partielles Schmelzen des Erd-
mantels. Dicke Linie: Solidus
von Pyrolit mit 0,1 % H2O;
OG: ozeanischer Geotherm;
dünn-punktiert: Linien glei-
chen Aufschmelzgrades. Die
Art des gebildeten basalti-
schen Magmas hängt vom
Aufschmelzgrad und den je-
weiligen P-T-Bedingungen
ab (Tabelle 19.2). (Nach Ring-
wood 1975)
19.2 · Bildung von Basalt-Magmen durch partielles Schmelzen von Mantelperidotit 309
inkompatiblen Elementen in der Schmelze, je höher der Als Beispiel für eine solche Entwicklung diene Punkt A auf dem ozea-
Aufschmelzgrad, desto Mg-reicher ist die Schmelze. So nischen Geotherm in etwa 160 km Tiefe. Bei etwa 1350 °C schmilzt
hier etwa 0,5 % des H2O-haltigen Pyrolits auf. In diesem geringen
dürften Olivin-Nephelinite und Basanite Schmelzanteile
Schmelzanteil sammeln sich alle inkompatiblen chemischen Elemen-
von 1–5 %, Alkali-Olivin-Basalte von 5–10 %, Tholeiite te. Es wird zunächst ein Kimberlit-Magma (A1) gebildet. Mit steigen-
von 15–25 %, Pikrite von 30 % repräsentieren. Unter den den Schmelzanteilen entstehen verschiedene alkalibasaltische Mag-
extrem hohen geothermischen Gradienten, wie sie im Ar- men (A2)–(A5); bei einem Aufschmelzgrad von etwa 18 % in 25 km
chaikum herrschten, wurden sogar Aufschmelzgrade von Tiefe (A6) wird zunehmend die Al2O3-Komponente in der Schmelze
gelöst, so dass jetzt ein High-Al-Olivintholeiit gebildet wird und als
60 % erreicht, durch die Komatiit-Magmen gebildet wur-
Restgestein ein Harzburgit (Ol + Opx) übrig bleibt. Bei noch höhe-
den (Ringwood 1979). Bei geringem Aufschmelzgrad blei- ren Aufschmelzgraden wird verstärkt Opx in die Schmelze inkorpo-
ben Lherzolithe (Ol + Opx + Cpx ± Spl ± Grt), bei höhe- riert unter Bildung von Olivintholeiiten (A7) und tholeiitischen Pik-
ren Aufschmelzgraden dagegen Harzburgite (Ol + Opx) riten (A8); es bleiben jetzt Dunite als Restgesteine übrig. Wir erin-
oder Dunite (Ol) als verarmte Restgesteine übrig, die als nern uns daran, dass in Alkalibasalten häufig Autolithe von Harz-
schollenförmige Einschlüsse mit den basaltischen Magmen burgit, seltener auch von Dunit vorkommen. Bei den Diapiren B und
C ergeben sich analoge basaltische Serien (Tabelle 19.2). Demgegen-
an die Erdoberfläche transportiert werden (Abb. 19.4, über verlässt Diapir D bei seinem adiabatischen Aufstieg den Be-
Abb. 2.8, S. 38). Da sie als Folge der Magmenbildung durch reich des partiellen Schmelzens und erreicht als Hochtemperatur-
partielle Anatexis entstehen, bezeichnet man sie nicht als Peridotit weitgehend unverändert die Erdoberfläche.
Xenolithe (d. h. Fremdgesteine), sondern als Autolithe.
Durch den unterschiedlichen Aufschmelzgrad beim Auch in tieferen Bereichen des Erdmantels, insbe-
Dekompressionsschmelzen, der in Abhängigkeit von den sondere in der Übergangszone zwischen oberem und
P-T-Bedingungen erreicht wird, können magmatische Se- unterem Erdmantel sowie an der Kern-Mantel-Grenze
rien entstehen (Tabelle 19.2). kommt es zum partiellen Schmelzen von Mantelgesteinen.
Tabelle 19.2.
Beziehungen zwischen Auf-
schmelzgrad und Zusammen-
setzung basaltischer Magmen
(Abb. 19.3). (Nach Ringwood
1975)
310 19 · Die Herkunft des Basalts
Abb. 19.4.
Die Zusammensetzung unter-
schiedlicher Basaltschmelzen
und ihrer Restgesteine in Ab-
hängigkeit vom Aufschmelz-
grad des Pyrolits. (Nach Ring-
wood 1979)
20.1 Zusammen mit Granodioriten und Tonaliten stellen Granite die wichtigste Grup-
Genetische Einteilung pe von Plutoniten dar. Durch experimentelle Untersuchungen im vereinfachten
der Granite auf Modellsystem Qz–Or–Ab (–An)–H2O (–CO2) konnte nachgewiesen werden, dass
geochemischer Basis sich granitische Magmen durch partielle Anatexis von Gesteinen der unteren Erd-
kruste bilden. Damit wurden ältere Modelle der „Transformisten“, nach denen
20.2 Granite nicht magmatisch, sondern durch metasomatische Umwandlung meta-
Experimente zur morpher Gesteine entstehen, widerlegt. In ihrer Zusammensetzung spiegeln
Granitgenese Granite die unterschiedlichen plattentektonischen Situationen wider, in denen
sie gebildet wurden.
Phasenbeziehungen in Haplogranodioriten und in 685 °C miteinander verbunden sind. Das System der Alkali-
noch komplexeren synthetischen Systemen sowie in feldspäte Or–Ab–(H2O) besitzt ein binäres Minimum m bei
natürlichen Graniten, Granodioriten und Tonaliten, 800 °C, das bei H2O-Drücken um 5 kbar in ein binäres Eu-
Schmelzbildung durch Entwässerung von (OH)-haltigen tektikum übergeht (Abb. 18.12, S. 292); schon bei etwa 3 kbar
Mineralen wie Muscovit, Biotit oder Amphibol in hoch- ist das ternäre Minimum zum ternären Eutektikum gewor-
metamorphen Ausgangsgesteinen von Graniten bei H2O- den (Abb. 20.3).
Untersättigung (Dehydrations-Schmelzen). Die Isothermen der Liquidusfläche (Abb. 20.1) zeigen
einen steilen Temperaturanstieg zur Qz-Ecke an. Weni-
Alle diese experimentellen Ergebnisse bilden wichti- ger steil ist ihr Anstieg gegen die Or- und besonders gegen
ge Beiträge zur Klärung der Granitgenese in der Natur. die Ab-Ecke hin. Zwischen dem ternären Minimum M und
Im Rahmen dieses Buches können wir nur eine sehr be- dem binären Minimum m befindet sich ein thermisches
grenzte Auswahl treffen. Tal. Schärfer ausgeprägt ist das thermische Tal der kotek-
tischen Linie, die vom Minimum M nach den beiden
20.2.2 eutektischen Punkten E1 und E2 leicht ansteigt. Sie teilt
Kristallisationsverlauf granitischer Magmen: Experimente die Liquidusfläche in zwei Teilgebiete, die Ausscheidungs-
im H2O-gesättigten Modellsystem Qz–Ab–Or–H2O felder von Quarz und von Alkalifeldspäten.
Kühlt man eine Schmelze der Zusammensetzung
Dieses System ist sehr gut geeignet, die Kristallisationsab- X = Qz50Ab25Or25 ab, so wird bei ca. 850 °C die Liquidus-
folge in granitischen Schmelzen unter Gleichgewichtsbedin- fläche erreicht und es beginnt Quarz im Gleichgewicht
gungen und bei Kristallfraktionierung zu modellieren. Es mit der Schmelze auszukristallisieren, wobei eine H2O-
handelt sich um das SiO2-übersättigte Teilsystem des Drei- reiche fluide Phase frei wird. Bei weiterer Abkühlung setzt
stoffsystems Ne–Ks–SiO2, das wir in Kap. 18 (Abb. 18.12) sich die Qz-Auscheidung fort und die Schmelzzusam-
bereits kennen gelernt hatten.Abbildung 20.1 zeigt wiederum mensetzung verändert sich entlang einer geraden Linie,
die Projektion der Liquidusfläche auf die H2O-freie Grund- bis bei Punkt A die kotektische Linie erreicht ist. Jetzt
fläche mit den Isothermen. Da H2O im Überschuss vorhan- beginnt neben Qz die Ausscheidung eines Alkalifeldspat-
den ist, braucht es als Komponente graphisch nicht darge- Mischkristalls (Akfss) der Zusammensetzung ~ Or86Ab14,
stellt zu werden. Bei dem hier gewählten H2O-Druck von der also deutlich Or-reicher ist als die Schmelze (vgl.
2 kbar schmilzt Kalifeldspat immer noch inkongruent, so Abb. 18.12). Bei weiterer Abkühlung verändert sich die
dass nahe der Or-Ecke des Systems ein winziges Ausschei- Schmelzzusammensetzung unter fortschreitender Kris-
dungsfeld des Leucits besteht, das allerdings für die folgen- tallisation von Qz und Orss entlang der kotektischen
den Überlegungen bedeutungslos ist. Die flankierenden Linie E1–E2 zum Temperaturminimum M hin, bis die
Zweistoffsysteme Or–SiO2–(H2O) und Ab–SiO2–(H2O) wei- Schmelze aufgebraucht ist. Dabei wird der Akfss durch
sen Eutektika bei 770 °C (E1) bzw. 745 °C (E2) auf, die durch Reaktion mit der Schmelze immer Ab-reicher; das ent-
eine kotektische Linie mit einem ternären Minimum M von stehende „Gestein“ wäre ein Hypersolvus-Granit aus 50 %
Quarz und 50 % eines einheitlichen Akfss Or50Ab50; die-
ser würde sich erst bei weiterer Abkühlung nach Errei-
chen des Solvus in Orss und Abss entmischen (Abb. 18.12).
Der Chemismus des letzten Schmelzrestes muss expe-
rimentell bestimmt werden. Unter Gleichgewichtsbedin-
gungen wird die Zusammensetzung des kotektischen
Minimums M meist nicht erreicht, während bei fraktio-
nierter Kristallisation von Qz die letzte Restschmelze
dem Chemismus von M entsprechen könnte (s. unten).
Eine Schmelze der Zusammensetzung Y = Qz20Or45Ab35
würde beim Abkühlen auf ~780 °C die Liquidusfläche er-
reichen und Or-reichen Akfss ~ Or88Ab12 ausscheiden. Bei
weiterer Abkühlung verändert sich die Schmelzzusam-
mensetzung unter kontinuierlicher Kristallisation von
Akfss entlang einer gekrümmten Bahn, bis bei Punkt B die
Abb. 20.1. Das Modellsystem Quarz (Qz) SiO2–Albit (Ab) NaAlSi3O8– kotektische Linie erreicht wird; hier kristallisieren Qz
Kalifeldspat (Or) KAlSi3O8–H2O bei 2 kbar H2O-Druck. Projekti- und Akfss gemeinsam, wobei letzterer immer Ab-reicher
on der Liquidusfläche auf die wasserfreie Basis des Qz-Ab-Or-H2O- wird. (vgl. Abb. 18.12, S. 292). In der Nähe des ternären
Tetraeders. E1 und E2 sind Eutektika; M kennzeichnet die Zusam-
mensetzung des Schmelzminimums auf der kotektischen Linie mit
Minimums ist der letzte Schmelzrest verbraucht und der
35 % Q, 40 % Ab, 25 % Or. Das System ist H2O-gesättigt. (Nach Tuttle entstehende Hypersolvus-Granit hat die Zusammenset-
u. Bowen 1958 aus Winkler 1979) zung 20 % Quarz + 80 % Akfss Or56Ab44. Eine analoge Ent-
20.2 · Experimente zur Granitgenese 315
Bei PH2O = 20 kbar beträgt der Ab-Anteil im ternären Eutektikum Qz + Jd + Orss + H2O = Schmelze (20.4)
>60 %, während der Qz-Anteil auf <20 % gesunken ist. Deswegen
dürften beim partiellen Schmelzen von sehr tief versenkten Krusten-
Bis zum Einsetzen dieser Reaktion hat die Solidus-
teilen – z. B. bei Kontinent- Kontinent-Kollision – keine granitischen,
sondern eher (quarz-)syenitische Magmen entstehen. Wie experi- kurve eine negative Steigung. Da nach der Clausius-
mentelle Ergebnisse zeigen, gilt das auch für den Fall der H2O-Unter- Clapeyron’schen Gleichung
sättigung, der in der tiefen Kruste sehr wahrscheinlich ist.
[20.1]
20.2.3
Experimentelle Anatexis: Experimente unter
H2O-gesättigten und H2O-untersättigten Bedingungen (s. S. 284) negativ wird, nimmt die Solidustemperatur
im Modellsystem Qz–Ab–Or–H2O mit steigendem H 2O-Druck ab, und zwar zunächst
dramatisch: Mit einem Druckanstieg von 1 bar bis 1 kbar
Bei der Bildung und Kristallisation granitischer sinkt die Solidustemperatur von 960 auf 720 °C, d.h.
Magmen sind H2O-gesättigte Bedingungen eher die um 240 °C, was hauptsächlich auf eine starke Ernied-
Ausnahme: in der Regel herrscht dagegen H2O- rigung des Molvolumens von Wasserdampf zurückzu-
Untersättigung. Für die Bildung H2O-gesättigter Sili- führen ist. Danach verläuft die Soliduskurve zunehmend
katschmelzen sind nämlich beachtliche H2O-Gehal- steiler; denn mit steigendem Druck nimmt die Kom-
te notwendig, die in der tieferen Erdkruste oder gar pressibilität von Wasserdampf immer mehr ab, d. h. die
im oberen Erdmantel nicht oder höchstens in extre- Erniedrigung seines Molvolumens mit dem Druck wird
men Ausnahmefällen zur Verfügung stehen; so ent- immer geringer. Beim Schnittpunkt mit der Gleichge-
hält eine wassergesättigte Granitschmelze bei ei- wichtskurve (20.3) erhält die Soliduskurve sogar eine
nem Druck von 5 kbar bereits nahezu 10 Gew.-% schwach positive Neigung, die sie bis zu hohen Drücken
H2O (Johannes u. Holtz 1996). Trotzdem stellt die beibehält, wie Experimente bis 35 kbar zeigen (Huang u.
H2O-gesättigte Granit-Soliduskurve eine sehr wich- Wyllie 1975).
tige Grenzbedingung dar, unter der sich granitische Eine weitere Grenzbedingung nach hohen Tempera-
Magmen bilden können bzw. auskristallisieren. turen hin ist die Soliduskurve im H2O-freien System
20.2 · Experimente zur Granitgenese 317
Qz–Ab–Or, die nach der Clausius-Clapeyron’schen Glei- die nur aus H2O und CO2 besteht. Dabei ist nicht berücksichtigt,
chung in der Form dass bei hohen Drücken und Temperaturen silikatische Kompo-
nenten, insbesondere SiO2, im Fluid gelöst werden (z. B. Kennedy
et al. 1962). Das würde zu einer weiteren „Verdünnung“, d. h. zu ei-
[20.2] ner Erniedrigung von aH2O im Fluid führen, zu deren Ausmaß je-
doch keine experimentellen Daten vorliegen.
eine positive Steigung hat. In Abb. 20.3 ist die trockene Wenn ein Gestein bei gegebenem H2O-Druck bis zur
Granit-Soliduskurve nur bis 4 kbar/ 1 000 °C eingetragen; Solidus-Temperatur aufgeheizt wird, beginnt es zu schmel-
in ihrem weiteren Verlauf bleibt die positive Steigung er- zen, wobei zunächst eine Schmelze entsteht, deren Qz-Ab-
halten; sie wird allerdings bei 25 kbar etwas steiler Or-Verhältnis dem ternären Minimum bzw. Eutektikum bei
(Huang u. Wyllie 1975). Zwischen beiden Soliduskurven diesem H2O-Druck entspricht. Der Aufschmelzgrad hängt
befindet sich ein weites P-T-Feld, das sich nach zuneh- von der erreichten Temperatur und vom H2O-Gehalt ab. Die
menden Drücken hin vergrößert. In ihm verläuft eine Liquiduskurven, die in diesem System experimentell be-
Schar von Soliduskurven, die für unterschiedliche Gra- stimmt wurden, geben den Mindestgehalt an H2O an, der
de der H2O-Untersättigung gelten. nötig ist, um eine Quarz-Alkalifeldspat-Paragenese kotek-
Eine Möglichkeit, H2O-untersättigte Bedingungen im tischer Zusammensetzung vollständig aufzuschmelzen. Bei
Experiment zu realisieren, ist das Hinzufügen einer wei- isothermer Druckerhöhung steigt dieser Mindest-H2O-
teren leichtflüchtigen (volatilen) Komponente zum Was- Gehalt an, während er bei isobarer Temperaturerhöhung
ser, so z. B. CO2. Im System Qz–Ab–Or–H2O–CO2 erhö- abnimmt, z. B. bei 5 kbar und einer Steigerung der Tempe-
hen sich demnach die Solidustemperaturen mit Abnah- ratur von 645 auf 875 °C von ca. 10 auf 2 Gew.-% (Abb. 20.6).
me des Molenbruchs XH2O = H2O / (H2O + CO2) (Abb. 20.5). Deshalb können bei hohen Temperaturen durch Dehydra-
An Stelle des Molenbruchs XH2O wird meist die H2O- tions-Schmelzen relativ hohe Schmelzanteile erzeugt wer-
Aktivität aH2O angegeben, um der Tatsache Rechnung zu den, was bei niedrigen Temperaturen nicht der Fall ist.
tragen, dass sich H2O und CO2 bei erhöhten Drücken nicht
als ideale Gase verhalten. Heizt man bei einem Druck von 5 kbar ein Mineralgemenge aus
31 Gew.-% Qz + 31 Gew.-% Ab + 36 Gew.-% Or sowie 2 Gew.-% H2O
Für die Aktivität der Komponente i gilt ai = γ iXi; der Aktivitätsko- auf, so wird bei 645 °C die Soliduskurve erreicht und es bildet sich
effizient γ i ist in der Regel P-T-abhängig und kann experimentell eine H2O-gesättigte Erstschmelze der kotektischen Zusammensetzung
bestimmt werden. Wie der Vergleich von Abb. 20.5 und 20.6 zeigt, 31 % Qz + 47 % Ab + 22 % Or, die fast 10 Gew.-% H2O enthält. Da aber
ist der Verlauf der T-XH2O- und T-aH2O-Kurven sehr ähnlich. Die nur 2 Gew.-% H2O im System vorhanden sind, kann der Schmelzan-
angegebenen Aktivitäten wurden für eine fluide Phase berechnet, teil lediglich 20 % betragen. Mit steigender Temperatur nimmt jedoch
Abb. 20.5. Druck-Temperatur-Diagramm mit den Soliduskurven im Abb. 20.6. Druck-Temperatur-Diagramm mit den Soliduskurven
Modellsystem Qz–Ab–Or–H2O–CO2 für unterschiedliche Molen- (durchgezogen) im System Qz–Ab–Or–H2O–CO2 für unterschied-
brüche XH2O = H2O / (H2O + CO2). (Nach Ebadi u. Johannes 1991, liche H2O-Aktivitäten aH2O sowie den Liquiduskurven (gestrichelt)
aus Johannes u. Holtz 1996) für bestimmte Wassergehalte. (Nach Johannes u. Holtz 1996)
318 20 · Die Herkunft des Granits
der Mindest-H2O-Gehalt, der für die H2O-Sättigung notwendig ist, ze mit 4 Gew.-% H 2O gesättigt ist, beträgt der Auf-
immer mehr ab, so dass der Schmelzanteil kontinuierlich zunehmen schmelzgrad 50 % (Abb. 20.6), d. h. er liegt über dem
kann. Bei 785 °C ist die Liquiduskurve für 4 Gew.-% H2O erreicht; nun
rheologisch kritischen Schmelzanteil von ca. 25–40 %
sind bereits 50 % des Ausgangsgemenges geschmolzen. Zum vollstän-
digen Aufschmelzen käme es, wenn man bei 880 °C auf die Liquidus- (s. Abschn. 17.2.2, S. 275). Daher kann das gebildete Mag-
kurve für 2 Gew.-% H2O – entsprechend dem ursprünglichen H2O- ma als Kristallbrei in der Kruste aufsteigen.
Gehalt – trifft (Johannes u. Holtz 1996, S. 53). Wie man aus Abb. 20.6,
in der neben den Liquiduskurven auch die Soliduskurven für unter- 1. Beim Pfad A erfolgt der Aufstieg so langsam, dass sich
schiedliche aH2O dargestellt sind, entnehmen kann, ist die H2O-Aktivi-
das Magma durch Ableitung der Wärme in die Umge-
tät im System während des Schmelzprozesses von 1 auf <0,2 gesunken.
Die partiell gebildete Schmelze ändert ihre Zusammensetzung mit fort- bung, d. h. durch konduktiven Wärmetransport ab-
schreitendem Schmelzvorgang. Sie startet mit einer H2O-gesättigten kühlt. Dadurch kommt es zur Kristallisation, so dass
eutektischen Zusammensetzung von 31 % Qz + 47 % Ab + 22 % Or, das Kristall-Schmelze-Verhältnis kontinuierlich zu-
verändert sich entlang der kotektischen Kurve ET→E1 in Abb. 20.3 und nimmt, ebenso die H2O-Aktivität (vgl. Abb. 20.6). Bei
endet – Gleichgewichtsbedingungen vorausgesetzt – bei der Ausgangs- 2,5 kbar und 670 °C wird die H2O-gesättigte Solidus-
zusammensetzung von 31 % Qz + 31 % Ab + 36 % Or. Wegen der stän-
dig sinkenden H2O-Aktivität lässt sich allerdings der Verlauf des Gleich-
kurve erreicht und das gesamte Magma kristallisiert
gewichts-Schmelzens in der Ebene Qz–Ab–Or nicht eindeutig darstel- aus. Der Granitpluton hat demnach eine Intrusions-
len; die gleiche Schwierigkeit würde auch für fraktioniertes Schmelzen tiefe von knapp 10 km (Abb. 20.7).
gelten. Experimentelle Daten zeigen, dass bei Erniedrigung von aH2O 2. Demgegenüber ist der Aufstiegspfad C nahezu adia-
die Ab: Or-Verhältnisse der ternären Minima bzw. Eutektika leicht, bei batisch, d. h. das Magma steigt so rasch auf, dass kaum
10 kbar sogar deutlich abnehmen, während die Qz:(Ab + Or)-Verhält-
Wärmeaustausch mit der Umgebung erfolgen kann.
nisse annähernd unverändert bleiben (Johannes u. Holtz 1996,Abb. 2.20).
Daher kommt es zum Dekompressionsschmelzen, und
Wie aus Abb. 20.3 hervorgeht, können in der Tiefe gebil- das Verhältnis Kristalle zu Schmelze nimmt mit dem
dete granitische Magmen nur so weit in der Erdkruste auf- Aufstieg kontinuierlich ab. Die H2O-Aktivität verän-
steigen, bis sie die P-T-Bedingungen des H2O-gesättigten dert sich dabei zunächst nur wenig und steigt erst bei
Solidus erreichen. Daher können Granit-Magmen, die weit Drücken unterhalb ca. 2 kbar stark an. Die H2O-ge-
über diesen Solidus aufgeheizt sind und geringe H2O-Ge- sättigte Soliduskurve wird bei einem Druck von etwa
halte aufweisen, in ein höheres Krustenniveau intrudieren 500 bar – entsprechend einem sehr seichten Intrusi-
als weniger heiße und H2O-reichere. Dabei spielt die Auf- onsniveau von knapp 2 km – und 765 °C erreicht, wo
stiegs- und Abkühlungsrate eine wichtige Rolle. das Magma erstarrt (Abb. 20.7).
Nach Johannes u. Holtz (1996) können wir drei Fälle 3. Der Aufstiegspfad B liegt zwischen diesen beiden Ex-
unterscheiden. Wir wollen sie anhand eines Granit-Mag- tremfällen. Die Abkühlungsrate nimmt gerade einen
mas, das bei P = 8 kbar, T = 820 °C und einem Gesamt- solchen Wert an, dass beim Aufstieg weder Kristallisa-
H2O-Gehalt von 2 Gew.-% gebildet wurde, erläutern tion noch Schmelzen stattfindet; das Kristall-Schmel-
(Abb. 20.7). Da bei diesen P-T-Bedingungen die Schmel- ze-Verhältnis bleibt also konstant. Das Magma erstarrt,
Abb. 20.7.
Das Druck-Temperatur-Diagramm zeigt die sche-
matischen Aufstiegspfade eines granitischen Mag-
mas mit einem Schmelzanteil von 50 %. A Pfad mit
langsamem Aufstieg und starker Abkühlung, so
dass die Schmelze kristallisiert. B Pfad ohne Kris-
tallisation oder Aufschmelzung, d. h. mit konstan-
tem Kristall-Schmelze-Verhältnis. C Pfad mit adi-
abatischem Aufstieg, so dass es zum Aufschmelzen
kommt. (Nach Johannes u. Holtz 1996)
20.2 · Experimente zur Granitgenese 319
wenn die H2O-gesättigte Soliduskurve bei ca. 1 kbar Das System Qz–Ab–An–Or–H2O ist infolge der lü-
entsprechend einer Tiefe von knapp 4 km und einer ckenlosen Mischkristallreihe im Zweistoffsystem Ab–An
Temperatur von 720 °C getroffen wird. (Abb. 18.4, S. 285) nicht eutektisch. Es gibt also keine
Schmelzzusammensetzung, die einem bestimmten
Ausgehend von einer Soliduskurve für aH2O von etwa 0,33 werden
beim Aufstieg des Granit-Magmas die Soliduskurven für immer hö- Temperaturminimum oder Eutektikum entspricht.
here H2O-Aktivitäten gekreuzt, bis der H2O-gesättigte Solidus mit Bei gegebenem Druck und einer bestimmten Pau-
aH2O = 1 erreicht ist. Dementsprechend muss sich auch die Zusam- schalzusammensetzung existiert daher immer ein
mensetzung der Schmelze, die ja den ternären Minima bzw. Eutekti- Temperaturintervall zwischen der H2O-gesättigten So-
ka für unterschiedliche H2O-Aktivitäten entspricht, und damit auch lidus- und der Liquiduskurve, d. h. zwischen dem be-
die Zusammensetzung des kristallinen Residuums verändern.
ginnenden und dem vollständigen Schmelzen von Gra-
Aus den experimentellen Ergebnissen folgt, dass der niten mit Zusammensetzungen, die den ternären Mini-
weit überwiegende Anteil der granitischen Magmen ma bzw. Eutektika entsprechen. Wie Abb. 20.8 zeigt,
als Plutone in der Erdkruste stecken bleiben. Nur nimmt die Solidustemperatur mit anwachsendem An-
ungewöhnlich heiße, H2O-arme Granit-Magmen, die Gehalt des Plagioklases zu, wobei allerdings der Tem-
nahezu adiabatisch aufsteigen, können die Erdober- peraturanstieg bei Plagioklasen mit niedrigen An-Gehal-
fläche erreichen und im Zuge von Vulkanausbrüchen ten, wie sie für Granite und Granodiorite typisch sind,
in Form rhyolitischer Laven, Tuffe oder Ignimbrite sehr gering ist. Nach Johannes (1984) wächst die Soli-
gefördert werden. Das ist jedoch viel seltener der Fall dustemperatur bei H2O-Drücken von 2 bzw. 5 kbar nur
als die Intrusion von Graniten. um 3 bzw. 4 °C an, wenn Albit durch einen Plagioklas An20
ersetzt wird, bei An40 sind es 11 bzw. 10 °C. Dementspre-
20.2.4 chend haben Unterschiede im An-Gehalt eines relativ Ab-
Das Modellsystem Qz–Ab–An–Or–H2O reichen Plagioklases nur einen geringen Einfluss auf den
Beginn des partiellen Schmelzens bei der Anatexis, wohl
Die experimentellen Ergebnisse im Haplogranit-System aber auf die Zusammensetzung der Schmelzen.
Qz–Ab–Or–H2O gelten – streng genommen – nur für
Bereits vor dem Albit (Gleichung (20.3)) erreicht Anorthit seine
plagioklasfreie Alkalifeldspat-Granite. Sehr viele Granite
obere Druckstabilität unter Bildung von Zoisit und Kyanit. Bei
und Granodiorite enthalten jedoch Plagioklas neben Al- Anwesenheit von Kalifeldspat kann zusätzlich auch Muscovit als
kalifeldspat, so dass man die Komponente An (Anorthit Abbauphase auftreten. Die entsprechenden Reaktionsgleichungen
= Ca2Al2Si2O8) berücksichtigen sollte. sind Abb. 20.8 zu entnehmen.
Abb. 20.8.
H2O-gesättigte Soliduskurven im System Qz–Ab–
An–Or–H2O für unterschiedliche An : (An + Ab)-
Verhältnisse. Eingetragen sind außerdem die obe-
ren Druck-Stabilitätskurven für Anorthit + Kali-
feldspat, Anorthit, Plagioklas (An20) + Kalifeldspat
und Plagioklas (An20). (Nach Johannes 1984)
320 20 · Die Herkunft des Granits
Die granitische Schmelze, die sich oberhalb der Sol- 6. Die meisten granitischen Magmen entstehen bei
idustemperatur bildet, nimmt das frei gewordene und frei hohen Temperaturen (>800 °C), wobei sich eine enge
werdende Wasser auf. Mit ansteigender Temperatur ver- Beziehung zwischen der Intrusion von Gabbro-
größert sich der Schmelzanteil, und die Untersättigung Magmen und der Entstehung von Graniten andeu-
der Schmelze an H2O wächst an, wie das bereits im ein- tet (Magmatic Underplating). Granite mit Bildungs-
fachen Modellsystem Qz–Ab–Or–H2O erläutert wurde temperaturen <800 °C werden oft als Schmelz-
(Abb. 20.6). Die als Restite innerhalb der Schmelze ver- produkte von Krustengesteinen angesehen, insbe-
bliebenen Reaktionsprodukte aus Altbestand bestehen sondere die peraluminosen Leukogranite, z. B. des
– neben Quarz, Kalifeldspat oder Plagioklas – aus Gra- Himalayas (z. B. Scaillet et al. 1995).
nat, Cordierit und Sillimanit/Kyanit oder aus Orthopy-
roxen und Klinopyroxen. Sondern sich granitische Mag-
Experimentelle Ergebnisse von Sisson et al. (2005) zeigen, dass auch
men in der tieferen Erdkruste unter hohen Drücken von durch partielles Schmelzen von basaltischen Gesteinen unter Bedin-
den Restgesteinen ab, so können weitgehend H2O-freie gungen der mittleren bis unteren Erdkruste granitische bzw.
oder H2O-arme Metamorphite entstehen, die man als rhyolithische Magmen entstehen können.
Granulite bezeichnet (s. Abschn. 28.3.5, S. 502f).
Entwässerungsschmelzen von Hornblende-führenden Weiterführende Literatur
Ausgangsgesteinen (Amphiboliten) wird als ein wichti-
ger erster Schritt in der Entwicklung kontinentaler Erd- Bonin B (2007) A-type granite and related rocks: Evolution of a
concept, problems and prospects. Lithos 97:1–29
kruste seit dem Archaikum angesehen. Dieser Vorgang
Chakhmouradian AR, Zaitsev AN (2012) Rare earth mineralization
führte offenbar zur Bildung tonalitischer Magmen, in igneous rocks: Sources and processes. Elements 8:347–353
während basische Granulite als Restgesteine zurückblie- Dall’Agnol R, Frost CD, Rämö OT (2012) IGCP Project 510 “A-type
ben. In den auf diese Weise gebildeten, ausgedehnten granites and related rocks through time”: Project vita, results,
Tonalit-Arealen kam es in einem weiteren Schritt des Ent- and contribution to granite research. Lithos 151:1–16
Frost BR, Frost CD (2008) A geochemical classification for feldspathic
wässerungsschmelzen zur Bildung granitischer Magmen
igneous rocks. J Petrol 49:1955–1969
(Wedepohl 1991). Frost BR, Barnes CG, Collins WJ, et al. (2001) A geochemical
Die wichtigsten Ergebnisse von Schmelzexperimenten classification for granitic rocks. J Petrol 42:2033–2048
an felsischem, metalumischem und peralumischem Aus- Haapala I, Rämö OT, Frindt S (2005) Comparison of Proterozoic and
gangsmaterial lassen sich folgendermaßen zusammen- Phanerozoic rift-related basaltic-granitic magmatism. Lithos
fassen (Johannes u. Holtz 1996, S. 261 und 263): 80:1–32
Johannes W, Holtz F (1996) Petrogenesis and experimental
petrology of granitic rocks. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg
1. Die anfänglichen Schmelztemperaturen, die in New York Tokyo
vielen natürlichen H2O-gesättigten felsischen Ge- Rämö OT (ed) (2005) Granitic systems. Lithos 80 (Ilmari Haapala
Volume), 402 p
steinen festgestellt wurden, sind ähnlich. Dieser Tuttle OF, Bowen NL (1958) Origin of granite in the light of experi-
Befund bestätigt die Ergebnisse, die im Modell- mental studies in the system NaAlSi3O8–KAlSi3O8–SiO2–H2O.
system Qz–Ab–Or gewonnen wurden. Geol Soc Am Mem 74, 153 p
2. Innerhalb gegebener Grenzen hat die pauschale Zu-
sammensetzung eines aus Quarz + Feldspat beste- Zitierte Literatur
henden Gesteins nur wenig Einfluss auf die einset-
Bowden P, Batchelor RA, Chappell BW, et al. (1984) Petrological,
zende Schmelzzusammensetzung; jedoch ändert
geochemical and source criteria for the classification of granitic
sich die Zusammensetzung der Schmelze mit Ver- rocks: A discussion. Phys Earth Planet Int 35:1–40
änderung von P, T und aH2O. Chappell BW, White AJR (1974) Two contrasting granite types.
3. Granitische Magmen sind nicht H2O-gesättigt. Sie Pacific Geol 8:173–174
bestehen vielmehr aus H2O-untersättigter Schmel- Chappell BW, White AJR (1992) I- and S-type granites in the Lachlan
ze und unterschiedlichen Mengen suspendierter Fold Belt. Trans Roy Soc Edinburgh, Earth Sci 83:1–26
Ebadi A, Johannes W (1991) Beginning of melting and composition
Kristalle. of first melts in the system Qz–Ab–Or–H2O–CO2. Contrib Mi-
4. Soweit H2O die einzige leichtflüchtige Komponente neral Petrol 106:286–295
ist, sind die Solidustemperaturen von Graniten un- Huang WL, Wyllie PJ (1975) Melting reactions in the system
abhängig von der H2O-Menge im System. Jedoch NaAlSi3O8–KAlSi3O8–SiO2 to 35 kilobars, dry and with excess
kontrolliert der H2O-Gehalt die prozentualen Schmelz- water. J Geol 83:737–748
Johannes W (1984) Beginning of melting in the granite system Qz–
anteile und die Liquidustemperatur bei gegebener Ab–Or–An–H2O. Contrib Mineral Petrol 86:264–273
Pauschalzusammensetzung innerhalb der Rand- Kennedy GC, Wasserburg GJ, Heard HC, Newton RC (1962) The
bedingungen P, T und aH2O. upper three-phase region in the system SiO2–H2O. Am J Sci
5. Granitische Magmen können sich in einem wei- 260:501–521
ten P-T-Bereich bilden und auskristallisieren. Luth WC, Jahns RH, Tuttle OF (1964) The granite system at
pressures of 4 to 10 kilobars. J Geophys Res 69:759–773
322 20 · Die Herkunft des Granits
Pearce JA, Harris NBW, Tindle AG (1984) Trace element discrimi- Sisson TW, Ratajeski K, Hankins WB, Glazner AF (2005) Voluminous
nation diagrams for the tectonic interpretation of granitic rocks. granitic magmas from common basaltic sources. Contrib Mine-
J Petrol 25:956–983 ral Petrol 148:635–661
Pitcher WS (1983) Granite type and tectonic environment. In: Hsu K (ed) Stewart DB (1967) Four phase curve in the system CaAl2Si2O8–SiO2–
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Scaillet B, Pichavant M, Roux J (1995) Experimental crystallization Winkler HGF (1979) Petrogenesis of metamorphic rocks, 5th edn.
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Shand SJ (1943) Eruptive rocks, 2nd edn. Wiley, New York Inst Washington Yearb 66:477–478
21
Orthomagmatische Erzlagerstätten
21.1 Bei der Kristallisation basischer Magmen kommt es oft zur syngenetischen
Einführung Anreicherung von Erzmineralen, wodurch weltwirtschaftlich bedeutsame Erz-
lagerstätten von Chromit, Titanomagnetit, Ilmenit, Nickelmagnetkies (Pyrrhotin
21.2 mit entmischten Pentlandit-Lamellen), Chalkopyrit (Kupferkies) und Platin-
Lagerstättenbildung metallen (Legierungen von Platin-Gruppen-Elementen PGE) entstehen können.
durch fraktionierte Zwei Bildungsmechanismen sind dabei von großer Wichtigkeit:
Kristallisation
1. die Anreicherung von Erzkristallisaten im Zuge von Vorgängen der fraktionierten
21.3 Kristallisation und
Lagerstättenbildung 2. die Bildung von sulfidischen oder oxidischen Erzschmelzen durch liquide Ent-
durch liquide mischung aus Sulfid-Oxid-führenden Silikatmagmen.
Entmischung
von Sulfid- und Sehr häufig spielen bei diesen Prozessen leichtflüchtige Komponenten,
Oxidschmelzen insbesondere H2O, eine wesentliche Rolle.
21.4
Erz- und Mineral-
Lagerstätten in
Karbonatit-Alkali-
Magmatit-Komplexen
21.1 21.1 dem System, so wird Punkt m erreicht, bei dem nun wieder eine
Einführung einheitliche Schmelze dieser Zusammensetzung mit Silikatkris-
tallen im Gleichgewicht steht. Unter Silikatfraktionierung erreicht
der weitere Abkühlungspfad bei Punkt Q die kotektische Linie, wo
Das Prinzip dieser wichtigen Lagerstätten-bildenden es wiederum zu Oxidkristallisation kommt. Aus der Gabbro-
Prozesse wollen wir anhand des hypothetischen Modell- schmelze Y bildet sich also durch liquide Entmischung ein sulfid-
systems Gabbro (Silikat)–Oxid–Sulfid verständlich ma- reiches Erz, durch fraktionierte Kristallisation ein oxidreiches Erz.
chen (Guilbert u. Park 1986). Abbildung 21.1a zeigt die
Projektion der Liquidusfläche auf die Konzentrations- In Wirklichkeit sind die erzbildenden Prozesse in der
ebene mit drei binären Eutektika, drei kotektischen Natur viel komplizierter. Insbesondere spielen leicht-
Linien und einem ternären Eutektikum. Bei Veränderung flüchtige Komponenten eine wichtige Rolle.
der äußeren Bedingungen, z. B. durch Hinzufügen von
21.2 CO2 zur fluiden Phase treten in diesem System Bereiche 21.2
auf, in denen keine einheitliche Schmelze mehr existiert, Lagerstättenbildung durch fraktionierte Kristallisation
sondern z. B. Silikat- und Sulfidschmelzen oder Silikat-
und Oxidschmelzen miteinander koexistieren. Die Zu- Bei der fraktionierten Kristallisation von basischen Mag-
sammensetzungen dieser koexistierenden Schmelzen, men kommt es zur Anreicherung oxidischer Erzminerale
z. B. A und B, C und D, F und G, sind durch Konoden wie Chromit, Ilmenit und Titanomagnetit sowie von
miteinander verbunden (Abb. 21.1b). Wir wollen die Platinmetallen (PGE-Legierungen). Solche Erze sind häu-
Kristallisationspfade von zwei silikatischen Schmelzen fig an schichtige Intrusionen (Layered Intrusions) von
verfolgen, die geringe Anteile an Oxid- und Sulfid- Gabbro bzw. Norit oder an deren Differentiate gebun-
schmelze gelöst enthalten (Abb. 21.1c). den, die durch ultramafische Gesteine wie Dunite, Peri-
dotite und Pyroxenite oder felsische Gesteine wie Anor-
Kühlt man die Schmelze X mit einem Sulfid/Oxid-Verhältnis von thosit repräsentiert werden. Die Erze können geschlos-
etwa 50 : 50 ab, so kristallisieren Silikat-Minerale wie Olivin, Pyro- sene Erzköper und Erzlagen in den mafischen Intrusio-
xen und Plagioklas aus. Bei weiterer Abkühlung und Fraktionie- nen bilden oder sind als untergeordnete Gemengteile im
rung dieser Silikat-Phasen entwickelt sich die Schmelzzusammen- Gestein verteilt. Typisch für schichtige Intrusionen sind
setzung in Richtung der kotektischen Linie E1–ET, wo sich bei Kumulatgefüge. Wie bereits in Abschn. 17.4.1 (S. 276ff) be-
Punkt P Silikate und Oxide gemeinsam aus der Schmelze ausschei-
den (Abb. 21.1c). Setzt man den Fraktionierungsvorgang fort, wird
schrieben, sind die mechanischen Prozesse, die zur Bildung
das ternäre Eutektikum ET erreicht und es kristallisiert zusätzlich von Kumulaten führen, sehr komplex. Gravitatives Absai-
Sulfid aus. Fraktionierte Kristallisation kann also aus einem Gab- gern oder Aufschwimmen auf Grund der Dichte-Unter-
bro-Magma X zu sulfidischen Erzkörpern führen, die geringe Ge- schiede zwischen Kristallen und Schmelze und Filter-
halte an Oxiden enthalten können. pressung sind mit Sicherheit nicht die einzigen Mecha-
Kühlt man dagegen Schmelze Y mit einem Sulfid/Oxid-Verhält-
nismen; Konvektionsvorgänge, Dichteströmungen (engl.
nis von ca. 85 : 15 ab, so wird nach Ausscheidung von Silikaten das
Gebiet erreicht, in dem eine Silikatschmelze A mit einer Sulfid- density currents) und in-situ-Kristallisation am Boden der
schmelze B koexistiert. Entfernt man bei weiterer Abkühlung die Magmenkammer spielen eine wichtige, fallweise sogar die
Silikatkristalle und die Tröpfchen von sulfidreicher Schmelze aus entscheidende Rolle.
Abb. 21.1. Schematische Darstellung eines Modellsystems Gabbro (Silikate)–Oxid–Sulfid. a Projektion der Liquidusfläche auf die Kon-
zentrationsebene mit drei kotektischen Linien und einem ternären Eutektikum ET. b Dasselbe System mit zwei Bereichen von liquider
Entmischung; die Zusammensetzungen koexistierender Silikat- und Sulfidschmelzen bzw. Silikat- und Oxidschmelzen sind durch Konoden
miteinander verbunden. c Unterschiedliche Kristallisationspfade von zwei ähnlich zusammengesetzten Ausgangsschmelzen X mit fraktionier-
ter Kristallisation und Y mit liquider Entmischung + fraktionierter Kristallisation (s. Text). (Mod. nach Guilbert u. Park 1986)
21.2 · Lagerstättenbildung durch fraktionierte Kristallisation 325
Wendet man das Stoke’sche Gesetz müssen, sondern auch relativ spät durch fraktionierte
Kristallisation von Silikat-Mineralen entstehen können.
[21.1] Das soll an einem einfachen Beispiel erläutert werden (Abb. 21.2a–e):
Abb. 21.3.
Bildung von Chromit-Lagerstätten durch
Magmenmischung, erläutert an Hand des
Dreistoffsystems Chromit–Olivin–SiO2.
a Kristallisationspfad einer Schmelze A:
A → B → C → D. b Bildung einer Chromit-
Vererzung F durch Mischung der hoch-
differenzierten Schmelze D mit einem
neuen Schub von primitiverem Magma,
das die Zusammensetzung E erreicht hat
(s. Text). Man beachte den stark vergrößer-
ten Maßstab für die Chromit-Gehalte.
(Mod. nach Irvine 1977, aus Evans 1993)
326 21 · Orthomagmatische Erzlagerstätten
ändert sich dagegen, wenn in die Magmenkammer ein frischer dieses Typs mit insgesamt 94 % der Weltvorräte an Chro-
Schub von primitivem basischen Magma A eindringt, das nur mit liegen im südlichen Afrika. Der Bushveld-Komplex
bis Punkt E fraktioniert und sich mit der differenzierten in Südafrika ist ein riesiger trichterförmiger Intrusivkör-
Schmelze D mischt. Jetzt liegt die Magmen-Zusammenset- per mit einer Oberflächenausdehnung von 460 × 250 km
zung im Ausscheidungsfeld von Chromit, z. B. bei F, und es und einer maximalen Mächtigkeit von 7,6 km (Abb. 21.4;
kristallisiert so lange Chromit aus, bis die kotektische Linie z. B. Naldrett et al. 2009, 2012; Yodovskaya u. Kinnaird
bei G wieder erreicht wird (Abb. 21.3b). Auf diese Weise kön- 2010), der seine Entstehung einem „Hot Spot“ im Erd-
nen aus einem basaltischen Magma mit relativ geringen Cr- mantel verdankt. Er besteht aus zwei Hauptintrusionen,
Gehalten Lagen oder Schlieren von Chromiterz entstehen. einem etwa 2 061 Ma (Ma = Millionen Jahre) alten Gab-
bro bis Norit mit Lagen von Harzburgit, Pyroxenit (ins-
21.2.1 besondere Bronzitit), Lherzolith und Anorthosit sowie
Chromit- und Chromit-PGE-Lagerstätten dem etwas jüngeren Bushveld-Granit, der sehr genau auf
2 054,4 ±1,8 Ma datiert wurde (Walraven u. Hatting 1993).
Chromit ist das einzige wirtschaftlich wichtige Cr-Erz- Die bis zu 2 m mächtigen chromitreichen Bänder befin-
mineral und seine Vorkommen als Chromeisenstein bil- den sich im unteren Teil der Norit-Intrusion (Abb. 21.4),
den wichtige Lagerstätten dieses Stahlveredlungsmetalls. insbesondere in der sog. kritischen Zone (Abb. 21.5); sie
Man unterscheidet grundsätzlich zwei verschiedene Ty- lassen sich im Gelände auf mehr als 100 km im Streichen
pen von Chromit-Lagerstätten: verfolgen. Die Vorräte belaufen sich auf mindestens
2 300 Mio. t, etwa 70 % der Weltvorräte. Der Great Dyke
stratiforme Chromit-Lagerstätten und („Großer Gang“) in Simbabwe ist ein etwa N-S-streichen-
podiforme (alpinotype) Chromit-Lagerstätten der, 530 km langer und maximal 9,5 km breiter schichtiger
Intrusiv-Komplex. Er ist ca. 2 575 Ma alt und stellt damit
Stratiforme Chromit-Lagerstätten (Bushveld-Typ). Sie sind das älteste Beispiel für eine große kontinentale Riftzone,
an schichtige Norit-Intrusionen in tektonisch stabilen ein „Failed Rift“ dar. In den maximal 45 cm mächtigen
Kratonen gebunden. Die weltweit größten Lagerstätten Chromitbändern stecken beachtliche Chromreserven.
Abb. 21.4.
a Profil durch den Ostteil des
Bushveld-Komplexes in der
Gegend westl. von Lydenburg.
(Nach Wagner 1929, aus Schnei-
derhöhn 1958). b Vereinfachte
geologische Karte des Bushveld-
Komplexes, Transvaal (Republik
Südafrika). (Nach Evans 1993)
21.2 · Lagerstättenbildung durch fraktionierte Kristallisation 327
Abb. 21.5.
Chromitit-Bänder im Bushveld-
Komplex, obere Subzone (UG-1)
der Kritischen Zone. Die Chro-
mitit-Lagen, die hier nur einige
Zentimeter mächtig sind, beste-
hen zu ca. 70 Vol.-% aus Chro-
mit; sie sind in Anorthosite
(Plagioklas An78–80) eingeschaltet.
Brücke über den Dwars River
zwischen Lydenburg und Loskop
Dam, östliches Bushveld. Der
Aufschluss ist ein National Mo-
nument. (Foto: Reiner Klemd)
Nicht selten sind stratiforme Chromit-Lagerstätten miterz-Reserven von 90 Mio. t, sondern enthält zu-
mit bauwürdigen Anreicherungen von Platinmetallen sätzlich gewaltige PGE-Reserven von mindestens 250 t,
(PGE) verknüpft. Ein wichtiges Beispiel ist der sog. und zwar vorwiegend Ir, Ru und Os (Distler et al. 2008).
UG2-Chromitit-Horizont im Bushveld-Komplex, der Die meisten podiformen Chromit-Lagerstätten von
mit Gehalten von 3,5–19 g / t PGE und Vorräten von wirtschaftlicher Bedeutung, insbesondere auf dem
5,4 · 10 9 t inzwischen das berühmte Merensky Reef Balkan, auf Zypern (Troodos-Komplex), in der Türkei,
(s. Abschn. 21.3.1, S. 328f ) an Bedeutung übertrifft. den Philippinen, in Neu-Kaledonien und auf Kuba, sind
Im Bushveld gibt es auch kleine schlotförmige Dunit- viel kleiner. Insgesamt enthalten podiforme Chromit-La-
körper, die wesentlich reicher an legierten Platinmetallen gerstätten nur 4 % der Weltvorräte an Cr.
sind, aber nur geringe wirtschaftliche Bedeutung besit-
zen (z. B. Scoon u. Mitchell 2010). Auch im Gebiet von 21.2.2
Nischnij Tagil im Ural sind PGE- und Chromit-Verer- Fe-Ti-Oxid-Lagerstätten
zungen miteinander verknüpft; allerdings werden hier
die PGE überwiegend aus sekundären Seifen-Lagerstät- Wichtigste Erzminerale sind Ilmenit (FeTiO3) und Tita-
ten gewonnen (Abschn. 25.2.7, S. 390). nomagnetit mit wirtschaftlich interessanten Vanadium-
Ebenfalls zum Bushveld-Typ gehört die stratiforme Gehalten. Titanomagnetit besteht aus einem Wirtkristall
Chromit-Lagerstätte Mount Bolshaya Varaka in der von Magnetit, in dem Entmischungslamellen von Ilme-
Layered Intrusion von Imandra (Kola-Halbinsel, Russ- nit // {111} sowie von Spinell und/oder Ulvöspinell // {100}
land), wobei allerdings die PGE-Minerale erst sekundär, eingelagert sind (Abschn. 7.2, S. 104ff). Die Fe-Ti-Oxid-
durch postmagmatische hydrothermale Vorgänge ange- erze sind an Anorthosite gebunden, wobei sich folgende
reichert wurden (Barkov und Fleet 2004). zwei Typen unterscheiden lassen:
Podiforme (alpinotype) Chromit-Lagerstätten. Sie sind an Layered Intrusions. In Layered Intrusions entstehen durch
Ophiolith-Komplexe gebunden, d. h. an Späne von ozea- fraktionierte Kristallisation von Gabbro- bzw. Norit-Mag-
nischer Lithosphäre, die obduziert wurden und als men Anorthosit-Lagen aus sehr basischem Plagioklas.
Deckenkomplexe Bestandteile von Orogenen bilden. Dabei können sich – ähnlich wie in Abb. 21.2 schematisch
Ihr Alter ist paläozoisch, oft aber jünger. Die Chromit- dargestellt – V-Ti-Fe-reiche oxidische Restschmelzen bil-
Vererzung steckt meist in Harzburgiten, deren Olivin den, die bei Erhöhung der Sauerstoff-Fugazität zu Tita-
häufig serpentinisiert ist. In diesem Nebengestein findet nomagnetit-Lagerstätten auskristallisieren. Das bekann-
sich Chromit in Bändern, Schlieren, Knollen oder ko- teste Beispiel ist die Titanomagnetit-Lage im oberen Be-
kardenförmigen Aggregaten. Geringere Mengen davon reich des Bushveld-Komplexes (Abb. 21.4), die erhebliche
sind in Körnern eingesprengt. Die bedeutendsten Lager- V-Reserven enthält. Weitere Beispiele sind der Stillwater-
stätten liegen im Ural, z. B. im ultrabasischen Massiv Komplex in Montana (USA) und der Duluth-Gabbro-Kom-
von Kempirsai. Dieses verfügt nicht nur über Chro- plex in Minnesota (USA).
328 21 · Orthomagmatische Erzlagerstätten
Anorthosit-Massive. Große Anorthosit-Massive, meist Wichtige Erzminerale sind Pyrrhotin Fe1–xS, Pentlan-
von proterozoischem Alter, haben sich wahrscheinlich dit (Ni,Fe)9S8 und Chalkopyrit CuFeS2. Unter dem Erz-
durch fraktionierte Kristallisation von riesigen Mengen mikroskop erkennt man, dass Pentlandit charakteristi-
basaltischer Schmelze an der Krusten-Mantel-Grenze sche, flammenförmige Entmischungskörper im Pyrrho-
gebildet und sind als Kristallbrei in die mittlere Kruste tin bildet oder sich auf den Korngrenzen des Pyrrhotins
intrudiert (Ashwall 1993). Sie können erhebliche befindet (Abb. 21.7). Diese Verwachsungsaggregate, die
Ilmenit-Konzentrationen enthalten. Die Lagerstätten man als Nickelmagnetkies bezeichnet, entstanden durch
von Tellnes im Anorthosit-Gürtel Südnorwegens und Entmischung aus einem Hochtemperatur-Mischkristall
von Lac Tio im Gebiet des Allard Lake in Quebec (Kana- bei Abkühlung auf <610 °C.
da) stellen mit Erzreserven von 300 bzw. 125 Mio. t die
größten Ilmenit-Vererzungen der Erde dar. Die bekann- 21.3.1
ten Lagerstätten von Taberg und Routivaara (Schweden) Nickelmagnetkies-Kupferkies-PGE-Lagerstätten
sind auflässig. in Noriten und Pyroxeniten
Abb. 21.6.
Geologische Übersichtskarte
des Lagerstättenbezirks von
Sudbury (Ontario) mit den
wichtigsten Cu-Ni-Lagerstät-
ten. (Aus Evans 1993)
ser entstand. Innerhalb weiterer 5 Minuten relaxierte dieser gewaltige wodurch sich Durchschnittsgehalte von ca. 61 g / t Ni,
Hohlraum und es bildete sich ein Multi-Ring-Krater von ca. 200 km 59 g / t Cu, 4 mg / t Pd und 4 mg / t Pt ergaben. In dem
Durchmesser, der mit einem 3 km tiefen Magma-See von ca. 30000 km3
1 700 °C heißen Magma konnte etwa 5 mal so viel Schwe-
Inhalt gefüllt wurde. Während der Meteorit stellenweise eine Tempe-
ratur von etwa 2 500 °C erreichte und daher vollständig verdampfte, fel gelöst werden, wie das am Liquidus möglich ist. Bei
hatte das Magma „nur“ eine Temperatur von ca. 1700 °C, lag aber da- der Abkühlung des Magmas wurde die Sättigungsgrenze
mit weit über seiner Liquidus-Temperatur von ca. 1 200 °C. Diese über- für S unterschritten. Es kam zur Bildung und zum Ab-
hitzte Impaktschmelze stellte eine Emulsion dar, in der die unterschied- saigern von Ni-Cu-PGE-Schmelzen, die im Sublayer an-
lichsten Anteile des aufgeschmolzenen Untergrundes in Form von gereichert wurden und in Form der Offsets ins Neben-
hochviskosen Tropfen und Klumpen nebeneinander vorlagen, quasi
eine geschmolzene Breccie. Durch physikalische Dichte-Trennung der
gestein intrudierten.
größeren Tropfen, die rascher erfolgte als die chemische Homogeni- Die Offsets werden als Intrusionen von Sulfidschmelze
sierung durch Diffusion, saigerten die dunklen Schmelzanteile ab, in das durch den Schock zerbrochene Nebengestein ge-
während die hellen aufstiegen. Durch diesen Vorgang, der viscous deutet (z. B. Keays u. Lightfoot 2004). Es lässt sich aller-
emulsion differentiation, entstanden innerhalb einiger Jahre zwei dings nicht ausschließen, dass im Gebiet von Sudbury
Magmaschichten, die durch Konvektion homogenisiert wurden, wäh- schon vor dem Impakt-Ereignis eine thermische Anoma-
rend es im Grenzbereich zwischen beiden Schichten, der Übergangs-
zone, zur Anreicherung von noch verbliebenen festen Gesteinsanteilen
lie im Erdmantel (Hot Spot) existierte, der zur Bildung
kam. Während eines Zeitraums von 10000 bis 100000 Jahren führte von Mantelschmelzen führte. Die ursprünglich runde
konduktiver Wärmetransport zur Abkühlung der beiden Magma- Form des Impakt-Kraters (Abschn. 31.1, S. 548f) wurde
schichten, wobei die obere Schicht zu einem Granophyr, die untere zu später bei der Grenville-Orogenese elliptisch verformt.
einem Norit auskristallisierte (vgl. Abschn. 17.4.2, S. 279). Ein weiteres bemerkenswertes Beispiel ist das Merensky-
Reef im Bushveld-Komplex (Abb. 21.4), das 1924 von
Nach Keays u. Lightfoot (2004) wurden in der über- Andries Lombaard entdeckt, von dem deutschen Berg-
hitzten Impaktschmelze alle Sulfidminerale aufgelöst, die bau-Ingenieur Dr. Hans Merensky näher untersucht und
im durchschlagenen Gesteinsverband vorhanden waren, auf Wunsch von Lombaard nach ihm benannt wurde. Es
330 21 · Orthomagmatische Erzlagerstätten
Abb. 21.7. Nickelmagnetkies aus der Lagerstätte Sudbury (Ontario, Kanada). Körner von Pyrrhotin (hell rötlichbraun) mit flammen-förmigen
Entmischungslamellen von Pentlandit (gelblichweiß) neben Körnern von Pentlandit mit fleckig entmischtem Pyrrhotin sowie Chalkopyrit
(goldgelb) und Silikatmineralen (dunkelgrau bis fast schwarz). Mikrofoto im reflektierten Licht bei 1 Nic. a Übersichtsfoto, Bildbreite 0,9 mm;
b Detailfoto des markierten Ausschnitts, Bildbreite 0,2 mm. (Foto: K.-P. Kelber)
handelt sich um eine Lage von sehr grobkörnigem, (Pt,Pd)S, Braggit (Pt,Pd,Ni)S, Sperrylith PtAs2, Laurit
feldspatführendem Pyroxenit bis Norit, die in ihrem Ge- RuS2, Stibiopalladinit Pd5Sb2 und ged. Ferroplatin; ferner
füge an einen Pegmatit erinnert und sich durch ihren tritt ged. Gold auf. Die Elemente Pt und Pd überwiegen
viel höheren Gehalt an Platinmetallen von den meisten sehr stark gegenüber der Summe der übrigen Platin-
orthomagmatischen Sulfiderz-Lagerstätten unterschei- metalle. Obwohl eine orthomagmatische Entstehung des
det. Das Merensky-Reef, dessen Alter sehr genau auf Merensky-Reefs unbestritten ist (Naldrett 1989, 2005;
2 054 ±1 Ma datiert wurde (Scoates u. Friedman 2008), Kruger 2005), werden die Prozesse, die zur Konzentrati-
ist meist 30–90 cm mächtig und lässt sich mit Unterbre- on der PGE führten, sehr kontrovers diskutiert. Ballhaus
chungen auf mehrere 100 km im Gelände verfolgen. Im u. Stumpfl (1986) gehen von liquider Entmischung einer
Liegenden und Hangenden wird es durch Chromit-Bän- Sulfid- und einer Silikatschmelze aus; dabei entstand eine
der begrenzt, in deren Bereich die maximalen PGE-Ge- chloridreiche wässerige fluide Phase, in der die PGE ge-
halte auftreten (z. B. Naldrett et al. 2009). Der Sulfidan- löst wurden und aus der sie bei weiterer Abkühlung aus-
teil erreicht rund 3 %, stellenweise etwas mehr. Sulfid- kristallisierten. In manchen Fällen hat eine postmag-
minerale sind im Wesentlichen Pyrrhotin, Pentlandit, matische Überprägung durch hydrothermale Fluide zur
Chalkopyrit und Pyrit. Der Anteil an Pentlandit gegenü- Rekristallisation und Umlagerung der PGE-Minerale ge-
ber Pyrrhotin ist etwa 10- bis 20-mal so hoch und der führt, wie das z. B im Merensky-Reef, im J-M-Reef des
Gehalt an Platinmetallen mit 3–11 g/ t Gestein deutlich Stillwater-Komplexes (Montana, USA; z. B. Keays et al.
größer als in Sudbury. Die bekannten Reserven liegen 2012) und in der Lagerstätte Raglan (Quebec, Kanada) be-
bei 33 000 t, im neu entdeckten Platreef im NE-Teil des schrieben wird (Prichard et al. 2004; Polovina et al. 2004;
Bushveld-Komplexes sogar bei 41 000 t mit PGE-Gehal- Seabrook et al. 2004).
ten von 7–27 g/ t. Etwa 60 % der Platinmetalle sind im Ähnliche PGE-Lagerstätten sind an den Great Dike
Kristallgitter von Pentlandit, Pyrrhotin und Pyrit einge- (Simbabwe; z. B. Locmelis et al. 2010), die ultramafische
baut; 40 % bilden eigene PGE-Minerale wie Cooperit Jinchuan-Intrusion (China) und an die Gabbro-Intrusi-
21.4 · Erz- und Mineral-Lagerstätten in Karbonatit-Alkali-Magmatit-Komplexen 331
onen von Norilsk und Talnakh am unteren Jenissei handelt sich um enorm große Metallkonzentrationen mit
(Sibirien) gebunden. Mit 100 t PGE/Jahr ist Norilsk mit 60–67 % Fe und bis zu 5 % P. Die Erzkörper der 7 Einzel-
großem Abstand der wichtigste Platinmetall-Produzent lagerstätten sind in felsische bis intermediäre (sub)vul-
der Russischen Föderation. kanische Gesteine eingeschaltet, die deformiert und me-
tamorph überprägt werden. Der größte Erzkörper Kiruna-
21.3.2 vaara ist 40 km lang und 80–90 m mächtig; er wird im
Nickelmagnetkies-Kupferkies-Lagerstätten in Komatiiten derzeit größten Untertagebergwerk der Welt abgebaut.
Der Magneteisenstein von Kiruna enthält Ti-freien Mag-
Komatiite sind ultramafische Vulkanite mit extrem hoher netit mit eingesprengtem oder in Streifen angereichertem
Liquidus-Temperatur, die – meist metamorph überprägt Fluorapatit Ca5[F/(PO4)3]. Magnetit ist teilweise sekundär
– archaische Grünstein-Gürtel aufbauen. Ihre Förderung in Hämatit umgewandelt (Martitisierung). Durch Einwir-
in Form von Laven und Gängen belegt, dass während des kung der fluiden Phase haben sich besonders in den rand-
Archaikums ein erheblich höherer geothermischer Gra- lichen Partien der Erzkörper Skapolith (Abschn. 11.6.4,
dient geherrscht hatte als später im Proterozoikum und S. 200), Albit und/oder Turmalin gebildet. Auch das Ne-
Phanerozoikum. Liquide Entmischung von Sulfidschmel- bengestein ist häufig, vom Erzkörper ausgehend, sekun-
zen führte zur Bildung beachtlicher Ni- und Cu-Konzen- där skapolithisiert und albitisiert. Das Kiruna-Erz spielt
trationen mit Pyrrhotin, Pentlandit, Chalkopyrit und für die europäische und besonders für die deutsche
Pyrit als wichtigste Erzminerale; der PGE-Anteil ist ge- Schwermetallindustrie eine bedeutende Rolle, nicht
ring. An der Basis der Lavaströme finden sich massive zuletzt wegen seines zusätzlichen hohen Phosphorgehalts.
Erzköper; mit scharfer Grenze folgt eine Zone von ultra- Weitere Eisenerzvorkommen dieser Art sind z. B.
basischem Gestein, das von einem Netzwerk von Sulfid- Grängesberg (Schweden), Pea Ridge und Iron Mountain
erz durchsetzt wird; darüber folgen – wiederum scharf (Missouri), Cerro de Mercado und Durango (Mexiko)
abgegrenzt – Ultramafitite mit geringen oder fehlenden sowie Savage River (Tasmanien). Darüber hinaus sind
Erzgehalten (Barnes et al. 2004; Stone et al. 2004). Häufig wirtschaftlich wichtige Magnetit-Apatit-Vererzungen an
wurden die Erzkonzentrationen, die an Komatiite gebun- Karbonatite gebunden, die im folgenden Abschnitt be-
den sind, durch die metamorphe Überprägung verändert. schrieben werden.
Dabei kam es zum oxidativen Abbau von Pyrrhotin unter
Bildung von Pyrit und Magnetit nach der Gleichung 21.4 21.4
Erz- und Mineral-Lagerstätten
12FeS + 6O2 → 3FeFe2O4 + 3FeS2 + 3S2 (21.1) in Karbonatit-Alkali-Magmatit-Komplexen
und damit zur relativen Anreicherung von Ni (Stone et al. Karbonatite und foidführende Alkali-Magmatite sind
2004). Wirtschaftlich wichtige Beispiele sind der Kam- häufig, aber nicht immer miteinander assoziiert. Sie bil-
balda-Distrikt in Westaustralien, die Alexo-Mine bei den Intrusivkomplexe, z. T. in Form von Ringkomplexen,
Timmins in Ontario (Kanada; z. B. Houlé et al. 2012), die sowie Gangschwärme und Vulkane in intrakontinentalen
Ni-Lagerstätte Mount Keith im Yilgarn-Kraton (West- Riftzonen, oder sie sind an größere Störungszonen im Be-
Australien; z. B. Barnes et al. 2011) sowie einige Lager- reich von stabilen Kratonen gebunden. In vielen Fällen
stätten in Simbabwe und Südafrika (Komati River). lässt sich eine Hot-Spot-Situation annehmen. Es unter-
An pikritische Tholeiit-Laven sind die Sulfiderze von liegt keinem Zweifel, dass sich Karbonatite durch liquide
Petsamo (Petchenga) in Karelien (Russland) und von Entmischung von Mantelschmelzen gebildet haben.
Lynn Lake in Manitoba (Kanada) gebunden. Dabei und durch anschließende fraktionierte Kristalli-
sation kommt es zur Anreicherung von Apatit, Mag-
21.3.3 netit, dem Nb-Mineral Pyrochlor (Ca,Na)2Nb2(O,OH,F)7,
Magnetit-Apatit-Lagerstätten von Xenotim Y[PO 4], den Zr-Mineralen Zirkon und
Baddeleyit ZrO2 sowie von SEE-Mineralen wie Monazit
Bei hohen Gehalten an leichtflüchtigen Komponenten wie (Ce,La,Nd)[PO4], Bastnäsit (Ce,La,Nd,Y)[(F,OH)/CO3],
H2O, CO2, F, Cl, P2O5 und B2O3 können sich auch oxidische Parisit Ca(Nd,Ce,La)2[F2/(CO3)2], Burbankit (Na,Ca)3
Erzmagmen im flüssigen Zustand absondern und selb- (Sr,Ba,Ce) 3[CO3]5 und Loparit (Na,Ce,Ca)(Ti,Nb)O 3.
ständige Intrusivkörper bilden oder sogar als Laven aus- Daneben können Karbonatit-Alkali-Magmatit-Komplexe
fließen. Eine solche liquidmagmatische Entstehung wird Industrieminerale wie Fluorit, Baryt und Strontianit in
für die wirtschaftlich sehr bedeutende Eisenerzlagerstät- wirtschaftlich bedeutenden Mengen enthalten.
te von Kiruna in Nordschweden angenommen, wobei um- So befindet sich einer der weltgrößten Lagerstätten von
stritten ist, ob die Erzschmelzen intrusiv oder extrusiv Seltenerd-Elementen im Mountain-Pass-Karbonatit in Ka-
gefördert wurden. (Manche Autoren bevorzugen sogar lifornien (USA). Sie wird noch übertroffen von der Riesen-
eine vulkanogene Genese; Abschn. 23.5.4, S. 365f). Es lagerstätte Bayan Obo (Innere Mongolei, Nordchina), die
332 21 · Orthomagmatische Erzlagerstätten
70 % der Weltvorräte an SEE-Mineralen (hauptsächlich Chakhmouradian AR, Wall F (2012) Rare earth elements: Minerals,
Basnäsit, Parisit, Monazit), entsprechend 48 Mio. t REE2O3 mines, magnets (and more). Elements 8:333–340
Chakhmouradian AR, Zaitsev AN (2012) Rare earth mineralization
sowie 2,2 Mio. t Nb 2O5 enthält (Kynicky et al. 2012).
in igneous rocks: Sources and processes. Elements 8:347–353
Darüber hinaus sind Vorräte von 470 Mio. t Eisen und Evans AM (1993) Ore geology and industrial minerals, 3rd edn.
130 Mio. t Fluorit nachgewiesen. Blackwell Science, Oxford
Guilbert JM, Park CF (1986) The geology of ore deposits, 4th edn.
Freeman, New York
Die Genese dieser Lagerstätte, die im Nord-China-Kraton liegt,
Hatch GP (2012) Dynamics of the global market for rare earths. Ele-
ist im Einzelnen noch umstritten (z. B. Laznika 2006; Kynicky et al.
ments 8:341–346
2012). Zwar treten die Vererzungen schichtgebunden in metamorph
Jourdan F, Reimold WU, Deutsch A (2012) Dating terrestrial impact
überprägten Sedimentgesteinen proterozoischen Alters auf, und
structures. Elements 8:49–53
zwar hauptsächlich in Dolomit-Marmoren, in denen sie lagige und
Keays RR, Lightfoot PC (2004) Formation of Ni-Cu-platinum group
linsen-förmige Körper, Adern und Imprägnationen bilden. Jedoch
element sulfide mineralization in the Sudbury Impact Melt Sheet.
stammen die Wertmetalle mit größter Wahrscheinlichkeit aus
Mineral Petrol 82:217–258
Karbonatit-Magmen, die in unmittelbarer Nachbarschaft der La-
Kruger FJ (2005) Filling the Bushveld Complex magma chamber:
gerstätte als diskordante Karbonatit-Gänge dokumentiert sind
Lateral expansion, roof and floor interaction, magma uncon-
(z. B. Le Bas et al. 1992; Yang et al. 2011).
formities, and the formation of giant chromitite, PGE and Ti-V-
magnetite deposits. Mineral Depos 40:451–472
Ebenfalls an Karbonatit-Alkali-Magmatit-Komplexe Laznicka P (2006) Giant Metallic Deposits. Springer-Verlag, Berlin
sind die berühmten Magnetit-Apatit-Lagerstätten von Heidelberg New York
Lesher CM, Lightfoot PC (2012) Preface for thematic issue on Ni–
Kovdor, Chibiny und Lovozero auf der Kola-Halbinsel
Cu–PGE deposits. Mineral Dep 47:1–2
(Russland) sowie von Sokli (Finnland) gebunden. Die Maier WD, Groves DI (2011) Temporal and spatial controls on the
Apatit-Konzentrate enthalten hier wirtschaftlich interes- formation of magmatic PGE and Ni-Cu deposits. Mineral Dep
sante Mengen von SrO, SEE und Re2O3. 46:841–857
Im ca. 2 Milliarden Jahre (2 Ga) alten Karbonatit-Alkali- Naldrett AJ (1989) Magmatic sulphide deposits. Oxford Univ Press,
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Magmatit-Komplex von Phalaborwa (Palabora) in Trans-
Naldrett AJ (2005) A history of our understanding of magmatic Ni-
vaal (Südafrika) treten bauwürdige Konzentrationen von Cu sulfide deposits. Canad Mineral 43:2069–2098
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Chalkosin und Valleriit (Fe,Cu)S · 0,75 (Mg,Al,Fe)(OH)2 (PGE) sulfide deposit. South African J Geol 113:1–32
auf, die im zweitgrößten Tagebau der Welt abgebaut wer- Pirajno F (2004) Hotspots and mantle plumes: Global intraplate
den. Die Sulfid-Vererzung hat sich in einem sehr frühen tectonics, magmatism and ore deposits. Mineral Petrol 82:
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Stadium der magmatischen Entwicklung durch liquide Stanton RL (1972) Ore petrology. McGraw-Hill, New York
Entmischung einer Kupfersulfidschmelze gebildet. Als Stone WE, Beresford (2004) New frontiers in research on NiS-PGE
Beiprodukte werden Magnetit, Apatit, Au, Ag, PGE, U, Zr mineralization: Introduction and overview. Mineral Petrol
u. a. gewonnen. Ein nahegelegener Tagebau wurde in ei- 82:179–182
nem Apatit-reichen Pyroxenit angelegt, der die derzeit
größte magmatische Apatit-Lagerstätte der Erde darstellt
Zitierte Literatur
(Evans 1993). Schließlich wird in Phalaborwa noch das Ballhaus CG, Stumpfl EG (1986) Sulfide and platinum mineralization
Industriemineral Vermiculit, ein quellfähiges Schicht- in the Merensky Reef: Evidence from hydrous minerals and fluid
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22
Pegmatite
22.1 22.1 Schematisch gezeigt ist auch die Löslichkeit der Granit-Kompo-
Theoretische Überlegungen nenten im Wasserdampf G–C–E, die mit sinkender Temperatur
abnimmt. Beide Kurven treffen sich im kritischen Punkt des Sys-
tems, oberhalb dessen es zwischen Schmelzphase und Dampfphase
Um die Entwicklung eines granitischen Magmas bis keinen Unterschied mehr gibt, sondern nur noch eine einheitliche
hin zum pegmatitischen Stadium zu verstehen, können fluide Phase existiert (Abb. 18.1, S. 282). Aus experimentellen Un-
wir zunächst auf den experimentellen Untersuchungen tersuchungen im einfachen Modellsystem Ab–H2O lässt sich jedoch
im vereinfachten Granit-System Qz–Or–Ab(–An)–H2O entnehmen, dass überkritisches Verhalten von granitischen
Schmelzen im reinen Modellsystem Qz–Or–Ab (–An)–H2O in der
(Abschn. 20.2, S. 313ff) aufbauen. Grundlegend dabei
Erdkruste nur bei unrealistisch hohen Temperaturen von weit über
ist die Löslichkeit von H2O in der Schmelze. Wir betrach- 1 500 °C zu erwarten ist; erst bei Drücken des oberen Erdmantels
ten das T-X-Diagramm Granit–H2O (Abb. 22.1a), das sinkt der kritische Punkt auf <1 000 °C ab (z. B. Paillat et al. 1992;
von Whitney (1975) an einem synthetischen, Fe- und Sowerby u. Keppler 2002).
Mg-freien Modellgranit, bestehend aus 26,5 % Qz,
34 % Or, 32 % Ab und 7,5 % An bei einem konstantem Aus einem H2O-freien Granit-Magma kristallisieren
Gesamtdruck von 2 kbar bestimmt wurde. Dargestellt bei Erreichen der Liquiduskurve bei ca. 1 180 °C (Punkt A)
sind die Liquiduskurve A–B–C, die Soliduskurve D–E, nacheinander Plagioklas, Alkalifeldspat und Quarz aus,
die Löslichkeitskurve von H 2O in der Schmelze F–B bis bei 700 °C (Punkt D) die Soliduskurve unterschritten
und die Grenzkurve zwischen H2O-Untersättigung und wird. Die gleiche Ausscheidungsfolge ergibt sich für ein
H2O-Übersättigung B–D. Die maximale Löslichkeit von Granit-Magma mit 2 % H2O, wobei jedoch die Liquidus-
H2O in der Granitschmelze, die bei 840 °C (P = 2 kbar) Temperatur auf ca. 1 030 °C sinkt. Bei weiterer Abkühlung
erreicht ist, beträgt ca. 6,5 Gew.-% (Punkt B). Mit stei- wird die Schmelze immer H2O-reicher und es wird – ab-
gender Temperatur nimmt die H2O-Löslichkeit ab, wie hängig von der genauen Zusammensetzung der Schmelze
man aus dem Verlauf der Kurve B–F entnehmen kann; – die Grenzkurve B–D überschritten. Jetzt wird eine H2O-
man bezeichnet dieses Verhalten als retrograde Löslich- reiche Dampfphase (V) freigesetzt, die zunächst Bläschen
keit. Demgegenüber kann man an der Grenzkurve B–D in der Schmelze bildet oder in Form von Flüssigkeits-Ein-
den H2O-Gehalt in der Schmelze nicht ablesen, da das schlüssen (Kap. 12, S. 207ff) in die wachsenden Kristalle
Diagramm kein Zweistoffsystem, sondern nur einen eingeschlossen wird. Man bezeichnet das Sieden bei Ab-
peudobinären Schnitt durch das Mehrstoffsystem kühlung und/oder bei Druckentlastung als retrogrades
Granit–H2O darstellt. Sieden, wie wir es im täglichen Leben z. B. beim Öffnen
Abb. 22.1. a T-X-Diagramm für das System Granit–H2O bei Ptot = 2 kbar. Erläuterungen im Text. (Nach Whitney 1975). b H2O-Gehalte
von Schmelzeinschlüssen im Pegmatit-Quarz von Ehrenfriedersdorf (Sächsisches Erzgebirge) in Abhängigkeit von der Temperatur bei
einem Gesamtdruck von ca. 1 kbar. Schmelze A zeigt prograde, Schmelze B retrograde Löslichkeit von H2O. Oberhalb des kritischen
Punktes bei 712 °C liegt nur eine einheitliche H2O-reiche überkritische Schmelzphase vor. (Nach Thomas et al. 2000)
22.2 · Geologisches Auftreten und Petrographie von Pegmatiten 337
einer Seltersflasche beobachten können. Unterhalb der Bei einem Druck von etwa 1 kbar und 500 °C enthielt Schmelze A ca.
Linie B–C koexistieren Pl + L + V miteinander; bei wei- 2,5 %, Schmelze B ca. 47 % H2O. Mit zunehmender Temperatur nahm
der H2O-Gehalt in Schmelze A zu (prograde Löslichkeit), in Schmel-
terer Abkühlung kommen Akf und Qz hinzu (Abb. 22.1a).
ze B dagegen ab (retrograde Löslichkeit); die beiden Löslichkeits-
Nach Jahns u. Burnham (1969) können Granite mit kurven vereinigen sich in einem kritischen Punkt bei 712 °C und
pegmatitischem Gefüge bereits im unteren Bereich der 21 % H2O, über dem nur noch eine einheitliche, überkritische Schmelz-
Liquiduskurve A–B entstehen, wo das Magma schon sehr phase existiert (Abb. 22.1b). Die wasserreiche Schmelze B ist an H3BO3,
H2O-reich ist. Entscheidend für die Entstehung von ty- Cl und Cs angereichert, während F und PO42– bevorzugt in der was-
serarmen Schmelze A gelöst werden. Bei der Abkühlung der Schmel-
pischen riesenkörnigen Pegmatiten ist aber das Auftre-
zen schied sich im Temperaturbereich von 650–550 °C Kassiterit aus
ten einer eigenen Dampfphase nach Überschreiten der (Rickers et al. 2006). Bei Abkühlung beider Schmelzen wurde eine
Grenzkurve B–D, durch die die Diffusionsgeschwindig- Bor-reiche, stark salzhaltige (hypersaline) Lauge freigesetzt, aus der
keit und damit das Kristallwachstum enorm begünstigt bei etwa 400–370 °C eine zweite Kassiterit-Generation auskristalli-
werden. Gleichzeitig können sich durch Abschreckung sierte. Außerdem war eine H2O-reiche Dampfphase vorhanden.
der an H2O verarmten Restschmelze feinkörnige Aplite
bilden, wie sie häufig mit Pegmatiten assoziiert sind. Der Nachweis von zwei miteinander koexistierenden
Unterhalb der Soliduskurve D–E ist die letzte Schmelze Schmelzen mit unterschiedlichen Gehalten an H2O und
verschwunden; es bleibt nur noch die Dampfphase üb- starker Fraktionierung der seltenen Elemente erweitert
rig, aus der sich späte Mineralbildungen ausscheiden das einfache Modell von Jahns u. Burnham (1969) und
können. Bei Unterschreiten der kritischen Temperatur bietet realistische Hinweise darauf, wie sich Pegmatite
(für reines Wasser 374 °C) kondensiert der Dampf und in der Natur bilden könnten.
es entsteht eine hydrothermale Lösung.
Gegenüber dem vereinfachten System Qz–Or–Ab–An– 22.2 22.2
H2O hat die Beteiligung von zusätzlichen leichtflüchtigen Geologisches Auftreten und Petrographie
Komponenten wie F, Cl, H3BO3, HCO3–, CO32–, SO42– oder von Pegmatiten
PO42– sowie von seltenen Elementen wie Li, Rb, Cs oder Be
dramatische Änderungen zur Folge: Wegen ihrer hohen Gehalte an leichtflüchtigen Komponen-
ten weisen die Pegmatitschmelzen eine geringe Viskosität
1. Die Liquidus- und Solidus-Temperaturen sinken be- auf und sind daher sehr beweglich. So gelangen sie in auf-
trächtlich. So ergab die experimentelle Kristallisati- gerissene Spalten oder in Hohlräume innerhalb des Plutons,
on einer Granitschmelze mit erhöhten Gehalten an Li, F, aus dem sie stammen, oder in dessen Nebengestein. Als
H3BO3 und PO2– 4 bei 2 kbar für die Punkte A ca. 950 °C, Füllungen von Spalten bilden sie Pegmatitgänge, als Fül-
B ca. 700 °C und D ca. 450 °C (London 1992). Damit lungen größerer Hohlräume selbständige Pegmatitstöcke,
entspräche die Temperaturspanne zwischen B und D die nicht selten beachtliche Ausmaße erreichen.
etwa dem Bereich, der für die Bildung der meisten Pegmatitgänge sind wechselhaft ausgebildet: häufig
Pegmatite angenommen wird. an- und abschwellend in ihrer Mächtigkeit, bauchig oder
2. Die Löslichkeit von H2O in der Granitschmelze steigt linsenförmig, seltener plattenförmig. Das Nebengestein
an, z. B. bei den Experimenten von London et al. (1989) durchsetzen sie diskordant; in anderen Fällen passen sie
bei PH2O = 2 kbar auf maximal 11,5 % bei Punkt B. sich abwechselnd konkordant oder diskordant einem äl-
3. Die kritischen Temperaturen, oberhalb derer man teren, vorgegebenen Gefüge des Nebengesteins an. Peg-
nicht mehr zwischen Schmelzphase und Dampfphase matitgänge treten besonders häufig im Randbereich, ins-
unterscheiden kann, sinken drastisch, so dass man besondere im Dachbereich von Granitplutonen und
insbesondere gegen Ende des pegmatitischen Stadi- deren Nachbarschaft auf. Mitunter ist die Außenzone
ums mit der Existenz von überkritischen Fluiden rech- feinkörnig (aplitisch) entwickelt (Abb. 22.2). Größere,
nen kann (z. B. Thomas et al. 2000, 2003; Sowerby u. Pegmatitstöcke, aber auch Pegmatitgänge zeigen häufig
Keppler 2002). Überkritisches oder unterkritisches eine gut ausgebildete zonare Anordnung der Mineralaus-
Verhalten hängen sehr stark vom Belastungsdruck und scheidungen. Dabei durchsetzen oder verdrängen die
von der chemischen Zusammensetzung der Fluide ab. Mineralbildungen der inneren Zonen die der Außen-
zonen, niemals umgekehrt. In den Kernzonen ist häufig
Somit unterliegt es keinem Zweifel, dass die Genese von Quarz angereichert, der als Bergkristall in verbleibende
Pegmatiten sehr viel komplizierter und vielgestaltiger ist, Drusen-Hohlräume hineinwächst (Abb. 22.2). Dieser
als man aus dem vereinfachten Granit-System ableiten kann. Zonarbau wurde durch fraktionierte Kristallisation der
Pegmatitschmelze oder durch liquide Entmischung er-
Darauf weisen z. B. Untersuchungen an Schmelz- und Flüssigkeits- klärt; in manchen Fällen könnte eine spätere fluide Phase
Einschlüssen hin, die von Thomas et al. (2000, 2003) an Mineralen
eines Pegmatits von Ehrenfriedersdorf im Sächsischen Erzgebirge
die inneren Teile des Pegmatitkörpers verdrängt haben,
durchgeführt wurden. Danach waren an der Pegmatitbildung zwei wobei sich Übergänge zu hydrothermalen Lösungen er-
Silikatschmelzen beteiligt, die miteinander im Gleichgewicht standen. geben (vgl. Kap. 23; z. B. Thomas et al.2012). Nach London
338 22 · Pegmatite
(2005) lassen sich der Zonarbau und andere Gefüge- Als Hauptgemengteile führen Granit-Pegmatite Quarz,
merkmale von Pegmatiten, wie Mikroklin bzw. Mikroklinperthit, ± Albit oder Oligoklas,
Muscovit, ± Biotit, ± Turmalin und seltenere Minerale. Sy-
häufige Orientierung der Kristalle etwa senkrecht zum enit-Pegmatite bestehen aus Alkalifeldspat, Alkalipyroxen,
Salband, Biotit, Amphibol, Nephelin oder wenig Quarz und einer
schriftgranitische Verwachsungen von Quarz und Ka-
lifeldspat,
Bildung von Skelett-Kristallen
Abb. 22.3.
Pegmatit mit schriftgranitischem
Gefüge. Graphische (runitische)
Verwachsung von Mikroklin als
Wirtskristall (rosa) und Quarz
(mittel- bis dunkelgrau). Knie-
breche bei Glattbach, Vorspes-
sart. (Foto: K.-P. Kelber)
22.3 · Pegmatite als Rohstoffträger 339
Vielzahl von seltenen Mineralen. Die Verwachsungs- men gibt es im Bayerischen Wald, in der Oberpfalz, im
strukturen lassen teils auf eine mehr oder weniger gleich- Vorspessart. Größere europäische Vorkommen finden
zeitige Kristallisation, teils auf sekundäre Verdrängungen sich u. a. in Südnorwegen und anderen skandinavi-
schließen. Gleichzeitiges Wachstum wird meist für den sog. schen Ländern. Feldspat ist ein wichtiger Rohstoff der
Schriftgranit angenommen, in dem die Quarzindividuen keramischen Industrie, z. B. der Porzellanindustrie.
orientiert im Mikroklin bzw. Mikroklinperthit eingewach- 2. Glimmer-Pegmatite enthalten große Tafeln von Mus-
sen sind (Abb. 22.3). Dieses graphische oder runitische covit oder auch Phlogopit. Berühmte Vorkommen lie-
Verwachsungsgefüge wird häufig als kotektische Ausschei- gen im Petaca-Distrikt (New Mexico, USA), im Uluguru-
dung aus einer Restschmelze gedeutet; jedoch sind die Gebirge in Tansania, in Sri Lanka und in Bengalen (In-
Quarz : Feldspat-Verhältnisse oft geringer als den kotekti- dien). Beide Glimmerarten sind Rohstoffe für die
schen Kurven im vereinfachten Granit-System Qz–Ab–Or– Elektroindustrie, hier besonders als Kondensatoren-
H2O (Abb. 20.3, S. 315) bei niedrigen Drücken entspricht. material. Allerdings werden die natürlichen Glimmer
Häufig enthalten die Pegmatite Riesenkristalle. Glim- heute meist durch synthetische ersetzt.
mer von mehr als 1 m ∅, Kalifeldspäte, Berylle oder Spo- 3. Lithium-Pegmatite sind reich an Spodumen LiAl[Si2O6],
dumene von mehreren Metern Länge sind nicht selten be- z. T. mit Riesenkristallen bis zu 16 m Größe, und/oder
obachtet worden. Dieser Riesenwuchs ist Ausdruck der den Lithiumglimmern Lepidolith oder Zinnwaldit.
ungewöhnlich günstigen Bedingungen, die die H2O-rei- Daneben enthalten die Pegmatite der Black Hills (South
chen pegmatitischen Schmelzen im Hinblick auf Keim- Dakota, USA) Amblygonit LiAl[(F,OH)/PO4].Weitere welt-
auslese und Kristallwachstum bieten. wirtschaftlich wichtige Vorkommen sind Kings Moun-
Im Verband mit hochgradig metamorphen Gesteinen tain (North Carolina, USA) und Echassières (Frank-
des tieferen Grundgebirges stehen häufig pegmatitähnlich reich); die größten Reserven befinden sich in der Republ-
aussehende Gesteinspartien an, die oft einen scharfen Kon- ik Kongo (Zaire). Das Leichtmetall Li wird für die Herstel-
takt zum hochmetamorphen Nebengestein vermissen las- lung von Glas, Keramik und zahlreichen Li-Verbindun-
sen; sie gehören zu den hellen Bestandteilen (Leukosomen) gen benötigt, außerdem dient es als Flussmittel in der
von Migmatiten und haben keine Beziehung zu einem Aluminium-Metallurgie. Als Beiprodukte werden aus Li-
Pluton oder einem anderen magmatischen Körper. Sol- Pegmatiten Be, Rb, Cs, Zr, Ti, Nb, Ta und Sn gewonnen.
che pegmatitähnlich aussehenden Partien („Pegmatoide“) 4. Beryllium-Pegmatite sind reich an Beryll, der bis zu
entstehen durch partielles Aufschmelzen (Anatexis) 16 m lange Kristalle bilden kann (Abb. 11.20, S. 156).
im tieferen metamorphen Grundgebirge. Sie bestehen Die wichtigsten Vorkommen liegen in Russland und
überwiegend aus Quarz und Feldspäten im kotektischen Brasilien. Das Leichtmetall Be findet vielfältige tech-
Mengenverhältnis (Abb. 20.3, S. 315), während Biotit und nische Anwendung (s. Abschn. 11.3, S. 156).
andere metamorphe Minerale zurücktreten. 5. Edelstein-Pegmatite enthalten die edlen Varietäten von
Im Unterschied zu echten Granit-Pegmatiten fehlen Beryll (insbesondere Aquamarin), Turmalin (Abb. 11.24,
die typischen Begleitminerale. 11.25, S. 159), Topas, Spodumen,Alkalifeldspat (Amazonit
(Abb. 11.57, S. 196), Mondstein) oder Rosenquarz u. a.,
22.3 wobei verschleifbares Material fast nur in Kristalldrusen 22.3
Pegmatite als Rohstoffträger vorkommt.
Viele Pegmatit-Vorkommen besitzen beachtliche wirt- Fundpunkte liegen besonders in Brasilien (Minas Gerais, Paraiba),
schaftliche Bedeutung. Aus ihnen können wichtige Indus- Madagaskar, Republik Kongo (Zaire), Kenia, Mosambik, Nami-
bia, Nigeria, Tanzania, Sambia, Simbabwe, USA (Kalifornien,
trie-Minerale wie Feldspäte und Glimmer gewonnen wer- Colorado, Neu-England), Italien (Elba), Ukraine, Finnland, Russ-
den (z. B. London u. Kontak 2012; Glover et al. 2012). Darü- land (Ural, Tranbaikalien), VR China, Myanmar (Burma), Viet-
ber hinaus kommt es in der pegmatitischen Phase zur nam, Indien, Afghanistan und Pakistan (Simmons et al. 2012).
Anreicherung seltener Elemente wie Lithium, Beryllium,
Bor, Barium, Strontium, Rubidium, Cäsium, Niob, Tantal, 6. Pegmatite mit Uran- und Thorium-Mineralen führen
Zirkonium, Hafnium, Seltene Erden, Uran, Thorium und besonders Uraninit U3O8 und Thorianit ThO2. Am be-
Phosphor (z. B. Linnen et al. 2012). Auch Zinn, Wolfram deutendsten sind z. Z. die Lagerstätten im Gebiet von
und Molybdän können in Pegmatiten konzentriert sein, Bancroft (Ontario, Kanada).
in manchen Fällen sogar Kupfer und Gold. Dabei gibt es 7. Niobat-Tantalat-Pegmatite stellen Restdifferentiate von
auch regionale Schwerpunkte: Pegmatit-Provinzen. Nach Alkalifeldspat-Graniten dar. Sie führen Columbit-Misch-
den geförderten Industriemineralen und metallischen kristalle (Fe,Mn)(Ta,Nb)2O6, besonders das Ta-reiche
Rohstoffen unterscheidet man folgende Pegmatite: Endglied Tantantalit sowie Minerale der Seltenerd-Ele-
mente (s. u.). Der weltweite Bedarf an Tantaloxid hat in
1. Feldspat-Pegmatite sind am verbreitetsten. Charak- den letzten 10 Jahren enorm zugenommen und liegt
teristische Nebengemengteile treten zurück. Vorkom- derzeit bei ca. 1 400 t mit einem Weltmarkpreis von
340 22 · Pegmatite
22.4 80 US$ / kg (Melcher et al. 2008). Tantal ist ein strategisch 22.4
wichtiges Metall für die Elektronikindustrie; es wird zur Geochemische Klassifikation der Granit-Pegmatite
Herstellung von miniaturisierten Tantal-Kondensato-
ren verwendet, die z. B. in Mobiltelefonen, Laptops und Unter geochemischen Gesichtspunkten kann man drei
Kraftwagen eingesetzt werden. Die größten Vorkom- verschiedene Familien von Granit-Pegmatiten unterschei-
men sind der Greenbushes-Pegmatit im westlichen den (.erný und Ercit 2005; .erný et al. 2005, 2012; Martin
Australien, ein Gebiet, das 61 % des Weltbedarfs an Ta u. De Vito 2005):
deckt, gefolgt von Brasilien (18 %) und Kanada (5 %)
mit der Lagerstätte des Tanco-Pegmatits am Bernic Lake 1. Pegmatite der NYF-Familie sind an Nb > Ta, Y und
(Manitoba). In den afrikanischen Ländern, die insge- F, ferner an Be, SEE, Sc, Ti, Zr, Th und U angereichert.
samt 16 % der Weltproduktion an Ta liefern, wird das Sie stellen Differentiationsprodukte von subalumi-
Columbit-Tantalit-Konzentrat „Coltan“, das „schwarze nosen bis metaaluminosen A- und I-Typ-Graniten
Gold“, aus stark verwitterten Pegmatiten, aber auch aus dar, die meist anorogen, im Zusammenhang mit
Seifen-Lagerstätten gewonnen (Abschn. 25.2.7, S. 390), Dehnungstektonik intrudiert sind. Wichtige Mine-
von denen die Kenticha-Mine in Äthiopien und die La- rale sind Topas, Beryll, Allanit und Xenotim Y[PO4]
gerstätte Alto Ligonha in Mosambik am bedeutends- sowie die oben genannten Seltenerd-Minerale (Cerný
ten sind. Wichtige Vorkommen liegen auch im „Tanta- et al. 2012).
lite Valley“ (Süd-Namibia) und in Simbabwe. 2. Demgegenüber ist die LCT-Familie durch die Anrei-
cherung von Li, Cs und Ta sowie Rb, Be, Sn, B, P und F
In den zentralafrikanischen Krisengebieten der Republik Kongo gekennzeichnet. Sie führen als Hauptminerale Topas, Be-
und seiner Nachbarländer werden Coltan-Konzentrate z. T. durch
Kleinbergbau gewonnen und illegal zur Finanzierung von Bür-
ryll, Turmalin (Elbait), Spodumen, Petalit LiAl[Si4O10],
gerkriegen vermarktet („Blutcoltan“). Lepidolith, Amblygonit und andere Phosphat-Minerale
sowie Columbit (Cerný et al. 2012). LCT-Pegmatite lei-
Auch die Zinn-Pegmatite von Süd-Thailand liefern ten sich hauptsächlich aus peraluminosen S-Typ-, sel-
Ta. Aus den mehr als 50 Pegmatiten des Petaca-Dis- tener aus I-Typ-Graniten ab, die im Bereich von kon-
trikts (New Mexico, USA) werden neben Glimmern vergenten Plattenrändern oberhalb von Subduktions-
auch Be, Nb, Ta, Bi, U, Th und SEE gewonnen. zonen syn- bis spätorogen gefördert wurden.
8. Seltenerd-Pegmatite sind besonders an peralkaline 3. Die gemischte NYF+LCT-Familie weist Merkmale
A-Typ-Granite gebunden. Da in ihnen – im Gegen- beider Gruppen auf.
satz zu den Karbonatiten – auch die schweren Sel-
tenen Erden angereichert sind, besitzen sie zuneh- Eine aktuelle Übersicht über die unterschiedlichen
mende weltwirtschaftliche Bedeutung. Wichtige Sel- Modelle zur Entstehung von Pegmatiten wird von Seifert
tenerd-Minerale in diesen Pegmatiten sind Monazit, et al. (2012) gegeben.
Gadolinit (Y,Ce,SEE)Fe2+Be2[O/SiO 4]2, Fergusonit
(Y,Ce,Nd)NbO4, Euxenit (Y,Ca,SEE)(Nb,Ta)2(O,OH)6, Weiterführende Literatur
Samarskit (Y,Fe3+,U4+)(Nb,Ta)O4, die komplexen Zr- Černý P (Hrsg) (1982) Short course in granitic pegmatites in science
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9. Zirkon-Titan-Pegmatite führen Zirkon, Titanit revisited. Canad Mineral 43:2005–2026
CaTi[O/SiO4] und viele seltene Minerale; sie sind beson- .erný P, Blevin PL, Cuney M, London D (2005) Granite-related ore
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ders an Nephelinsyenite gebunden. Lange bekannte Vor- .erný P, London D, Novák M (2012) Granitic pegmatites as reflec-
kommen liegen im Langesundfjord (Südnorwegen), bei tions of their sources. Elements 8:289–294
Miask im Ural (Russland) und in Grönland. Chakhmouradian AR, Zaitsev AN (2012) Rare earth mineralization
10.Phosphatpegmatite führen Apatit, Amblygonit in igneous rocks: Sources and processes. Elements 8:347–353
(Li,Na)Al[(F,OH)/PO4], Triphylin Li(Fe,Mn)[PO4], Mo- Evans AM (1993) Ore geology and industrial minerals, 3rd edn.
Blackwell Science, Oxford
nazit Ce[PO4] und zahlreiche seltene Phosphatmine-
Glover AS, Rogers WZ, Barton JE (2012) Granitic pegmatites: Store-
rale. Hierzu gehören z. B. der nicht mehr im Abbau house of industrial minerals. Elements 8:269–273
befindliche Pegmatit-Körper von Hagendorf in der Grew ES (ed) (2002) Beryllium – mineralogy, petrology, geochemistry.
Oberpfalz, einer der größten Europas, sowie das Vor- Rev Mineral Geochem 50
kommen von Varuträsk in Schweden. Grew ES, Anovitz LM (eds) (1996) Boron – mineralogy, petrology
and geochemistry. Rev Mineral 33
11.Zinn-Pegmatite mit Kassiterit, Wolframit und Molybdä-
Linnen RL, Van Lichtervelde M, .erný P (2012) Granitic pegmatites
nit in unterschiedlichen Mengenverhältnissen. Als Bei- as sources of strategic minerals. Elements 8:275–280
spiele seien die Pegmatite der Black Hills (South Dako- London D (2005) Granitic pegmatites: An assessment of current
ta) und Maine (USA) genannt. concepts and directions for the future. Lithos 80:281–303
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23
Hydrothermale
Erz- und Minerallagerstätten
23.1 Der Übergang vom pegmatitischen zum hydrothermalen Stadium ist fließend
Grundlagen mit allen Übergängen zwischen H2O-reichen Schmelzen, überkritischen Fluiden
und unterkritischen Lösungen. Unterschiede hängen von den Zustands-
23.2 bedingungen Temperatur, Druck sowie Konzentration der leichtflüchtigen Kom-
Hydrothermale ponenten in dem betreffenden System ab. Hydrothermale Lagerstätten können
Imprägnationslagerstätten innerhalb der Erdkruste entstehen in Form von
23.4 die allerdings auch häufig in Kombination auftreten können. Darüber hinaus kön-
Hydrothermale Erz- nen sich hydrothermale Lagerstätten auch bilden
und Mineralgänge
am Meeresboden: submarin-vulkanogene (submarin-exhalative) Erzlagerstätten,
23.5 an der Erdoberfläche (subaërisch): Produkte der Fumarolen oder Ausscheidun-
Vulkanogen-sedimentäre gen von Thermalquellen (Abschn. 14.5, S. 252ff ).
Erzlagerstätten
23.6
Schichtgebundene
Hydrothermal- Lagerstätten
23.7
Diskordanz-gebundene
Uranerz-Lagerstätten
Da die freigesetzte Dampfphase ein wesentlich größeres Zusammensetzung der hydrothermalen Lösungen. Direkte
Volumen als die Schmelze einnimmt, kommt es zur Zer- Anhaltspunkte für die chemische Zusammensetzung
rüttung des Gesteinsverbandes (hydraulic fracturing). Da- hydrothermaler Lösungen und ihren physikalischen Zu-
her kann der Dampf auf Spalten und Rissen in den Randbe- stand bieten aktive Hydrothermal-Systeme in geothermi-
reich der Intrusion oder ins Nebengestein abdestillieren, schen Feldern. Beispiele sind die Au-As-Lagerstätte von
wobei es zur Ausscheidung schwerlöslicher Verbindungen Waiotapu, Neu-Seeland (Brown and Simmons 2003), oder
wie Kassiterit SnO2, Wolframit (Fe,Mn)[WO4], Scheelit die Baryt-Pyrit-Mineralisation im Thermalfeld von Wies-
Ca[WO4], Molybdänit MoS2, Chalkopyrit CuFeS2, Hämatit, baden (Schwenzer et al. 2001; Wagner et al. 2005) sowie
Fluorit, Topas, Turmalin, Li-Glimmer oder Quarz auf Gän-
gen und Adern kommt. Darüber hinaus wird das Nebenge-
stein in der Nachbarschaft der Gänge, in den oberen bzw.
randlichen Teilen des Granitplutons oder in seiner unmit-
telbaren Nachbarschaft durch solche Mineralbildungen
imprägniert oder verdrängt. Ihre Abscheidung vollzieht sich
fast stets in einem begrenzten Bereich von höchstens ei-
nigen 100 m Ausdehnung, so dass die sog. Stockwerkhöhe
des Bergbaus bei diesen Lagerstätten relativ gering ist.
Die bisher beschriebenen Prozesse sind also eindeu-
tig mit magmatischen Prozessen verknüpft. Sie finden
bei relativ hohen Temperaturen von >400 °C statt; es han-
delt sich um spätmagmatisch-hydrothermale Lagerstät-
ten (Guilbert u. Park 1986).
In der mitteleuropäischen Literatur wurden die sehr charakteristischen Abb. 23.1. Hydrothermales Kupfererz aus der ehemaligen Grube
Mineralbildungen aus der Dampfphase im Temperaturbereich zwischen „Wilhelmine“ in Sommerkahl, Spessart (polierter Erzanschliff). In
etwa 500 und 400 °C traditionell als pneumatolytisches Stadium be- einem ersten Stadium der hydrothermalen Kristallisation entstand
zeichnet (z. B. Schneiderhöhn 1962). Jedoch hat sich dieser Begriff in- unter relativ niedrigen Temperaturen ein kolloformes Gefüge, gebil-
ternational nicht durchgesetzt, so dass er hier nicht mehr verwendet det aus kokarden- und girlandenförmigen Aggregaten von Pyrit (hell-
werden soll. Jedoch weist Pohl (2005, 2011) darauf hin, dass sich über- gelb), untergeordnet auch von Chalkopyrit (sattgelb). Diese Aggrega-
kritische Fluide durch ihre variable Dichte, ihren höheren pH-Wert te wurden in einem, vermutlich höher temperierten Stadium durch
und die extrem hohen Diffusions-Koeffizienten des Wassers deutlich gröberkörnigen Bornit (hier dunkelblau angelaufen) und Digenit (hell-
von unterkritischen Lösungen ähnlicher Zusammensetzung unterschei- blau) überwachsen; etwas später entmischten sich aus dem Bornit
den. Magmatische Gase oder überkritische Fluide geringer Dichte sind Lamellen einer zweiten Chalkopyrit-Generation (unten links). Mikro-
in der Lage, Metalle zu transportieren und Erzminerale abzuscheiden. foto im reflektierten Licht bei 1 Nic. Bildbreite 3 mm. (Foto: J. Lorenz)
23.1 · Grundlagen 345
die weltweiten Hydrothermal-Aktivitäten an den Mittel- dabei immer wieder zu Rekurrenzen oder zu Telescoping,
ozeanischen Rücken mit Bildung der Black Smoker d. h. zu räumlicher Überschneidung von unterschiedli-
(Abschn. 23.5.1, S. 360ff). Darüber hinaus stellen Flüssig- chen Mineralparagenesen, führen. Von besonderer Be-
keits-Einschlüsse in hydrothermalen Mineralen besonders deutung für die Ausscheidungsfolge von Erzmineralen
wichtige Indikatoren für die Zusammensetzung und ist die elektrochemische Spannungsreihe Au > Ag > Hg
Salinität der Fluide in erloschenen hydrothermalen Sys- > Cu > Pb > Co > Fe > Zn > Mn. Treffen z. B. Metall-Lö-
temen sowie für die Druck-Temperatur-Bedingungen bei sungen auf sulfidische Erze, so werden edlere Metalle mit
der Mineralbildung dar (vgl. Kapitel 12). stärker elektropositivem Charakter ausgefällt.
Helgeson (1964) definiert die hydrothermalen Lö- Herkunft und Zirkulation der hydrothermalen Lösungen. Unter-
sungen als konzentrierte, schwach dissoziierte, al- suchungen der Sauerstoff- und Wasserstoff-Isotopen-
kalichloridreiche Elektrolytlösungen, in denen die verhältnisse in hydrothermalen Mineralen und deren
schwerflüchtigen Komponenten in Form von Ionen Flüssigkeits-Einschlüssen haben ergeben, dass viele Hydro-
oder Komplexen, im niedriggradigen, epithermalen thermen nicht juvenil sind, also nicht aus magmatischen
Bereich auch in kolloidaler Form als Sole gelöst sind. Restlösungen stammen. Hydrothermale Lösungen kön-
nen auch durch metamorphe Entwässerungs-Reaktionen
Hydrothermale Lösungen sind meist schwach sauer aus Gesteinen freigesetzt werden oder als meteorisches
bis schwach alkalisch; hydrothermale Tiefenwässer sind Wasser aus dem atmosphärischen Kreislauf stammen;
oft reduziert, doch kann es bei Aufstieg an die Erdober- hierzu gehören versickerte Oberflächenwässer, Grund-
fläche zur Oxidation durch Zutritt von Luftsauerstoff wasser, Formationswässer, Seewasser und Meerwasser.
und/oder Mischung mit Grundwasser kommen. Flüssig- Obwohl die Zirkulation von hydrothermalen Lösun-
keits-Einschlüsse in hydrothermalen Erzlagerstätten beste- gen ein großräumiger, durchgreifender Prozess ist,
hen überwiegend aus H2O; stellenweise enthalten sie auch beschränkt sich der Fluidtransport überwiegend auf
reichlich CO2 und geringere Gehalte an H2S, CH4 und N2. besonders permeable Zonen im Gesteinsverband; denn
Gelöste Kationen sind hauptsächlich Na, K, Ca, Mg, Fe und die hydraulische Leitfähigkeit von Gesteinen ist äußerst
Si; das dominierende Anion ist Cl– mit geringeren Gehal- variabel und kann Unterschiede von bis zu 13 Größen-
ten an HCO3– und SO42– (Roedder und Bodnar 1997). ordnungen aufweisen (Cathless 1997). Man unterschei-
Oberflächennahe Fluide weisen meist eine geringere det daher generell zwei Typen von Fluidsystemen (vgl.
Salinität als das Ozeanwasser (≈3,5 Gew.-%) auf; diese Kesler 2005):
kann nur durch Verdunstung gesteigert werden. Dem-
gegenüber besitzen höher temperierte Fluide in größerer Offene (engl. unconfined) Fluidsysteme entwickeln sich
Erdtiefe deutlich erhöhte Salinitäten, die durch unter- relativ oberflächennah, z. B. in Sedimentationsbecken,
schiedliche Prozesse bedingt sein können: Lösung von wo Niederschläge durch relativ kalte, unverfestigte oder
Salzgesteinen (Evaporite; Abschn. 25.7, S. 410f), Hydra- spröd deformierte Gesteinsverbände einsickern. Sie ste-
tation des Nebengesteins, Sieden des Fluids bei Druck- hen nahezu unter hydrostatischem Druck und können
entlastung oder retrogrades Sieden bei Abkühlung, wo- jederzeit wieder aufgefüllt und so aktiv gehalten wer-
bei es zur Abtrennung einer Dampfphase und zur Bildung den. Diese Fluid-Erneuerung geschieht entweder direkt
einer salzhaltigen Lauge kommt (vgl. Abschn. 22.1, aus den Niederschlägen oder durch Zufluss von topogra-
S. 324f). Über die Gehalte an Lagerstätten-relevanten phischen Hochgebieten. Wenn solche Systeme in größe-
Schwermetallen wie Cu, Zn, Pb, Ag und Au in Flüssigkeits- rer Tiefe aufgeheizt werden, steigen die Fluide in tekto-
Einschlüssen liegen bislang nur wenige Analysendaten nischen Schwächezonen, z. B. entlang von Störungen auf
vor; jedoch können sie durchaus einige 1 000 g / t errei- und bilden Thermalquellen, aus denen sich Kalk- oder
chen (vgl. Kesler 2005). Experimentell konnte nachgewie- Kieselsinter abscheiden können (Abschn. 14.5, S. 252).
sen werden, dass die meisten Schwermetalle in hydro- Kanalisierte (engl. confined) Fluidsysteme liegen in
thermalen Lösungen in Form von Komplexen mit Cl–, größerer Erdtiefe, stehen daher unter höheren Belas-
Gold dagegen mit HS– als Liganden transportiert werden tungsdrücken durch die überliegenden Gesteins-
(Wood u. Samson 1998; Stefanson u. Seward 2004; Williams- massen, sind höher temperiert und befinden sich im
Jones et al. 2009). Bereich duktiler Verformung. Sie werden durch die
Bei Temperatur- und Druckerniedrigung und/oder Zufuhr von magmatischen oder metamorphen Flui-
Änderung der Wasserstoffionen-Konzentration (pH- den oder durch tektonische oder sedimentäre Prozes-
Wert) und des Redoxpotentials (Eh-Wert) wird nachein- se angetrieben, durch die isolierte Fluid-Reservoire
ander die Sättigungsgrenze der schwerflüchtigen Kom- entstehen. Wenn der Fluid-Druck den Belastungsdruck
ponenten überschritten und es kommt zur Ausscheidung übersteigt, oder wenn tektonische Störungen ein Re-
von mehr oder weniger charakteristischen Mineralpara- servoir durchschlagen, wird das Fluid in das benach-
genesen. Schwankungen dieser Zustandsparameter können barte offene System ausgetrieben (Cox et al. 2005).
346 23 · Hydrothermale Erz- und Minerallagerstätten
Der Porenraum von Fluidsystemen wird gewöhnlich men müssen, sondern durch die Hydrothermen aus dem
mit Quarz, Calcit oder Anhydrit gefüllt. Während Quarz Nebengestein ausgelaugt wurden. So können z. B. Spuren-
bei niedrigen Temperaturen prograde Löslichkeit besitzt, gehalte von Pb aus Feldspäten, von Zn und Cu aus Biotit
sind Calcit und Anhydrit unter hydrothermalen Bedin- mobilisiert und in den Hydrothermen konzentriert wer-
gungen meist retrograd löslich. Dementsprechend wer- den. Sogar die Goldgehalte des großen Gold-Quarz-Gan-
den Calcit und Anhydrit bei der Wiederauffüllung von of- ges Mother Lode in Kalifornien oder der Goldlagerstätte
fenen Fluidsystemen im absteigenden Ast von Konvektions- von Yellowknife in Kanada werden jetzt aus dem Neben-
zellen, d. h. im Gebiet erhöhter Temperatur ausgefällt, Quarz gestein bezogen. Von solchen Auslaugungsprozessen
dagegen im aufsteigenden Ast, in dem sich die Fluide ab- müssen natürlich Gesteinsvolumina betroffen sein, die
kühlen (z. B. Rimstidt 1997). erheblich größer sind als die daraus abgeleiteten Hydro-
Entsprechend ihrer Herkunft weisen hydrothermale thermal-Lagerstätten. Schon vor reichlich 100 Jahren hatte
Lösungen recht unterschiedliche Temperaturen und Sali- der Würzburger Geowissenschaftler Fridolin von Sand-
nitäten auf (vgl. Kesler 2005). So haben magmatische Rest- berger (1826–1898) in seiner Theorie der Lateralsekretion
lösungen Temperaturen von 350–700 °C, sind also z. T. recht versucht, Erzgänge auf diese Weise zu erklären.
heiß und besitzen sehr variable Salinitäten, die in einigen
Laugen bis 70 Gew.-% NaCl-Äquivalent betragen können. Hydrothermal bedeutet also nicht zwangsläufig auch
Demgegenüber zeigen hydrothermale Lösungen, die bei magmatogen!
der Gesteinsmetamorphose durch Entwässerungs-Reak-
tionen (Abschn. 27.2.2, S. 471ff) freigesetzt werden, deut- In Übereinstimmung mit dieser Erkenntnis ist der räum-
lich niedrigere Salinitäten von maximal 6 % NaCl-Äqui- liche Zusammenhang der hydrothermalen Bildungen mit
valent und liegen in einem Temperaturbereich von meist magmatischen Vorgängen in der Natur nicht immer er-
250–400 °C. Die Fluidsysteme, die an den mittelozeani- kennbar. Das gilt vorzugsweise für die epithermalen und
schen Rücken und im Backarc-Bereich am Meeresboden telethermalen Bildungen. Dort, wo die Herkunft wahr-
austreten, zeigen Temperaturen von 200–400 °C und ähn- scheinlich ist, unterscheidet man plutonische, subvulka-
liche Salinitäten wie das Meerwasser. Aus ihnen entstan- nische, untergeordnet auch vulkanische Hydrothermal-
den in der geologischen Vergangenheit und entstehen Lagerstätten. Die durchschnittliche Bildungstiefe der plu-
noch heute massive Sulfiderz-Lagerstätten (VMS-Lager- tonischen hydrothermalen Abfolge wird auf 0,5–3 km,
stätten: Abschn. 23.5.1 und 23.5.2). Demgegenüber wei- bei der typisch subvulkanischen Abfolge auf 0,3–1 km
sen die Fluide, aus denen die sedimentär-exhalativen Tiefe geschätzt. Bei zonaler Anordnung höher- bis nied-
(Sedex-)Lagerstätten (Abschn. 23.6.1, S. 365f) gebildet riger-thermaler Erzparagenesen um einen granitischen
wurden, generell höhere Salinitäten bis ca. 15 Gew.-% Intrusivkörper wie z. B. in Cornwall, SW-England, ist
NaCl-Äquivalent auf, liegen aber meist in einem ähnli- die magmagebundene Abkunft der Lagerstätte meistens
chen Temperaturbereich von 200–300 °C. Deutlich kühler zweifelsfrei (Abb. 23.2). Mit zunehmender Entfernung der
(100–200 °C) und hochsalinar (meist 15–25 NaCl-Äqu.) Lagerstätte vom Granit-Kontakt wurde hier die Abfolge
sind Formationswässer (engl. basinal brines), die zur Bil- Sn → Cu → Pb-Zn → Fe beobachtet.
dung der Mississippi-Valley-(MVT-)Lagerstätten geführt
haben (Abschn. 23.6.2, S. 366).
Herkunft der Metallgehalte. Es gibt sichere Hinweise dar- Abb. 23.2. Granitgebundene Vererzung. Zonare Abfolge von Sn, Cu,
auf, dass Metallgehalte von Hydrothermal-Lagerstätten Pb-Zn, Fe mit zunehmendem Abstand vom Granitkontakt. Beispiel
nicht primär aus einem kristallisierenden Pluton stam- aus Cornwall, SW-England. (Aus Evans 1993)
23.2 · Hydrothermale Imprägnationslagerstätten 347
23.2 Unter dem Einfluss von BO3- und Li-haltigen Lösun- 23.2
Hydrothermale Imprägnationslagerstätten gen entstehen darüber hinaus Turmalin und Li-Glimmer.
Abb. 23.5. Erzgang mit Kassiterit, Wolframit und Scheelit mit Greisen- 23.2.3
zone an den Salbändern, Zinnwald, Erzgebirge. (Nach Beck 1903) Molybdän-Lagerstätten
Ortsauflösende Analysen, die mit der Laser-Ablations- Molybdänit MoS2 ist meist auch in den Zinn- und Wolfram-
ICP-MS an Flüssigkeits-Einschlüssen in Gangquarzen von Lagerstätten anwesend und wird teilweise als Nebenprodukt
Zinnwald (Cinovec, Erzgebirge) durchgeführt wurden, aus diesen Vorkommen mit gewonnen. Die weitaus bedeu-
erbrachten direkte Hinweise auf die chemische Zusammen- tenderen Molybdänerz-Lagerstätten stellen – ähnlich wie
23.2 · Hydrothermale Imprägnationslagerstätten 349
die porphyrischen Kupfererz-Lagerstätten (s. u.) – hoch- Ausläufer dieser Plutone (Abb. 23.6), insbesondere Trachy-
hydrothermale Imprägnationen dar. Sie sind an Subduk- andesite, Dacite und Andesite mit typisch porphyrischem
tions-bezogene subvulkanische Intrusionen gebunden, Gefüge. Daraus leitet sich die Bezeichnung Porphyry Copper
deren Gesteine häufig porphyrische Gefüge aufweisen, und Ores für diese Lagerstätten ab. (Die deutsche Übersetzung
werden daher als porphyrische Molybdän-Erzlagerstätten „porphyrische Kupfererze“ bzw.„Porphyrerze“ ist zwar etwas
bezeichnet. Überragender Vertreter, der zeitweilig bis zu missverständlich, soll aber trotzdem verwendet werden.) Die
80 % an der Weltproduktion beteiligt war, ist die Climax- Erze treten nicht massiv, sondern in feiner Verteilung auf;
Mine in Colorado (USA) mit Durchschnittsgehalten von sie füllen ein feines Kluftnetz aus (Stockwerkerz, stockwork
0,25 % Mo und Vorräten von über 500 Mio. t Mo-Erz. Hier ore) oder imprägnieren den Porenraum des Gesteins (disse-
werden die äußeren Zonen eines größeren Körpers von miniertes Erz, disseminated ore); daneben gibt es vererzte
Granodiorit-Porphyr in einen dichtkörnigen, zwitterähnlich Breccienzonen, die in den vulkanischen Bereich überleiten
aussehenden Greisen umgewandelt. Molybdänit impräg- können. Die Entstehung des Kluftnetzes und der Breccien
niert in einem dichten Netzwerk feiner Klüfte den Greisen. kann zumindest teilweise durch Hydraulic Fracturing als
Kreuz und quer verlaufende Quarztrümer enthalten neben Ergebnis des retrograden Siedens erklärt werden; die Poro-
Molybdänit auch zuweilen etwas Kassiterit, Wolframit und sität ist eine Folge von spätmagmatischen Alterationser-
teilweise viel Pyrit. Die zentraleren Partien des Granodiorit- scheinungen, die für diese Lagerstätten typisch sind (s. u.).
Porphyrs sind völlig verkieselt. Es handelt sich um eine Damit ergeben sich klare genetische Zusammenhänge zum
typische Stockwerkvererzung. Gleicher Entstehung ist die kristallisierenden Magmenkörper. Die Ähnlichkeiten dieser
benachbarte Henderson-Mine mit Erzvorräten von ca. Vererzungen mit Greisen-Lagerstätten sind unübersehbar.
300 Mio. t und Gehalten von 0,4 % Mo. Von zunehmender Geochronologische Untersuchungen und thermische
Bedeutung sind die porphyrischen Molybdänerz-Lagerstät- Modellierungen sprechen dafür, dass die hydrothermale
ten des neu entdeckten Xilamulun-Metallgürtels am Nord- Aktivität gewöhnlich 50 000 bis 500 000 Jahre andauerte;
rand des Nord-China-Kratons, die z. T. Metallreserven von jedoch spielte sich die Bildung von einigen großen Cu-La-
>100 000 t Mo aufweisen (z. B. Wu et al. 2011). gerstätten in mehreren Episoden ab, die sich insgesamt über
Zeiträume von mehreren Millionen Jahren erstreckten
23.2.4 (Seedorff et al. 2005).
Porphyrische Kupfererz-Lagerstätten (Porphyry Copper Ores)
Die porphyrischen Kupfererze sind die größten und
Hochhydrothermale (katathermale) Imprägnationslager- wirtschaftlich bedeutendsten Kupfererz-Lagerstät-
stätten des Cu sind an die Dachbereiche von magmatischen ten, die mehr als die Hälfte der derzeitigen Welt-
Intrusionen, meist von I-Typ-Graniten, Granodioriten, produktion an Kupfer liefern. Daneben werden
Tonaliten, seltener auch von Monzoniten und Dioriten ge- teilweise noch Mo sowie Au und Ag gewonnen.
bunden. Oft sind es die subvulkanischen bis vulkanischen
Abb. 23.6. Schematische Darstellung einer Porphyry-Copper-Vererzung. a Alterationszonen. b Vererzungszonen. (Nach Sillitoe 1973 und
Lowell u. Guilbert 1970, aus Evans 1993)
350 23 · Hydrothermale Erz- und Minerallagerstätten
Haupterzminerale sind Chalkopyrit CuFeS2, Enargit produzent vor Indonesien und den USA. Erwähnt seien
Cu3AsS4, Molybdänit MoS2 sowie Pyrit. Es handelt sich die Lagerstätten Chuquicamata und El Teniente mit Vorrä-
um relativ arme Lagerstätten mit 0,3–2 % Cu sowie ma- ten von 87,0 bzw. 94,4 Mio. t Cu sowie 1,0 bzw. 2,5 Mio. t Mo.
ximal 0,06 % Mo, 4,3 g / t Ag und 0,6 g / t Au, die aber we- Die größte Cu- und Au-Lagerstätte der USA ist Bingham
gen ihrer großen räumlichen Ausdehnung enorme Metall- (Utah) mit Vorräten von 21,3 Mio. t Cu, 1,56 Mio. t Mo und
reserven darstellen. 958 t Au (Laznicka 2006), die in riesigen Tagebauen ge-
wonnen werden; die derzeitige Jahresproduktion liegt bei
Da ein selektiver Abbau von Stockwork Ore, Disseminated Ore und
Nebengestein nicht möglich ist, können Imprägnationserze nur als 250 000 t Cu, 15 000 t Mo, 81 t Ag und 11 t Au (Pohl 2011).
Ganzes gewonnen werden, was lediglich in sehr großen Bergwer- Weiter erwähnt seien Morenci und San Manuel-Kalamazoo
ken, bevorzugt in Tagebauen, wirtschaftlich ist. Die modernen tech- (Arizona), Butte (Montana, s. a. Abschn. 23.4.3, S. 356f),
nischen Möglichkeiten gestatten heute den Abbau von armen Primär- Santa Rita (New Mexico), Lornex und Valley Copper (Kana-
lagerstätten. Demgegenüber waren in früherer Zeit meist nur die
Oxidations- und Zementationszonen (Abschn. 24.6, S. 378ff) bau-
da), Cananea (Mexiko), Cerro Colorado (Panama), Panguna
würdig, in denen die Metallgehalte durch Verwitterungsvorgänge (Papua Neu-Guinea), Sar Cheshmeh (Iran), Kounrad (Ka-
sekundär angereichert waren. sachstan) sowie zahlreiche Lagerstätten in North Xinjiang,
NW-China (Chen et al. 2012). Eine bedeutende südost-
Kennzeichnend für porphyrische Kupfererze ist die europäische porphyrische Kupfererz-Lagerstätte ist Recsk
starke spätmagmatische Alteration des Plutons und sei- in Ungarn mit Cu-Vorräten von über 10 Mio. t.
nes Nebengesteins durch die Einwirkung der hydrother- Einem subvulkanischen Imprägnationstyp werden zwei
malen Lösungen, wobei es nur in geringem Ausmaß zu bedeutende Kupfererz-Lagerstätten Europas zugerech-
Verdrängungserscheinungen kam. Je nach vorherrschen- net: Maidan Pek und Bor in Serbien. In der Lagerstätte
der Mineralneubildung unterscheidet man von innen Maidan Pek gibt es diffuse Vererzungszonen und vererzte
nach außen folgende Zonen (Abb. 23.6a): Ruschelzonen neben unregelmäßigen Erzkörpern inner-
halb eines propylitisierten Andesitmassivs als unmittelba-
Kalifeldspat-Zone mit sekundärem Kalifeldspat, Biotit rem Nebengestein. Erzminerale sind insbesondere Chal-
und Chlorit, kopyrit, Molybdänit und Pyrit in verschiedenen Modal-
Sericit-Zone mit Quarz, Sericit, Pyrit, untergeordnet verhältnissen. In der Lagerstätte Bor erkennt man meh-
Chlorit, Illit und Rutil, rere Vererzungsphasen, die nacheinander abliefen. Die
Argillit-Zone mit Kaolinit, Montmorillonit und Pyrit, Vererzung des Andesits begann mit einer Imprägnation
Propylit-Zone mit Chlorit, Epidot, Pyrit und Calcit. von Pyrit. Anschließend kam es zur Bildung von reichen
Erzimprägnationen durch Enargit, (Hoch)-Chalkosin
Die Cu-Erzkörper können im Intrusivkörper, im Ne- Cu2S und Covellin CuS.
bengestein oder in beiden auftreten; sie konzentrieren Einige der großen porphyrischen Kupfererz-Lagerstät-
sich im Grenzbereich zwischen Kalifeldspat- und Sericit- ten besitzen hohe Goldreserven (Bierlein et al. 2006;
Zone (Abb. 23.6b); Pyrit dominiert in der Sericit-Zone Frimmel 2008; Tosdal et al. 2009). Das gilt ganz besonders
und nimmt über die Argillit- zur Propylit-Zone hin ab. für das Goldvorkommen von Grasberg in Indonesien, das
Untersuchungen an Fluid-Einschlüssen und stabilen Iso- mit Vorräten von ca. 6 800 t Au wohl die zweitgrößte Gold-
topen (Abb. 33.11d, S. 612) weisen darauf hin, dass die al- Anreicherung der Erde darstellt. Weiter sind zu nennen
terierenden Lösungen teilweise aus dem kristallisieren- die Lagerstätten Ok Tedi (ca. 1 130 t Au) und Porgera (ca.
den Pluton selbst stammen, teilweise aufgeheizte meteori- 1 110 t Au) in Papua-Neuguinea (z. B. Garwin et al. 2005),
sche Wässer darstellen. Chalkopyrit wurde ausschließlich Boddington im australischen Yilgarn-Kraton (ca. 1 280 t Au),
in der Mischungszone beider Fluid-Systeme ausgefällt. Die Kalmakyr in Usbekistan (ca. 1 300 t Au), Bingham in Utah
magmatogenen Hydrothermen sind sehr heiß (katather- (ca. 1 000 t Au), Cananea in Mexiko (ca. 1 270 t Au) sowie
mal) mit Temperaturen zwischen 700 und 550 °C und ent- die zahlreichen Gold-Lagerstätten in den südamerika-
halten hohe Anteile an Cl-Ionen, die für den Metalltransport nischen Anden wie Bajo de la Alumbrera in Argentinien,
wichtig sind. Der Metallgehalt der Hydrothermen wird Chuqicamata und La Escondida in Chile und der Cajamarca
überwiegend als juvenil-magmatisch angesehen, stammt Distrikt in Peru (z. B. Sillitoe und Perelló 2005). Viele die-
also wahrscheinlich nicht aus dem Nebengestein. ser Lagerstätten sind an K-reiche Kalkalkali-Magmatite,
Porphyrische Kupfererze bilden sich an konvergenten z. B. Shoshonite gebunden (Müller und Groves 2000).
Plattenrändern über der subduzierten ozeanischen
Lithosphärenplatte (Abb. 29.17, S. 527). Dabei ist die 23.2.5
Kombination Cu–Ag–Au häufig, doch nicht immer an Imprägnationen mit ged. Kupfer (Typus Oberer See)
Inselbögen, die Kombination Cu–Mo an Orogenzonen der
Kontinentalränder gebunden. Die Zahl der Lagerstätten Nicht vergleichbar mit den Porphyry Copper Ores ist
ist außerordentlich groß. Mit einem Anteil von ca. 33,7 % ein Imprägnationstyp auf der Keweenaw-Halbinsel im
der Weltvorräte ist Chile der weltweit größte Kupfer- Lake Superior (Michigan, USA). Hier ist eine mächtige
23.3 · Hydrothermale Verdrängungslagerstätten 351
Serie von Basaltströmen aus dem Proterozoikum mit sind verbreitet. Ihre Korngrößen sind oft erheblich. Die
brecciös-schlackiger Oberfläche entwickelt, die mit bei diesem Prozess entstehenden harten und zähen Kalk-
ged. Cu, Chlorit, Epidot, verschiedenen Zeolithen, silikat-Felsen werden nach einem alten schwedischen
Apophyllit, Prehnit Ca2Al[(OH)2/AlSi3O10], Pumpellyit Bergmannsausdruck als Skarn bezeichnet. Aus ihrem
Ca2(Mg,Fe2+)(Al,Fe3+)2[(OH)2/H2O/SiO4/Si2O7], Quarz Mineralbestand und ihren Flüssigkeits-Einschlüssen lassen
und Calcit hydrothermal imprägniert sind. Die lokal hohe sich für die erzbringenden Fluide meist hohe Bildungs-
Konzentration an ged. Cu in Form spektakulärer Dendrit- temperaturen von 650–500 °C sowie hohe Salinitäten von
Kristalle, z. T. von >20 t Gewicht, ist einmalig und Proben >50 Gew.-% NaCl-Äquivalent ableiten. Erst im Lauf der Zeit
davon sind in vielen Mineraliensammlungen vertreten werden die Fluide kühler (<400 °C) und weniger salzreich
(Abb. 4.2, S. 70). Von den meisten Forschern wird ange- (<20 Gew.-% NaCl-Äquivalent; Meinert et al. 2005).
nommen, dass hydrothermale sulfidische Kupferlösungen In manchen Fällen werden durch H2O-reiche Dämp-
aus der Tiefe feinverteilten Hämatit (Fe2O3) in der Lava- fe oder Fluide Schwermetall-Komplexe transportiert.
Oberfläche reduziert haben, wobei ged. Cu kristallisierte. Durch Reaktion mit dem karbonatischen Nebengestein
kommt es zur Bildung von Erzanreicherungen und von
23.3 bauwürdigen Skarnerz-Lagerstätten unterschiedlichster 23.3
Hydrothermale Verdrängungslagerstätten Art. Sie sind überwiegend an syn- bis spätorogene Gra-
nit- bis Granodiorit-Plutone gebunden, die an konver-
Hydrothermale Verdrängungslagerstätten entstehen in leicht genten Plattenrändern in die kontinentale Oberplatte
reaktionsfähigen Gesteinen, insbesondere in Kalksteinen intrudierten. Die wichtigsten Typen von Skarnerz-Lager-
und Dolomiten oder ihren metamorphen Äquivalenten, den stätten (Tabelle 23.1) entstanden durch metasomatische
Marmoren. Dabei erfolgt ein metasomatischer Stoffaus- Verdrängung von Kalksteinen (Ca-Skarne), nur wenige
tausch (Metasomatose von grch. μέτα = mit-, nach-, um-, von Dolomiten (Mg-Skarne).
σώμα = Körper) zwischen dem Karbonatgestein mit hydro- Kontaktmetasomatisch werden vorwiegend sulfidische
thermalen Lösungen, wobei Calcit oder Dolomit durch Erz- (Pyrrhotin, Pyrit, Sphalerit, Galenit, Chalkopyrit) oder oxidi-
minerale von Sn, W, Mo, Fe, Mn, Cu, Pb, Zn, Ag, Co, As, Bi, sche (Magnetit, Hämatit) Erzminerale abgeschieden, stets
Hg und Mg ersetzt werden. Als Beispiel diene die Reaktion in sehr unregelmäßigen Verdrängungskörpern. Klassische
Kontaktlagerstätten mit Skarnbildung sind die Hämatit-
SnCl+3 + CaCO3 + H2O erze der Insel Elba, die aber nicht mehr im Abbau stehen.
Calcit Eine der bedeutendsten Erzlagerstätten dieser Art war
lange Zeit die Eisenerz-Lagerstätte von Magnitogorsk im
SnO2 + Ca2+ + CO2 + 2H+ + 3Cl– (23.7) Südural mit Magnetit als Haupterzmineral. Die Lagerstät-
Kassiterit te Antamina in Peru ist einer der größten Produzenten an
Kupfer und Zink mit Vorräten von 556 Mio. t und Durch-
Solche Verdrängungen können große Ausmaße errei- schnittsgehalten von 1,1 % Cu, 2,8 % Zn und 0,04 % Mo.
chen, sind jedoch oft ungleichmäßig verteilt und unbere- Einige Skarnerz-Lagerstätten produzieren als Nebenpro-
chenbar. Hydrothermale Verdrängungen, die mit Erzgän- dukt Gold; die gesamten Vorräte in diesem Lagerstättentyp
gen verknüpft sind, werden im Abschn. 23.4 behandelt. werden weltweit auf ca. 1 470 t Au geschätzt (Frimmel 2008).
Mit einer Jahresproduktion von ca. 2 100 kg Au ist das Skarn-
23.3.1 erz-Vorkommen Navachab im Damara-Orogen (Namibia)
Skarnerz-Lagerstätten nach dem Witwatersrand (Abschn. 25.2.7, S. 390ff) die größ-
te Goldlagerstätte im südlichen Afrika (Dziggel et al. 2009).
Skarnerze entstehen fast immer im Kontaktbereich zwi- Die bedeutende Ca-Skarn-Lagerstätte Naica in Chihua-
schen magmatischen Intrusionen und karbonatischem hua, Mexiko (Tabelle 23.1) hat durch die Bildung von rie-
Nebengestein (Kalkstein oder Dolomit). Bei diesem sigen Gipskristallen (Abb. 9.6, 9.7, S. 133f) weltweite Auf-
Spezialfall der Kontaktmetasomatose (Abschn. 26.6.1, merksamkeit erregt.
S. 457ff) kommt es häufig zu erheblichen metasomati-
Die Vererzung steckt in Kalksteinen der Unterkreide (Alb) und ist
schen Stoffwanderungen, wobei dem Karbonatgestein
an Felsit-Gänge gebunden, deren Alter mit der K-Ar-Methode
insbesondere Si, Al, Fe und Mg sowie Neben- und Spu- (Abschn. 33.5.3, S. 615ff) auf ca. 26 Ma datiert ist (Megaw et al. 1988).
renelemente zugeführt werden. Es bilden sich charakte- Wahrscheinlich stammen diese Gänge von einem magmatischen
ristische Ca-Mg-Fe-Silikate wie Grossular-Andradit-Gra- Tiefenkörper in 2–5 km Tiefe ab. Die heißen (240–490 °C),
nat, Diopsid-Hedenbergit, Wollastonit, Tremolit-Aktino- hochsalinaren (31–63 Gew.-% NaCl-Äquivalent) hydrothermalen Lö-
lith, ferner Epidot, Vesuvian und andere Minerale, auch sungen durchsetzten die Gänge und das karbonatische Nebengestein
auf tektonischen Schwächezonen und Schichtgrenzen, wobei die
solche mit F-, Cl- oder Bor-Gehalten. Das Auftreten von Karbonate intensiv in Kalksilikat-Minerale umgewandelt wurden. Die
Topas oder Turmalin ist jedoch untypisch. Verdrängungs- wichtigsten Erzminerale sind Pyrit, Pyrrhotin, Sphalerit, Galenit und
erscheinungen und Reaktionssäume bei diesen Silikaten Chalkopyrit (Megaw et al. 1988; vgl. Tabelle 23.1).
352 23 · Hydrothermale Erz- und Minerallagerstätten
Tabelle 23.1. Die wichtigsten Typen von Skarnerzen. (Stark vereinfacht aus Evans 1993)
Skarnerz-Lagerstätten mit Scheelit CaWO4 spielen doch ist ihre genetische Stellung häufig umstritten. An ge-
weltwirtschaftlich eine immer größere Rolle. Bedeuten- winnbaren Blei-, Zink- und Silbererzen und an Erzvorräten
de Vorkommen sind Macmillan Pass und Tungsten (Ka- übertreffen sie die entsprechenden Ganglagerstätten (s. u.)
nada), King Island (nördlich Tasmanien), Sangdong (Ko- erheblich. Ein Teil davon ist unter höheren Temperaturen
rea) und Pine Creek (Kalifornien, USA). Wegen seiner gebildet und deshalb als kata- bis mesothermal einzustufen.
Unauffälligkeit im umgebenden Skarn wird Scheelit leicht Zu den hochtemperierten Blei-Zink-Verdrängungs-
übersehen. Er lässt sich bei der Prospektion am einfachs- lagerstätten gehören z. B. Leadville (Colorado, USA), wo
ten durch seine starke UV-Fluoreszenz feststellen. Bedeu- ein felsischer Subvulkanit eine karbonische Kalkstein-
tung können auch kontaktmetasomatische Skarnlager- Quarzit-Folge intrudierte, Trepc̀´a (Südostserbien) als
stätten mit Anreicherungen von Mo und Sn haben. eine der wichtigsten Pb-Zn-Ag-Lagerstätten in Europa,
Iglesias in Sardinien als wichtigster Pb-Zn-Ag-Erzeuger
23.3.2 Italiens, und Laurion (Attika, Griechenland), dessen Gru-
Mesothermale Kupfer-Arsen-Verdrängungs-Lagerstätten ben bereits im Altertum betrieben wurden.
Bei den niedrigtemperierten Blei-Zink-Verdrängungs-
An hydrothermalen Reaktionskontakten mit Kalken und lagerstätten vom Mississippi-Valley-Typ ist ein Zusam-
Dolomiten kann es zu bedeutenden Anreicherungen von menhang mit magmatischen Intrusionen nicht erkenn-
Kupfererz kommen. Der bekannteste Vertreter dieses Typs bar. Für sie wird eine niedrig-thermale oder eine sedi-
ist die Lagerstätte von Tsumeb im Otavi-Bergland (Nord- mentäre, vielleicht spät-diagenetische Entstehung disku-
Namibia), die von 1907 bis 1997 fast ununterbrochen im tiert (vgl. Abschn. 23.6.2, S. 366).
Abbau stand. Haupterzminerale sind Chalkosin, Enargit,
Tetraedrit-Tennantit (Fahlerz), Galenit und Cd-reicher 23.3.4
Sphalerit; das Ge-Erzmineral Germanit Cu13Fe2Ge2S16 wur- Hydrothermale Gold-Pyrit-Verdrängungslagerstätten
de hier erstmals entdeckt. Berühmt ist Tsumeb wegen der vom Carlin-Typ
unerreichten Artenfülle von Sekundärmineralen innerhalb
der ausgedehnten Oxidationszonen. Noch im Abbau befin- Die Gold-Lagerstätten vom Carlin-Typ – benannt nach
det sich die nahe gelegene Lagerstätte Kombat mit Bornit, dem bedeutenden Vorkommen von Carlin in Nevada –
Tennantit, Chalkopyrit und Galenit als primäre Erzminerale sind an das Backarc-Becken hinter dem jungen Orogen-
sowie sekundär gebildetem Chalkosin und ged. Kupfer. gürtel der Sierra Nevada gebunden und entstanden vor
etwa 42–36 Ma im Zusammenhang mit Dehnungs-
23.3.3 Tektonik. Die erzbringenden Fluide hatten mäßige Tem-
Hydrothermale Blei-Silber-Zink-Verdrängungslagerstätten peraturen von ca. 180–240 °C und eine geringe Salinität
von ca. 2–3 % NaCl-Äqu.; sie enthielten <4 Mol.-% CO2,
Verdrängungslagerstätten mit Galenit und Sphalerit in Kalk- <0,4 Mol-% CH4 und ausreichend H2S für den Transport
stein oder dolomitischem Kalkstein sind recht verbreitet; je- von Au. Die erzbringenden Fluide, deren Herkunft noch
23.4 · Hydrothermale Erz- und Mineralgänge 353
umstritten ist, stiegen in steilstehenden Störungszonen Spatmagnesit-Vorkommen haben die größte Verbrei-
auf und wurden in flachliegenden Erzfallen gefangen. Dort tung im Bereich der Ostalpen (Österreich). Dort bilden
reagierten sie mit tonigen Kalksteinen von altpaläozo- sie unregelmäßige stockförmige Körper innerhalb von
ischem Alter und verdrängten diese unter Bildung von Kalksteinen und Dolomiten der Grauwackenzone. Die
Pyrit, Markasit und Arsenopyrit. In diesen Sulfidmine- Hauptvorkommen liegen bei Radenthein (Kärnten) so-
ralen ist Gold in Form feinster Partikel eingeschlossen, wie Trieben und Veitsch (Steiermark). Ihr Abbau voll-
teils auch in den Kristallstrukturen eingebaut (Cline et al. zieht sich vorwiegend über Tage.
2005). Die großen Lagerstätten in Nevada, außer Carlin Magnesit dient neben der Gewinnung des Leichtme-
noch Newmont, Betze Post und Cortez gehören zu den talls Magnesium, besonders als Rohstoff für die Herstel-
wichtigsten Goldvorkommen der Erde, die insgesamt lung von Sintermagnesit in der Feuerfestindustrie für
Vorräte von ca. 10 000 t Au aufweisen (Frimmel 2008). Ziegel zum Auskleiden von Sauerstoff-Konvertern (LD-
Verfahren) und Hochöfen. Daneben wird Magnesit als
23.3.5 kaustischer Magnesit bei etwa 800 °C gebrannt, um das
Metasomatische Siderit-Lagerstätten CO2 zu entfernen; das dabei entstehende MgO wird zur
Gewinnung von Sorelzement und zur Fertigung von
Metasomatische Siderit-Lagerstätten haben sich dort ge- Leichtbauplatten verwendet.
bildet, wo aufsteigende (aszendente) Fe-haltige hydro-
thermale Lösungen mit Kalkstein oder Marmor reagieren 23.4 23.4
konnten. Die bekannteste und bedeutendste Lagerstätte die- Hydrothermale Erz- und Mineralgänge
ser Art ist der Erzberg in der Steiermark, wo ein altpaläo-
zoischer Kalkstein über seine Schichtfugen hinweg wolkig- Voraussetzung für die Entstehung hydrothermaler Erz-
diffus vererzt wurde. Es lässt sich eine Umwandlungsfolge und Mineralgänge ist das Vorhandensein von sich öff-
Calcit → Dolomit → Ankerit Ca(Mg,Fe)[CO3]2 → Siderit nenden tektonischen Spalten, in denen die hydrother-
erkennen. Auf diese Weise ist ein riesenhafter, geschlos- malen Lösungen Platz nehmen und auskristallisieren
sener Körper von Mn-haltigem Spateisenstein entstan- können, z. B. auf duktilen Scherzonen, Verwerfungen,
den, der nur geringe Mengen an Pyrit, Chalkopyrit, Fahl- Überschiebungen oder Spannungsrissen. Typisch sind
erzen und Cinnabarit führt. Die Erze werden in einem sog. Pinch-and-Swell-Strukturen, bei denen die Mäch-
mächtigen Tagebau mit rund 70 Etagen und unter Tage tigkeit eines Erzganges stark variiert, weil er Neben-
gewonnen. Die Lagerstätte enthielt insgesamt 500 Mio. t gesteinslagen unterschiedlicherer Kompetenz durch-
Erz, von denen mehr als die Hälfte abgebaut ist; die Gehalte setzt (Abb. 23.7). Hydrothermalgänge bilden meist
liegen bei 32 % Fe und 2 % Mn (Pohl 2005). kompakte Aggregate aus Erzmineralen und Gangart; in
Vergleichbare Vorkommen von Bedeutung finden sich verbleibenden Hohlräumen können sich auch Mine-
um Hüttenberg in Kärnten (Hüttenberger Erzberg), in raldrusen mit freien Kristallendigungen entwickeln.
der Slowakei, im Gebiet von Ljubija (Bosnien-Herzego- Nicht selten werden hydrothermale Erzgänge auch von
wina), im Banat (Rumänien), in Bakal (Russland), in hydrothermalen Imprägnationen oder Verdrängungen
Tunesien und Algerien. Die beachtlichen Vorkommen bei begleitet.
Bilbao (Nordspanien), die sog. Bilbaoerze, die für die
deutschen Eisenhütten und Stahlwerke von großer Be-
deutung waren, sind von oben her weitgehend in sekun-
däre Oxidationserze umgewandelt.
Entlang der Randspalten des Thüringer Waldes und bei Bieber im
Spessart ist der Zechsteinkalk bzw. -dolomit stellenweise meta-
somatisch in Siderit umgewandelt. Einige dieser Spateisenstein-Vor-
kommen wurden bergmännisch abgebaut.
23.3.6
Metasomatische Magnesit-Lagerstätten
Die Erzminerale sind die Träger der gewinnbaren Aus der geradezu verwirrenden Fülle des Mineral-
Metalle. Von den Bergleuten werden diese Teile des Gangs und Erzinhalts der verschiedenen, überaus zahlreich
auch als Erzmittel bezeichnet im Unterschied zu den auftretenden hydrothermalen Gänge heben sich sog. per-
nichtopaken Begleitmineralen, der sog. Gangart, dem tau- sistente Paragenesen hervor, die weltweit vorkommen
ben Mittel. Zu den Gangarten rechnen im Wesentlichen und immer wieder gleich bleiben. Sie wurden zur Grund-
Quarz, Calcit, Dolomit und andere Karbonate sowie Flu- lage für ein Schema von Gangformationen, das lange Zeit
orit und Baryt, die wichtige Industrieminerale darstel- als Prinzip für eine Systematik hydrothermaler Lager-
len und meist aus erzfreien Hydrothermalgängen gewon- stätten aller Strukturtypen diente.
nen werden. Häufig spiegelt die Gangart die Zusammen-
setzung des Nebengesteins wider, aus dem sie offensicht- Die Bezeichnung „Gangformation“ war im sächsischen Bergbau
lich mobilisiert wurde, z. B. Quarz bei silikatischem, Cal- schon lange gebräuchlich. Der Freiberger Mineraloge August Breit-
haupt (1791–1873) erkannte als erster, dass für genetische Schluss-
cit bei karbonatischem Nebengestein. folgerungen Mineralparagenesen wichtig sind und nicht ein ein-
Die Ausscheidung des Mineralinhalts der Gänge erfolgt zelnes, besonders auffälliges Mineral. Dieses Prinzip hat sich ganz
meist gleichzeitig mit den tektonischen Öffnungsbewegun- allgemein für die Petrologie als fruchtbar erwiesen.
gen, dem Aufreißen der Spalte. Das kann in mehreren Etap-
pen geschehen. Dabei entspricht die symmetrische zonale 23.4.1
Anordnung verschiedener Mineralparagenesen, die man Orogene Gold-Quarz-Gänge
häufig in Hydrothermalgängen beobachtet (Abb. 23.8), der
Auscheidungsfolge. Stets befinden sich die älteren, generell Wirtschaftlich noch immer wichtig sind die erdweit ver-
bei höherer Temperatur gebildeten Paragenesen an den breiteten Gold-Quarz-Gänge. Sie wurden von Groves et al.
Gangrändern (dem sog. Salband), die jüngeren, etwas nied- (1998) als orogen bezeichnet, weil sie im Zusammenhang
riger temperierten Paragenesen in der Gangmitte. mit kompressiven und transpressiven Deformationsprozes-
sen an konvergenten Plattenrändern und in Kollisionsoro-
Änderungen in den verschiedenen Mineralparagene- genen entstanden sind. In einem Teil dieser Lagerstätten
sen im Streichen eines Gangs bezeichnet man als ver- ist auch ein räumlicher und zeitlicher Zusammenhang mit
tikalen bzw. lateralen Fazieswechsel oder als primä- granitoiden Intrusionen nachweisbar (vgl. Frimmel 2008).
ren Teufenunterschied. Dieser ist bei den subvulkani- Subduktions- und kollisionsbezogene thermische Er-
schen Ganglagerstätten infolge kürzerer Transport- eignisse führten zur episodischen Erhöhung des geother-
wege und schnellerer Abkühlung weniger ausgeprägt: mischen Gradienten und zur Gesteinsmetamorphose.
Die verschiedenen Mineralparagenesen erscheinen Dabei entstehen hydrothermale Lösungen, die sehr wei-
teleskopartig ineinandergeschoben (Telescoping). Die te Wanderungswege zurücklegen können. Dementspre-
praktische Bedeutung des Fazieswechsels für die Pro- chend kann es in orogenen Gold-Quarz-Gangsystemen
spektion der Erze sowie für bergbau- und aufberei- zur Au-Abscheidung in extrem großen Teufenbereichen
tungstechnische Fragen ist offensichtlich. vom oberflächennahen Niveau bis hinunter zu 15–20 km
Tiefe kommen. Die einzelnen Gänge besitzen Mächtig-
keiten zwischen 0,5 und 3 m; sie können sich – jeweils
gegeneinander versetzt – zu ausgedehnten Gangzügen
aneinander reihen; der größte bekannte Gangzug ist der
berühmte Mother Lode in Kalifornien mit einer Länge von
ca. 270 km. Die erzführenden Fluide weisen einen sehr
weiten Temperatur-Bereich von ca. 300–600 °C auf, haben
eine relativ geringe Salinität und sind nahezu neutral;
sie enthalten stets erhöhte Gehalte von ≥0,5 Mol.-% CO2
sowie teilweise CH4. In ihnen wird Au in Form reduzier-
ter S-Komplexe transportiert (Groves et al. 1998).
Der Mineralinhalt der Gold-Quarz-Gänge ist einfach.
Neben 97–98 % Quarz als Gangart enthalten sie vor al-
lem Pyrit, Arsenopyrit, Chalkopyrit und gelegentlich et-
was Stibnit. Ged. Gold tritt nur selten als Freigold auf, das
mit dem bloßem Auge sichtbar ist (Abb. 4.5, S. 72). Meist
Abb. 23.8. Symmetrischer Erzgang aus der Grube Himmelfürst- bildet es jedoch als „vererztes“ oder unsichtbares Gold nur
Fundgrube bei Brand-Erbisdorf (Erzgebirge). Nebengestein: Gneis: mikroskopisch kleine Einschlüsse im Quarz, Pyrit oder
säulenförmiger Quarz I mit Sphalerit (schwarz), Arsenopyrit
(längsgestreift), Rhodochrosit (zonar), Galenit (Kreuzschraffur),
Arsenopyrit; es ist bis zu 10–20 % mit Ag legiert; dane-
Chalkopyrit (punktiert), Calcit in der Gangmitte (weiß). (Nach ben treten auf einigen Gängen auch Au-Ag-Telluride wie
Maucher, umgezeichnet aus Schneiderhöhn 1941) Petzit Ag3AuTe2 auf (Ciobanu et al. 2006). Stellenweise sind
23.4 · Hydrothermale Erz- und Mineralgänge 355
Übergänge zu Turmalin-führenden Gold-Quarz-Gängen Bereits 3000 v. Chr. wurde in Ägypten Gold aus Quarzgängen gewon-
zu beobachten. Das Alter der Lagerstättenbildung reicht nen. Noch älter ist der Goldbergbau in Simbabwe, der auf vorgeschicht-
liche Zeit zurückgeht (Land Ophir). In Europa war der Goldbergbau
von archaisch (Barberton-Greenstone-Belt, Südafrika:
in den Hohen Tauern während des Altertums bis zum Mittelalter bedeut-
3 200 Ma) bis Tertiär (Obere Monte-Rosa-Decke, West- sam. Der Abbau der Gold-Quarz-Gänge von Brandholz-Goldkronach
alpen ≤33 Ma). im Fichtelgebirge hatte seine Blütezeit im ausgehenden Mittelalter.
Eine weitverbreitete Gruppe von Gold-Quarz-Gängen Ende des 18. Jahrhunderts standen diese Gruben unter der Leitung
ist an archaische Grünstein-Gürtel gebunden, deren des bekannten Naturforschers Alexander von Humboldt (1769–1859).
Die letzte, ganz kurze Betriebsperiode ging im Jahr 1925 zu Ende.
usprünglicher Goldgehalt durch Granit-Intrusionen mo-
bilisiert und in Gängen angereichert wurde. In den gro-
ßen präkambrischen Kratonen der Erde können hun- 23.4.2
derte oder tausende von Einzellagerstätten mit sehr un- Epithermale Gold- und Gold-Silber-Lagerstätten
terschiedlichen Gold-Gehalten und Vorräten auftreten. (subvulkanisch)
Die meisten untertage abgebauten Lagerstätten enthal-
ten 4–8 g / t, z. T. sogar 10–15 g / t; im Tagebau können Auch die Golderze der subvulkanischen Abfolge sind vor-
noch Gehalte von 1–2 g / t bauwürdig sein. Ein promi- wiegend an junge Orogenzonen im Bereich konvergenter
nentes und noch heute sehr bedeutendes Beispiel ist die Plattenränder geknüpft. Erzgänge und Erzimprägnatio-
Goldene Meile von Kalgoorlie im Yilgarn-Block (West- nen stehen in enger Beziehung zu subvulkanischen Intru-
australien) mit Vorräten von ca. 2 080 t Au (z. B. Robert sivstöcken, zu Vulkanschloten und zu Tuffablagerungen.
et al. 2005; Frimmel 2008). Weiter zu nennen sind die klas- Petrographisch handelt es sich um Kalkalkali-Magmatite
sischen Goldfelder von Ballarat und Bendigo in Victoria wie Andesite, Dacite, die K-reichen Shoshonite und Rhy-
(Australien) mit ca. 660 t Au, wo die Gold-Quarz-Gänge olithe (Müller und Groves 2000). Die Erze sind an vulka-
als charakteristische Sattelgänge in aufgeblätterten nische Spalten und Ruschelzonen gebunden und mitunter
Faltenscheiteln Platz genommen haben, der Kolar-Dis- brecciös entwickelt. Kristalldrusen füllen zahlreiche Hohl-
trikt in Mysore (Indien), die Distrikte von Timmins- räume. Besonders die oberflächennahen Gänge und
Porcupine (mit einer Gesamtproduktion von 1 530 t Au) Mineralabscheidungen besitzen bei starkem Telescoping
und Kirkland Lake in der Superior-Provinz Ontarios eine vielfältige Überlagerung der Paragenesen.
(z. B. Robert et al. 2005) sowie von Yellowknife in den Erzminerale und Gangarten sind auffällig artenreich.
North-West Territories (Kanadischer Schild), ferner La- Das hier weißgelb aussehende Freigold ist stark silber-
gerstätten im Barberton Greenstone Belt (Südafrika) und haltig (Elektrum). Es ist mit Gangarten und Sulfiden in-
in Simbabwe. nig verwachsen. Gold ist außerdem im Pyrit eingelagert.
Proterozoisches Alter besitzen die Gold-Lagerstätten Charakteristisch für die subvulkanische Abfolge sind
Ashanti in Ghana (früher Goldküste) mit Vorräten von außerdem Goldtelluride und Goldselenide sowie viele edle
fast 3 200 t Au, Telfer im australischen Paterson-Orogen Silbererzminerale wie Argentit-Akanthit (Silberglanz),
(ca. 1 530 t Au), die Homestake Mine in Süd-Dakota mit gediegen Silber, Proustit, Pyrargyrit, Freibergit, silber-
Vorräten von ca. 1 240 t Au und ungewöhnlich hohen Ge- reicher Galenit. Viele der Edelmetall-haltigen Gänge ge-
halten von 8,3 g / t Au (Frimmel 2008) sowie die Lager- hen nach der Tiefe hin in Pb-Zn-Cu-Gänge über. Eine
stätten am Südrand des Sibirischen Kratons am Oberlauf solche Gangverschlechterung, aber auch das Gegenteil,
von Jenissei und Lena, im Aldan-Hochland und in eine Gangverbesserung, werden im Bergbau als primärer
Transbaikalien. Mit Vorräten von ca. 1 360 t Au ist Sukhoi Teufenunterschied sehr beachtet. Gangarten sind Calcit,
Log an der Lena eine bedeutende Goldlagerstätte; sie sitzt Quarz (häufig als Amethyst), Chalcedon, Rhodochrosit
in proterozoischen Schwarzschiefern, aus denen das Gold und verschiedene Zeolithe. Das Nebengestein ist durch
wahrscheinlich in frühpaläozoischer Zeit mobilisiert Propylitisierung grünlich zersetzt, wobei sich auf Kos-
wurde (z. B. Yakubchuk et al. 2005). Für die permische ten der magmatischen Gemengteile Chlorit, Pyrophyllit,
Lagerstätte von Muruntau im Tian-Shan-Orogen West- Kaolinit, Dickit, Illit, Epidot, Albit, Adular, Quarz, Calcit,
Usbekistans, die mit Vorräten von ca. 6 140 t Au z. Zt. die Alunit KAl3[(OH)6/(SO4)2] und Pyrit als Sekundärminerale
drittgrößte Gold-Anreicherungen der Erde darstellt, gebildet haben.
konnte nachgewiesen werden, dass die erzbringenden Nach Simmons et al. (2005) entstanden Au ± Ag ± Cu-
Fluide einen juvenilen Anteil aus dem Erdmantel enthal- Vererzungen mit Quarz + Alunit ± Pyrophyllit ± Dickit
ten (Graupner et al. 2006). ± Kaolinit aus Fluiden, die überwiegend magmatischen
Zahlreiche Gold-Quarz-Gänge treten in jungen Oro- Ursprungs sind und nur geringe Anteile von Oberflächen-
genzonen von oberjurassischem bis neogenem Alter im wasser enthielten. Ihre Temperatur variierte zwischen 180
Bereich konvergenter Plattenränder auf. Hierzu gehört das und 320 °C, ihre Salinität lag meist bei <5–10 %, erreich-
Revier des Mother Lode in der Sierra Nevada (Kali- te aber auch Werte von >30 % NaCl-Äqu. Demgegenüber
fornien) und von Fairbanks im Yukon-Distrikt (Alaska/ wurden Vererzungen mit den Gangarten Quarz ± Calcit
Kanada). ± Adular ± Illit aus zirkulierenden Oberflächenwässern
356 23 · Hydrothermale Erz- und Minerallagerstätten
abgeschieden, die in der Tiefe auf 150–300 °C aufgeheizt auf. Oft wird das Nebengestein durch Gangtrümer oder
wurden, jedoch höchstens einen geringen magmatischen feinverteiltes Erz nach Art der Porphyry Copper Ores
Anteil besaßen. Bei Au-Ag- und Ag-Au-Vererzungen lag (Abschn. 23.2.4, S. 349ff) imprägniert. Heute konzentriert
die Salinität dieser Fluide bei <5 %, stieg aber bei Ag-Pb- sich die Erzgewinnung auf diese ärmeren Bereiche, die
Zn-Vererzungen auf Werte von >20 % NaCl-Äqu. an. durch große Tagebaue erschlossen werden.
In Europa sind Vorkommen von Golderzen der sub-
vulkanischen Abfolge an den andesitisch-dacitischen Mesothermale Gänge mit Chalkopyrit ± Bornit ± Tetraedrit-
Magmatismus des Karpaten-Innenrandes gebunden. Die Tennantit ± Pyrit und Quarz oder Siderit als Gangarten sind in-
wichtigsten Lagerstätten liegen im Slowakischen Erz- nerhalb des mitteldeutschen Raums weit verbreitet und wurden
früher an vielen Stellen abgebaut. Im Siegerland gehen sie nach
gebirge (z. B. im Gebiet von Banska Štiavnica, wo auch den zentralen Teilen des Gebiets hin in reine Sideritgänge über. Auch
eine Cu-Au-Skarnerzlagerstätte abgebaut wurde), im die Kupfer-Erzgänge von Mitterberg (Salzburg, Österreich) gehö-
Vihorlat-Gebirge (Ost-Slowakei) und im Siebenbürgener ren hierher. Keine dieser Lagerstätten ist heute noch bauwürdig.
Erzgebirge (Rumänien). Reich an subvulkanischen Gold-
erzen sind auch die Inselbögen um den Pazifik (z. B. 23.4.4
Garwin et al. 2005), so Ladolam auf der Insel Lihir (Pa- Blei-Silber-Zink-Erzgänge
pua-Neuguinea), Baguio (Philippinen) und Emperor (Fid-
schi-Inseln). Mit Vorräten von ca. 2 070 t Au besitzt Lado- Die wesentlichen Erzminerale der silberführenden Blei-
lam weltwirtschaftliche Bedeutung (Frimmel 2008). Zink-Erzgänge sind Galenit, Sphalerit und Pyrit, dane-
Immer noch bedeutend sind zwei Lagerstätten in den ben meist auch Chalkopyrit und Minerale der Fahlerz-
USA: Cripple Creek in Colorado – mit durchschnittlich gruppe, in gewissen Gängen auch Arsenopyrit. Zahlrei-
20–30 g / t Au – ist an Alkali-Vulkanite gebunden und che weitere Erzminerale sind oft nur erzmikroskopisch
befindet sich im Back-Arc-Bereich der Rocky Mountains. erkennbar. Galenit enthält häufig 0,01–0,3 %, stellenweise
Der Comstock Lode in Nevada stellt eine der größten Metall- fast 1 % Ag. Die meisten Silberträger wie Freibergit, Prous-
anreicherungen der Erde dar, aus der seit 1859 235 t Au und tit, Pyrargyrit, Polybasit (Ag,Cu)16Sb2S11 u. a. sind im Gale-
5 500 t Ag gefördert wurden; die reichen Erzkörper nit mechanisch eingeschlossen. Lamellen von Silberglanz
(„Bonanzas“) lassen sich bis in eine Teufe von 900 m ver- (Argentit bzw. Akanthit), die im Galenit // {100}, seltener
folgen; der größte von ihnen enthielt 1,4 Mio. t Erz mit // {111}, eingelagert sind, gehen wohl teiweise auf Ent-
Durchschnittsgehalten von 54 g / t Au und 850 g / t Ag mischungsvorgänge zurück, da die Galenit-Struktur bei
(Sawkins 1990). Auch in den zahlreichen Vorkommen hydrothermalen Bedingungen bis zu 2 % Ag2S aufnehmen
Mexikos tritt Au gegen Ag stark zurück. Bedeutende Au- kann. Demgegenüber existiert eine lückenlose Mischkris-
Reserven enthalten die Lagerstätten El Indio (Chile) und tallreihe zwischen PbS und AgBiS2, die sich unterhalb ca.
ganz besonders Yanacocha (Peru) mit Vorräten von ca. 200 °C zu Galenit und Tief-Schapbachit AgBiS2 entmi-
1 960 t Au (Frimmel 2008). schen. Sphalerit enthält kaum Ag, dafür häufig Cd und
als Spurenmetalle Ga, In, Tl und Ge. Durch erhöhte Fe-
23.4.3 Gehalte ist Sphalerit (Zn,Fe)S braunschwarz bis schwarz
Mesothermale Kupfererzgänge gefärbt. Die Mineralparagenesen der Ag-haltigen Pb-Zn-
Erzgänge sind vorwiegend als mesothermal einzustufen.
Der prominenteste Vertreter dieses Typs ist die Lager- Nur die etwas höherthermalen Gänge unter ihnen enthal-
stätte von Butte, Montana (USA), die zu den reichsten ten edle Silbererzminerale wie Argentit-Akanthit (Silber-
Kupfervorkommen der Erde zählt. Aus ihm wurden von glanz), Proustit-Pyrargyrit, Silberfahlerze, ged. Ag und vie-
1880 bis 1964 7,3 Mio. t Cu, 2,2 Mio. t Zn, 1,7 Mio. t Mn, le seltenere Vertreter. Als Gangarten der Pb-Ag-Zn-Gän-
0,3 Mio. t Pb, 20 000 t Ag, 78 t Au sowie beachtliche Men- ge treten in unterschiedlichen Kombinationen auf: Quarz,
gen an Bi, Cd, Se, Te und Schwefelsäure gewonnen (Evans Calcit, Dolomit, Ankerit (Braunspat), Siderit, Rhodochro-
1993). Mehrere Systeme von Gangspalten, oft dicht ge- sit, Baryt und/oder Fluorit.
schart, durchsetzen einen großen, 78 Ma alten Granodi- Das Gefüge dieser Gänge ist recht wechselvoll. Neben
orit-Körper, den Boulder-Batholithen. Die mächtigsten Lagen- und Banderzen (Abb. 23.9), oft mit symmetrischer
Erzgänge können 1–2 km lang werden; eigenartig ist ihre Anordnung (Abb. 23.8), gibt es Breccienerze, Ringel- und
Zerfaserung in zahlreiche kleine Adern, die als Horsetail- Kokardenerze, teilweise mit schönen Kristalldrusen in
Struktur bezeichnet wird. Die Vererzung ist zonar ange- den Hohlräumen der Gangmitte. Die unterschiedlichen
ordnet: In der Zentralzone treten die reichsten Kupfer- Bedingungen, unter denen sich die verschiedenen Ge-
erze mit Hoch-Chalkosin und Enargit auf; nach außen nerationen eines Minerals gebildet haben, machen sich
folgt eine Übergangszone mit höherem Sphalerit-Anteil, häufig in Unterschieden von Tracht und Habitus der Kris-
und die Randzone ist reicher an Pb und Ag, bis die Gän- talle, in der Kristallgröße oder der Färbung bemerkbar.
ge randlich erzleer endigen. Am südlichen Rand der Das Variscische Gebirge in Mitteleuropa ist sehr reich
Zentralzone treten zahlreiche Molybdänit-Quarz-Adern an hydrothermalen Pb-Zn-Gängen, die z. T. seit dem
23.4 · Hydrothermale Erz- und Mineralgänge 357
Abb. 23.9.
Gangstück mit den Erzmineralen
Chalkopyrit (goldglänzend, z. T.
angelaufen), Sphalerit (tiefbraun)
und Galenit (silberglänzend);
Gangarten: Siderit (hellbraun),
Quarz und Calcit (weiß). Bad
Grund (Harz). Mineralogisches
Museum der Universität Würz-
burg. (Foto: K.-P. Kelber)
Mittelalter im Abbau standen und zeitweise eine große karbon, bei Ramsbeck im Sauerland, im Bergischen Land
wirtschaftliche Bedeutung hatten; heute ist der Abbau und im Grubenbezirk von Holzappel–Bad Ems–Brau-
ausnahmslos eingestellt. Als typische, hervorragend un- bach sowie des mittleren und südlichen Schwarzwaldes
tersuchte Beispiele sind die Bergbaureviere von Freiberg, (Kinzigtal, Schauinsland, Münstertal).
Marienberg und Annaberg im sächsischen Erzgebirge zu Die bedeutendsten variscischen Pb-Zn-Erzgänge
nennen, deren Abbau erst 1990 endgültig zum Erliegen Europas liegen in der Sierra Morena (Spanien), so die
kam. Im Freiberger Revier wurden zwischen 1168 und Ag-reiche Lagerstätte Linares. Früher waren die Ag-rei-
1969 mehr als 1 000 Erzgänge aufgeschlossen und vor- chen Pb-Zn-Erzgänge von Přibram in Böhmen wirt-
wiegend auf Pb, Ag und Zn abgebaut. Das Alter dieser schaftlich wichtig.
Gänge ist spätvariscisch; eine unmittelbare Beziehung zu Die hydrothermalen Pb-Ag-Zn-Erzgänge im Coeur
den Granit-Intrusionen des Erzgebirges ist nicht nach- d’Alene-Bezirk in Idaho (USA) sind an mesozoische In-
weisbar. Auch im berühmten Clausthaler Gangrevier im trusionen gebunden, die während der Laramischen Oro-
Oberharz wurden bereits seit 1180 W-O-streichende, lang- genese an einem konvergenten Plattenrand gefördert
aushaltenden Pb-Zn-Erzgänge abgebaut (Abb. 23.9). Wie wurden. Es handelt sich um den größten Ag-Distrikt der
neue Untersuchungen zeigen (Möller u. Lüders 1993), hat Welt, der seit 1879 ca. 43 000 t Ag, 10 Mio. t Pb, 3 Mio. t Zn
die Vererzung ein triassisches bis jurassisches Alter, ist und 200 000 t Cu gefördert hat.
also postvariscisch. Der Transport der Schwermetalle er-
folgte in Form von Cl-Komplexen in hypersalinen Lau- 23.4.5
gen; bei der Mischung mit S-führenden Fluiden kam es Zinn-Silber-Bismut-Erzgänge
zur Erzabscheidung. Nach der Tiefe hin nimmt Galenit des bolivianischen Zinngürtels
und damit der Ag-Gehalt im Erz zugunsten von Sphalerit
ab, bis die Gänge endgültig vertauben. Dieser primäre Im Gebiet von Cerro de Potosi, Llallagua und Oruro in
Teufenunterschied wirkte sich als eine Gangverschlech- den bolivianischen Anden treten im subvulkanischen
terung ungünstig auf die Rentabilität des Bergbaus aus. Niveau Kassiterit-Gänge und Zinngreisen auf, die an
Die Pb-Zn-Gänge von Straßberg-Neudorf im Ostharz lie- jungtertiäre vulkanische Förderschlote geknüpft sind.
ferten besonders schöne Mineralstufen, die sich in vie- Da die Förderwege der zinnführenden Fluide infolge
len Sammlungen befinden. Erwähnt seien ferner die Pb- rascherer Abkühlung relativ kurz waren, kam es zum
Zn-Gänge des Rheinischen Schiefergebirges, so im Ruhr- Telescoping von Mineralabscheidungen aus Fluiden
358 23 · Hydrothermale Erz- und Minerallagerstätten
und hydrothermalen Lösungen unterschiedlicher Tem- leute) und seltener ged. Sb, während Galenit und Sphalerit zurück-
peratur. Bei etwas niedrigerer Bildungstemperatur traten. Die Andreasberger Gänge zeichnen sich außerdem in
ihren jüngeren Paragenesen durch hervorragend ausgebildete
haben Kassiterit-Kristalle nadeligen Habitus (Nadelzinn,
und gut kristallisierte Mineraldrusen mit edlen Silbermineralen,
Abb. 7.10d, S. 111) und sind häufig in büscheligen Kristall- flächenreichen Calcitkristallen (Abb. 8.4, S. 119) und verschiede-
gruppen angeordnet. Daneben ist hier Stannin (Zinnkies) nen Zeolithen aus.
Cu2FeSnS4 das wichtigste Zinn-Erzmineral. Die hoch-
temperierten Kassiterit-Gänge gehen in mesothermale Viel verbreiteter sind Erzgänge, in denen edle Silber-
Sn-Ag-Bi-Erzgänge über, die Kassiterit, Stannin und sel- minerale zusammen mit Nickel- und Kobaltmineralen
tenere Sulfostannate sowie Bismuthinit Bi2S3 und ver- in abbauwürdigen Konzentrationen auftreten. Ihr äl-
schiedene komplexe Silberminerale führen. Darüber hin- tester Bergbaudistrikt liegt im westlichen Erzgebirge
aus treten zahlreiche Sulfidminerale auf, eingebettet in um den Hauptort Schneeberg. In einem oberen Gang-
sehr unterschiedliche Gangarten. Neben Nadelzinn kann stockwerk befinden sich ged. Ag und Argentit-Akanthit
Kassiterit auch in traubig-nieriger Form als Holzzinn aus- (Silberglanz) zusammen mit zahlreichen weiteren edlen
gebildet sein, was auf eine Ausscheidung im Gelzustand Silbermineralen neben Nickel- und Kobaltarseniden
aus telethermalen Lösungen hinweist. Der bolivianische (Safflorit-Rammelsbergit, Cobaltin-Chloanthit) und Ba-
Zinngürtel ist die zweitwichtigste Zinnprovinz der Erde, ryt als Gangart. Bei einer gut ausgebildeten Zonierung
in der eine wirtschaftliche Sn-Gewinnung allerdings nur (primärer Teufenunterschied) geht diese Ganggruppe
möglich ist, wenn Ag als Beiprodukt gewonnen werden in dem darunter befindlichen Stockwerk unter steter Ab-
kann. Llallagua ist die weltgrößte Zinngrube, in der nahme des Silbergehalts der Erze in immer Bi-reichere
Primärerz abgebaut wird; sie förderte seit Beginn des Erzgänge mit ged. Bismut und untergeordnet Bismuthinit
20. Jahrhunderts über 500 000 t Sn. Schon im 16. Jahrhun- über. Dabei werden die Nickel-Kobalt-Arsenide immer
dert, zur Zeit der spanischen Konquistatoren, wurden die reicher an Co. In diesen Bi-Co-Erzen wird Quarz zur häu-
Ag-Vorkommen dieses Gebiets abgebaut, die allerdings figsten Gangart. Mit weiterer Tiefe tritt schließlich Ura-
ihren sagenhaften Ag-Reichtum einer sekundären Anrei- ninit (Uranpecherz) als Erzmineral immer mehr hervor
cherung durch Verwitterung verdankten. Immerhin enthal- (s. unten).
ten die Erzgänge von Cerro de Potosi noch 150–250 g/t Ag
Bergwirtschaftlich lagen im 15. Jahrhundert reiche Silbergruben
neben 0,3–0,4 % Sn. Der San-Rafael-Gang, am Nordende
mit ungewöhnlichen Einzelfunden vor. Im 17. und 18. Jahrhundert
des bolivianischen Zinngürtels in Peru gelegen, gilt derzeit wurde dieser Bergbaubezirk durch die Gewinnung des Co zu Her-
als der reichste Zinnerz-Gang der Welt mit Durchschnitts- stellung der kobaltblauen Farbe berühmt. Die Bi-Erze wurden vom
gehalten von ca. 5 % Sn und 0,16 % Cu sowie Erzvorräten 18. bis ins 20. Jahrhundert mitgewonnen. Heute sind alle diese Gru-
von ca. 14 Mio. t (Mlynarczyk et al. 2003). ben auflässig. Das gleiche gilt für die einst bedeutenden Co-Ni-Bi-
Erzgänge, die sog. Kobaltrücken, von Bieber im Spessart und von
Richelsdorf in Nordhessen. Das gleiche gilt für die Ag-Bi-Co-Ni-
23.4.6 U- und Cu-Bi-Erzgänge von Wittichen im Schwarzwald.
Bismut-Kobalt-Nickel-Silber-Uran-Erzgänge
Ein ähnliches Gangsystem von großer wirtschaftlicher
Die Vererzung tritt meist in einfachen, scharf begrenz- Bedeutung befindet sich bei Cobalt (Ontario, Kanada)
ten Spaltengängen auf. Die vielfältigen Mineralparage- und steht seit seiner Entdeckung im Jahre 1903 im Ab-
nesen lassen sich überwiegend als epithermal einstufen. bau. Die sehr zahlreichen kleinen Gänge bilden ein Gang-
netz und führen ged. Ag und andere Ag-Minerale sowie
Die reinen Silbererzgänge dieser Gruppe spielen heute wirtschaftlich Co-Arsenide. Man nimmt an, dass der Metallinhalt der
überhaupt keine Rolle mehr; die zugehörigen Gruben sind längst still- Hydrothermen aus dem Nebengestein mobilisiert wur-
gelegt. In der berühmten Grube von Kongsberg (Südnorwegen) kam
es zur Ausfällung von ungewöhnlich großen Mengen an ged. Silber,
de (Lateralsekretion). Bis 1973 wurden im Cobalt-Dis-
und zwar dort, wo die hydrothermalen Lösungen pyrithaltige Amphi- trikt 26 000 t Ag, 20 000 t Co, 7 300 t Ni, und 2 300 t Cu
bolite durchsetzten (Gangveredelung). Ged. Ag wurde in Form prächti- gefördert (Guilbert u. Park 1986).
ger Silberlocken (Abb. 4.3, S. 71) sowie in draht-, moos- und platten- Als tiefstes Stockwerk des westerzgebirgischen Gang-
förmigen Aggregaten gefunden, die spektakuläre Sammlerstücke dar- reviers sind bei Schneeberg, Aue und St. Joachimsthal
stellen. Große Blöcke von ged. Ag waren in Kongsberg keine Seltenheit.
(Jachymov, Tschechien) Uranerze mit Silber-Kobalt-Ni-
In den letzten Jahren tauchten im Mineralienhandel spektakulä-
re Stufen von ged. Silber auf, die aus hydrothermalen Gängen in ei- ckel-Bismut-Erzen bergbaulich erschlossen. Uranpecherz
nem Gabbro des nordwestlichen Odenwaldes stammen sollen. Die- zeigt häufig Glaskopf-Ausbildung, wurde also bei nied-
se interessante Vererzung harrt leider noch der Publikation. rigen Temperaturen aus dem Gelzustand ausgeschieden
Reiche Ag-Erzgänge wurden bis 1910 auch bei St. Andreasberg oder später umgelagert. Es befindet sich in dichtem,
im Harz abgebaut. Ihr Mineralinhalt ist durch mehrere zeitlich
hornsteinartigem Quarz mit Einschlüssen von fein-
aufeinanderfolgende, unterschiedlich temperierte Paragenesen
gekennzeichnet. Sie enthielten u. a. ged. Ag, verschiedene komple- verteiltem Hämatit, rotbraunem Calcit und dunkelvio-
xe Silbererzminerale, insbesondere Dyskrasit Ag3Sb, ged. As in lettem Fluorit als Gangart. Die Färbung der Gangart weist
konzentrischschaliger Entwicklung (sog. Scherbenkobalt der Berg- auf Veränderung durch radioaktive Strahlung hin.
23.4 · Hydrothermale Erz- und Mineralgänge 359
Der Bergbau bei St. Joachimsthal geht bis ins 16. Jahrhundert zurück. Die hydrothermalen Antimonvorkommen sind vor-
Von dem dort gewonnenen Silber leitet sich die alte Münzeinheit Thaler zugsweise an die jungalpidischen Gebirgsketten Europas
und letztlich auch der Dollar ab. Etwa von 1750 bis 1820 ging der Berg-
und Asiens, also an Kollisionsorogene, geknüpft. Die
bau auf Co-Ni-Erze und seit Mitte des 19. Jahrhunderts auf Uranerz
um, das zunächst zur Herstellung von Uranfarben diente. Im Jahre 1898 reichsten Lagerstätten finden sich im Südwesten der
entdeckte das Ehepaar Marie Curie (1867–1934) und Pierre Curie Volksrepublik China, insbesondere in der Provinz Hunan.
(1859–1906) in den Rückständen der Joachimsthaler Uranerze das Neben den vorherrschenden Antimonit-Quarz-Gängen
chemische Element Radium. Anschließend wurde dieses Erz Ausgangs- gibt es noch sehr produktive hydrothermale Verdrän-
produkt für die Gewinnung von Radiumsalzen. Die Entdeckung der
gungslagerstätten von Stibnit + Galenit + Arsenopyrit in
Kernspaltung des Isotops 235U führte zum Bau und Einsatz von Atom-
bomben, aber auch zur friedlichen Nutzung der Kernenergie. Dadurch Karbonatgesteinen. Bedeutende europäische Lagerstät-
erfuhr nach dem Ende des 2. Weltkriegs die Uran-Förderung bei Jachy- ten liegen bei Schlaining im Burgenland (Österreich), in
mov einen enormen Aufschwung, kam jedoch 1965 zum Erliegen. den slowakischen Karpaten, in Rumänien, Serbien und
Bei Schneeberg und Aue wurden die U-führenden Gangteile besonders in der Türkei. Auch in Bolivien und Mexiko
nach dem 2. Weltkrieg zur Tiefe hin aufgeschlossen und durch die sind sehr bemerkenswerte Vorkommen vorhanden. Le-
Deutsch-Sowjetische Wismut-AG unter großem Einsatz auf Uran
abgebaut. Dieses diente zunächst ausschließlich der sowjetischen
diglich von historischem Interesse sind die Antimonit-
Atomrüstung. Die Abraumhalden dieses Uran-Bergbaus stellen gänge unweit Goldkronach (Fichtelgebirge).
heute ein erhebliches Umweltproblem dar.
23.4.8
Zur gleichen Mineralparagenese gehört die jetzt aufläs- Hydrothermale Siderit- und Hämatit-Erzgänge
sigen Lagerstätten am Great Bear Lake (North-West
Territories, Kanada). Eine der reichsten hydrothermalen Hydrothermale Erzgänge mit Siderit (Spateisenstein)
Uranlagerstätten war einst Chinkolobwe (Provinz Shaba, und Hämatit (Roteisenstein) sind relativ weit verbreitet,
Republik Kongo/Zaire), die 1920–1931 fast die gesamte besitzen jedoch im Unterschied zu den Verdrängungs-
Weltproduktion an Radium lieferte. Die Grube ist seit 1960 lagerstätten (Abschn. 23.3.5) wirtschaftlich nur noch
offiziell geschlossen, obwohl immer wieder illegaler Klein- geringe Bedeutung. Siderit tritt in zahlreichen höher-
bergbau stattfindet. Die Vererzung ist an katathermale Uran- thermalen Erzgängen als Gangart auf. Wenn schließlich
sowie Co-Ni-Cu-Erzgänge gebunden, die in Dolomiten die Metall-Sulfide im epithermalen Stockwerk immer
aufsetzen. Wegen der höheren Bildungstemperatur zeigt mehr zurücktreten, entwickeln sich monomineralische
Uraninit hier keine Gelstruktur, sondern bildet würfelige Sideritgänge.
Kristalle und körnig-kristalline Massen. Die mächtige Ver- Unzählige, zu Gangzügen angeordnete Spateisenstein-
witterungszone führt zahlreiche sekundäre Uranminerale, Gänge sind besonders im Siegerland verbreitet. Neben
die durch auffallend grelle Farben hervortreten, sowie spek- manganhaltigem Siderit führen sie meist etwas Quarz
takuläre Anreicherungen von Malachit. Erwähnt sei an die- und wenig Chalkopyrit. Die diadoche Vertretung von Fe2+
ser Stelle das Auftreten von natürlichen Kernreaktoren, z. B. durch Mn2+ im Siderit führt zu einem Mangangehalt der
in der Uran-Lagerstätte von Okelobondo in Gabun (Äqua- Erze bis zu 6 %. Der Bergbau im Siegerland war mindes-
torialafrika), die hunderttausende von Jahren in „Betrieb“ tens seit der La-Tène-Zeit (ca. 500 v. Chr.) aktiv, wurde
waren und dabei die gleichen Abfallstoffe produzierten wie aber 1965 endgültig eingestellt. In den metasomatisch
konventionelle Kernkraftwerke (Abschn. 7.4, S. 110). gebildeten Siderit-Erzkörpern von Ljubija (Bonien-Her-
In Europa haben die z. T. recht reichen Uran-Erzgän- zegowina) treten zusätzlich noch Siderit-Erzgänge auf.
ge im Französischen Zentralmassiv auch heute noch Auch Hämatit-Erzgänge sind weit verbreitet, doch ist
wirtschaftliche Bedeutung. Die U-Vererzungen im Fluo- ihre wirtschaftliche Bedeutung gering. Erzmineral ist fast
rit-Revier bei Wölsendorf (Oberpfalz) und von Wittichen ausschließlich Hämatit in dichter Ausbildung oder in
(Schwarzwald) sind nicht bauwürdig. Form radialfaseriger, glaskopfartiger Knollen, mitunter
auch blätterig oder feinschuppig. Gangart ist meist Quarz,
23.4.7 der als Hornstein oder Eisenkiesel ausgebildet ist. Nach
Telethermale Antimon-Quarz-Gänge der Tiefe gehen die Hämatitgänge in pyritführende
Quarzgänge über oder keilen aus. Hämatitgänge wurden
Diese artenarme Paragenesen-Gruppe wurde aus tief- lokal abgebaut, so bei Bad Lauterberg im Harz, im Thü-
temperierten Hydrothermen abgeschieden. Das Antimon- ringer Wald und im Erzgebirge.
erz tritt in einfachen Gängen, vererzten Ruschelzonen, Häufig kommen auf den Eisenerzgängen auch gleich-
Imprägnationszonen und als Verdrängungen auf. Eine zeitig oxidische Manganerze vor. Sie bestehen überwie-
Beziehung zu einem Pluton ist meist nicht erkennbar. gend aus Pyrolusit, Romanèchit (Psilomelan), Manganit
Hingegen zeigen subvulkanische Vorkommen fast stets MnOOH und Hausmannit Mn3O4, nicht selten als schöne
eine Bindung an einen jungen Vulkanismus. Einziges Sb- Kristalldrusen. Früher wurden solche Manganerze z. B.
Mineral ist Stibnit Sb2S3, der körnige, feinfilzige oder bei Ilmenau und Elgersburg (Thüringer Wald) und bei
stängelig-strahlige Aggregate bildet. Ilfeld (Harz) abgebaut; heute spielen sie keine Rolle mehr.
360 23 · Hydrothermale Erz- und Minerallagerstätten
Abb. 23.10. Black Smoker (a) und White Smoker (b) am Grunde des
Pazifischen Ozeans in 1 700 m Wassertiefe. Sie wurden 1989 durch
das französische Tauchboot „Nautile“ im Vai-Lili-Hydrothermal-
gebiet am Valu-Fa-Rücken, Südwestpazifik entdeckt. Die schwarze
Farbe der 340 °C heißen Fontäne ist auf feinverteilte Kriställchen von
Schwermetall-Sulfiden zurück zu führen, die im Kontakt zwischen
der heißen Quelle und dem 2 °C kalten Meerwasser ausgefällt wur-
den. Demgegenüber besteht der 334 °C heiße Rauch des White Smokers
überwiegend aus hellen Mineralpartikeln wie Baryt und Kieselsäu-
re. (Die Fotos wurden von Peter M. Herzig, GEOMAR, Kiel, zur Ver-
fügung gestellt.) c Röhrenwürmer der Spezies Riftia pachyptila von
einer Black-Smoker-Lebensgemeinschaft des Ostpazifischen Rü-
ckens. Woods Hole Oceanographic Institution, Woodshole, MA, USA.
d Submarin ausgeflossene Basaltlaven mit typischem Pillowgefüge
mit Seesternen (Brisingidae) aus 2 380 m Wassertiefe am Ostpazifi-
schen Rücken, 18,5° S. (Foto: Vesna Marchig, Hannover)
Wie in Abb. 23.12 schematisch dargestellt ist, sind die wieder zum Meeresboden auf, wobei sie sich abkühlen.
schwarzen und weißen Raucher Ausdruck von hydro- Schon beim Aufstieg, besonders aber im direkten Kontakt
thermalen Konvektionszellen (z. B. Goodfellow u. Franklin mit dem 2 °C kalten, sauerstoffreichen Meerwasser werden
1993). Sie werden aus Meerwasser gespeist, das auf Klüften die Hydrothermen schlagartig abgekühlt, pH-Wert und
und Spalten in die Ozeanboden-Basalte einsickert und über Redoxpotential steigen an. Es kommt zur Bildung übersät-
den ozeanischen Magmenkammern auf ca. 500 °C erhitzt tigter Sulfidlaugen und zur Mineralabscheidung.
wird. Gleichzeitig nimmt der pH-Wert von ca. 8 (Meerwas- Um die Austrittsstellen der Hydrothermen bilden sich
ser) bis auf 2 ab, und der zunächst reichlich vorhandene konische bis säulenförmige Erzschornsteine, die um meh-
Sauerstoff wird durch Oxidation von Fe2+ zu Fe3+ in den rere Zentimeter pro Tag wachsen und bis zu 6, seltener
Basalt-Mineralen verbraucht. Die nun entstehende hydro- sogar 20 m hoch werden können, bevor sie kollabieren.
thermale Lösung ist heiß und aggressiv; sie kann in gro- Sie sind zonar gebaut: Die inneren und unteren Anteile,
ßem Umfang Cu, Zn, Fe, Mn, S und andere Elemente aus in denen die höchste Ausscheidungstemperatur herrsch-
dem basaltischen Gestein auslaugen und anreichern. We- te, bestehen hauptsächlich aus Sulfiden wie Chalkopyrit,
gen ihrer geringeren Dichte steigen die Hydrothermen ± Pyrrhotin, ± Cubanit CuFe2S3, ± Bornit Cu5FeS4 u. a.
mit einzelnen Anhydrit-Adern; danach folgt eine Zone
mit Pyrit, Sphalerit, Wurtzit und Anhydrit. Nach außen
und oben zu nimmt der Sulfid-Gehalt immer mehr ab
und es dominieren Anhydrit, Baryt und amorphe Kie-
selsäure (Abb. 23.11, 23.13). Diese Schornsteine sitzen Erz-
hügeln auf, die sich aus dem Material kollabierter Schorn-
steine, aber auch durch direkte Mineralausfällungen bil-
den. Wiederholte Erzabscheidung aus den zirkulieren-
den Hydrothermal-Lösungen führt zur Rekristallisation
der Erzminerale, zur Kornvergröberung und zum Aus-
füllen von Hohlräumen (Abb. 23.13). So entstehen mas-
sive Anreicherungen von Buntmetall-Sulfiden, die eben-
falls eine temperaturbedingte Zonierung aufweisen: Die
heißeren Innenzonen (>300 °C) bestehen überwiegend
aus Cu-Fe-Sulfiden, während nach außen zu Zn-Fe-Sul-
fide mit Baryt, Anhydrit und amorphe Kieselsäure vor-
herrschen; in diesen kühleren Teilen scheiden sich auch
Ag-führende Sulfosalze und etwas Galenit ab; die Au-
Abb. 23.12. Modell zur Entstehung von Black Smokern im Bereich
Gehalte können bis zu 16 g / t betragen. Im östlichen
eines mittelozeanischen Rückens. Erläuterungen im Text. (Aus Press Axialtal des südlichen Explorer-Rücken im Pazifik (etwa
und Siever 2003) 350 km westlich von Vancouver Island) wurden Massiv-
Abb. 23.13.
Erzschornsteine und Erzhügel
auf dem Ozeanboden. (Nach
Barnes 1988, aus Evans 1993)
23.5 · Vulkanogen-sedimentäre Erzlagerstätten 363
erzhügel mit durchschnittlich 150 m Basisdurchmesser Während der gesamten Entstehungsperiode des Erz-
und 5 m Dicke beobachtet. Der TAG-Hügel auf dem hügels bildet sich in den Zufuhrkanälen der erzbringenden
Mittelatlantischen Rücken in 26° N ist 250 m breit, 50 m Hydrothermen ein Netzwerk von Erzadern, das Stock-
hoch und enthält 4,5 Mio. t Erz (Evans 1993). Da die Erz- werkerz, bestehend aus Pyrit + Chalkopyrit + Quarz.
hügel im Laufe der Zeit durch jüngere Meeressedimente Gleichzeitig kommt es in den kühleren Bereichen über und
überdeckt werden, stellen sie schichtgebundene Erz- um den Erzkörper zur Ausscheidung von Exhaliten, beste-
lagerstätten dar (z. B. Marchig et al. 1986). hend aus einem eisenschüssigen Hornstein (engl. ferru-
Im Bereich des Brothers-Vulkans im intraozeanischen ginous chert), der aus Hämatit und Chalcedon besteht.
Kermadec-Graben (Süd-Pazifik) führte die rezente Hydro- Andere VMS-Lagerstätten sind eher schüsselförmig aus-
thermal-Aktivität in Meerestiefen von ca. 1 690–1 545 m gebildet. Man nimmt an, dass sie aus Hydrothermal-Lösun-
zur Anreicherung von Gold. In einer SW-NO-streichen- gen ausgeschieden wurden, die eine höhere Salinität und
den, ca. 600 m langen Zone konnten mindestens 100 in- Dichte als das Meerwasser besaßen. Sie bildeten deshalb in
aktive und aktive Erzschornsteine nachgewiesen werden, submarinen Hohlformen geschichtete Laugentümpel (engl.
deren Alter zur Zeit der Probenahme (2004/2005) zwi- brine pools), aus denen sich die Erze ausschieden.
schen 35 und <4 Jahre lag (de Ronde et al. 2011). Die er- Untersuchungen von Wasserstoff- und Sauerstoff-Isoto-
höhten Gehalte an Au (bis 91 g/t), Mo, Bi, Co, Se und Sn pen weisen darauf hin, dass die erzbringenden Hydro-
sind an Kupfer-reiche Schornsteine (mit bis zu 28,5 % Cu) thermen, aus denen die VMS-Lagerstätten gespeist wurden,
gebunden, während die häufiger auftretenden Zink-rei- zum überwiegenden Teil versickertes und aufgeheiztes
chen Schornsteine (mit bis zu 43,8 % Zn) höhere Gehalte Meerwasser darstellten. Daneben gibt es jedoch auch Hin-
an Cd, Hg, Sb, As und Ag führen. weise auf die Beteiligung von primär-magmatischen Lösun-
gen, aber gelegentlich auch von Oberflächenwasser. Eine
23.5.2 Beziehung zum submarinen Vulkanismus ist in vielen
Vulkanogen-massive Sulfiderz-Lagerstätten Fällen nachweisbar, wobei man nach der geotektonischen
(VMS-Lagerstätten) Situation unterschiedliche Typen unterscheiden kann
(Evans 1993; Pohl 2005, 2011; vgl. auch Piercey 2011):
Auch für die Entstehung von VMS-Lagerstätten werden
hydrothermale Konvektionszellen angenommen, auf de- Die VMS-Lagerstätten vom Zypern-Typ sind an Ozean-
ren Existenz viele Beobachtungen und Daten hinweisen: boden-Tholeiite gebunden, die zusammen mit dem
Meerwasser dringt durch permeable Gesteine unter Auf- Sheeted-Dike-Komplex, Gabbros und Peridotiten bzw.
heizung mehrere Kilometer tief in die ozeanische Krus- Serpentiniten Bestandteile von sog. Ophiolith-Serien
te ein, wo Metalle gelöst werden. Nach Wiederaufstieg darstellen (Abb. 23.12). Es handelt sich um obduzier-
und Austritt der Hydrothermen am Meeresboden wer- te Späne von ozeanischer Lithosphäre, die als Decken-
den die Metalle als Sulfide gefällt (z. B. Franklin et al. 2005). komplexe in phanerozoischen Orogenengürteln auf-
Viele VMS-Lagerstätten weisen in der Tat Ähnlichkeiten mit treten. Die Erzlagerstätten wurden ursprünglich in
den rezenten Erzhügeln der Tiefsee auf, können allerdings ozeanischen Rift-Zonen gebildet, die in der Nähe kon-
z. T. erheblich größere Dimensionen erreichen. Häufig, vergenter Plattenränder lagen. Typlokalität sind die
wenn auch nicht immer, zeigen sie eine Zonierung, die auf Pyrit-Chalcopyrit-Erze des Troodos-Massivs der In-
eine Temperaturzunahme der erzbringenden Lösungen sel Zypern. Weltweit gibt es zahlreiche weitere Vor-
in mehreren Stadien hindeutet (Evans 1993): kommen von unterschiedlichem geologischen Alter,
so bei Bathurst in New Brunswick (Kanada), in Neu-
1. Mischung von relativ kühlen (ca. 200 °C) Hydrothermen fundland, in Mexiko, auf Kuba, in Ecuador und Ko-
mit kaltem Meerwasser führt zur Abscheidung von fein- lumbien, in Japan, auf den Philippinen, in Indonesien,
körnigem Sphalerit, Galenit, Pyrit, Tetraedrit, Baryt und im Ural und in der Türkei. Neben Cu werden häufig
wenig Chalkopyrit („Schwarzerz“). aus diesen Lagerstätten, die Vorräte von mehreren
2. Bei Temperaturerhöhung auf ca. 250 °C kommt es zu Mio. t Erz beinhalten, auch Zn, Pb und Au gewonnen.
fortgesetzter Erzabscheidung sowie zur Rekristallisa- VMS-Lagerstätten vom Besshi-Typ, benannt nach der
tion und Kornvergröberung der Erzminerale. größten japanischen Pyrit-Kupferkies-Lagerstätte auf
3. Durch Zufuhr von 300–350 °C heißen, Cu-reichen Schikoku in der metamorphen Außenzone SW-Japans,
Hydrothermen werden die Erzminerale in den inne- wurden in einem epikontinentalen oder Back-Arc-
ren Teilen des Erzkörpers zunehmend durch Chalko- Bereich gebildet. Sie sind dem Zypern-Typ in der Bin-
pyrit verdrängt („Gelberz“). dung an mafische Vulkanite und in der Metallführung
4. Aus noch heißeren (350–400 °C), aber Cu-armen (Cu-Zn ± Au ± Ag) ähnlich, doch treten als Begleit-
Hydrothermen scheidet sich Pyrit ab, der die inners- gesteine zusätzlich mächtige, feinschichtige, tonig-
ten Teile des Erzkörpers dominiert. sandige Sedimente (Turbidite) und Tuffe auf. Viele
364 23 · Hydrothermale Erz- und Minerallagerstätten
metamorph überprägte VMS-Lagerstätten, die sog. Einen eigenen Ural- oder Cu-Zn-Pyrit-Typ bilden
Kieslager, gehören zu diesem Typ, z. B. in den Alpen riesige VMS-Lagerstätten im Süd-Ural, die an felsische
oder in den norwegischen Kaledoniden, wo einige Vulkanite paläozoischen Alters gebunden sind. Sie sind
dieser Erzlagerstätten noch im Abbau stehen. vor allem durch ihre hohen Edelmetall-Gehalte wirt-
Bedeutsame VMS-Lagerstätten mit Cu-Zn-Pb(± Au schaftlich besonders interessant, wobei die Ag-Gehalte
± Ag)-Erzen, die häufig beachtliche Goldgehalte auf- hauptsächlich an Tennantit (Fahlerz) gebunden sind,
weisen (Mercier-Langevin et al. 2011), gehören zum während Au in Form winziger Einschlüsse in Pyrit,
Kuroko-Typ, benannt nach dem Vorkommen Kuroko Chalkopyrit und Sphalerit auftritt. Die Vorräte der
im Kosaka-Distrikt (Japan). Sie sind an kalkalkaline meisten dieser Lagerstätten, z. B. Uselginsk, liegen bei
Vulkanite, überwiegend Andesite, Dacite und Rhyoli- >2 000 t Ag und 50–500 t Au. Außerdem sind beachtliche
the geknüpft, die z. T. Lavadome bilden. Der Vulkanis- PGE-Gehalte vorhanden, die während der metamorphen
mus fand in einem flachmarinen Milieu in Riftzonen Überprägung der Vererzung aus hydrothermalen Lösun-
des Back-Arc-Bereichs statt. Er war teilweise explosiv, gen abgeschieden wurden (Vikentyev et al. 2004; Her-
wie das Auftreten von vulkanischen Breccien und Tuf- rington et al. 2005).
fen belegt. Die feingeschichteten Erze zeigen vom Han- Eine Reihe von ehemaligen VMS-Lagerstätten in Finn-
genden zum Liegenden eine ausgeprägte stratigraphi- land und Schweden sind hoch-metamorph überprägt.
sche Abfolge: (1) überlagernde vulkanische Tuffe und Se- Hierzu gehört die bedeutende Kupferlagerstätte von
dimente, (2) eisenschüssige Hornsteine, (3) barytreiche Outukumpu (Nordfinnland) im karelischen Schild, die
Erzzone, (4) Kuroko-Erzzone (Schwarzerz) mit Sphalerit im Verband mit ultramafischen Gesteinen liegt. Haupt-
+ Galenit + Baryt, (5) Oko-Erzzone (Gelberz) mit Pyrit erzminerale sind Chalcopyrit und Pyrrhotin.
+ Chalkopyrit, nach außen in die Sekkoko-Zone mit
Anhydrit + Gips + Pyrit übergehend, (6) Keiko-Erzzone 23.5.3
mit Cu-haltigem und SiO2-reichem disseminierten Erz Vulkanogen-sedimentäre Quecksilbererz-Lagerstätten
und Stockwerk-Erz, (7) silifizierte Rhyolithe, Dacite oder
Andesite und deren Tuffe im Liegenden. Quecksilbererze sind vorwiegend an Zerrüttungs- und
Breccienzonen gebunden. Oft imprägnieren sie porösen
Mehr als 100 VMS-Lagerstätten vom Kuroko-Typ fin- Sandstein oder klüftigen Kalkstein, wobei das Nebenge-
det man auf einer Länge von 800 km auf der Innenseite stein in vielen Fällen bituminös ist. Die Bindung an ei-
des japanischen Inselbogens, gebunden an miozäne (bis nen jungen Vulkanismus ist meist deutlich. Einziges pri-
pliozäne Vulkanite (Yamada u. Yoshida 2011). Weitere märes Erzmineral ist Cinnabarit (Zinnober) HgS, der sich
wirtschaftlich wichtige Vorkommen, die zum Kuroko-Typ nicht selten auch aus rezenten Thermen abscheidet.
gerechnet werden, liegen im Ambler-Distrikt (Nord-Alaska), Die reichste Quecksilber-Lagerstätte der Erde ist
in den Appalachen, in der Sierra Nevada (Kalifornien), in Almadén, am Nordrand der Sierra Morena in Südspanien
Tasmanien sowie im 250 km langen Iberischen Pyrit-Gür- gelegen, die bereits seit dem Altertum im Abbau stand.
tel. Hier steht die größte VMS-Lagerstätte der Welt, In porösem Sandstein befinden sich drei durchhaltende,
zugleich die größte Cu-Lagerstätte Europas, Rio Tinto im schichtgebundene Imprägnationshorizonte mit Cinna-
Huelva-Distrikt in Südspanien, die sich bereits seit 3 000 Jah- barit. In den reichsten Erzpartien wird auch der Quarz
ren im Abbau befindet. Die Vorräte an Chalcopyrit-Pyrit- verdrängt. Der Hg-Lagerstättenbezirk in der Toskana
Erz betragen ca. 500 Mio. t mit Durchschnittsgehalten von (Italien), gebunden an junge Vulkanite, war bis Mitte des
1,6 % Cu, 2,0 % Zn, 1,0 % Pb sowie einigen g / t Au und Ag. 20. Jahrhunderts der größte der Erde; doch ist auch die
Eine weitere, weltwirtschaftlich bedeutende VMS-Lagerstät- Hauptlagerstätte Monte Amiata, deren Abbau bis in die
te im Iberischen-Pyrit-Gürtel ist Neves Corvo in Portugal Zeit der Etrusker zurück reicht, jetzt auflässig. Eine drit-
mit Sulfid-Vorräten von 300 Mio. t, von denen 100 Mio. t te wichtige europäische Lagerstätte befindet sich bei
durchschnittlich 3,5 % Cu und 3,5 % Zn enthalten (Rosa Idrija (Slowenien). Das dort geförderte Erz ist durch sei-
et al. 2008). Ähnlichkeit mit dem Kuroko-Typ besitzen nen Bitumengehalt nicht rot, sondern stahlgrau gefärbt.
die weltwirtschaftlich wichtigen VMS-Lagerstätten mit Weitere Quecksilbervorkommen dieser Art befinden sich
Cu + Zn + Ag ± Au im archaischen Abitibi-Grünstein- in einem ausgedehnten Gürtel längs der pazifischen Küsten-
Gürtel (Kanada), insbesondere im Noranda-Gebiet region Kaliforniens (USA). Die bekanntesten Minenbezirke
(Quebec) und in Kidd Creek bei Timmins (Ontario), wo sind New Almaden und New Idria. Die bedeutendsten
Erzvorräte von über 155 Mio. t mit Gehalten 2,5 % Cu, Quecksilberlagerstätten Russlands liegen im Donezbecken.
6,0 % Zn, 0,2 % Pb und 63 g/ t Ag entdeckt wurden. Wei-
tere Beispiele liegen im Murchison-Grünstein-Gürtel, in In früheren Jahrhunderten waren einige Quecksilbergruben in der
Rheinpfalz bedeutend, so u. a. am Landsberg bei Obermoschel und
dem die VMS-Vererzungen an ca. 3 Ga alte porphyrische bei Stahlberg. Hier spielen tektonisch beeinflusste Kontakte zwi-
Rhyolith-Dome gebunden sind (Schwarz-Schampera et al. schen Vulkaniten und Sedimentgesteinen des Rotliegenden als
2010), sowie im Pilbara-Kraton (Westaustralien). Vererzungszonen eine Rolle.
23.6 · Schichtgebundene Hydrothermal-Lagerstätten 365
Lagerstätten bis zu 1 % Cu, bis zu 175 g/ t Ag sowie etwas Die erzführenden Lösungen sind niedrig-temperierte
Au. Vorherrschende Erzminerale sind Pyrit, Pyrrhotin, (meist <150 °C), hochsalinare (15–25 % NaCl-Äqu.) For-
Sphalerit und Galenit mit untergeordneten Gehalten von mationswässer (engl. basinal brines, connate brines) oder
Chalkopyrit, Bornit, Covellin u. a. zirkulierende Oberflächenwässer, die vorwiegend Dolo-
Deutschland verfügte über zwei wichtige Sedex-Lager- mite, seltener Kalksteine verdrängen. Die Karbonat-
stätten von beachtlicher wirtschaftlicher Bedeutung: Der sedimente wurden in flachen Meeresbecken abgelagert,
Rammelsberg bei Goslar im Harz und Meggen im Sauer- z. B. im intrakratonischen Bereich oder in Failed Rifts wie
land (Rheinisches Schiefergebirge). Beide sind während dem Amazonas-Rift (Brasilien), dem Benue-Trog (Nige-
der Variscischen Orogenese deformiert und schwach me- ria) oder dem Oberrhein-Graben. Für den Transport und
tamorph überprägt worden. Am Rammelsberg treten zwei die Ausfällung der Metalle gibt es vier unterschiedliche
dicke, plattenförmige Erzkörper auf, die in stark gefalte- Modelle (Evans 1993):
ten und verworfenen mitteldevonischen Tonschiefern ein-
geschaltet sind. Neben den Buntmetallen Zn, Pb und Cu, 1. Transport als Metall-Bisulfid-Komplex; Ausfällung im
wurden Ag und Au gewonnen. Der Abbau des Rammels- Kontakt mit kaltem Grundwasser.
berg-Erzes begann etwa um das Jahr 900. Die Erzförderung 2. Transport als Metall-Chlorid-Komplex; Ausfällung
wurde 1988 eingestellt, nachdem die Vorräte bis auf Reste durch Mischung mit einer H2S-haltigen Lösung (Mi-
abgebaut waren. Die UNESCO hat das Erzbergwerk un- schungsmodell).
terdessen zum Weltkulturerbe erklärt. Die Sedex-Lager- 3. Transport von Metall als Chlorid-Komplex und von
stätte Meggen ist an verfaltete mittel- bis oberdevonische Schwefel als SO42–-Ion in der gleichen Lösung; Ausfäl-
Tonschiefer und Kalksteine gebunden. Bis 1992 wurden lung durch bakterielle Reduktion des Sulfats im Kon-
vorwiegend Zn, untergeordnet Pb und Cu sowie Baryt takt mit organischer Substanz oder durch eine anor-
gefördert. Wirtschaftliche Bedeutung haben die irischen ganische Reduktion mit Methan nach der Gleichung
Sedex-Lagerstätten Navan, Silvermines and Tynagh.
Viele hochmetamorphe „Kieslager“ werden als ehema-
lige Sedex-Lagerstätten interpretiert, so Gamsberg (Süd-
afrika), Howard’s Pass und Sullivan (Kanada), Mount Isa
(Queensland, Australien) und McArthur River (Northern
Territory, Australien). Hierzu gehört auch eine der größ-
ten und bekanntesten Blei-Zink-Lagerstätten der Erde, (23.9)
Broken Hill in New-South-Wales (Australien).
Auch die 1967 entdeckte stratiforme Scheelit-Lagerstät- (Petraschek u. Pohl 1992).
te vom Felbertal (Hohe Tauern, Österreich), eine der welt- 4. Transport als metall-organischer Komplex mit H2S in
größten Wolfram-Gruben, ist wahrscheinlich exhalativ- der gleichen Lösung; Ausfällung durch Abkühlung.
sedimentärer Entstehung, wurde allerdings ebenfalls me-
tamorph überprägt (Höll u. Maucher 1981). In der Folge- MVT-Lagerstätten enthalten gewöhnlich 3–15 %, lokal
zeit fand man ähnliche Lagerstätten in Spanien, Pakistan, bis zu 50 % Pb + Zn; die Vorräte der einzelnen Lagerstät-
Süd-Korea, New Mexico (USA) und bei Broken Hill (NSW, ten-Distrikte variieren meist zwischen 50 und 500 Mio. t
Australien). Zum Sedex-Typ gehört wahrscheinlich auch (Evans 1993). Sie gehören somit zu den wichtigsten Liefe-
die Sn-Lagerstätte von Chanpo (Dachang, China). ranten von Zn, Pb, lokal auch von Ag, Cu, Cd oder Ge. Welt-
wirtschaftlich bedeutende MVT-Lagerstätten befinden sich
23.6.2 in Nordamerika, so in Südwest-Wisconsin im oberen
Karbonat-gebundene Erz- und Mineral-Lagerstätten Mississippi Valley, im Tri-State-District an der Grenze zwi-
schen Oklahoma, Missouri (Joplin) und Kansas, bei Vibur-
Blei-Zink-Verdrängungslagerstätten vom num (SO-Missouri), in Tennessee sowie bei Pine Point
Mississippi-Valley-Type (MVT-Lagerstätten) (Northwest Territory, Kanada). Die wichtigsten europäi-
schen MVT-Lagerstätten liegen in Oberschlesien (Süd-
Die schichtgebundenen, epigenetischen Blei-Zink-Verdrän- polen). Ähnliche Verdrängungslagerstätten in den südli-
gungslagerstätten vom MVT-Typ enthalten als Erzmine- chen Kalkalpen, z. B. Bleiberg-Kreuth (Kärnten) oder im
rale silberarmen bis silberfreien Galenit, Sphalerit und Oberhein-Graben, z. B. Wiesloch bei Heidelberg, sind heu-
Wurtzit (Schalenblende), gelförmigen Pyrit (sog. Gelpyrit) te ohne wirtschaftliche Bedeutung.
und Markasit, gelegentlich auch Chalkopyrit. Neben den
Karbonaten bilden Fluorit und Baryt typische Gang- Karbonat-gebundene Fluorit-Lagerstätten
arten. Im Gegensatz zu den Sedex-Lagerstätten (Ab-
schn. 23.6.1) sind sie eindeutig epigenetisch gebildet Karbonat-gebundene Fluorit-Lagerstätten weisen sehr
worden, wahrscheinlich während der späten Diagenese. große Vorräte auf, die oft im Tagebau gewonnen werden
23.7 · Diskordanz-gebundene Uranerz-Lagerstätten 367
können. Daher besitzen sie eine viel größere wirtschaft- reichen Vererzungen, die über 40 % der weltweit bekann-
liche Bedeutung als hydrothermale Fluorit-Gänge (Ab- ten Uranvorräte enthalten, wurden epigenetisch aus
schn. 23.4.9, S. 360). Wichtige Lagerstätten gehören zum hydrothermalen Lösungen abgeschieden, wobei die U-
MVT-Typ, wie z. B. im Cave-in-Rock-Distrikt in den Staa- Gehalte aus den metamorphen Gesteinen und/oder aus
ten Illinois und Kentucky (USA) und in Nordmexiko, eine den darüber liegenden Deckschichten stammen (Pohl
der größten Fluorit-Provinzen der Welt, sowie bei Marico 2005, 2011). Die bedeutendsten Vorkommen liegen im
in West-Transvaal (Südafrika). Die größte Fluorit-Lager- Athabasca-Becken (Saskatchewan, Kanada, z. B. Uranium
stätte der Welt ist die sehr komplexe, Karbonat-gebun- City), wo Glimmerschiefer, Gneise und Migmatite des
dene Fe-Seltenerd-Nb-Lagerstätte Bayan Obo (Innere kristallinen Grundgebirges von bis zu 1 500 m mächtigen
Mongolei, Nord-China), die Vorräte von 130 Mio. t Fluo- Sandstein-Folgen der mesoproterozoischen Athabasca-
rit enthält. Ihre Genese ist z. Zt. noch stark umstritten; Gruppe überlagert werden. Eingelagerte Graphitschiefer
jedoch ist ein Zusammenhang mit Karbonatiten sehr wirkten als Redox-Falle für die Erzausscheidung, die un-
wahrscheinlich (s. Abschn. 21.4, S. 331f). ter reduzierenden Bedingungen erfolgte. Die hydro-
thermalen Fluide waren 130–220 °C heiß und enthielten
23.7 ca. 30 % NaCl-Äqu. (Derome et al. 2005). Haupterzmineral 23.7
Diskordanz-gebundene Uranerz-Lagerstätten ist Uraninit bzw. Uranpechblende, untergeordnet tritt
Coffinit U4+[(SiO4,(OH)4)] auf; von wirtschaftlichem In-
Weltwirtschaftlich bedeutend sind Uranerz-Lagerstätten, teresse sind darüber hinaus Ni- und As-Mineralisationen.
die unmittelbar über und unter den Diskordanzen zwi- Die hydrothermale Aktivität fand im Zeitraum zwischen
schen einem kristallinen Grundgebirge aus paläoprotero- 1 600 und 1 300 Ma statt. Sehr viel später, vor 400–300 Ma,
zoischen und archaischen Metamorphiten und einem wurden die Gesteinsfolgen des Athabasca-Beckens geho-
Deckgebirge aus klastischen Sedimentgesteinen meso- ben. Sie unterlagen der Verwitterung und Abtragung,
proterozoischen Alters liegen (Abb. 23.14). Die umfang- wobei es zur Infiltration von kalten (<50 °C) meteorischen
Abb. 23.14.
Schematisches Profil der Dis-
kordanz-Uranlagerstätte Key
Lake im Athabasca-Distrikt,
Kanada. (Nach Dahlkamp 1978
aus Pohl 2005)
368 23 · Hydrothermale Erz- und Minerallagerstätten
Wässern, zum Aufbau neuer Redox-Fronten und zu weit Laznicka P (2006) Giant metallic deposits – future sources of
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Dep 46:509–539
jedoch von der 1999 in Betrieb genommenen Lagerstätte Piercey SJ (2011) The setting, style and role of magmatism in the
McArthur River mit Reserven von schätzungsweise formation of volcanogenic massive sulfide deposits. Mineral Dep
188 000 t U3O8 abgelöst, deren Fördererz U3O8-Gehalte 46:449–471
von 21 % aufweist. Weitere wichtige Vorkommen dieses Pohl WL (2005) Mineralische und Energie-Rohstoffe – Eine Einfüh-
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Literatur 369
24.1 Der Begriff Verwitterung umfasst alle Veränderungen, welche Gesteine und Mi-
Mechanische nerale im Kontakt mit Atmosphäre und Hydrosphäre erleiden (von Engelhardt
Verwitterung 1973). Dabei zählen zur subaerischen Verwitterung alle Vorgänge, die in Berüh-
rung mit der Atmosphäre ablaufen, zur subaquatischen Verwitterung alle ent-
24.2 sprechenden Vorgänge, die unter Wasserbedeckung stattfinden.
Chemische Die Verwitterungsprodukte bilden am Ort ihrer Entstehung die Böden, nach
Verwitterung ihrem Transport die Sedimente und Sedimentgesteine, beide definitionsgemäß Ge-
steine. Das Ausgangsmaterial der Verwitterung und der sedimentbildenden Vor-
24.3 gänge sind magmatische, metamorphe Gesteine und ältere Sedimentgesteine,
Subaerische deren Substanz bereits einen sedimentbildenden Prozess durchgemacht hat.
Verwitterung Man unterscheidet zwischen mechanischer (physikalischer) und chemischer
und Klimazonen Verwitterung. Bei alleiniger mechanischer Verwitterung zerfallen die anstehen-
den Gesteine in lockere Massen, ohne dass dabei eine chemische Veränderung
24.4 festgestellt werden kann. Bei jedem natürlichen Verwitterungsablauf sind meist
Zur Abgrenzung des beide Arten der Verwitterung in wechselnden Verhältnissen beteiligt.
Begriffs Boden Das Verhalten gegenüber der Gesteinsverwitterung hängt zunächst von der
Art des Gesteins selbst, nämlich von seiner chemischen und mineralogischen Zu-
24.5 sammensetzung und von seinem Gefüge ab. So sind Sandsteine mit kieseligem
Verwitterungsbildungen Bindemittel selbstverständlich verwitterungsresistenter als solche mit tonigem.
von Silikatgesteinen und Wichtig sind makroskopische und mikroskopische Gefügeanisotropien in Gestei-
ihre Lagerstätten nen, wie Schichtung, Schieferung und Klüftung, aber auch Poren und Mikrorisse,
da sie Wegsamkeiten für den Angriff der Verwitterungs-Agentien eröffnen. Darüber
24.6 hinaus werden Verwitterungsprozesse – wie weiter unten ausführlich dargelegt –
Verwitterung entscheidend durch die äußeren Umwelteinflüsse gesteuert, wie sie durch das
sulfidischer Erzkörper Makro- und Mikroklima gegeben sind.
Der mechanischen und chemischen Verwitterung unterliegen selbstverständ-
lich auch Naturwerksteine, die in der Vergangenheit beim Bau ganzer Gebäude
oder ihrer Fassaden Verwendung fanden und auch heute noch als Fassadenplatten
eingesetzt werden. Gerade historische Gebäude zeigen häufig tiefgreifende
Verwitterungsschäden, besonders an Fenster- und Türumrahmungen oder am
Skulpturenschmuck. Die Beseitigung solcher Schäden, die im Zeitraum weniger
Jahrhunderte oder sogar nur einiger Jahrzehnte auftreten, erfordert nicht nur gro-
ßes handwerkliches Können, sondern auch einen beachtlichen finanziellen Auf-
wand, der von der öffentlichen Hand, aber auch von privater Seite aufgebracht
werden muss. Noch größere Kosten verursachen allerdings Verwitterungsschäden
an Beton, die z. B. in zunehmendem Maße bei Brückenbauwerken aus Spannbe-
ton auftreten. Petrologische Forschungen auf dem Gebiet der Verwitterung von
Naturwerksteinen und von Beton sind daher von großem öffentlichen Interesse.
24.1 24.1 Kristallen dieser Salze gefüllt sind. Dabei wandern die ge-
Mechanische Verwitterung sättigten Salzlösungen aus den kleinen in die großen Poren
ein, wo das Kristallwachstum bevorzugt stattfindet.
Man unterscheidet im Wesentlichen Temperaturverwitte-
rung, Frostsprengung und Salzsprengung. Ihr Auftreten Für die Verwitterung von manchen Naturwerksteinen ist z. B. die
Umwandlung von Thenardit Na2[SO4] in Mirabilit Na2[SO4] · 10H2O
und ihre Intensität werden stark von klimatischen Fakto- von Interesse, bei der es zu einer Volumenvergrößerung von 314 %
ren bestimmt. Die Temperaturverwitterung und die Salz- kommt (Price u. Brimblecombe 1994).
sprengung treten am auffälligsten in den heißen Trocken-
24.2 gebieten in Erscheinung. Die Frostverwitterung ist auf die 24.2
mittleren und hohen Breiten und auf die Hochgebirge Chemische Verwitterung
beschränkt. Die mechanische Verwitterung liefert im
Wesentlichen das Material für die klastischen Sedimente Die mechanische Verwitterung liefert wichtige Vorausset-
und Sedimentgesteine. zungen für den Angriff der chemischen Verwitterung, da
das mechanisch zerkleinerte Gesteinsmaterial chemischen
Temperaturverwitterung. Sie wird durch den Wechsel star- Reaktionen leichter zugänglich ist (Abb. 24.1). Hingegegen
ker Sonneneinstrahlung (Insolation) und darauffolgen- weist die vom Eis glattgeschliffene Oberfläche der Rund-
der Abkühlung ausgelöst. Die Oberfläche exponierter höcker Skandinaviens seit Rückzug des Inlandeises kaum
Gesteinsblöcke wird stärker erwärmt (und abgekühlt) als Anzeichen einer chemischen Verwitterung auf.
ihre darunter befindlichen Teile. Das führt zwangsläufig
zu Spannungen im Gestein, die schließlich einen scher-
benartigen Zerfall des Gesteins bewirken. Da sich zudem
dunkle Mineralgemengteile im Gestein infolge größerer
Wärmeabsorption meist stärker ausdehnen als die benach-
barten hellen Gemengteile, kommt es allmählich zu einer
Lockerung des Kornverbandes, die mit einem grusartigen
Zerfall des betreffenden Gesteins endet (Abb. 24.1).
(24.1)
ist als Wirkung der Salzsprengung ein Druck bis zu ma- Abb. 24.1. Verwitterung eines Granits. Die freiliegende Felswand ist
ximal 1 080 bar errechnet worden. der Temperaturverwitterung ausgesetzt, was zum schaligen Abplat-
Auch verschiedene Na-Salze können durch Wasserauf- zen des Gesteins führt (unten). Entlang von drei etwa senkrecht
nahme und Kristallisation im ariden oder semiariden Kli- aufeinander stehenden Kluftsystemen wandert Oberflächenwasser
in den Gesteinsverband ein und führt zur Frostsprengung und zur
ma Gesteinszerfall hervorrufen. Die Umkristallisation er- chemischen Verwitterung. Dabei entstehen die typischen Wollsack-
folgt durch starke Veränderung der relativen Luftfeuchtig- formen (oben). Nordküste der Insel Bornholm (Dänemark). (Foto:
keit, wenn die Poren mit hochkonzentrierten Lösungen oder Dietmar Reinsch, TU Braunschweig)
24.2 · Chemische Verwitterung 373
Wasser, verstärkt durch die darin gelösten Ionen und Lösung von Calcit oder Dolomit. Hier spielt im Wasser
Gase, wirkt in erster Linie als Agens bei chemischen Um- gelöste Kohlensäure eine entscheidende Rolle. Es besteht
setzungen der Minerale und Gesteine bei der subaërischen die folgende Gleichgewichtsreaktion:
Verwitterung. Für die Bilanz des Wassers auf der kontinen-
talen Erdkruste ist von Bedeutung, dass im kontinentalen
(24.2)
Durchschnitt die Menge der Niederschläge die Verdunstung
übertrifft. Durch diesen Wasserüberschuss sind die auf der
Landoberfläche anstehenden Gesteine einem fortschreiten- Das im Wasser als HCO–3 gelöste CO2 stammt aus der
den Prozess der chemischen Verwitterung ausgesetzt. Die Atmosphäre oder aus dem Zerfall organischer Substanz. Zu-
überschüssigen Niederschläge durchsetzen die Verwitte- sätzliches CO2 wird aus organischen Prozessen aufgenom-
rungszone und reagieren allmählich mit den anwesenden men. Die Löslichkeit des Calcits steigt mit dem Kohlensäure-
Mineralen. Die dadurch entstehenden sehr verdünnten gehalt des Wassers an. Da mit zunehmender Temperatur die
Elektrolytlösungen wandern allmählich über das Grund- Löslichkeit des Wassers für Kohlensäure abnimmt, wird Cal-
oder Oberflächenwasser ab. Sammelbecken dieser Lösun- cit mit Temperaturerhöhung des Wassers weniger löslich.
gen sind letztlich die Ozeane. Nur ein relativ kleiner Teil
endet in den abflusslosen Becken der Kontinente. 24.2.2
Auch die Mikroflora (Bakterien, Pilze, Flechten) trägt Verwitterung der Silikate
zur chemischen Zersetzung der Gesteine in nicht unbe-
deutendem Maß bei, in erster Linie dadurch, dass sie or- Von besonderer Bedeutung ist die Verwitterung der Sili-
ganische Säuren (H+-Ionen) freisetzt. kate, weil diese als wichtigste Gemengteile der Gesteine
In den unteren Teilen der Verwitterungszone enthal- mit rund 84 Vol.-% am Aufbau der Erdkruste beteiligt sind
ten die durch eingesickerte Niederschläge entstandenen (Tabelle 2.2, S. 37). In dieser Zahl sind die Feldspäte als
Lösungen Stoffe, die aus dem chemischen Abbau der Mi- die verbreitetste Mineralgruppe mit rund 51 Vol.-% ent-
nerale und Gesteine stammen, neben solchen, die sich aus halten. Der Zerfall der Feldspäte bei der Verwitterung kann
der Zersetzung von organischer Substanz und aus der daher als Modellfall betrachtet werden (Füchtbauer 1988).
Tätigkeit der Mikroorganismen ableiten. Diese Lösungen Die Na+- und K+-Ionen der Feldspäte gehen relativ leicht
sind an CO2 bzw. HCO3– angereichert und enthalten ver- in Lösung. Das lässt sich in einem einfachen Experiment
schiedene organische Säuren (Huminsäuren). Lokal kön- nachweisen, bei dem man das fein zerriebene Mineralpulver
nen auch unterschiedliche Mengen an Schwefelsäure bei Zimmertemperatur mit destilliertem Wasser benetzt.
H2SO4 beteiligt sein, die sich aus der Umsetzung von Sul- Die in Lösung gegangenen Alkali-Ionen sind durch die
fiden mit O2 und H2O bildet; auch aus dem S-Gehalt von alkalische Reaktion nach kurzer Zeit nachzuweisen. Viel
Eiweiß kann im Boden H2SO4 entstehen. Deshalb reagie- langsamer gehen Al und Si in Lösung. Aus ihnen entsteht
ren Lösungen des Verwitterungsbodens meist sauer mit in saurem Milieu schließlich das Tonmineral Kaolinit als
einem pH-Wert bis 3. In selteneren Fällen wird eine alka- Verwitterungsneubildung nach der folgenden Reaktion:
lische Reaktion mit pH-Werten bis höchstens 11 erreicht.
In der Verwitterungszone werden sowohl oxidierende als
auch reduzierende Bedingungen angetroffen.
Unterschiedliche Minerale besitzen in den stark ver-
dünnten Verwitterungslösungen sehr verschiedene Löslich- (24.3)
keiten. Die meist sehr langsamen Lösungsprozesse laufen
im offenen System ab; ein thermodynamisches Gleichge-
wicht wird dabei nur selten erreicht. Die einzelnen Stadien Dabei geht man vom Hauptagens der chemischen Verwit-
der Auflösung können in der Natur in zahlreichen Fällen terung, dem CO2- bzw. HCO–3-haltigen Regenwasser aus. Ganz
unmittelbar beobachtet werden. Außerdem lassen sich im allgemein lässt sich die chemische Verwitterung als eine H+-
Laboratorium Untersuchungen darüber anstellen. Aufnahme und eine damit ausgelöste Freisetzung von Al-
kali-, Erdkali-Ionen und SiO2 ansehen (z. B. Press u. Siever
24.2.1 2003). Ähnlich verhalten sich im Prinzip auch die übrigen
Leicht lösliche Minerale Gerüstsilikate, so z. B. Leucit. Minerale dieses Strukturtyps
können bei der Verwitterung restlos in Lösung gehen.
Leicht löslich sind Halit NaCl, Sylvin KCl und andere Bei den Schichtsilikaten, speziell den Glimmern, bleiben
Salzminerale. Ihr Verhalten bei Verwitterungsvorgängen nach Herauslösung von Ionen Schichtreste der ursprüngli-
hat nur im trockenen (ariden) Klima Bedeutung. Im chen Kristallstruktur erhalten. Bei Verwitterung im feuchten
feuchten (humiden) Klima sind auch Gips CaSO4 · 2H2O Klima wird zunächst K+ aus trioktaedrischen (Biotit) und
oder Anhydrit CaSO4 relativ leicht löslich. Etwas kom- dioktaedrischen Glimmern (Muscovit) aus der Zwischen-
plizierter verläuft die Auflösung der Karbonate, so die schicht herausgelöst. Ladungsausgleich erfolgt bei Biotit
374 24 · Verwitterung und mineralbildende Vorgänge im Boden
durch Austausch gegen Hydroxonium-Ionen H3O+: Es ent- den) Klimazonen an Ort und Stelle oder nach einem gerin-
stehen Hydroglimmer. Darüber hinaus findet Oxidation von gen Wanderweg der Lösung aus. Es kommt bereits während
Fe2+ zu Fe3+ und Austausch von Al durch Si in der Tetraeder- des Verwitterungsvorgangs zu Mineralneubildungen. Diese
schicht statt. Äußerlich bleichen die Biotitblättchen aus und sind wegen ihrer geringen Korngröße von 10–5 und 10–7 cm,
werden gold- bis blassgelb verfärbt. Dieser Verwitterungs- d. h. im Gebiet der Kolloide, von großer Bedeutung für die
vorgang bei Biotit wird auch als Baueritisierung bezeich- Beschaffenheit des Bodens. Die winzigen Neubildungen sind
net. Beim eisenfreien Muscovit verläuft der Verwitterungs- mehr oder weniger gut kristallisiert, teilweise auch röntgen-
abbau wesentlich langsamer als bei Biotit. Amphibole und amorph. Es handelt sich neben kolloidalen Al-Hydroxiden
Pyroxene sind leichter löslich als Quarz und die Glimmer. (Alumogel) vorwiegend um kristallisierte Al- und Fe-Hy-
droxide wie Gibbsit γ -Al(OH)3, Böhmit γ -AlOOH, Diaspor
Verwitterungsneubildungen: α -AlOOH und Goethit α -FeOOH sowie die Al-Silikate Kaoli-
Tonminerale und Al- und Fe-Hydroxide nit Al4[(OH)8/Si4O10] und Halloysit Al4[(OH)8/Si4O10] · 2H2O.
Wie wir am Beispiel der Feldspat-Verwitterung (Glei- Das Verhalten von Si und Al in der Verwitterungslösung
chung 24.3) gesehen haben, können aus den zersetzten
Mineralen der Ausgangsgesteine noch während des Verwit- Das Diagramm in Abb. 24.2 zeigt die Löslichkeit von
terungsvorgangs neue Minerale als Verwitterungsneubil- Al2O 3 und SiO 2 bei Zimmertemperatur (25 °C) und
dungen entstehen, besonders die als Tonminerale bezeich- Normaldruck (P = 1 bar) in Abhängigkeit vom pH-Wert.
neten Schichtsilikate. Sie bilden sich pseudomorph nach
primär vorhandenen Schichtsilikaten, insbesondere aus pH-Wert: Bei Zimmertemperatur (25 °C) und Nor-
di- und trioktaedrischen Glimmern. Dabei wird K+ teil- maldruck (P = 1 bar) hat das Ionenprodukt von rei-
weise oder ganz fortgeführt und die Schichtladung entspre- nem Wasser oder einer neutralen Lösung den Zah-
chend verringert. Aus beiden Glimmerstrukturen können lenwert ≈10–14, wobei die Konzentration der [H+]-
Illite gebildet werden, das sind unvollständige Glimmer, und der [OH–]-Ionen gleich ist; da nun [H+] · [OH–]
⎯⎯
die weniger K+ und ein höheres Si/Al-Verhältnis aufwei- ≈ 10–14, so gilt [H+] = [OH–] ≈ √ 10 –14 ≈ 10–7. Saure
sen als z. B. der normale Muscovit. In manchen Verwitte- Lösungen enthalten mehr [H ]- als [OH–]-Ionen; es
+
rungsböden führt ein ähnlicher Umwandlungsvorgang gilt also [H+] > 10–7 > [OH–]; für alkalische Lösun-
über Übergangsstrukturen zur Bildung von Vermiculit gen gilt umgekehrt [OH–] > 10–7 > [H+]. Vereinfa-
~Mg2(Mg,Fe3+,Al)[(OH)2/(Si,Al)4O10] · Mg0,35(H2O)4, ei- chend definiert man als pH-Wert den negativen Lo-
nem Schichtsilikat mit Quellfähigkeit. Häufig entstehen garithmus der [H+]-Ionen-Konzentration; das bedeu-
aus Glimmern Tonminerale mit Wechsellagerungs- tet, der Neutralpunkt liegt bei pH = 7; saure Lösun-
strukturen zwischen Illit und Montmorillonit (Mixed- gen haben pH-Werte von 7–0, alkalische Lösungen
Layer-Minerale) mit Übergängen zum reinen quellfähigen pH-Werte von 7–14.
Montmorillonit ~Al1,67Mg0,33[(OH)2/Si4O10]Na0,33(H2O)4.
Charakteristisch für alle Tonminerale ist, dass sie extrem
feinblätterig sind, weshalb sie mit dem gewöhnlichen Pola-
risationsmikroskop nicht bestimmt werden können. Hierzu
müssen das Raster-Elektronenmikroskop (REM), das Trans-
missions-Elektronenmikroskop (TEM; Abb. 11.39, S. 176)
und die Röntgen-Pulverdiffraktometrie (XRD) angewen-
det werden.
Noch häufiger kristallisieren Tonminerale aus Verwitte-
rungslösungen aus; daneben kommt es zur Neubildung von
Fe- und Al-Oxiden und -Hydroxiden sowie von SiO2. Art
und Mengenanteil der Verwitterungsneubildungen werden
durch Klimafaktoren gesteuert.
In den Trockengebieten arider Klimazonen, in denen die jähr-
liche Verdunstungsrate den Jahresniederschlag übertrifft, schei-
den sich verschiedenartigste Salze, besonders der Alkalien und
Erdalkalien, durchVerdunstung derVerwitterungslösungen aus.
Das geschieht teilweise an Ort und Stelle, teilweise nach einem
geringen Wanderweg. Ausblühungen von Halit, Natron (Soda
Na2CO3 · 10H2O) oder Gips sind am meisten verbreitet.
Die weniger gut löslichen Bestandteile der Verwitterungs- Abb. 24.2. Löslichkeiten von SiO2-Gel und Al-Hydroxid in Abhän-
lösungen wie Si, Al und Fe scheiden sich in feuchten (humi- gigkeit vom pH-Wert. (Aus Correns 1968)
24.4 · Zur Abgrenzung des Begriffs Boden 375
Man erkennt, dass SiO2 in einem weiten pH-Bereich In den feucht-kühlen und feucht-gemäßigten Kli-
schwach löslich ist; im alkalischen Bereich nimmt die mazonen führt die Verwitterung zu Produkten,
Löslichkeit von SiO2 dagegen stark zu. Die gelöste Kie- die außer Quarz und wenigen anderen, der Ver-
selsäure geht bei Überschreiten ihrer Löslichkeit in der witterung gegenüber resistenten Mineralarten
Verwitterungslösung zunächst in den Solzustand über. Neubildungen von Illit, Vermiculit, Montmorillo-
Es scheiden sich schwebende hydratisierte Teilchen von nit neben Kaolinit oder Halloysit enthalten.
kolloidalen Korngrößen ab, die als hydrophile (lyophile) In den feucht-tropischen Klimazonen werden die
Sole bezeichnet werden. Die Übersättigung kann durch anstehenden Gesteine schneller und intensiver
Verdunstung des Wassers oder durch Abnahme der durch den Verwitterungsvorgang zersetzt. Es wird
Alkalinität (Unterschreitung von pH ~ 8,5) ausgelöst im Schnitt viel mehr SiO2 relativ zu Al2O3 wegge-
werden, wie Abb. 24.2 erkennen lässt. Eine derartige An- führt, und es kommt zu Verwitterungsneubildun-
säuerung der Lösung erfolgt in der Natur durch Zutritt gen von Gibbsit, Böhmit, Diaspor und besonders
von Kohlensäure, z. B. aus der Zersetzung organischer auch Kaolinit in wechselnden Mengenverhält-
Substanz. nissen. Übersättigung an Fe führt zur Abscheidung
Im Gegensatz dazu nimmt die Löslichkeit von Al2O3 in des Eisens als Goethit oder Hämatit.
stark saurer (pH < 4) und in stark alkalischer Umgebung
(pH > 9) erheblich zu, während es in der Nähe des Neutral-
punkts aus schwach saurer bzw. schwach alkalischer Lösung 24.4 24.4
als Al-Hydroxid ausgefällt wird. In der Natur können al- Zur Abgrenzung des Begriffs Boden
kalische Lösungen durch Zuführung von Kohlensäure
sauer, andererseits saure Lösungen bei Verlust der enthal- Unter Boden versteht man die oberste Schicht der Erd-
tenen Kohlensäure, etwa durch Erwärmung, alkalisch kruste, in der die beschriebenen Verwitterungsvorgänge
werden. Eine Neutralisierung saurer Lösungen in der ablaufen (von Engelhardt 1973). Sie wird auch als Kriti-
Natur kann auch beim Zusammentreffen mit Kalkstein sche Zone (CZ) bezeichnet, in der chemische, biologische,
eintreten. Die Ausfällung von Al-Hydroxiden, wie der physikalische und geologische Prozesse in komplizierter
Minerale Diaspor, Böhmit oder Gibbsit, spielt bei der Bil- Weise zusammenwirken, um auf der Erdoberfläche Le-
dung von Laterit-Böden und von Bauxit bei der tropischen ben zu ermöglichen (z. B. Brantley et al. 2007). Der Boden
und subtropischen Verwitterung eine wichtige Rolle. bedeckt unverändertes Gestein und dient Pflanzen und
Bei gleichzeitiger Übersättigung der Lösung scheiden sich Tieren als Standort und Lebensraum. Auch Bodenbak-
SiO2 und Al-Hydroxide unter Bildung von Tonmineralen terien spielen eine große Rolle. Neben Lockermassen be-
wie Kaolinit, Halloysit oder Montmorillonit gemeinsam aus. finden sich im Boden Lösungen, die verdunsten oder über
Nach dem Modelldiagramm (Abb. 24.2) liegt das gemein- Flüsse und Grundwasser schließlich das Meer erreichen.
same Ausscheidungsgebiet in der Nähe des Neutralpunkts Im Boden werden Transportvorgänge durch Lösungen
im schwach alkalischen bis schwach sauren Gebiet. Es hängt beobachtet, die von der Erdoberfläche in die Tiefe, teil-
wesentlich vom Al/Si-Verhältnis in der Lösung ab, ob Kao- weise auch entgegengesetzt gerichtet sind. Sie werden
linit bzw. Halloysit oder Montmorillonit auskristallisiert. Bei durch eindringende Niederschläge und Änderung des
Anwesenheit von K+ in der Lösung wird während der Dia- Grundwasserspiegels ausgelöst. Durch Wirkung dieser
genese von Sedimenten auch Illit neu gebildet, und zwar Lösungen bildet sich in der Regel ein typisches drei-
durch Umwandlung von Smectiten nach der vereinfachten schichtiges Bodenprofil aus:
Reaktion
Die oberste Schicht, der A-Horizont, hervorgegangen
Smectit + Al3+ + K+ → Illit + Si4+ (24.4) aus zersetztem Gestein, ist reich an organischem
Material (Humus) und weist eine Verarmung an Al-
(Jasmund u. Lagaly 1992). kalien und Erdalkalien auf.
Der darunter befindliche B-Horizont ist reich an Tonmi-
24.3 neralen und enthält gelegentlich viel Eisenhydroxid in
Subaerische Verwitterung und Klimazonen Form von Limonit, der zu Ortstein verfestigt sein kann.
Die neugebildeten Minerale haben sich aus eingesicker-
Die subaerische Verwitterung strebt in den verschiede- ten, gesättigten Verwitterungslösungen abgeschieden.
nen klimatisch bedingten Verwitterungszonen der Erde Der darunter befindliche C-Horizont besteht aus dem
unterschiedlichen Verwitterungsprodukten zu: mechanisch zerfallenden, chemisch noch weitgehend
unveränderten Gestein.
In den ariden und extrem kalten, arktischen
Klimazonen tritt fast ausschließlich die mecha- Bei tropischen Böden ist der oberste Teil des A-Ho-
nische Verwitterung in Erscheinung. rizonts häufig in Form von Krusten entwickelt, die reich
376 24 · Verwitterung und mineralbildende Vorgänge im Boden
ovaler Form, die meist 0,5–1 mm groß sind, oder Pisolithe, An nicht wenigen Stellen wurde das Eisen (auch zusam-
radialstrahlige Körper von Erbsengröße und eher unre- men mit Mangan) auf kleinerem Raum konzentriert. Auf
gelmäßiger Form. diese Weise sind die Laterit-Eisenerze entstanden, von de-
Die Einteilung der Bauxite wird häufig nach dem Aus- nen es sehr zahlreiche Vorkommen auf der Erde gibt (z. B.
gangsgestein bzw. der Entstehungsart vorgenommen, so Valeton 1972, 1983; Freyssinet et al. 2005). Bauwürdig sind
in Silikatbauxit bzw. Lateritbauxit oder Kalkbauxit bzw. allerdings nur Vorkommen, die sich aus basischen oder
Karstbauxit (z. B. Valeton 1972, 1983). Dem Silikatbauxit ultrabasischen Gesteinen gebildet haben und in denen da-
liegen magmatische oder metamorphe Gesteine, dem her neben Fe auch Cr, Ni und Ti als wertvolle Nebenelemente
Kalkbauxit Sedimentgesteine, vor allem tonreiche Kalk- angereichert sind. Ein gutes Beispiel sind die Conakry-Erze
steine, zugrunde. (Guinea), die durch Verwitterung von Duniten entstanden
Die wichtigsten Minerale der Bauxite sind: (1) Gibbsit sind, mit 52 % Fe, 1,8 % Cr, 0,15 % Ni und 0,5 % Ti (Evans
γ -Al(OH)3 als häufigstes Mineral insbesondere der Silikat- 1993). Weitere Vorkommen liegen z. B. in Guayana, Kuba,
bauxite, (2) Böhmit γ -AlOOH und Diaspor α -AlOOH als Indonesien und auf den Philippinen.
Gemengteile der Kalkbauxite und (3) das amorphe Gel
des Al(OH)3 Alumogel. Dazu kommen als Nebengemengt- Die sog. Basalteisensteine des Vogelsberges, die bis in die Zeit nach
eile besonders Kaolinit, Quarz, Hämatit und Goethit. dem 2. Weltkrieg abgebaut wurden, entstanden durch Verwitterung
im tropisch-wechselfeuchten Klima der Tertiärzeit, wobei der Eisen-
Das Bodenprofil der Silikatbauxite enthält meist eine gehalt großer Basaltkörper ausgelaugt wurde. Noch innerhalb des
Konkretionszone, in der Bauxit in knollenförmigen mehr oder weniger stark verwitterten Basalts wurde der Fe-Gehalt
Konkretionen (Abschn. 25.2.4, S. 386) vorkommt. Dane- konzentriert und kam in schalig-kugeligen Körpern zur Abscheidung.
ben treten kaolinitische Tone mit siallitischer Verwitte-
rung und Kaolinit als Hauptgemengteil auf. Mineralogisch bestehen die aus den zirkulierenden
Lagerstätten von Silikatbauxit sind weltweit verbrei- Verwitterungslösungen hervorgegangenen Brauneisen-
tet; sie befinden sich z. B. auf dem Plateau der verwitter- erze aus Goethit (Nadeleisenerz) α -FeOOH. Die radial-
ten Dekhan-Trappbasalte in Indien, in Surinam, im tro- strahlig angeordneten, stängeligen Kriställchen des Goe-
pischen Afrika, in Indonesien und Australien. thits bilden Aggregate mit glänzenden, traubig-nierig
ausgebildeten Oberflächen nach Art des braunen Glas-
Wirtschaftlich völlig unbedeutend sind die winzigen Vorkommen kopfs. Die Kristallisation des Goethits aus ehemaligen
im Raum des Vogelsbergs und der Rhön in Hessen, die als Reste
warm-feuchter Verwitterungsdecken von Basalten aus dem Terti-
Gelen ist damit angezeigt. Dafür sprechen auch die zahl-
är zu erklären sind. reichen kolloidalen Beimengungen, die aus dem Gelzu-
stand übernommen wurden.
Kalkbauxite bilden vorwiegend Hohlraumfüllungen in Durch intensive tropische Verwitterung von relativ Mn-
verkarsteten tonhaltigen Kalksteinen und sollten daher reichen Gesteinen oder von silikatischen oder karbona-
neutraler als Karstbauxite bezeichnet werden. Sie beste- tischen Mn-Erzen kann es zu erheblichen sekundären
hen vorwiegend aus Böhmit, bei Umlagerung zunehmend Anreicherungen von Mangan kommen. Dabei wird
aus Diaspor. In Europa gibt es Vorkommen in Südfrank- Mn durch H2CO3-haltige Wässer aus den Gesteinen im
reich mit der Typuslokalität Les Baux, als Dolinenfüllung Untergrund gelöst und durch Zutritt von Sauerstoff in
in den Karstgebieten Istriens und Dalmatiens, in Ungarn, Form von Mn-Oxiden und Mn-Hydroxiden ausgefällt,
Italien, Griechenland und anderen Ländern des Mittel- teilweise unter Mitwirkung von Mikroorganismen. Die
meerraums. weichen Reicherze werden von einer harten Erzkruste
Bauxit ist das wichtigste Aluminiumerz, wobei nur La- überdeckt. Ein weltwirtschaftlich wichtiges Beispiel ist die
gerstätten mit Mindestgehalten von 45–50 Gew.-% Al2O3 Lagerstätte Nsuta (Ghana), deren Reicherze bis zu 50 % Mn
sowie <20 % Fe2O3 und <5 % SiO2 bauwürdig sind. Wegen enthalten können.
des energieaufwendigen Verhüttungsprozess wird Bauxit Zu bedeutenden sekundären Anreicherungen von
meist zu Standorten mit billiger Energie, insbesondere Kobalt und Mangan kam es im Südteil der Republik
Wasserkraft transportiert, z. B. nach Norwegen. Darüber hi- Kongo/Zaire (Provinz Katanga). Unter den feucht-
naus verwendet man Bauxit für die Herstellung von tech- tropischen Klima-Bedingungen des Mio- und Pliozäns
nischem Korund (Elektrokorund), Spezialkeramik und verwitterten die Co-Cu-Mn-reichen Karbonat-Gesteine
Tonerdezement. des neoproterozoischen Katanga-Kupfergürtels, wobei das
einzige primäre Co-Mineral in den Schwarzschiefern, der
24.5.4 Carrollit CuCo2S4, zu Heterogenit CoOOH aufoxidiert und
Fe-, Mn- und Co-reiche Laterite zusammen mit Mn in „Kobalt-(Mangan-)Hüten“ ange-
reichert wurde. Demgegenüber wurde das Kupfer in Form
Die Rot- und Gelbfärbung des Bauxits geht auf feindisperse von Cu2+ im Oberflächenwasser gelöst, zum Liegenden
Beimengungen von Fe-Hydroxid FeOOH zurück, das bei hin abgeführt und dort in einer Cu-reichern Zone konzen-
der Bildung des Bauxits gleichzeitig mit ausgeschieden wird. triert (Decrée et al. 2010).
378 24 · Verwitterung und mineralbildende Vorgänge im Boden
Abb. 24.3.
Oxidations- und Zementationszo-
ne innerhalb eines hydrothermalen
Cu-Erzgangs durch die Einwirkung
von Sicker- und Grundwasser von
der Oberfläche her. Von oben nach
unten unterscheidet man: I Oxi-
dationszone, II Zementationszone,
III Primärerzzone. Detaillierte
Gliederung: 1 Auslaugungszone;
2 Eiserner Hut (Gossan): stark oxi-
dierte Erze mit hohem Fe-Gehalt;
3 Umbildungszone vorwiegend von
Cu-Sulfiden; 4 Übergangszone;
5 Grundwasserspiegel; 6 Anreiche-
rung von edleren Metallen (Cu, Ag
etc.), Zementation, 7 weitgehend
unbeeinflusstes Primärerz. (Umge-
zeichnet und ergänzt nach Bau-
mann et al. 1979)
Oxidation von Pyrit können neben Schwefelsäure rela- der neu gebildete Cuprit auch etwas gediegen Cu. Kohlen-
tiv kurzlebige Fe2+- oder Fe3+-Sulfate als Zwischenpro- säurehaltige Verwitterungslösungen oder ein geologischer
dukte entstehen (Gleichung 24.5, 24.6, 24.7). Verband des Erzes mit Kalkstein führen zur Entstehung und
gelegentlichen Anreicherung von Malachit Cu2[(OH)2/CO3],
zurücktretend auch von Azurit Cu3[OH/CO3]2, der allmäh-
lich in Malachit übergeht (Abb. 8.12, S. 124). Dieser bildet
häufig büschelige Aggregate oder Anflüge, seltener auch
Pseudomorphosen nach Azurit, wie in der berühmten La-
gerstätte von Tsumeb (Namibia, Abschn. 23.3.2, S. 352f). Be-
grenzt findet sich in Oxidationszonen von Cu-Lagerstätten
auch smaragdgrüner Dioptas Cu6[Si6O18] · 6H2O. Weiterhin
treten in Oxidationszonen je nach Primärerz folgende wich-
tige Minerale auf:
Gleichung (24.9) ist der Gesamtumsatz. H2SO4 ist in
2H+ + SO2– 4 dissoziiert. Ag-haltige Erze: ged. Silber, örtlich Chlorargyrit AgCl;
Der vorwiegend über den Gelzustand abgeschiedene und Au-haltige Erze: sog. Senfgold, als hellgelbe, erdig aus-
erst später kristallin gewordene Limonit besitzt deshalb fast sehende Abscheidung, winzige Goldflitterchen in
stets traubig-nierige Ausbildung und Eigenschaften des mulmigem Limonit oder skelettförmigem Quarz;
braunen Glaskopfs; er besteht überwiegend aus Goethit Cerussit Pb[CO3] (Abb. 8.9, S. 122), Anglesit Pb[SO4],
(Nadeleisenerz) α -FeOOH. Der Ausbiss der Oxidationszone Krokoit Pb[CrO4] (Abb. 9.8, S. 134), Wulfenit Pb[MoO4],
wird von den Bergleuten im deutschsprachigen Raum als Pyromorphit Pb5[Cl/(PO4)3], Mimetit Pb5[Cl/(AsO4)3],
Eiserner Hut, im Englischen als Gossan bezeichnet; er gibt Vanadinit Pb5[Cl/(VO4)3] (Abb. 10.4, S. 140);
den Prospektoren wichtige Hinweise auf Primärerze. Die Zn-Erze: Smithsonit Zn[CO3], Hemimorphit Zn4[(OH)2/
Minerale der Oxidationszone treten teils in gut ausgebilde- Si2O7] · H2O; Galmei ist Sammelname für unreine Ge-
ten Kristallen auf, teils bilden sie dichte, körnige, strahlige menge überwiegend aus Smithsonit und Hemimorphit;
oder blättrige Aggregate. Noch häufiger sind sie Bestand- Hg-Erze: ged Quecksilber;
teil unansehnlicher, schlackenähnlicher oder erdig-zerreib- U-Erze: die umfangreiche Gruppe der sog. Uranglim-
licher Massen. Charakteristisch sind Konkretionsformen, mer; das sind U-Phosphate, U-Arsenate, U-Silikate, U-
die auf ehemalige Gele hinweisen wie eine nierig-traubige Hydroxide oder Uranate mit Ca, Ba, Cu, Mg, Fe2+ oder
oder stalaktitähnliche Ausbildung. anderen Kationen; alle besitzen grelle Farben, so gelb,
Während Pyrit als Oxidationsprodukt lediglich Braun- orange, rot oder grün;
eisenerz liefert, geht Kupfer zunächst in ein komplexes Mn-Erze: Pyrolusit β -MnO2, in ähnlicher Ausbildung
Verwitterungsgemenge über. Es besteht aus dem sog. Kupfer- wie Limonit und oft innig verwachsen mit diesem, fer-
pecherz, einem pechschwarz aussehenden, dichten Gemenge ner Romanèchit, Todorokit, Kryptomelan (s. Abschn. 7.4,
aus Cuprit Cu2O, Limonit und Resten von Chalkopyrit oder S. 110), amorphe Manganoxide („Manganogel“) sowie
aus erdigem, rot gefärbtem Ziegelerz. Nicht selten enthält Lithiophorit (Al,Li)(Mn4+,Mn3+)O2(OH)2.
380 24 · Verwitterung und mineralbildende Vorgänge im Boden
Häufige kleine Goldgehalte im Pyrit können bei dessen halb der Zone ausgeschieden, in der sekundäre Kupfer-
Oxidation von Eisen(III)-Sulfat-Lösungen aufgenommen erze zementativ angereichert sind. Das in der Oxidations-
werden, wie auch aus Experimenten hervorgeht. Diese Lö- zone als Sulfat in Lösung gegangene Silber wird unter
sungen kommen in tieferen Teilen der Oxidationszone vor, reduzierenden Bedingungen vorwiegend als Akanthit
wobei der reduzierende Einfluss immer stärker wird, z. B. α -Ag2S und nur teilweise als ged. Silber ausgefällt. Ag-
durch den anwesenden Pyrit des Primärerzes. Dabei wird reiche Zementationsszonen haben in der ersten Periode
Eisen(III)-Sulfat-Lösung unbeständig und geht in Eisen(II)- des örtlichen Bergbaus vorübergehend zu großer wirt-
Sulfat-Lösung über, die Au nur sehr beschränkt aufnehmen schaftlicher Blüte geführt, bis unterhalb des Grundwas-
kann, so dass es noch innerhalb der unteren Oxidations- serspiegels die viel ärmeren Primärerze angefahren wur-
zone nahe dem Grundwasserspiegel zur Ausscheidung von den. Als Beispiel für diese sekundären Teufenunterschiede
ged. Gold auf engerem Raum kommt. So weist die unterste, sei aus dem europäischen Raum das sächsische Erz-
1–2 m mächtige Schicht der Oxidationszone in der bedeu- gebirge genannt. Die reichsten und mächtigsten Oxida-
tenden VMS-Kupferlagerstätte von Rio Tinto, Spanien (Ab- tions- und Zementationszonen treten in ariden und tro-
schn. 23.5.2, S. 363) Au-Gehalte von 15–30 g/t auf gegenü- pisch-ariden Klimazonen auf, da dort die Lage des
ber nur 0,2–0,4 g/t im Primärerz. Bei größeren Au-Gehalten Grundwasserspiegels stärker schwankt.
der Primärlagerstätte können in der tieferen Oxidations- In sulfidischen Erzkörpern, die lediglich weniger edle
zone Au-Konzentrationen spektakuläre Ausmaße erreichen. Metalle wie Pb, Zn, Fe, Co, Ni enthalten, ist keine ausge-
prägte Zementationszone entwickelt. Der Übergang zwi-
24.6.2 schen der Oxidationszone und den unverwitterten Sul-
Zementationszone fiden der Primärerzzone ist eher verschwommen. Im
Unterschied zu den Cu-Ag- oder Au-Lagerstätten kann
Innerhalb der Zementationszone (II), im Wesentlichen im man bei ihnen kaum mit sekundären Teufenunter-
Bereich des oszillierenden Grundwasserspiegels, beeinflus- schieden rechnen.
sen sich die als Sulfate in Lösung gegangenen Metalle ge-
genseitig, und zwar entsprechend ihrer jeweiligen Stellung 24.6.3
innerhalb der elektrochemischen Spannungsreihe der Me- Stabilitätsbeziehungen wichtiger Kupferminerale
talle. Dabei scheidet sich das Sulfid des jeweils edleren Me- bei der Verwitterung
talls, im vorliegenden Fall dasjenige des Kupfers als Kupfer-
sulfid, bevorzugt ab, und das Eisen geht als Fe2+SO4 in Lö- Das Stabilitätsdiagramm im Modellsystem Cu–S–O2–
sung. Anstelle von Chalkopyrit im Primärerz bilden sich H2O–CO2, das wesentlich aus theoretischen Daten ge-
neue Kupferminerale mit höheren Cu-Gehalten, so Tief- wonnen wurde, zeigt die Stabilitätsfelder von Malachit,
Chalkosin α -Cu2S, Djurleit Cu1,96S, Tief-Digenit Cu1,8S,Anilit Cuprit, ged. Kupfer, Chalkosin und Covellin in wässriger
Cu1,75S, Covellin CuS oder Bornit Cu5FeS4. Lösung in Abhängigkeit vom Redoxpotiential (Eh) und
Die möglichen Vorgänge veranschaulichen die folgen- dem pH-Wert bei einer konstanten Temperatur von 25 °C
den chemischen Reaktionsgleichungen: und einem konstanten Totaldruck von 1 bar (Abb. 24.4).
Abb. 24.4.
a Feld der Eh-pH-Bedingungen,
die gewöhnlich im oberflächen-
nahen Milieu realisiert sind
(Nach Krauskopf 1979); b Sta-
bilität einiger wichtiger Kupfer-
minerale im Modellsystem Cu–
H2O–O2–S–CO2 bei 25 °C und
1 bar Gesamtdruck im Eh-pH-
Diagramm. (Nach Anderson, in
Garrels u. Christ 1965)
Malachit und Cuprit als typische Neubildungen in der Krauskopf KB (1979) Introduction to geochemistry, 2 nd edn.
Oxidationszone erfordern für ihre (stabile) Bildung ein McGraw-Hill, New York
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relativ hohes Eh in alkalischer bis neutraler Verwitte-
Springer-Verlag, New York Heidelberg Berlin
rungslösung. Chalkosin und Covellin als typische Neu- Nahon DB (1991) Introduction to the petrology of soils and chemical
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während das Existenzfeld von Covellin hauptsächlich im Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York
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25
Sedimente und Sedimentgesteine
25.1 Die sedimentäre Abfolge umfasst die folgenden Prozesse, die sich in einem zeit-
Grundlagen lichen Ablauf aneinander reihen:
25.7 Ausgangsgestein
Evaporite (Salzgesteine) Verwitterung → Verwitterungsprodukt (Boden, Eluvium)
↓
Transport
↓
Ablagerung bzw. Ausscheidung → Sediment (Lockergestein)
↓
Diagenese → Sedimentgestein
25.1 25.1 petrographie (z. B. Tucker 1985; Pettijohn et al. 1987; Fücht-
Grundlagen bauer 1988).
Abb. 25.1.
Korngrößeneinteilungen und
Benennung von klastischen
Sedimenten
25.2 · Klastische Sedimente und Sedimentgesteine 385
tung bei Dünen zeigen Sande bzw. Sandsteine Schrägschich- melbecken der kontinentalen Senken und der Meere trans-
tung (engl. cross bedding, entsprechend dem im Deutschen portiert. Für den Transportweg spielt die Korngröße der
nicht mehr verwendeten Begriff Kreuzschichtung; Abb. 3.5, klastischen Bestandteile die wesentliche Rolle. Die im Fluss-
S. 59). Gradierte Schichtung (graded bedding; Abb. 25.10, wasser suspendierten Feinanteile erreichen fast immer das
S. 392) kommt durch einen kontinuierlichen Korngrößen- offene Meer, während die gröberen klastischen Bestandtei-
wechsel von grob nach fein zustande, z. B. in Trübestrom- le meist unterwegs längs der Flussläufe oder in Senken noch
Ablagerungen (Turbiditen, vgl. Abschn. 25.2.9, S. 394). innerhalb des kontinentalen Bereichs abgelagert werden.
Die Transportvorgänge sind zudem mit mechanischen
25.2 und chemischen Sortierungs- und Konzentrationserschei- 25.2
Klastische Sedimente und Sedimentgesteine nungen verbunden, die Zusammensetzung und relative
Häufigkeit der Sedimente bedingen. Aus der Bodenfracht
Klastische Sedimente und Sedimentgesteine setzen sich der Flüsse entstehen bevorzugt grobklastische Sedimente,
aus unterschiedlichen Verwitterungsprodukten zusam- so Psephite und Psammite, aus den feinen Suspensionen
men, aus Pelite und aus den im Wasser gelösten Ionen oder Ionen-
komplexen die chemischen Sedimente.
1. Verwitterungsresten, Während seines Transportwegs ist das Verwitterungs-
2. Verwitterungsneubildungen, material mechanischen und chemischen Angriffen aus-
3. Ionen oder Ionenkomplexen, die sich in Lösung be- gesetzt. Die mechanischen Veränderungen betreffen in
finden; zudem aus Kolloiden, suspendiert in Lösung. erster Linie das am Boden bewegte gröbere Material
(Fluss-Schotter), das in Abhängigkeit von der Länge des
Zu den Verwitterungsresten zählt in erster Linie Transportwegs – im ersten Teil stärker, im letzten Teil
Quarz, weil er in den verschiedenen Ausgangsgestei- schwächer – unter Verringerung seiner Korngröße immer
nen weit verbreitet und zudem mechanisch und che- mehr gerundet wird. Härtere Gesteinsfragmente benöti-
misch schwer angreifbar ist. Stammen die Verwitte- gen für den Endwert der Rundung natürlich einen länge-
rungsreste aus ariden Klimaten mit geringer chemi- ren Transportweg. Minerale von geringerer Härte und
scher Verwitterung, so bleiben auch andere gesteins- guter Spaltbarkeit werden leichter zerrieben und treten
bildende Minerale wie Feldspäte und Glimmer als deshalb im Sediment vorwiegend in kleineren Korn-
Verwitterungsreste erhalten. Ebenso enthalten Sedi- fraktionen auf. In den marinen oder terrestrischen Sam-
mente häufig widerstandsfähige Gesteinsfragmente als melbecken schließen sich weitere Transportvorgänge an,
Verwitterungsreste. ehe es zur endgültigen Ablagerung kommt.
Zu den Verwitterungsneubildungen gehören in erster
Linie Tonminerale, die entweder unmittelbar aus Ver- 25.2.2
witterungslösungen kristallisieren wie Kaolinit, Halloy- Chemische Veränderungen während des Transports
sit oder Montmorillonit oder durch Umbildung aus Glim-
mern des Ausgangsgesteins entstehen wie z. B. die Illite; Chemische Veränderungen erfährt das von den Flüssen
diese können auch durch Umwandlung von Montmo- transportierte und ins Meer getragene Material insbe-
rillonit neu gebildet werden (Abschn. 24.2.2, S. 373). sondere durch Berührung mit dem Meerwasser, bevor
Psephite und Psammite wie Konglomerate und Sand- es nach seiner Ablagerung von jüngerem Material be-
steine bestehen ganz vorwiegend aus Verwitterungs- deckt wird. Die chemischen Veränderungen sind den
resten; bei den Peliten hingegen können Verwitterungs- Verwitterungsvorgängen im Boden analog, wenn es auch
neubildungen stärker beteiligt sein oder vorherrschen. teilweise zu besonderen Mineralneubildungen kommt.
Klastische Sedimente die fast ausschließlich aus So entstehen z. B. die grünen Körner von Glaukonit als
Quarz und anderen Silikat-Mineralen bestehen, werden Produkte der submarinen Verwitterung in den Schelf-
als siliciklastisch bezeichnet. Daneben enthalten auch bereichen der Meere. Das Mineral Glaukonit ist ein
Karbonatgesteine klastische Komponenten oder dioktaedrisches Schichtsilikat der Zusammensetzung
bestehen vollständig aus diesen; das gilt insbesondere ~ (K,Na)(Fe3+,Mg,Fe2+)[(OH)2/(Si,Al)4O10]. Mit dem Be-
für Kalkturbidite (Abschn. 25.3.3). griff subaquatische Verwitterung hat Paul Niggli (1952) alle
chemischen Prozesse zusammengefasst, die während des
25.2.1 Transports und der Ablagerung unter Wasser ablaufen.
Transport und Ablagerung des klastischen Materials Die Ausscheidung der gelösten Stoffe erfolgt in einem
komplexen chemischen System, nicht zuletzt durch die Betei-
Das wichtigste Transportmittel des subaerischen Verwitte- ligung von biologischen Prozessen. Von besonderer Art sind
rungsmaterials ist das Wasser der Flüsse. Nachdem das Ver- die Konzentrationsvorgänge, die zu sedimentären Eisen- und
witterungsmaterial durch Niederschläge flächenhaft abge- Manganerz-Lagerstätten, sedimentäre Sulfiderzlagerstätten
tragen ist, wird es den Flüssen zugeführt und in die Sam- oder sedimentären Phosphat-Lagerstätten führen.
386 25 · Sedimente und Sedimentgesteine
Abb. 25.3.
a Korngrößenverteilung eines
Flusssandes (–––––––) und eines
Dünensandes (–––––). b Korn-
größenverteilung unterschiedli-
cher Geschiebemergel. (Aus
Correns 1939)
25.2 · Klastische Sedimente und Sedimentgesteine 387
bedeckung. Dabei wandert ein Teil der Porenlösung nach nicht selten von Kristallflächen begrenzt. Bei Übersätti-
oben, und es erfolgt Verfestigung durch Kompaktion. Die gung der Porenlösung entsteht feinkristalliner Quarz, der
Körner des Sediments bekommen einen engeren Kontakt die Poren füllt. Alkalifeldspäte (Albit oder Kalifeldspat mit
miteinander, ihre Packung wird dichter. Adulartracht) kommen in zahlreichen Sandsteinen als
Neben den mechanischen Vorgängen, insbesondere der authigene Neubildungen durch Diagenese vor, oft sind sie
Kompaktion, finden chemische Reaktionen zwischen den als Umwachsungssaum um detritischen Feldspat entwickelt.
Porenlösungen und den Mineralfragmenten statt, wobei es Auch Karbonate (Calcit, Dolomit) werden als Porenfül-
zu Auflösungserscheinungen, Mineralneubildungen und lung zwischen den Quarzkörnern im Sandstein angetrof-
Verdrängungsreaktionen kommt. Im absinkenden Schich- fen. Voraussetzung hierfür sind in vielen Fällen ehemali-
tenverband findet ein Stoffaustausch zwischen den Ton- ge Reste von Organismen, die dem Sand beigemengt wa-
mineralen und der Porenlösung statt. Unter erhöhtem ren. Nach deren Auflösung entsteht durch Ausfällung ein
Belastungsdruck spielt Drucklösung eine wichtige Rolle feinkristallines karbonatisches Bindemittel anstelle des
(Abb. 26.25, S. 450). Diese wird durch die Anwesenheit freien Porenraums.
eines Porenraums begünstigt, in dem die Porenlösung zir-
kulieren kann. An Kornkontaktflächen, die senkrecht oder Tonminerale. Auch Tonminerale, besonders Kaolinit, sind
unter einem großen Winkel zur Richtung des Belastungs- als diagenetische Neubildung im Sandstein häufig. Diese
drucks liegen, ist die Löslichkeit höher als im Druckschat- entstehen unmittelbar durch Auskristallisation aus K- und
ten; deshalb werden hier Mineralkörner selektiv aufge- Al-haltiger Porenlösung oder stellen Umwandlungs-
löst. Das gelöste Material wird im benachbarten Poren- produkte von detritischem Feldspat dar, z. T. in Form von
raum wieder ausgeschieden, so dass es dort zum Korn- Umwandlungs-Pseudomorphosen. In vielen Sandsteinen
wachstum kommt. In einem späteren Stadium der Diage- bilden sich tri- oder dioktaedrische Chlorite diagenetisch,
nese vermindert sich mit der Abnahme der Porosität die in tieferversenkten Sedimentfolgen auch unterschiedli-
Durchlässigkeit des tonigen Sedimentgesteins zusehends. che Zeolithe. Bei entsprechender chemischer Beschaffen-
Schließlich verschwindet der Porenraum in größerer Ver- heit der Porenlösung scheiden sich bei diagenetischen
senkungstiefe und die für die Diagenese charakteristischen Vorgängen Anhydrit, Baryt oder Sulfide zwischen den
Umsetzungen hören auf. Es bahnt sich ein Übergang zu detritischen Körnern aus. Auch akzessorische Schwer-
metamorphen Reaktionen an, die sich vorwiegend an die mineralkörner (S. 390), die sie sich gegenüber Verwitte-
Korngrenzen anlehnen. Mit beginnender Gesteinsmeta- rungseinflüssen meist resistent verhalten, werden nicht
morphose ist der Porenraum geschlossen (von Engelhardt selten durch die Porenlösung angegriffen.
1973). Trotzdem kann auch dann noch Drucklösung statt-
finden, vorausgesetzt es existiert ein dünner Fluid-Film Pelite. Bei den Peliten spielt Verdichtung (Kompaktion) durch
auf den Korngrenzen (s. auch Abschn. 26.4.3, S. 447). den Belastungsdruck eine größere Rolle als bei den Psam-
miten. Aus geometrischen Gründen können die blättrigen
Sandsteine. In Sandsteinen beobachtet man z. B. häufig Tonminerale eine stärkere Kompression erfahren als die ge-
Säume von klarem, neugebildetem Quarz um die klasti- rundeten Sandkörner. Zudem ist der ursprüngliche Poren-
schen Quarzkörner (Abb. 25.4). Diese Anwachssäume sind raum bei Tonen viel größer. Die Prozesse der chemischen
Abb. 25.4.
Mikrofoto eines Sandsteins mit
kieseligem Bindemittel. Die
rundlichen, detritischen Quarz-
körner, durch Kränze von feins-
ten Opakeinschlüssen begrenzt,
sind während der Diagenese
randlich weitergewachsen und
haben so den ehemaligen Poren-
raum weitgehend geschlossen.
Mittlerer Buntsandstein, Stein-
bruch bei den Felsenkellern süd-
lich Marktheidenfeld (Spessart).
+Nic, Bildbreite 1,5 mm.
(Foto: Joachim A. Lorenz)
388 25 · Sedimente und Sedimentgesteine
Tabelle 25.1. Klastische Sedimente und Sedimentgesteine reren Mineral- oder Gesteinsarten zusammengesetzt ist. So
wird z. B. ein Konglomerat nach der in ihm vorherrschen-
den Mineral- oder Gesteinsart als Quarz- oder Granit-
konglomerat bezeichnet. Nagelfluh ist ein bekanntes
polymiktes Konglomerat der Molasse des Alpenvorlands,
insbesondere in der Schweiz. Aus der Art der Komponen-
ten in einem Psephit kann man häufig auf das Einzugsge-
biet schließen und daraus mitunter paläogeographische
Schlüsse ziehen. Der Rundungsgrad der Gerölle gibt Hin-
weise auf die Entfernung des Liefergebiets.
Diagenese von Tonen laufen nach von Engelhardt (1973) in
erster Linie zwischen den anwesenden Tonmineralen ab. Einteilung der Psammite
Einige Tonmineralarten werden aufgezehrt, andere entste-
hen durch Um- oder Neubildung an ihrer Stelle. Kaolinit, Die Gliederung der Psammite mit mittleren Korngrößen
Montmorillonit und weitere Tonminerale mit quellfähigen zwischen 2 und 0,02 mm wird bei Sanden nach der Korn-
Schichten treten mit dem Einsetzen diagenetischer Prozes- art (Kornzusammensetzung) und bei Sandsteinen nach
se gegenüber Illit und Chlorit immer mehr zurück. Die Um- der Kornart und dem Bindemittel, bzw. dem Anteil an
kristallisation schlecht geordneter detritischer Illite führt Matrix-Komponenten mit einem mittleren Korndurch-
zu einer Zunahme der Illit-Kristallinität. messer von 30 μm, vorgenommen. Die Größe der einzel-
nen Sandkörner kann gelegentlich 2 mm übersteigen,
Durch alle diese Vorgänge werden lockere Sedimente denn es lassen sich keine scharfen Grenzen zwischen den
zu festen Sedimentgesteinen (Tabelle 25.1). Psammiten und den Psephiten ziehen. Psammite bestehen
meist aus umlagerten Verwitterungsresten. Quarz ist das
Als Ergebnis der Diagenese enthalten pelitische (und
karbonatische s. unten) Sedimentgesteine häufig Kon-
kretionen. Das sind knollige bis abgeplattet-linsenförmige,
oft auch etwas unregelmäßig geformte Körper, die als Kern
nicht selten einen Fossilrest umschließen. Konkretionen
bilden sich bevorzugt bei starken stofflichen Unterschie-
den im pelitischen Sediment und sind deshalb in be-
stimmten Horizonten innerhalb eines pelitischen Schich-
tenverbands gehäuft. Das konzentrische Wachstum der
Konkretion entzieht der Umgebung Substanz. Konkreti-
onen in Peliten bestehen vorwiegend aus Calcit, Dolomit,
Siderit (Bestandteil des Toneisensteins), Apatit (im Phos-
phorit), Gips (als Kristallaggregat mit gut ausgebildeten
Kristallen), Pyrit oder Markasit.
25.2.5
Einteilung der Psephite und Psammite
weitaus verbreitetste Mineral der Psammite. Viele Sande Grauwacken. Unter dem Sammelnamen Grauwacke fasst
bestehen fast nur aus Quarz; daneben sind beachtliche man schlecht sortierte, grau bis graugrün gefärbte klasti-
Mengen von Feldspat und Hellglimmer beteiligt. Andere sche Sedimentgesteine aus Quarz, Gesteinsresten (Ge-
Gemengteile sind untergeordnet und häufig nur mikros- steinsdetritus), etwas Feldspat (vorwiegend Plagioklas)
kopisch oder nach künstlicher Anreicherung feststellbar. zusammen. Sie enthalten auch Chlorit, Hydroglimmer
Psammite, die überwiegend aus Quarz und oder Feldspä- sowie etwas Karbonat- und Tonsubstanz, die auch als
ten bestehen und deren Matrixanteil bei <15 Vol.-% liegt, Bindemittel auftreten können (Abb. 25.6a). Innerhalb von
werden auch als Arenite bezeichnet, solche mit einem Ma- Turbiditen (Trübestrom-Ablagerungen) stellen Grauwa-
trixanteil von 15–75 Vol.-% als Wacken. Arenite und Wacken cken die grobkörnigen und oft grobbankigen Schicht-
mit einem überwiegenden Anteil an Gesteinsbruchstücken glieder dar, die zum Hangenden hin allmählich in Pelite
werden durch den Zusatz „lithisch“ gekennzeichnet. übergehen: gradierte Schichtung (Abb. 25.14, S. 396).
Quarzsande und Quarzsandsteine. Sie sind die häufigsten Von den zahlreichen Vorschlägen für eine quanti-
Psammite. Quarzsandsteine haben kieseliges bis toniges oder tative Einteilung (Klassifikation) der verschiedenen
karbonatisches Bindemittel. Kieselsandsteine sind Sandstei- Psammite hat sich die Grobeinteilung von Krynine (1948)
ne mit einem außerordentlich feinkörnigen Bindemittel aus als gleichermaßen geeignet für den Feld- und Labor-
Quarz. Sie werden oft als Quarzite bezeichnet. Sandsteine gebrauch erwiesen (Abb. 25.7). Sein Klassifikations-
mit viel Calcit als Bindemittel nennt man Kalksandsteine. schema grenzt im Konzentrationsdreieck Q (Quarz
Hier gibt es alle Übergänge zur Gruppe der Kalksteine, teil-
weise auch mit Fossilresten. Sandsteine mit überwiegend
tonigem Bindemittel, die sehr verwitterungsanfällig sind,
bilden Übergänge zu Silt und Ton bzw. Siltstein und Ton-
stein. Sandsteine gehören zu den wichtigsten Naturwerk-
steinen, aus denen u. a. zahlreiche kirchliche und profane
Repräsentationsbauten errichtet wurden. Genannt seien nur
der „Rote Mainsandstein“ des Buntsandsteins (Abb. 25.5),
der „Grüne Mainsandstein“ des Keuper und der Anröchter
Grünsandstein der Kreide. Die bautechnischen Eigenschaf-
ten der Sandsteine und ihre Resistenz gegenüber Umwelt-
schäden hängen maßgeblich vom Bindemittel ab.
Abb. 25.6.
a Grauwacke, kantige Kornfor-
men, Quarz (hell), Feldspat
(getrübt) neben Gesteinsbruch-
stücken und Geröllchen, Harz,
Bildbreite ca. 4 mm. b Oolithi-
scher Kalkstein mit konzen-
trisch-schaligen Kalkooiden,
kristallines Bindemittel aus
Calcit. Harliberg bei Vienen-
burg, Bildbreite ca. 2 mm
390 25 · Sedimente und Sedimentgesteine
und Kieselschiefer)–M (Glimmer und Chlorit)–F (Feld- Die detailliertere Klassifikation der Sandsteine von Pettijohn
späte und Kaolinit) die Gesteinsnamen Quarzsandstein, et al. (1987, Fig. 5-1) benutzt das Konzentrationsdreieck Quarz–
Feldspat–Gesteinsbruchstücke und zusätzlich den unterschiedli-
Arkose, unreine Arkose, Feldspat-reiche und Feldspat-
chen Matrixanteil.
arme Grauwacke gegeneinander ab. Der Mineralinhalt
der anteiligen Gesteinsfragmente wird den freien Mine- Zu den Gesteinsnamen können weitere Merkmale wie
ralen hinzugerechnet. Farbe, Gefüge, Bindemittel, Nebengemengteile und Her-
kunft hinzugefügt werden. Das einfache binäre Variations-
diagramm log SiO2 / Al2O3 vs. log Na2O / K2O gestattet eine
geochemische Klassifikation der wichtigsten Psammit-
Typen (Abb. 25.8). Erwartungsgemäß nimmt das SiO2 /
Al2O3-Verhältnis von den Quarzareniten über die sub-
lithischen Arenite und Subarkosen zur Gruppe der
Arkosen, lithischen Areniten und Grauwacken ab. Im Ver-
gleich zu den Arkosen sind die Grauwacken durch höhe-
re Na2O / K2O-Verhälnisse gekennzeichnet, während die
lithischen Arenite ein Übergangsfeld einnehmen. In Ta-
belle 25.2 ist die durchschnittliche chemische Zusammen-
setzung von Sanden und Sandsteinen derjenigen von To-
nen und Tonsteinen gegenübergestellt.
25.2.6
Schwerminerale in Psammiten
25.2.7
Fluviatile und marine Seifen
(engl. placer; z. B. Garnett u. Bassett 2005). Minerale, die Komplexe in humussäurehaltigem Wasser gelöst werden
sich in Seifen anreichern, besitzen außer ihrer höheren kann. Dabei dient als Oxidationsmittel häufig MnO2.
Dichte eine besondere chemische Resistenz, relativ große Goldseifen treten in fast allen größeren primären Gold-
Härte; häufig fehlt ihnen eine ausgeprägte Spaltbarkeit. Nach bezirken der Erde auf und sind von größter wirtschaftli-
dem Mineralinhalt unterscheidet man eine Reihe von cher Bedeutung. Riesengoldseifen (engl. giant placer
Schwermetallseifen, insbesondere Edelmetallseifen, sowie goldfields) mit einer jeweiligen Gesamtförderung von
Edelsteinseifen, nach ihrer Entstehung alluviale oder fluvi- >148 t sind in auffälliger Weise an die pazifischen Orogen-
atile (Fluss-), litorale (Strand-) und äolische Seifen. Eluvia- gürtel gebunden, wo während der tertiären Orogenese
le Seifen befinden sich nahe am verwitterten Muttergestein Gold-Quarz-Gänge als Primärlagerstätten gebildet wur-
und haben nur einen kurzen Transportweg erlebt. Da die den (Abschn. 23.4.1, S. 354f) und ständig hohe Hebungs-
Gewinnung von Seifen-Lagerstätten im Tagebau und unter raten der Gebirge für große Konzentrationen von Seifen-
Einsatz von schwerem Gerät erfolgen kann, sind – im Ge- gold sorgten (Evans 1973). Beispiele, meist von histori-
gensatz zu den Primärvorkommen – auch Lagerstätten mit schem Interesse, sind die Goldbezirke von Fairbanks
geringeren Durchschnittsgehalten oft noch bauwürdig. (Alaska), Klondike (Yukon-Distrikt, NW-Territorium von
In den Schwermetallseifen sind u. a. angereichert: ged. Gold Kanada), British Columbia (Kanada), Kalifornien (USA),
(Dichte ρ 16–19 g/cm3, je nach dem Ag-Gehalt), ged. Platin Kolumbien und in benachbarten Staaten im NW von Süd-
und Platin-Legierungen (ρ 17–19), Kassiterit (Zinnstein, amerika, in Neuseeland sowie am oberen Jenissei und am
ρ 6,8–7,1), Ilmenit ( ρ 4,5–5,0), Magnetit ( ρ 5,1) und Oberlauf der Lena (Sibirien); reiche, PGE-führende Au-Sei-
Columbit-Tantalit („Coltan“) (Fe,Mn)(Ta,Nb)2O6 (ρ etwa fen treten in Primorye, dem äußersten Osten Russlands auf.
zwischen 5,2 und 7,8, mit dem Ta/Nb-Verhältnis steigend). In Deutschland wurde Gold früher aus den Alpenflüssen
Die wirtschaftliche Bedeutung der Ilmenit- und Magne- Isar, Inn und Salzach gewaschen und sogar zur Münzprä-
tit-Seifen, die sich besonders als Strandseifen finden, ist gung verwendet. Das Rheingold, das aus dem Oberrhein
noch gering. Demgegenüber finden Columbit-Tantalit- bei Breisach gewonnen wurde, findet schon in der Edda
Seifen zunehmendes Interesse, weil Ta ein wichtiges Me- Erwähnung; aus ihm wurden die Rheindukaten geprägt.
tall für die Elektronik-Industrie darstellt (Abschn. 22.3, Mit der Rheinregulierung im 19. Jahrhundert ging aller-
S. 399). Coltan-Seifen werden besonders in unterschied- dings die Gewinnung von Seifengold zurück; doch arbei-
lichen Ländern Afrikas, neuerdings auch im Ostteil Ko- ten noch heute am Rhein Hobby-Goldwäscher.
lumbiens (Cramer, unpubl.) abgebaut. In allen Seifen ist Fluss-Seifen mit Platin-Legierungen sind besonders
wegen seiner großen Verbreitung und mechanischen wie aus dem Raum Nischnij Tagil (Ural) bekannt; sie liefern
chemischen Resistenz Quarz stark angereichert, ungeach- zwar noch immer einen wesentlichen Anteil der russi-
tet seiner relativ geringen Dichte von 2,65. schen PGE-Produktion, werden jedoch neuerdings von
der PGE-Seifen-Lagerstätte Kondjor (Jakutien) übertrof-
Edelmetall-Seifen fen, die 5 t PGE/Jahr produziert und damit an zweiter Stel-
le hinter der Primärlagerstätte Norilsk steht (Shcheka et al.
Ged. Gold kommt in den Seifen meist in kleinen dünnen 2004). Weitere Vorkommen befinden sich auf der Insel
Blättchen vor. Durch die Bewegungen des Schotters ist es Sachalin, in Alaska und Kolumbien.
ausgewalzt worden. Viel seltener tritt das Seifengold in
gerundeten Körnern auf, den sog. Nuggets, die meist Erb- Fossile Goldseifen
sen- bis Nussgröße aufweisen, in Einzelfällen sogar Ge-
wichte von >70 kg erreichen können (Abschn. 4.1, S. 70). Ältere, dem jetzigen Sedimentzyklus genetisch nicht an-
Seifengold ist stets Ag-ärmer als das sog. Berggold der gehörende Seifen werden als fossile Seifen bezeichnet.
primären Au-Lagerstätten. Da die Goldkörner flussab- Die wirtschaftlich bedeutendste Seifenlagerstätte dieser
wärts immer Ag-ärmer werden, wird die relative Anrei- Art enthält die archaische, radiometrisch für einen Zeit-
cherung des Au auf bevorzugte Lösung von Ag zurück- raum zwischen 2 985 ±14 und 2 780 ±3 Ma datierte
geführt. Daneben beobachtet man unter dem Mikroskop Witwatersrand-Supergruppe in Transvaal (Südafrika),
konkretionäres Wachstum solcher Goldnuggets um ein eine mächtige Serie von Sandsteinen und Konglomera-
vorhandenes Goldkörnchen als Kern, was eine zwischen- ten (z. B. Frimmel 2004). Der Goldgehalt ist auf Konglo-
zeitliche Lösung von Au voraussetzt. Die Mobilität des merat-Horizonte beschränkt, die aus Quarzgeröllen und
Au unter oxidierenden, oberflächennahen Bedingungen einem quarzreichen und Pyrit-führenden Bindemittel
geht wahrscheinlich auf die Bildung von Au-Komplexen bestehen (Abb. 25.9). In diesem Bindemittel ist Gold fein
mit Cl–, Br–, CN– als Liganden zurück. Dabei spielen or- verteilt und günstigenfalls unter dem Erzmikroskop
ganische Verbindungen wie Huminsäuren, die aus vor- nachweisbar. In ganz seltenen Ausnahmefällen erkennt
handener Humussubstanz gebildet wurden, eine wichti- man Gold schon mit freiem Auge (Abb. 25.10). Die elek-
ge Rolle. Experimente über die Löslichkeit des Goldes tronenmikroskopische Betrachtung zeigt, das Gold in
haben gezeigt, dass Gold in Form metallorganischer zwei verschiedenen Formen vorkommt: Selten bildet es
392 25 · Sedimente und Sedimentgesteine
Abb. 25.9.
Das goldführende Konglomerat
vom Witwatersrand in Südafrika
(West-Driefontein-Goldmine).
Die nuss- bis eigroßen Gerölle
bestehen meist aus Quarz und
sind von einem quarzhaltigen,
schwach metamorphen Binde-
mittel verkittet. Im Bindemittel
befindet sich äußerst feinkörni-
ges ged. Au (nicht sichtbar). Der
gleichzeitig anwesende Pyrit
besitzt nach vorherrschender
Auffassung keine Beziehung
zum Gold. Zu den enthaltenen
Schwermineralen rechnet auch
Uranpecherz. (Foto: K.-P. Kelber)
Abb. 25.10.
Anreicherung von ged. Gold im
Bereich der Hangendgrenze eines
schräggeschichteten Quarzsand-
steins der Welkom-Formation
(Witwatersrand-Supergruppe).
Über einer Erosions-Diskordanz
folgt das Konglomerat des Basal
Reefs, das eine neue Sediment-
schüttung in einem Delta mar-
kiert (Abb. 25.12). Man erkennt
drei Foreset-Lagen, die im Front-
bereich des vorrückenden Deltas
abgelagert wurden und sich zu
einer Bottomset-Lage vereinigen.
Das Gold bildet teils deutliche
Nuggets, teils ist es später noch
rekristallisiert oder mobilisiert
worden (Abb. 25.11). Welkom,
Witwatersrand, Südafrika.
Länge des Maßstabs 1 cm (Foto:
Hartwig Frimmel)
rundliche Partikel von 0,1–0,2 mm ∅, die eindeutig als bedingungen und eine fehlende Pflanzendecke bedingt
sedimentärer Detritus transportiert wurden (Abb. 25.11, waren. Es herrschte eine CO2-reiche Atmosphäre, die einen
links); häufiger dagegen ist Gold sekundär rekristallisiert hohen Treibhaus-Effekt zur Folge hatte; der Sauerstoff-
und hydrothermal mobilisiert (Abb. 25.11, rechts). Partialdruck dürfte bei <<0,001 bar (s. u.), der pH-Wert der
Es besteht kein Zweifel, dass die Lagerstätte Witwaters- Wasserhülle (Hydrosphäre) bei 6, also im sauren Bereich
rand eine riesige Delta-Ablagerung darstellt, die wahr- gelegen haben (Frimmel 2004). Wegen der tiefgründigen
scheinlich in ein Becken im Vorland eines archaischen mechanischen Verwitterung wurden wohl ähnliche Lager-
Inselbogens geschüttet wurde (Minter et al. 1993; Frim- stätten wie der Witwatersrand rasch abgetragen und sind
mel 2002, 2008). Günstig für die Goldanreicherung war daher heute nicht mehr erhalten. Eine spätere Versenkung
eine intensive mechanische Verwitterung und eine hohe der Serie des Witwatersrand führte zur Mobilisierung von
Transport-Rate, die durch extrem lebensfeindliche Klima- Au und zur metamorphen Umkristallisation.
25.2 · Klastische Sedimente und Sedimentgesteine 393
Das primäre Herkunftsgebiet des Goldes ist z. Zt. noch Ähnliche fossile Au-Lagerstätten finden sich im Blind-
unbekannt. Jedoch sprechen ungewöhnlich hohe Os-Ge- River-Gebiet am Huron-See (Ontario) und in der Serra
halte im Gold dafür, dass dieses magmatischen Ursprungs de Jacobina (Bahia, Brasilien).
ist, wobei man mit einer hohen Aufschmelzrate in einem
relativ heißen Erdmantel rechnen muss. In diesem Zu- Uraninit-Seifen
sammenhang sei daran erinnert, dass im Archaikum auch
die heißen ultrabasischen Komatiit-Magmen gefördert In den neoarchaischen, ca. 3 060 Ma alten Konglome-
wurden (Abschn. 13.2.1, S. 224). raten des Dominion Reefs (nahe Johannesburg), sind
U- und Th-haltige Schwerminerale stärker angereichert
Nach der Theorie von Frimmel (2008) wurde der wesentliche Anteil
als in den darüber liegenden Sedimenten der Witwaters-
des Goldes, das jetzt in unterschiedlichen Erzlagerstätten konzentriert
ist, während eines riesigen Gold-Events in archaischer Zeit, vor etwa rand-Supergruppe. Die nachgewiesenen Erzvorräte
3 Ga, aus dem Erdmantel in die Erdkruste transportiert. Zu dieser Zeit werden auf 81 Mio t geschätzt, mit durchschnittlichen
erreichte die Temperatur des Erdmantels ihr Maximum und die verti- Gehalten von 630 g/ t U3O8, aber nur 0,76 g/ t Au. Neben
kalen, durch Erdmantel-Plumes ausgelösten tektonischen Bewegun- kantengerundeten Körnern von Uraninit finden sich
gen wurden durch die subhorizontale Plattentektonik abgelöst. Wäh- als Schwerminerale ged. Au, Pyrit, Arsenopyrit, Ilmenit,
rend etwa 40 % des Goldgehaltes der Erdkruste noch heute in der fos-
silen Goldseife des Witwatersrandes konzentriert sind, wurde der Rest Magnetit, Chromit, Kassiterit, Columbit, Monazit, Zirkon
des krustalen Goldes wiederholt einem großräumigen Recycling un- und Granat; eine schwache Metamorphose führte u. a.
terworfen, wobei plattentektonische Prozesse sowie magmatische und zur Neubildung von Uranpechblende U 3O8, Coffinit
hydrothermale Fluid-Zirkulation die wesentliche Rolle spielten. Die- U[(SiO 4),(OH) 4] sowie von U-Ti- und U-Th-Phasen
ses Gold ist heute überwiegend in Gold-Quarz-Gängen und anderen (Rantzsch et al. 2011). Die Anwesenheit von unverwit-
hydrothermalen Goldlagerstätten (Kap. 23) oder in jungen Goldseifen
konzentriert.
terten Pyrit- und Uraninit-Geröllen in diesen Kon-
glomeraten beweist, das zu dieser Zeit, also vor dem
Witwatersrand ist die bedeutendste Au-Lagerstätte und Beginn des Großen Oxidations-Ereignisses (GOE) vor
zugleich die größte Goldreserve der Welt, die seit mehre- ca. 2,45 Ga, die Atmosphäre der frühen Erde praktisch
ren Jahrzehnten zwischen 40 und 50 % der Weltproduk- noch frei von Sauerstoff war; die O2-Fugazität lag deut-
tion an Gold lieferte; zwischen 1886 und 1983 waren es ins- lich unter 0,001 bar (Frimmel 2005), wahrscheinlich sogar
gesamt über 35 000 t Au. Die Durchschnittsgehalte des geför- <10–60 bar (Sverjensky u. Lee 2010).
derten Au-Erzes gingen von 10 g/ t auf jetzt etwa 6 g/ t
(= 6 g Au pro t Gestein) zurück. Die Goldreserven betra- Zinnseifen
gen noch ca. 36 000 t und nehmen damit weltweit die 1. Stelle
ein; das gilt auch für die Fördermengen, die im Jahr 2007 Seine physikalischen und chemischen Eigenschaften
bei 420 t (= 17,7 % der Weltproduktion) lagen. Seit 1886 lie- machen Kassiterit zu einem typischen Seifenmineral. In
ferte Witwatersrand rund 40 000 t Gold. Durch gleichzeiti- der Umgebung der meisten primären Zinnerzlagerstätten
ge Anwesenheit von Os-reichen PGE-Legierungen sowie von finden sich daher auch Zinn-Seifen. Begleitminerale sind
Uraninit (UO2), der ebenfalls als Seifenmineral angesehen häufig auch andere widerstandsfähige Schwerminerale
wird, besitzt die Lagerstätte eine zusätzliche Bedeutung. der hoch-hydrothermalen Primärparagenese.
394 25 · Sedimente und Sedimentgesteine
Ein größerer Teil des wichtigen Gebrauchsmetalls An den Kupfererzen beteiligen sich als Erzminerale
Zinn wird aus derartigen Seifen gewonnen. Wirtschaft- Tief-Chalkosin und ähnliche Cu-Sulfide, Bornit, Covellin
lich bedeutende Vorkommen davon finden sich z. B. an und als jüngere sekundäre Bildungen Cuprit, Malachit
vielen Stellen in Südostasien, in der Volksrepublik Chi- und andere Minerale. Die Silbererze enthalten Akanthit,
na, in Nigeria und Kongo/Zaire. Fluss-Seifen wurden im ged. Silber und Chlorargyrit AgCl, die Uranerze insbe-
frühen Mittelalter und wahrscheinlich bereits in vorge- sondere Carnotit K2[UO2/VO4]2 · 3H2O, hervorgegangen
schichtlicher Zeit im sächsischen Erzgebirge und in aus Uranpecherz.
Cornwall zur Gewinnung von Zinn abgebaut. Typuslokalitäten sind die zahlreichen Kupfervor-
kommen des Red-Bed-Typs aus dem Südwesten der USA,
Edelstein-Seifen zu denen auch Silberlagerstätten gehören. Innerhalb des
gleichen Raums in den USA gibt es genetisch ähnlich
In Edelstein-Seifen sind schleifwürdige Steine im Ver- einzuordnende Uran-Radium-Vanadium-Lagerstätten,
gleich zu den Primärlagerstätten relativ angereichert, die an Sandstein-Formationen sehr verschiedenen geo-
da rissige und einschlussreiche Mineralkörner beim logischen Alters gebunden sind. Die Hauptvorkommen
Transport zerkleinert werden. Besonders die edlen Ko- auf dem Colorado-Plateau bilden gemeinsam den größ-
rund-Varietäten Rubin und Saphir werden aus Fluss- ten Uranlieferanten der USA. Das Uranerz vom Roll-
Seifen gewonnen. Die weltwirtschaftlich wichtigsten Front-Typ befindet sich in Sandsteinen von fossilen Fluss-
Rubin-Lagerstätten befinden sich in Burma, besonders rinnen. Der Metallinhalt stammt von granitischen Ge-
bei Mogok im Gebiet östlich des Irawadi-Oberlaufs; steinen des benachbarten präkambrischen Grundgebir-
weitere wichtige Vorkommen liegen in Sri Lanka, Thai- ges, das unter Bedingungen eines tropisch-wechsel-
land und Afghanistan. feuchten Klimas verwitterte. Dabei wurde Uran als U6+
Auch die berühmten Pyrop-Granate des Böhmischen gelöst und transportiert, bis es in Kontakt mit Sedimen-
Mittelgebirges, deren Nutzung bis ins frühe Mittelalter ten kam, die reich an organischem Material waren. An
zurückgeht, wurden teilweise aus Seifen gewonnen. Heute der zungenförmigen Redoxfront, die im Querschnitt ei-
werden bei Podsedice mächtige Schutthorizonte, die nem Brötchen (engl. roll) ähnelt, kam es zur Reduktion
16–18 g/ t Granat führen, mit schwerem Gerät abgebaut und Ausfällung als UO2.
und aufbereitet; die Tagesförderung beträgt 45 kg Gra- In Europa liegen die wichtigsten Kupfervorkommen
nat, davon sind 5 kg schleifwürdig (Schlüter u. Weischat des Red-Bed-Typs verteilt auf Senken des Rotliegenden
1990). Muttergestein des Pyrops sind serpentinisierte nördlich und südlich des Ostteils der Sudeten, in Polen
Granatperidotite des oberen Erdmantels, die in vulkani- und Tschechien. Die permischen Kupfersandsteine im
schen Durchschlagsröhren auftreten. westlichen Ural-Vorland in Russland erfuhren dieselbe
Beachtliche wirtschaftliche Bedeutung besitzen die genetische Einstufung.
Diamant-Seifen in der südlichen Namib-Wüste, die 1908
von dem schwarzen Bahnarbeiter Zacharias Lewela und 25.2.9
dem deutschen Eisenbahnbeamten August Stauch ent- Einteilung der Pelite
deckt wurden und seitdem kontinuierlich in Abbau ste-
hen. Gegenwärtig konzentriert sich die Förderung, die Pelite (Tone) sind die Absätze der feinsten Partikel aus
hauptsächlich im Offshore-Bereich erfolgt, auf das Gebiet den Gewässern. Neben Verwitterungsresten sind es vor-
von Oranjemund im Südwesten Namibias. wiegend Verwitterungsneubildungen. Dazu kommen
fallweise mehr oder weniger zersetzte organische Sub-
25.2.8 stanz bzw. Reste von Kalk- oder Kieselgerüsten von Or-
Metallkonzentrationen in ariden Schuttwannen ganismen sowie Neubildungen im Sediment wie z. B.
(Lagerstätten vom Red-Bed-Typ) Pyrit oder Markasit.
Die Kupfer-, Silber- oder Uran-Radium-Vanadium-Erze Für eine genauere Klassifizierung der pelitischen
vom Red-Bed-Typ befinden sich als schichtige Impräg- Sedimente ist unter allen Umständen eine Mengen-
nationen im Verwitterungsschutt arider Wannen. Es wird abschätzung der vorhandenen Minerale mit Rönt-
angenommen, dass der Metallgehalt aus der Verwitte- genbeugung notwendig. Dabei ist die Kenntnis der
rung, Abtragung und Auslaugung umliegender älterer anwesenden Tonminerale am wichtigsten. Mit ihnen
Lagerstätten stammt. Ein langandauernder Verwitte- kann man z. B. kaolinitische von illitischen und
rungsprozess und eine Konzentration des Metallgehalts montmorillonitischen Tonen unterscheiden. Zudem
im Grundwasser werden für die Entstehung des Lager- sind Angaben über Quarz- und Feldspatgehalt oder
stättentyps vorausgesetzt. Charakteristisch ist die bevor- andere Minerale zu machen.
zugte Vererzung fossiler Pflanzenreste.
25.2 · Klastische Sedimente und Sedimentgesteine 395
Äolische Staubsedimente. Äolische Stäube entstehen dort, Löss. Das ist das wichtigste fossile Staubsediment; es ist un-
wo freiliegende Locker- und Festgesteine der Deflation geschichtet, nur schwach verfestigt und porös; die Mineral-
(Ausblasung) bzw. Korrosion durch den Wind ausgesetzt gemengteile sind gut sortiert; die Korngrößenverteilung ist
sind, so ganz besonders freiliegende Ablagerungen in stets ähnlich, unabhängig vom geographischen Auftreten.
Wüsten, Periglazialgebieten und Überflutungsräumen der Im Mineralbestand von Löss herrschen Quarz und Feldspä-
großen Ströme. Aus solchen Gebieten der Erdoberfläche te vor; daneben beteiligen sich Calcit, Glimmer und Tonmine-
wird feinkörniges Material von immer wieder auftreten- rale an seiner Zusammensetzung; geringe Gehalte an Fe-Hy-
den Stürmen ausgeblasen und oft über Tausende von Ki- droxiden bedingen seine gelbliche Farbe; rotbraun bis dun-
lometern weit verfrachtet. Die wichtigsten Herkunfts- kelbraun verwitterten Löss bezeichnet man als Lösslehm.
gebiete der Stäube liegen auf der Nordhalbkugel, vor al- Häufig enthält Löss unregelmäßig-knollig geformte Calcit-
lem im nördlichen Afrika (z. B. Engelbrecht u. Derrbyshire Konkretion, die Lösskindel. Löss entstand während des
2010; Gieré u. Querol 2010). Bekannt sind insbesondere Pleistozäns durch Staubauswehungen aus Kältewüsten und
die Staubstürme der Sahara, die häufig Staubfälle auf den unverfestigten glazialen oder fluvioglazialen Ablagerungen
Kanarischen und Kap-Verde-Inseln (Abb. 25.13), im in Periglazialgebieten. Er besitzt auf der nördlichen Halb-
Mittelmeerraum, ja gelegentlich in Mitteleuropa verur- kugel eine relativ große Verbreitung, so z. B. in Mitteleuropa,
sachen. Die Mineralzusammensetzung der Stäube hängt im Mittelwesten der USA und am Hoangho in China, wo er
vom jeweiligen Herkunftsgebiet ab. noch heute durch Staubstürme sekundär umgelagert wird.
Abb. 25.13.
Angetrieben durch den Harmattan,
den heißen, über NW-Afrika
wehenden NO-Passat, wird eine
aus der Sahara stammende Staub-
wolke auf mehr als 1600 km über
den Nord-Atlantik mit den Kana-
rischen Inseln (Mitte oben) und
Kap-Verde-Inseln (unten rechts)
verteilt. Satellitenbild, aufgenom-
men am 2. März 2003. (Quelle: Mit
freundlicher Genehmigung der
NASA, http://visibleearth.nasa.gov/
view.php?id=65292, aus Gieré u.
Querol 2010)
396 25 · Sedimente und Sedimentgesteine
Schlamm. Als Schlamm werden nach Füchtbauer (1988) teine (engl. shale) bezeichnet. Demgegenüber zeigt Ton-
Mischungen von Wasser mit Ton- und Siltmaterial schiefer (slate) eine echte, oft transversal zur Schichtung
bezeichnet, die nach Wasser- oder Windtransport sub- verlaufende Schieferung, die durch beginnende Metamor-
aquatisch abgelagert wurden. Daneben gibt es aber auch phose entstanden ist.
nichtklastische, biogene Schlämme (Radiolarien-, Dia- Die diagenetischen Veränderungen richten sich weit-
tomeen- und Globigerinenschlamm). Der weitaus größ- gehend nach der Zusammensetzung des Sediments, nach
te Teil des in den Meeren sedimentierten Schlamms wird dessen Porenlösung und nach der Sedimentbedeckung.
durch die Flüsse aus den Kontinenten als Schwebgut- Durch das Auflagerungsgewicht jüngerer Sediment-
fracht zugeführt. Darüber hinaus lagern sich Schlämme schichten ändern sich zugleich Porosität und Gefüge des
aus Trübeströmen (engl. turbidity currents) ab, das sind frisch abgesetzten Schlamms. Dabei vollzieht sich eine
hochdichte Suspensionen von reichlich Lockermaterial Verdichtung des Schlamms unter Abnahme seines Was-
in Wasser (auch in Luft oder vulkanischen Gasen). Aus- sergehalts durch Kompaktion. Durch zunehmende Über-
gelöst durch Sturmwellen, Tsunamis, Erdbeben oder lagerung von Sedimentschichten wird die Wasserzir-
Sedimentüberfrachtung gehen solche Trübströme im kulation verlangsamt, und die Porenlösung reagiert mit
Schelfbereich an den Kontinentalrändern besonders häu- der Mineralsubstanz. Dabei betreffen Prozesse der che-
fig ab. Kommen sie zu Ruhe, setzt sich die Sedimentfracht mischen Diagenese von tonigen Sedimenten in erster
in der Reihenfolge ihrer Korngröße Sand → Silt → Ton
ab. Es entsteht gradierte Schichtung, die für Trübestrom-
ablagerungen (Turbidite) charakteristisch ist.
Abb. 25.15.
Benennung und technische Ver-
wendung der Reihe Kalkstein–
Mergel–Ton. (Aus Correns 1968)
Linie den Tonmineralbestand. Je nach Art der Beimen- zung und Umwandlung der organischen Substanz statt,
gungen unterscheidet man im Einzelnen karbonatische, die vorwiegend aus Plankton besteht. Bakterien bewir-
kieselige oder bituminöse Tonsteine. Bei der Diagenese ken eine Reduktion des SO42– im Meerwasser und in den
von Peliten kann es zum authigenen Wachstum von Sili- Porenlösungen des Sediments sowie des Eiweiß-Schwe-
kat-Mineralen kommen, insbesondere von Alkalifeld- fels zu Sulfid. Es entsteht H2S, das mit Fe-haltigen Mine-
späten, die trotz ihrer niedrigen Bildungstemperatur alle ralen des Sediments reagiert. Es bildet sich vorzugswei-
Übergänge von – metastabil – ungeordneter zu vollständig se Pyrit FeS2. Dieser tritt fein verteilt in Form sog. Fram-
geordneter Si-Al-Verteilung zeigen: Hoch-Albit → Tief- boide (frz. framboise = Himbeere) auf – das sind mikro-
Albit, Adular → Mikroklin. skopisch kleine, rundliche Kornaggregate, in denen die
Pyrit-Kriställchen die Zellen ehemaliger Bakterien fül-
Karbonatische Tonsteine. Bei den karbonatischen Ton- len – oder er reichert sich in Konkretionen an. Neben
steinen besitzen besonders die Mergel, Mischungen aus Pyrit treten im pelitischen Sediment in geringen Men-
Kalk und Ton (Abb. 25.15), eine große Verbreitung. Das gen auch andere Schwermetallsulfide auf, so Sphalerit,
Karbonat kann als Detritus eingeschwemmt sein; häufi- Galenit und Chalkopyrit. Im neutralen bis schwach sau-
ger geht der Karbonatgehalt auf Kalkskelette von Plank- ren Milieu wird Markasit anstelle von Pyrit gebildet.
ton oder auf biochemisch ausgefällten Calcit zurück.
Mergel und mergelige Gesteine unterschiedlicher 25.2.11
Zusammensetzung sind wichtige Rohstoffe, z. B. für die Buntmetall-Lagerstätten in Schwarzschiefern
Herstellung von Portlandzement (Abb. 25.15).
Schichtgebundene Buntmetall-Vererzungen in karbona-
Bituminöse Tonsteine. Die bituminösen Tonsteine (Öl- und tischen oder siliciklastischen Schwarzschiefern entstanden
Schwarzschiefer) sind gut geschichtet, von dunkelgrauer in großen Sedimentbecken, in denen große Fluidsysteme
bis schwarzer Farbe, führen stets Pyrit und besitzen ei- wirksam waren (z. B. Hitzman et al. 2005). Die Schwarzschie-
nen größeren Gehalt an organischem Kohlenstoff. fer enthalten Cu- und Cu-Fe-Sulfide in feiner Verteilung oder
Hierzu gehören z. B. die Graptolithenschiefer des Silurs, in Form kleiner Adern. Die Metalle könnten aus unter-
die Posidonienschiefer des Lias z. B. bei Holzmaden lagernden Sedimenten des Red-Bed-Typs (Abschn. 25.2.8)
(Württemberg) und der eozäne Ölschiefer von Messel bei oder von den umgebenden Festländern stammen und wur-
Darmstadt (Hessen). Die anoxischen Bedingungen be- den durch mäßig- bis hochsalinare, niedrig- bis mäßig-
günstigen die Fossilerhaltung; deswegen sind Holzmaden temperierte Fluide transportiert. Der Schwefel könnte von
und Messel berühmte Fossilfundstätten. Für die Entste- überlagernden Salzgesteinen (Evaporiten: Abschn. 25.7)
hung bituminöser Tonsteine werden Bedingungen an- stammen, die im Meer oder in Binnenseen abgelagert wur-
genommen, wie sie rezent z. B. im Schwarzen Meer an- den. Die Ausfällung der Sulfid-Minerale erfolgte durch un-
zutreffen sind. Die detritischen Sedimentteilchen und das terschiedliche Reduktions-Prozesse, an denen z. B. Kohlen-
abgestorbene Plankton aus den oberen Wasserschichten wasserstoffe und/oder Bakterien beteiligt waren. Lagerstät-
gelangen während ihrer Sedimentation in tiefere, H2S- ten dieses Typs sind sehr verbreitet, jedoch besitzen nur
haltige Wasserschichten, in denen infolge mangelnder wenige von ihnen Weltformat. Drei solcher „Supergiant
Zirkulation und Durchmischung mit dem Oberflächen- Deposits“ liefern zusammen etwa 23 % der Weltjahres-
wasser sauerstoffarme, anaerobe Bedingungen herr- Förderung an Cu und darüber hinaus noch weitere Bunt-
schen. Dabei findet eine langsame biochemische Zerset- metalle, insbesondere Co und Ag:
398 25 · Sedimente und Sedimentgesteine
Abb. 25.16.
Klassifikation der Kalksteine
nach ihrem Gefüge. (Nach Folk
1962, aus Tucker 1985)
400 25 · Sedimente und Sedimentgesteine
Abb. 25.17. Gefügeklassifikation der Kalksteine aufgrund der Ablagerungsvorgänge. (Nach Dunham 1962, mit Ergänzungen von Embry
u. Klovan 1971, aus Tucker 1985)
wiegend physikalisch, zum geringen Teil auch als H2CO3 Die Löslichkeit von CaCO3 in reinem Wasser nimmt –
nach der Gleichung im Unterschied zu den meisten anderen Salzen – mit stei-
gender Temperatur ab. Außerdem löst sich CO2 ebenso
H2O + CO2 H2CO3 (25.1) wie andere Gase in wärmerem Wasser weniger gut als in
kühlerem. Die Zunahme des Drucks – unabhängig von
Geht ein Kalksediment bzw. ein Kalkstein in schwach seiner Einwirkung auf die Löslichkeit von CO2 – erhöht
CO2-haltigem Wasser in Lösung, so kann das mit der fol- die Löslichkeit des CaCO3 zunächst nur relativ geringfü-
genden Gleichung beschrieben werden: gig. Erst in sehr großen Meerestiefen nimmt die Löslich-
keit von CaCO3 so stark zu, dass sich karbonatische Se-
H2O + CO2 dimente nicht mehr bilden können.
Ð
CaCO3 + 2H+ + CO32– Ca2+ + 2HCO3– (25.2) Als Karbonat-Kompensationstiefe (CCD, engl. carbo-
nate compensation depth) bezeichnet man das
Dabei stammen die HCO3–-Ionen einmal aus der Dis- Niveau, in der die Auflösungsrate von Karbonaten
soziation von H2CO3, zum anderen aus der Reaktion von ihre Ausscheidungsrate übersteigt.
H+ mit CaCO3 entsprechend dem Vorgang
Die CCD unterliegt großen Schwankungen; in Ozeanen
CaCO3 + H+ Ca2+ + HCO3– (25.3) der tropischen Klimazonen liegt sie für Calcit in Meerestie-
fen von etwa 4 500–5 000 m, für Aragonit ca. 1 000 m tiefer.
Gleichung (25.2) beschreibt die wesentliche Reaktion bei Aus einer CaCO3-gesättigten Lösung wird Kalksubstanz aus-
der Auflösung von CaCO3 während der chemischen Ver- geschieden, wenn die Temperatur zunimmt oder PCO2 in der
witterung von Kalkstein und bei der Verkarstung von Kalk- Gasphase abnimmt oder wenn beide Einflüsse vorhanden
formationen unter Höhlenbildung. Der rückläufige Prozess sind. Auf der anderen Seite wird Kalkstein aufgelöst, wenn
entspricht der Ausfällung von CaCO3 aus Meer- oder Süß- die Temperatur abnimmt und/oder PCO2 ansteigt. So entzie-
wasser, als Bindemittel im Sediment oder z. B. beim Wachs- hen z. B. Pflanzen durch ihren Assimilationsvorgang der Lö-
tum von Tropfstein-Gebilden (Stalaktiten und Stalagmiten). sung CO2; es kommt zur Abscheidung von CaCO3 mit der
Jeder Prozess, der den Anteil an CO2 anwachsen lässt, Folge einer Überkrustung der Pflanzenteile durch Kalksub-
vergrößert die Löslichkeit von CaCO3, während jede Ver- stanz. Dabei entsteht der sog. Kalktuff. An Quellenaustritten
minderung des CO2 die Ausfällung von CaCO3 einleitet. beobachtet man oft die Bildung von Kalksinter. Seine Ab-
Auch die Wirkung der Wasserstoffionenkonzentration scheidung erfolgt mit der Erwärmung des Quellwassers
(pH-Wert), die ebenfalls eine wichtige Rolle spielt, kann unter gleichzeitiger Entbindung eines Teils des gelösten CO2.
mit den Gleichungen (25.2) und (25.3) erklärt werden.
Bei hohem pH verläuft die Reaktion nach der linken Seite Erniedrigung des CO2-Partialdrucks, der Menge des
hin unter Ausfällung, bei niedrigem pH hingegen nach im Wasser gelösten CO2 und/oder des pH-Wertes so-
rechts unter Auflösung von CaCO3; H2CO3 ist gegenüber wie Erhöhung der Temperatur führen zur Übersätti-
HCO3– die stärkere Säure. gung und begünstigen die Ausscheidung von CaCO3.
25.3 · Chemische und biochemische Karbonatsedimente und -sedimentgesteine 401
Abb. 25.18.
Biosparitischer Kalkstein aus
dem Oberen Muschelkalk, Ehem.
Steinbruch Albert, Rottershausen,
Unterfranken. Es handelt sich um
den Ausschnitt aus einem fossi-
len Meeresbooden, der bei star-
kem Sturm durch grundberüh-
renden Seegang aufgewühlt
wurde (Tempestit). Dabei wur-
den lebende Muscheln und die
Schalen bereits abgestorbener
Muscheln, insbesondere von
Plagiostoma striatum, aus ihrer
Lagerung ausgespühlt, in ihre
stabile Lage eingekippt und als
Schillpflaster ausgebreitet. Mine-
ralogisches Museum der Uni-
versität Würzburg, Schenkung
Klaus-Peter Kelber.
(Foto: K.-P. Kelber)
402 25 · Sedimente und Sedimentgesteine
Abb. 25.19.
Stromatolith, Wechsellagerung
von cm-dicken Dolomit-Lagen
(hellrot) und dünneren Chert-
Lagen (dunkler rot gefärbte
Rippen, herausgewittert) in der
ca. 2,6 Ga alten Malmani-Unter-
gruppe der Transvaal-Super-
gruppe (Wende Archaikum/
Proterozoikum). Lone Creek
Falls bei Pilgrim’s Rest, Süd-
afrika. a Übersicht; b Ausschnitt
aus dem rechten unteren Bereich
der Steilwand. (Foto: Wolfgang
Hermann, Würzburg)
wichtige Speichergesteine für Erdöl und Erdgas dar. Im reef), Barriereriffe, die von der Küste durch eine Lagune
Verlauf der Erdgeschichte waren fast alle wirbellosen Tier- getrennt sind, Saumriffe, die sich entlang der Küste er-
arten am Aufbau von Riffen beteiligt, so Stromatoporen strecken und Atolle mit eingeschlossener Lagune.
im Ordovizium bis Devon, Pterokorallen im Silur bis Kar- Für die rezente Bildung von Korallenriffen gelten eine
bon, phylloide Algen im Karbon bis Perm, Cyclokorallen Reihe von Bedingungen, die wahrscheinlich auch in der
seit der Trias, Schwämme in Trias und Jura, Rudisten- geologischen Vergangenheit für das Riffwachstum wichtig
Muscheln in der Kreide sowie Korallen und Corallinaceen waren:
in der Gegenwart. Bei den riffbildenden Organismen un-
terscheidet man Gerüstbildner (z. B. Korallen), Gerüst- hohe Wassertemperatur: optimales Wachstum bei 25 °C,
binder, die das Gerüst umkrusten und verstärken (z. B. geringe Wassertiefe: Hauptwachstum bis <10 m,
Kalkalgen und Bryozoen), und Riffbewohner (z. B. Bohr- geringe Toleranzbreite für die Salinität und
muscheln, Algen, Echinodermen und Raubfische). Wich- Begünstigung des Riffwachstums durch intensive
tige Rifftypen sind die kleinen, rundlichen Kuppenriffe Wellentätigkeit und fehlende Zufuhr von terrigenen
(engl. patch reef), die konischen Säulenriffe (engl. pinnacle Silt- und Tonpartikeln (z. B. Tucker 1985).
25.3 · Chemische und biochemische Karbonatsedimente und -sedimentgesteine 403
Abb. 25.20. Die wichtigsten marinen Bildungsbereiche von Karbonatsedimenten und ihre charakteristische Faziesausbildung. (Nach Tucker 1985)
404 25 · Sedimente und Sedimentgesteine
Abb. 25.21.
Alte Mainbrücke in Würzburg;
einer der frühesten steinernen
Brückenbauten in Mitteleuropa.
Von der ersten Steinbrücke ste-
hen noch die aus mächtigen
Blöcken von Quaderkalk, einem
Biosparit des Oberen Muschel-
kalks, erbauten Fundamente.
Nach Zerstörung dieser Brücke
durch Hochwasser erfolgte zwi-
schen 1473 und 1543 der Neu-
bau, zu dem deutlich kleinere
Blöcke von Quaderkalk ver-
wendet wurden, die ausweislich
der Würzburger Ratsprotokolle
(Sprandel 2003) aus einem Stein-
bruch am Bronnberg südlich
Würzburg stammen. Die ba-
rocken Brückenheiligen wurden
aus hellgrauem Keuper-Sand-
stein gearbeitet. (Foto: Eckart
Amelingmeier)
Abb. 25.22. Eh-pH-Diagramm für die Stabilitätsfelder von Fe2+- und Fe3+-Ionen in Lösung sowie für die Minerale Hämatit, Magnetit, Pyrit
und Siderit. Das Feld der gewöhnlichen Eh-pH-Bedingungen im oberflächennahen Milieu ist farbig hinterlegt. Gesamtaktivität des gelösten
Karbonats 1-molar, des gelösten S 10–6-molar, des gelösten Fe 10–6-molar. (Nach Garrels u. Christ 1965, aus Krauskopf 1979). b Stabilitätsfelder
von FeS2, FeS, Fe-Silikaten und Fe2O3 im Diagramm Eh vs. dem Logarithmus der Aktivität der im Porenwasser gelösten HS–-Ionen bei der
Diagenese bei mittleren pH-Werten. Aus einer Lösung mit hoher bis mittlerer HS–-Aktivität (z. B. der Zusammensetzung A) scheiden sich
FeS2-Minerale (Pyrit oder Markasit) aus, während die Bildung von Fe-Silikaten (z. B. Chamosit) nur bei sehr geringer HS–-Aktivität (z. B.
Lösung B) möglich ist. (Aus Taylor u. Macquaker 2011)
gelösten HS–-Ionen bei der Diagenese veranschaulicht Sobald das Flusswasser das Meer erreicht, flocken die
werden (Abb. 25.22b). Man erkennt, dass sich FeS2-Mine- eisenhaltigen Kolloide durch den hohen Elektrolytgehalt
rale (Pyrit oder Markasit) in einem breiten Stabilitäts- des Meerwassers noch im Schelfbereich aus. Die Aus-
bereich bei relativ niedrigen Eh-Werten und hohen bis scheidung erfolgt vor allem in Abhängigkeit vom dort
mittleren HS–-Aktivitäten bilden können, während die herrschenden Redoxpotential als Hydroxid (Goethit),
Ausscheidung von Fe-Silikaten (z. B. Chamosit) nur bei Karbonat (Siderit), Silikat (Chamosit u. a.) oder auch als
deutlich niedrigeren HS–-Aktivitäten möglich ist. Bei Sulfid (Pyrit). Die Flocken setzen sich häufig an die im
Eh-Werten von größer ca. –0,28 bis –0,25 Volt nimmt Fe2O3 Wasser des Küstenbereichs aufgewirbelten Mineral-
(in Form von Hämatit oder Fe-Hydroxiden) ein breites fragmente an. Durch weitere Anlagerung von Flocken an
Stabilitätsfeld ein (Taylor u. Macquaker 2011). Eigen- und Fremdkerne kommt es zu einer konzentri-
Im Grundwasser ist der Fe-Gehalt normalerweise schen Umschalung. Bei einer gewissen Größe können sich
recht gering; bei Sauerstoffunterschuss ist Fe2+ in Form diese Ooide, die wir schon bei den marinen Kalksteinen
von Ferrosalzen gelöst, am häufigsten als Karbonat, beschrieben hatten, nicht mehr im Wasser schwebend
Chlorid oder Sulfat. Im gut durchlüfteten Oberflächen- halten und sinken zu Boden. Dabei entstehen eisenreiche
wasser neigen derartige Lösungen durch den vorhandenen oolithische Sedimente. Das Gefüge dieser Oolithe lässt
Sauerstoff zu Hydrolyse und Oxidation dieser Salze unter erkennen, dass die Ooide wie bei den oolithischen Kalk-
Bildung von Fe(OH)3, wobei ein Teil davon in die kolloi- steinen zerbrochen sind; bisweilen weisen die Oolithe
dale Form übergeht. Eine relativ bescheidene Menge des Trümmererzstrukturen auf. Bei genügender Konzentra-
Eisens wird als Fe3+-Oxid-Hydrosol durch das Flusswasser tion von Fe kommt es zur Bildung von marin-sedimen-
transportiert. Das ist auf längere Strecken hin nur möglich, tären oolithischen Eisenerzen.
wenn eine Stabilisierung durch kolloidale organische Sub- Unsere jetzigen Flüsse führen meist nur sehr geringe
stanz, sog. Schutzkolloide, erfolgt. Diese Kolloide besit- Mengen an Fe, und auch der Fe-Gehalt des heutigen Oze-
zen positive Ladungen und werden so über weite Entfer- anwassers ist extrem gering, so im offenen Meer 1 mg/m3
nungen hin transportiert, ohne ausgefällt zu werden. Vor- Wasser. In der geologischen Vergangenheit müssen da-
aussetzung ist, dass die Konzentration an Elektrolyten her bei der Bildung der bedeutenden sedimentären Fe-
niedrig bleibt und dass negativ geladene Kolloide nicht Lagerstätten in den festländischen Liefergebieten beson-
in größerer Menge in das Flusswasser gelangen. Ande- dere, Fe-anreichernde Verwitterungsprozesse geherrscht
renfalls käme es unterwegs zur Ausfällung des Eisens. haben, wie sie in der Jetztzeit nirgends auf der Erde beo-
406 25 · Sedimente und Sedimentgesteine
bachtet werden. Alternativ kann man annehmen, dass Fe- von >3,8 bis 1,9 Ga, d. h. vom frühen Archaikum bis ins
reiche Lösungen durch submarin-vulkanische Exhalati- späte Paläoproterozoikum, als mindestens 1014–1015 t Fe
onen zugeführt wurden. abgelagert wurden (Gross 1991). Ausgeprägte Höhepunk-
In Binnenseen, Sümpfen und Mooren, wo es an stabi- te der BIF-Sedimentation vor ca. 3,0, 2,7, 2,4 und 1,9 Ga
lisierenden organischen Kolloiden nicht mangelt und sind an Phasen starker vulkanischer Aktivität geknüpft
dazu die Konzentration an Elektrolyten zu gering ist, um (Islay u. Abbot 1999). Kennzeichnet für die BIF ist eine
eisenhaltige Kolloide auszufällen, erfolgt die Ausfällung Feinschichtung, bedingt durch einen Lagenwechsel aus
des Eisens ausschließlich durch Bakterien und Pflanzen. Eisenerz, Hornstein (Chert, Jaspis) und Tigerauge, einem
Das Fe 3+-Oxid-Hydrosol wird reduziert und Siderit verkieselter Amphibolasbest (Krokydolith), bei dem Fe2+
scheidet sich aus. Für die Bildung einer terrestrischen zu Fe3+ oxidiert ist (Abb. 25.23); die 0,5–3 cm mächtigen
Eisenerzlagerstätte ist Voraussetzung, dass die Zufuhr an Schichten sind in sich noch einmal im Millimeter- oder
klastischem Material gering bleibt. Zehntelmillimeter-Bereich feinlaminiert. Allerdings sind
die ursprünglichen Sedimentstrukturen häufig durch –
25.4.2 z. T. hochgradige – metamorphe Überprägung weitge-
Sedimentäre Eisenerze hend unkenntlich geworden. Es unterliegt keinem Zwei-
fel, dass die BIF durch chemische oder biochemische
Die sedimentären Eisenerze und die eisenreichen Sedi- Ausfällung entstanden sind, z. B. unter Mitwirkung von
mentgesteine können in folgende Hauptgruppen aufge- Organismen wie Blaugrün-Algen, Pilzen oder Bakteri-
gliedert werden (James 1954; Evans 1993): en. Dabei erfolgte der Transport des Eisens in Form von
gelösten Fe2+-Ionen unter anoxischen Bedingungen, d. h.
gebänderte Eisenformationen (Banded Iron Forma- bei relativ niedrigem Eh (Abb. 25.22a). Die Hauptmenge
tions, BIF), der erforderlichen Fe2+-Ionen stammt wahrscheinlich aus
phanerozoische Eisensteine (Phanerozoic ironstones), submarinen vulkanischen Exhalationen; jedoch dürfte
terrestrische Eisenerze. auch ein beachtlicher Anteil des Fe2+ von den benachbar-
ten Landmassen herantransportiert oder durch dia-
Gebänderte Eisenformationen (Banded Iron Formations, BIF) genetische Prozesse angereichert worden sein (Poulton
u. Canfield 2011).
Gebänderte Eisensteine stellen die größten Eisenreserven Im Zeitraum vom späten Paläoproterozoikum bis ins
der Erde dar und sind daher von überragender wirtschaft- späte Neoproterozoikum waren in den Ozeanen immer
licher Bedeutung. Neben der heute international akzep- wieder euxinische, d. h. stark Sauerstoff-untersättigte
tierten Bezeichnung BIF gibt es noch regionale Namen Bedingungen realisiert, unter denen das Fe2+ in Form von
wie Itabirit (nach Itabira in Brasilien), Jaspilit, Hämatit- Pyrit ausgefällt wurde. Zu einer begrenzten Bildung von BIF-
quarzit, Spekularit oder Taconit (in den USA). Die sedi- Lagerstätten kam es jedoch im Zusammenhang mit den
mentäre Bildung der BIF erfolgte zu 90 % im Zeitraum neoproterozoischen Vereisungen (Poulton u. Canfield 2011).
Abb. 25.23.
Eisenerz der Banded Iron For-
mation (BIF) vom Superior-
Typ. Man erkennt eine verfaltete
Wechsellagerung von Hämatit
(hell- bis dunkelblau), Tigerauge
(gelb) und rotem Jaspis. Hamers-
ley Range, Australien. Bildbreite
ca. 15 cm. Mineralogische Muse-
um der Universität Würzburg.
(Foto: K.-P. Kelber)
25.4 · Eisen- und Mangan-reiche Sedimente und Sedimentgesteine 407
Nach der Art der Erzminerale können vier Faziestypen Oolithische Hämatit-Chamosit-Siderit-Erze vom
unterschieden werden: Clinton-Typ, benannt nach der Lagerstätte Clinton in
Alabama (USA) mit Durchschnittsgehalten von ca.
Oxidfazies, die wichtigste BIF-Fazies: Hämatit und/ 40–50 % Fe, besitzen meist altpaläozoisches Alter. Ein
oder Magnetit, wirtschaftlich wichtiges Beispiel ist die Lagerstätte
Karbonatfazies: Siderit, Wabana in Neufundland (Kanada). Kleinere Vorkom-
Silikatfazies: Fe-reiche Schichtsilikate wie Greenalith men von oolithischen Chamosit-Thuringit-Erzen im
(S. 176), Chamosit (S. 175), Glaukonit (S. 385), Minne- Ordovizium Thüringens sind heute ohne Bedeutung.
sotait (ein Fe-reicher Talk) und Stilpnomelan (S. 420), Eisenerze vom Minette-Typ bestehen meist aus Side-
der möglicherweise bereits eine metamorphe Bildung ist, rit, Chamosit, Hämatit und Limonit; sie sind über-
Sulfidfazies: Pyrit. wiegend oolitisch ausgebildet. Bei den Minette-Erzen
aus dem Dogger von Mittelengland, Lothringen,
Die BIF lassen sich in zwei Haupttypen unterteilen: Luxemburg sowie bei den gleich alten, heute nicht
mehr abgebauten Oolitherzen in Baden, Württem-
Superior-Typ. BIF vom Superior-Typ wechsellagern mit berg und Franken bestehen die Ooide aus Limonit,
Quarziten, schwarzen Mergeltonen und anderen Sedi- die Grundmasse aus Calcit, Siderit oder Chamosit.
menten, die im flachen Seewasser von Kontinental- Diese Erze führen durchschnittlich 30 % Fe, meist
schelfen, abgeschnürten Meeresbecken, vorrückenden >20 % SiO2 und 5–20 % CaO; die hohen Karbonat-
Küstenlinien oder intrakratonischen Becken abgelagert gehalte gestatten häufig die Verhüttung ohne Zusatz
wurden; eine direkte Verknüpfung mit Vulkaniten ist von Flussmitteln.
nicht erkennbar. Die Erze liegen meist in Oxid-, Karbo-
nat- und Silikat-Fazies vor. Wichtige Lagerstätten dieses Die ehemals wichtigste Fe-Lagerstätte Deutschlands
Typs befinden sich in der namengebenden Lake-Superi- mit Vorräten von bis zu 4 000 Mio. t Erz liegt im Salzgit-
or-Provinz Nordamerikas, wo sie sog. Ranges bilden, ins- ter-Distrikt im nördlichen Harzvorland. Sie umfasst oo-
besondere die Cuyuna-, Mesabi- und Vermillion-Range lithische Eisenerze von Lias-, Malm- und Kreide-Alter
(Minnesota), die Penokee-Gogebic-Range (Wisconsin- sowie Trümmereisenerze der Kreide. Diese bestehen aus
Michigan), die Marquette- und Menominie-Range (Mi- Brandungsgeröllen von Toneisenstein aus dem Lias und
chigan) sowie die Gunflint-Range, der Steep-Rock-Dis- dem Dogger, die in synsedimentär absinkenden, durch
trikt und der Michipicoten-Distrikt (Ontario, Kanada). Salztektonik angelegten Senken zusammen geschwemmt
Von ihnen ist die Mesabi-Range am produktivsten. Wei- und zu Limonit oxidiert wurden. Zusätzlich kam es zur
tere weltwirtschaftlich wichtige BIF-Lagerstätten dieses marinen Ausscheidung von limonitischen Ooiden. Die
Typs befinden sich im Labrador-Trog (Kanada), bei Matrix zwischen den Trümmern und Ooiden ist wech-
Krivoj Rog und Kursk in der Ukraine, im Bihar-Orissa- selnd tonig, mergelig, kalkig, ankeritisch oder sideritisch.
Gebiet (Indien), in der Hamersley Range (West-Australien; Insgesamt wurden 340 Mio. t Eisenerz gewonnen und im
Abb. 25.23) sowie in Minas Gerais (Brasilien). Stahlwerk Salzgitter verhüttet. Der letzte Untertage-Ab-
bau dieses Distrikts, der Schacht Konrad, wird als End-
Algoma-Typ. BIF vom Algoma-Typ liegen in der Oxid-, lager für schwach radioaktive Abfälle offen gehalten.
Karbonat- und Sulfid-Fazies vor. Sie sind häufig an ar-
chaische Grünstein-Gürtel gebunden, treten aber auch in Terrestrische Eisenerze
jüngeren Formationen auf. Charakteristisch ist die Wech-
sellagerung mit Grauwacken-Vulkanit-Assoziationen, was Eisenerze terrestrischer Entstehung waren in früheren
häufig als Indiz für eine vulkanisch-exhalative Bildung Zeiten z. T. von Bedeutung für die lokale Fe-Gewinnung,
angesehen wird. Wichtige Lagerstätten dieses Typs liegen sind aber heute wirtschaftlich uninteressant. Hierzu
im archaischen Abitibi-Grünstein-Gürtel am Kirkland gehören:
Lake und bei Temagami (Ontario), in der Vermillion-Ran-
ge (Minnesota), im Yilgarn-Block und Pilbara-Distrikt Sideritische Kohleneisensteine (blackbands) und Ton-
(West-Australien), in Liberia und Guayana (Westafrika) eisensteine (claybands). Beide bestehen aus Siderit,
sowie in Simbabwe und Transvaal (südliches Afrika). kohliger Substanz und pelitischem Detritus und tre-
ten zusammen mit Kohlenablagerungen auf.
Phanerozoische Eisensteine (Phanerozoic ironstones) See- und Sumpferze (Raseneisenerz) bestehen aus Li-
monit, der sich noch unter rezenten Bedingungen in
Diese im Flachseebereich abgelagerten Eisenerze waren Binnenseen und Sümpfen v. a. in nördlicheren Brei-
früher von großer wirtschaftliche Bedeutung, die jedoch ten ausscheidet. Raseneisenerz bildet erdige, oft mit
kontinuierlich zurückgeht. Es lassen sich zwei verschie- Sandkörnern verkrustete Lagen innerhalb oder ober-
dene Typen unterscheiden: halb von Torflagern.
408 25 · Sedimente und Sedimentgesteine
Abb. 25.24.
Manganknollen vom Boden des
Pazifischen Ozeans, ca. 1 575 km
südöstlich Hawaii, Wassertiefe
5 200 m. Mineralogisches Muse-
um der Universität Würzburg.
(Foto: K.-P. Kelber)
25.5 · Kieselige Sedimente und Sedimentgesteine 409
Zusammentreffen von gelöstem Mn2+ mit dem relativ Im SiO2-Kreislauf des Ozeans ist die Kieselsäure bio-
hohen Sauerstoffgehalt des kalten Tiefenwassers als Gel gener Herkunft. Organismen wie Radiolarien, Diatomeen
ausgeflockt worden und bestehen so hauptsächlich aus oder Kieselschwämme nehmen SiO2 auf und verwenden
einer röntgenamorphen Substanz. Hauptmetalle sind Mn es für den Aufbau ihrer Skelettsubstanz, die aus Opal
und Fe. Erst durch spätere diagenetische Vorgänge sind besteht. Ihre Gerüste sind so verbreitete Bestandteile der
kristallisierte, wasserhaltige Oxide und Hydroxide kom- kieseligen Sedimente, die rezent als Diatomeen- bzw.
plexer Zusammensetzung entstanden, insbesondere Radiolarien-Schlicke vorliegen. Im Süßwasser setzt sich
Todorokit, Birnessit und Vernadit (S. 112). Die Knollen die poröse Diatomeen-Erde ab, die auch als Kieselgur
enthalten weitere Schwermetalle in auffallend hohen, je- bezeichnet wird. Auch hier bestehen die Diatomeen-Ge-
doch unterschiedlichen Konzentrationen, so insbeson- rüste aus Opal. Je nach ihrem Verfestigungsgrad werden
dere Ni, Cu und Co. Diese Buntmetalle sind adsorptiv diese biogen-kieseligen Sedimente auch als Polierschiefer
angelagert. Die Knollen aus dem Knollengürtel des nörd- oder Tripel bezeichnet. In diesen Lockersedimenten liegt
lichen Pazifiks enthalten im Mittel 27,0 % Mn, 1,3 % Ni, SiO2 als röntgenamorpher Opal-A vor. Bei der diagene-
1,2 % Cu und 0,2 % Co. Aus dem konzentrisch-schaligen tischen Verfestigung kommt es durch Auflösungs- und
Aufbau der Knollen wird geschlossen, dass sie auf dem Rekristallisationsprozesse zur Bildung von Pozellanit,
Ozeanboden über geologische Zeiträume hinweg ge- bestehend aus kristallinem, aber stark fehlgeordnetem
wachsen sind, und zwar um etwa 1 mm/ 106 Jahre. Ihre Opal-CT, und schließlich von Hornstein (Chert) beste-
Metallgehalte werden aus kontinentalem Verwitterungs- hend aus Chalcedon bzw. Quarz.
material und/oder submarinen vulkanischen Exhalatio- Dementsprechend sind in den kieseligen Sediment-
nen abgeleitet. gesteinen älterer Formationen gewöhnlich nur die grob-
schaligen Radiolarien reliktisch erhalten geblieben, so
25.5 im Radiolarit. Sie erscheinen unter dem Mikroskop in 25.5
Kieselige Sedimente und Sedimentgesteine veränderter Form als Chalcedon-Sphärolithe. Radiolarite
sind dichte, scharfkantig brechende Gesteine mit mu-
Solche Sedimentbildungen bestehen aus nichtdetriti- scheligem Bruch. Die meisten Radiolarite sind durch ein
schen SiO2-Mineralen wie Opal, Chalcedon, Jaspis oder Fe-Oxid-Pigment, das sich zwischen faserigem Chalce-
makrokristallinem Quarz. Fallweise kann die kieselige don befindet, bräunlich gefärbt. Zu den Radiolariten ge-
Mineralsubstanz anorganisch und/oder biogen ausgefällt hören auch die Lydite (Kieselschiefer), die meist durch
sein. Die Mineralumbildung bei der folgenden Diagene- ein kohliges Pigment schwarz gefärbt sind. In ihnen sind
se führt von instabilem biogenem Opal über fehl- die ehemaligen Radiolaritengerüste fast immer vollstän-
geordneten Tief-Cristobalit/-Tridymit zu stabilem Tief- dig zerstört.
Quarz. Auf diese Weise haben sich z. B. viele jetzt aus Auch Kieselschwämme liefern die Substanz für kiese-
Quarz bestehende Hornsteine umgebildet. lige Sedimentabscheidungen. So gehen die knollenför-
Für die Auflösung und Abscheidung von SiO 2 aus migen Hornstein-Konkretionen (Flint, Feuerstein) inner-
wässriger Lösung ist die Kenntnis seiner Löslichkeit in halb der oberen Kreideformation auf diagenetisch mo-
Abhängigkeit von Temperatur und pH-Wert der Lösung bilisierte Kieselsäure aus ehemaligen Kieselschwämmen
von großer Bedeutung. Dabei haben die kristallinen For- zurück. Die Hornsteine bestehen überwiegend aus Chal-
men des SiO2, so Quarz, Tridymit oder Cristobalit, eine cedon, d. h. sehr feinkörnigen (<30 μm), verzahnten
viel geringere Löslichkeit als die amorphen Formen wie Quarz-Kriställchen, und können amorphe Opal-Substanz
Opal. Mit zunehmender Temperatur zwischen 0 und enthalten.
200 °C nimmt die Löslichkeit von SiO2 stetig linear zu.
Bis zu einem pH-Wert von etwa 9 ist Kieselsäure als Technische Verwendung der Diatomeenerde (Kieselgur)
Si(OH)4-Molekül relativ schwach löslich, wobei ihre Lös-
lichkeit innerhalb dieses pH-Bereichs etwa in gleicher Die Eigenschaften der Diatomeenerde, ihr enorm gro-
Höhe bleibt (Abb. 24.2, S. 374). Bei höherem pH steigt ßes Adsorptionsvermögen und die geringe Leitfähigkeit
die Löslichkeit durch Ionisierung des Si(OH)4 sehr stark von Wärme und Schall, machen sie zu einem wertvollen
an, etwa auf das 30 bis 50fache. technischen Rohstoff. So findet das weiche, im trockenen
Zustand leichte und sich filzig anfühlende Gestein Ver-
Ausscheidung und Diagenese kieseliger Sedimente wendung als Absorbens, Zünd- und Sprengstoffzusatz
(Dynamit), Isolations- und Filtriermaterial, z. B. zur Rei-
Flusswasser enthält SiO2 in echter Lösung, jedoch nur in nigung von Ölen oder Getränken wie Bier. Vorkommen
außerordentlich geringen Gehalten. Ebenso ist der SiO2- von Diatomeen-Erde werden vielerorts im Tagebau ge-
Gehalt des Meerwassers nur sehr klein. Deshalb tritt eine wonnen. Innerhalb der Bundesrepublik gibt es die meis-
Ausfällung oder Ausflockung nicht ein. ten Vorkommen in der Lüneburger Heide.
410 25 · Sedimente und Sedimentgesteine
Salzsümpfe und Salzpfannen (Playas) Tabelle 25.4. Hauptbestandteile des Meerwassers bei 35 ‰ Salz-
gehalt. (Aus Correns 1968)
In Salzsümpfen scheidet sich das Salz in oder auf erdi-
gem Schlamm aus, der von konzentrierter Salzlösung
oder festem Salz durchsetzt wird. Salzpfannen weisen
sporadische Wasserbecken zwischen ausgetrockneten
Flächen auf, die gewöhnlich von einer Salzkruste bedeckt
sind. Bekannte Beispiele sind die Schotts am Nordrand
der Sahara in Algerien und Tunesien und die Makarikari-
Salzpfanne in Botswana. Salzpfannen können zum Innern
hin in Salzseen übergehen oder sich in bei starken Nie-
412 25 · Sedimente und Sedimentgesteine
rungs- und Auflösungsprozessen auf dem Kontinent, Voraussetzungen für die Entstehung mariner Evaporite
während die Anionen Cl–, SO42– und HCO3– wesentlich auf
Entgasungsprozesse der tieferen Gesteinszonen der Erd- Die natürliche Konzentration von Salzen im Meerwasser
kruste und des Erdmantels zurückgeführt werden. bis hin zur Übersättigung ist unter folgenden Vorausset-
Leichtlösliche Salzminerale können sich nur ausschei- zungen möglich: In einem Meeresbecken, das durch eine
den, wenn die Konzentration der chemischen Haupt- Schwellenzone oder eine Meerenge weitgehend vom of-
komponenten des Meerwassers durch Verdunstungs- fenen Meer abgeschnürt ist, muss ein kontinuierlicher
vorgänge sehr stark erhöht ist, d. h. Übersättigung ein- oberflächlicher Nachfluss von Meerwasser gewährleistet
tritt. Ehe z. B. die Abscheidung von K-Mg-Salzen ein- sein, ein Rückfluss der konzentrierten Lösung jedoch ver-
setzen kann, muss die Wassermenge auf etwa È der ur- hindert werden. Über die Schwellenzone strömt Meerwas-
sprünglichen Menge eingeengt sein. Derartige Bedin- ser in dem Maß nach, wie es im anschließenden Becken
gungen sind in der Natur nur relativ selten verwirklicht verdunstet. Zudem darf durch besondere klimatische Be-
(s. unten). Die Ausscheidungsfolge der verschiedenen dingungen die Menge des verdunsteten Beckenwassers
leichtlöslichen Salzminerale im komplexen Mehrstoff- nicht durch Zuführung von Flusswasser oder durch Nie-
system Meerwasser hängt neben der Temperatur insbe- derschläge kompensiert werden. Damit können sich in
sondere von den Konzentrationsverhältnissen in der einem flachen Meeresbecken aus einer gut durchwärm-
Lösung ab, wobei neben stabilen auch metastabile Gleich- ten Lösung gewaltige Salzmächtigkeiten von einigen
gewichte eine wichtige Rolle spielen (z. B. Braitsch 1971). 100 m ausscheiden, wozu bei einem einmaligen Ein-
Zudem werden die früher ausgeschiedenen Salzminerale dunstungsvorgang eine Meerestiefe von mehreren Kilo-
im Zuge diagenetischer oder metamorpher Umwand- metern nötig wäre. Dieses Modell eines Salzablagerungs-
lungsvorgänge häufig durch jüngere Mineralphasen ver- beckens wurde bereits durch Ochsenius (1877) unter Hin-
drängt, nicht selten unter Beteiligung hinzutretender weis auf die Vorgänge innerhalb der Karabugas-Bucht am
Restlaugen. Ostrand des Kaspischen Meers begründet. Seine sog.
Barrentheorie ist in ihren Grundzügen durch die neuere
Salzminerale und Salzgesteine Salzforschung immer wieder bestätigt worden.
In den Salzlagerstätten sind etwa 50 Haupt- und Neben- Primäre Kristallisation und Diagenese mariner Evaporite
minerale nachgewiesen worden, von denen in Tabel-
le 25.5 die allerwichtigsten aufgeführt sind. (Bischofit Die primäre Kristallisation der marinen Evaporite erfolgt
kommt in den marinen Salzlagerstätten außerordentlich bei zunehmender Einengung der Meereslauge in folgen-
selten vor.) der Reihenfolge: Zuerst kristallisieren die relativ schwer-
Salzgesteine unterscheiden sich durch ihre große löslichen Ca- und Ca-Mg-Karbonate Aragonit, Calcit und
Wasserlöslichkeit, durch ihre hohe Plastizität und ihre Dolomit aus. Die Ausscheidung von Gips beginnt erst,
relativ geringe Dichte von den übrigen Sedimenten und wenn rund 70 % des Meerwassers verdunstet sind.
Sedimentgesteinen. Die wichtigsten Typen sind: Danach folgen Halit bei rund 89 % und schließlich die
Kalisalze Kainit, Carnallit, Sylvin und viele andere. Aus
Halitit ist ein nahezu monomineralisches Salzgestein
aus Halit (Steinsalz). Es bildet sehr mächtige Lager. Tabelle 25.5. Die wichtigsten Minerale der marinen Evaporite
Durch tonig-sulfatische Zwischenlagen kommt eine
rhythmische Schichtung zustande.
Sylvinit, das kalireichste Gestein, besitzt als Haupt-
gemengteil Sylvin neben Halit. Meist ist eine Schich-
tung durch Wechsellagerung der beiden Minerale er-
kennbar.
Carnallitit besteht vorwiegend aus Carnallit und Halit.
Hartsalze sind Kalisalze mit zusätzlichen Sulfat-Ge-
halten:
kieseritisches Hartsalz: es besteht aus Kieserit + Sylvin
+ Halit,
anhydritisches Hartsalz: es besteht aus Anhydrit + Sylvin
+ Halit ± Kieserit.
Die Ausscheidungsfolge mariner Evaporite kann in Abb. 25.25. Das System Na–K–MgSO4–Cl–H2O bei 25 °C und 1 bar.
erster Näherung im Modellsystem Na-K-Ca-Mg-SO4-Cl- a Stabile Gleichgewichte, b metastabile Gleichgewichte. (Aus Holser 1981)
H2O modelliert werden. Wenn man davon ausgeht, dass
Ca-Sulfat schon sehr früh kristallisiert und NaCl stets im Der nach dem Gips auskristallisierende Halit erfährt in
Überschuss vorhanden ist, so lassen sich die Verhältnisse den Salzgesteinen keine Umwandlung, wohl aber ein Teil
im Konzentrationsdreieck K2–Mg–SO4 darstellen. Wir be- der primär ausgeschiedenen K-Mg-Verbindungen, wobei
trachten zunächst die stabilen Gleichgewichte bei Atmo- Übersättigung in den konzentrierten Salzlaugen häufig zur
sphärendruck = 1 bar und Zimmertemperatur = 25 °C metastabilen Salzausscheidung führt. Erfolgen die Um-
(Abb. 25.25a). Nach Ausscheidung von Ca-Sulfat ist das wandlungen in stabile Mineralassoziationen geologisch
Mol-Verhältnis Mg:K2 :SO4 = 70:7: 23. Aus einer solchen frühzeitig, werden sie noch der Diagenese zugerechnet,
Lösung sollte sich zunächst Blödit Na2Mg[SO4]2 · 4H2O weil sie bei gleichen Temperaturen stattfinden wie die
ausscheiden, gefolgt von Epsomit. Mit weiterer Konzent- Ausscheidung der primären Salzminerale (Braitsch 1971).
ration der Salzlauge folgt deren Zusammensetzung dem
farbig gezeichneten Kristallisationspfad, und durch Re- Metamorphose mariner Evaporite
aktion mit den bereits ausgeschiedenen Phasen würden
sich nacheinander Kainit, Kieserit und Carnallit bilden. Der Viele Salzminerale reagieren empfindlich auf die nachträg-
letzte Tropfen Lauge würde schließlich mit Kieserit, Carnallit liche Einwirkung von Lösungen, auf Temperaturerhöhung
und Bischofit koexistieren. Bei dieser theoretischen Kris- oder mechanische Beanspruchung, wobei es zu Mineral-
tallisationsabfolge wird das Stabilitätsfeld von Sylvin nicht reaktionen, Stofftransporten und Änderungen in der Ele-
erreicht, obwohl er das wichtigste Kalisalz-Mineral in der mentverteilung zwischen koexistierenden Salzmineralen
Natur ist. Diese Diskrepanz könnte gelöst werden, wenn man kommt. Nach Borchert u. Muir (1964) sind somit alle Krite-
annimmt, dass die Bildung von komplexen K-Mg-Salzen rien für eine Gesteinsmetamorphose gegeben. Nur sind bei
wie Kainit kinetisch gehemmt ist. Dadurch würden sich die der Salzmetamorphose die Temperaturen viel niedriger als
Stabilitätsfelder von Sylvin und Carnallit metastabil erwei- bei der Metamorphose von Silikatgesteinen.
tern, während das Kieserit-Feld verschwinden würde, und Bei den Salzgesteinen unterscheidet man gewöhnlich
es käme zu einer frühen Sylvin-Kristallisation (Abb. 25.25b). drei verschiedene Arten von Metamorphose, je nachdem,
Am Anfang der Meerwassereindunstung folgt, wie oben ob Lösungseinwirkung, Temperatur oder mechanische
hervorgehoben wurde, auf die Karbonatausscheidung die Beanspruchung dominieren. Da Salzminerale wie Car-
Kristallisation von Gips. In der Folge der Salzlagerstätten nallit, Sylvin oder Halit extrem wasserlöslich sind, spielt
der geologischen Vergangenheit befindet sich jedoch über die Lösungsmetamorphose die Hauptrolle; sie wurde in
den Karbonaten meist ein mächtiges Lager von Anhydrit. allen deutschen Kalisalzlagerstätten des Zechsteins fest-
Diese Diskrepanz führte zu einer anhaltenden Diskussion gestellt. Hierbei ist die inkongruente Carnallit-Zersetzung
um die primäre Ausscheidung des Anhydrits aus dem Meer- unter Neubildung von Sylvin nach der Reaktion
wasser. Wir wissen heute, dass sich wegen seiner begüns-
tigten Keimbildung zunächst Gips als metastabile Phase
(25.4)
ausgeschieden hat, der sich während der Diagenese in den
stabilen Anhydrit umwandelte. Dieser Vorgang wurde durch
die Erhöhung von Temperatur und Belastungsdruck durch wichtig. Dabei wird kieserithaltiger Carnallitit durch unge-
das auflagernde Deckgebirge begünstigt. sättigte Salzlösungen in kieseritisches Hartsalz umgewandelt:
414 25 · Sedimente und Sedimentgesteine
Carnallit + Kieserit + Halit + NaCl-Lösung Salzdiapire und ihr unmittelbares Nebengestein bie-
kieseritischer Carnallitit
ten hervorragende Erdöl- und Erdgas-Fallen. Hierzu ge-
hören besonders die porösen Gesteine des Gipshutes, die
→ Kieserit + Sylvin + Halit + MgCl2-Lösung aufgewölbten Schichten im Hangenden und die hochge-
(25.5)
kieseritisches Hartsalz schleppten Nebengesteine an den Flanken von Salzstö-
cken. Solche Strukturen liefern wesentliche Anteile der
Die Bildung der Paragenese Kieserit–Sylvin erfordert Welterdölproduktion, so im Gebiet des Persischen Gol-
Temperaturen von >72 °C, während <72 °C an ihrer Stelle fes, im Golf von Mexiko, in Texas und Louisiana (USA), in
Kainit entsteht. Die NaCl-Lösungen sind auf Spalten Rumänien, in der Nordsee und – heute ohne Bedeutung –
eingedrungen, die MgCl2-Lösungen nach dem Umwand- in Norddeutschland. In tiefliegenden Kavernen von Salz-
lungsprozess in die Umgebung abgewandert. stöcken werden chemische und radioaktive Abfallstoffe
deponiert.
Salztektonik
Weiterführende Literatur
Wegen ihrer geringeren Dichte befinden sich Salzschich-
ten in einer instabilen Lagerung gegenüber den sie überde- Blatt H (1982) Sedimentary petrology. Freeman, San Francisco
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Salzgesteine steigen daher häufig in Form von Salzstöcken phism and deformation of evaporites. Van Nostrand, London
Braitsch O (1971) Salt deposits, their origin and composition. Sprin-
(Salzdiapiren) auf; dabei schleppen sie die jüngeren Schicht-
ger-Verlag, Berlin Heidelberg
folgen hoch, durchbrechen und überkippen diese, wobei die Burns RG (ed) (1981) Marine minerals, 2nd edn, Rev Mineral 6
Salzkörper intern deformiert werden (Salztektonik, Halo- Cathless LM III, Adams JJ (2005) Fluid flow and petroleum and
kinese). An der Oberfläche solcher Salzdiapire oder von mineral resources in the Upper (<20 km) Continental Crust. Econ
kuppelförmigen Salz-Aufwölbungen kommt es zu Lösungs- Geol 100th Anniversary Vol, pp 77–110
erscheinungen durch einwanderndes Grundwasser und zur Clout JMF, Simonson BM (2005) Precambrian iron formations and
iron-formation hosted iron ore deposits. Econ Geol 100th Anni-
Neubildung von Gips und Kainit in einem sog. Gips- bzw. versary Vol, pp 643–679
Kainit-Hut. Diese Vorgänge sollten nach Kühn (1979) nicht Engelbrecht JP, Derbyshire E (2010) Airborne mineral dust. Elements
zur Lösungsmetamorphose, sondern zu den Verwitterungs- 6:241–246
bildungen gerechnet werden. Engelhardt W von (1973) Sediment-Petrologie III. Die Bildung
von Sedimenten und Sedimentgesteinen. Schweizerbart, Stutt-
gart
Wirtschaftliche Bedeutung von marinen Evaporiten Evans AM (1993) Ore geology and industrial minerals, 3rd edn.
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Halit (Steinsalz) ist ein vielseitiger und wichtiger Rohstoff Flügel E (2010) Microfacies of carbonate rocks – Analysis, inter-
für die chemische Industrie, so für die gesamte Chlorchemie, pretation and application, 2nd edn. Springer-Verlag, Heidelberg
auf deren Basis Kunstfasern (Chemiefasern) gewonnen Dordrecht London New York
Friedman GM, Sanders JE (1978) Principles of sedimentology. Wiley
werden. Aus Halit werden weitere chemische Grundstoffe
& Sons, New York
erzeugt wie z. B. metallisches Natrium, Natronlauge Friedman GM, Sanders JE, Kopaska-Merkel DC (1992) Principles
NaOH, Chlorgas Cl2 und Salzsäure HCl. Auf diesen Basis- of sedimentary deposits: Stratigraphy and sedimentology.
verbindungen bauen wiederum zahlreiche großindustri- Macmillan, New York
elle Prozesse zur Herstellung von Waschmitteln, Textil- Frimmel H (2004) Archean atmospheric evolution: evidence from
fasern, Papier und Zellstoff auf. Daneben ist Halit für die the Witwatersrand gold fields, South Africa. Earth Sci Rev 70:
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menschliche Nahrung unverzichtbar; es findet in der Le- Frimmel H (2008) Earth’s continental crustal gold endowment. Earth
bensmittel-Industrie, aber auch als Streusalz Verwendung. Planet Sci Lett 267:45–55
Kalisalze sind wichtige Rohstoffe u. a. für die Erzeu- Füchtbauer H (1988) Sedimente und Sedimentgesteine, 4. Aufl.
gung verschiedener Düngemittel und in der chemischen Schweizerbart, Stuttgart
Industrie. Die bedeutendsten Förderländer für Kalisalze Füchtbauer H, Müller G (1970) Sediment-Petrologie II. Sedimente
und Sedimentgesteine. Schweizerbart, Stuttgart
sind derzeit Kanada, Russland und Deutschland, wo ins- Garnett RHT, Bassett NC (2005) Placer deposits. Econ Geol
besondere die auf dem Weltmarkt begünstigten Sulfat- 100th Anniversary Vol, pp 813–843
düngemittel hergestellt werden. Garrels RM, Christ CL (1965) Solutions, minerals and equilibria.
In großindustriellem Maßstab werden auch Anhydrit- Harper and Row, New York
und Gipsgesteine genützt, so für die Herstellung von Schwe- Gieré R, Querol X (2010) Solid particulate matter in the atmosphere.
Elements 6:215–222
felsäure und Ammoniumsulfat sowie als Rohstoff in der
Greensmith JT (1978) Petrology of sedimentary rocks, 6th edn. Al-
Zement- und Baustoffindustrie, z. B. zur Herstellung von len & Unwin, London
Gipskarton-Platten. Gips wird außerdem in der Keramik- Hitzman M, Kirkham R, Broughton D, Thorson J, Selley D (2005)
und Porzellanindustrie, in der Medizin und Dentalchemie The sediment-hosted stratiform copper ore systems. Econ Geol
sowie im Kunstgewerbe (Modellgips) verwendet. 100th Anniversary Vol, pp 609–642
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26
Metamorphe Gesteine
26.4
Das Gefüge der
metamorphen Gesteine
26.5
Bildung von Migmatiten
durch partielle Anatexis
26.6
Metasomatose
rückgehen, und dunklere Restgesteine (Restite); diese Bei der Abkühlung von Magmatitkörpern können deren eige-
meist unruhig texturierten Gesteine bezeichnet man als ne Restlösungen mit den magmatischen Mineralen reagieren,
wobei metamorphe Minerale gebildet werden. Auch diesen Vor-
Migmatite (Abschn. 26.5, S. 453ff).
gang der Autometamorphose bzw. Autometasomatose rechnet
man zur retrograden Metamorphose. Dabei bestehen häufig
Prograde und retrograde Metamorphose Überschneidungen mit hydrothermalen Prozessen und deren Mi-
neralbildungen.
Vielfach lassen Metamorphosevorgänge in ihrer zeitli-
chen und räumlichen Entwicklung einen prograden (auf- 26.1.2
steigenden) Charakter erkennen, der durch einen steti- Ausgangsmaterial metamorpher Gesteine
gen Anstieg der Temperatur bedingt ist; in manchen Fäl-
len wirkt sich auch ein starker Druckanstieg zusätzlich Nicht selten liefern metamorphe Gesteine Hinweise auf
oder sogar bestimmend aus. Unter günstigen Umstän- ihr vormetamorphes Ausgangsmaterial (Edukt, Protolith).
den kann man die Entwicklung der prograden Metamor- Wichtige Kriterien hierfür sind Gefügerelikte wie sedi-
phose innerhalb einer Gesteinsprobe anhand von Mine- mentäre Schichtung oder magmatisches Layering, Mine-
ralrelikten festmachen, die z. B. als Einschlüsse in Groß- ralrelikte wie ehemalige Pyroxen-Einsprenglinge sowie
kristallen (Porphyroblasten) von Granat oder Staurolith geochemische und isotopen-geochemische Charakteris-
erhalten sind. Nicht selten beobachtet man in der regio- tika. Das Ausgangsmaterial kann durch verschiedene Vor-
nalen Verteilung kritischer Mineralparagenesen einen silben gekennzeichnet werden (Tabelle 26.1):
zonalen Aufbau. Diese Mineralzonen zeigen eine syste- Bei der isochemischen Metamorphose spiegelt die che-
matische Zunahme der maximalen P-T-Bedingungen, die mische Zusammensetzung eines metamorphen Gesteins
beim Höhepunkt der prograden Metamorphose erreicht die des vormetamorphen Ausgangsmaterials wider. Dabei
wurden, sowie entsprechende Unterschiede in den geo- hat sich folgende Einteilung als nützlich erwiesen:
thermischen Gradienten an.
Bei der nachfolgenden Heraushebung und Abkühlung Metapelite.
des metamorphen Gesteinsverbandes werden die Mine- Ausgangsmaterial: pelitische, Al-reiche Sedimente wie
rale, die beim Höhepunkt der Metamorphose gebildet Tone und Tonsteine, Al-reiche Grau-
wurden, teilweise wieder abgebaut, wobei sich retrograde wacken.
Mineralphasen bilden. Weit verbreitet sind z. B. die Seri- Typische Minerale: Hellglimmer, Chlorit, Biotit, Granat,
citisierung von Plagioklas oder Andalusit, die Chloriti- Chloritoid, Staurolith, Cordierit,
sierung von Biotit oder Granat und die Pinitisierung von Kyanit, Sillimanit, Andalusit; Quarz
Cordierit. In manchen Fällen kommt es zu einer durch- ist immer vorhanden; Albit oder
greifenden retrograden Metamorphose (Diaphthorese), Plagioklas treten mengenmäßig zu-
bei der höhergradige Paragenesen mehr oder weniger rück; Kalifeldspat entsteht erst bei
vollständig in niedriggradige Paragenesen umgewandelt höherem Metamorphosegrad aus
werden. Allerdings verhindern die geringeren Tempera- Muscovit.
turen oft eine vollständige Gleichgewichtseinstellung, so
dass Mineralrelikte des höhergradigen Metamorphose- Quarz-Feldspat-reiche Metamorphite.
stadiums noch erhalten bleiben. Bei der retrograden Me- Ausgangsmaterial: Granite, Granodiorite, Tonalite,
tamorphose laufen meist Hydratisierungs- oder Karbona- Trondhjemite (Plagiogranite), Rhyo-
tisierungs-Reaktionen ab, die eine Zufuhr von H2O und/ lite, Ignimbrite, Arkosen, Al-arme
oder CO2 notwendig machen. Da der Fluidtransport durch Grauwacken, Sandsteine.
tektonische Bewegungshorizonte und Störungszonen be- Typische Minerale: Quarz, Kalifeldspat, Plagioklas,
günstigt wird, ist die Bildung von retrograden Metamor- Chlorit oder Biotit, z. T. Muscovit;
phiten häufig nur auf lokale tektonische Schwächezonen bei niedrigem Metamorphosegrad
beschränkt und klingt seitlich rasch ab. Albit + (Klino-)Zoisit anstelle von
Tabelle 26.1.
Vorsilben zur Kennzeichnung
vormetamorpher Ausgangs-
gesteine
420 26 · Metamorphe Gesteine
Metamorphe Ultramafitite.
Ausgangsmaterial: Peridotite, Pyroxenite, Serpentinite.
Typische Minerale: Serpentin-Minerale, Talk, Brucit,
Magnesit, Chlorit, Anthophyllit,
Cummingtonit, Olivin; bei hohem
Metamorphosegrad Orthopyroxen.
Inkohlung, den man ebenfalls als Metamorphose auffas- Dabei hängt die Temperatur des Schmelzbeginns vom
sen kann, erfolgt schon bei niedrigen Temperaturen Druck und der chemischen Zusammensetzung des me-
(Teichmüller, in Frey 1987). Beim Übergang Diagenese tamorphen Gesteins ab, die Menge der gebildeten Schmel-
→ Metamorphose beobachtet man insbesondere folgen- ze vom H2O-Gehalt im System (Abb. 20.5, 20.6, S. 317).
de Vorgänge (vgl. auch Frey u. Kisch, in Frey 1987): Die H2O-gesättigte Solidus-Kurve von Granit im System
Qz–Ab–Or–H2O verläuft durch die P-T-Kombinationen
Drastische Reduzierung der Porosität bis zum völli- 630 °C/ 10 kbar, 640 °C/ 6 kbar und 720 °C/ 1 kbar, wäh-
gen Verschwinden (von Engelhardt 1960). rend der Schmelzbeginn von Metamorphiten basaltischer
Bildung einer durchgreifenden Schieferung (oft trans- Zusammensetzung – im unteren bis mittleren Druck-
versal zur Schichtung), bedingt durch Parallel-Orientie- bereich – bei deutlich höheren Temperaturen, z. B.
rung von Schichtsilikaten. In diesem Sinne sind Tonschie- 740 °C/ 6 kbar und 950 °C/ 1 kbar liegt (Abb. 20.9, S. 320).
fer bereits als (anchi-)metamorphe Gesteine aufzufassen. Bei Erhöhung der Temperatur über die jeweilige Solidus-
Zunahme der Illit-Kristallinität (Abschn. 25.2.12, kurve steigt der Schmelzanteil in Abhängigkeit vom H2O-
S. 398) → Übergang von der stark fehlgeordneten Illit- Angebot, bis es zur Bildung intrusionsfähiger Magmen
Modifikation 1Md in den gut kristallisierten 2M 1- kommt. Im H2O-freien („trockenen“) System liegen die
Illit → Umwandlung von Illit in Muscovit (bzw. Sericit). Soliduskurven für Granite bei ca. 960 °C (2 kbar) und
Zunahme der Reflektivität von kohliger Substanz, z. B. 1 060 °C (10 kbar), für Basalte um ca. 100 °C höher. Als
Umwandlung Vitrinit → Graphit, der im Auflicht an maximale Metamorphosetemperaturen in „trockenen“
seiner starken Doppelbrechung erkennbar ist. granulitischen Gesteinen der unteren Erdkruste wurden
Neubildung von typisch metamorphen Mineralen wie 900–1 100 °C abgeschätzt.
Pyrophyllit, Ferrokarpholith (Fe,Mg)Al2[(OH)4/Si2O6],
Glaukophan, Lawsonit, Paragonit, Prehnit Ca2Al[(OH)2/ In der Erdkruste variiert die obere Temperatur-
AlSi3O10], Pumpellyit Ca2(Mg,Fe2+)(Al,Fe3+)2[(OH)2/ grenze der Metamorphose in Abhängigkeit von
H2O/SiO 4/Si2O7] oder Stilpnomelan ∼K(Fe2+,Mg)8 Druck, chemischer Zusammensetzung und H 2O-
[(OH)8/(Si,Al)12O28] · 2H2O. Gehalt in einem weiten Bereich zwischen etwa 630
und 1 100 °C. Der Übergang von der Gesteinsmeta-
Insgesamt unterscheidet sich die Metamorphose von morphose zum Magmatismus ist fließend. Noch
der Diagenese durch die weitgehende Annäherung der höhere Temperaturen muss man für Metamorphose-
Mineralgesellschaften an ein thermodynamisches vorgänge im Erdmantel annehmen.
Gleichgewicht (Lippmann 1977). Bei den niedrigen Tem-
peraturen der Diagenese reagieren die Silikat-Minerale
noch sehr träge, weil die kinetischen Hemmungen auf 26.1.4
dem Weg zum chemischen Gleichgewicht für die meis- Auslösende Faktoren der Gesteinsmetamorphose
ten Sedimentsysteme außerordentlich groß sind. So ent-
halten Gesteine, die durch Diagenese oder Anchimeta- Die Gesteinsmetamorphose ist meist eine Anpassung
morphose geprägt sind, oft mehr Minerale als nach der von Mineralbestand und Gefüge des Gesteins an ver-
Gibbs’schen Phasenregel im Gleichgewicht auftreten kön- änderte Temperatur- und/oder Druckbedingungen.
nen. Demgegenüber genügen Mineralparagenesen, die Dabei ist die Zuführung von thermischer Energie der
beim Höhepunkt der Metamorphose in typisch metamor- bei weitem wichtigere physikalische Faktor. Durch
phen Gesteinen gebildet werden, meist der Phasenregel. Wärmezufuhr kommt es zu Reaktionsvorgängen zwi-
schen den sich berührenden Mineralkörnern, weil die
Hochtemperaturbegrenzung meisten Mineralumwandlungen der Metamorphose
endotherm ablaufen.
Nach der oben gegebenen Definition schließen wir die
partielle Anatexis in den Prozess der Gesteinsmetamor- Herkunft der thermischen Energie
phose mit ein, solange sich das betreffende Gestein noch
überwiegend im festen Zustand befindet, d. h. bei Die für eine Temperatursteigerung notwendige thermi-
Schmelzanteilen von maximal 20–30 Vol.-%. Die ersten sche Energie kann aus einer zunehmenden Versenkung
anatektischen Schmelzen, die sich aus einem breiten stammen, wie sie z. B. Basalte einer subduzierten ozea-
Spektrum metamorpher Stoffbestände – z. B. metamor- nischen Kruste oder die Sedimentfolge in einem Akkre-
phe Granite, Granodiorite, Tonsteine, Grauwacken – bil- tionskeil erfahren. Der dabei erreichte Temperaturanstieg
den können, haben aplitgranitische Zusammensetzung. liegt allerdings nur in der Größenordnung von 10 °C/ km
Demgegenüber können aus Metamorphiten basaltischer Sediment-Auflast, ist also relativ gering (Abb. 26.1,
Zusammensetzung tonalitische Schmelzen entstehen. Abb. 28.8a, S. 496).
422 26 · Metamorphe Gesteine
Eine viel stärkere Temperaturzunahme wird durch minerale Coesit (Abb. 11.44, S. 181) oder sogar Diamant
einen zusätzlichen Magmenaufstieg in Orogenzonen er- (Abb. 4.15, S. 80) führen, die auf Bildungsdrücke oberhalb
reicht, z. B. in der kontinentalen Oberplatte oder in ei- 25–30 kbar bzw. 35–45 kbar entsprechend Versenkungs-
nem Inselbogen über einer Subduktionszone. Über den tiefen von ca. 100 km und mehr hinweisen.
dabei entstehenden Wärmedomen oder Wärmebeulen
kann der geothermische Gradient örtlich oder regional Für die meisten metamorphen Vorgänge kann man
bis zu mehr als 100 °C/ km erreichen (Abb. 26.1, 28.8a, annehmen, dass der Belastungsdruck Pl, dem ein Ge-
S. 496). Die aus dem Magma abgegebene Wärme bewirkt stein unterliegt, nahezu in allen Richtungen gleich ist,
im angrenzenden Nebengestein eine thermische Umkris- also annähernd hydrostatisch wirkt. Durch tektonische
tallisation. Eine ausschließlich durch Wärmezufuhr aus- Vorgänge wird ein Gestein in unterschiedlichen Rich-
gelöste Umkristallisation liegt besonders bei der Kontakt- tungen unterschiedlichen Drücken ausgesetzt; es steht
metamorphose und der Pyrometamorphose vor. unter Spannung (engl. stress). Die Hauptspannungswer-
Weiterhin können örtliche oder regionale Wärmezu- te, die auf einen Punkt in einem Gestein einwirken, wer-
fuhren auf radioaktive Zerfallsreaktionen oder auf tek- den gewöhnlich durch die drei Hauptachsen σ1, σ2 und
tonische Reibung (sog. Friktionswärme) zurückgehen. In σ3 eines Spannungs- bzw. Stress-Ellipsoids dargestellt.
den tieferen Teilen der Erdkruste muss auch mit Wärme- Als mittleren Stress definiert man σm = (σ1 + σ2 + σ3):3,
zufuhren aus dem oberen Erdmantel gerechnet werden. als differentiellen Stress σdiff = σ1 – σ3. Differentieller
Stress ist die Ursache für permanente Verformung (engl.
Die Wirkung des Drucks strain) in einem Gestein, wobei sich Form und Volu-
men von Gesteinskörpern verändern. Ändert sich zu-
Druck wirkt bei der Gesteinsmetamorphose meist als sätzlich die relative Lage der Minerale im Gestein oder
Belastungsdruck (lithostatischer Druck, engl. geostatic, von Gitterblöcken in einer Kristallstruktur, so spricht
oder lithostatic pressure) Pl, der sich aus der Auflast der man von Deformation (Passchier u. Trouw 1996).
überlagernden Gesteinsschicht ergibt. Die Beziehung Deformationsprozesse
zwischen Belastungsdruck Pl und Tiefe h ist durch fol-
gende Gleichung gegeben: prägen die Gefügeeigenschaften metamorpher
Gesteine entscheidend;
Pl = ρ × g × h (26.1) schaffen Wanderungswege für fluide Phasen;
begünstigen Mineralreaktionen durch Vermeh-
Dabei ist ρ die mittlere Gesteinsdichte, gemessen in rung von Kornkontakten, wobei die Reaktions-
g / cm3 bzw. kg / m3, und g die Erdbeschleunigung von geschwindigkeit vergrößert und die Aktivie-
0,98 m/ s2. Der Druck wird im SI-System in Pascal (Pa) rungsenergie erniedrigt werden.
angegeben, 1 Pa = 1 kg / m / s2. Unter einer Gesteinssäule
von 1 km Länge herrscht also bei einer mittleren Dichte Nicht verändert durch Stress werden dagegen die Sta-
von 2,7 g/ cm3 (z. B. Granit) ein Belastungsdruck von bilitätsfelder von Mineralen und Mineral-Paragenesen: Im
Gegensatz zu früheren Annahmen gibt es keine „Stress-
Pl = 2 700 kg/ m3 × 9,8 m/ s2 × 1 000 m = 264,6 × 105 Pa minerale“ oder „Antistressminerale“. Experimente haben
= 265 bar, gezeigt, das unter den üblichen Metamorphosebedingungen
(wie mittlere bis hohe Temperaturen, Anwesenheit von H2O
bei einer mittleren Dichte von 3,0 g/ cm3 (z. B. Basalt) von und geringen Verformungsraten) die Festigkeit von Gestei-
nen nicht ausreicht, um Stressdifferenzen von mehr als
Pl = 3 000 kg / m3 × 9,8 m / s2 × 1 000 m = 294 × 105 Pa wenigen 10 bar oder bestenfalls wenigen 100 bar auszuhal-
= 294 bar. ten; darüber hinaus würde die Fließgrenze des Gesteins
überschritten werden. Aus diesem Grund könnte auch ein
Somit ergeben sich für die Erdkruste je nach der mittle- möglicher tektonischer Überdruck (tectonic overpressure)
ren Dichte des überlagernden Gesteinspakets Drücke von nur sehr geringe Beträge annehmen; er würde keinesfalls
250–300 bar je km Tiefe. An der Untergrenze der kontinen- ausreichen, um z. B. die Bildung von Hochdruckmineralen
talen Erdkruste, die meist in Tiefen von 30–40 km liegt, herr- in metamorphen Gesteinen zu erklären.
schen Belastungsdrücke um 10 kbar (= 1 GPa), während an Bei geringen Temperaturen und Belastungsdrücken
der Basis der ozeanischen Erdkruste nur knapp 2 kbar er- und/oder hohen Verformungsraten werden Mineral-
reicht werden. In orogenen Gebirgsketten können an der körner spröde deformiert: es kommt zur kataklastischen
Basis Drücke in der Größenordnung von 20 kbar herr- Metamorphose (Abschn. 26.2.2, S. 428). Sind dagegen
schen, entsprechend Versenkungstiefen von 70 km. Meta- Temperaturen und Belastungsdrücke höher und/oder die
morphe Gesteine, die in kontinentalen Kollisionzonen ge- Verformungsraten geringer, wie das bei der Regional-
bildet wurden, können die charakteristischen Hochdruck- metamorphose in Orogenzonen (Abschn. 26.2.5, S. 432ff)
26.2 · Die Gesteinsmetamorphose als geologischer Prozess 423
generell der Fall ist, so werden die Mineralkörner duktil Unter den erhöhten Drücken, wie sie bei der Gesteinsmetamorphose
deformiert. Das äußert sich durch Gitterdefekte in der häufig realisiert sind, verhalten sich die Fluid-Spezies nicht ideal, so
dass für thermodynamische Berechnungen anstelle der Partialdrü-
Kristallstruktur wie Versetzungen, durch Translation
cke die Fugazitäten fH2O, fCO2, … eingesetzt werden müssen. Analog
(Karbonate, Glimmer), Bildung von Druckzwillings- zur Aktivität ai (Abschn. 20.2.3, S. 316) gilt für Fluide und Gase fi = γ iPi,
lamellen (Feldspäte, Karbonate), undulöse Auslöschung wobei der Fugazitätskoeffizient γ i in der Regel P-T-abhängig ist.
(besonders bei Quarz), Verbiegungen (Glimmer, Kyanit)
und/oder durch Subkornbildung (Abschn. 26.4.3, S. 447ff). Der Fluiddruck wirkt gleichmäßig in alle Richtungen,
Die Grenzen zwischen duktiler und Spröddeformation ist also hydrostatisch. In vielen Fällen, insbesondere bei der
liegen bei den einzelnen Mineralen sehr unterschiedlich. niedrig- bis mittelgradigen Metamorphose, kann man in
So können Serpentinite, Tonsteine, Kalksteine, Gipse oder erster Näherung annehmen, dass die Fluide etwa unter dem
Salzgesteine schon bei niedrigen Temperaturen rekris- gleichen Belastungsdruck Pl bzw. Gesamtdruck Ptot stehen
tallisieren, werden verfaltet und geschiefert, während wie das feste Gestein. In diesem Falle ist der Fluiddruck
Quarz-Feldspat-reiche Gesteine wie Granite und Gneise gleich dem Belastungsdruck Pfl ≈ Pl = Ptot oder bei starkem
der Kataklase unterliegen. Bei elastischer Deformation Überwiegen einer Fluid-Spezies z. B. Ptot = Pl ≈ Pfl ≈ PH2O
werden die Veränderungen der Kornform vollkommen bzw. Ptot = Pl ≈ Pfl ≈ PCO2. In anderen Fällen ist dagegen der
rückgängig gemacht: es kommt zur Erholung (engl. Fluidanteil zu gering, um einen Fluiddruck aufzubauen,
recovery). der dem Belastungsdruck entspricht; es gilt dann Pfl < Pl.
Wenn die Metamorphose unter hydrostatischem Dieser Fall tritt insbesondere bei hochgradiger Metamor-
Druck ohne Anzeichen von Deformationen im Gesteins- phose ein und/oder dann, wenn das Ausgangsgestein sehr
gefüge stattfindet, spricht man von einer statischen Me- wenig (OH)- oder CO2-haltige Minerale enthält, aus de-
tamorphose. Treten Deformationen auf, so liegt eine ki- nen durch Entwässerungs- oder Dekarbonatisierungs-
netische oder dynamische Metamorphose vor. Reaktionen H2O oder CO2 freigesetzt werden können.
Fluide und Fluiddrücke Die Bedingung Pfl < Pl gilt auch für den Fall, dass die fluide Phase
über ein offenes Kluft- oder Spaltensystem mit der Erdoberfläche
Verbindung hat, was jedoch eher für Diageneseprozesse zutreffen
Häufig enthalten metamorphe Gesteine auf den Korn-
dürfte. Dabei würde z. B. ein H2O-reiches Fluid der Dichte ~ 1,0 g/ cm3
grenzen, in Poren und in Kluft- oder Spaltensystemen unter dem Druck stehen, der durch die Wassersäule aufgebaut wird,
eine fluide Phase, die insbesondere aus den Komponen- so dass – je nach mittlerer Dichte der überlagernden Gesteinssäule –
ten H 2 O und/oder CO 2 , aber auch anderen leicht- PH2O ≈ 0,3Pl gelten würde.
flüchtigen Komponenten wie CO, CH4, HCl, HF, H3BO3,
O2, H2 u. a. besteht. Bei der aufsteigenden Metamorphose führen Entwäs-
serungs- und Dekarbonatisierungs-Reaktionen zu einer
Die fluide Phase in metamorphen Systemen wird in der Literatur ständigen Freisetzung von Fluiden. Diese wandern auf
unterschiedlich als Dampf, Gas, Flüssigkeit, Fluid oder überkritisches Korngrenzen, Klüften und Spalten nach oben ab, so dass
Fluid bezeichnet. Da die kritischen Punkte der leichtflüchtigen Kom- ein annähernd stationärer Zustand mit Pfl ≈ Pl erhalten
ponenten bei niedrigen P-T-Bedingungen liegen (für reines H2O bei
bleibt. Trotzdem kann vorübergehend ein Überdruck der
PC = 218 bar, TC = 371 °C, für reines CO2 bei PC = 73 bar, TC = 31 °C)
spielen sich viele metamorphe Prozesse im überkritischen Bereich fluiden Phase (engl. fluid overpressure), d. h. die Bedin-
ab, in dem es keinen Unterschied zwischen Gas (Dampf) und Flüs- gung Pfl > Pl aufgebaut werden. Dieser Zustand bleibt je-
sigkeit mehr gibt. Daher ist die Bezeichnung fluide Phase oder Fluid doch nie lange erhalten, weil die Gesteinsfestigkeit
angemessen. Generell nimmt die Dichte des Fluids mit steigender hierfür nicht ausreicht: Es kommt zum hydraulischen
Temperatur ab und mit steigendem Druck zu. Da T und P mit der Zerbrechen (engl. hydraulic fracturing) im Gestein, wo-
Tiefe zunehmen, gleichen sich die thermische Expansion und druck-
bedingte Kompression annähernd aus. So weicht bei einem geother-
bei sich Klüfte bilden, in denen sich aus dem Fluid Kluft-
mischen Gradienten von 15 °C / km bis zu einer Tiefe von 35 km die minerale ausscheiden, die den Mineralen im Nebenge-
Dichte von H2O nur geringfügig vom Wert 1,0 g / cm3 ab, der unter stein entsprechen.
Oberflächenbedingungen gilt. Bei einem geothermischen Gradien-
ten von 50 °C / km und einer Tiefe von 15 km liegt die Dichte von 26.2 26.2
H2O bei ca. 0,67 g / cm3 (vgl. Best 2003, S. 75ff, 488ff). Unter den
natürlichen Fluiden besitzt H2O ein ungewöhnlich große Lösungs-
Die Gesteinsmetamorphose als geologischer Prozess
fähigkeit insbesondere für Alkalien, aber auch für SiO2. H2O-reiche
Metamorphe Gesteine entstehen durch Anpassung an
Fluide sind dementsprechend niemals ganz rein, sondern enthalten
stets gelöste Ionen. Sie besitzen daher höhere kritische Werte als rei- sich ändernde P-T-X-Bedingungen in der Erdkruste.
nes H2O. Solche Veränderungen werden durch unterschiedliche
geologische Prozesse ausgelöst, die zu ganz verschie-
Der gesamte Druck Pfl, den ein Fluid auf einen Gesteins- denen Metamorphosetypen führen können. Metamor-
verband ausübt, ergibt sich aus der Summe der Partialdrü- phe Gesteinskomplexe sind somit wichtige Zeugen der
cke der vorhandenen Fluid-Spezies, Pfl = PH2O + PCO2 + … geologischen Geschichte einer Region, insbesondere
424 26 · Metamorphe Gesteine
auch von plattentektonischen Vorgängen. Metamor- Plutone, deren Magmen in das nicht metamorphe,
phosevorgänge können in ihrer Wirkung auf einige anchimetamorphe oder bereits metamorphe Grund-
Meter begrenzt, aber auch auf tausende von Quadrat- gebirge höherer kontinentaler Krustenabschnitte auf-
kilometern ausgedehnt sein. Dementsprechend gibt es gestiegen sind;
Metamorphoseprozesse von mehr lokaler, aber auch basaltische Gänge oder Lagergänge.
solche von regionaler Bedeutung. Bevor wir auf die
Regionalmetamorphose, die in ihren unterschiedlichen Kontaktmetamorphose an Plutonen
Ausprägungen zweifellos die größte geologische Be-
deutung hat, näher eingehen, sollen zunächst die Meta- Heiße Magmenkörper, die in kälteres Nebengestein ein-
morphosetypen mit eher lokal begrenzter Einwirkung dringen, heizen dieses auf und lösen so metamorphe
beschrieben werden. Umkristallisationen und Mineralneubildungen aus. Die-
ser Vorgang vollzieht sich meist ohne tektonische Defor-
mation, rein statisch. Da die Temperatur vom Kontakt
26.2.1 nach außen hin rasch abnimmt, ist der Einwirkungsbe-
Kontaktmetamorphose reich der Aufheizung, Kontakthof oder Kontaktaureole
(engl. contact aureole, thermal aureole) genannt, lokal
Kontaktmetamorph gebildeteGesteine sind Produkte ei- begrenzt und überschreitet nur selten einige Kilometer.
ner thermischen Umkristallisation und Mineralneubil- Das starke Temperaturgefälle hat weiter zur Folge, dass
dung im Nebengestein eines magmatischen Intrusiv- der Metamorphosegrad im Kontakthof von innen nach
körpers. Auch in das intrudierende Magma gelangte außen rasch abnimmt, so dass die Intensität der Umkris-
Nebengesteinsschollen (Xenolithe) können so verändert tallisation mit der Entfernung vom Kontakt immer ge-
werden. Magmatische Intrusivkörper können sein: ringer wird.
Abb. 26.2.
Die Kontaktaureole des Granit-
Plutons von Bergen am West-
rand des westerzgebirgischen
Granitmassivs. (1) Unveränder-
ter Tonschiefer des Ordoviziums,
(2) Amphibolit, teilweise kontakt-
metamorph überprägt, (3) Zone
der Knoten- und Fruchtschiefer,
(4) Zone des Andalusit-Cordi-
erit-Hornfelses, (5) Bereiche
kontaktmetasomatischer Turma-
linisierung, (6) mittelkörniger
Granit, (7) mittel- bis grobkörni-
ger, porphyrartig ausgebildeter
Granit, (8) feinkörniger Granit.
(In Anlehnung an Weise und
Uhlemann 1914: Geologische
Karte von Sachsen, Bl. Nr. 143)
26.2 · Die Gesteinsmetamorphose als geologischer Prozess 425
Die Wirkung der prograden Kontaktmetamorphose erit, wie sich an relativ seltenen Relikten nachweisen lässt. Die
lässt sich am besten an pelitischen Sedimentgesteinen ver- Grundmasse besteht neben Akzessorien aus einem schuppigen
Filz von Chlorit und Sericit, der Körner von detritischem Quarz
folgen, wie bereits Harry Rosenbusch (1877) in seiner
umschließt. Die anchimetamorphe Schieferung ist noch vollstän-
klassischen Arbeit über den Kontakthof von Barr-Andlau dig erhalten.
in den Vogesen gezeigt hatte. Als typisches und gut auf- In der Zone (b) sind die getreidekornförmigen Cordierite nur
geschlossenes Beispiel wollen wir den Kontakthof des selten retrograd in Chlorit umgewandelt. Sie treten zudem reichli-
Bergener Granitplutons, einem Ausläufer des westerzge- cher auf und sind mit einer Länge von durchschnittlich 3–6 mm grö-
ßer entwickelt; sie sind mit ihrer Längsrichtung vorzugsweise par-
birgischen Granitmassivs, besprechen (Abb. 26.2).
allel zur Transversalschieferung orientiert. (Ganz allgemein bezeich-
net man metamorph gebildete Kristalle, die durch ihr Größen-
Der Bergener Granitpluton intrudierte gegen Ende der variscischen wachstum aus einem feineren Grundgewebe hervortreten, als Por-
Orogenese in eine anchimetamorphe Folge von pelitischen Sediment- phyroblasten.) Querschnitte mit 6-zähligem Umriss (Abb. 26.3) las-
gesteinen, die typische Transversalschieferung aufweisen. Im Wes- sen unter dem Mikroskop bei +Nic einen Sektorenbau erkennen, der
ten sind es durch kohliges Pigment schwarz gefärbte, im Hauptteil die Cordierit-Porphyroblasten als Durchwachsungsdrillinge nach
helle, sandig-tonig gebänderte Tonschiefer (die sog. Phycodenschich- (110) aufweist. Ihre auffallende schwarze Färbung ist durch die wol-
ten), die im Osten in Phyllite übergehen. Eingeschaltet in diese kige Anreicherung eines feinen kohligen Pigments verursacht, das
pelitische Serie sind unreine Kalksteine sowie tektonisch deformierte beim Cordierit-Wachstum siebförmig (poikiloblastisch) umschlos-
Lagergänge von Diabas und Lagen von Diabastuff. sen wurde.
Nach Gefüge und Mineralbestand der kontaktmetamorph ver- Im Fruchtschiefer der Zone (b) sind die Minerale des Grund-
änderten Phycodenschichten lassen sich innerhalb der Kontakt- gewebes bis auf spärliche Reste von detritischem Quarz eindeutig
aureole drei Zonen ausscheiden. Allerdings ist die Grenze zwischen metamorphe Neubildungen, insbesondere von grünbraunem Biotit,
den beiden äußeren Zonen unscharf, so dass diese in der Karte Muscovit und Quarz neben zahlreichen Akzessorien. Das Neu-
zusammengefasst wurden. Vom unveränderten Tonschiefer zum wachstum der Glimmer bewirkt einen feinen Seidenglanz auf den
Granit hin treten auf: noch immer erkennbaren Schieferungsflächen. Wegen ihrer her-
vorragenden technischen Eigenschaften werden die Fruchtschiefer
a Knoten- und Fruchtschiefer mit kaum veränderter Grundmasse, dieser Zone noch heute als begehrter Werkstein gewonnen. Der
b Fruchtschiefer mit schwach umkristallisiertem, glimmerreichem schwarze Tonschiefer im Westteil der Aureole, der reich an kohligem
Grundgewebe (Abb. 26.3) und Pigment ist, enthält in der Zone (b) Andalusit in der Varietät
c dickbankig-massiver Andalusit-Cordierit-Glimmer-Hornfels. Chiastolith. Seine Porphyroblasten erreichen bis zu 1 cm Länge und
sind oberflächlich in Sericit umgewandelt. Cordierit tritt in diesen
In der Zone (a) mit schwächster Einwirkung der Kontaktmeta- Schiefern nicht auf.
morphose treten aus der kaum veränderten Grundmasse des Ton- In der Zone (c), die selten mehr als 1 km breit wird, gehen die
schiefers winzige Knoten hervor, die aus feinschuppigem Chlorit Fruchtschiefer mit weiterer Annäherung an den Granitkontakt in
bestehen. Diese Chloritknoten werden mit Annäherung an die glimmerreichen Andalusit-Cordierit-Hornfels über. Dieser ist bläu-
Zone (b) größer und nehmen dabei eine längliche Form an, die lichgrau bis bläulichschwarz gefärbt, feinkörnig, massig und zeigt
Ähnlichkeit mit derjenigen eines Getreidekorns aufweist (daher splitterigen Bruch. Makroskopisch ist reichlich Cordierit als rund-
Fruchtschiefer). Diese Gebilde sind Pseudomorphosen nach Cordi- liche, blauschwarze Flecken erkennbar, während sich Andalusit, der
Abb. 26.3.
Fruchtschiefer, kontaktmeta-
morph überprägter Tonschiefer
mit Cordierit-Porphyroblasten
(dunkelgrau), die vorwiegend
mit c // zur Schieferungsebene
des ehemaligen Tonschiefers
gewachsen sind; nur einzelne
Porphyroblasten liegen senk-
recht dazu und lassen den pseu-
dohexagonalen Querschnitt von
Cordierit-Drillingen nach (110)
erkennen. Das silbergrau gefärb-
te Grundgewebe ist nur schwach
umkristallisiert. Theuma, Vogt-
land. Handstück // zur Schiefe-
rungsfläche. (Foto: S. Matthes)
426 26 · Metamorphe Gesteine
siebartige (poikiloblastische) Einschlüsse von Quarz enthält, mit Kontaktmetamorphose an magmatischen Gängen
bloßem Auge kaum identifizieren lässt. Schüppchen von braunem und Lagergängen
Biotit treten makroskopisch eher hervor als der helle Muscovit. Das
Grundgewebe ist bei den Hornfelsen völlig entregelt, so dass keine
Schieferung mehr erkennbar ist. Dagegen bleibt die ehemalige Die Kontaktwirkung von oberflächennah intrudierten mag-
Schichtung, insbesondere der sedimentär angelegte Lagenwechsel matischen Gängen (dikes) und Lagergängen (sills) auf das
zwischen tonigen, glimmerreichen und mehr sandigen, quarz- Nebengestein ist wegen ihrer geringen Dicke, ihres relativ
reichen Lagen auch im massigen Hornfels noch immer sichtbar. kleinen Magmenvolumens und der geringen Wärmekapa-
Der metamorphe Mineralbestand spiegelt die unterschiedliche
zität räumlich eng begrenzt. Die Kontaktsäume auf beiden
chemische Zusammensetzung der Sedimentlagen wider.
Die in der Zone (b) kontaktmetamorph überprägten Lager- Seiten von Gängen betragen meist nur wenige Zentimeter,
gänge von Diabas und Einschaltungen von Diabastuff sind in kör- an mächtigeren Lagergängen mehrere Meter. Eine Kontakt-
nige Amphibolitkörper umgewandelt worden. Oft haben sich Re- wirkung tritt am deutlichsten bei Basaltgängen in Erschei-
likte von ophitischem Gefüge erhalten, die allerdings in den Am- nung, da Basalt-Magmen Temperaturen über 1 000 °C er-
phiboliten der Zone (c) infolge stärkerer Umkristallisation fehlen. reichen. Hier kann es im Nebengestein zur Kristallisation
In den jetzt metamorphen Tufflagen, die einen gewissen Mangan-
gehalt aufweisen, sind zusätzlich Porphyroblasten von Spessartin-
von Hochtemperaturmineralen, z. T. sogar zum partiellen
reichem Granat über das Grundgewebe hinweggesprosst, das sie Schmelzen kommen. Diese Hochtemperatur-Metamorpho-
poikiloblastisch umschließen (Abb. 26.24, S. 451). Die ehemals mer- se wird auch als Pyrometamorphose bezeichnet.
geligen Kalksteine liegen jetzt als Kalksilikat-Felse vor. Kontaktwirkungen von Basaltgängen auf Sandsteine sind
Frittung (Zusammenbacken), Glasbildung und mitunter
Es gibt weltweit zahlreiche Kontaktaureolen, die petro- säulenförmige Absonderung. Die Quarzkörner sind zer-
logisch gut untersucht sind (Kerrick 1991); als prominen- borsten unter randlicher Umwandlung in Tridymit. Das
tes Beispiel sei der Kontakthof des Intrusivkomplexes von tonig-mergelige Bindemittel ist zu einem bräunlichen Glas
Ballachulish in Schottland erwähnt (Voll et al. 1991). geschmolzen, in dem sich neben Kristallskeletten (sog. Mi-
Die periplutonische Kontaktmetamorphose läuft im krolithen) zahlreiche Kriställchen von Spinell (oder Magne-
Hinblick auf die chemischen Haupt-, Neben- und Spu- tit), Cordierit und Pyroxen gebildet haben. Tonige Sedimente
renelemente in vielen Fällen isochemisch ab, wenn man werden in dichte, bräunliche oder grau gefärbte Massen,
von der Freisetzung von H2O oder CO2 durch thermi- die splittrig brechen, umgewandelt. Die gelegentliche Um-
sche Zerfallsreaktionen absieht. Diese Fluide bewegen wandlung von Hochquarz in Tridymit, die unter Atmosphä-
sich bei weiterer Aufheizung in die kühleren Teile der rendruck (P = 1 bar) bei 870 °C erfolgt (Abb. 11.44, S. 181),
Aureole. Es gibt jedoch auch zahlreiche Fälle, in denen zeigt, dass bisweilen sehr hohe Temperaturen erreicht wer-
man einen metasomatischen Stofftransport vom kristal- den. Dabei können – trotz der meist sehr geringen Belas-
lisierenden Magmenkörper in das Nebengestein nach- tungs- und H2O-Drücke – Tone oder die tonige Matrix
weisen kann. von Sandsteinen partiell aufschmelzen und es entstehen
glasführenden Gesteine, die man als Buchite bezeichnet
So lassen sich in den Zonen (c) und (b) des Bergener Kontakthofs (Abb. 28.11, S. 505). In Karbonatgesteinen, die in einzelnen
sowie im Granitkörper selbst Bereiche mit Turmalin (Schörl) aus- Blöcken losbrechen und in geringer Tiefe als Xenolithe in
kartieren, der sich auf feinen Klüften, meist zusammen mit Quarz gasarme basaltische Schmelze geraten, können bei der hoch-
ausgeschieden hat, aber auch häufig Cordierit oder Biotit im Horn-
fels verdrängt. Diese im spätmagmatischen Stadium einsetzende
gradigen Thermometamorphose relativ seltene Ca- und Ca-
Kontaktmetasomatose geht auf H3BO3-haltige Fluide zurück, die Mg-Minerale entstehen (Abschn. 28.3.7, S. 505).
Restdifferentiate des Granit-Magmas darstellen. In einer anderen, Im Kontakt mit Alkaligesteinsmagmen kommt es bei
dicht benachbarten Kontaktaureole des westerzgebirgischen Granit- der Pyrometamorphose von pelitischen Sedimentgestei-
massivs steht der bekannte Topasbrockenfels des Schneckensteins nen zu einer beachtlichen Alkalimetasomatose. Es bil-
an, aus dem im 18. Jahrhundert schleifwürdiger Topas bergmännisch
gewonnen wurde. Das Kontaktgestein besteht aus einem stark brec-
den sich Sanidinite mit Na-Sanidin als Hauptgemeng-
ciierten Phyllit, der durch Bor-Metasomatose turmalinisiert und teil (Abschn. 28.3.7). Diese leuchtend weiß gefärbten Ge-
während einer anschließenden Fluor-Metasomatose topasiert und steine treten im jungen Vulkangebiet um den Laacher
verquarzt wurde. See (Ost-Eifel) häufig als Auswürflinge auf.
Auch bei der Kontaktmetamorphose an basaltischen La-
Aus der thermischen Überprägung unreiner Karbo- gergängen kann das Nebengestein metasomatisch verän-
natgesteine bilden sich Kalksilikat-Felse mit Andradit- dert werden. So führt Na-Metasomatose zur Albit-Bildung
reichem Granat, Ca-reichem Pyroxen der Diopsid-He- in Tonschiefern, wie das z.B. an Diabas-Lagergängen im va-
denbergit-Reihe, Fe-reicher Hornblende, Aktinolith u. a. riscischen Grundgebirges Mitteleuropas häufig beobachtet
Karbonatgesteine sind besonders reaktionsfähig und wird. Im Anfangsstadium bilden sich dabei Spilosite, erkenn-
dort, wo die Möglichkeit besteht, auch aufnahmefähig für bar an kleinen Flecken, vergleichbar mit den beschriebe-
fluid-transportierte Schwermetalle. Hierbei kommt es nen Fleckschiefern; bei höhergradiger kontaktmetamor-
gelegentlich zur Bildung nutzbarer Skarnerz-Lagerstät- pher Überprägung entstehen hornfelsartig dichte, splitterig
ten (s. Abschn. 23.3.1, S. 351f). brechende Adinole bzw. deren gebänderte Varietät Desmosit.
26.2 · Die Gesteinsmetamorphose als geologischer Prozess 427
Selbstverständlich sind bei größeren Intrusivkörpern finden nur auf Klüften statt. Gesteine mit 10–50 Vol.-%
die räumliche Ausdehnung der Kontaktaureolen und die Matrix bezeichnet man als Protokataklasite, extrem defor-
Zeitdauer der Kontaktmetamorphose erheblich größer mierte mit >90 Vol.-% Matrix als Ultrakataklasite.
als am Gang-Kontakt. So heizt ein Granodiorit-Pluton In duktilen Scherzonen können bei erhöhten Tempera-
(T I = 800 °C) der Dicke D = 1 km das Nebengestein turen und Belastungsdrücken sowie bei hohen Verfor-
(TN = 100 °C) bis zu einer Entfernung von 330 m vom mungsraten intrakristalline Deformationsmechanismen
Kontakt auf >400 °C auf, während diese Temperatur bei zum kristallplastischen Fließen führen: Es kommt zur
einem Pluton von D = 10 km bis zu einer Entfernung von Mylonitisierung. Der Übergang von der spröden zur dukti-
3,3 km überschritten wurde. Die zeitliche T-Entwicklung len Deformation hängt von der Kristallstruktur der betrof-
in einem Kontakthof ist eine Funktion von D2. Dadurch fenen Minerale ab. So verhält sich z. B. Quarz schon bei sehr
verlängert sich die Abkühlungsgeschichte mit steigen- niedrigen Temperaturen duktil, so dass Quarzkörner in
der Mächtigkeit der Magmenmasse enorm. Ein platten- Kataklasiten häufig undulöse Auslöschung zeigen. Dem-
förmiger Granodiorit-Pluton von 2 km Mächtigkeit gegenüber können Granat und Pyroxene bis zu Tempera-
braucht etwa 50 000 bis 100 000 Jahre, um vollständig turen von 500–600 °C noch spröde deformiert werden.
abzukühlen, einer von 4 km Mächtigkeit sogar etwa
500 000 Jahre. Im letzteren Fall bleibt direkt am Kontakt Mylonite (grch. μύλη = Mühle). Sie unterscheiden sich von
eine Temperatur von nahezu 500 °C etwa 300 000 Jahre Kataklasiten durch ihre geschieferte Matrix, die häufig
lang erhalten; nach 500 000 Jahren beträgt die Tempera- augenförmige Porphyroklasten umflasert, eine geflamm-
tur immer noch ca. 420 °C. Demgegenüber wurden 1 km te Streifung aufweist und Bewegungsbahnen abbildet;
vom Kontakt entfernt 420 °C erst nach 200 000 Jahren Glimmer sind zu langaushaltenden Zügen ausgewalzt.
erreicht; nach 500 000 Jahren ist die Temperatur bereits Häufig ist auch ein Streckungslinear (Abschn. 26.4.3,
wieder auf 380 °C gefallen (Turner 1981, Abb. 1.6, 1.7). S. 447) erkennbar. In mylonitisch beanspruchten Grani-
ten finden sich in den Trümmerzonen aus Kalifeldspat
26.2.2 häufig auch Neubildungen von Sericit. Hat der Mengen-
Kataklastische Metamorphose und Mylonitisierung anteil der Matrix auf Kosten der gröberen Mineral-
Bruchstücke auf über 90 Vol.-% zugenommen, so spricht
Die kataklastische Metamorphose ist an tektonische Stö- man von Ultramyloniten. Diese erinnern in ihrem Aus-
rungszonen, wie Verwerfungen, Auf- und Abschiebungen sehen oft an Tonschiefer, wobei die feinsten Fragmente
sowie Überschiebungsbahnen gebunden. Sie wirkt auf das meist Korngrößen von <0,02 mm besitzen. Im Gegen-
Gestein und seinen Mineralinhalt im wesentlichen durch satz zu Kataklasiten ist die Matrix der Mylonite duktil
mechanische Beanspruchung ein, wobei gerichteter Druck deformiert, doch können größere Porphyroklasten durch
(differentieller Stress) eine entscheidende Rolle spielt. Spröddeformation zerbrochen sein.
Unter relativ niedrigen Temperaturen und Belastungs- Bei der kataklastischen Metamorphose und Myloniti-
drücken und/oder hohen Verformungsraten wird die sierung reichen die Temperaturen für eine Umkristalli-
Gesteinsfestigkeit überschritten, es kommt zum Bruch sation oder zur Neubildung metamorpher Minerale meist
und zum kataklastischen Fließen. Dabei werden die Mi- nicht aus. In anderen Fällen kann die Bewegungsenergie
nerale spröd deformiert, zerbrochen und zerrieben, Vor- bei der starken Deformation in Reibungswärme (Frikti-
gänge die als Kataklase (Zerbrechung) bezeichnet wer- onswärme) umgesetzt werden, die zur Temperatur-
den. Es entstehen tektonische oder Reibungsbreccien und erhöhung führt. Es entstehen Hartschiefer, die eine
Kataklasite. Zwischen beiden Gesteinsvarietäten bestehen schwach rekristallisierte Matrix und eine charakteristi-
Unterschiede im Grad der mechanischen Beanspruchung. sche, durch Deformation erzeugte Bänderung aufweisen.
Bei noch stärkerer Umkristallisation bilden sich Blastomy-
Reibungsbreccien (Kakirite). Sie sind von einem dichten lonite, die in ihrem Gefüge bereits an regionalmetamorphe
Kluftnetz und von Rutschstreifen durchsetzt und neigen Gesteine aus Orogenzonen erinnern. Bei starker Sericiti-
daher zu einem polyedrischen Zerfall im cm-dm-Bereich. sierung und Chloritisierung sehen diese Gesteine ähnlich
Die Kataklase im Innern der Zerfallskörper ist nach dem wie Phyllite (Abschn. 26.3.1, S. 438, 441) aus und werden
mikroskopischen Befund relativ schwach. Der Matrixan- dann als Phyllonit (aus Phyllit und Mylonit) bezeichnet.
teil liegt bei <10 Vol.-%. Bei extremer T-Erhöhung durch freigesetzte Friktions-
wärme kann es sogar zum partiellen Aufschmelzen von
Kataklasite. Sie bestehen aus eckigen Gesteins- und Mine- Myloniten oder Ultramyloniten kommen. Dabei entste-
ralbruchstücken, wobei der Matrixanteil auf >50 Vol.-% hen schmale Äderchen von Glassubstanz, die zwischen
ansteigt. Das feinere Trümmermaterial (die Kataklasten) die Kornfragmente oder nichtgeschmolzene Matrixanteile
bilden sog. Mörtelkränze um größere Mineralbruchstücke eindringen. Man bezeichnet diese Gläser als Hyalomylonit
(Porphyroklasten). Beispiele sind u. a. die sog. Protogin- oder Pseudotachylit, da sie äußerlich einem schwarzen
Granite der Schweizer Zentralalpen. Mineralneubildungen Basaltglas (Tachylit) ähneln. Stellenweise können Pseu-
26.2 · Die Gesteinsmetamorphose als geologischer Prozess 429
26.2.3
Schockwellen- oder Impakt-Metamorphose
immerhin noch Bruchstücke mit einem Gesamtgewicht wie Scharen paralleler Gleitebenen und Deformations-
von 30 t gefunden. Demgegenüber hat der schwerste be- bänder, sowie Mosaikgefüge; Dichte, Licht- und Doppel-
kannte Meteorit der Erde, der noch in einem Stück erhal- brechung werden erniedrigt. Schichtsilikate zeigen häufig
ten ist, kaum einen nennenswerten Krater erzeugt: Der Knickbänder; Druckzwillinge, oft mit ungewöhnlicher
ca. 60 t schwere Eisenmeteorit auf der Farm Hoba West kristallographischer Orientierung, werden besonders in
bei Grootfontein (Namibia) hat nur eine flache Mulde in Amphibolen und Pyroxenen beobachtet.
die Kalahari-Sande gegraben (Abb. 31.2, S. 549).
Die energiereichen Schockwellen (Stoßwellen), die Polymorphe Phasenumwandlungen (Zone I–III). Als Hoch-
beim Einschlag großer Meteoriten entstehen, bewegen bzw. Höchstdruckmodifikationen von SiO2 entstehen
sich unter schnellem Energieverlust von der Einschlag- aus Quarz bzw. diaplektischem Quarzglas (s. unten)
stelle konzentrisch weg. Die Drücke in der Stoßfront, die Coesit (Abb. 26.8) und Stishovit. Wahrscheinlich bildet
Resttemperatur nach der Druckentlastung und damit sich Stishovit – die einzige SiO2-Modifikation mit Si
auch der Grad der Impakt-Metamorphose nehmen nach in [6]-Koordination entsprechend der Rutil-Struktur
außen hin ziemlich rasch ab, so dass sich eine konzent- (Abb. 7.9, S. 110; Abb. 11.43, S. 180) – bereits beim Durch-
rische Anordnung von Metamorphose-Zonen 0–V ergibt gang der Schockwelle, während Coesit erst nachträglich bei
(Abb. 26.5d). Im Einzelnen erzeugt die Schockwellen- der Druckentlastung kristallisiert. Coesit wurde im Ries-
Metamorphose folgende Wirkungen (z. B. Langenhorst Krater erstmals durch die amerikanischen Forscher Chao
und Deutsch 1998, 2012): und Shoemaker (Chao et al. 1960) nachgewiesen. Dadurch
konnten sie die Impakt-Theorie, die bereits 1904 von
Kataklase. Kataklase der Minerale (Abb. 26.6) lässt sich Ernst Werner zur Diskussion gestellt worden war, bestä-
in allen Bereichen feststellen, nimmt aber von außen nach tigen und die von den meisten regionalen Geologen
innen an Intensität zu; sie ist in der Zone 0 relativ bevorzugte Deutung der Ries-Struktur als vulkanischer
schwach, in den Zonen I–III wesentlich stärker. Ein be- Explosionskrater widerlegen. Darüber hinaus lässt sich
sonderes Charakteristikum sind die Shatter Cones in Impaktgesteinen des Nördlinger Rieses die Umwand-
(Strahlenkegel); das sind strahlenförmige Gebilde, die in lung von Graphit in Diamant beobachten (El Goresy et al.
feinkörnigen Sedimentgesteinen, z. B. in den dichten 2001a; Schmitt et al. 2005); ebenso treten dort, wie auch
Malm-Kalken der Schwäbischen Alb auftreten und bei z. T. in anderen Meteoriten-Kratern, weitere Hochdruck-
mäßigen Stoßwellen-Drücken von 20–100 kbar gebildet modifikationen des Kohlenstoffs (El Goresy et al. 2003),
wurden (Abb. 26.7). Moissanit SiC (Schmitt et al. 2000) sowie hochdichte
Rutil-Phasen mit α -PbO2- und ZrO2-Struktur (El Goresy
Plastische Deformationen (Zone I–III). Bei Überschreiten ih- et al. 2001b,c) auf.
rer Elastizitätsgrenze werden Minerale entlang kristal-
lographischer Richtungen plastisch deformiert. In Quarz, Diaplektische Gläser (Zone II und III) (von Engelhardt et al.
Feldspäten und anderen Mineralen entstehen planare 1967). Sie entstehen offenbar nur aus Gerüstsilikaten, ins-
Deformationsgefüge (planar deformation features, PDF), besondere aus Quarz und Feldspäten, bei Spitzendrücken
Abb. 26.6.
Schockwellen-beanspruchter Am-
phibolit mit zahlreichen charakte-
ristisch radial und konzentrisch
verlaufenden Riss-Systemen in
Hornblende (Hbl) und in noch
stärker beanspruchtem Plagioklas
(Pl). Sichtbar sind außerdem Bah-
nen und Verzweigungen aus dia-
plektischem Glas (im Bild dunkel).
Bohrkern 731,5 m der Bohrung
Nördlingen 1973. Bildbreite ca.
4,5 mm. (Foto: S. Matthes)
26.2 · Die Gesteinsmetamorphose als geologischer Prozess 431
26.2.4 26.2.5
Hydrothermale Metamorphose Regionalmetamorphose in Orogenzonen
Heiße Lösungen oder Dämpfe, die auf einem Kluftnetz In den präkambrischen Kratonen und in den phanerozoi-
oder entlang tektonischer Störungszonen einwandern, schen Orogengürteln der Erde nehmen metamorphe Ge-
erzeugen Veränderungen im Nebengestein, wobei die steine Areale in einer Ausdehnung von hunderten oder
primären Minerale durch hydrothermale Neubildungen tausenden von Quadratkilometern ein. Metamorphose-
verdrängt werden (Coombs 1961). Solche Vorgänge prozesse erreichen hier also – im Gegensatz zu den bisher
sind verbreitet, beschränken sich aber meist auf schma- besprochenen Metamorphosetypen – regionale Ausmaße.
le Bereiche in unmittelbarer Nachbarschaft der Klüfte. Sie stehen offensichtlich im Zusammenhang mit großräu-
Zur großräumigen Umwandlung des Nebengesteins migen Gebirgsbildungen (Orogenesen). Diese sind – zu-
kommt es jedoch in aktiven geothermischen Feldern, mindest während des Phanerozoikums und des Proterozo-
d. h. in Gebieten, in denen heiße Quellen oder Was- ikums – mit plattentektonischen Vorgängen wie Subdukti-
serdampf in größerem Umfang gefördert und zur on oder Kontinent-Kontinent-Kollision verknüpft.
Energiegewinnung genutzt werden (Utada 2001). Boh- In ihrer typischen Ausbildung ist die Regionalmetamor-
rungen bis in Tiefen von einigen hundert Metern er- phose weder rein dynamisch noch rein statisch-thermisch.
brachten mit steigender Temperatur (bis etwa 250 °C) Kennzeichnend ist vielmehr ein kompliziertes Zusammen-
die Neubildung von Zeolithen (Abschn. 11.6.5, S. 200ff) spiel von Deformation, durch welche die Gesteine geschie-
wie Mordenit (Na,Ca,K)6[AlSi5O12]8 · 28H2O, Analcim fert und gefaltet werden (Abb. 26.9, 26.20–26.23), und regiona-
Na[AlSi2O6] · H2O, Laumontit Ca[Al2Si4O12] · 4,5H2O und ler Aufheizung, die zur metamorphen Um- und Neukristal-
Wairakit Ca[AlSi2O6]2 · 2H2O sowie von Albit und/oder lisation führt. Diese Vorgänge können sich innerhalb einer
Adular. Die am besten untersuchten Beispiele sind Wairaki oder in mehreren aufeinander folgenden Gebirgsbildungs-
auf der Nordinsel Neuseelands, Onikobe und Hakone auf phasen mehrfach wiederholen. Als typische Produkte der
der Insel Honshu (Japan) und der Yellowstone-National- Regionalmetamorphose entstehen kristalline Schiefer, z. B.
park (Wyoming, USA). Kennzeichnend für diese Gebie- Phyllite, Glimmerschiefer, Gneise, Amphibolite und Granu-
te ist ein ungewöhnlich großer geothermischer Gradi- lite. Sie unterscheiden sich in ihren Gefügemerkmalen mar-
ent, der bis auf 1 000 °C/ km ansteigen kann. Zu umfang- kant von den ungeschieferten Hornfelsen der Kontaktaure-
reichen hydrothermalen Alterationen kommt es auch im olen, aber auch von den nicht oder nur schwach rekristal-
Zuge hydrothermaler Aktivität an den mittelozeanischen lisierten Kataklasiten und Myloniten. Blastomylonite gehö-
Rücken (Black Smoker, Abschn. 23.5.1, S. 360ff) und bei ren bereits zu den kristallinen Schiefern.
der Bildung hydrothermaler Erzlagerstätten z. B. von Wie in den Kontaktaureolen lassen sich auch in regional-
Porphyry Copper Ores (Abschn. 23.2.4, S. 349ff). metamorphen Gebieten häufig Zonen gleich starker metamor-
Abb. 26.9.
Große offene Falte in metamor-
phen Sedimentgesteinen der
Gemsbok-River-Formation des
panafrikanischen Damara-Oro-
gens. Man erkennt eine Wechsel-
lagerung von Karbonatgestei-
nen (gelblich bis bräunlich)
und Turbiditen (dunkel), die vor
ca. 550–500 Millionen Jahren
gefaltet und metamorph über-
prägt wurden. Rhino Wash,
Ugab-Gebiet, Nord-Namibia.
(Foto: M. Okrusch)
26.2 · Die Gesteinsmetamorphose als geologischer Prozess 433
Abb. 26.10.
Vereinfachte geologische Karte
der Kykladen-Insel Naxos mit
den Isograden und Mineralzo-
nen in Metapeliten und Meta-
bauxiten. (Nach Jansen u. Schui-
ling 1976)
434 26 · Metamorphe Gesteine
Inzwischen wurden in vielen Teilen der Welt Kristallinge- onalen Unterschiede lassen sich gut verstehen, wenn man
biete mit gut ausgebildeten metamorphen Mineralzonen die Isothermenverteilung in einem Orogen-Gürtel in der
beschrieben. Beispiele sind der Damara- und Kaoko-Gür- kontinentalen Oberplatte über einer Subduktionszone be-
tel in Namibia, die durch die panafrikanische Orogenese trachtet (Abb. 28.8, S. 496).
gebildet wurden, das paläozoische Kristallin von Vermont Als weiteres intruktives Beispiel für eine Mittel-P/T-
und New Hampshire im Nordosten der USA, das variscische Metamorphose wollen wir den metamorphen Komplex der
Kristallin des nördlichen Bayerischen Waldes, die alpidisch Kykladen-Insel Naxos behandeln, einen Bestandteil des
geprägten Keuper- und Lias-Schichten in den Schweizer Kykladen-Kristallins. Dieses besteht im Wesentlichen aus
Zentralalpen und im nördlichen Alpenvorland. Nicht immer einer permomesozoischen Sedimentfolge mit eingeschal-
entspricht die gefundene Zonenfolge den klassischen teten Vulkaniten, die einem voralpidischen Kristallin auf-
Barrow-Zonen. Häufig wurden abweichende Indexminerale lagern. Während der alpidischen Orogenese wurde dieser
und Mineralparagenesen beobachtet, die auf Unterschiede Gesteinsverband polymetamorph geprägt, gefolgt von ei-
in der regionalen Verteilung der P-T-Bedingungen beim Hö- ner Phase magmatischer Aktivität. Abgesehen von präalpi-
hepunkt der Metamorphose und auf unterschiedliche geo- dischen Relikten geht der metamorphe Komplex von Naxos
thermische Gradienten bei der Orogenese hinweisen. Ein überwiegend auf klastische Sedimente und verkarstete
gutes Beispiel hierfür ist Schottland selbst. In den metamor- Kalksteine zurück, die in Karsttaschen Bauxite enthalten.
phen Gesteinen des Dalradians nördlich Aberdeen treten, Diese mesozoische Sedimentserie erlebte im Eozän eine
wie bereits Harker (1932) erkannt hatte, Andalusit und Hochdruckmetamorphose (s. unten), deren Relikte noch im
Cordierit als zusätzliche Indexminerale auf. Damit ergibt SE-Teil der Insel erhalten sind. Darauf folgte an der Wende
sich eine abweichende Zonenfolge, die von Read (1952) als Oligozän/Miozän eine prograde Mitteldruckmetamorphose,
Buchan-Typ bezeichnet und dem klassischen Barrow-Typ die eine ausgeprägte Zonenfolge metamorpher Index-
gegenübergestellt wurde. Wir wissen heute, dass die minerale in Metapeliten und Metabauxiten erzeugte
Mineralzonierung des Buchan-Typs insgesamt auf einen (Abb. 26.10; Jansen u. Schuiling 1976; Feenstra 1985):
höheren geothermischen Gradienten, d. h. auf eine stärke-
re Temperaturzunahme mit der Tiefe hinweist. Solche regi- I. Diaspor-Chloritoid-Zone. Die Diaspor-Chloritoid-Zone
ist durch das Auftreten von Diaspor und Chloritoid in
metamorphen Bauxiten gekennzeichnet, der von Kyanit,
der Niedrig-T-/Hoch-P-Modifikation von Al2[O/SiO4]
(Abb. 26.11) begleitet wird; auch Pyrophyllit kommt noch
vor. Metapelite führen die Paragenese
bezeichnet. Ihre Entstehung wird letztlich durch Prozesse menten Aragonit, in Metapeliten z. B. Ferrokarpholith
im Erdmantel ausgelöst (Abschn. 26.5.4, S. 455f). (Fe,Mg)Al2[(OH,F)4Si2O6]. Wichtige Reaktionen, die eine
Nach dem Modell der Plattentektonik entstehen Wärme- Druckabschätzung erlauben, sind
dome an konvergenten Plattenrändern oberhalb von
Subduktionszonen, d. h. in Inselbögen oder Orogengürteln Calcit Aragonit (26.7)
vom Andentyp (Abb. 28.8, S. 496), oder auch in Orogen-
und
gürteln, die durch Kontinent-Kontinent-Kollision entstan-
den sind. Der Wärmetransport wird durch Mantel-Diapire NaAl[Si3O8] NaAl[Si2O6] + SiO2 (26.8)
besorgt, die durch partielles Aufschmelzen der subduzierten Albit Jadeit Quarz
ozeanischen oder kontinentalen Platte entstehen. Sie stei-
gen als Kristall-Schmelz-Brei durch den darüberliegenden, (Abb. 26.1, S. 420). Der P-T-Bereich für die Bildung typi-
schwereren Erdmantel und die Erdkruste der kontinenta- scher Blauschiefer liegt zwischen etwa 7 kbar bei 200–300 °C
len Oberplatte auf. Die mit diesen Diapiren nach oben be- und 15 kbar bei 400–500 °C, entsprechend einem geother-
förderte Wärme, die eine beulenartige Verteilung hat, führt mischen Gradienten um 10 °C/km. Es kommt also nicht
zur prograden Metamorphose und partieller Anatexis. auf die absolute Höhe des Druckes an, sondern auf das
Dadurch entstehen in der Unterkruste Granit-Magmen, die P/T-Verhältnis: Ein Druck von 6 kbar bei einer Temperatur
ihrerseits in höhere Krustenstockwerke intrudieren kön- von 600 °C wie in der Staurolith-Zone von Naxos würde ei-
nen. Ein Beispiel ist der Granodiorit von Naxos, der vor etwa ner Mitteldruckmetamorphose entsprechen. Die Paragene-
15 Ma, im Anschluss an die Regionalmetamorphose sen der Hochdruckgesteine bleiben nur erhalten, wenn diese
intrudierte und dabei die konzentrische Zonenfolge der durch tektonische Prozesse rasch wieder herausgehoben
Indexminerale diskordant abschnitt (Abb. 26.10). Plutonite werden. Andernfalls führt die nachfolgende Wärmezufuhr
miozänen Alters sind im Kykladen-Kristallin weit verbrei- zur Erhöhung des thermischen Gradienten und damit zur
tet und definieren einen ausgeprägten Hochtemperatur- Neubildung von Mitteldruckparagenesen. Hochdruck-
Gürtel (Altherr et al. 1982). gesteine, die auf ozeanische Basalte und Gabbros sowie as-
soziierte Sedimente zurückgehen, sind in den alpidischen
Ein Teil der Magmen, die durch partielle Anatexis in der subduzierten
Platte gebildet werden, wird in Form vulkanischer Laven, Ignimbrite
Orogengürtel rund um den Pazifik weit verbreitet, z. B. in
und Aschen gefördert. Es entstehen Kalkalkali-Vulkanite, die für Insel- der Franciscan Formation Kaliforniens, im Shuksan-Gür-
bögen und Orogenzonen vom Anden-Typ charakteristisch sind. tel (Staat Washington), in Alaska, in Japan oder in Neu-
kaledonien, ebenso in den eurasischen Faltengürteln, z. B.
Hochdruckmetamorphose in den Alpen, den Kykladen, in der Türkei oder im Tian Shan.
und Ultrahochdruck-Metamorphose In vormesozoischen Orogenen treten Blauschiefer und Eklogite, die
aus subduzierten ozeanischen Basalten oder Gabbros gebildet wur-
Auch die Gesteine der absinkenden Lithosphärenplatte den, deutlich seltener auf. Hier herrschen Metamorphite vom Mittel-
unterliegen der Regionalmetamorphose, die jetzt aber druck- oder Niedrigdrucktyp vor. Nach dem Aktualitätsprinzip muss
einen ganz anderen Charakter hat. Die relativ kalten oze- man jedoch annehmen, dass auch auf diese älteren Orogenesen
plattentektonische Modelle anwendbar sind: Hochdruckmetamor-
anischen Sedimente sowie die Basalte und Gabbros der
phite wären demnach späteren Metamorphose-Ereignissen zum
ozeanischen Kruste werden durch den Subduktionsvor- Opfer gefallen. Der älteste bekannte Eklogit, der wahrscheinlich
gang relativ rasch, d. h. mit Geschwindigkeiten von eini- durch Subduktion einer ozeanischen Lithosphärenplatte gebildet
gen Zentimetern pro Jahr in große Tiefen transportiert wurde, liegt im proterozoischen Usagara-Gürtel in Tansania. Nach
und dabei zunehmend höheren Drücken ausgesetzt. We- radiometrischen Altersbestimmungen ist er ca. 2 Ga alt (Möller et al.
gen der schlechten Wärmeleitfähigkeit von Gesteinen ist 1995). Plattentektonische Modelle gelten vielleicht nicht mehr für
die Bildung der Erdkruste im Archaikum, da während der frühen
damit zunächst keine wesentliche Temperaturerhöhung Erdgeschichte generell ein höherer geothermischer Gradient herrschte.
verbunden, so dass sich die Isothermen nach unten hin Zwar wurden für die Entstehung der 2,6–3,6 Ga alten Grünstein-
durchbeulen (Abb. 28.8). Die ozeanische Kruste der ab- Gürtel (greenstone belts) ebenfalls plattentektonische Szenarien ent-
tauchenden Platte wird dabei in Eklogit umgewandelt; das wickelt, doch dürften alternative Deutungen, die von stärkeren ver-
ist ein Gestein von basaltischem Chemismus mit der Pa- tikalen Bewegungen bei nur geringer horizontaler Verschiebungs-
rate ausgehen, größere Wahrscheinlichkeit besitzen (Hamilton 1998).
ragenese Granat + Omphacit ± Kyanit ± Zoisit/Epidot
± Phengit. Aus den weniger tief versenkten Anteilen der Auch bei der Subduktion von kontinentaler Kruste
ozeanischen Platte entstehen Blauschiefer, die als Index- kann es zur Bildung von Hochdruckgesteinen kommen.
minerale den blauen Na-Amphibol Glaukophan sowie Ein typisches Beispiel ist wiederum das Kykladen-
Lawsonit, Jadeit oder Omphacit, phengitischen Hell- Kristallin, in dem die permomesozoischen Sedimente auf
glimmer, z. T. auch Aragonit führen. Auch die Sedimente Graniten und Gneisen von präalpidischem Alter abgela-
im Akkretionskeil zwischen subduzierter ozeanischer und gert wurden. Als Bestandteil der Apulischen Mikroplatte
hangender kontinentaler Platte werden hochdruckmeta- wurde dieser Gesteinsverband im Eozän unter den euro-
morph überprägt. Dabei entsteht in Karbonat-Sedi- päischen Kontinent subduziert und hochdruckmeta-
26.2 · Die Gesteinsmetamorphose als geologischer Prozess 437
morph überprägt. Die dabei entstandenen Blauschiefer, belt entstand durch einen Subduktionsvorgang an der Wen-
Jadeitgneise und Eklogite sind auf einigen Kykladen-In- de Oligozän/Miozän, der von SW nach NE gerichtet war
seln noch gut erhalten, besonders auf Sifnos und Syros (Altherr et al. 1982; Seidel et al. 1982). Er muss von der älte-
(z. B. Okrusch u. Bröcker 1990), während sie z. B. auf Naxos ren Subduktionsphase unterschieden werden, die die eozä-
durch die nachfolgende prograde Barrowtyp-Metamor- nen Hochdruckgesteine im Kykladen-Kristallin erzeugte.
phose an der Wende Oligozän/Miozän – bis auf geringe
Relikte im SE-Teil der Insel – vollständig ausgelöscht sind. Eine dritte Phase der Subduktion findet derzeit am Südrand der Ägäis
südlich von Kreta statt, wo es zur Bildung des Hellenischen Tiefseegra-
Bei der enormen Krustenverdickung im Zuge der Kon- bens kommt. Der dazu gehörige Hochtemperaturgürtel wird in den
tinent-Kontinent-Kollision können ultrahohe Drücke er- Kykladen durch einen jungen vulkanischen Inselbogen mit den Vul-
reicht werden. Die Anwesenheit der Hochdruckmodifika- kaninseln Milos, Santorin und Kos dokumentiert. Die Inselgruppe San-
tion von SiO2 Coesit in eklogitischen Gesteinen, z. B. im Do- torin erlebte um 1400 v. Chr. einen verheerenden plinianischen Aus-
ra-Meira-Massiv (West-Alpen), im Erzgebirge, in Norwe- bruch, und der Vulkanismus blieb dort bis in die jüngste Zeit aktiv.
gen und im Dabie Shan (China), spricht für Mindestdrücke
von 25–30 kbar, entsprechend Versenkungstiefen von über 26.2.6
100 km. Noch höhere Mindestdrücke von 35–40 kbar wer- Regionale Versenkungsmetamorphose
den durch die Anwesenheit von Diamant angezeigt, so im
Erzgebirge, in der westlichen Gneis-Region Norwegens, im Coombs (1961) hat als erster darauf hingewiesen, dass es
Kokchetav-Massiv (Sibirien) und im Orogengürtel von Su- einen Typus der Regionalmetamorphose gibt, der nur auf
Lu und Dabie Shan (China). Bei der kontinentalen Kollisi- eine Versenkung von Sedimentpaketen zurückgeht, ohne
on zwischen der Indischen und der Eurasischen Platte wer- dass es zu durchgreifenden Deformationsvorgängen und
den z. Z. in der Hindukusch-Zone Graphit-reiche Tonsteine zur Ausbildung einer Schieferung kommt. Dabei werden
und Karbonat-Sedimente in so große Tiefen subduziert, meist keine sehr hohen Metamorphosetemperaturen er-
dass daraus heute Diamant- und Coesit-führende Ultra- reicht, so dass die metamorphe Umkristallisation unvoll-
hochdruck-Gesteine entstehen dürften (Searle et al. 2001). ständig bleibt; Reliktgefüge des Ausgangsmaterials sind oft
noch erhalten und eine Abgrenzung von Diagenese-
Paired metamorphic belts Prozessen ist schwierig. Als metamorphe Minerale bilden
sich Zeolithe, z. B. Laumontit, bei etwas höheren P-T-Be-
Miyashiro (1972) erkannte, dass in jungen Orogenen zwei dingungen auch Prehnit Ca2Al[(OH)2/AlSi3O10] und Pum-
etwa parallel zueinander laufende, annähernd gleich alte pellyit Ca2(Mg,Fe2+)(Al,Fe3+)2[(OH)2/H2O/SiO4/Si2O7].
metamorphe Gürtel von kontrastierendem Charakter auf- Erstmals wurde die Versenkungsmetamorphose auf der
treten können, die denselben Subduktions- oder Kollisions- Südinsel Neuseelands beschrieben, wo Grauwacken der Tri-
prozess dokumentieren: as in einem langgestreckten, absinkenden Sedimentations-
trog abgelagert, diagenetisch verändert und schließlich
ein Hochdruckgürtel mit Blauschiefern, der die sub- schwach metamorph überprägt wurden. Ähnliche Vorkom-
duzierte Platte repräsentiert, und men hat man in anderen phanerozoischen Orogengürteln,
ein Nieder- bis Mitteldruckgürtel mit prograden Mineral- aber auch in proterozoischen Sedimentations-Trögen und
zonen, Migmatiten, granitischen bis tonalitischen Intru- -Becken kennengelernt, z. B. im Nordwesten Australiens.
sionen und Kalkalkali-Vulkaniten, der an einem aktiven
In manchen Fällen erfolgt auch die Hochdruckmetamorphose in
Kontinentalrand oder einen Inselbogen gebildet wurde. Subduktionszonen ohne wesentliche Deformation und besitzt so
den Charakter einer Versenkungsmetamorphose. Das ist jedoch
Als Beispiele seien der Sanbagawa-Gürtel (Hoch-P/T) und keineswegs die Regel.
der Ryoke-Gürtel (Nieder-P/T) in Japan, das Franciscan und
die Sierra Nevada in Kalifornien sowie der Wakatipu- und 26.2.7
der Tasman-Gürtel in Neuseeland genannt. In anderen Fäl- Regionale Ozeanboden-Metamorphose
len liegen die Verhältnisse nicht so modellhaft klar. So ist in
den Westalpen die Hochdruckmetamorphose eindeutig äl- Dieser Metamorphosetyp ist in seiner Bedeutung erst durch
ter als die spätere Lepontinische Phase, in der es zur Ausbil- die Fahrten des Forschungsschiffes Glomar Challenger so-
dung eines Wärmedoms in den Lepontinischen Alpen kam. wie durch das internationale Deep Sea Drilling Program
Demgegenüber findet der oligo-/miozäne Mitteldruck- (DSDP) und das Ocean Drilling Program (ODP) erkannt
gürtel im Kykladen-Kristallin, den wir am Beispiel von Naxos worden (Melson u. van Andel 1966; Miyashiro et al. 1970,
kennengelernt haben, seine Entsprechung in einem Hoch- 1971). Dabei wurden aus dem Bereich der mittelozeanischen
druckgürtel in den externen Helleniden. Er wird auf Kreta Rücken sowohl frische als auch metamorph überprägte
und dem Peloponnes durch typische Blauschiefer, Aragonit- Pillow-Basalte, Basalte des Sheeted-Dike-Komplexes, selte-
und Lawsonit-führende Karbonatgesteine sowie Ferrokar- ner auch Gabbros und Peridotite durch submarines Bag-
pholith-führende Metapelite dokumentiert. Dieser paired gern (dredging) oder durch Bohrungen gewonnen. Die
438 26 · Metamorphe Gesteine
metamorphen Gesteine sind undeformiert, zeigen also noch zur Bildung von richtungslosen Gefügen bei Horn-
verbreitet magmatische Reliktgefüge. Mit zunehmendem felsen. Andere Gruppen von metamorphen Gestei-
Grad der Metamorphose entstehen folgende Minerale neu nen leiten ihre Namen vom Mineralbestand ab – ohne
(Humphris u. Thompson 1978; Gillis u. Thompson 1993): Berücksichtigung des Gefüges, z. B. Amphibolit, Quar-
zit. Im Gegensatz zu den Magmatiten werden Bezeich-
1. Zeolithe, z. B. Analcim, Heulandit, Natrolith, Mesolith, nungen von metamorphen Gesteinen fast nie von
Skolezit; Lokalitäten abgeleitet; Lokalnamen werden nur im lo-
2. Prehnit, Epidot, Chlorit, Calcit; kalen bzw. regionalen Zusammenhang verwendet,
3. Albit, Aktinolith bis Magnesio-Hornblende, Epidot, z. B. Haibacher Gneis im Spessart, Beerbachit im
Chlorit, Talk, Quarz, Titanit; Odenwald, Bündner Schiefer in den Schweizer Al-
4. Plagioklas, Aktinolith bis Magnesio-Hornblende, pen. Ein quantitativer Klassifikationsvorschlag für
Epidot, Chlorit, Biotit, Quarz, Titanit. metamorphe Gesteine wurde von Fettes u. Desmons
(2007) vorgelegt.
Wegen der geringen Mächtigkeit der ozeanischen Erd-
kruste von ca. 5–6 km (Abschn. 29.2.1, S. 519f) sind die Drü-
cke der Ozeanboden-Metamorphose gering. Die notwen- 26.3.1
digen Temperaturen werden erreicht, weil in den mittelozea- Regionalmetamorphe Gesteine
nischen Rücken – bedingt durch das ständige Aufdringen
basaltischer Magmen – ein übernormal großer geothermi- Tonschiefer
scher Gradient herrscht (Abb. 28.9, S. 497). Demgegenüber
findet in den übrigen Bereichen der ozeanischen Kruste Tonschiefer (engl. slates) sind äußerst schwach metamor-
keine Metamorphose statt, da dort ein normaler geother- phe (anchimetamorphe) tonige Gesteine mit ausgeprägter
mischer Gradient herrscht, so dass an der Krustenbasis Schieferung (engl. slaty cleavage), die oft die ehemalige
lediglich Temperaturen von 100–200 °C erreicht werden. Ein Schichtung transversal schneidet. Die sehr feinkörnigen Ge-
wichtiges Kennzeichen der Ozeanboden-Metamorphose steine sondern in dünnen Platten (Dachschiefer, Tafelschie-
sind charakteristische Veränderungen des Gesteins-Che- fer) oder nach zwei sich kreuzenden Schieferungen stängelig
mismus durch Stoffaustausch mit zirkulierendem, erhitz- ab (Griffelschiefer). Hauptgemengteile sind Schichtsilikate
tem Meerwasser. Diese Vorgänge werden in Abschn. 26.6.3 (Sericit, Chlorit) sowie Quarz und/oder Karbonate. Ihr Men-
(S. 460f) näher behandelt. Sie führen auch zur Entstehung genanteil hat großen Einfluss auf die technischen Eigen-
von Black und White Smokers und zur hydrothermalen Erz- schaften und damit auf die praktische Verwendung von
bildung am Ozeanboden (Abschn. 23.5.1, S. 360ff). Tonschiefern. So sind Dachschiefer, die z. B. im Harz, im
Thüringischen und im Rheinischen Schiefergebirge über
26.3 26.3 Jahrhunderte abgebaut wurden, relativ quarzreich. Biswei-
Nomenklatur der regional- und len führen Tonschiefer Porphyroblasten von Pyrit, z. B. die
kontaktmetamorphen Gesteine Ballachulish Slates in Schottland.
Phyllite
Die Nomenklatur metamorpher Gesteine stützt sich
ziemlich konsequent auf Gefüge und Mineral- Als Phyllite bezeichnet man feinkörnige, sehr dünnschie-
bestand. Zur Kennzeichnung des Gefüges dienen ferige Gesteine, deren Schichtsilikate als zusammenhängen-
wenige Sammelbegriffe wie Phyllit, Schiefer, Gneis, der Überzug in der Schieferungsebene erscheinen; diese
Granulit oder Fels; diese werden durch Hinzufügen
charakteristischer Minerale und/oder besonderer
Gefügeeigenschaften präzisiert, z. B. Staurolith-
weisen daher einen charakteristischen Seidenglanz auf. Gesteine mit Schiefer-Gefüge spalten vorzüglich in
Häufig beobachtet man eine Feinfältelung, oft begleitet Millimeter- bis Zentimeter-dünne Scheiben nach
von einer Runzelschieferung (engl. crenulation cleavage). den Schieferungsflächen (S) oder in dünne Stängel
Das Korn ist im Mittel etwas gröber als bei Tonschiefern, nach den Faltenachsen (B); Gesteine mit Gneis-
aber feiner als bei Glimmerschiefern. Abgesehen von ein- Gefüge spalten in Zentimeter- bis Dezimeter-dicke
zelnen Porphyroblasten – z. B. Albit, Chloritoid, Karbo- Platten parallel S oder in zylindrische Körper paral-
nat – können die Mineralgemengteile nicht mit der Lupe lel B: Schiefer spalten in dünnere Scheiben als Gnei-
erkannt werden. Am Mineralbestand sind feinschuppige se (Wenk 1963).
Schichtsilikate (Blättchendurchmesser < 0,1 mm) insbe-
sondere Hellglimmer (Sericit, Paragonit), Chlorit, seltener
Biotit zu >50 Vol.-% beteiligt. Zweitwichtigster Gemengteil Gneise
ist Quarz, ferner können Albit, Chloritoid, Granat (Spessar-
tin-Almandin-reich), Calcit, Dolomit, Ankerit u. a. Minera- Gneise (engl. gneiss) sind demnach mittel- bis grobkör-
le beteiligt sein, z. T. auch namengebend: Albitphyllit, nige, feldspatreiche Gesteine mit ausgeprägtem Gneis-
Chloritoidphyllit. Phyllitische Gesteine mit 50–80 Vol.-% Gefüge. Typisch ist ein Lagengefüge, bei dem sich helle,
Quarz heißen Quarzphyllite, solche mit Karbonatgehalten granoblastische (s. Abschn. 26.4.2, S. 446f) Bereiche aus
von 10–50 Vol.-% Karbonatphyllite oder Kalkphyllite. Aus- Quarz und Feldspäten mit dunkleren Lagen oder Sträh-
gangsmaterial: Pelitische, Al-reiche Sedimente, wie Tone, nen abwechseln. Diese bestehen vorwiegend aus Glim-
Ton- und Siltsteine, Al-reiche Grauwacken, z. T. mit mern (auch Chlorit) oder Amphibolen und können als
kieseligen oder karbonatischen Beimengungen. charakteristische Nebengemengteile Granat, Cordierit,
Kyanit, Sillimanit, Epidot u. a. führen.
Glimmerschiefer Gneise im engeren Sinne führen Kalifeldpat, der daher
im Gesteinsnamen nicht gesondert erwähnt werden muss:
Glimmerschiefer (engl. mica schists) sind mittel- bis grob- z. B. Muscovit-Biotit-Gneis, Cordierit-Sillimanit-Gneis.
körnige metapelitische Gesteine mit ausgeprägtem Kalifeldspat-freie Gneise sollten als Plagioklas-Gneise
Schieferungsgefüge. Im Gegensatz zu den Phylliten können bezeichnet werden, z. B. Staurolith-Granat-Plagioklas-
die einzelnen Gemengteile meist schon mit freiem Auge Gneis, Hornblende-Plagioklas-Gneis, Muscovit-Chlorit-
oder mit der Lupe erkannt werden. Glimmer, insbe- Albit-Gneis. In hochdruckmetamorphen Gesteinen kann
sondere Muscovit und Biotit, seltener Paragonit sind zu die An-Komponente von Plagioklas vollständig zu Lawso-
mehr als 50 Vol.-% am Modalbestand beteiligt, in zweiter nit, die Ab-Komponente zu Jadeit + Quarz abgebaut wer-
Linie Quarz. Charakteristische Nebengemengteile können den. Auf diese Weise entstehen z. B. Jadeitgneise.
namengebend sein, z. B. Granat-Glimmerchiefer, Staurolith- Verbreitet in der regionalen Literatur sind Gefüge-
Glimmerschiefer (Abb. 26.12a) u. a. Quarz-Glimmerschie- bezeichnungen wie Flaser-, Stängel-, Platten-, Körnel-,
fer enthalten 50–80 Vol.-% Quarz, Kalk-Glimmerschiefer 10– Perl-, Streifen- oder Lagengneis.
50 Vol.-% Karbonate (Calcit, Dolomit, Ankerit). Das Aus- Ausgangsmaterial: Granite, Granodiorite, Tonalite,
gangsmaterial ist das gleiche wie bei den Phylliten. Trondjhemite, Syenite, Arkosen, Grauwacken, Feldspat-
Typische Glimmerschiefer enthalten nur wenig Feld- Sandsteine. Bei höherem Metamorphosegrad nimmt
spat; die Grenze liegt bei etwa 20 Vol.-%. Kristalline Schie- auch in metapelitischen Stoffbeständen der Anteil von
fer mit höheren Feldspatgehalten wurden im deutschen Gneisen auf Kosten der Glimmerschiefer zu, weil der
Schrifttum traditionell als Gneis bezeichnet. Es gibt je- Feldspatgehalt infolge von Entwässerungs-Reaktionen
doch auch metamorphe Gesteine mit hohem Feldspat- größer wird. So reagieren nach Gleichung (26.5a) Mus-
gehalt, die ein typisches Schieferungsgefüge aufweisen. covit und Quarz unter Bildung von Kalifeldspat + Silli-
Diese sollten daher ebenfalls als Schiefer bezeichnet wer- manit + H2O. Gneise mit sedimentärem Ausgangsma-
den, wie das im angelsächsischen und z. T. im alpinen terial werden als Paragneise, solche magmatischer Her-
Schrifttum seit langem üblich ist (Wenk 1963). kunft als Orthogneise oder spezifischer z. B. als Granit-
gneise bezeichnet.
Marmore wurden früher als Werkstein in der Außen- Blauschiefer, Glaukophanschiefer, Glaukophanit
und Innenarchitektur von Repräsentativbauten einge-
setzt; heute werden sie vorwiegend zur Herstellung von Blauschiefer (engl. blueschists) sind tiefblau bis grünlich-
Wand- und Bodenplatten abgebaut. Reine Marmore fin- blau gefärbte Metabasite, die charakteristisch für die
den technische Verwendung als Statuenmarmor; be- Hochdruckmetamorphose sind. Sie bestehen überwie-
rühmte Vorkommen liegen bei Carrara in der Toskana gend aus Glaukophan neben Pumpellyit, Lawsonit, Chlo-
(Italien), wo z. B. die Handelssorten statuario und rit, phengitischem Hellglimmer und Albit; bei höheren
arabescato gewonnen werden, auf der Kykladen-Insel Temperaturen treten auch Almandin-Granat sowie
Paros (Griechenland) und am Pentelikon-Gebirge Epidot anstelle von Lawsonit (Abb. 26.12c), bei höheren
bei Athen. Drücken tritt Jadeit anstelle von Albit auf. Infolge der
bevorzugten Orientierung der Glaukophan-Nadeln // S,
Kalksilikat-Felse und Kalksilikat-Gneise z. T. auch // B besitzen diese Gesteine eine ausgeprägte
Schieferung mit plattiger oder stängeliger Absonderung;
Steigt der Silikat-Anteil auf >50 Vol.-%, so gehen Silikat- sie können aber auch massig entwickelt sein und sollten
Marmore in Kalksilikat-Felse (engl. calc-silicate rocks) dann mit dem gefügeneutralen Namen Glaukophanit
oder in Kalksilikat-Gneise (diese mit ausgeprägtem bezeichnet werden. Ausgangsmaterial: basische Vulka-
Lagengefüge) über. Sie bestehen überwiegend aus Ca- nite und Plutonite wie bei den Amphiboliten.
und Ca-Fe-Mg-Silikaten wie Pyroxen der Diopsid-He-
denbergit-Reihe, Grossular-Andradit-Granat, Vesuvian, Eklogit
Tremolit, Wollastonit ± Quarz und wechselnden Gehal-
ten an Calcit. Ausgangsgesteine sind unreine Kalksteine Eklogite sind mittel- bis grobkörnige, massige oder ge-
und Mergel. Fe-reiche Kalksilikat-Felse bezeichnet man bänderte Metabasite bestehend aus grünem Omphacit
als Skarn (s. unten). (Augit-Jadeit-Mischkristall) und Granat (Almandin-Pyrop-
reich mit merklichem Grossular-Anteil); Nebengemeng-
Amphibolite teile sind Quarz, Kyanit, Zoisit, Phengit und Rutil. In Ek-
logiten, die mit Blauschiefern assoziiert sind, kann Epidot
Amphibolite sind mittel- bis grobkörnige Metabasite, die anstelle von Zoisit, Titanit anstelle von Rutil auftreten; un-
überwiegend aus Amphibol (meist grüne oder braune ter sehr hohen Drücken gebildete Eklogite erkennt man an
Hornblende) + Plagioklas bestehen. Diopsid-reicher Pyro- Relikten von Coesit. Eklogite enstehen im Zuge der Hoch-
xen, Granat, Epidot oder Zoisit, Biotit, Quarz und Titanit druck- und Ultrahochdruck-Metamorphose aus Basalten
sind häufig vorhanden und können bei höheren Gehalten oder Gabbros. Ihre Gesteinsdichte ist mit 3,3–3,5 g/cm3
namengebend sein, z. B. Epidot-Amphibolit. Die Amphibole merklich höher als die von Basalt (ca. 3,0 g/cm3).
sind meist eingeregelt und definieren so eine ausgeprägte
Schieferung, die zu plattiger Absonderung des Gesteins Serpentinite und andere ultramafische Metamorphite
führt; sind die Amphibole zusätzlich // der B-Achsen ein-
geregelt, sondert der Amphibolit stängelig ab. Daneben Serpentinite sind dichte, massige bis schiefrige ultramafi-
gibt es auch massige Amphibolite ohne Paralleltextur. Bei sche Metamorphite, die vorwiegend dunkelgrün gefärbt
Gehalten von >20 Vol.-% Quarz spricht man von Horn- sind. Sie bestehen überwiegend aus den Serpentin-Mine-
blende-Plagioklas-Gneisen. Hornblendefelse oder Horn- ralen Lizardit, Antigorit oder Chrysotil (Abb. 26.12d) und
blendeschiefer sind sehr arm an Plagioklas oder plagio- enthalten häufig Magnetit, Talk, Chlorit, Amphibol und
klasfrei. Ausgangsgesteine der Amphibolite sind ganz Karbonate. Häufige Mineralrelikte von Olivin, Orthopyro-
überwiegend Basalte und Andesite bzw. deren Tuffe so- xen, Diopsid-reichem Klinopyroxen und Pyrop-reichem
wie Gabbros. Granat zeigen, dass Serpentinite durch retrograde Metamor-
phose von Peridotiten gebildet wurden, wobei es zu starker
Grünschiefer H2O-Aufnahme kam. Umgekehrt führt die prograde Meta-
morphose von Serpentiniten zu Entwässerungs-Reaktionen
Grünschiefer (engl. greenschist) ist ein Sammelbegriff und zur Neubildung von Olivin, Pyroxenen und Granat.
für grün gefärbte, feinkörnige Metabasite mit ausgepräg- Technische Verwendung: Geschliffene und polierte
ter Schieferung, oft auch Kleinfältelung, die im Wesent- Serpentinite und Serpentinit-Breccien werden für Fassa-
lichen aus den grünen Mineralen Chlorit, Epidot und denplatten, besonders im Innenausbau, und zur Herstel-
Aktinolith sowie aus Sericit, Albit ± Quarz ± Karbonat lung kunstgewerblicher Gegenstände verwendet.
bestehen. Nicht geschieferte Metabasite der gleichen Durch metasomatischen Stoffaustausch zwischen Ser-
Zusammensetzung werden im Englischen als greenstones pentiniten einerseits und Pegmatiten, Graniten oder
bezeichnet. Ausgangsgesteine sind basische Vulkanite Granitgneisen andererseits entstehen nahezu mono-
und Plutonite wie bei den Amphiboliten. mineralische ultramafische Metamorphite wie Talkschie-
444 26 · Metamorphe Gesteine
Abb. 26.14.
a Ultramafischer (Mg-reicher) Hornfels,
entstanden aus kontaktmetamorph über-
prägtem Serpentinit. Gemengteile: Fin-
gerförmige Porphyroblasten von Olivin
(dunkel im Bild), Talk (hell) und etwas
Magnetit (opak). Kirchbühl bei Erben-
dorf (Oberpfalz). Bildbreite ca. 12 mm.
b Pyroxenhornfels (sog. Beerbachit) mit
gleichkörnigem Gefüge, durch kontakt-
metamorphe Überprägung eines Amphi-
bolits entstanden. Gemengteile: An-reicher
Plagioklas (hell), Hypersthen und Diopsid
(dunkel) sowie Magnetit und Ilmenit
(opak). Magnetsteine bei Nieder-Beerbach
(nördlicher Odenwald). Bildbreite ca.
5 mm. (Zeichnung: K.-P. Kelber)
fer, Chloritschiefer, Aktinolithschiefer und Biotitschiefer. Ultramafische (Mg-reiche) Hornfelse (Abb. 26.14a):
Solche sog. Blackwall-Assoziationen (Abschn. 26.6.1, Olivin, Talk, Amphibol (Tremolit, Cummingtonit/An-
S. 457f) sind wichtige Muttergesteine für die Edelstein- thophyllit), Enstatit, ±Chlorit, ±Spinell; Ausgangs-
Minerale Smaragd und Alexandrit. material: Serpentinit.
26.3.2 Skarn
Kontaktmetamorphe Gesteine
Skarne entstehen aus Kalksteinen und Dolomiten durch
Hornfels metasomatischen Stoffaustausch im Kontakt mit mag-
matischen Intrusionen. Sie sind in der Regel grobkörnig
Hornfelse i. e. S. sind massige, dicht- bis feinkörnige und führen hauptsächlich Ca-Fe-Silikate wie Hedenber-
Gesteine, die durch eine periplutonische Kontaktme- git, Fe-reiche Amphibole, Andradit-reichen Granat, Epi-
tamorphose gebildet wurden. Sie zeigen splitterigem dot, dazu seltenere Silikate, verwachsen mit sulfidischen,
Bruch, wobei die Splitter an den Kanten durchscheinend oxidischen oder anderen Erzmineralen. In den USA wer-
sind: daraus leitet sich die Bezeichnung „Hornfels“ ab. den Skarne auch als Tactite bezeichnet. Skarnerz-
Sie sind vollständig zu einem granoblastischen Mosaik- lagerstätten haben z. T. große wirtschaftliche Bedeutung
Gefüge umkristallisiert. Manche Hornfelse sind schwach (Abschn. 23.3.1, S. 351f).
porphyroblastisch. Primär geregelte Gefüge des Ausgangs-
gesteins, z. B. Schichtung bei Sedimentgesteinen oder Schie- Knoten-, Fleck-, Frucht- und Garbenschiefer
ferung bei Tonschiefern, werden durch die kontaktmeta-
morphe Überprägung weitgehend entregelt. Bei der niedriggradigen Kontaktmetamorphose ist die
Im erweiterten Sinn bezeichnet man jedes Gestein, das Umkristallisation unvollständig und die Entregelung des
unter Bedingungen der mittel- bis hochgradigen Kon- Gefüges unterbleibt. Daher ist das ehemalige Schiefe-
taktmetamorphose gebildet wurde, als Hornfels. rungsgefüge von Tonschiefern oder Phylliten noch weit-
Je nach Chemismus des Ausgangsgesteins und dem gehend erhalten. Das namengebende Schiefer-Gefüge ist
Mineralbestand lassen sich unterscheiden: also ein Reliktgefüge. Im feinkörnigen Grundgewebe bil-
den sich auf den Schieferungsebenen Porphyroblasten
metapelitische Hornfelse: Andalusit/Sillimanit, Cordi- in Form von Knoten, Flecken, Getreidekörnern (daher
erit, Biotit, Muscovit oder Kalifeldspat, Quarz, ±Pla- „Fruchtschiefer“) oder garbenartigen Aggregaten, die aus
gioklas, z. B. Andalusit-Cordierit-Hornfels; Ausgangs- Cordierit, Andalusit (Varietät Chiastolith), Biotit oder
material: Tonsteine, Tonschiefer. Chlorit bestehen (Abb. 26.3, S. 425). Bei mergeligen Schie-
Kalksilikat-Hornfelse: Diopsid, Grossular, Vesuvian, fern entstehen garbenförmige Porphyroblasten von Am-
Wollastonit, Epidot, ±Plagioklas, ±Calcit; Ausgangs- phibol. Das makroskopische Aussehen des Grundge-
material: mergelige Kalksteine, Kalkmergel. webes wird durch zusammenhängende Hellglimmer-
Hornblende-Hornfels: Hornblende, Plagioklas, ±Bio- Schichten bestimmt.
tit; Pyroxen-Hornfels: Orthopyroxen und/oder Klino- Spilosit, Desmosit und Adinol sind durch Na-Meta-
pyroxen, Plagioklas (Abb. 26.14b). Ausgangsmaterial: somatose albitisierte tonige Gesteine im Kontakt mit
basaltische Gesteine und deren Tuffe, Amphibolite. basaltischen Lagergängen (Abschn. 26.6.1, S. 457).
26.4 · Das Gefüge der metamorphen Gesteine 445
Abb. 26.15.
Trogförmige Schrägschichtung
und Strömungsmarken (flute
casts, oberhalb des Taschenmes-
sers) in Staurolith- und Sillima-
nit-führenden Metaturbiditen
der Kuiseb-Formation, Damara-
Gürtel, Khomas-Hochland
(Namibia). (Foto: Peter Kukla)
446 26 · Metamorphe Gesteine
Wechsellagerung von Metamorphiten unterschiedlicher Zu- schen Gesteinen häufig auftritt. Metamorph gebildete
sammensetzung, z. B. von Glimmerschiefern und Marmo- Großkristalle stellen keine Einsprenglinge dar, die früh
ren auf eine ehemals sedimentäre Anlage zurückführen. aus einer Schmelze auskristallisiert sind, sondern sie sind
Hinweise auf magmatische Ausgangsgesteine liefern als Porphyroblasten in einem bereits kristallisisierten
ebenfalls reliktische Verbandsverhältnisse, z. B. von ehema- Grundgewebe gewachsen. Sie enthalten häufig Einschlüs-
ligen Gängen oder Lagergängen mit ihrem Nebengestein. se von Mineralen, die auf dem prograden Metamorphose-
Pillow-Gefüge, wie sie in den Hochdruckgesteinen bei Zer- pfad gebildet wurden (Internrelikte). Einschlussreihen im
matt im Wallis (Schweiz) modellhaft aufgeschlossen sind, Innern von Porphyroblasten können mitunter ein älte-
weisen auf submarine Basalte als Ausgangsgesteine hin. res, helizitisches Gefüge abbilden, z. B. eine ältere Schie-
Orthogneise, die sich von Graniten, Granitporphyren oder ferung oder Feinfältelung. Helizitische Gefüge sind für
Rhyolithen mit porphyrischem Gefüge ableiten lassen, ent- die Aufklärung älterer Vorgänge bei der Gesteinsmeta-
halten häufig augenartige Porphyroklasten von Kalifeldspat, morphose genetisch wertvoll. Auf dem retrograden Me-
die als Inseln in blastomylonitischen Gefügebereichen er- tamorphosepfad werden die Gleichgewichtsparagenesen
halten geblieben sind (sog. Kern-Mantel-Gefüge). Beispiele des Metamorphosehöhepunktes abgebaut, und zwar
sind die Rotgneise des Sächsischen Erzgebirges und ähnli- meist unvollständig (Abschn. 26.1.1, S. 418f). Vergleich-
che Gesteine im mitteleuropäischen Varistikum, z.B. der Gold- bare Mineralfolgen können auch verschiedene Metamor-
bacher Orthogneis im Vorspessart oder die „Porphyroide“ phoseakte einer Polymetamorphose dokumentieren.
des sächsisch-thüringischen Kristallins, aber auch die Zen-
tralgneise des Tauern-Fensters (Ostalpen). Gabbroide Gefüge- Ein metamorphes Gefüge ist granoblastisch (lat. granum = Korn),
relikte zeigen z. B. die sog. Flasergabbros in der Münchber- wenn die vorherrschenden Minerale eine isometrische Gestalt be-
sitzen und keine bevorzugte Wachstumsrichtung auftritt. Blatt-,
ger Gneismasse (im Nordosten Bayerns) oder auf den In- stängel- oder faserförmige Kristalle und die durch sie dominierten
seln Syros und Samos im Blauschiefer-Gürtel der Kykladen. Gefüge wurden in der Nomenklatur von Becke als lepidoblastisch,
In Amphiboliten finden sich gelegentlich Relikte von ehe- nematoblastisch oder fibroblastisch bezeichnet. Diese Begriffe sind
maligen Klinopyroxen-Einsprenglingen, z. B. im Odenwald, jedoch überflüssig und sollten nicht mehr verwendet werden (Pas-
oder von ehemaligem ophitischen Gefüge, z. B. im Spessart. schier u. Trouw 2005). Das gleiche gilt für die Bezeichnungen
idioblastisch, subidioblastisch und xenoblastisch für metamorphe
Minerale, die durch kristallographische Wachstumsflächen begrenzt
26.4.2 sind bzw. wo diese fehlen. Hier genügen die Begriffe idiomorph (engl.
Das kristalloblastische Gefüge euhedral), subidiomorph (subhedral) und xenomorph (anhedral).
Wie der Wiener Petrograph Friedrich Becke (1903) als ers- Bereits Becke (1903) hatte die wichtigsten metamor-
ter erkannte, führt die metamorphe Umkristallisation, die phen Minerale nach abnehmender Formenergie zu ei-
unter wesentlicher Erhaltung des festen Zustands erfolgt, ner kristalloblastischen Reihe angeordnet. Formenergie
zu anderen Gefügebildern als die Kristallisation aus einer ist die Fähigkeit eines Minerals, seine eigene Kristallform
Schmelze. Bei der magmatischen Erstarrung ist zunächst ein gegen den Widerstand der umgebenden Minerale aus-
ungehindertes Wachstum der früh ausgeschiedenen Kristal- zubilden. Zu idiomorpher Entwicklung neigen besonders
le möglich, während bei der Metamorphose die einzelnen Inselsilikate wie Granat, Titanit, Staurolith, Kyanit, An-
Mineralindividuen in enger Berührung und in Konkurrenz
zu ihren Nachbarn wachsen müssen. Becke bezeichnete
diesen Gefügetypus als kristalloblastisch (grch. βλάστη
= Spross). Da die Metamorphose überwiegend unter erhöh-
ten Drücken stattfindet, sind metamorphe Gesteine stets
kompakt, niemals blasig oder zellig. Bei der Metamorphose
kommt es nicht zur Abschreckung von Gesteinsschmelzen;
deswegen sind metamorphe Gesteine fast immer holokris-
tallin und enthalten keine Skelettkristalle. Lediglich Pseudo-
tachylite, Impaktbreccien (z. B. Suevit) und Buchite kön-
nen Gesteinsglas enthalten.
dalusit, Zirkon oder Topas, aber auch Pyrit, Magnetit oder und Rotation von Gefügeelementen, wie Mineralen oder
Spinell. Bei Ketten- und Schichtsilikaten sind ebene Mineralgruppen (Passchier und Trouw 2005). Bei der
Wachstumsflächen nur noch teilweise entwickelt, so {110} Deformation von Gesteinen spielen gleitende Teilbe-
bei Amphibolen oder {001} bei Glimmern und Chlorit. wegungen entlang von Scharen paralleler Gleitebenen,
Trigonale Karbonate bilden als Porphyroblasten das die laminare Gleitung, eine besonders wichtige Rolle.
Rhomboeder {1011} aus. Xenomorph sind meist Gerüst- Das deformierte Gestein gleitet dabei in einzelnen
silikate wie Quarz, Feldspäte und Cordierit entwickelt. dünnen zusammenhaltenden Lamellen. Dabei unter-
Metamorphe Gefüge werden auch nach der Art der scheidet man zwischen homogener und inhomogener
Kornverwachsung charakterisiert. Polygonal-Gefüge Deformation, deren Kennzeichen man in folgender
(Abb. 26.16a–c) treten verbreitet in Gesteinen mit grano- Weise anschaulich machen kann (Abb. 26.17): Auf dem
blastischem Gefüge, wie Hornfelsen (26.14b), Quarziten, Schnitt eines dicken broschierten Buches werden Figu-
Marmoren (Abb. 26.13), glimmerarmen Gneisen und Gra- ren aufgezeichnet. Wenn man den Rücken des Buches
nuliten auf. Bei ausgereiften granoblastisch-polygonalen nach oben biegt, beobachtet man die Deformation der
Gefügen berühren sich häufig drei Körner in Tripelpunk- aufgemalten Figuren.
ten unter Winkeln von annähernd 120° (Abb. 26.16a). Im rechten, nicht gebogenen Teil des Buches ist jedes
Dekussate (gekreuzte) Gefüge beobachtet man bei der Blatt gegenüber dem darüber liegenden um einen bestimm-
Verwachsung von länglichen Körnern, z. B. Amphibolen ten Betrag nach links geglitten; es ist homogen deformiert.
oder Glimmern, die beliebig orientiert sind (Abb. 26.16d).
In anderen Fällen kommt es zu einer innigen Durchdrin- Bei homogener Deformation bleiben gerade, parallele
gung unterschiedlicher Mineralarten. Oft enthalten Por- Linien bzw. Flächen gerade und parallel, Parallelo-
phyroblasten, z. B. von Albit, Granat oder Staurolith so gramme bleiben Parallelogramme, Parallelepipede
zahlreiche Einschlüsse älterer Minerale, dass ein sieb- bleiben Parallelepipede; Kreise werden zu Ellipsen,
artiges Gefüge resultiert. Dieses wird als poikoblastisch Kugeln zu Ellipsoiden verformt (Sander 1950).
(grch. πόικιλος = verschieden) bezeichnet (Abb. 26.16e). Bei inhomogener Deformation, wie man sie im linken
Retrograde Abbaureaktionen führen häufig zu lamella- Teil des Buches beobachtet, ist das nicht mehr der Fall:
ren oder wurmartigen Verwachsungen von zwei oder Hier sind die Seiten des Buches gefaltet, wobei die Ge-
mehr Mineralphasen, die man ganz allgemein als raden verbogen und Kreise zu gekrümmten Figuren –
Symplektite bezeichnet. Myrmekite sind Symplektite aus nicht zu Ellipsen – deformiert sind.
Plagioklas und wurmartigem Quarz in Kontakt mit Ka-
lifeldspat. Feinverwachsene, polymineralische oder mo- Wie in unserem Modell gehen homogene Defor-
nomineralische Reaktionsprodukte können ein Mineral- mationen auch in der Natur leicht in inhomogene
korn radialstrahlig umgeben; man spricht dann von Ko- Deformationen über, die meist größere Gesteinsvolu-
rona-Gefügen (Abb. 27.1, S. 464); ein Spezialfall ist der mina erfassen als die homogenen. Hierzu gehören
Kelyphit (grch. κέλυϕος = Nussschale), eine feinstrahlige Faltungen durch Biegungen wie die Biegegleitfalten
Reaktionszone aus Klinopyroxen oder Amphibol + Spi- (Abb. 26.17b, links). Porphyroblasten beginnen zu rol-
nell um Pyrop-reichen Granat gegen Olivin (Abb. 26.16f). len; schichtweise angeordnete helizitische Einschlüsse
lassen oft die Ausgangslage des Porphyroblasten erschlie-
26.4.3 ßen und Rotationsachse und Rotationswinkel bestimmen
Gefügeregelung bei metamorphen Gesteinen (Abb. 26.22, S. 449).
(Deformationsgefüge) Grundsätzlich können wir bei der homogenen Deforma-
tion zwei verschiedene Arten von Scherung unterscheiden,
Grundbegriffe die einfache und die reine Scherung. Zwischen diesen gibt
es jedoch meist Übergänge, die allgemeine Scherung.
Durch Umkristallisation unter statischen Bedingungen,
wie sie meist bei der Kontaktmetamorphose vorliegen,
entsteht ein richtungsloses Gefüge, bei dem keine bevor-
zugte Regelung der Kristalloblasten festzustellen ist. Da-
gegen erfolgt die Regionalmetamorphose meist unter
gerichtetem Druck (differentiellem Stress); es kommt
zur Verformung (strain) und damit zur Gefügeregelung.
Durch Strain wird die Form eines Gefügeelements ver-
ändert, z. B. wird eine Kugel zu einem Ellipsoid verformt,
dem Strain-Ellipsoid mit den Hauptachsen X, Y und Z. Abb. 26.17. Laminare Gleitung an den Blättern eines Buches:
Der Begriff der Deformation ist weiter gefasst; Deforma- a undeformiert; b deformiert: rechts homogene und links inhomo-
tionsvorgänge führen darüber hinaus zur Translation gene Deformation. (Nach Sander, aus Eskola 1939)
448 26 · Metamorphe Gesteine
Bei der einfachen Scherung (engl. simple shear) erfolgt quarzen in manchen Granuliten der Fall ist. In beiden
die Deformation parallel zu einer Ebene konstanter Fällen verläuft die Deformation parallel zu den Ach-
Orientierung, die unter einem Winkel zu den Achsen sen des Strain-Ellipsoids, ist also koaxial (Abb. 26.18b).
der Verkürzung Z und der Streckung X liegt. Die Teil-
chen eines Gefügeelements bewegen sich auf paralle- Die Gefügekoordinaten eines tektonisch deformier-
len Bahnen parallel zu den Scherflächen und die Ach- ten Gesteins werden auf ein rhombisches Achsenkreuz
sen X und Z des Strain-Ellipsoids rotieren in Scher- mit den Achsen x, y und z bezogen, die manchmal, häu-
richtung. Dementsprechend verläuft die einfache fig jedoch nicht mit den Hauptachsen XYZ des Strain-
Scherung nicht-koaxial zu X und Z (Abb. 26.18a). Ellipsoids zusammenfallen. In unserem Beispiel ist die
Gute Beispiele sind die Scherung eines Kartensta- Gleitebene (Scherfläche) xy als Schieferungsebene sicht-
pels in einer Richtung oder der Seiten eines Buches bar; y (= B) ist die Fältelungsachse, die senkrecht auf xz
(Abb. 26.17b, rechts). steht (Abb. 26.19). Zur Bezeichnung der verschiedenen
Bei der reinen Scherung (engl. pure shear) werden die Flächenlagen im Achsenkreuz xyz verwendet man die
Gefüge-Elemente in Richtung der Z-Achse des Strain- kristallographischen Indizes hkl (Abb. 1.7, S. 8). Flächen
Ellipsoids verkürzt, senkrecht dazu ausgedehnt; die in der Zone parallel zur y-Achse werden z. B. als (h0l)-
Teilchen bewegen sich auf gekrümmten Bahnen, die Flächen bezeichnet. Petrographische Dünnschliffe von
symmetrisch zu den Achsen des Strain-Ellipsoids ver- metamorphen Gesteinen sollten stets in den Ebenen xz
laufen. Dabei führt eine Streckung in X(X > Y = Z) zu (d. h. ⊥ y) und/oder yz (d. h. ⊥ x) angelegt werden, um
prolater (zigarrenartiger) Form, während eine aussagekräftige Informationen über die Gefügemerkma-
Plättung nach YX (Z < Y = X) oblate (pfannkuchen- le eines Gesteins zu gewinnen.
artige) Formen erzeugt, wie das z. B. bei den Platten-
Arten der Gefügeregelung
Lineare Parallelgefüge (mit B-Achsen): Sie treten stellt ist, bilden die helizitischen Einschlüsse S-förmige Ein-
in metamorphen Gesteinen ebenfalls häufig auf. schlusswirbel, die entgegen dem Uhrzeigersinn (Pfeile) ro-
Lineationen entstehen z. B. als Rutschstreifen auf Har- tiert sind und damit den Drehsinn sichtbar machen. Es folgt
nisch-Flächen, durch Formregelung langgestreckter im Stadium (6) ein posttektonisches Wachstum in einem
Minerale, durch Streckung von Gefügeelementen Randsaum, der von der Deformation nicht mehr beeinflusst
(Streckungslinear), z. B. Geröllen, durch Überschnei- wurde (vgl. hierzu Robyr et al. 2007). Demgegenüber wer-
dung von zwei verschiedenen Schieferungsebenen, den die helizitischen Einschlussreihen lediglich gedreht,
durch Fältelungen und Crenulationen (Runzelungen); wenn ein Porphyroblast postkristallin deformiert wird. Bei
auch Faltenachsen können sich als Lineationen be- posttektonischer Kristallisation bleibt die – gerade oder ge-
merkbar machen. fältelte – Anordnung der Einschlüsse in einem Porphyro-
blasten in der gleichen Anordnung erhalten, wie sie vor der
Sehr häufig ist die Gesteinsmetamorphose mit Kristallisation bestand (Abb. 26.23, 26.24).
mehreren Deformationsphasen D 1 , D 2 , D 3 … ver-
knüpft, die sich in der Ausbildung unterschiedli-
cher Schieferungen S1, S2, S3 … oder Falten-Genera-
tionen F1, F2, F3 … äußern können. Dabei können die
verschiedenen Deformationen durchaus zu einem
einzigen prograden und retrograden Metamorphose-
zyklus gehören. In vielen Fällen entsteht bei der Faltung
der ersten Schieferung S1 eine zweite Schieferung S2
(Abb. 26.20).
Wie schon mehrfach betont, ist die Regionalmetamorpho- Abb. 26.21. Kennzeichen für postkristalline Deformation: a undu-
löse Auslöschung und Deformationsbänder in einem Quarzkorn;
se durch ein vielfältiges Zusammenspiel von Deformations- b Plagioklas mit gewellten Deformationszwillingen; c zerbrochener,
und Umkristallisationsvorgängen gekennzeichnet. Häufig d fragmentierter Granat, jeweils von Glimmerbahnen (// S) um-
lässt sich die zeitliche Aufeinanderfolge dieser Prozesse flasert; e genickter Biotit. (Nach Spry 1983)
durch sorgfältige Gefügestudien unter dem Mikroskop
zumindest teilweise entschlüsseln. Danach kann die Kris-
tallisation eines metamorphen Minerals prätektonisch,
syntektonisch oder posttektonisch in Bezug auf eine be-
stimmte Deformationsphase erfolgen. Prätektonisch ge-
wachsene Minerale können postkristallin deformiert wer-
den (Abb. 26.21). Beim syntektonischen Wachstum eines
Granat-Porphyroblasten wird dieser rotiert und S-förmig
oder birnenförmig deformiert (Abb. 26.22a, 26.12c). Wie in
Abb. 26.22b in einzelnen Stadien (1–5) schematisch darge-
Deformationsmechanismen
miert. Wird dagegen der Stress längere Zeit aufrechterhal- zwillingen (Deformationszwillingen) verformen. Wäh-
ten, so wird die Fließgrenze (engl. yield strength oder yield rend Wachstumszwillinge gerade oder gestufte Zwillings-
stress) überschritten und der Kristall muss sich plastisch ebenen aufweisen, laufen Druckzwillingslamellen meist
verformen (Abb. 26.25a,c). Dieser Vorgang, der beim Quarz spitz zu und keilen aus, z. B. bei Plagioklas gegen die
bei Temperaturen von knapp 300 °C, bei den Feldspäten bei Kornmitte (Abb. 26.21b), beim Calcit zum Kornrand hin.
ca. 350 °C eintritt (Passchier u. Trouw 2005), ist nur mög- Wird in bestimmten Bereichen eines deformierten Kris-
lich, wenn sich die relative Position der Atome und Atom- talls die Zahl der Stufen- und Schraubenversetzungen er-
gruppen in der Kristallstruktur dauerhaft verändert, was höht, so kommt es zu einem Anstieg der inneren Strain-
durch das Wandern von Strukturdefekten geschieht. Dabei energie, die einen Beitrag zur gesamten Freien Enthalpie
bleibt die Kristallstruktur als solche erhalten und es kommt des Systems leistet (Abschn. 27.1.3, S. 466ff). Diese ist pro-
auch nicht zum mechanischen Bruch (Abb. 26.26). portional zur Versetzungsdichte, d. h. der Gesamtlänge der
Versetzungen bezogen auf ein bestimmtes Gesteinsvolumen.
Jeder Kristall enthält Strukturdefekte, wobei sich Punktdefekte und Eine hohe Versetzungsdichte äußert sich z. B. mikroskopisch
Liniendefekte (Versetzungen) unterscheiden lassen. Bei Punktdefekten
fehlen Atome an bestimmten Punkten der Kristallstruktur, wodurch
in undulöser Auslöschung bei gekreuzten Polarisatoren, wie
Leerstellen entstehen, oder die Atome befinden sich auf Zwischen- man sie beim Quarz häufig beobachtet (Abb. 26.21a). Um
gitterplätzen. Baut man Teile von Gitterebenen zusätzlich in die Struk- die Versetzungsdichte und damit die innere Strainenergie
tur ein, so entstehen Stufenversetzungen; verschiebt man einen Teil zu minimieren, treten Ordnungsmechanismen in Aktion,
der Kristallstruktur um einen Gitterblock, bilden sich Schrauben- die man unter dem Begriff Erholung (recovery) zusammen-
versetzungen. Beide Versetzungstypen treten häufig kombiniert auf.
fasst. Dabei konzentrieren sich die Versetzungen immer
Richtung und Betrag der Gitterverschiebung werden durch den Bur-
gers-Vektor angegeben (z. B. Kleber et al. 1998). mehr in bestimmten Zonen; dadurch entstehen Deforma-
tionsbänder (Abb. 26.21a), und schließlich zerfällt der Kris-
Das Wandern von Versetzungen bezeichnet man als tall in Subkörner, die durch Kleinwinkelkorngrenzen (engl.
Versetzungsgleiten (engl. dislocation glide). Dieses wird subgrain boundaries) voneinander geschieden werden.
behindert, wenn sich in der Kristallstruktur ein Fremd-
köper, z. B. ein Mineraleinschluss befindet. Das Hinder- Rekristallisation. Ein weiterer Prozess zur Minimierung der
nis kann jedoch dadurch überwunden werden, dass Leer- inneren Strain-Energie ist die Rekristallisation, bei der Kris-
stellen in die Versetzungsebene einwandern (Passchier talle mit niedriger Versetzungsdichte auf Kosten von sol-
u. Trouw 1996, Abb. 15.10). Dadurch können die Verset- chen mit hoher Versetzungsdichte wachsen. Das kann durch
zungen das Hindernis überklettern, ein Vorgang, der als Korngrenzenwanderung oder durch Subkornrotation ge-
Versetzungskriechen (engl. dislocation creep) bezeichnet schehen. Allgemein werden die Prozesse der Erholung und
wird. Intrakristalline Deformation durch Versetzungs- Rekristallisation durch hohe Temperaturen begünstigt,
gleiten ist an bestimmte kristallographische Richtungen während eine hohe Strain-Rate die Verzerrung von Kris-
gebunden; sie führt daher zur Gitterregelung. tallstrukturen begünstigt und zur Erhöhung der Verset-
Während das Deformationsverhalten von Quarz bei zungsdichte führt. Dynamische Rekristallisation findet un-
niedrigen Temperaturen <300 °C hauptsächlich durch ter andauernder, statische Rekristallisation bei ausklingen-
Sprödbruch und Drucklösung bestimmt ist, werden im der oder fehlender Deformation statt.
Temperaturbereich von 300–400 °C Versetzungsgleiten und Ein idealer Kristall müsste unendlich groß sein. Da das
Versetzungskriechen zu wichtigen Faktoren. Bei mittleren in der Realität nicht der Fall sein kann, stellen auch die Korn-
und hohen Temperaturen dominiert dann beim Quarz das grenzen bereits einen Strukturdefekt dar. Dementsprechend
Versetzungskriechen. Feldspäte werden <300 °C hauptsäch- leistet auch die Oberflächenenergie zur gesamten Freien En-
lich bruchhaft deformiert, doch treten Sprödbrüche und thalpie des Systems einen Beitrag. Dieser wird erniedrigt,
Knickungen auch noch bei mittleren Temperaturen auf, je- wenn der relative Flächenanteil der Korngrenzen reduziert
doch tritt bei T-Erhöhung zunehmend das Versetzungs- wird (grain boundary area reduction). Deshalb besteht bei
gleiten hinzu (Passchier u. Trouw 2005). der Rekristallisation metamorpher Gesteine eine starke Ten-
Einige Minerale, insbesondere Plagioklas und Calcit, denz zur Ausbildung großer, polygonaler Kristalle mit ebe-
lassen sich durch die Bildung von lamellaren Druck- nen Korngrenzen. Bei Mineralen, die nur schwach anisotrop
Abb. 26.26.
Deformation eines Kristalls durch Bewe-
gung einer Stufenversetzung von links nach
rechts; dadurch wird die obere Hälfte des
Kristalls um eine Gitterkonstante nach
rechts verschoben. Zur Verdeutlichung ist
eine Gitterebene blau markiert; Blick-
richtung ⊥ zur Stufenversetzung.
(Nach Passchier u. Trouw 1996)
452 26 · Metamorphe Gesteine
sind, bei denen also die Oberflächenenergie wenig rich- Diffusionskriechen im festen Zustand (engl. solid-state
tungsabhängig ist, wird die Ausbildung von Gleichgewichts- diffusion creep) kommen, bei dem Leerstellen durch die
gefügen begünstigt; hierbei treffen sich die Körner unter Kristallstruktur oder entlang von Korngrenzen wandern.
Tripelpunkten von nahezu 120° (Abb. 26.16a, S. 446). Das Besonders in feinkörnigen Mineral-Aggregaten können
ist z. B. bei Quarz, Feldspäten, Cordierit, Granat, Karbona- Kristalle aneinander vorbeigleiten, begünstigt durch eine
ten, bei Pyrit und Magnetit der Fall. Demgegenüber ist die intergranulare Fluid-Phase (grain-boundary sliding).
Oberflächenenergie bei Amphibolen oder Glimmern stark Dieser Prozess spielt wahrscheinlich die Hauptrolle, wenn
anisotrop, so dass bevorzugt die Flächen {110} bzw. (001) Gesteine superplastisch deformiert werden. Der in der
ausgebildet werden und dementsprechend die Winkel von Metallurgie geprägte Begriff der Superplastizität bezieht
120° abweichen (Abb. 26.16b–d). sich auf sehr feinkörnige Aggregate (<10 μm) von iso-
metrischen Kristallen, die trotz Deformation unter sehr
Kristalloplastische Deformation. Bei sehr hohen Tempera- hohen Strain-Raten keine starke Form- oder Gitter-
turen kann es zur kristalloplastischen Deformation durch regelung aufgeprägt bekommen.
Abb. 26.27.
Metatektischer Migmatit, gesägte
und polierte Platte eines nordischen
Geschiebes. Als Paläosom erkennt
man (1) einen glimmerreichen, me-
tapelitischen Paragneis (dunkel)
mit vereinzelten sandigen Lagen
(Mitte links) und (2) einen wesent-
lich Plagioklas-reicheren Paragneis,
der wohl auf eine ehemalige Grau-
wacke zurückgeht (ganz rechts und
links oben). Nach den Verbandsver-
hältnissen lassen sich zwei verschie-
dene Leukosom-Typen unterschei-
den: Der metapelitische Paragneis
enthält granitische Metatekte, die
lagenweise parallel zur Schieferung
eingeschaltet und teilweise von dunk-
len Restit-Lagen (Melanosomen)
gesäumt sind. Diese Metatekte sind
durch partielle Aufschmelzung des
Paragneises entstanden, und zwar
wahrscheinlich in situ (Ektekte).
Demgegenüber geht ein zweiter Typ
von granitischem Metatekt eindeutig auf eine Teilschmelze zurück, die von außen zugeführt wurde und vermutlich auf einer Störung in den
Gneisverband eingedrungen ist (Entekt). Mineralogisches Museum der Universität Würzburg. (Foto: K.-P. Kelber)
Abb. 26.28.
Diatektischer Migmatit in der
höchstgradigen Metamorphose-
zone des panafrikanischen Da-
mara-Orogens. Das inhomogen-
schlierige Fließgefüge mit Resten
von metatektischem Gneis ent-
stand durch einen partiellen Auf-
schmelzprozess vor ca. 530 Ma;
jüngere Granitgänge (rechts) in-
trudierten vor ca. 505 Ma (Kukla
et al. 1991; Jung und Mezger 2001).
Davetsaub, Khomas-Hochland,
Namibia. (Foto: Peter Kukla)
26.5 · Bildung von Migmatiten durch partielle Anatexis 453
Der Schmelzanteil, der sich in einem metamorphen Ge- H2O-Druck merklich ab). Bei 730 °C waren bereits 40–50 % des Tons
stein unter einem gegebenen Druck zu bilden vermag, hängt aufgeschmolzen, wobei die kotektische Erstschmelze stets ärmer an
Al2O3, jedoch reicher an SiO2 und an Alkalien ist als der ursprüngli-
nicht nur von der Höhe der erreichten Temperatur und dem
che Ton. Mit ansteigender Temperatur änderte sich die Schmelz-
H2O-Gehalt ab, sondern auch von der pauschalen Gesteins- zusammensetzung von leukogranitisch über normalgranitisch zu
zusammensetzung, insbesondere vom Mengenanteil an granodioritisch. Bei 810 °C war aus dem ehemaligen Ton bereits bis
hellen und dunklen Gemengteilen und vom Quarz-Alkali- zu 80 % Schmelze entstanden. Der nicht aufgeschmolzene metamor-
feldspat-Plagioklas-Verhältnis. So kann bei geeigneten phe Rest des ehemaligen Tons bestand aus An-reichem Plagioklas und
verschiedenen dunklen Gemengteilen als Reaktionsprodukten.
P-T-aH2O-Bedingungen ein granitischer Orthogneis fast voll-
Grauwacken besitzen höhere Alkaligehalte als Tone. Sie begannen
ständig, ein Metapelit dagegen nur partiell aufschmelzen. deshalb unter dem gleichen H2O-Druck bereits bei 685 °C zu schmel-
Daher können Metatexite und Diatexite in einem Kristal- zen, weil sich ihr Qz-Ab-Or-Verhältnis unter einem Druck von 2 kbar
lingebiet in enger Nachbarschaft nebeneinander auftreten. näher am Temperaturminimum M (Abb. 20.3, S. 315) befindet. Mit an-
steigender Temperatur änderte sich die Zusammensetzung der
Lagige Migmatite, die Metatexiten ähneln, können sich auch durch Schmelze wie im Fall des Tons von leukogranitisch über normal-
metamorphe Segregation im Subsolidus-Bereich bilden. Wichtiges granitisch zu tonalitisch. Bei etwa 780 °C waren 70–95 % der ehemali-
Kriterium für die Anwesenheit einer Schmelze ist das diskordante gen Grauwacke aufgeschmolzen.
Verhalten von Leukosomen (z. B. Sawyer u. Barnes 1988). Ähnliche experimentelle Ergebnisse wurden an verschiedenen
Der mikroskopische Nachweis, dass es während der prograden Biotit-führenden Metasedimenten erhalten. So setzte bei einem Stauro-
Metamorphose zur Bildung von Teilschmelzen gekommen ist, lässt lith- und Granat-führenden Metapelit aus dem Spessart die partielle
sich in den meisten Fällen nicht so leicht führen, da die gebildeten Aufschmelzung unter einem H2O-Druck von 7 kbar bei einer Tempera-
Schmelzen bei der nachfolgenden Heraushebung und Abkühlung des tur von rund 660 °C ein. Das entspricht annähernd der Temperatur an
Gesteins wieder auskristallisieren, sei es auf Korngrenzen unmittel- der Soliduskurve eines Gemenges von Plagioklas (An 30) + Quarz + H2O
bar am Ort ihrer Bildung oder in den Leukosomen. Eine Ausnahme im Modellsystem Qz–Ab–An–H2O (Johannes u. Holtz 1996, Abb. 8.1).
bilden die Buchite, Gesteine, die am Kontakt mit Vulkaniten unter nied-
rigen Drucken kurzzeitig auf >1000 °C aufgeheizt und danach rasch Auf Orthogneise granitischer Zusammenetzung lässt sich
wieder abgeschreckt wurden. Dabei blieben die gebildeten Teilschmel- das vereinfachte Modellsystem Qz–Ab–Or–H2O anwenden;
zen in Form von Gesteinsglas erhalten (Abschn. 28.3.7, Abb. 28.11, in diesem beträgt die Temperatur des Schmelzminimums
S. 505). Weitere mikroskopisch erkennbare Gefügekriterien für parti-
elle Anatexis wurden von Holness et al. (2011) herausgearbeitet. bei PH2O = 5 kbar etwa 640 °C (Abb. 20.3).
Die granitischen Erstschmelzen, die mit Erreichen der
26.5.2 Solidus-Temperatur in einem metamorphen Gestein ent-
Experimentelle Grundlagen für die anatektische Bildung standenen sind, kristallisieren zu einem Gemenge aus Quarz
von Migmatiten + Kalifeldspat + Plagioklas aus; sie bilden die Leukosome
eines Migmatits. Diese sind im Vergleich zum Paläosom an
Bei der partiellen Anatexis metamorpher Gesteine unter An- SiO2, Na2O und K2O angereichert, während gleichzeitig FeO,
wesenheit von Wasser gehen hauptsächlich Quarz,Alkalifeld- MgO und CaO im Melanosom relativ zunehmen.
spat und Plagioklas in die Schmelze ein. Demgegenüber wer- Wie die experimentellen Untersuchungen im einfachen
den zunächst nur sehr geringe Mengen von dunklen Gemeng- Modellsystem gezeigt haben, sind diese Erstschmelzen an
teilen in der Schmelze gelöst. Sie bilden zusammen mit einem H2O gesättigt. Dabei sinkt mit steigender Temperatur der
Überschuss an Plagioklas und/oder Quarz sowie Biotit oder H2O-Gehalt, der notwendig ist, um die Schmelze mit H2O
Hornblende und Reaktionsprodukten wie Cordierit, Sillima- zu sättigen; dementsprechend kann der Aufschmelzgrad
nit, Granat oder Pyroxen das kristalline Restgestein (Restit). zunehmen (Abb. 20.6, S. 317). Bei einem ursprünglichen
Bereits in Abschn. 20.2 (S. 313ff) hatten wir die experi- H2O-Gehalt von 2 Gew.-% und einem Gesamtdruck von
mentellen Grundlagen für die anatektische Bildung graniti- 5 kbar, können am Solidus bei 645 °C nur 20 % Schmelze
scher, granodioritischer und tonalitischer Schmelzen im ver- gebildet werden, da 10 Gew.-% H2O für die Sättigung nötig
einfachten Modellsystem Qz–Ab–An–Or–H2O behandelt. sind; demgegenüber beträgt der Schmelzanteil bei 785 °C
Hier wollen wir nun Ergebnisse von Hydrothermal-Experi- bereits 50 %, bei 880 °C sogar 100 %, da der für die Sätti-
menten kennenlernen, mit denen das Schmelzverhalten gung notwendige H2O-Anteil auf 4 bzw. 2 Gew.-% gesun-
natürlicher Tonsteine, Grauwacken und anderer klastischer ken ist. Das für diesen partiellen Schmelzvorgang erforder-
Sedimentgesteine untersucht wurde (zusammenfassend dar- liche H2O stammt aus Entwässerungs-Reaktionen bei der
gestellt von Winkler 1979). Derartige Gesteine werden bei prograden Metamorphose (Abschn. 27.2.2, S. 471ff), die z. T.
der prograden Gesteinsmetamorphose zu Glimmerschief- noch unterhalb der Solidus-Temperatur abgelaufen sind
ern und Paragneisen umgeprägt. Die experimentell erzeug- oder während des Aufschmelzens oberhalb der Solidus-
ten Schmelzerscheinungen geben wichtige Hinweise auf die Temperatur im Melanosom ablaufen. Dementsprechend
natürlichen Bildungsmechanismen von Migmatiten. bestehen Melanosome von Migmatiten größtenteils aus
H2O-freien Mafiten als Mineralneubildungen neben verblie-
Aus einem natürlichen Ton entsteht im Experiment unter einem H2O-
Druck von 2 kbar eine anatektische Schmelze von leukogranitischer benen mafischen Mineralresten.
Zusammensetzung bei einer Temperatur zwischen 700 und 720 °C. (In Paragenesen mit (OH)-haltigen Mineralen können auch
Analogie zu Abb. 20.9, S. 320 nimmt diese Temperatur bei steigendem bei sehr geringer H2O-Aktivität oder ohne Anwesenheit
26.5 · Bildung von Migmatiten durch partielle Anatexis 455
eines freien, H2O-reichen Fluids partiell aufschmelzen. Ein wurden. Diese Leukosome bezeichnet man auch als
Beispeil für dieses Dehydratations-Schmelzen ist der Abbau Entekte, im Gegensatz zu den in situ gebildeten Ektekten.
von Muscovit in Gegenwart von Quarz und Albit nach Da eine sichere Unterscheidung zwischen diesen beiden
Reaktion (27.11a) (Abb. 27.10, S. 475), der bei einem Typen nicht immer möglich ist, sollte man eher den neu-
Gesamtdruck von 5 kbar bei ca. 660 °C abläuft. Demgegen- traleren Ausdruck Metatekt verwenden. Das sicherste Kri-
über erfordert das Dehydratations-Schmelzen von Biotit terium ist der dunkle Restit-Saum, von dem typische
oder Hornblende deutlich höhere Temperaturen. So schmel- Ektekte oft begleitet werden, was bei Entekten nicht der
zen Amphibolite druckabhängig erst über ca. 800 °C und Fall ist (Abb. 26.27). Man muss jedoch auch damit rechnen,
bringen zudem mengenmäßig weniger Leukosom hervor dass in situ gebildete Metatekte auf Quarz-Feldspat-reiche
als Metapelite oder gar Metagrauwacken. Deswegen wer- Lagen zurückgehen, die bereits primär im sedimentären
den Amphibolite – ebenso wie Quarzite und Kalksilikat- Ausgangsgestein als sandige Lagen vorhanden waren, z. B.
Gesteine – meist von der Anatexis verschont; in Migmatit- in einem Sedimentpaket mit gradierter Schichtung. In die-
Gebieten trifft man sie häufig als kaum veränderte Ein- sem Falle käme es bei geeigneten P-T-aH2O-Bedingungen
schlusskörper, sog. Resisters, an. zu selektiver Aufschmelzung, während die benachbarten
glimmerreichen (ehemals tonigen) Lagen noch nicht
26.5.3 schmelzen (Johannes 1988). Dabei können durchaus
Stoffliche Bilanz bei der Entstehung von Migmatiten in-situ-Leukosome ohne ausgeprägten Restit-Saum ent-
stehen. Eine weitere, zusätzliche Möglichkeit zur selek-
In seinen klassischen Arbeiten zur Genese der Migmatite tiven Anatexis ist ein kanalisierter Fluidfluss, durch den
im Schwarzwald hatte Mehnert (zusammengefasst 1971) die H2O-Aktivität lagenweise erhöht wird. Stoffbilanz-
das Modell der pauschalen Stoffkonstanz entwickelt. rechnungen in Migmatit-Gebieten sind also keine trivi-
Danach würde für den einfachen Fall der partiellen In- ale Angelegenheit (z. B. Olsen in Ashworth 1985).
situ-Anatexis gelten:
Darüber hinaus könnte bei der Migmatisierung auch ein lokal begrenz-
ter metasomatischer Stoffaustausch stattfinden; doch ist mit der Wirk-
Paläosom = Leukosom + Melanosom
samkeit regionaler „metasomatischer Fronten“, die in der Diskussion
um die Entstehung von Migmatiten und Graniten um die Mitte des
(Abb. 26.29). Schon Mehnert war jedoch klar, dass die 20. Jahrhunderts eine Rolle gespielt haben, nicht zu rechnen.
Verhältnisse meist viel komplizierter sind. Insbesondere
treten in Migmatiten sehr häufig Leukosome auf, die nicht 26.5.4
an Ort und Stelle gebildet wurden, sondern von außer- Die globale geodynamische Bedeutung
halb, insbesondere aus tieferen Krustenteilen zugeführt der partiellen Anatexis
meisten metamorphen Gesteine überschritten. Es kommt nach außen oder nach oben hin abfließen kann. Dabei wer-
zur partiellen Anatexis unter Bildung von Migmatiten den Deformation und Wärmefluss in engen Zonen konzen-
(braun) und granulitischen Restgesteinen, wobei sich die triert, die im Liegenden durch flache Aufschiebungen, im
Schmelze zunächst auf Korngrenzen konzentriert, die bei Hangenden durch flache Abschiebungen begrenzt sind. Wie
einem Schmelzanteil von etwa 7 Vol.-% bereits zu 80 % geophysikalische Untersuchungen im Gebirgssystem des
mit Schmelze bedeckt sind. Wie Hochdruck-Experimente Himalaya und im nördlich anschließenden Tibet-Plateau
von Rosenberg u. Handy (2005) zeigen, hat das Gestein belegen, werden hierbei laterale Transportbeträge von
dadurch 80 % seiner ursprünglichen Festigkeit einbüßt. hunderten von Kilometern erreicht, großräumige Fließ-
Diese Tatsache ist von entscheidendem Einfluss auf die prozesse, welche die Mächtigkeit von Faltengebirgs-Gürteln
Rheologie der kontinentalen Kruste, auf die Art ihrer und die möglichen Beträge ihrer Heraushebung einschrän-
Deformation und auf Prozesse der Gebirgsbildung. ken. In dieser kontinentalen Kollisionszone zwischen Indi-
Wie Abb. 26.30 schematisch zeigt, löst sich die Schmelze, scher und Eurasischer Platte begann die partielle Anatexis
die an den Korngrenzen der Minerale gebildet wird, allmäh- vor ca. 30 Ma, während es erst vor 23–20 Ma zu verbreite-
lich ab und sammelt sich in fokussierten Leitungsbahnen, ten Intrusionen von Leukograniten und Zweiglimmer-
und zwar zunächst in Leukosomen später in magmatischen graniten kam. Geophysikalisch lässt sich nachweisen, dass
Gängen (Sawyer et al. 2011; Brown et al. 2011). Nach Über- noch heute unter dem Tibet-Plateau Schmelzen existieren.
schreiten des rheologisch kritischen Schmelzanteils von
26.6 25–40 Vol.-% kann das Magma in die mittlere Erdkruste ein- 26.6
dringen und dort z. B. Gangschwärme bilden. Die magma- Metasomatose
tische Schmelze sammelt sich in Magmenkammern und bil-
det große Plutone (Kap. 15, Abb. 15.1, S. 258), typischerweise Nur in besonderen, wenn auch nicht seltenen Fällen
in Tiefen von 15–12 km, im Grenzbereich zwischen der sich kommt es im Zusammenhang mit der Gesteinsmeta-
duktil verhaltenden mittleren kontinentalen Erdkruste und morphose zu Umsetzungen und Austauschreaktionen
der spröden kontinentalen Oberkruste. Ein Teil der Mag- mit überkritischen Fluiden oder hydrothermalen Lö-
men erreicht auch die Erdoberfläche und bildet Vulkane. sungen, die sich auf den Korngrenzen zwischen den
Untersuchungen von Jamieson et al. (2011) zeigen, dass Mineralkörnern als Intergranularfilm bewegen. Sie
die erweichte Erdkruste entlang von Druck-Gradienten, die können lokal einen erheblichen Stoffaustausch, d. h.
im Zusammenhang mit Gebirgsbildungs-Prozessen stehen, eine Zufuhr und/oder Abfuhr von chemischen Kom-
ponenten bewirken, wobei das betroffene Gestein im
Wesentlichen im festen Zustand verbleibt. Ein solcher
Vorgang wird als Metasomatose bezeichnet, im Falle
der Zufuhr von Lösungen oder Fluiden auch als
Infiltrations-Metasomatose. Demgegenüber dürfte die
Diffusions-Metasomatose, bei der die chemischen
Komponenten durch die mit wässeriger Lösung er-
füllten Poren im Gestein diffundieren, viel seltener
auftreten. Die intrakristalline Diffusion von Ionen,
Atomen oder Ionengruppen innerhalb der Mineral-
körner ist ein viel zu langsamer Vorgang, um einen
effektiven Stoffaustausch zu gewährleisten.
Metasomatose-Prozesse sind oft eine zeitliche Nach-
wirkung oder räumliche Fernwirkung magmatischer
Vorgänge. So finden sie bevorzugt im Bereich einer
Kontaktmetamorphose statt und werden dann als
Kontaktmetasomatose bezeichnet. Hier können die
Stoffumsätze lokal sehr groß sein. Haben derartige
Vorgänge im Anschluss an die magmatische Kristalli-
sation innerhalb des Magmatitkörpers selbst stattge-
funden, so spricht man von einer Autometasomatose.
Auch bei der Bildung von Migmatiten können
lokal metasomatische Vorgänge auftreten. Dem-
gegenüber läuft die Regionalmetamorphose meist ohne
Abb. 26.30. Schematisches Profil durch die kontinentale Erdkruste: größere Stoffverschiebungen ab. Allerdings muss man
Bildung von Granit-Magmen durch partielle Anatexis in der unte- berücksichtigen, dass insbesondere H2O-reiche Flui-
ren und Aufstieg der Magmen in die mittlere bis obere Erdkruste.
Erläuterung im Text. (Nach Sawyer et al. 2011)
de, die bei Entwässerungs-Reaktionen freigesetzt wer-
26.6 · Metasomatose 457
den, chemische Komponenten aus dem Gestein lösen Bildung hochhydrothermaler Imprägnationen mit Anreiche-
und wegtransportieren können, so dass das Modell ei- rung von Wolframit, Molybdänit und Kassiterit. An Stelle
ner isochemischen Metamorphose nicht immer streng von Wolframit tritt in kontaktmetasomatisch verdrängten
erfüllt ist. Bei Metasomatose-Prozessen besitzt H2O als Karbonatgesteinen naturgemäß das Ca-Wolframat Scheelit
Transportmittel für weniger mobile Komponenten oder auf. Die wirtschaftlich wichtigsten Skarnlagerstätten sind in
als Reaktionspartner eine große Bedeutung. Tabelle 23.1 (S. 352) zusammengestellt. Ähnlichkeiten mit
Skarnerz-Lagerstätten haben die polymetamorphen Sulfid-
erz-Lagerstätten des baltischen Schildes, die einst eine sehr
26.6.1 große Bedeutung hatten, wie Falun in Mittelschweden und
Kontaktmetasomatose Boliden in Nordschweden.
Bei der Besprechung der periplutonischen Kontaktmetamor- Die Alkalimetasomatose mit Zufuhr von Na und K kann ein
phose (Abschn. 26.2.1, S. 424ff) hatten wir bereits Beispiele besonderes petrologisches Interesse beanspruchen.Vorzugs-
von periplutonischer Kontaktmetasomatose beschrieben; weise neigen Alkali- und Karbonatit-Magmen zu einem derar-
daher werden sie an dieser Stelle nur kurz erwähnt. Das gilt tigen metasomatischen Stoffaustausch mit ihrer Umgebung.
auch für den Fall einer Bor- und einer Bor-Fluor-Metasoma- Bekannt hierfür ist besonders der Fen-Distrikt in Südnor-
tose mit Bildung von Turmalin und Topas in Kontaktaureo- wegen, wo die mittelproterozoischen Granitgneise der Tele-
len des westerzgebirgischen Granitmassivs. Hier und in zahl- mark-Serie vor ca. 580 Ma durch die Intrusion von Foidoliten,
reichen anderen Vorkommen stammen die flüchtigen B- insbesondere Ijolithen (Abschn. 13.2.2, S. 234) und Nephelin-
und F-Verbindungen aus den Restdifferentiaten eines Gra- syeniten, von Karbonatiten und von ultramafischen Alkali-
nitplutons. Bekannt sind insbesondere die intensiven Turma- Lamprophyren in mehreren Stadien kontakt-metasomatisch
linisierungszonen innerhalb mehrerer Granitanschnitte und umgewandelt wurden. Dabei entstanden Na-Pyroxene wie
deren Kontaktaureolen in Cornwall.Verdrängungsvorgänge Ägirin und Ägirinaugit, Na-Amphibole wie Riebeckit, Mag-
haben hier und an anderen Orten mitunter zu monomine- nesio-Arfvedsonit und (Ferro-)Richterit Na2Ca(Mg,Fe)5
ralischen Turmalinfelsen geführt. Turmalin und Topas ver- [(OH,F)2/Si8O22], Phlogopit, Stilpnomelan sowie Alkali-
drängen meist nicht nur den Hornfels, sondern auch rand- feldspäte, insbesondere Perthit mit variablem Na/K-Verhält-
liche Teile des Granits selbst und dessen Ganggefolge, beson- nis und fast reiner Albit (Kresten und Morogan 1986; Ander-
ders Aplitgänge. Hieraus schließt man, dass die Metasomatose sen 1989). Brögger (1921), der diese Vorgänge erstmals un-
erst nach der Platznahme und Kristallisation des Plutons tersucht hatte, bezeichnete das Endprodukt dieser Na-Meta-
bei der periplutonischen Kontaktmetamorphose erfolgte. somatose als Fenit und den Vorgang als Fenitisierung.
Im Unterschied hierzu beobachtet man gelegentlich an Durch hydrothermale Aktivität kam es im Fen-Gebiet zu bau-
den Kontakten von Gabbrokörpern den Einfluss einer würdigen Konzentrationen von Hämatit im Karbonatit („Rödberg“).
Chlor-Metasomatose, die zur Bildung von Skapolith Von 1652 bis 1927 wurden fast 1 Mio. t Eisenerz mit durchschnittlich
(S. 200), Chlorapatit und anderen Cl-haltigen Mineralen 50 % Fe, 0,45 % P und 1–2 % Mn gefördert. Wirtschaftlich interessant
ist auch die Anreicherung von Nb, Y, Th und SEE mit den Mineralen
führt. Bekannt hierfür ist das Vorkommen von Bamble in
Pyrochlor (Ca,Na,)2Nb2(O,OH,F)7, Columbit (Fe,Mn)(Nb,Ta)2O6, Mo-
Südnorwegen. Bei dem Skapolithisierungs-Prozess muss nazit Ce[PO4], Synchisit Ca(Y,Ce,La,Nd)[F/(CO3)2] und Parisit
es gleichzeitig zu einer Na-Metasomatose gekommen sein. Ca(Ce,La,Nd)2[F2/CO3)3]. Trotz beachtlicher Reserven wurde diese
Vererzung nur in dem kurzen Zeitraum zwischen 1953 und 1965 auf
Bildung von Skarnen und Skarnerz-Lagerstätten Niob abgebaut, wobei die Gewinnung von zunächst 1,23 t auf zuletzt
2,73 t Nb2O5 anstieg.
Karbonatgesteine sind besonders reaktionsfähig. Unter dem Vorgänge der Fenitisierung sind auch von zahlreichen
Einfluss metasomatischer Stofftransporte, bei denen haupt- anderen Stellen beschrieben worden, besonders um
sächlich Si, Al, Fe und Mg zugeführt werden, entstehen Karbonatitkörper. Viele Gemeinsamkeiten mit dem Fen-
Skarne mit charakteristischen Ca-Mg-Fe-Mineralen wie Distrikt weist z. B. das klassische Vorkommen auf der
Grossular-Andradit-Granat, Diopsid-Hedenbergit, Wolla- Insel Alnö vor der schwedischen Ostsee-Küste auf.
stonit, Tremolit-Aktinolith, Epidot, Vesuvian u. a. Dort, wo
die Fluide auch Schwermetalle transportierten, führte meta- Ein interessantes Beispiel für Fenitisierung ist das Natursteinvor-
somatischer Stoffaustausch zur Bildung von Skarnerz- kommen „Namibia Blue“ bei Swartboiisdrif an der Nordgrenze Na-
Lagerstätten, in denen vorwiegend sulfidische oder oxidi- mibias, das sich derzeit im Abbau befindet. Hier wurden die Anortho-
site des proterozoischen Kunene-Intrusiv-Komplexes durch Alkali-
sche Erzminerale, wie Pyrrhotin, Pyrit, Sphalerit, Galenit
reiche Lösungen, die von Karbonatiten abstammen, metasomatisch
und Chalkopyrit sowie Magnetit und Hämatit in meist un- umgewandelt, wobei sich tiefblauer Sodalith neben Albit, Cancrinit
regelmäßigen Verdrängungskörpern angereichert wurden (Na,Ca,)8[(CO3,SO4)2/(AlSiO4)6] · 2H2O, Muscovit, Biotit und zahl-
(Abschn. 23.3.1, S. 351f). Daneben kam es andernorts zur reichen seltenen Mineralen bildete (Drüppel et al. 2005).
458 26 · Metamorphe Gesteine
Abb. 26.33.
Metasomatische Reaktionszonen
(Blackwalls) zwischen Pegmatit-
Gängen und Serpentinit. Profil
durch die Smaragd-Lagerstätte
Tokowoja im Ural. (Nach Fers-
mann 1929, umgezeichnet nach
Schneiderhöhn 1961)
460 26 · Metamorphe Gesteine
Meist besteht ein Zusammenhang mit Vererzungsvorgän- Vorkommen von Spilit gibt es besonders in den Alpen
gen, so mit der Bildung von Porphyry Copper Ores oder und in Mittelböhmen. Im Lahn-Dill-Gebiet und im Harz
von subvulkanischen Gold-Gold-Silber-Lagerstätten, z. B. sind die im Devon geförderten spilitisierten Pillowlaven
im Karpatenbogen. mit Keratophyren und sog. Schalsteinen assoziiert, die
während der Variscischen Gebirgsbildung deformiert und
Kaolinisierung: Dieser autohydrothermale Prozess betrifft schwach metamorph überprägt wurden.
vorzugsweise Granite oder leukokrate Vulkanite. So sind z. B. Keratophyre sind helle, spilitisierte Vulkanite und Sub-
mehrere Granitmassive oder Teile davon in Cornwall in vulkanite mit hohen Feldspat-Gehalten, vor allem mit Albit
hochwertige Kaolin-Lagerstätten umgewandelt. Von der (bis Oligoklas), aber auch mit Einsprenglingen von Alkali-
Kaolinisierung sind im Wesentlichen die Feldspäte be- feldspat; sie bestehen ferner aus Chlorit, Epidot, Calcit, Hä-
troffen, z. B. nach der einfachen Reaktionsgleichung matit. Mit dem traditionellen Begriff „Schalstein“ bezeich-
net man spilitisierte und geschieferte vulkanische Tuffe.
4K[AlSi3O8] + 22H+
Kalifeldspat in Lösung Weiterführende Literatur
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27
Phasengleichgewichte
und Mineralreaktionen
in metamorphen Gesteinen
27.1 Wie wir im vorausgehenden Kapitel gezeigt hatten, führt die Gesteinsmetamor-
Gleichgewichtsbeziehungen phose zu tiefgreifenden Veränderungen im Gefüge und im Mineralbestand von
in metamorphen Gesteinen. Durch prograde und retrograde Mineralreaktionen entstehen neue
Gesteinen Mineralgesellschaften, die eine schrittweise Anpassung an die sich verändern-
den P-T-Bedingungen dokumentieren. Dabei kann – zumindest beim Höhepunkt
27.2 der Metamorphose – ein thermodynamisches Gleichgewicht erreicht oder an-
Metamorphe nähernd erreicht werden, so dass man von Gleichgewichtsparagenesen sprechen
Mineralreaktionen kann. Im folgenden Kapitel wollen wir wichtige Mineralreaktionen und die dabei
entstehenden Paragenesen näher kennenlernen. Darüber hinaus sollen die Me-
27.3 thoden diskutiert werden, mit denen man die Stabilitätsbedingungen metamor-
Geothermometrie pher Paragenesen quantitativ abschätzen kann.
und Geobarometrie
27.4
Druck-Temperatur-
Entwicklung
metamorpher Komplexe
27.1 27.1 neben Korund oder Graphit neben Hämatit. Die jeweili-
Gleichgewichtsbeziehungen in ge Inkompatibilität dieser Mineralpaare wurde experi-
metamorphen Gesteinen mentell bestätigt.
Demgegenüber lässt sich die Frage, ob im Zuge dieser
27.1.1 Entwicklung irgendwann einmal ein thermodynami-
Feststellung des thermodynamischen Gleichgewichts sches Gleichgewicht eingestellt wurde, – streng genom-
men – nicht eindeutig beantworten. Wichtigstes Kriteri-
Metamorphe Gesteine sind Produkte einer komplizierten um für eine Gleichgewichtseinstellung sind gemeinsa-
Entwicklung, auf der ein prograder und ein retrograder me Kornkontakte zwischen koexistierenden Mineralen,
P-T-Pfad durchlaufen wurde. Als Folge davon kann man die dann eine Berührungs-Paragenese bilden. So kann z. B.
in den meisten metamorphen Gesteinen unter dem Mi- die Mineralkombination Staurolith + Granat + Biotit
kroskop vielfältige Ungleichgewichtsgefüge erkennen, die + Muscovit + Plagioklas + Quarz in einem Metapelit nur
sich als Ergebnis prograder oder retrograder Reaktions- dann als Gleichgewichtsparagenese angesprochen werden,
schritte interpretieren lassen: wenn man durch sorgfältige mikroskopische Untersu-
chungen sichergestellt hat, dass sich alle diese Minerale
Zonarbau bei Mischkristallen, z. B. bei Granat, Amphi- gegenseitig berühren. Nur dann ist die Annahme gerecht-
bolen, Plagioklas oder Epidot, bildet den prograden fertigt, dass beim Höhepunkt eines Metamorphosepro-
oder retrograden P-T-Pfad ab, kann aber auch durch zesses Gleichgewichtsbedingungen (nahezu) erreicht
Elementfraktionierungen bedingt sein, z. B. durch be- wurden. Die Chancen hierfür sind umso größer, je höher
vorzugten Einbau von Mn im Granat. Da Granat op- die Drücke und besonders die Temperaturen bei der Meta-
tisch isotrop ist, kann sein Zonarbau oft nur durch morphose waren und je größer der Zeitraum war, der
Analysen mit der Elektronenstrahlmikrosonde (EMS) dafür zur Verfügung stand. Darüber hinaus begünstigen
erkannt werden. auch Deformationsprozesse, die die Zahl der Kornkon-
Mineralrelikte von magmatischen oder sedimentären takte erhöhen und Wege für einen erhöhten Fuidfluss
Ausgangsgesteinen, von älteren Metamorphose-Ereig- öffnen, die Einstellung von Mineralgleichgewichten.
nissen oder des prograden P-T-Pfades können meta- Ein weiteres wichtiges Kriterium für Gleichgewichts-
stabil erhalten sein, meist in Form von Einschlüssen einstellung ist die Gültigkeit der Gibbs’schen Phasenre-
in Porphyroblasten. gel (Kap. 18). Ihre Anwendung auf metamorphe Gestei-
Reaktionsgefüge zwischen zwei oder mehreren Mine- ne ist unverzichtbar, jedoch nicht in allen Fällen trivial
ralarten, oft in Form von Symplektiten oder Reaktions- (z. B. Seifert 1978).
koronen, weisen meist auf den retrograden P-T-Pfad
hin (Abb. 27.1). 27.1.2
Die Gibbs’sche Phasenregel
Ein klarer Hinweis für Ungleichgewichte ist das Neben-
einanderauftreten von inkompatiblen (unverträglichen) Bei seiner Untersuchung über die Hornfelse im Oslo-
Mineralphasen wie z. B. Quarz neben Forsterit, Quarz Gebiet (Südnorwegen) hatte V. M. Goldschmidt (1911)
zuerst erkannt, dass eine Beziehung zwischen dem Che-
mismus und dem Mineralbestand dieser metamorphen
Gesteine besteht. Er folgerte, dass ein thermodynami-
sches Gleichgewicht erreicht sein müsse, so dass die
Gibbs’sche Phasenregel angewendet werden kann. Diese
legt fest, wie viele Mineralphasen bei einem gegebenen
Gesteins-Chemismus maximal in einem metamorphen
(oder magmatischen) Gestein nebeneinander im Gleich-
gewicht auftreten können. Dabei gelten folgende Defini-
tionen (Abschn. 18.1, S. 282):
sen auf, als nach der Zahl der gewählten unabhängigen ten – durchaus nicht immer der Fall. Gerade unter den
Komponenten zu erwarten wären. So enthalten viele P-T-Bedingungen der hochgradigen Metamorphose, un-
Metapelite mehr als zwei oder sogar drei Al2SiO5-Poly- ter denen z. B. Granulite entstehen, gilt häufig Pfl < Pl. In
morphen nebeneinander, wie wir das am Beispiel des diesem Falle müssen also zwei Druckparameter als Zu-
Kristallins von Naxos (Abschn. 26.2.5, S. 432ff) gezeigt standsvariable berücksichtigt werden, und die Gibbs’sche
haben. Die tatsächliche oder scheinbare Verletzung der Phasenregel erhält die Form
Phasenregel kann mehrere Gründe haben, wie wir am
Beispiel von Abb. 27.2 erläutern wollen: F = C – Ph + 3 [27.1b]
Bei der prograden oder retrograden Neubildung von In vielen Fällen setzt sich die fluide Phase aus unter-
Sillimanit bleiben Kyanit oder Andalusit im Stabili- schiedlichen Spezies zusammen, die unterschiedliche
tätsfeld von Sillimanit metastabil erhalten (s. unten); Partialdrücke oder genauer Fugazitäten (S. 423) aufwei-
es liegt also Ungleichgewicht vor. sen, wie fH2O, fCO2, fO2 u. a. Diese stellen ebenfalls Zu-
Das Gestein repräsentiert tatsächlich P-T-Bedingun- standsvariablen dar, die den Zustand eines Systems ent-
gen, die genau auf einer univarianten Gleichgewichts- scheidend beeinflussen können. Damit würde sich die
kurve oder sogar einem invarianten Punkt liegen. Die Zahl der Freiheitsgrade entsprechend erhöhen. Anderer-
Koexistenz von zwei bzw. drei Al2SiO5-Phasen ent- seits stellen H2O und CO2 Komponenten im Sinne der
spricht also tatsächlich einem univarianten bzw. in- Phasenregel dar, da sie als (OH)-Gruppe in viele Silikat-
varianten Gleichgewicht. minerale eingebaut werden bzw. Karbonatminerale bil-
den. Fügen wir z. B. dem oben angeführten Dreistoff-
Leider ist es in vielen Fällen nicht möglich, zwischen system CaO–MgO–SiO2 als weitere Komponente CO2 hin-
diesen beiden Alternativen zu unterscheiden. Wir wer- zu, so können in den divarianten Feldern Calcit, Magne-
den jedoch später Beispiele kennenlernen, bei denen in sit oder Dolomit als eine weitere Mineralphase zu den
metamorphen Gesteinen tatsächlich univariante Gleich- vorhandenen Silikat-Mineralen hinzutreten und z. B. die
gewichte eingefroren wurden. Paragenese En–Wo–Qz–Cal bilden. Ist in diesem Falle
Zu einer scheinbaren Verletzung der Phasenregel Pl > Pfl = P(CO2), so würde die Phasenregel in der Form
kommt es auch, wenn die Zahl der unabhängigen che- von Gleichung [27.1b] gelten.
mischen Komponenten zu niedrig angesetzt wurde. So
enthalten die Al2SiO5-Polymorphen stets etwas Fe2O3, das 27.1.3
bevorzugt in Andalusit eingebaut wird. Somit erhöht Die freie Enthalpie: Stabile und metastabile Niveaus
sich C um 1, und es können über einen begrenzten P-T-
Bereich Fe-reicherer Andalusit und Fe-ärmerer Sillima- Der thermodynamische Gleichgewichtszustand, in dem
nit im divarianten Gleichgewicht miteinander koexistie- sich ein Mineral oder eine Mineralparagenese befindet,
ren: F = (1 + 1) – 2 + 2 = 2. Auch sonst ist es oft schwie- kann durch die freie Enthalpie (G) (engl. Gibbs’ free
rig zu entscheiden, ob chemische Komponenten, die sich energy) quantitativ beschrieben werden. Es handelt sich
in Mischkristallen gegenseitig diadoch vertreten, als zwei
gesonderte oder als eine Komponente aufgefasst werden
sollen, z. B. als MgO und FeO oder als (Mg,Fe)O.
Andererseits ist in metamorphen Gesteinen, z. B. bei
Metabasiten oder Metapeliten die Zahl der beteiligten
Phasen oft kleiner als die Zahl der Komponenten.
Dadurch wird die Phasenregel selbstverständlich nicht
verletzt; es erhöht sich lediglich die Varianz. Wenn z. B.
in einem Zweistoff-System in einem bestimmten P-T-Feld
nur eine Phase vorhanden ist, so gilt F = 2 – 1 + 2 = 3. Das
Feld ist also trivariant und es kann eine weitere Variable
berücksichtigt werden, z. B. die FeO/MgO-Verhältnisse
der beteiligten Minerale. In solchen Fällen kann es
schwierig sein, Kriterien für evtl. bestehende Mineral-
ungleichgewichte aus der Phasenregel abzuleiten.
Bislang waren wir von der vereinfachenden Annah-
Abb. 27.3. Potentialflächen zweier polymorpher Phasen A und B im G-
me ausgegangen, dass der Belastungsdruck Pl gleich dem P-T-Raum. Die Phase mit der jeweils niedrigeren freien Enthalpie G
Druck der fluiden Phase, dem Fluiddruck Pfl sei. Das ist ist die stabilere. Die Projektion der Schnittlinie auf die P-T-Fläche er-
jedoch – wie wir in Abschn. 26.1.4 (S. 421f) gesehen hat- gibt eine univariante Gleichgewichtskurve. (Nach Seifert 1978)
27.1 · Gleichgewichtsbeziehungen in metamorphen Gesteinen 467
um eine grundlegende Zustandsfunktion, deren Ablei- In Abb. 27.4b ist die T-Abhängigkeit von G bei einem konstanten
tung den Rahmen dieses Lehrbuchs überschreiten wür- Druck dargestellt, z. B. P3 in Abb. 27.4a. Die einzelnen Stabilitäts-
niveaus überschneiden sich an Punkten stabilen oder metastabilen
de; es sei hier auf einschlägige Lehrbücher verwiesen
Gleichgewichts. Bei P3 = const und relativ niedriger Temperatur ist
(z. B. Will 1998). Jedes System strebt einem Zustand mi- Kyanit die stabilste Phase, bei höherer Temperatur Andalusit und
nimaler freier Enthalpie zu. In einem Einstoffsystem wird bei der höchsten Temperatur Sillimanit. Die seit langem bekannte
also stets die polymorphe Phase thermodynamisch sta- Ostwald’sche Stufenregel sagt aus, dass ein hochgradig metastabiler
bil sein, die unter der gewählten Kombination von Zu- Zustand meist nicht direkt in den stabilen Zustand übergeht. Es wer-
den vielmehr zunächst Phasen gebildet, die einem mittleren Stabili-
standsvariablen den geringsten Wert von G aufweist; in
tätsniveau entsprechen. So bildet sich bei niedrigerer Temperatur
einem Mehrstoffsystem ist es jeweils die Phasenkombi- aus dem am wenigsten stabilen Sillimanit nicht direkt der stabile
nation mit dem geringsten G. Kyanit, sondern zunächst metastabiler Andalusit. Umgekehrt wan-
Wir beschränken uns auf ein Einstoffsystem mit den delt sich bei hoher Temperatur Kyanit nicht direkt in den stabilen
Phasen A, B und C und die Zustandsvariablen P und T. Sillimanit um, sondern über das Zwischenstadium der Andalusit-
Im G-P-T-Raum ist jeder Phase, z. B. A und B in Abb. 27.3, Bildung. Bei mittlererer Temperatur wird stabiler Andalusit auf dem
Weg Sillimanit → Kyanit → Andalusit oder Kyanit → Sillimanit
eine Potentialfläche zugeordnet (Seifert 1978). Da diese → Andalusit gebildet. Entsprechende Abfolgen können analog für
Flächen stetig sind, schneiden sie sich in einer Schnittli- die Druckniveaus P1, P2 und P4 abgeleitet werden (Abb. 27.4c–e).
nie, entlang der GA = GB ist: Es herrscht ein univariantes
thermodynamisches Gleichgewicht. Im linken Teil des In natürlichen Gesteinen kann die Ostwald’sche Stufen-
Diagramms ist A die stabilere Phase, im rechten Teil die regel Verletzungen der Phasenregel erklären. So bleibt in
Phase B. Das sagt aber noch nichts über die absolute Sta- Metapeliten Andalusit häufig metastabil erhalten, obwohl
bilität von A und B aus; denn die Potentialfläche der das Stabilitätsfeld von Sillimanit bereits erreicht wurde.
Phase C könnte noch niedriger liegen. Die Projektion der Dabei entsteht in vielen Fällen Sillimanit nicht direkt aus
Schnittlinie auf die P-T-Ebene erzeugt eine univariante Andalusit, sondern über komplexe Reaktionen aus Hell-
Gleichgewichtskurve, an der A und B miteinander koe- glimmern, wobei nadelig ausgebildeter Sillimanit (Fibro-
xistieren. Diese trennt zwei divariante Bereiche, in denen lith) epitaktisch auf Biotit-Blättchen aufwächst.
jeweils A (links) und B (rechts) die stabilere Phase dar- Bei der Bestimmung von Gleichgewichtskurven durch
stellen. Schneidet sich die Potentialfläche der dritten Hochdruck-Hochtemperatur-Experimente mit Hydrother-
Phase C mit den bereits vorhandenen, entstehen als mal-Autoklaven oder Hochdruckpressen muss die Ost-
Schnittlinien zwei weitere univariante Gleichgewichtskur- wald’sche Stufenregel unbedingt beachtet werden. Verwen-
ven. Schließlich ergibt sich für alle drei Flächen ein ge- det man nämlich hochreaktive Ausgangsmaterialien wie
meinsamer Schnittpunkt, in dem GA = GB = GC ist und ab Gläser, Gele oder sehr feingepulverte Substanzen, die einem
dem alle drei Phasen miteinander im Gleichgewicht koe- sehr hohen Stabiltätsniveau (hohes G) entsprechen, so
xistieren; das System ist also an dieser Stelle invariant. kommt es leicht zur metastabilen Bildung einer Phase, z. B.
Wir wollen die Verhältnisse am Beispiel des Einstoff- von Andalusit anstelle von Sillimanit. Will man aus einer
systems Al2SiO5 näher erläutern (Seifert 1978). hochreaktiven Ausgangssubstanz Sillimanit kristallisieren,
Abb. 27.4.
G-T-Schnitte durch das Einstoff-
System Al2SiO5 bei unterschiedli-
chen Drücken. a P-T-Diagramm
mit vier Drücken P1 bis P4. b G-T-
Diagramm für den Druck P3. fett:
Kyanit, dünn: Andalusit, farbig:
Sillimanit; das niedrigste Stabili-
tätsniveau ist mit ausgezogenen
Linien dargestellt, das mittlere
gestrichelt, das höchste punktiert.
Die Pfeile deuten mögliche stabi-
le und metastabile Reaktions-
Fortschritte an. c–e G-T-Dia-
gramme für die Drücke P1, P2
und P4. (Nach Seifert 1978)
468 27 · Phasengleichgewichte und Mineralreaktionen in metamorphen Gesteinen
27.2.1
Polymorphe Umwandlungen und Reaktionen
ohne Freisetzung einer fluiden Phase
Dabei sind: ΔH° die Enthalpiedifferenz einer Reakti- Dabei muss wegen der Umrechnung von V° (cm3)
on, ΔS° die Entropiedifferenz und ΔV° die Differenz der = 10 × V° (J / bar) mit dem Faktor 10 multipliziert wer-
Molvolumina bei dieser Reaktion, jeweils bei Zimmer- den. Es ergibt sich für die Gleichgewichtskurven
temperatur (= 25 °C = 298 K) und Atmosphärendruck
(= 1 bar). Für die beteiligten Minerale lassen sich H° und Kyanit Sillimanit:
S° aus kalorimetrischen Messungen, V° aus der Dichte
oder – sehr genau – durch Röntgen-Pulverdiffrakto-
metrie ermitteln. Nach Holdaway u. Mukhopadhyay
(1993) gelten für das Al2SiO5-System die in Tabelle 27.1 Kyanit Andalusit:
aufgeführten Werte.
Als erstes berechnen wir die Gleichgewichtstempera-
turen der drei Reaktionen für einen Druck von P = 1 bar.
Dabei fällt das letzte Glied von Gleichung [27.2] weg und
Andalusit Sillimanit:
man kann mit ΔG = 0 die Gleichung nach T auflösen:
Tabelle 27.1.
Thermodynamische Daten für
die Al2SiO5-Polymorphen bei
P = 1 bar und T = 298 K (= 25 °C)
470 27 · Phasengleichgewichte und Mineralreaktionen in metamorphen Gesteinen
Für die Berechnung des Tripelpunktes formen wir Da sich am Tripelpunkt beide Gleichgewichtskurven
Gleichung [27.2] um: treffen, kann man beide Gleichungen gleichsetzen und
nach P auflösen; damit erhält man:
[27.2a]
Setzt man diesen Wert in die Ausdrücke für TKy/Sill,
Setzen wir die entsprechenden Werte für die drei TAnd/Sill und TKy/And ein, so ergeben sich übereinstimmen-
Gleichgewichtskurven ein, so ergibt sich: de Werte für TTrip = 774 K = 501 °C. Die so berechnete
P-T-Kombination stimmt innerhalb der Fehlergrenze mit
den experimentell bestimmten Werten von Holdaway u.
Mukhopadhyay (1993) überein.
In der Natur sind zahlreiche Gebiete bekannt gewor-
den, in denen alle zwei oder sogar drei Al2SiO5-Polymor-
phen nebeneinander auftreten. Die Frage, ob hier wirk-
Abb. 27.6.
a Orientierte Verdrängung von An-
dalusit durch Sillimanit (rötlich-
gelbe Interferenzfarben); links
oben Cordierit und Biotit, Kon-
taktaureole von Steinach bei Vo-
henstraus (Oberpfalz), Bildbreite
ca. 4 mm, +Nic. b Paragenese Silli-
manit (hellgelbe Interferenzfar-
ben) + Kalifeldspat (oben links)
mit perthitischer Entmischung
+ Cordierit (z. B. Mitte und rechts
unten) + Biotit (z. B. unten links
und rechts). Steinach-Aureole,
Oberpfalz, Bildbreite ca. 3,5 mm,
+Nic. (Foto: K.-P. Kelber)
b
27.2 · Metamorphe Mineralreaktionen 471
lich univariante bzw. invariante Gleichgewichtsparagene- für das Eklogit-Mineral Omphacit, einen Mischkristall
sen oder metastabile Relikte vorliegen, kann nur durch aus Augit + Jadeit (+ Akmit).
sehr sorgfältige mikroskopische Untersuchungen geklärt In jüngster Zeit wurde erkannt, dass in Gesteinen, die
werden. So dokumentiert Abb. 27.6a die Verdrängung von eine Ultrahochdruck-Metamorphose erlebt haben, die
Andalusit durch Sillimanit, wobei die folgenden kristal- Hochdruckmodifikationen Coesit SiO2 oder sogar Dia-
lographischen Orientierungsbeziehungen gefunden wur- mant C auftreten können. Damit sind die Gleichgewichts-
den: cAnd // cSil, bAnd // aSil und aAnd // bSil (Okrusch 1969). kurven der beiden polymorphen Umwandlungen
Darüber hinaus wissen wir, dass sich die Stabilitätsgrenzen von Coesit Quarz (Abb. 11.44, S. 181) (27.5)
Kyanit, Andalusit und Sillimanit etwas verschieben, wenn Al durch
Fe3+ diadoch ersetzt wird. Es können dann über ein begrenztes P- Diamant Graphit (Abb. 4.15, S. 80) (27.6)
T-Intervall zwei Al2SiO5-Polymorphe miteinander koexistieren, z. B.
Fe3+-reicherer Andalusit neben Fe3+-ärmerem Sillimanit. Damit wichtige Indikatoren für Ultrahochdruck-Metamorphose.
werden aus den univarianten Gleichgewichtskurven divariante Im Folgenden behandeln wir Reaktionen, bei denen im
Bänder, aus dem Tripelpunkt ein P-T-Feld. Für die Praxis sind je-
Zuge der Metamorphose die leichtflüchtigen Komponen-
doch diese Modifizierungen nicht sehr bedeutend; sie gehen in der
Fehlergrenze der experimentellen Bestimmungen unter. ten H2O und CO2 beteiligt sind. Diese werden bei der pro-
Bei Temperaturen über 1000 °C und bei niedrigen Drücken zerfällt graden Metamorphose durch Entwässerungs- bzw. Dekar-
die Hochtemperaturmodifikation Sillimanit in Mullit und freies SiO2. bonatisierungs-Reaktionen oft freigesetzt (Abschn. 27.2.2,
Mullit hat etwa die Formel Al[6]Al[4]1,2[O/Si0,8O3,9] = 5,5Al2O3 · 4SiO2. 27.2.3), gelegentlich aber auch verbraucht (Abschn. 27.2.4).
Die Verbindung Al2SiO5 existiert nicht mehr. Mullit ist dann das einzi- Bei der retrograden Metamorphose kommt es dagegen
ge stabile Aluminiumsilikat im Beisein von wasserfreier Schmelze.
meist zu Hydratisierungs-Reaktionen. Schließlich sind bei
Eine andere Art von Reaktionen ohne Beteiligung von Oxidations-Reduktions-Reaktionen neben H2O und CO2
H2O oder CO2, ist die Modellreaktion: auch O2 und H2 beteiligt (Abschn. 27.2.5).
27.2.2
(27.4)
Entwässerungs-Reaktionen
Durch die Gleichgewichtskurve (Abb. 26.1, S. 420) wird Entwässerungs-Reaktionen bei PH2O = Ptotal
die obere Temperaturstabilität bzw. die untere Druck-
stabilität von Jadeit in Gegenwart von Quarz definiert: Entwässerungs-Reaktionen (engl. dehydration reactions)
Jadeit-führende Gesteine entstehen im Zuge einer Hoch- sind Reaktionen, bei denen durch Temperaturerhöhung
druckmetamorphose, d. h. bei einem hohen P/T-Verhält- H2O freigesetzt wird. Die Mehrzahl der metamorphen Reak-
nis (s. unten). Allerdings benötigt natürlicher Jadeit zu tionen, von denen wir einige bereits in Kap. 26 (Abb. 26.11,
seiner Bildung etwas niedrigere Drücke, da er meist Di- S. 434) kennengelernt hatten, gehört zu dieser Gruppe. Sie
opsid- und Akmit-Komponente enthält. Das gleiche gilt besitzen deshalb besondere Bedeutung.
Abb. 27.7.
P-T-Diagramm mit den Gleichgewichtskur-
ven für Entwässerungs-Reaktionen in Meta-
peliten: 7 Kaolinit + Quarz Pyrophyllit
+ H2O (nach Thompson 1970); 8 Pyrophyllit
Andalusit/Kyanit + Quarz + H2O (nach
Hemley 1967 und Kerrick 1968); 9 Paragonit
+ Quarz Albit + Andalusit/Sillimanit
+ H2O (nach Chatterjee 1972); 10 Paragonit
Albit + Korund + H2O (nach Chatterjee
1970); 11 Muscovit + Quarz Kalifeldspat
+ Andalusit/Sillimanit + H2O (nach Chatter-
jee u. Johannes 1974); 11a Muscovit + Quarz
+ H2O Sillimanit/Kyanit + Schmelze
(nach Storre u. Karotke 1972); 11b Muscovit
+ Quarz Sillimanit/Kyanit + Schmelze
(H2O-frei) (nach Storre 1972); 12 Muscovit
Kalifeldspat + Korund + H2O (nach Chat-
terjee u. Johannes 1974); farbige Tangente:
berechnete Steigung von Kurve 12 für PH2O
= 2 kbar und T = 950 K; gestrichelte farbige
Linie: berechnete Steigung für PH2O = const
= 1 kbar bei Ptot = 2 kbar und T = 950 K.
Zum Vergleich ist das Al2SiO5-Phasendia-
gramm aus Abb. 27.2 eingetragen
472 27 · Phasengleichgewichte und Mineralreaktionen in metamorphen Gesteinen
Im Hochdruckexperiment tritt H2O gewöhnlich als Über- Quarz über, wobei ebenfalls H2O freigesetzt wird (Abb. 27.7,
schussphase auf; es wird damit zum druckübertragenden Kurve (8)). Die Gleichgewichtskurven für den Zerfall von
Medium, und der Partialdruck des Wassers (Wasserdampf- Paragonit + Quarz und und von Paragonit allein (Abb. 27.7,
druck) entspricht dem Gesamtdruck des Systems PH2O = Pfl Kurve (9), (10)) sowie von Muscovit + Quarz und von
= Ptotal. Man bezeichnet experimentelle Anordnungen die- Muscovit allein (Abb. 27.7, Kurve (11), (12)) liegen wesent-
ser Art als Hydrothermal-Experimente und stellt die Er- lich höher. Die Paragenesen Sillimanit + Kalifeldspat
gebnisse der Gleichgewichtsuntersuchungen in PH2O-T-Di- (Abb. 27.6b) und Korund + Kalifeldspat (Abb. 11.53, S. 192)
agrammen dar. Bei der prograden Metamorphose von peli- dokumentieren bereits eine hochgradige Metamorphose.
tischen Sedimentgesteinen vollziehen sich mit fortschrei- K-Einbau in Paragonit verschiebt Kurve (9) und (10) zu
tender Temperaturerhöhung u. a. die folgenden Entwäs- etwas höheren, Na-Einbau in Muscovit (11) und (12) zu
serungs-Reaktionen, die für die Abschätzung von metamor- etwas niedrigeren Temperaturen. Bei erhöhten H2O-Drü-
phen P-T-Bedingungen sehr wichtig sind (Abb. 27.7): cken enden die Entwässerungskurven (9)–(12) an invarian-
ten Punkten, an denen H2O-gesättigte Soliduskurven, z. B.
[27.4]
Tabelle 27.2.
Thermodynamische Daten für
die Reaktion Muscovit Kali-
feldspat + Korund + H2O
Tabelle 27.3. Molvolumina (cm3 /Mol) von Wasserdampf bei verschie- Aus Abb. 27.7 ist weiter zu entnehmen, dass die Entwässe-
denen Drücken und Temperaturen. (Nach Kennedy u. Holser 1966) rungskurven eine gekrümmte Form haben, die bei niedrigem
Druck eine flache Neigung, bei Druckerhöhung aber eine im-
mer steilere Neigung aufweisen. Das lässt sich aus der abneh-
menden Kompressibilität von Wasserdampf bei zunehmen-
dem Druck erklären: Bei gleicher Temperatur nimmt das Mol-
volumen von H2O-Dampf bei Drucksteigerung dramatisch ab,
bei höheren Drücken dagegen kaum noch (Tabelle 27.3). Ober-
halb etwa 3 kbar verlaufen Entwässerungskurven immer stei-
ler, d. h.die Reaktionen werden immer weniger druckabhängig.
Das lässt sich auch an drei weiteren metamorphen Entwäs-
serungs-Reaktionen belegen, die wir aus dem stofflich völlig
anderen Modellsystem MgO–SiO2–H2O wählen (Abb. 27.8):
(27.13)
In der Natur vollzieht sich der Abbau des Serpentin-Mi-
nerals Antigorit nach Reaktion (27.13) bei der prograden
Metamorphose von Serpentiniten, z. B. am Plutonitkontakt,
wenn Temperaturen von rund 500 °C überschritten werden.
Wird diese Temperatur bei der Abkühlung unter Zutritt von
Wasser wieder unterschritten, so wandelt sich Forsterit bzw.
Olivin unter Beteiligung von Talk erneut in Serpentin um.
War Talk im Überschuss vorhanden, bleibt er neben Ser-
pentin erhalten, weil er auch links der Kurve (27.13) ein sta-
biles Existenzfeld besitzt. Bei weiterer Temperaturerhöhung
reagieren im gleichen ultramafischen System Forsterit und
Talk zu Anthophyllit und Forsterit + Anthophyllit zu En-
statit; weiterhin werden Talk zu Anthophyllit + Quarz und
Anthophyllit zu Enstatit + Quarz abgebaut (Abb. 27.8):
(27.16)
(27.19)
(27.21)
(27.18)
Abb. 27.9.
P-T-Diagramm mit den Gleichge-
wichtskurven für Entwässerungs-
Reaktionen von Zeolithen. 18 An-
alcim + Quarz Albit + H2O
(nach Thompson 1971); 20 Heu-
landit Laumontit + H2O (nach
Cho et al. 1987); 19 Laumontit
Lawsonit + Quarz + H2O und
21 Laumontit Wairakit + H2O
(nach Liou 1971); 22 Wairakit
Anorthit + Quarz + H2O (nach
Liou 1970); obere Stabilitätsgren-
ze von Lawsonit (nach Liou 1971)
27.2 · Metamorphe Mineralreaktionen 475
Entwässerungs-Reaktionen mit PH2O < Ptot geren Temperaturen hin verschoben. Das soll am Bei-
spiel Reaktion (27.11) gezeigt werden:
Bislang haben wir nur Entwässerungs-Reaktionen kennen-
gelernt, bei denen der H2O-Druck gleich dem Gesamt-
druck war. Das ist jedoch in der Natur nicht immer der
Fall. Insbesondere bei der höhergradigen Metamorpho-
se ist häufig die Bedingung PH2O < Ptot erfüllt. Dabei müs- (27.11)
sen zwei verschiedene Fälle unterschieden werden:
Für diese Reaktion hat Kerrick (1972) die Gleichgewichts-
1. Ptot > Pfl = PH2O. Der H2O-Druck ist gleich dem Fluiddruck, kurven für unterschiedliche Molenbrüche XH2O = H2O/
dieser ist aber kleiner als der Gesamtdruck. Unter diesen Be- (H 2O + CO 2) in der fluiden Phase experimentell be-
dingungen nimmt die Clausius-Clapeyron’sche Gleichung stimmt und thermodynamisch berechnet. Man erkennt aus
die Form eines partiellen Differentials an (Greenwood 1961): Abb. 27.10, dass z. B. bei einem Gesamtfluiddruck von
2 kbar, die Gleichgewichtstemperatur um ca. 50 °C sinkt,
wenn XH2O von 1 auf 0,5 verringert wird; bei höherem Pfl
[27.5] ist diese T-Erniedrigung noch stärker. Umgekehrt erhöht
sich bei Erniedrigung von XH2O die Temperatur des Granit-
Solidus, wie wir bereits in Kap. 20 (Abb. 20.5, S. 317) gezeigt
Erweitert man diesen Ausdruck mit ΔVP/T, so ergibt sich: hatten. Die Soliduskurven von Granit und die Gleichge-
wichtskurve von Reaktion (27.11) treffen sich jeweils in in-
varianten Punkten. Von diesen zweigen die steilstehenden
Gleichgewichtskurven der folgenden Reaktionen ab:
[27.5a] (27.11a)
und
Nehmen wir als Beispiel die Reaktion
(27.11b)
(27.12)
und setzen die für T = 950 K ≈ 680 °C und Ptot = 2 kbar gefun-
denen Werte ein (Tabelle 27.2), so ergibt sich für PH2O = 1 kbar:
Diese Reaktionen beschreiben das H 2O-gesättigte sitive Steigung und eine deutliche Krümmung im unte-
Schmelzen bzw. das Dehydratationsschmelzen von Mus- ren Druckbereich. Dabei ist der Druckeinfluss auf die
covit in Gegenwart von Quarz und Plagioklas bei unter- Gleichgewichtstemperatur der Reaktion beachtlich: sie
schiedlichem XH2O (letztere ist in Abb. 27.10 nicht dar- beträgt bei PCO2 = 0,5 kbar etwa 550 °C, bei 3 kbar dage-
gestellt; vgl. Abb. 27.7). Erst ab XH2O < 0,5 existiert ein gen ca. 780 °C. Deshalb verwundert es nicht, dass Bedin-
Feld, in dem aus dem konventionellen Muscovit-Abbau gungen für die Wollastonit-Bildung eher in Kontakt-
in Gegenwart von Quarz nach Reaktion (27.11) Kyanit aureolen erreicht werden als bei der Regionalmetamor-
anstelle von Andalusit oder Sillimanit entsteht. Daraus phose, bei der die Paragenese Calcit + Quarz bis zu Tem-
folgt, dass die Bildung von Kyanit-führenden Granuliten peraturen >700 °C stabil sein kann. Allerdings verschie-
relativ „trockene“ Bedingungen erfordert, es sei denn, Mig- ben sich – analog zu den Entwässerungs-Reaktionen – die
matitgefüge weisen auf partielles (Dehydrations-)Schmel- Gleichgewichtskurven von Dekarbonatisierungs-Reakti-
zen hin. Allgemein gilt, dass die Gleichgewichtskurven von onen zu niedrigen Temperaturen hin, wenn die fluide
Entwässerungs-Reaktionen nur dann zur T-Abschätzung Phase neben CO2 auch andere Gasspezies, z. B. H2O ent-
der Metamorphose verwendet werden können, wenn man hält, d. h. Ptot = Pfl = PCO2 + PH2O … wird. In Abb. 27.11
unabhängige Informationen über den Gesamtdruck und sind die Gleichgewichtskurven der Reaktion (27.23) für
den H2O-Gehalt der fluiden Phase hat. unterschiedliche XCO2 = CO2 / (CO2 + H2O) dargestellt,
und zwar für X CO 2 = 0,75, 0,50, 0,25, 0,13 sowie für
27.2.3 P CO 2 = const = 1 bar. Ist dagegen P tot > P fl = P CO2 , so
Dekarbonatisierungs-Reaktionen zweigt von der Kurve für XCO2 = 1 – analog zu Abb. 27.7
– eine Kurve mit steiler negativer Steigung ab, z. B. bei
Bei der Metamorphose von unreinen, SiO2- und/oder PCO2 = 1 kbar. Aus diesen Erörterungen folgt, dass man
Al2O3-haltigen Karbonat-Gesteinen wird CO2 allein oder die Reaktion (27.23) nur dann zur T-Abschätzung der
zusammen mit H2O freigesetzt. Die bekannteste Dekar- Metamorphose verwenden kann, wenn man über unab-
bonatisierungs-Reaktion ist der Abbau von Calcit in Ge- hängige Kriterien für den Gesamtdruck sowie die Parti-
genwart von Quarz zu Wollastonit nach der Reaktion aldrücke von CO2 und H2O verfügt.
Die Gesamtentropiezunahme der Reaktion (27.23) liegt in der glei-
(27.23) chen Größenordnung wie bei Entwässerungs-Reaktionen. Demge-
genüber ist das ΔV°solids stark negativ, da Calcit und Quarz deutlich
geringere Dichten als Wollastonit haben:
Wie Abb. 27.11 erkennen lässt, hat die Gleichgewichts-
kurve dieser Reaktion bei Ptotal = PCO2 eine ähnliche Form
wie die meisten Entwässerungs-Reaktionen, d. h. eine po-
maximal drei Phasen miteinander: F = 3 – 3 + 2 = 2, so dieser Kurven aus einem partiellen Differential berechnen,
dass T und PCO2 frei wählbar sind. In Abb. 27.11 sind die das der Clausius-Clapeyron’schen Gleichung analog ist.
möglichen Phasenkombinationen im Konzentrations- Dabei wird vorausgesetzt, dass die Aktivitätskoeffizienten γ
dreieck CaO–SiO2–CO2 für zwei verschiedene Gesteins- von H2O und CO2 konstant sind, so dass man mit den
Chemismen A und B durch den jeweiligen Konodenverlauf Molenbrüchen XH2O = H2O/(H2O + CO2) und XCO2 = CO2 /
dargestellt. Auf der linken Seite der Gleichgewichtskurve (H2O + CO2) = 1 – XH2O arbeiten kann:
koexistieren in beiden Gesteinen Calcit und Quarz. Durch
Reaktion (27.23) wird die Konode Calcit–Quarz gebro-
chen und durch die Konode Wollastonit–Fluid ersetzt. Dabei [27.6]
können je nach Ausgangszusammensetzung entweder
Quarz oder Calcit übrig bleiben. Dementsprechend ist in
Gestein A die Paragenese Quarz–Wollastonit (–Fluid) sta- Dabei sind νCO2 und νH2O die Zahl der an der Reaktion
bil, in Gestein B dagegen Wollastonit–Calcit (–Fluid). beteiligten Mole CO2 bzw. H2O und R die ideale Gaskon-
Für den Fall Ptotal = Pfluid = PCO2 + PH2O gewinnt das Sys- stante. Wir erinnern uns daran, dass die Reaktanten ne-
tem einen zusätzlichen Freiheitsgrad und die Phasenregel gativ, die Reaktionsprodukte positiv gerechnet werden.
erhält die Form F = C – Ph + 3. Mit F = 3 – 4 + 3 = 2 wird Nach Greenwood (1967) kann man fünf verschiedene Fälle
die univariante Gleichgewichtskurve der Reaktion (27.23) unterscheiden, die im T–XCO2-Diagramm Abb. 27.12b
zur divarianten Fläche im P–T–PCO2- oder P–T–XCO2-Raum. schematisch dargestellt sind.
Es hat sich als nützlich erwiesen, Reaktionen, an denen die
Komponenten H2O und CO2 als Partner beteiligt sind, in 1. Reaktionen, bei denen nur CO2 frei wird: νH2O = 0, νCO2 > 0
isobaren T–XCO2-Diagrammen, d. h. bei Ptotal = const zu be-
handeln. Diesen Diagrammtyp wollen wir im folgenden Wenn ΔS positiv ist, was meist zutrifft, wird
Abschnitt kennenlernen.
27.2.4
Reaktionen, an denen H2O und CO2 beteiligt sind
Solche Reaktionen spielen bei der aufsteigenden Metamor- positiv, d. h. die Gleichgewichtskurve hat im T–XCO2-Di-
phose von unreinen Kalksteinen, insbesondere von Mergeln, agramm eine positive Steigung; sie schneidet die T-Ach-
eine ganz wichtige Rolle. Ihre Gleichgewichtskurven wer- se bei XCO2 = 1 bei der maximal möglichen Temperatur
den in T–XCO2-Diagrammen dargestellt, die isobare Schnitte und nähert sich mit sinkender Temperatur asymptotisch
durch den Pfl-T-XCO2-Raum bilden; es handelt sich um die der T-Achse bei XCO2 = 0 (Abb. 27.12b, 27.13). Beispiel:
Schnittlinien der divarianten Gleichgewichtsfläche bei ei- Reaktion (27.23) und analoge Dekarbonatisierungs-
nem bestimmten Ptotal (Abb. 27.12a). Da der Gesamtfluid- Reaktionen, wie
druck konstant gehalten wird, verzichtet man auf einen Frei-
heitsgrad, so dass wieder F = C–Ph + 2 gilt. Damit werden
die Gleichgewichtskurven im T–XCO2-Schnitt wiederum (27.24)
univariant. Nach Greenwood (1967) lässt sich die Steigung
Abb. 27.12.
a Gleichgewichtsfläche (schattiert)
einer Dekarbonatisierungs-Reak-
tion im Pfl–T–XCO2-Raum; ein
isobarer Schnitt (Pfl = const) er-
zeugt eine univariante Gleich-
gewichtskurve im T–XCO2-Dia-
gramm. b Schematisches T–XCO2-
Diagramm für eine H2O–CO2-
Fluidphase bei Pfl = const. Veran-
schaulicht wird die Form von
univarianten Gleichgewichtskur-
ven der fünf verschiedenen Reak-
tionstypen (nach Greenwood
1967); B und D sind feste Phasen
definierter Zusammensetzung.
(Mod. aus Miyashiro 1994)
478 27 · Phasengleichgewichte und Mineralreaktionen in metamorphen Gesteinen
2. Reaktionen, bei denen nur H2O frei wird: νH2O > 0, νCO2 = 0 Für Gleichung (27.25) liegt das Maximum bei
(27.25)
(27.26)
Abb. 27.13. T–XCO2-Diagramm für Pfl = 1 kbar für verschiedene Re-
aktionen im Kalksilikat-System CaO–MgO–SiO2–CO2–H2O. 23 Cal-
cit + Quarz Wollastonit + CO 2; 24 Dolomit Periklas + Cal-
cit + CO 2 ; 25 Talk + Dolomit Forsterit + Calcit + CO 2 + H 2O;
26 Tremolit + Calcit + Quarz Diopsid + CO 2 + H 2O; 27 Talk
+ Calcit + Quarz Tremolit + CO 2 + H 2O; 28 Dolomit + Quarz
(27.27) + H2O Talk + Calcit + CO2. (Nach verschiedenen Autoren aus
Miyashiro 1973)
27.2 · Metamorphe Mineralreaktionen 479
(27.28)
mit der Variation von XCO2 lässt sich leicht berechnen. Wie
man aus Tabelle 27.4 ablesen kann, ist bei niedrigen und
hohen XCO2-Werten die Steigung der Gleichgewichtskurve
sehr steil und flacht sich zum Wendepunkt bei XCO2 nahe
0,6 zunehmend ab.
Tabelle 27.4. Veränderung von (vCO2 /XCO2) – (v H2O /XH2O) mit XCO2 H2O H2 + ½O2 (27.29)
für Reaktion (27.28)
gebildet werden. Bei den erhöhten P-T-Bedingungen der
Metamorphose sollte man anstelle des O2-Partialdrucks
PO2 genauer den Begriff der O2-Fugazität fO2 verwenden.
Wie das T-fO2-Diagramm (Abb. 27.14) zeigt, ist der Druck-
einfluss auf diese Reaktion beachtlich; so zersetzt sich H2O
bei 600 °C und P = 1 bar bereits bei fO2 = 10–8 bar, bei
600 °C und PH2O = 2 kbar dagegen erst dann, wenn fO2 auf
10–6 bar steigt.
Während der Sauerstoffpartialdruck bei der atmos-
phärischen Verwitterung bei 0,21 bar liegt und auch bei
Sedimentationsvorgängen meist hoch ist, finden meta-
morphe und magmatische Prozesse meist bei deutlich
geringerem fO2 statt. So verläuft die Gleichgewichtskurve
der Reaktion
(27.30)
480 27 · Phasengleichgewichte und Mineralreaktionen in metamorphen Gesteinen
die das Stabilitätsfeld von Magnetit zu hohen Sauerstoff- Ganz allgemein lässt sich die Sauerstoff-Fugazität im
Fugazitäten abgrenzt, durch die Punkte T = 400 °C/ fO2 Experiment über univariante Gleichgewichtskurven von
= 10–21 bar, 600 °C/ 10–12 bar und 1 000 °C/ 10–5 bar. Die Oxid-Oxid- und Oxid-Silikat-Reaktionen festlegen, wenn Ptot
obere Stabilitätsgrenze von Magnetit, die durch die Re- und T bekannt sind. So koexistieren im Zweistoffsystem
aktionen Fe–O an der Gleichgewichtskurve der Reaktion (27.30) die
beiden festen Phasen Hämatit und Magnetit sowie eine
Gasphase miteinander. Von den drei Zustandsvariablen
(27.31)
T, Ptot und fO2 wird Ptot konstant gehalten, so dass die
Gibbs’sche Phasenregel die Form F = C – Ph + 2 annimmt.
und Mit F = 2 – 3 + 2 = 1 ist die Gleichgewichtskurve in der
Tat univariant, d. h. bei gegebenem T ist fO2 automatisch
festgelegt. Folgende univariante Gleichgewichtsreaktio-
(27.32)
nen werden im Experiment häufig als Puffersysteme zur
Kontrolle der Sauerstoff-Fugazität eingesetzt:
definiert wird, ist durch die Punkte 400 °C / 10–33 bar,
600°C/10–22 bar und 1000 °C/10–11 bar festgelegt (Abb. 27.14). HM: Hämatit–Magnetit-Puffer nach Reaktion (27.30)
Im Gegensatz zur Dissoziationsreaktion von H2O (27.29) NNO: Nickel–Nickeloxid-Puffer nach der Reaktion
ist der Einfluss des Gesamdrucks auf diese Feststoff-
NiO Ni + ½O2
Redoxreaktionen gering.
Aus Abb. 27.14 wird deutlich, dass die Dissoziations- FMQ: Fayalit–Magnetit + Quarz-Puffer nach der Reaktion
kurven von H2O fast vollständig im Stabilitätsfeld von
2Fe3O4 + 3SiO2 3Fe2[SiO4] + O2
Hämatit verlaufen. Daher dürfte in metamophen und
magmatischen Gesteinen lediglich Hämatit als opake MW: Magnetit–Wüstit-Puffer nach Reaktion (27.31)
Eisenoxidphase auftreten, wenn der Sauerstoffanteil, der IM: Magnetit–ged. Eisen-Puffer nach der Reak-
in der Gasphase vorhanden ist, nur durch die H2O-Dis- tion (27.32)
soziation nach Reaktion (27.29) kontrolliert würde. Das IW: Wüstit–ged. Eisen-Puffer nach Reaktion
ist aber nicht der Fall; denn in Gesteinen treten häufig
FeO Fe0 + ½O2
auch Magnetit und Ilmenit als Opakphasen auf. Daher
sollte fO2 geringer bzw. der H2-Anteil größer sein, als IQF: ged. Eisen + Quarz–Fayalit-Puffer nach der
durch Gleichung (27.28) gegeben ist. Eine Erklärungs- Reaktion
möglichkeit ist die Anwesenheit von organischer Sub-
Fe2[SiO4] 2Fe0 + SiO2 + O2
stanz oder – bei höherem Metamorphosegrad – von Gra-
phit, der z. B. in metamorphen Sedimentgesteinen häu-
fig beobachtet wird. In erster Näherung könnte man dann In der experimentellen Praxis wendet man zur Kon-
die Reaktion trolle der O2-Fugazität die sog. Doppelkapsel-Methode
an (Eugster 1957). Dabei wird die Ausgangsmischung
CO2 C + O2 (27.33) z. B. für die Reaktion Staurolith + Quarz Cordierit
+ Andalusit + H2O in eine Edelmetallkapsel eingebracht;
anwenden, deren Gleichgewichtskurven für 10 bar und diese wird von einer größeren Edelmetallkapsel umge-
10 kbar Gesamtfluiddruck überwiegend in den Stabili- ben, in der sich die Puffermischung, z. B. FMQ, zusam-
tätsfeldern von Magnetit und Wüstit liegen. Daneben men mit H2O befindet. Bei den definierten P-T-Bedin-
können auch die Reaktionen CO 2 CO + ½O 2 und gungen des Experiments stellt der FMQ-Puffer eine de-
C + 2H2 CH4 zur Kontrolle von fO2 und fH2 beitragen. finierte O2-Fugazität ein, die ihrerseits das Dissoziations-
In der Tat ist Methan CH4, das relativ reduzierende Be- gleichgewicht von H2O (27.29) beeinflusst. Dadurch wird
dingungen anzeigt, in Flüssigkeitseinschlüssen metamor- eine bestimmte H 2-Fugazität eingestellt. Das kleine
pher Minerale nachgewiesen worden (Kap. 12, S. 207ff) Wasserstoffmolekül ist in der Lage, durch das Kapsel-
und kann in Graphit-haltigen Metasedimenten einen be- material hindurch zu diffundieren und so das Gleichge-
trächtlichen Anteil der fluiden Phase ausmachen. Bei wicht (27.29) auch in der inneren Kapsel zu steuern.
gegebenen P-T-Bedingungen dominiert in diesen Gestei- Dadurch wird das fO2, das durch die Puffermischung
nen CH4 bei niedrigem fO2, H2O bei mittlerem fO2 und definiert ist, auch in der inneren Kapsel eingestellt. Die
CO 2 bei hohem f O2. Mit steigender Temperatur und oben genannten Puffermischungen liefern somit eine
sinkendem Druck nimmt der H2O-Gehalt in der flui- schrittweise fO2-Skala.
den Phase ab; dabei wird Graphit nach der Reaktion Fe2+-haltige Silikate wie Almandin-reicher Granat oder
2C + 2H2O CO2 + CH4 zunehmend abgebaut (Ohmoto Staurolith sind bei gegebener Temperatur und gegebenem
u. Kerrick 1977). Gesamtdruck nur über einen bestimmten fO2-Bereich sta-
27.2 · Metamorphe Mineralreaktionen 481
Abb. 27.15.
T-fO2-Diagramm mit dem Stabi-
litätsfeld von Almandin (mittel-
blau) und den Gleichgewichts-
kurven wichtiger Puffersysteme;
hellblau: Stabilitätsfeld von Quarz
+ Fe-Chlorit ± Magnetit (Nach
Hsu 1968)
bil. Bei Zunahme von fO2 werden sie unter Bildung von Mag- 27.2.6
netit oder Hämatit abgebaut, wie das am Beispiel von rei- Petrogenetische Netze
nem Almandin im T–fO2-Diagramm (Abb. 27.15) dargestellt
ist. Bei konstantem H2O-Druck nimmt die Bildungstem- Im Laufe der letzten 50 Jahre sind zahlreiche Gleichge-
peratur von Almandin mit steigendem fO2 immer mehr zu. wichtskurven metamorpher Mineralreaktionen experi-
Dabei schneidet seine untere Stabilitätsgrenze nach der Re- mentell bestimmt worden. Es wäre jedoch viel zu auf-
aktion Quarz + Fe-Chlorit ± Magnetit Almandin + H2O wändig, die Gleichgewichtskurven aller theoretisch denk-
die Kurven für den IQF-, IM- und FMQ-Puffer, während baren oder auch nur aller in der Natur beobachteten
die Gleichgewichtskurve der Reaktion Quarz + Hercynit Mineralreaktionen durch Hochdruck-Hochtemperatur-
+ Magnetit Almandin + H2O wesentlich flacher, und Experimente festzulegen. Wie wir gesehen haben, gibt es
zwar nahezu parallel der FMQ-Pufferkurve verläuft. Die jedoch durchaus die Möglichkeit, die Lage solcher Kur-
obere Stabilitätsgrenze von Almandin hat im T–fO2-Dia- ven im P-T- oder im T–XCO2-Feld und ihre Steigung ther-
gramm eine negative Steigung. modynamisch zu berechnen. Dafür muss man allerdings
Während sich H2O und CO2 während der prograden die thermodynamischen Größen der beteiligten Mineral-
und retrograden Metamorphose relativ mobil verhalten, phasen im entsprechenden P-T-Bereich kennen, insbe-
ist das bei O2 und H2 offensichtlich nicht der Fall. Zahl- sondere ihre Molvolumina V, Bildungsenthalpien H,
reiche Beispiele belegen, dass in unterschiedlichen Schich- Entropien S, ferner die Beziehungen zwischen den Mo-
ten einer metamorphen Sedimentfolge primäre Unter- lenbrüchen Xi und den Aktivitäten ai von chemischen Ele-
schiede im fO2 erhalten geblieben sind. So wurden in der menten in Mischkristallen. Diese Werte können durch ka-
gebänderten Eisenformation (BIF) des Kanadischen Schil- lorimetrische Messungen, aus kristallographischen Para-
des Schichten, in denen entweder Hämatit oder Magnetit metern, aber auch aus Hochdruck-Hochtemperatur-
als Fe-Oxid auftreten, im unmittelbaren Kontakt gefun- Experimenten gewonnnen werden. Für H2O und CO2 sind
den, wobei die Grenzen teils scharf, teils unscharf sind. die thermodynamischen Parameter bereits seit längerer Zeit
Der koexistierende Aktinolith hat im Gleichgewicht mit für einen weiten P-T-Bereich bekannt. Das Ergebnis sind
Hämatit ein geringeres Fe2+/Mg-Verhältnis als mit Mag- intern konsistente thermodynamische Datensätze (Berman
netit. Dieses stellt somit ein Maß für die O2-Fugazität im 1988; Holland u. Powell 1985, 1990; Powell et al. 2005), aus
Gestein dar. Das gleichzeitige Auftreten von Magnetit und denen sich für bestimmte Modellsysteme petrogenetische
Hämatit in metamorphen Gesteinen oder Erzen definiert Netze (engl. petrogenetic grids) konstruieren lassen. So
– bei gegebener Temperatur – die O2-Fugazität bei ei- kann man z. B. Gleichgewichtskurven, die für die metamor-
nem bestimmten Wert. Die Reaktion (27.30) stellt also phe Entwicklung von pelitischen Stoffbeständen relevant
einen O2-Puffer dar. sind, in einem PH2O-T-Diagramm für das Modellsystem
482 27 · Phasengleichgewichte und Mineralreaktionen in metamorphen Gesteinen
Abb. 27.16.
P-T-Pseudoschnitt für einen Kya-
nit-Staurolith-Glimmerschiefer
aus der Kyanit-Zone des panafri-
kanischen Kaoko-Gürtels (Nami-
bia) im KMnFMASH-System. Der
pauschale Gesteins-Chemismus ist
im oberen Kasten angegeben. Mit-
teldicke Linien: univariante Gleich-
gewichtskurven; mittelblau: diva-
riante Felder; weiß: trivariante Fel-
der; hellblau: quadrivariantes Feld.
Quarz, Muscovit und H2O sind
Überschussphasen und werden bei
den Paragenesen in den Feldern
nicht aufgeführt. Für das trivari-
ante Feld Granat (g)–Chlorit (chl)–
Staurolith (st)–Quarz (q)–Musco-
vit (mu)–H2O sind die Isoplethen
für Mn / (Mn + Fe + Mg) und Fe /
(Mn + Fe +Mg) im Granat angege-
ben. Als dicke schwarze Linie ist der
prograde und retrograde P-T-Pfad
eingetragen, der sich aus den abge-
schätzten P-T-Kombinationen (I)
bis (V) ergibt. (Nach Gruner 2000)
K2O–FeO–MgO–Al2O3–SiO2–H2O (KFMASH) darstellen. Man erkennt, dass nur wenige Reaktionen univariant, die
Für Gesteine mit mergeliger Zusammensetzung käme ein meisten dagegen divariant sind. So führt in diesem Ge-
isobares T–XCO2-Diagramm für das Modellsystem CaO– stein die prograde Entwicklung von der Paragenese
MgO–Al2O3–SiO2–CO2–H2O (CMASCH) in Frage. Die Granat + Chlorit + Staurolith + Muscovit + Quarz zur
Phasenbeziehungen von Mg-Fe-Mischkristallen, z. B. von Paragenese Granat + Biotit + Staurolith + Kyanit + Mus-
Staurolith, Granat, Biotit und Chlorit in einem Metapelit covit + Quarz über ein schmales divariantes Feld, in dem
könnten in isobaren T–XFe- oder isothermen P–XFe- zwar bereits Biotit, aber noch nicht Kyanit in der Para-
Schnitten dargestellt werden. genese auftritt. Die meisten Felder sind sogar trivariant:
Wegen der Fülle von univarianten Gleichgewichtskur- Sie enthalten jeweils drei Mineralphasen + Muscovit
ven und invarianten Punkten sind petrogenetische Net- + Quarz + H2O-Fluid im Gleichgewicht, d. h. Ph = 6; da
ze, insbesondere solche für komplexe Modellsysteme, oft es sich um ein System mit C = 7 handelt, ergibt sich nach
sehr unübersichtlich. Dabei muss man allerdings in Be- der Gibbs’schen Phasenregel F = C – Ph + 2 = 7 – 6 + 2 = 3.
tracht ziehen, dass nicht jeder Gesteins-Chemismus alle Für ein tieferes Eindringen in diese Materie sollten das
möglichen Reaktionen auch wirklich „sieht“. So wären für einschlägige Lehrbuch von Will (1998) sowie die umfang-
einen MgO-reichen metapelitischen Stoffbestand dieje- reiche Darstellung von Spear (1993) studiert werden.
nigen Reaktionen uninteressant, an denen die Fe-reichen
27.3 Minerale Chloritoid und Staurolith beteiligt sind. Man wählt 27.3
daher aus dem gesamten P-T- oder T–XCO2-Diagramm Geothermometrie und Geobarometrie
nur die Gleichgewichtskurven aus, die für einen ganz be-
stimmten Pauschalchemismus relevant sind, und kommt Geothermometer und Geobarometer beruhen auf der
dadurch zu einer wesentlichen Vereinfachung. Diese Art der Elementverteilung zwischen koexistierenden Mineral-
Darstellung, die quasi einen chemischen Schnitt durch das phasen, z. B. von Mg und Fe auf Biotit und Granat, die
Modellsystem legt, wird als Pseudoschnitt (engl. pseudo- sich durch die ortsauflösende Analyse von Mineralen mit
section) bezeichnet. In Verbindung mit sorgfältigen mikro- der Elektronenstrahl-Mikrosonde bestimmen lässt. Vor-
skopischen Untersuchungen der Mineralreaktionen, die aussetzung dafür ist, dass sich bei einem Metamorphose-
in einem metamorphen Gestein abgelaufen sind, erlau- schritt, insbesondere beim Höhepunkt der Metamorpho-
ben Peudoschnitte die Rekonstruktion des prograden und se, ein P-T-abhängiges Austausch-Gleichgewicht einge-
retrograden P-T- oder T–XCO2-Pfades. Als Beispiel geben stellt hat und dieses durch spätere Ereignisse, z. B. auf
wir einen P-T-Pseudoschnitt im Modellsystem K2O–FeO– dem retrograden P-T-Pfad, nicht umgestellt wurde. Un-
MnO–MgO–Al2O3–SiO2–H2O, der die metamorphe Ent- ter Gleichgewichtsbedingungen gilt:
wicklung eines Kyanit-Staurolith-Glimmerschiefers im pan-
afrikanischen Kaokogürtel (Namibia) zeigt (Abb. 27.16). ΔG + RT ln K = 0 [27.7]
27.3 · Geothermometrie und Geobarometrie 483
(27.34)
[27.8]
Abb. 27.17. Schematische Position möglicher Geothermometer und
Geobarometer im P-T-Diagramm. (Nach Will 1998)
Dabei lassen sich die Aktivitäten ai nach der Gleichung
ai = γ i · Xi aus den Molenbrüchen Xi = Fe/ (Fe + Mg) be- An den Kreuzungspunkten der Isoplethen eines Geother-
rechnen, wenn man die Aktivitätskoeffizienten γ i kennt. mometers und eines Geobarometers lässt sich die jewei-
Für die Temperaturabhängigkeit von lnK bei konstan- lige P-T-Kombination ablesen, bei der ein Metamorpho-
tem Druck gilt die Gleichung seprozess in etwa abgelaufen ist.
[27.11]
Abb. 27.20.
P-T-Diagramm mit vier möglichen
P-T-Pfaden von krustalen Gesteinen,
die tief subduziert und unterschied-
lich rasch exhumiert wurden. Einge-
tragen sind außerdem die Kurven
des Schmelzbeginns eines Alkali-
granits unter Anwesenheit von H2O
und trocken sowie die linear verlau-
fenden geothermischen Gradienten.
(Nach Schreyer 1988)
486 27 · Phasengleichgewichte und Mineralreaktionen in metamorphen Gesteinen
z. B. durch Deckenüberschiebungen sehr rasch in höhe- S. 424) gezeigt wurde, modelliert werden, wobei aller-
re Krustenbereiche zurückgeführt werden. Es entstehen dings die Grenzparameter oft nicht genau bekannt sind.
dann haarnadelförmige P-T-Pfade, bei denen der pro- Es wäre daher wichtig, wenn man an einzelne Abschnitte
grade und der retrograde Ast nahezu parallel verlaufen, eines P-T-Pfades direkt bestimmte Zeitangaben heran-
wie das z. B. bei den Ultrahochdruck-Gesteinen des Dora- schreiben und so Druck-Temperatur-Zeit-Pfade (P-T-t-
Maira-Massivs (Abschn. 28.3.9, S. 507f) mit der Parage- Pfade) rekonstruieren könnte. Nur so ist es auch möglich
nese Pyrop + Coesit der Fall war (Abb. 27.20). Der auf- zu entscheiden, ob der ermittelte P-T-Pfad wirklich auf ein
steigende Ast I des P-T-Pfades dokumentiert ein frühes einziges Metamorphoseereignis zurückgeht oder ob sich
Stadium der Kontinent-Kontinent-Kollision und folgt in ihm mehrere Ereignisse unterschiedlichen Metamor-
dementsprechend einem sehr geringen geothermischen phosealters verbergen. Wie wir in Abschn. 33.5.3 (S. 615ff)
Gradienten von ca. 7 °C/ km. Bei rund 800 °C und 30 kbar zeigen werden, lassen sich Minerale, die radiogene Isoto-
werden die Bildungsbedingungen dieser Ultrahochdruck- pe enthalten, über radioaktive Zerfallsreihen, insbesonde-
Paragenese erreicht. Der retrograde Ast II (blau) des P-T- re 238U → 206Pb, 235U → 207Pb, 147Sm → 143Nd, 87Rb → 86Sr
Pfades verläuft etwa parallel zum prograden, was auf eine und 40K → 40Ar, datieren. Auch bei radiometrischen (iso-
rasche tektonische Heraushebung hinweist. Darüber hin- topischen) Altersbestimmungen kann man das Prinzip der
aus begünstigte ein Mangel an H2O und die besondere Schließungstemperaturen anwenden, wobei die oben an-
Kristallgröße des Granats die reliktische Erhaltung der gegebenen Einschränkungen gelten. So wird für U-Pb-
Ultrahochdruck-Paragenese Pyrop + Coesit, während Datierungen an Zirkon und Monazit eine Schließungstem-
das feinkörnige, glimmerreiche Nebengestein retrograd peratur angenommen, die >900 °C bzw. >750 °C liegt; für
überprägt wurde. Inzwischen gibt es eine Reihe von Bei- Sm-Nd-Datierungen an Granat beträgt sie ca. 600 °C, für
spielen, bei denen Ultrahochdruck-Paragenesen in tief Rb-Sr-Datierungen an Muscovit ca. 500 °C sowie für K-Ar-
subduzierter kontinentaler Kruste noch reliktisch erhal- Datierungen an Hornblende, Muscovit und Biotit ca. 450
ten blieben (Abschn. 28.3.9, S. 507f). bis 400 bzw. 300 °C, allerdings jeweils mit relativ großen
Unsicherheiten. Trotzdem kann man durch die Datierung
Die Verfolgung des Subduktionspfads I in noch größere Manteltiefe
unterschiedlicher Minerale eines Gesteins mit unterschiedli-
bis zu etwa 200 km Tiefe (IV, grün) würde mit steigender Temperatur
– in Abhängigkeit von der H2O-Fugazität – zu einer vermehrten se- chen Isotopensystemen Zeitmarken an den Höhepunkt der
lektiven Aufschmelzung der hochmetamorphen kontinentalen Krus- Metamorphose und an bestimmte Punkte auf dem retro-
te führen; denn der angenommene Geotherm schneidet die beiden graden Ast des P-T-Pfades setzen, während eine Datierung
eingezeichneten Schmelzkurven. Die relativ saure, in diesem Fall wahr- des prograden P-T-Pfades naturgemäß kaum möglich ist.
scheinlich syenitisch zusammengesetzte Schmelze könnte mit dem Dabei muss selbstverständlich vorausgesetzt werden,
umgebenden ultramafischen Mantelperidotit reagieren. In der sich
absondernden, durch fortschreitende Kontamination veränderten
dass alle datierten Minerale innerhalb des gleichen Meta-
Schmelze vermutet man den Anfang einer globalen Magmenbildung morphoseereignisses gewachsen sind. Das ist insbesonde-
ausgelöst durch eine Kontinent-Kontinent-Kollision. re beim Zirkon mit seiner sehr hohen Schließungstempe-
ratur oft nicht der Fall. Häufig liefern einzelne Zirkone oder
P-T-Pfade im Gegenuhrzeigersinn (counter-clockwise P-T paths). Kernbereiche von Zirkonen noch Altersinformationen, die
Diese Pfade können entstehen, wenn durch magmatische auf vorhergehende magmatische oder metamorphe Ereig-
Intrusionen advektiv Wärme zugeführt wird, z. B. im Be- nisse hinweisen: Die Temperatur, die beim Höhepunkt der
reich von Inselbögen oder von Orogengürteln oberhalb Metamorphose erreicht wurde, war nicht hoch genug, um
von Subduktionszonen (Abb. 27.19, 28.8, S. 496). Dabei das Isotopensystem zurückzustellen. So können Zirkone in
kommt es in einem relativ flachen Krustenniveau Orthogneisen, die noch magmatische Morphologie zeigen,
zunächst zu nahezu isobarer Aufheizung, die regionale das Intrusionsalter des magmatischen Ausgangsgesteins
Ausmaße annehmen kann, wenn die Menge der geför- datieren (Abb. 33.15, S. 621). Umgekehrt zeigen abgerun-
derten Magmen groß genug ist. Man spricht dann von dete Zirkone in Metasedimenten häufig ein U-Pb-Alter, das
regionaler Kontaktmetamorphose. Erst im Zuge einer ihre Herkunft von einem älteren Krustenteil, z. B. einem ar-
nachfolgenden Krustenverdickung, z. B. bedingt durch chaischen Kraton erweist; sie wurden als detritische Schwer-
Deckenüberschiebungen, steigt der Druck an, danach minerale in das Sedimentationsbecken transportiert, das
erfolgt nahezu isobare Abkühlung. Es entstehen Nieder- im Zuge der späteren Orogenese metamorph geprägt wur-
druckgesteine vom Buchan-Typ. de. Häufig enthalten zonar gebaute Zirkone ältere detritische
oder magmatisch gebildete Kernbereiche; diese werden von
27.4.2 Zonen umgeben, die während eines oder mehrerer Meta-
Druck-Temperatur-Zeit-Pfade morphose-Ereignisse gewachsen sind (z. B. Harley u. Kelly
2007). Um diese wichtigen Informationen quantitativ zu
Von großem Interesse sind der zeitliche Ablauf und die fassen, ist die ortsauflösende Isotopenanalyse mit einer Sen-
Dauer von Metamorphosevorgängen. Diese können, wie sitive High-Resolution Micro-Probe (SHRIMP) oder mit
am Beispiel der Kontaktmetamophose (Abschn. 26.2.1, Laser-Ablations ICP-MS (Kap. 12, S. 207f) erforderlich.
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In Abb. 27.21 ist die Temperatur-Zeit-Entwicklung des hoch- of heulandite-laumontite equilibrium at 1 000 to 2 000 bar Pfluid.
metamorphen Adirondack-Kristallins (New York, USA) darge- Contrib Mineral Petrol 97:43–50
stellt, das bei Höhepunkt der Metamorphose im Neoproterozoi- England PC, Thompson AB (1984) Pressure–temperature–time paths
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erlebt hatte. Durch U-Pb-Datierungen an einem Granat wurde tion of regions of thickened continental crust. J Petrol 25:894–928
das Alter dieses Metamorphose-Ereignisses zu 1 064 ±3 Ma be- Eugster HP (1957) Heterogeneous reactions involving oxidation
stimmt; U-Pb-Datierungen an Monazit, Titanit und Rutil sowie and reduction at high temperatures. J Chem Phys 26:1760–1761
K-Ar-Datierungen an Hornblende und Biotit liefern zunehmend Evans BW, Johannes W, Oterdoom H, Trommsdorff V (1976) Stab-
geringere Alterswerte, die erkennen lassen, dass sich die Abkühlung ility of chrysotile and antigorite in the serpentinite multisystem.
auf ca. 300 °C über einen Zeitraum von fast 250 Ma hinzog. Da- Schweiz Mineral Petrogr Mitt 56:79–93
bei verlangsamte sich die Abkühlungsrate von ca. 4 °C / Ma auf ca. Goldschmidt VM (1911) Die Kontaktmetamorphose im Kristiania-
1 °C / Ma (Mezger et al. 1990). Die Hebungsrate des Adirondack- Gebiet. Oslo Vidensk Skr, I Math-Nat K1, no 11
Kristallins wurde mit ca. 0,05 mm / Jahr abgeschätzt. Im Ver- Greenwood HJ (1961) The system NaAlSi2O6–H2O–argon: Total pressure
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Metamorphe Mineralfazies
Abb. 28.1.
Projektion wichtiger metamor-
pher Minerale im ACF- und A'KF-
Diagramm. (Nach Winkler 1979)
Abb. 28.2.
Ungefähre Bereiche von che-
mischen Zusammensetzungen
wichtiger magmatischer und
sedimentärer Gesteinsgruppen
im ACF- und A'KF-Diagramm.
G Granit, Gd Granodiorit, Gb Gab-
bro, B Basalt, P Peridotit
existierende Minerale werden durch Konoden miteinan- Die Gibbs’sche Phasenregel ist verletzt: Das Gestein re-
der verbunden, koexistierende Mischkristalle durch präsentiert thermodynamisches Ungleichgewicht.
Konodenbündel. Die Konoden begrenzen Phasendrei- Manchmal lässt sich dieses Problem lösen, wenn man
ecke, in denen jeweils drei Minerale miteinander und mit einen kleineren Bereich eines Dünnschliffs betrachtet,
den Überschussphasen Quarz + Fluid im Gleichgewicht in dem ein lokales Gleichgewicht eingestellt wurde.
stehen; dazu kommen im ACF-Dreieck der Albit-Anteil Im Gestein ist eine univariante oder divariante Mineral-
im Plagioklas ± Kalifeldspat ± Muscovit, im A'KF-Drei- reaktion eingefroren; die Probe wurde im Gelände z. B.
eck der Albit-Anteil im Kalifeldspat sowie Plagioklas. Auf auf einer Isograden entnommen oder es sind ein oder
einem Konodenbündel oder innerhalb der Fläche eines mehrere Reaktanten metastabil erhalten geblieben.
Teildreiecks können die Gesteins-Chemismen beliebig Die Zahl der gewählten Komponenten ist zu gering. So
variieren, ohne dass sich die Mineralparagenese ändert; kann z. B. ein erhöhter TiO2-Gehalt Biotit zu höheren
lediglich das modale Mengenverhältnis der koexistieren- Temperaturen stabilisieren, so dass die Vernachlässi-
den Minerale verschiebt sich. Erst wenn die chemische gung dieser Komponente ungerechtfertigt ist. Umge-
Zusammensetzung eine begrenzende Konode über- kehrt senkt ein erhöhter MnO-Gehalt die untere Stabi-
schreitet, entsteht eine neue Paragenese. litätsgrenze von Granat ab; daher kann die Zusammen-
fassung von MnO mit FeO und MgO zu einer Kompo-
Fallen bei der Projektion von Gesteinsanalysen in ACF- und A'KF- nente unberechtigt sein. Bei vielen Mineralreaktionen
Diagrammen die darstellenden Punkte nicht in die „richtigen“
Dreiphasenfelder bzw. Konodenbündel, so liegt das meist an einer
verändert sich das Fe/Mg-Verhältnis der beteiligten Pha-
Unterkorrektur oder Überkorrektur für die Akzessorien. sen laufend; diese gleitenden (kontinuierlichen) Reakti-
onen sind divariant, so dass eine Zusammenfassung von
Treten in einem bestimmten Gesteinsvolumen mehr als FeO und MgO nicht zulässig ist. Das Gleiche gilt für
drei der möglichen Phasen auf, kommt es zu kreuzenden divariante und multivariante Reaktionen mit wechseln-
Konoden. Dafür kann es folgende Erklärungen geben: dem Fe2O3/Al2O3- und/oder anderen Oxidverhältnissen.
492 28 · Metamorphe Mineralfazies
Eine weitere Schwierigkeit bei der Berechnung von ACF- und A'KF- ralparagenesen an, die sich innerhalb eines begrenzten
Diagrammen ist, dass man bei der Mikrosonden-Analytik von Druck-Temperatur-Bereichs im Gleichgewicht befinden.
Silikatmineralen das FeO/Fe2O3-Verhältnis nicht direkt bestimmen,
Kristallisationswege, wie sie z. B. im ternären Zustands-
sondern nur bestenfalls abschätzen kann.
diagramm Diopsid–Albit–Anorthit (Abb. 18.7, S. 287)
Als klassisches Beispiel für die Anwendung des ACF- dargestellt sind, lassen sich nicht ablesen. ACF- und A'KF-
Dreiecks gelten die Hornfelse der Osloregion in Süd- Dreiecke sagen weiterhin aus, dass Minerale, die nicht
norwegen, die bereits durch V. M. Goldschmidt (1911) durch Konoden miteinander verbunden sind, nicht ne-
eingehend bearbeitet wurden. Die kontaktmetamorphe beneinander im Kontakt auftreten, also keine Berüh-
Überprägung der unterschiedlichen sedimentären Aus- rungsparagenese bilden, z. B. Cordierit und Diopsid oder
gangsgesteine erfolgte weitgehend isochemisch. Ihre che- Hypersthen und Grossular. Beobachtet man unter dem
mische Zusammensetzung variiert von karbonatfreien Mikroskop alternative Mineralkombinationen für den
bis karbonatarmen Tonsteinen zu tonarmen Kalksteinen gleichen Gesteins-Chemismus, so müssen diese unter ver-
und überstreicht somit weite Bereiche des ACF-Dia- änderten Druck-Temperatur-Bedingungen gebildet wor-
gramms. Entsprechend dem unterschiedlichen Gesteins- den sein. Für sie wäre dann ein anderes ACF-Dreieck mit
Chemismus unterscheidet Goldschmidt 10 sog. Hornfels- entsprechend verändertem Konodenverlauf zu zeichnen.
klassen, die durch folgende Zwei- oder Dreiphasen-
Paragenesen gekennzeichnet sind (Abb. 28.3). 28.1.2
AFM-Projektion
1. Andalusit–Cordierit
2. Andalusit–Cordierit–Plagioklas Bei zahlreichen metamorphen Gesteinen genügen das
3. Cordierit–Plagioklas ACF- und das A'KF-Dreieck, um mit diesen drei Kompo-
4. Cordierit–Plagioklas–Hypersthen nenten die wichtigsten Gleichgewichtsbeziehungen der
5. Plagioklas–Hypersthen auftretenden Mineralparagenesen herauszustellen, jedoch
6. Plagioklas–Hypersthen–Diopsid nicht bei allen. Wie wir festgestellt hatten, liegt ein we-
7. Plagioklas–Diopsid sentlicher Nachteil dieser Diagramme in der Zusammen-
8. Plagioklas–Diopsid–Grossular fassung von FeO und MgO zu einer Komponente, was oft
9. Diopsid–Grossular nicht gerechtfertigt ist. Zwar herrscht in vielen mafischen
10.Diopsid–Grossular–Wollastonit Mineralen unbegrenzte Diadochie zwischen Mg und Fe2+,
doch wird die gegenseitige Vertretbarkeit bei bestimm-
Zu diesen Mineralen können noch Quarz, Kalifeldspat ten P-T-Bedingungen nach der einen oder anderen Seite
und Biotit hinzukommen; der Quarz-Gehalt nimmt mit stei- hin eingeschränkt. So koexistiert bei mäßigen Tempera-
gender Klassennummer ab und fehlt in den Klassen 8–10 turen und Drücken ein Fe-reicher Granat mit einem Mg-
oft ganz; statt dessen tritt häufig Calcit auf. (Quarz-freie reichen Cordierit. Aus dieser Tatsache ergeben sich Para-
Paragenesen dürften streng genommen nicht im ACF- genesen, in denen vier Minerale im Gleichgewicht neben-
Dreieck dargestellt werden!) einander auftreten, z. B. Granat–Cordierit–Biotit–Kali-
ACF- und A'KF-Diagramme geben für unterschiedli- feldspat (–Quarz). Diese können im A'KF-Dreieck nicht
che chemische Ausgangszusammensetzungen die Mine- ohne kreuzende Konoden dargestellt werden, widerspre-
chen also scheinbar der Gibbs’schen Phasenregel (Abb. 28.4). Al2O3 zusammengefasst, sondern vernachlässigt wird; das
Deshalb empfiehlt es sich für viele metamorphe Gestei- Gleiche gilt für MnO. Bei der Berechnung der Granat-Po-
ne, insbesondere für Metapelite, FeO und MgO als unab- sition müssen die äquivalenten Al2O3-Anteile subtrahiert
hängige Komponenten, d. h. getrennt darzustellen. werden, die in den Endgliedern Spessartin (= ÇMnO) und
Thompson (1957) entwickelte hierfür ein AKFM-Te- Grossular (= ÇCaO) gebunden sind. Analog zu den ACF-
traeder mit den fünf Hauptkomponenten SiO2 (im Über- und A'KF-Dreiecken erfolgt die Berechnung auf der
schuss), Al2O3, FeO, MgO und K2O. Die Phasenbeziehun- Grundlage von Molzahlen nach folgendem Schema:
gen werden auf eine Ebene projiziert, die durch die AFM-
Fläche des Tetraeders verläuft (Abb. 28.5a). Als Projekti- 1. Mit Muscovit als Projektionspunkt:
onspunkt dient in allen Gesteinen, die Muscovit enthal-
ten, d. h. besonders in niedrig- bis mittelgradigen Meta- A = [Al2O3] – 3[K2O]
peliten, Muscovit. In muscovitfreien, aber Kalifeldspat- M = [MgO]
führenden Gesteinen, d. h. besonders in hochgradigen F = [FeO]
Metapeliten, wird dagegen Kalifeldspat als Projektions-
punkt benutzt. Diese Minerale werden dementsprechend
nicht in der AFM-Projektion dargestellt, ebenso Quarz,
der – wie bei den ACF- und A'KF-Dreiecken – voraus-
setzungsgemäß im Überschuss vorhanden sein muss. Zu
beachten ist, dass bei der AFM-Projektion Fe2O3 nicht mit
Abb. 28.5.
AFM-Projektion; a AKFM-Tetra-
eder Al2O3–K2O–FeO–MgO mit
der Projektionsebene A = [Al2O3]
– F = [FeO] – M = [MgO], die
sich über die Dreiecksseite F–M
hinaus erstreckt. Alle Punkte in-
nerhalb des Tetraeders können
vom Projektionspunkt Ms (Mus-
covit) auf diese Ebene projiziert
werden. Die darstellenden Punk-
te X, Y und B liegen innerhalb
des Tetraeders und werden als
Punkte X', Y' und B' auf die AFM-
Ebene projiziert. Dabei kommen
Y' und B' jenseits der Linie F–M
zu liegen, während Projektions-
punkte von K-freien Mineralen
in das AFM-Dreieck fallen.
b AFM-Projektion der wichtigs-
ten Mineralzusammensetzungen
mit Projektionspunkt Muscovit.
(Nach Best 2003)
494 28 · Metamorphe Mineralfazies
Erläuterung. Bei K2O-haltigen Mineralen muss eine zu Oder einfacher: prozentuale Berechnung mit
K2O äquivalente Menge Al2O3 abgezogen werden. Diese
ist 3[K2O] entsprechend der Muscovit-Zusammenset- A + F + M = 100
zung KAl2[(OH)2/AlSi3O10] = K2O · 3Al2O3 · 6SiO2 · 2H2O.
Bei Biotit ergeben sich für A / (A + F + M) negative Wer- Erläuterung. Ist Kalifeldspat Projektionspunkt, so werden
te, da [K2O] > [Al2O3] ist; Biotit projiziert also unterhalb alle Minerale auf das AFM-Dreieck projiziert.
der FM-Kante des AKFM-Tetraeders (Abb. 28.5a).
Projektionspunkte von K-freien Mineralen wie Chlorit, Rechenbeispiele werden im Anhang (S. 640f) gegeben.
Cordierit, Chloritoid, Almandin-Pyrop-Granat und Stau- Die AFM-Projektion ist grundsätzlich nicht für die Darstellung von
rolith liegen dagegen im AFM-Dreieck. Mischkristall- Gesteinszusammensetzungen konzipiert worden. Will man das
bildung durch Substitution von Fe2+ für Mg2+ in diesen trotzdem tun, so sind entsprechende Korrekturen vorzunehmen,
Mineralen wird durch eine Strecke parallel zur Seite z. B. für die FeO-Gehalte im Ilmenit FeO · TiO 2 und Magnetit
F–M zum Ausdruck gebracht. Besteht zusätzlich eine FeO · Fe2O3, die nicht in der AFM-Projektion dargestellt werden.
Somit wird F = [FeO] – [TiO2] – [Fe2O3]. [MnO] kann für die Kal-
Substitution durch Al, wie besonders bei Chlorit oder
kulation von F zu [FeO] addiert werden, da Mn 2+ in vielen Silikat-
Biotit, so erweitert sich die Strecke zu einem Band oder mineralen Fe2+ ersetzt.
einem Feld (Abb. 28.5b). Ein zur Paragenese gehören-
der Muscovit kann voraussetzungsgemäß nicht darge- Eine mögliche Anwendung der AFM-Projektion zeigt
stellt werden. Abb. 28.6, in der Mineralparagenesen in drei metapelitischen
Hornfelsen P, Q und R dargestellt sind, die unter Bedin-
2. Mit Kalifeldspat als Projektionspunkt gungen der Hornblende-Hornfels-Fazies (Abschn. 28.3.6,
S. 504) gebildet wurden. Zum Gesteinschemismus P
A = [Al2O3] – [K2O] gehört die Paragenese Andalusit + Biotit + Cordierit
M = [MgO] + (Muscovit + Quarz), zu den Gesteinschemismen Q
F = [FeO] und R die Paragenese Biotit + Cordierit + (Muscovit
+ Quarz). Aus dem Konodenverlauf kann man die
Mg/Fe-Verhältnisse koexistierender Cordierite und
Biotite ablesen. Wie bei den ACF- oder A'KF-Diagramm
ändern sich der Konodenverlauf und die Mischkristall-
Zusammensetzungen der koexistierenden Mineralpha-
sen mit den physikalischen Bedingungen der Metamor-
phose. Die Endpunkte des Phasendreiecks Bt1–Crd1–
Andalusit sind bei gegebenen P-T-Bedingungen fixiert,
während der Gesteins-Chemismus innerhalb des Drei-
ecks frei variieren kann: Wenn sich Punkt P in Richtung
auf A verschiebt, würde sich an der Paragenese und den
Mineralzusammensetzungen nichts ändern; lediglich
der modale Andalusit-Anteil würde zu Lasten von Biotit
und Cordierit zunehmen. Demgegenüber werden die
Mg/Fe-Verhältnisse der Zweiphasen-Paragenese Biotit
+ Cordierit (+ Muscovit + Quarz) nicht nur von P und T,
sondern auch durch das MgO/ (MgO + FeO)-Verhältnis
im Gesamtgestein kontrolliert: Zum Gestein Q gehören
die Fe-reicheren Minerale Bt2 und Crd2, zum Gestein R
die Mg-reicheren Minerale Bt3 und Crd3. Eine Verschie-
bung des Pauschalchemismus entlang der Konoden wür-
de dagegen nur zu einer Veränderung des modalen Bio-
tit-Cordierit-Verhältnisses führen. Die AFM-Projektion
bringt bei pelitischem Chemismus derartige Phasenbe-
ziehungen besser zum Ausdruck als ein ACF- oder ein
A'KF-Diagramm.
Vergleichbare Projektionen können auch für andere
Abb. 28.6. AFM-Projektion von zwei Paragenesen aus metapelitischen
Hornfelsen. Gestein P: Biotit (B)+ Cordierit (C) + Andalusit (+ Muscovit
Stoffbestände entwickelt werden, z. B. für Metabasite im
+ Quarz), Gesteine Q und R: Biotit + Cordierit (+ Muscovit + Quarz). ACFM-Tetraeder mit Projektionspunkt Plagioklas (Ro-
Zum Gestein P gehören C1 und B1, zu Q: C2 und B2, zu R: C3 und B3 binson et al. 1982).
28.2 · Das Faziesprinzip 495
Abb. 28.7.
a P-T-Diagramm mit der unge-
fähren Position der metamorphen
Mineralfazies. Die Grenzen sind
unscharf. Zum Vergleich sind die
Stabilitätsfelder der Al2SiO5-Poly-
morphen Kyanit, Andalusit und
Sillimanit nach Holdaway (1971)
eingetragen. b P-T-Diagramm der
metamorphen Fazies-Serien. Die
Hoch-P/T-Serie ist charakteris-
tisch für Subduktionszonen, die
Mittel-P/T-Serie für die Lithosphä-
ren-Platte über einer Subduktions-
Zone und für kontinentale Kollisi-
ons-Zonen, die Niedrig-P/T-Serie
für vulkanische Bögen und mittel-
ozeanische Rücken (vgl. Abb. 28.8,
28.9). (Mod. nach Spear 1993)
4. Das Faziesprinzip beruht auf der (idealisierenden) seine Bezeichnungen sind auch heute noch allgemein
Annahme, dass beim Höhepunkt eines Metamorpho- anerkannt: Zeolithfazies, Grünschieferfazies, Epidot-
seereignisses ein thermodynamisches Gleichgewicht Amphibolit-Fazies, Amphibolitfazies, Granulitfazies,
eingestellt wurde, angezeigt durch Berührungspara- Glaukophanschieferfazies (= Blauschieferfazies), Eklogit-
genesen. Auf dem prograden und retrograden Meta- fazies, Pyroxen-Hornfelsfazies, Sanidinitfazies. Dazu
morphosepfad oder während eines früheren Meta- kommen noch die Prehnit-Pumpellyit-Fazies, die von
morphoseereignisses kann das gleiche Gestein auch
P-T-Bedingungen anderer Mineralfazies durchlaufen
haben, die sich an Hand von Reliktmineralen oder
Mineralneubildungen nachweisen lassen.
5. Bei gegebenem Gesteins-Chemismus ist es möglich, die
betreffende Mineralparagenese vorauszusagen, wenn
die anderen Paragenesen der gleichen Fazies bekannt
sind. Kleinere Variationen innerhalb einer Fazies kön-
nen kleineren Unterschieden im Gesteins-Chemismus
oder den P-T-Bedingungen zugeschrieben werden.
6. Aus beobachteten Mineralparagenesen lassen sich nur
sehr allgemeine Aussagen über das Ausgangsmaterial
machen (z. B. Metapelite, Metabasite). Für eine ge-
nauere Ansprache müssen Gefügerelikte und Mineral-
relikte gefunden sowie der Haupt- und Spurenelement-
Chemismus analysiert werden.
Coombs (1960, 1961) von der Zeolith-Fazies abgetrennt Dabei ergibt sich die Abfolge: Albit-Epidot-Hornfels-
wurde, sowie die Albit-Epidot-Hornfels- und Horn- Fazies → Hornblende-Hornfels-Fazies → Pyroxen-
blende-Hornfels-Fazies (Turner u. Verhoogen 1960). Wie Hornfels-Fazies; bei der Pyrometamorphose entstehen
Abb. 28.7a zeigt, nehmen die meisten metamorphen Fa- Paragenesen der Sanidinit-Fazies.
zies einen großen P-T-Bereich ein. Es hat daher nicht an
Versuchen gefehlt, diese in Subfazies zu unterteilen (Tur- Die Faziesserien liefern einen wesentlichen Hinweis
ner u. Verhoogen 1960; Winkler 1965, 1967). Eine solche auf die geotektonische Position, in der ein Krustenteil
Untergliederung ist in vielen Regionen durchaus sinnvoll, metamorph geprägt wurde. In Abb. 28.8 und 28.9 ist die
oft aber nicht allgemein anwendbar und sollte keinesfalls Verteilung von metamorphen Fazies an einem konver-
übertrieben werden: Nicht jede neu aufgefundene Mine- genten und einem divergenten Plattenrand schematisch
ralparagenese kann eine neue Subfazies begründen; nicht dargestellt. Die Subduktion der relativ kalten ozeanischen
jedes P-T-Feld, das durch univariante Gleichgewichtskur- Lithosphärenplatte führt zum Abtauchen der Isothermen
ven begrenzt wird, definiert eine Subfazies! nach unten, so dass bei der Metamorphose eine Hoch-
P/T-Faziesserie entsteht. In der überschobenen kontinen-
28.2.2 talen Lithosphärenplatte kommt es im vulkanischen
Metamorphe Faziesserien Bogen durch magmatische Intrusionen und advektiven
Wärmetransport zur (regionalen) Kontaktmetamor-
Wie wir in Abschn. 26.2.5 (S. 432ff) gesehen haben, doku- phose und zur Entwicklung einer Niedrig-P/T-Faziesserie;
mentieren die P-T-Bedingungen der Metamorphose geo- nach außen geht diese in eine Mittel-P/T-Faziesserie über
thermische Gradienten, d. h. die Temperaturzunahme mit (Abb. 28.8). Auch am mittelozeanischen Rücken führt
der Tiefe bzw. mit dem Druck (dT/dP). Das kommt auch in advektive Wärmezufuhr zur Aufbeulung der Isothermen
der Abfolge metamorpher Fazies in einer bestimmten und daher zu einem hohen geothermischen Gradienten:
Region, z. B. in einem Orogengürtel zum Ausdruck. Aus die Ozeanbodenmetamorphose erfolgt demnach unter
dieser Tatsache leitete Miyashiro (1961) drei metamorphe Bedingungen einer Niedrig-P/T-Faziesserie (Abb. 28.9).
Faziesserien ab, die unterschiedlichen Drucktypen (engl.
baric types) der Metamorphose entsprechen (Abb. 28.7b):
Hochdruck-(= Hoch-P/T)-Faziesserie:
Zeolith-Fazies → Prehnit-Pumpellyit-Fazies → Blau-
schiefer-Fazies → Eklogit-Fazies; charakteristische
Minerale sind Glaukophan und Jadeit; der typische
geothermische Gradient variiert um 10 °C/ km.
Mitteldruck- (= Mittel-P/T)-Faziesserie:
Zeolith-Fazies → Grünschiefer-Fazies → Epidot-Am-
phibolit-Fazies → Amphibolit-Fazies → Granulit-Fa-
zies; charakteritische Al2SiO5-Polymorphen sind Ky-
anit und Sillimanit; der typische geothermische Gra-
dient variiert um 30 °C/ km.
Niederdruck (= Niedrig-P/T)-Faziesserie:
Zeolith-Fazies → Grünschiefer-Fazies → Amphibolit-
Fazies → Granulit-Fazies; charakteristische Al2SiO5-
Polymorphen sind Andalusit und Sillimanit; der ty-
pische geothermische Gradient liegt bei 90 °C/ km.
In Kontakt-Aureolen sind bei meist niedrigen Drücken
noch höhere geothermische Gradienten realisiert.
28.3.1
Zeolith- und Prehnit-Pumpellyit-Fazies (28.1)
der Grünschieferfazies auf, wobei sich zwei Subfazies un- Insgesamt sprechen die verfügbaren experimentellen
terscheiden lassen: Daten dafür, dass die obere Temperaturgrenze der Grün-
schieferfazies bei einem mittleren geothermischen Gra-
1. die niedriger gradierte Quarz-Albit-Muscovit-Chlorit- dienten etwa bei 500 °C liegt.
Subfazies (Abb. 28.10a) und
2. die höher gradierte Quarz-Albit-Epidot-Biotit-Subfazies. 28.3.3
Epidot-Amphibolit-Fazies
Subfazies (1) entspricht der Barrow’schen Chloritzone,
Subfazies (2) der Biotitzone. Diese Fazies setzt das P-T-Feld der Grünschieferfazies
Ein charakteristisches Mineral von Subfazies (1) ist Stilp- zu höheren Temperaturen und Drücken fort; sie wird von
nomelan, der in Subfazies (2) nicht mehr vorkommt. Stilp- einigen Wissenschaftlern auch als deren höchsttempe-
nomelan kann makroskopisch und mikroskopisch leicht mit rierte Subfazies angesehen. Metabasite sind meist fein-
Biotit verwechselt werden; ein gutes Unterscheidungsmerk- körnige Amphibolite, die hauptsächlich aus Hornblende
mal ist seine Querabsonderung nach (010), die dem Biotit + Albit + Epidot bestehen; zusätzlich können noch Al-
fehlt. Die Entstehung von Stilpnomelan wird durch ein ho- mandin-betonter Granat, Biotit, Mg-Chlorit, Calcit und/
hes Fe/Mg-Verhältnis und einen relativ niedrigen Al-Ge- oder Quarz auftreten. Aus pelitischen Sedimentgesteinen
halt im Gestein begünstigt, Voraussetzungen, die in man- bilden sich Phyllite oder Glimmerschiefer mit der Mine-
chen Metasedimenten, in basischen Tuffen, in Metabasalten ral-Paragenese Muscovit + Biotit + Quarz + Almandin-
oder in Banded Iron Formations gegeben sind. In Gesteinen betonter Granat sowie zusätzlich Chloritoid, Mg-Chlo-
mit hohem Al-Gehalt und hohem Fe/Mg-Verhältnis bildet rit, Kyanit, Epidot und/oder Albit (Abb. 28.10b).
sich Chloritoid (Fe2+,Mg,Mn)Al2[O/(OH)2/SiO4] als typisches Die Epidot-Amphibolit-Fazies entspricht der Bar-
Mineral in Metapeliten schon in Subfazies (1), häufiger aber row’schen Almandinzone. Von der Grünschieferfazies ist
bei höheren Temperaturen der Subfazies (2). Kennzeichnend sie durch das Auftreten von Almandin-reichem Granat
für die höhergradierte Subfazies (2) ist das Auftreten von anstelle von Fe-haltigem Chlorit in Metapeliten und von
Biotit, der sich durch folgende Mineralreaktionen bildet: Hornblende anstelle von Tremolit/Aktinolith in Meta-
basiten unterschieden, wobei u. a. folgende Entwässe-
rungs-Reaktionen ablaufen:
(28.4)
(28.6)
(28.5) und
Metabasite liegen als mittel- bis grobkörnige Amphiboli- Aus kieseligen Karbonaten entstehen Silikat-Marmore
te vor, in denen die kritische Paragenese Hornblende und Kalksilikat-Gesteine (Kalksilikat-Gneise und Kalk-
+ Plagioklas (meist An 30–50) auftritt. Daneben können silikat-Felse) mit den Paragenesen Calcit + Tremolit
Almandin-betonter Granat oder Diopsid sowie Biotit und ± Quarz, Calcit + Diopsid + Grossular-reicher Granat
Quarz beteiligt sein. Epidot ist im niedrig gradierten ± Quarz oder bei SiO 2-Unterschuss Calcit + Diopsid
Bereich der Amphibolitfazies noch stabil und wird erst + Forsterit. Dabei laufen u. a. Reaktionen (27.27), (27.26)
bei höheren Temperaturen zugunsten der Anorthit-Kom- und (27.25) ab, deren Gleichgewichtstemperaturen stark
ponente im Plagioklas und von Grossular-Andradit-Gra- vom Pfl und XCO2 abhängen, aber generell bei >500 °C
nat abgebaut. In metamorphen Ultramafititen beobachtet liegen (Abb. 27.13, S. 478). Demgegenüber erfordert die
man die Paragenese Hornblende + Anthophyllit und/ Wollastonit-bildende Reaktion (27.23) deutlich höhere
oder + Cummingtonit. Temperaturen, die am ehesten in der hochgradierten
28.3 · Übersicht über die metamorphen Fazies 501
Amphibolitfazies erreicht werden. Aus reinem Kalkstein ist die Zusammenfassung von FeO und MgO zu einer
oder Dolomit bilden sich durch isophase Umkristallisa- Komponente streng genommen nicht zulässig. Daher
tion mittel- bis grobkörnige Marmore. weist die Paragenese Staurolith + Granat + Biotit + Mus-
covit (+ Quarz) im A'KF-Dreieck kreuzende Konoden auf
Metapelite (Abb. 28.10c), was man bei der Darstellung in der AFM-
Projektion vermeiden kann. Noch im Bereich der niedrig-
Eine Unterteilung der Amphibolitfazies in verschiedene gradierten Amphibolitfazies werden – je nach Druck –
Subfazies bietet sich v. a. auf Grund der Phasenbeziehun- die Gleichgewichtskurven der Reaktionen
gen in Metapeliten an. So erlaubt der Abbau von Musco-
vit in Gegenwart von Quarz unter Bildung von Andalu- Kyanit Sillimanit (27.2)
sit/Sillimanit + Kalifeldspat bzw. zu Kyanit/Sillimanit
+ Schmelze nach Reaktion (27.11), (27.11a) und (27.11b) bzw.
(Abb. 27.7, S. 471 und 27.10) die Gliederung in eine nied-
riggradige und eine hochgradige Amphibolitfazies. Zu- Andalusit Sillimanit (27.3)
sätzlich ergeben sich aus dem Auftreten der Al2SiO5-Po-
lymorphen Andalusit, Sillimanit und Kyanit (Abb. 27.7) und damit die erste Sillimanit-Isograde überschrit-
Felder von niedrigen, mittleren und höheren Drücken. ten (Abb. 26.11, Abb. 27.7), wobei Sillimanit noch
Bei einem mittleren geothermischen Gradienten, d. h. mit Muscovit und Quarz koexistiert. Allerdings erfolgt
in der Mitteldruck-Faziesserie, entspricht die niedrig- die Sillimanit-Bildung nicht immer durch direkte Ver-
gradige Amphibolitfazies der Barrow’schen Staurolith- drängung von Kyanit oder Andalusit, sondern durch
und Kyanitzone. Aus Tonsteinen und Grauwacken bilden komplexere Reaktionen, an denen Muscovit und Biotit
sich Glimmerschiefer und Paragneise, in denen haupt- beteiligt sind. Typisch ist eine enge Verwachsung von
sächlich Muscovit + Biotit + Almandin-betonter Granat Sillimanit und Biotit, wobei Orientierungsbeziehungen
± Staurolith ± Kyanit/Sillimanit + Quarz + Plagioklas auf ein epitaktisches Wachstum hinweisen. Darüber hin-
miteinander im Gleichgewicht stehen. Das Auftreten von aus kommt es zum Abbau von Staurolith, z. B. nach der
Staurolith neben Granat und – je nach Druck – von Kya- Reaktion
nit oder Sillimanit neben Staurolith ist bezeichnend für
den niedrigstgradigen Bereich der Amphibolitfazies.
Staurolith bildet sich u. a. nach folgenden Reaktionen
(28.11)
28.3.5
(28.12) Granulitfazies
stattfinden, bei der Biotit1 eine höheres Fe/Mg-Verhält- Metamorphe Gesteine in Granulitfazies (Abb. 28.10e) tre-
nis hat als Biotit2. Durch diese Reaktionen erhöht sich das ten am häufigsten als Bestandteile des tiefabgetragenen
Feldspat-Glimmer-Verhältnis in Metapeliten, die daher präkambrischen Grundgebirges auf; Hochdruckgranulite
eher als Paragneise entwickelt sind. Häufige Paragenesen dokumentieren P-T-Bedingungen der kontinentalen
bei einem mittleren geothermischen Gradienten sind Unterkruste (Abschn. 29.2.2, S. 520ff).
Sillimanit + Almandin-reicher Granat ± Biotit + Kalifeld- Metabasite liegen in der Granulitfazies als basische
spat + Plagioklas + Quarz oder Almandin-reicher Granat Pyroxengranulite, genauer als Pyriklasite und Pyribolite vor,
+ Biotit + Kalifeldspat + Plagioklas + Quarz (Abb. 28.10d). die bei niedrigen bis mittleren Drücken durch die kritische
Bei einem höheren geothermischen Gradienten, ent- Paragenese Plagioklas + Orthopyroxen gekennzeichnet sind.
sprechend der Niederdruck-Faziesserie, tritt anstelle von Orthopyroxen ist typischerweise Al-reich, enthält also einen
Kyanit zunächst Andalusit, bei höheren Temperaturen hohen Anteil an Mg-Tschermaks Molekül MgAl[6][Al[4]SiO6]
dann Sillimanit auf (Reaktion 27.3). Beide können mit entsprechend der gekoppelten Substitution MgSi Al[6]Al[4].
Muscovit und Quarz koexistieren. Nach Überschreiten Bei der aufsteigenden Metamorphose von Metabasiten wer-
der Entwässerungs-Reaktion (27.11) reagieren Muscovit den Hornblenden unterschiedlicher Zusammensetzung
+ Quarz zu Andalusit oder Sillimanit + Kalifeldspat. Die durch die gleitende Reaktionen
Gleichgewichtskurven der Reaktionen (27.3) und (27.11),
die sich bei ca. 2 kbar PH2O und ca. 610 °C kreuzen, definie-
ren vier Paragenesenfelder: Andalusit + Mucovit + Quarz,
Sillimanit + Muscovit + Quarz, Andalusit + Kalifeldspat (28.16)
und Sillimanit + Kalifeldspat (Abb. 27.7). Ein wichtiges
Mg-Fe-Silikat ist Cordierit, der sich nach der Reaktion und
(28.17)
(28.13)
sukzessive abgebaut, wobei Hornblende2 Al-reicher als
bilden kann. Neben Andalusit oder Sillimanit tritt Cor- Hornblende1 ist. Es entstehen die Paragenesen Plagioklas
dierit häufig zusammen mit Almandin-reichem Granat + Orthopyroxen + Klinopyroxen ± Quarz und Plagioklas
auf, dagegen nur selten mit Staurolith, dessen Stabilitäts- + Orthopyroxen + Pyrop-Almandin-reicher Granat ± Bio-
feld zu niedrigen Drücken hin immer mehr schrumpft tit ± Quarz (Abb. 28.10e). Unter etwas höherem H2O-Druck
28.3 · Übersicht über die metamorphen Fazies 503
und/oder niedrigerer Temperatur kann auch noch Horn- partiellen Aufschmelzung unter Bildung von Migma-
blende als Bestandteil der Paragenese erhalten bleiben. Bei titen kommen (Abschn. 26.5, S. 453ff), wie sie in der Tat
Druckerhöhung wird die Konode Plagioklas–Orthopyroxen in vielen Granulit-Gebieten beobachtet werden. H2O
im ACF-Dreieck durch die (vereinfachte) Reaktion wurde in den granitischen Schmelzen gelöst und mit
diesen wegtransportiert; es gilt daher Pfl ≈ PH2O < Ptot.
Zurück blieben relativ „trockene“ Restgesteine (Restite),
die reich an (OH)-freien Mafiten wie Granat, Cordierit,
Orthopyroxen, Sillimanit oder Kyanit sind.
Der H2O-Gehalt in der fluiden Phase wird durch eine
Zufuhr von CO2, z. B. aus dem Erdmantel verdünnt,
(28.18) d. h. es gilt Ptot ≈ Pfl ≈ PH2O + PCO2. Diese Möglichkeit
wurde z. B. für die Entstehung der charnockitischen
Granulite in Südindien und Sri Lanka diskutiert.
gebrochen, so dass jetzt die Paragenesen Granat + Klino-
pyroxen + Plagioklas + Quarz oder in sehr basischen Gra- Wie wir in Abschn. 27.2.2 (Abb. 27.7, 27.10) gezeigt
nuliten Granat + Klinopyroxen + Orthopyroxen stabil wer- hatten, führen beide Bedingungen dazu, dass sich die
den. Somit ergibt sich eine Einteilung der Granulitfazies in Gleichgewichtskurven von Entwässerungs-Reaktionen
eine Niederdruck- und Hochdruck-Subfazies. Bei einer zu niedrigeren Temperaturen hin verschieben. Dementspre-
nahezu isothermalen Druckentlastung (Dekompression) chend könnten granulitfazielle Metamorphite durchaus
von Hochdruck-Granuliten kehrt sich die Richtung der Re- schon bei P-T-Bedingungen der hochgradigen Amphibolit-
aktion um; dabei bilden sich häufig spektakuläre Korona- fazies entstehen, vorausgesetzt, die H2O-Aktivität war ge-
Gefüge von Orthopyroxen + Plagioklas um Granat oder an- ring. Jedoch spricht bereits das verbreitete Auftreten von
dere Reaktions-Symplektite (Abb. 27.1, S. 464). Al-reichem Orthopyroxen und von Mesoperthith dafür, dass
Helle Granulite leiten sich entweder von klastischen Sedi- die meisten Granulite bei hohen Temperaturen gebildet
menten wie Tonsteinen, Grauwacken oder Arkosen, aber wurden und dass die Granulitfazies im P-T-Diagramm ein
auch von felsischen Magmatiten, wie Graniten oder Rhyo- eigenes Feld einnimmt (Abb. 28.7a). Allerdings haben man-
lithen ab. Kritische Paragenesen sind Quarz + Al-kalifeldspat che Granulite, darunter auch die Granulite des Sächsischen
+ Plagioklas + Almandin-Pyrop-reicher Granat + Kyanit/ Granulit-Gebirges, zunächst ein Eklogit-fazielles Stadium
Sillimanit oder + Al-reicher Orthopyroxen (Abb. 28.10e), durchlaufen (O’Brien 2006).
bei niedrigeren Drücken auch + Cordierit. Dabei sind z. T. Derzeit sind sogar mehr als 40 Granulit-Gebiete auf der
die gleichen Entwässerungs-Reaktionen abgelaufen wie Erde bekannt, die P-T-Bedingungen einer Ultrahochtem-
beim Übergang von der niedrig- zur hochgradigen Amphi- peratur-Metamorphose mit Temperaturen >900 °C erlebt
bolitfazies, z. B. (27.11), (27.11a), (27.11b), (28.11) und haben (vgl. Harley 1998) und zwar unabhängig vom geolo-
(28.12). Prograd gebildeter Biotit ist meist nur untergeord- gischen Alter (Clark et al. 2011). Beispiele sind die Gneis-
net vorhanden und stets Mg-reich (Phlogopit). Unterschie- hülle der Rogaland-Intrusion in Südnorwegen, der Epupa-
de gegenüber der hochgradigen Amphibolitfazies liegen Komplex in Nordwest-Namibia, die Palni Range in Süd-
besonders im Auftreten von Al-reichem Orthopyroxen in indien und die Rauer-Gruppe in der Ostantarktis. Kenn-
vielen Granuliten. Solche felsischen Pyroxen-Granulite be- zeichnend für diesen Metamorphosetyp ist das Auftreten
zeichnet man als Charnockite, die allerdings auch durch der sonst seltenen Silikate Sapphirin Mg7Al9[O4/Al9Si3O36],
magmatische Kristallisation von granitischen Magmen bei Osumilith und Kornerupin oder sogar des Hochtempera-
hohen Drücken entstehen können. Alkalifeldspat enthält tur-Klinopyroxens Pigeonit. Für Sapphirin-führende Ortho-
typischerweise ungefähr gleiche Anteile der Komponenten pyroxen-Sillimanit-Gneise des Epupa-Komplexes schätzen
Ab und Or und entmischt sich bei der Abkühlung als Brandt et al. (2007) Temperaturen von 1 000–1 100 °C bei
Mesoperthit. Seine ursprüngliche Zusammensetzung lag Drücken um 10 kbar ab. Solche P-T-Bedingungen können
also oberhalb des Solvus-Maximums im Zweistoffsystem in der kontinentalen Unterkruste realisiert sein, wenn fol-
Albit–Kalifeldspat, was auf hohe Bildungstemperaturen hin- gende Voraussetzungen erfüllt sind (Clark et al. 2011):
weist (Abb. 18.12, S. 292).
Kennzeichnend für Gesteine in Granulitfazies ist das Erhöhte radioaktive Wärmeproduktion in Gebieten
Zurücktreten oder Fehlen von (OH)-haltigen Mineralen. mit verdickter Erdkruste, insbesondere als Folge von
Daraus kann man schließen, dass bei der granulitfaziellen Kontinent-Kontinent-Kollisionen;
Metamorphose eine geringe H2O-Aktivität herrschte, Erhöhte Wärmezufuhr aus dem Erdmantel im Bereich
wofür es zwei Erklärungsmöglichkeiten gibt: von Backarc-Becken;
Mechanische Aufheizung in duktilen Scherzonen;
Bei der prograden Metamorphose kann es unter P-T- ungewöhnlich große Wärmezufuhr durch mafische
Bedingungen der hochgradigen Amphibolitfazies zur Intrusionen in regionalem Maßstab.
504 28 · Metamorphe Mineralfazies
Für den Epupa-Komplex kommt der Kunene-Intrusiv- nach den Reaktionen (27.27), (27.26) und (27.25) gebildet
Komplex, eine der größten Anorthosit-Intrusion der werden (Abb. 27.13); Paragenesen mit Wollastonit + Quarz
Erde, als Wärmelieferant in Frage. (Reaktion 27.23) erfordern höhere Temperaturen und/oder
niedrigere CO2-Partialdrücke (Abb. 27.11, 27.13).
28.3.6 Unter niedriggradigen Bedingungen ist in Metapeliten
Hornfelsfazies die Paragenese Muscovit + Biotit + Cordierit + Andalusit
+ Quarz + Plagioklas stabil (Abb. 28.10f), bei deren Bil-
Am Kontakt mit magmatischen Intrusionen entwickeln sich dung z. B. Reaktion (28.13) abläuft. Ist der Ausgangs-Che-
Mineralparagenesen, die weitgehend der Niederdruckserie mismus ärmer an Al2O3 und reicher an K2O als gewöhn-
der Regionalmetamorphose entsprechen. Wegen ihrer ge- lich, dann entsteht Quarz + Muscovit + Biotit + Cordierit.
ringen räumlichen Ausdehnung kann man innerhalb einer Nur bei höheren Drücken, d. h. in einem ungewöhnlich
Kontaktaureole die Belastungsdrücke als etwa konstant tiefen Intrusionsniveau kann bei der Kontaktmetamor-
ansehen; sie liegen meist zwischen 0,5 und 2 kbar. Demge- phose auch Almandin-reicher Granat kristallisieren. Mit
genüber nehmen die Temperaturen vom Plutonit-Kontakt steigenden Temperaturen, z. B. bei ca. 570 °C/ 1 kbar PH2O,
nach außen hin rasch ab (Abschn. 26.2.1, S. 424); direkt am zerfällt Muscovit in Gegenwart von Quarz unter Bildung
Kontakt von mafischen Intrusionen, z. B. Gabbros, können von Andalusit + Kalifeldspat nach Reaktion (27.11), analog
Maximaltemperaturen von ca. 800 °C erreicht werden. zum Übergang von der niedriggradigen zur hochgradigen
Während die Pyroxen-Hornfelsfazies, die den 10 Horn- Amphibolitfazies. Wie man aus Abb. 27.7 entnehmen kann,
felsklassen von V. M. Goldschmidt (1911) entspricht, bereits ist bei niedrigen Drücken noch eine deutliche Tempera-
von Eskola (1915, 1939) ausgegliedert worden war, wurden tursteigerung notwendig, um das Stabilitätsfeld von
die Hornblende-Hornfels- und die Albit-Epidot-Hornfels- Sillimanit zu erreichen, z. B. auf ca. 700 °C bei 1 kbar Druck.
fazies erst von Turner u. Verhoogen (1960) eingeführt. Wegen
der großen Ähnlichkeit der Paragenesen werden diese jedoch Pyroxen-Hornfelsfazies
von vielen Autoren zur Niederdruck-Amphibolitfazies bzw.
zur Niederdruck-Grünschieferfazies gerechnet. Das Fazies- Neben dem Auftreten von Sillimanit in Metapeliten sind
prinzip beruht ja auf der Beziehung zwischen Gesteins- für die Pyroxen-Hornfelsfazies die Paragenesen Plagio-
Chemismus und Mineralbestand, nicht auf der geologischen klas + Orthopyroxen + Klinopyroxen oder + Cordierit
Situation und dem Gesteinsgefüge! Trotz dieser Einschrän- kritisch (Abb. 28.3), die auch in der Niederdruck-Granu-
kungen sollen die Hornblende-Hornfels- und die Pyroxen- litfazies stabil sind. Beide Pyroxenarten sind durch Zer-
Hornfelsfazies im Folgenden kurz besprochen werden. fallsreaktionen aus Hornblende entstanden, z. B. nach
Reaktion (28.16). Metabasite weisen demnach die Para-
Hornblende-Hornfelsfazies genese Orthopyroxen + Diopsid + Plagioklas (Labrado-
rit) ± Biotit ± Quarz auf. In metamorphen Ultramafititen
Am Plutonitkontakt sind Paragenesen der Hornblende- führt Reaktion (27.15) schon bei ca. 630 °C/ 1 kbar PH2O
Hornfelsfazies am häufigsten entwickelt, wobei man – zur Bildung von Orthopyroxen aus Anthophyllit + Forste-
wie in der Amphibolitfazies – einen niedrig- und einen rit, während Anthophyllit allein erst bei ca. 730 °C/ 1 kbar
hochgradigen Bereich unterscheiden kann. nach Reaktion (27.17) zu Enstatit + Quarz abgebaut wird
(Abb. 27.8, S. 473).
Bei dem auf S. 424ff ausführlicher beschriebenen Beispiel der Kon-
taktmetamorphose am Bergener Granitpluton haben sich, wie das
Metapelite führen Biotit + Cordierit + Sillimanit + Kali-
auch sonst häufig der Fall ist, zwei breite Gesteinszonen entwickelt, feldspat + Plagioklas + Quarz, wobei Cordierit + Kalifeld-
die zwar sehr unterschiedliche Gesteinsgefüge aufweisen, jedoch spat nach Reaktion (28.14) gebildet werden. In kieseligen
beide zur Hornblende-Hornfelsfazies gehören. Die Pyroxen- Karbonaten entstehen Wollastonit + Diopsid + Grossular
Hornfelsfazies wäre an einem Granitkontakt auch nicht zu erwar- ± Vesuvian ± Biotit/Phlogopit. Grossular ist bei den nied-
ten, weil die Temperatur dazu nicht ausgereicht hätte; die Albit-
Epidot-Hornfelsfazies ist im Bergener Kontakthof nicht erkennbar.
rigen Drücken und hohen Temperaturen der Pyroxen-
Hornfelsfazies neben Quarz nicht mehr stabil, sondern
Metabasite in Hornblende-Hornfelsfazies enthalten als reagiert nach folgender Gleichung aus:
Mineralparagenesen: Hornblende + Plagioklas (Andesin)
± Diopsid ± Quarz ± Biotit ± Anthophyllit (Abb. 28.10f). In
kontaktmetamorphen Ultramafititen führt Reaktion (27.13)
zur Paragenese Olivin + Talk (+ Mg-Chlorit); bei höheren
Temperaturen entsteht nach Reaktion (27.14) Anthophyllit (28.19)
(Abb. 27.8, S. 473). Aus kieseligen Karbonaten und Kalkmer-
geln bilden sich die Paragenesen Calcit + Tremolit ± Quarz, Demgegenüber ist Grossular allein noch bei hohen
Calcit + Diopsid + Grossular-reicher Granat ± Quarz oder Temperaturen und Drücken stabil, allerdings nur bei sehr
bei SiO2-Unterschuss Calcit + Diopsid + Forsterit, die z. B. niedrigem XCO2 der fluiden Phase.
28.3 · Übersicht über die metamorphen Fazies 505
28.3.7 klas vor, weil Grossular nicht mehr stabil ist. Daneben kön-
Sanidinitfazies nen seltene Calcium-Silikate wie Rankinit Ca3[Si2O7], Larnit
β -Ca2[SiO4] und Spurrit Ca5[CO3/(SiO4)2] sowie Ca-Mg-
Die Sanidinitfazies umfasst das P-T-Gebiet der Pyro- (Al-)Silikate wie Merwinit Ca3Mg[SiO4]2, Monticellit
metamorphose, das sich teilweise mit den Kristallisa- CaMg[SiO4] und Melilith Ca2(Mg,Al)[(Si,Al)SiO7] auftreten.
tionsbedingungen vulkanischer Gesteine in der Schluss-
phase iher Erstarrung überschneidet. Nach niedrigeren 28.3.8
Temperaturen hin schließt sich an die Sanidinitfazies die Blauschieferfazies
Pyroxen-Hornfelsfazies an. Gesteine in Sanidinitfazies tre-
ten als Einschlüsse (Xenolithe) in vulkanischen Gesteinen Die Blauschieferfazies (Glaukophanschieferfazies) gehört
auf, so z. B. im jungen Vulkangebiet um den Laacher See der Hochdruck-Faziesserie an, deren Entwicklung an kon-
(Ost-Eifel), oder sie bilden Kontaktsäume an magmatischen vergente Plattenränder gebunden ist. Dabei werden die küh-
Gängen und Lagergängen. Wegen der kurzen Dauer der len Vulkanite und Sedimente der ozeanischen Platte sowie
thermischen Einwirkung wird trotz der hohen Temperatu- die Sedimente des Akkretionskeils zunehmend tiefer ver-
ren ein thermodynamisches Gleichgewicht zwischen den senkt, wobei sie nur langsam aufgeheizt werden. So herrscht
Mineralneubildungen meist nur unvollkommen erreicht. in einer Subduktionszone z. B. in 50 km Tiefe nur eine Tem-
Charakteristische Minerale der Sanidinitfazies sind Sa- peratur von 300–500 °C entsprechend einem geothermi-
nidin, Anorthoklas, Plagioklas mit Hochtemperaturstruktur, schen Gradienten von ca. 6–10 °C/km (Abb. 28.7). Die meis-
Wollastonit, Tridymit, Cristobalit, Sillimanit und/oder Mullit ten Glaukophangesteine sind aus mesozoischen bis käno-
sowie Orthopyroxen (Hypersthen) und/oder Pigeonit. Sanidin, zoischen, also jüngeren Orogengürteln bekannt. Wichtige
der oft reichlich auftritt, verdankt seine Entstehung einer Beispiele finden sich in der Franciscan Formation in Kalifor-
gleichzeitigen metasomatischen Alkalizufuhr aus alkalibasal- nien, in Neu-Kaledonien, in Japan, im Tauern-Fenster (Ost-
tischen Magmen, z. B. den Leucit-Tephriten des Laacher- alpen), in den Penninischen Decken der Westalpen, in Kala-
See-Gebietes. In Quarz-Feldspat-reichen oder pelitischen brien, auf Korsika sowie im Kykladen-Kristallin und auf der
Gesteinen kommt es häufig zur partiellen Aufschmelzung. Insel Kreta (Griechenland). In paläozoischen und protero-
Solche Gesteine mit einem hohen Anteil an Gesteinsglas, zoischen Orogenen sind Blauschiefer häufig durch spätere,
das neugebildete Kriställchen von Cordierit, Mullit, Korund, höhergradierte metamorphe Überprägungen bis auf gerin-
Spinell oder Tridymit einschließt, bezeichnet man als ge Relikte ausgelöscht worden, z. B. in den Appalachen
Buchite (Abb. 28.11). Pyrometamorph überprägte Xenolithe (USA). Das bekannteste Vorkommen von variscischen
von SiO2-haltigem Kalkstein führen verbreitet Wollastonit; Blauschiefern in Europa ist die Ile de Groix in der südli-
dieser kommt auch in Kombination mit An-reichem Plagio- chen Bretagne (Frankreich).
Abb. 28.11.
Buchit aus dem Kasseler Grund
bei Bieber im Spessart. Xenolith
von Buntsandstein, der im Kon-
takt mit einem Basaltgang teil-
weise aufgeschmolzen wurde.
Zwischen den gerundeten Quarz-
und Feldspat-Körnern des Sand-
steins liegt ein farbloses Glas, das
rechteckige Kriställchen von Cor-
dierit und nadeligem Mullit sowie
wolkige Anhäufungen von dun-
klem Spinell einschließt. Bild-
breite 1 mm. (Foto: Joachim
A. Lorenz, Karlstein am Main)
506 28 · Metamorphe Mineralfazies
Kennzeichnend für die Blauschieferfazies ist der blaue zu etwas geringeren Drücken. Typische Hellglimmer der
Na-Amphibol Glaukophan, dessen Stabilitätsfeld aller- Blauschieferfazies sind Phengit, ein Mg-Si-reicher Mus-
dings noch nicht genau bekannt ist. Nach Experimenten covit, aber auch Paragonit. Wenn die Komponente Na2O
von Maresch (1977) liegt seine untere Druckgrenze bei auf koexistierenden Mineralphasen wie Glaukophan,
mindestens 4 kbar, wahrscheinlich aber höher, und steigt Paragonit, Albit oder Jadeit verteilt ist, lassen sich kon-
im Temperaturbereich von 350–550 °C auf ca. 10,5 kbar ventionelle ACF- und A'KF-Diagramme, aber auch die
an; die obere T-Stabilitätsgrenze dürfte bei ungefähr 550°, AFM-Projektion nicht mehr anwenden. In diesen Fällen
vielleicht aber noch höher liegen (vgl. Yardly 1989). Für kann man z. B. ein ANFM-Diagramm benutzen.
die prograde Bildung von Glaukophan kann man folgen- Niedriggradierte und/oder schwach deformierte Gestei-
de, stark vereinfachte Reaktion annehmen: ne in Blauschieferfazies lassen häufig noch Mineral- und
Gefügerelikte der magmatischen Ausgangsgesteine, z. B. von
Albit + Chlorit Glaukophan + H2O (28.20) Pillow-Basalten oder Gabbros, erkennen; Metasedimente
zeigen oft noch die ehemalige Schichtung. In diesen Fällen
Ein weiteres fazieskritisches Mineral ist Lawsonit, der ist eine Schieferung nur schwach ausgebildet oder fehlt. Auf
sich in basischen Vulkaniten direkt aus magmatischem Pla- der anderen Seite trifft man auch stark umkristallisierte
gioklas bilden kann, und zwar nach folgender schemati- Gesteine mit grobkörnigem, kristalloblastischem Gefüge an,
schen Gleichung: die oft eine ausgeprägte Schieferung zeigen und/oder in-
tensiv gefaltet sind (Abb. 26.12c, S. 441).
Je nach dem Auftreten von Lawsonit oder Epidot las-
sen sich zwei verschiedene Subfazies unterscheiden, de-
ren Grenzen allerdings sehr stark vom Gesteins-Chemis-
(28.21) mus abhängen (Evans 1990):
Wie man aus Abb. 27.9 (S. 474) entnehmen kann, ist Lawsonit-Blauschieferfazies und
Lawsonit in Gegenwart von Quarz bei H2O-Drücken ober- Epidot-Blauschieferfazies
halb von 3 kbar (200 °C) bis 4,5 kbar (~400 °C) stabil; danach
steigt die obere Stabilitätsgrenze steil an. Bei höheren Tem- Lawsonit-Blauschieferfazies
peraturen wird Lawsonit zugunsten von Epidot abgebaut
(s. unten). Charakteristisch für die Blauschieferfazies ist Diese Subfazies ist wesentlich durch das Stabilitätsfeld
weiterhin das Auftreten von Aragonit, der als Hochdruck- von Lawsonit in Gegenwart von Glaukophan definiert.
modifikation von CaCO3 bei Drücken oberhalb 5 kbar (bei Metabasite liegen als feinkörnige Glaukophanschiefer
180 °C) und 9 kbar (bei 400 °C) stabil ist (Abb. 8.8, S. 122). oder Glaukophanite mit den Paragenesen Glaukophan
Allerdings ist Aragonit nur noch in relativ niedrig tempe- + Lawsonit + Albit/Jadeit ± Pumpellyit ± Phengit ± Chlorit
rierten Blauschiefern metastabil erhalten geblieben. Die ± Aragonit vor. In den assoziierten Metasedimenten kön-
polymorphe Umwandlung nen sich in Abhängigkeit vom Gesteins-Chemismus und
von variierenden P-T-Bedingungen vielfältige Mineral-
Aragonit → Calcit (28.22) gesellschaften bilden.
ist nämlich eine topotaktische Reaktion, bei der keine Bin- So entwickelt sich in Meta-Grauwacken der Franciscan Formation
dungen in der Kristallstruktur aufgebrochen werden müs- in Kalifornien eine Folge von Paragenesen, die einer Druckzunahme
der Metamorphose entspricht:
sen; diese Reaktion erfolgt daher bei erhöhten Tempera-
turen sehr rasch: So würde der Reaktionsfortschritt bei Quarz + Albit + Lawsonit + Stilpnomelan + Muscovit + Chlorit
250 °C etwa 100 mm pro 1 Ma, bei 100 °C dagegen nur ca. + Calcit,
0,001 mm pro 1 Ma betragen (Carlson u. Rosenfeld 1981). Albit + Lawsonit + Aragonit,
Bei noch höheren Drücken von 7 kbar (250 °C) bis 11 kbar Jadeitischer Pyroxen + Lawsonit + Aragonit.
(400 °C) tritt in Blauschiefer-faziellen Gesteinen Jadeit
Die Paragenese Lawsonit + Jadeit ist bei Temperaturen <400 °C
+ Quarz anstelle von Albit auf, entsprechend der Reaktion und bei Drücken von 8–12 kbar stabil.
Im Hochdruckgürtel der externen Helleniden treten in Metape-
Albit Jadeit + Quarz (27.4) liten als kritische Minerale u. a. Pyrophyllit, das Chlorit-ähnliche
Schichtsilikat Sudoit (Mg,Fe2+)2Al3[(OH)8AlSi3O10], das Kettensilikat
Fe-Mg-Karpholith (Fe,Mg)Al2[(OH,F)4/Si2O6] und Chloritoid auf.
(Abb. 26.1, S. 420). Natürlicher Jadeit ist allerdings meist
Die Mineralparagenesen (jeweils + Paragonit + Phengit + Quarz
ein Mischkristall, der wechselnde Anteile der Komponen- ± Albit) deuten auf eine regionale Zunahme der P-T-Bedingungen
ten Akmit NaFe3+[Si2O6] und Diopsid Ca(Mg,Fe2+)[Si2O6] von ca. 300 °C / 8 kbar in Ost-Kreta bis ca. 450 °C / 17 kbar auf dem
enthält; dadurch verschiebt sich die Gleichgewichtskurve Peloponnes hin (Theye u. Seidel 1991; Theye et al. 1992):
28.3 · Übersicht über die metamorphen Fazies 507
Ost-Kreta: Chlorit + Pyrophyllit ± Fe-Mg-Karpholith Al2O3-reicheren Stoffbeständen auch Chloritoid + Kyanit + Phengit
oder Sudoit + Chlorit + Pyrophyllit; + Paragonit + Quarz + Chlorit. In Kalkphylliten und Marmoren
Mittel-Kreta: Chloritoid + Fe-Mg-Karpholith + Chlorit wurden die Paragenesen Ankerit ± Calcit + Phengit + Chlorit
oder Pyrophyllit + Chloritoid + Fe-Mg-Karpholith; + Epidot + Glaukophan oder Ankerit + Chloritoid + Phengit + Quarz
West-Kreta: Chloritoid + Mg-Karpholith + Chlorit beobachtet. Für die Hochdruckgesteine von Samos können Tempera-
oder Pyrophyllit + Chloritoid; turen um 500 °C und Drücke von 12–14 kbar abgeschätzt werden.
Peloponnes: Chloritoid + Mg-Karpholith + Chlorit Demgegenüber repräsentieren Granat-Glaukophanite und assoziier-
oder Chloritoid + Mg-Karpholith + Pyrophyllit te Granat-Glimmerschiefer im Nordteil der Insel bereits Übergänge
oder Chloritoid + Chlorit + Granat. in die Eklogitfazies mit P-T-Bedingungen von etwa 520 °C / 19 kbar
beim Höhepunkt der Metamorphose (Will et al. 1998).
In West-Kreta kann in Na-reicheren Metasedimenten zusätzlich
Ferroglaukophan neben Albit, auf dem Peloponnes Glaukophan ne- 28.3.9
ben Na-Pyroxen ~Jd50Akm50 vorhanden sein. Weiterhin finden sich Eklogitfazies
in West-Kreta Ca-Al-reiche Metasedimente, die reichlich Lawsonit
führen und die mit fossilhaltigen Aragonit-Marmoren wechsellagern. Eklogite sind metamorphe Gesteine von basaltischem
Chemismus mit der charakteristischen Mineralpara-
Epidot-Blauschieferfazies genese Granat + Omphacit.
In Anwesenheit zusätzlicher Mineralphasen wie Glaukophan, Fallweise treten als Nebengemengteile hinzu: Quarz,
Ca-Amphibol oder Klinopyroxen wird das Stabilitätsfeld Kyanit, Zoisit oder Epidot, Phengit, Ca-Amphibol,
von Lawsonit + Quarz stark eingeschränkt. Der Übergang Glaukophan und Rutil oder Titanit. Granat ist hauptsäch-
von der Lawsonit- in die Epidot-Blauschieferfazies erfolgt lich ein Mischkristall aus wechselnden Anteilen der Kom-
über eine Reihe komplexer Reaktionen, deren Gleichgewichts- ponenten Almandin, Pyrop und Grossular. Omphacit ist
kurven durch variable Mg/Fe2+- und Fe3+/Al-Verhältnisse ein ebenso komplex zusammengesetzter Klinopyroxen,
im Glaukophan zu Bändern ausgedehnt werden. Die beiden der neben den Komponenten Diopsid und Hedenbergit
kritischen Paragenesen Lawsonit + Glaukophan und Epidot auch aus Jadeit NaAl[6][Si2O6], Akmit NaFe3+[Si2O6]
+ Glaukophan überlappen sich so in einem breiten Inter- sowie Ca-Tschermak’s und Mg-Tschermak’s Molekül
vall von etwa 320–370 °C bei 10 kbar und etwa 400–460 °C CaAl[6][Al[4]SiO6] bzw. MgAl[6][Al[4]SiO6] besteht. Kenn-
bei 15 kbar (Evans 1990). Experimentell bestimmt wurden zeichnend ist das Fehlen von Plagioklas, dessen Albit-Kom-
lediglich die Gleichgewichtskurven der Reaktionen ponente als Jadeit in den Omphacit eingebaut wird, wäh-
rend die Anorthit-Komponente in Form von Grossular
in den Granat eingeht (vgl. Abschn. 29.3, Reaktion (29.1),
S. 523). Der Übergang von der lockeren Gerüststruktur des
(28.23) Plagioklas in die dichter gepackten Strukturen des Ketten-
silikats Omphacit und des Inselsilikats Granat sowie der
und Koordinationswechsel Al[4] → Al[6] führt zu der hohen Dich-
te des Eklogits von ca. 3,5 g/cm3.
Zur verbreiteten Bildung von Eklogiten kommt es bei
der tiefen Subduktion von Basalten und Gabbros der ozea-
(28.24) nischen Erdkruste (Abb. 28.8, Abschn. 26.2.5, S. 432; Abb.
29.17, S. 527). Darüber hinaus können auch kontinentale
die bei ca. 430 °C/ 10 kbar und 480 °C/ 15 kbar verlaufen Krustenbereiche unter eklogitfazielle Bedingungen geraten,
(Heinrich u. Althaus 1988). Zu höheren Temperaturen wenn eine Lithosphärenplatte im Zuge einer Kontinent-
und Drücken geht die Epidot-Blauschieferfazies in die Kontinent-Kollision von einer anderen überschoben und
Eklogitfazies über, zu höheren Temperaturen und nied- dadurch tief versenkt wird. Dabei werden auch Gesteine von
rigeren Drücken in die Epidot-Amphibolit-Fazies bzw. nicht-basaltischem Chemismus eklogitfaziell überprägt.
die Grünschieferfazies.
In den klassischen Eklogit-Vorkommen, z. B. in der Münchberger
Ein gutes Beispiel für die Epidot-Blauschieferfazies sind die eozänen Gneismasse (Oberfranken, z. B. Okrusch et al. 1991, O’Brien 1993) oder
Hochdruckgesteine auf der Insel Samos im Ostteil des Kykladen- im Erzgebirge (z. B. Schmädicke 1994), treten Eklogite als isolierte Lin-
Kristallins. In Glaukophaniten tritt verbreitet die Paragenese Glauko- sen auf, die in amphibolitfazielle Metasedimente eingelagert sind. Man
phan + Epidot + Albit + Chlorit + Phengit + Paragonit + Quarz auf. glaubte daher, dass die Eklogite als tektonische Späne in ihre, bezüg-
Metagabbros (sog. Flasergabbros) führen Albit + Epidot + Chlorit lich des Druckes niedriger gradierte Umgebung eingeschuppt wor-
+ Ca-Amphibol ± Phengit ± Glaukophan, stellenweise auch Zoisit oder den seien („Fremdmodell“) und nahm an, dass die Eklogitfazies nur
Omphacit, aber nicht in Gegenwart von Granat. Glaukophan und durch einen einzigen Gesteinstyp, nämlich den Eklogit, repräsentiert
Chloritoid treten verbreitet in Metasedimenten auf, jedoch niemals würde. Inzwischen sind auch Gesteine mit völlig abweichendem Che-
gemeinsam. Wichtige Paragenesen in Metapeliten sind Glaukophan mismus beschrieben worden, deren Mineralparagenesen der Eklogit-
oder Chloritoid + Chlorit + Phengit + Paragonit + Albit + Quarz, in fazies zuzuordnen sind, wie z. B. der berühmte Meta-Granodiorit des
508 28 · Metamorphe Mineralfazies
Monte Mukrone in der Sesia-Zone, Westalpen (Compagnoni u. Maffeo leiten sich die Eklogite und Glaukophanite von zwei Basalt-Typen
1973). Außerdem hat man im amphibolitfaziellen Nebengestein Mi- ab, die sich in ihrem Gesteins-Chemismus deutlich voneinander
neralrelikte der Eklogitfazies nachgewiesen und konnte zeigen, dass unterscheiden; die Ausgangsgesteine der Glaukophan-führenden
die Eklogite und ihr Nebengestein eine gemeiname P-T-Entwick- Jadeitgneise sind Andesite, Dacite und Rhyolithe. Man beobachtet
lung durchgemacht haben („In-situ-Modell“). Die scheinbaren Dis- folgende Paragenesen (± Titanit ± Rutil):
krepanzen sind reaktionskinetisch begründet: Eklogite verhalten
sich gegenüber Deformationsvorgängen und retrograden Über- Eklogite: Omphacit + Granat + Epidot ± Phengit ± Glaukophan
prägungen wesentlich resistenter als z. B. Metapelite und wurden ± Quarz;
daher oft nur randlich in Amphibolite oder Glaukophanite umge- Glaukophanite: Glaukophan + Epidot + Granat + Paragonit
wandelt. Demgegenüber erfuhren die benachbarten Metasedimente ± Phengit ± Chloritoid ± Omphacit + Quarz;
häufig durchgreifende Veränderungen in ihrem Mineralbestand. (Glaukophan-)Jadeitgneise: Jadeit + Quarz + Glaukophan
+ Paragonit ± Phengit ± Epidot + Granat;
Die Eklogitfazies ist eine Hochdruck-Fazies, die ein Quarzite: Quarz + Phengit + Paragonit ± Granat ± Glaukophan
sehr breites P-T-Feld einnimmt (Abb. 28.7a), das sich je- ± Omphacit ± Epidot.
doch auf Grund von kritischen Mineralparagenesen noch
Als Besonderheit treten Quarzite mit dem typischen Hoch-
weiter untergliedern lässt. Danach kann man folgende druckmineral Deerit (Fe2+,Mn)6(Fe3+,Al)3[O3/(OH)5/Si6O17] auf,
Gruppen unterscheiden: die als weitere Phasen noch Ägirinaugit, Riebeckit und Magnetit
führen.
eklogitfazielle Gesteine im Verband mit Blauschiefern, Pseudomorphosen von Klinozoisit + Paragonit (± Phengit)
eklogitfazielle Gesteine im Verband mit Gneisen und ± Quarz nach Lawsonit deuten an, dass bei der prograden Meta-
morphose das Stabilitätsfeld der Lawsonit-Blauschieferfazies
Granuliten,
durchschritten und die Gleichgewichtskurve von Reaktion (28.24)
eklogitfazielle Gesteine mit Ultrahochdruck-Parage- gekreuzt wurde. Die Abwesenheit der Paragenese Omphacit + Kya-
nesen, nit (s. unten) begrenzt die möglichen Metamorphosedrücke auf
Eklogite als Xenolithe in Kimberliten und Alkaliba- maximal ca. 20 kbar. Die neuesten Abschätzungen der P-T-Bedin-
salten. gungen erbrachten Temperaturen von 550–600 °C und Drücke von
15–20 kbar (Schmädicke u. Will 2003).
Eine weitere interessante Assoziation von Eklogiten und Blauschie-
Eklogitfazielle Gesteine im Verband mit Blauschiefern fern findet sich im Ophiolith-Komplex von Zermatt–Saas-Fee in den
Walliser Alpen, die eine Hochdruck-metamorph überprägte ozeani-
Die untere Druckgrenze der Eklogitfazies wird durch die sche Lithosphäre der Tethys repräsentiert (Bearth 1973). Man erkennt
Gleichgewichtskurve der Reaktion noch Gefügerelikte von Pillow-Basalten. Die Pillows bestehen aus Ek-
logit mit der Paragenese Omphacit + Granat + Epidot ± Glaukophan
± Paragonit ± Phengit + Quarz + Rutil, der durch ein zweites Meta-
Albit Jadeit + Quarz (27.4) morphoseereignis teilweise in Granat-Amphibolit umgewandelt wur-
de. Die ehemaligen Hyaloklastite liegen dagegen als Glaukophanite
definiert, die untere Temperaturstabilität durch die kon- der Paragenese Glaukophan + Granat + Epidot ± Paragonit ± Chlorit
tinuierlichen Reaktionen ± Chloritoid + Rutil ± Titanit vor. Auch in der Franciscan Formation
Kaliforniens treten stellenweise Eklogite im Verband mit Blauschie-
fern auf.
(28.25)
Eklogitfazielle Gesteine im Verband mit Gneisen
und und Granuliten
überschritten worden ist. Nach der experimentellen Bestim- dann metastabil erhalten, wenn er in Mineralen hoher
mung von Schmidt u. Poli (1994) ist Lawsonit oberhalb ca. Festigkeit eingeschlossen ist, die quasi als Hochdruck-
525 °C bei 17 kbar und ca. 565 °C bei 20 kbar nicht mehr Autoklav wirken. Das ist in erster Linie Granat. So ent-
stabil. Wichtig ist ferner die Koexistenz von Omphacit und deckte Chopin (1984) erstmals Coesit als Mineralphase
Kyanit, aus der sich Mindestdrücke für diesen Bereich der in Kristallin-Gesteinen, die keine Schockwellenmeta-
Eklogitfazies abschätzen lassen. Grundlage dafür ist die morphose (Abschn. 26.2.3, S. 429f ) erlebt hatten, als
obere Druckstabilität von Paragonit nach der Reaktion Einschluss in Kristallen von nahezu reinem Pyrop
(Prp90–98) in einem Granat-Quarzit des Dora-Maira-
Massivs (Westalpen).
Wie man in Abb. 28.13 erkennt, ist Coesit randlich
bereits in Quarz umgewandelt; häufig ist die Reaktion
(28.28)
Coesit → Quarz (28.30)
deren Gleichgewichtskurve im Temperaturbereich von 550 in den Einschlüssen bereits vollständig abgelaufen. We-
bis 650 °C bei Drücken von ca. 25 kbar verläuft (Holland 1979). gen des Dichteunterschieds nimmt Quarz ein erheblich
Für die Bildung von Omphacit + Kyanit nach der Gleichung größeres Volumen ein als Coesit und sprengt daher das
einschließende Mineral. Die entstehenden Sprengrisse
(Abb. 28.13) sind typisch für Coesit-führende Gesteine,
stellen aber keinen schlüssigen Beweis für die ehemali-
(28.29) ge Anwesenheit von Coesit dar. Im Grundgewebe des
Quarzits hat sich kein Coesit mehr erhalten.
liegt diese Mindestdruckgrenze umso niedriger, je ge- Die kritische Mineral-Paragenese Quarz/Coesit + Pyrop
ringer der Jd-Gehalt von Omphacit ist, z. B. für die Para- + Phengit + Talk + Kyanit + Jadeit + Rutil in den Granat-
genese Omphacit Jd50Di50 + Kyanit bei ca. 20 kbar. Quarziten von Dora Maira gibt – zusätzlich zum Auftreten
Ein interessantes Beispiel für Metasedimente in Eklo- von Coesit – wichtige Hinweise auf hohe Metamorphose-
gitfazies stellen die Weißschiefer dar, Metapelite die nach drücke. So wurde die obere Druckstabilität von Paragonit
ihrem Chemismus auf einen extrem Mg-reichen Salzton aus nach Reaktion (28.28) unter Bildung von Kyanit + Jadeit
dem Milieu von Evaporiten zurückgehen (Kulke u. Schreyer überschritten. Außerdem lief die Reaktion
1973, Schreyer 1974). Seit ihrem ersten Auffinden im
Hindukusch-Gebirge in Afghanistan sowie in Sambia sind
mehrere weitere Vorkommen, besonders in den West-
alpen, bekannt geworden. Weißschiefer sind fast immer
mit Eklogiten assoziiert und können daher in die Eklogit-
fazies eingeordnet werden. Allerdings nimmt ihre kriti-
sche Mineralparagenese Kyanit + Talk + Quarz nach
Schreyer (1988) ein extrem weites P-T-Feld ein, mit Tem-
peraturen von 550–810 °C und Drücken von 6 kbar bis
hinauf zu 45 kbar (Abb. 28.12).
Abb. 28.13.
Pyrop mit Einschlüssen von Coesit,
einer Hochdruck-Modifikation
von SiO2, mit randlichen Säumen
von palisadenartigem Quarz.
Durch Volumenexpansion bei der
nachträglichen Umwandlung von
Coesit in Quarz hat sich ein auf-
fälliges System radial verlaufen-
der Sprengrisse im Pyrop gebil-
det, besonders deutlich in c und
d. Dora-Maira-Massiv (Italieni-
sche Alpen). a und c 1 Nic., b und
d +Nic. Schliffdicke ca. 30 μm,
Bildbreite ca. 1 mm. (Foto:
H.-P. Schertl, Bochum)
Bereits im 17. Jahrhundert entwickelten die Universal- nern, das zwar von Kircher als heiß, aber in weiten Berei-
gelehrten René Descartes (1596–1650) und Athanasius chen als fest angesehen wurde, mutet durchaus modern
Kircher (1602–1680) dezidierte, wenn auch voneinander an. Man könnte das Zentralfeuer mit dem Erdkern, die
abweichende Vorstellungen über den Aufbau des Erdin- Pyrophylacien mit den modernen Hot Spots vergleichen.
nern. Kirchers Vorstellungen waren geprägt von traumati- Den Schalenbau der Erde hat Kircher noch nicht voraus-
schen Erlebnissen auf einer Süditalien-Reise, auf der er am geahnt – hier erscheint das von Descartes 1644 entwi-
Ätna, Stromboli und Vesuv den aktiven Vulkanismus mit ckelte Modell der Erde als„erkalteter Stern“ mit einem glü-
seinen erschreckenden optischen, akustischen und Ge- henden Kern und mehreren Schalen erheblich moderner.
ruchs-Erscheinungen kennen lernte. Geradezu zwangs- Substantielle Theorien über den Bau des Erdinnern
läufig kam er in seinem Werk Mundus Subterraneus (1665) konnten erst entwickelt werden, nachdem zu Beginn des
– nach Ellenberger (1999) „die erste Enzyklopädie der Geo- 20. Jahrhunderts geophysikalische, insbesondere seismi-
logie“ – zu einem heißen Erdinnern, in dem ein Zentralfeu- sche Messmethoden und Rechenverfahren zur Verfü-
er brannte, das über ein Netzwerk von Kanälen (Pyragogi) gung standen. Durch sie konnte die Existenz des Schalen-
mit zahlreichen Feuerherden (Pyrophylacia) und den Vul- baus nachgewiesen und die Tiefenlage der Grenzflächen
kanen an der Erdoberfläche verbunden ist (siehe Abbil- mit hoher Genauigkeit bestimmt werden (Kap. 29). Vor-
dung). Die Vorstellung vom heterogenen Bau des Erdin- stellungen über die chemische und mineralogische Zu-
sammensetzung der einzelnen Erd-
schalen verdanken wir der Geoche-
mie (seit etwa 1920) und der experi-
mentellen Petrologie (seit etwa 1960)
sowie dem Studium der Meteoriten
(Kap. 31), die als Bruchstücke von
Asteroiden wichtige Analogmateri-
alien für das Erdinnere darstellen.
Durch Datierungen mit radiogenen
Isotopen konnte das Alter der Erde
auf 4,557 Milliarden Jahre bestimmt
werden. Unbemannte und bemann-
te Weltraummissionen ermöglich-
ten seit 1959 geophysikalische Mes-
sungen auf Mond, Venus und Mars
und seit 1969 direkte mineralogi-
sche und geochemische Analysen
von Mondgesteinen sowie an Mete-
oriten,die vom Mond und Mars stam-
men (Kap. 31).Dadurch verfügen wir
jetzt über fundierte Vorstellungen
vom inneren Aufbau und Stoffbe-
stand des Mondes und der erdähn-
lichen Planeten (Kap. 30, 32).
29
Aufbau des Erdinnern
29.1 Durch die bahnbrechenden Forschungsergebnisse der Geophysik seit Beginn des
Seismischer Befund zum 20. Jahrhunderts ist der Schalenbau der Erde, der bereits durch Descartes (1644)
Aufbau des Erdinnern vorausgeahnt worden war, gesicherte Erkenntnis. Danach gliedert sich die Erde in
drei relativ scharf begrenzte Schalen von unterschiedlicher Dichte, Masse und Vo-
29.2 lumen: Erdkruste, Erdmantel und Erdkern (Tabelle 29.1). Darüber hinaus haben
Erdkruste Ergebnisse der experimentellen Petrologie und Geochemie wesentlich dazu bei-
getragen, plausible Modelle vom inneren Aufbau sowie von der chemischen und
29.3 mineralogischen Zusammensetzung des Erdinnern zu entwickeln.
Erdmantel Bei einem Radius von durchschnittlich 6 370 km ist uns der allergrößte Teil des
Erdkörpers unzugänglich. Direkte Aufschlüsse vermitteln Tunnel, Bergwerke und
29.4 Tiefbohrungen:
Erdkern
Der Mont-Blanc-Tunnel zwischen Chamonix und Courmayeur durchsticht die West-
alpenkette in 1 395 m über N. N. und wird von ihr um ca. 3 000 m überragt.
Die tiefsten Bergwerke der Erde im Goldrevier des Witwatersrands (Südafrika)
liegen in einer Teufe von ca. 4 500 m.
Die bislang tiefste kontinentale Tiefbohrung auf der Kolahalbinsel (Russland) er-
reichte 1985 eine Endteufe von 12 260 m; das sind etwa 2 ‰ des Erdradius!
Tabelle 29.1. Volumen, Masse und
Zwei weitere übertiefe Bohrungen in kontinentalen Kristallingesteinen wurden
Dichte von Erdkruste, Erdmantel
und Erdkern im Rahmen des Kontinentalen Tiefbohrprogramms der Bundesrepublik Deutsch-
land (KTB) bei Windischeschenbach in der Oberpfalz niedergebracht, wobei die
durchgehend gekernte KTB-Vorbohrung (1989) 4 000 m und die KTB-Haupt-
bohrung (1990–1994) 9 101 m Endteufe erreichten.
Durch das internationale Deep Sea Drilling Program DSPD wurde im Jahre 1976
vor der spanischen Küste die ozeanische Erdkruste unter dem Atlantik bis zu ei-
ner Endteufe von 3 930 m durchbohrt.
τ =μ·α [29.2]
[29.3]
[29.4]
Bei Berücksichtigung des Kraftwirkungsgesetzes K = m · b kann Wir verfolgen die Ausbreitung der Wellenstrahlen zu-
man sich leicht überzeugen, dass der Quotient aus Druck und Dich- nächst in einem sehr stark vereinfachten Modell des Erdin-
te zu cm2 / s2 führen muss; die Wurzel daraus ergibt die Einheit der
nern, das aus einem homogenen Mantel und einem homo-
Geschwindigkeit cm / s.
genen Kern besteht (Abb. 29.4a). Ein fächerförmiges Strah-
Aus den Gleichungen [29.3] und [29.4] geht hervor, dass lenbündel durchläuft den Mantel ungestört und geradli-
an jedem Punkt des Erdinnern vP > vS sein muss und dem- nig; flacher verlaufende Strahlen treffen dagegen auf die
entsprechend die P-Wellen stets vor den S-Wellen an der Kern-Mantel-Grenze auf; sie werden dort zum Einfallslot
Erdbebenstation eintreffen. Da der Schubmodul ein Maß hin, beim Verlassen des Kerns vom Einfallslot weg gebro-
für den Widerstand einer Masse gegen elastische Form- chen und dadurch in einem „Brennfleck“ konzentriert.
veränderungen ist, gilt für Flüssigkeiten μ = 0, weil diese Zwischen beiden Strahlenbündeln befindet sich ein brei-
lediglich plastisch deformiert werden. Daher sinkt nach tes Gebiet, in dem überhaupt keine Erdbebenwellen re-
Gleichung [29.4] die Geschwindigkeit der S-Wellen in flüssi- gistriert werden, der „Schatten des Kerns“, wie er sich bei
gen Medien auf vS = 0, und die Geschwindigkeit der P-Wel- der Registrierung natürlicher Erdbebenwellen auch tat-
len wird nach Gleichung [29.3] ebenfalls deutlich geringer. sächlich beobachten lässt. Gegenüber diesem vereinfach-
ten Modell muss man jedoch berücksichtigen, dass sich die
29.1.2 physikalischen Eigenschaften und damit auch die Ge-
Ausbreitung von Erdbebenwellen im Erdinnern schwindigkeit der P- und S-Wellen innerhalb von Erdmantel
und Erdkern kontinuierlich ändern. Daraus ergibt sich, dass
Die komplizierten Ausbreitungsvorgänge der Erdbeben- sich die Wellenstrahlen im Erdinnern nicht geradlinig, son-
wellen im Erdinnern lassen sich am besten durch den Ver- dern auf gekrümmten Bahnen fortpflanzen. Dabei gilt – wie
lauf der Wellenstrahlen beschreiben. Analog zur Optik gel- in der Optik – das Prinzip von Pierre de Fermat (1601–1665),
ten das Reflexions- und das Brechungsgesetz: An Grenzflä- wonach sich ein Strahl unter allen möglichen Wegen den-
chen werden die Wellenstrahlen reflektiert, wobei Einfalls- jenigen auswählt, der die geringste Laufzeit erfordert.
winkel = Ausfallswinkel ist. Beim Eintritt aus einem seis- Wir benutzen nun ein realistischeres Erdmodell, in
misch dünneren in ein seismisch dichteres Medium wird dem die Wellenstrahlen gekrümmten Bahnen folgen und
der Wellenstrahl zum Einfallslot hin gebrochen. das aus einem Mantel, einem äußeren und einem inne-
ren Kern besteht (Abb. 29.4b). Wie im vereinfachten Mo-
dell lassen sich drei verschiedene Bereiche unterscheiden:
Aus Abb. 29.4b ergeben sich also zwei Unstetigkeits- auch stofflich, d. h. petrologisch und geochemisch interpretie-
flächen, die eine äußere feste Schale, den Erdmantel, von ren. Dabei werden allerdings – wie oben dargelegt – direkte
einer mittleren flüssigen Schale, dem äußeren Erdkern, und Beobachtungen nach der Tiefe hin immer spärlicher und
diesen wiederum von einem inneren Erdkern abgliedern. fehlen im unteren Erdmantel sowie im Erdkern ganz.
Es sei darauf hingewiesen, dass es einen erheblichen Auf-
29.1.3 wand an geophysikalischen Messungen und Berechnungen
Geschwindigkeitsverteilung der Erdbebenwellen erforderte, die Veränderung von vP, vS, K, μ und ρ mit der
im Erdinnern Tiefe zu modellieren. Seismogramme enthalten komplexe
Informationen über unterschiedliche Wellentypen, die inter-
Eine wesentliche Verfeinerung unseres Bildes vom Erdaufbau ferieren, sich gegenseitig verstärken oder auslöschen; ihre
ergibt sich, wenn man die Geschwindigkeit der P- und S-Wel- Auswertung gleicht der Entzifferung eines verschlüsselten
len in Abhängigkeit von der Erdtiefe z aufträgt (Abb. 29.5a, b). Textes (Allègre 1992). Das scheinbar einfache Bild, das in
Da sowohl vP und vS als auch die Gradienten dvP /dz und Abb. 29.5 auf Grund von seismischen Modellierungen darge-
dvS /dz direkt von den Quotienten K/ ρ und μ/ ρ abhängen, stellt ist, gehört zu den ganz großen Leistungen der Geophy-
müssen abrupte oder allmähliche Änderungen der Gradi- sik! Trotzdem wurde es erst durch die Verknüpfung mit direk-
enten auf entsprechende Änderungen dieser physikalischen ten Beobachtungen an Gesteinen des Erdmantels, durch Hoch-
Konstanten zurückgehen, wie das in Abb. 29.6 z. B. für die druck-Experimente und durch thermodynamische Model-
Dichte dargestellt ist. Danach ergibt sich folgende Gliede- lierungen (vgl. Saxena 2010) möglich, fundiertere Vorstel-
rung: Erdkruste, oberer Erdmantel, Übergangszone, unterer lungen über die Mineralogie des Erdinneren zu erarbeiten.
Erdmantel, äußerer Erdkern und innerer Erdkern. Dieser auf
29.2 seismischem Wege herausgearbeitete Schalenbau lässt sich 29.2
Erdkruste
60 km, und unter den jungen Faltengebirgen bis zu 90 km in Abb. 29.7 schematisch dargestellt ist. Dabei sind die an-
tief. Die Dicke der Erdkruste variiert dementsprechend je gegebenen Mächtigkeiten und P-Wellengeschwindigkeiten
nach der geologischen Situation eines Gebietes. Ebenso ist für die einzelnen Lagen nur Näherungswerte, die im Detail
die Moho unterschiedlich scharf ausgebildet, wobei die Un- variieren können:
schärfe unter stabilen Kontinenten vielleicht einige 100 m
beträgt, unter den Ozeanböden noch geringer ist. In Orogen- Lage 1: Tiefsee-Sedimente; ihre Mächtigkeit beträgt
gürteln ist die Moho oft schlecht ausgebildet oder verdop- selbstverständlich an den mittelozeanischen Rücken 0 m
pelt; unter den mittelozeanischen Rücken fehlt sie meist ganz. und nimmt zum Kontinent hin stetig zu; an passiven
Kontinentalrändern kann sie mehrere km betragen. Die
29.2.1 ältesten in situ befindlichen Tiefseesedimente wurden
Ozeanische Erdkruste in der obersten Trias-Zeit abgelagert.
Lage 2: Submarin ausgeflossene Pillow-Laven basal-
Informationen über den Aufbau der ozeanischen Kruste er- tischer Zusammensetzung (MORB).
halten wir durch seismische Messungen und durch subma- Lage 3a: Sheeted-Dike-Komplex, Basaltgänge (MORB), die
rine Bohrungen im Rahmen der internationalen Deep-Sea- in vertikal aufreißenden Spalten ineinander intrudierten.
Drilling- und Ocean-Drilling-Programme (DSDP und ODP), Lage 3b: Gabbros, die erstarrten Magmenkammern der
insbesondere durch die amerikanischen Forschungsschiffe ozeanischen Basalte.
Glomar Challenger und Joides Resolution. Weitere wichtige Lage 4a: Peridotite mit Kumulatgefügen, entstanden
Informationen liefern Ophiolith-Komplexe; das sind Späne durch gravitatives Absaigern von Olivin und Pyroxen
von hochgeschuppter ozeanischer Lithosphäre, die tektoni- in der Magmenkammer. Seismische Messungen „se-
sche Decken in Faltengebirgen bilden. Sie enthalten – wenn hen“ die Grenze Gabbro–Peridotit als scheinbare Krus-
auch nicht immer vollständig – das gesamte Inventar der ten-Mantel-Grenze: Seismische Moho.
ozeanischen Erdkruste und des darunter liegenden Erd- Lage 4b: Harzburgite und Lherzolithe des oberen Erd-
mantels. Gegenüber Bohrungen haben sie den Vorteil, dass mantels: Petrographische Moho, die durch seismische
sie dreidimensionale Aufschlüsse bieten und darüber hin- Methoden nicht als Grenze erkannt wird.
aus Bereiche erschließen, die bis jetzt noch nicht erbohrt
werden konnten. Bekannte Beispiele sind der Vourinos- Mittelozeanische Rücken stellen eine eigene, bedeutsa-
Komplex in Nordgriechenland, der Troodos-Komplex auf me petrographische Provinz dar, in der durch submarinen
Zypern und zahlreiche weitere Vorkommen in den Dinar- Vulkanismus ozeanische Erdkruste ständig neu gebildet wird.
iden und Helleniden, der Semail-Komplex im Oman, meh- Es handelt sich also um konstruktive (divergente) Platten-
rere Vorkommen in Indonesien und Papua-Neuguinea so- ränder. Kennzeichnend ist eine merkliche negative Bougier-
wie der Bay-of-Islands-Komplex in Neufundland (Kanada). Anomalie, das ist eine auf die Topographie (in diesem Fall
Aus der Zusammenschau der verfügbaren Informationen Meerwasser mit geringer Dichte) korrigierte Schwereano-
ergibt sich, dass die ozeanische Erdkruste basaltischen Che- malie. Dieses Schweredefizit ist über den Axialzonen am
mismus aufweist, der vom Schöpfer der Kontinentalver- höchsten und nimmt zum Rand hin ab. Unverfestigte Tief-
schiebungs-Theorie, Alfred Wegener (1880–1930), nach den seesedimente sind weitgehend abwesend, während Pillow-
vorherrschenden chemischen Komponenten Silicium und basalte der Lage 2 am Meeresboden anstehen. Lage 3 geht
Magnesium mit dem Akronym Sima bezeichnet wurde. Die allmählich in einen Mantel mit anomal geringen P-Wellen-
ozeanische Erdkruste zeigt einen lagenförmigen Aufbau, der Geschwindigkeiten von meist 7,1–7,3 km/s über. Eine Moho
Abb. 29.7.
Schematisches Tiefenprofil durch
die ozeanische Lithosphäre
(=ozeanische Erdkruste + obers-
ter Erdmantel) nach seismischen
Messungen, Tiefseebohrungen
und Beobachtungen in typischen
Ophiolith-Komplexen. Die Dicke
der einzelnen Lagen und die
seismischen Geschwindigkeiten
können regional stark variieren.
(Nach Brown u. Mussett 1993)
520 29 · Aufbau des Erdinnern
ist schlecht, in vielen Gebieten gar nicht entwickelt; der Kontinentale Oberkruste. Vorstellungen über ihren petro-
Wärmefluss ist hoch und Basaltvulkanismus ist verbreitet. graphischen Aufbau gewinnen wir aus zahlreichen Beob-
Alle diese Tatsachen weisen darauf hin, dass die mitteloze- achtungen in den Kristallingebieten der Erde, insbeson-
anischen Rücken die Zonen von aufsteigenden Konvektions- dere in den archaischen und proterozoischen Kontinental-
strömen im Erdmantel sind, verbunden mit partieller Ana- kernen (Kratonen) wie Fennoscandia, Laurentia u. a., die
texis (Abb. 29.17, S. 527). durch tiefreichende Abtragung freigelegt wurden. Danach
Als Bestandteil von ozeanischen Lithosphärenplatten besteht die Oberkruste überwiegend aus Quarz-Feldspat-
wird die ozeanische Kruste durch das sea floor spreading reichen Metamorphiten und Migmatiten sowie aus Gra-
mit Geschwindigkeiten von einigen Zentimetern pro Jahr nit- und Granodiorit-Plutonen. Dieser Krustentyp wur-
bewegt und an konvergenten (destruktiven) Plattenrändern de von Alfred Wegener nach den vorherrschenden chemi-
unter kontinentale Lithosphären-Platten subduziert. Dabei schen Komponenten Silicium und Aluminium als Sial be-
entstehen Inselbögen und Orogengürtel vom Andentyp. zeichnet. Die durchschnittliche Dichte dieser Gesteine be-
(Abb. 29.17, 29.18). An passiven Kontinentalrändern beginnt trägt etwa 2,7 g / cm3, die P-Wellen-Geschwindigkeiten lie-
die ozeanische Erdkruste, die hier dicker ist als gewöhnlich, gen bei ca. 6,0 km/ s. Basaltische Vulkanite mit höheren
jenseits der Schelfbereiche, den vom Meer überfluteten Kon- Dichten sind eher untergeordnet vorhanden, wenn man
tinentalrändern. Eine übernormale Mächtigkeit von bis zu von den großen Arealen kontinentaler Flutbasalte
20 km erreicht die ozeanische Erdkruste auch im Bereich (Abschn. 14.1, S. 243) absieht. Eine krustale Low-Velocity-
ozeanischer Inseln (z. B. Hawaii) und in den Gebieten mit Zone, in der vP auf <6,0 km/s absinkt, wird von Mueller
ozeanischen Flutbasalt-Plateaus (Abschn. 14.1, S. 243). (1977) durch ein gehäuftes Auftreten von Granit-Lakko-
lithen und/oder einen erhöhten Fluid-Anteil erklärt
29.2.2 (Abb. 29.8). Ein äußerst komplexes Modell für den Auf-
Kontinentale Erdkruste bau der kontinentalen Oberkruste in der bayerischen
Oberpfalz ergab sich aus den umfangreichen geologischen
Eine detaillierte Auswertung der Geschwindigkeiten von und geophysikalischen Untersuchungen im KTB-Ziel-
Erdbebenwellen legte schon früh den Gedanken nahe, gebiet und durch die KTB-Vor- und -Hauptbohrung selbst
dass sich die kontinentale Erdkruste in mehrere Schich- (Abb. 29.9) (z. B. Hirschmann 1996).
ten gliedert, wobei die Verhältnisse wesentlich kompli-
zierter sind als bei der ozeanischen Kruste. Ganz allge- Kontinentale Unterkruste. Diese ist häufig, aber nicht
mein ergibt sich folgende Grobgliederung (Abb. 29.8): immer, durch einen Dichtesprung von der Oberkruste
getrennt, die Conrad-Diskontinuität (Conrad 1925). Sie
Unverfestigte Sedimente und verfestigte Sedimentgesteine. liegt meist in 15–25 km Tiefe, ist jedoch generell nicht so
Sie besitzen sehr unterschiedliche Mächtigkeiten, können gut ausgeprägt wie die Moho und auch nicht weltweit ent-
aber – bis auf eine dünne Bodenkrume – auch ganz fehlen. wickelt. In Deutschland wurde die Conrad kurz nach dem
2. Weltkrieg durch die Sprengung einer unterirdischen
Munitionsfabrik bei Haslach im Schwarzwald und durch
eine große Sprengung auf der Insel Helgoland seismisch
registriert. Nach dem von Mueller (1977) entwickelten
Modell (Abb. 29.8) ist die Conrad lediglich durch einen
„Zahn“ erhöhter Wellengeschwindigkeit bedingt, der auf
eine wenige Kilometer mächtige Lage von Amphibolit
zurückgehen könnte. Danach sinken vP und vS wieder ab.
Die Unterkruste besteht wahrscheinlich aus einer gebän-
derten Wechsellagerung von hellen und dunklen Granu-
liten, wie sie in den steilgestellten metamorphen Serie der
Ivrea-Zone in den Südalpen (Abb. 29.10) oder in Kalabrien
(Süditalien) modellhaft aufgeschlossen sind. Diese hoch-
metamorphen Gesteine, die meist (OH)-freie Mineral-
Paragenesen aufweisen und z. T. Restit-Charakter besit-
zen, sind häufig das Ergebnis mehrfacher metamorpher
Prägungen unter hohen Temperaturen und selektiver Auf-
schmelzung. Dadurch kam es im Verlauf langer geologi-
scher Zeiträume zu einer Verarmung an leichtflüchtigen
Komponenten. Mit dem frei werdenden Wasser wander-
Abb. 29.8. Stark schematisiertes Tiefenprofil durch die kontinenta- ten u. a. auch U und Th, die für die radioaktive Wärme-
le Erdkruste. (Nach Mueller 1977) produktion wichtig sind, in höhere Krustenbereiche ab.
29.2 · Erdkruste 521
Abb. 29.9.
Die obere Erdkruste im KTB-
Zielgebiet bei Windischeschen-
bach in der Oberpfalz (Bayern)
nach seismischen Messungen
entlang der Profile Crossline 230
und KTB 8502 (Inline 360), nach
geologischen Beobachtungen
und den Ergebnissen der KTB-
Vorbohrung und -Hauptbohrung
(dicke, vertikale, nach unten ab-
geknickte Linie). ZEV: Zone
von Erbendorf-Vohenstrauss.
(Nach Hirschmann 1996, mit
freundlicher Genehmigung des
Verlags Elsevier)
Abb. 29.10.
Geologische Karte des steil ste-
henden Krustenprofils der Ivrea-
Zone im Valle Strona (Südalpen).
Der granulitfazielle Abschnitt
entspricht der Unterkruste, der
amphibolitfazielle der Ober-
kruste. (Nach Aufnahmen von
Bertolani, 1959–1965, aus Meh-
nert 1975)
522 29 · Aufbau des Erdinnern
Abb. 29.11.
Seismisches Profil durch den
Ivrea-Körper (sog. Vogelkopf)
und die angrenzenden Teile der
Zentral-Alpen (links) sowie der
Ivrea-Zone (Abb. 29.10) und der
Poebene (rechts). Die Zahlen
geben die jeweiligen P-Wellen-
Geschwindigkeiten an. (Nach
Berkhemer 1968 und Giese 1968
aus Mehnert 1975)
29.3 · Erdmantel 523
dichte von etwa 3,0 auf etwa 3,5 g/cm3. Diese Verdichtung
ist hauptsächlich durch den Zusammenbruch von Plagi-
oklas mit seiner relativ lockeren Gerüststruktur bedingt,
wobei Albit als Jadeit-Komponente in das Kettensilikat
Omphacit, Anorthit als Grossular-Komponente in das
Inselsilikat Granat eingebaut wird. Diese beiden Eklogit-
Minerale besitzen erheblich dichter gepackte Strukturen
als Plagioklas; darüber hinaus bewirkt der Koordinati-
ons-Wechsel Al[4] → Al[6] eine zusätzliche Verdichtung.
Zur Überprüfung dieser Hypothese wurden Hoch-
druck-Hochtemperatur-Experimente durchgeführt (z. B.
Yoder u. Tilley 1962; Kushiro u. Yoder 1966; Green u.
Ringwood 1967a u. v. a.), wobei konventionelle Hydro-
thermal-Autoklaven aber auch hydraulische Hochdruck-
pressen wie die Belt- und die Sechs-Stempel-Apparatur
zur Anwendung kamen (zur Methodik vgl. Ernst 1976).
Abb. 29.12. P-T-Diagramm zur Basalt → Eklogit-Umwandlung. Die Ergebnisse dieser Experimente haben klar gezeigt,
Stabilitätsfelder von Gabbro bzw. Pyroxen-Granulit (Pyriklasit), dass Eklogit nicht als Baumaterial für den oberen Erd-
Granat-Granulit (Granat-Pyriklasit) und Eklogit nach Experimen- mantel in Frage kommt:
ten von Green und Ringwood (1967a) sowie Yoder u. Tilley (1962).
Qz steht für Quarz oder Coesit. Ozeanischer und kontinentaler
Die isochemische Umwandlung von Basalt/Gabbro/
Geotherm nach Clark u. Ringwood (1964)
Pyriklasit → Eklogit erfolgt nicht an einer scharfen
Grenze, sondern über ein Intervall, dessen Breite mit
ge Monate vor einem erneuten Ausbruch des Kilauea-Vul- der Temperatur und der chemischen Zusammenset-
kans auf Hawaii stellten sie eine seismische Unruhe in ca. zung variiert. Gleichung (29.1) stellt nur die Summe
60 km Tiefe fest, die sie als Strömung des Magmas vom von mehreren Teilreaktionen dar, durch die Plagio-
Aufschmelzort in eine Magmen-Kammer interpretierten. klas allmählich abgebaut, Granat neu gebildet wird.
Im isothermen Schnitt umfasst der Übergangsbereich,
Eklogit als Baumaterial des Oberen Erdmantels? in dem schon Granat, aber noch Plagioklas nebenei-
nander auftreten, einem P-Bereich von einigen kbar
Ein eklogitischer Erdmantel wurde bereits durch Fermor Breite, was einer Dicke von mehreren Kilometern ent-
(1914) vermutet und in ähnlicher Weise auch von Gold- spricht. Wir wissen aber, dass die Moho eine relativ
schmidt (1922) und Holmes (1927) vertreten. Da Eklogit scharfe Grenze darstellt, die meist nur eine Unschärfe
die gleiche chemische Zusammensetzung wie Basalt, Gab- von wenigen 100 m besitzt. Noch breiter wird das
bro oder basischer Pyroxen-Granulit (Pyriklasit) aufweist, Übergangsfeld, wenn man dem geothermischen Gra-
wäre die ozeanische und die kontinentale Moho durch dienten folgt (Abb. 29.12).
einen isochemischen Phasenübergang Basalt/Gabbro Der Druck der Basalt → Eklogit-Umwandlung nimmt
→ Eklogit bzw. Pyriklasit → Eklogit bedingt, entspre- mit steigender Temperatur zu. Man sollte daher an-
chend der schematischen Reaktionsgleichung: nehmen, dass unter den Ozeanböden, wo ein hoher
geothermischer Gradient herrscht, die Moho tiefer
liegt als unter den Kontinenten mit ihrem geringeren
geothermischen Gradienten. Aber gerade das Gegen-
teil ist der Fall (Abb. 29.12)!
tert als „yellow ground“) gefüllt sind und nach unten zu etwa 130 km Tiefe und sinkt unter den Tiefseeböden auf
in Gänge und Lagergänge von massivem Kimberlit über- etwa 190 km ab.
gehen (Abb. 14.13, S. 251, Abb. 29.13). Sowohl der Kim- Green u. Ringwood (1963) nahmen für den gesamten
berlit als auch die Xenolithe selbst können Diamant ent- Erdmantel eine chemische Zusammensetzung an, die
halten und müssen daher aus tiefen Bereichen des Erd- aus 3 Teilen Dunit und 1 Teil Basalt besteht; diesen Ge-
mantels stammen. Das Gleiche gilt für die Lamproite steins-Chemismus nannten sie Pyrolit (Tabelle 29.2). Aus
Australiens. Setzt man etwa 1 000 °C als wahrscheinliche ihm kann sich durch partielles Aufschmelzen maximal
Temperatur des Kimberlit-(bzw. Lamproit-)Magmas an, 25 % Basalt-Magma bilden, aber natürlich auch weniger
so beträgt der Mindestdruck für die Diamantentstehung (Abschn. 19.2, S. 307ff). Ringwood (1975) verfeinerte
45 kbar, entsprechend einer Tiefe von etwa 140 km. Wie das Pyrolit-Modell noch etwas, in dem er z. B. die ultra-
man aus Abb. 29.15 entnehmen kann, liegt die Ober-
grenze der Diamantstabilität unter den Kratonen, wo ein
relativ geringer geothermischer Gradient herrscht, in
Tabelle 29.2.
Ableitung des theoretischen
Modell-Pyrolits und Vergleich
mit natürlichem Granat-Lher-
zolith. (Nach Green u. Ring-
wood 1963; Ringwood 1975;
Brown u. Mussett 1993)
526 29 · Aufbau des Erdinnern
mafischen Anteile von Ophiolith-Komplexen zum Ver- 2. Spinell-Pyrolite. Sie enthalten die Paragenese Olivin >> Or-
gleich heranzog. Das Pyrolit-Modell steht darüber hin- thopyroxen > Klinopyroxen > Spinell, deren Stabilitäts-
aus mit der Vorstellung in Einklang, dass die Erde eine feld bis zu Maximal-Drücken von ca. 14–18 kbar am konti-
ähnliche Zusammensetzung hat wie die wichtigste Me- nentalen bzw. ozeanischen Geotherm reicht (Abb. 29.14).
teoriten-Gruppe, die Chondrite (Abschn. 31.3.1, S. 553ff). Bei isobarer Temperaturerhöhung können die Pyroxene
Tabelle 29.2 lässt die große chemische Ähnlichkeit von immer mehr Al in ihre Kristallstruktur aufnehmen, so
natürlichen Granat-Lherzolith und dem theoretischen dass Spinell als eigene Al-Phase verschwindet.
Modell-Pyrolit erkennen. Es wird aber auch deutlich, dass Damit entstehen:
Granat-Lherzolith noch etwas reicher an MgO, aber
bereits etwas verarmt an den Basalt-Komponenten Al2O3, 3. Pyroxen-Pyrolite. Sie enthalten die Paragenese Olivin >> Al-
FeOtot, CaO und Na2O ist. reicher Orthopyroxen > Al-reicher Klinopyroxen. Ihr
Grundlegende experimentelle Untersuchungen von Stabilitätsfeld liegt bei sehr hohen Temperaturen ober-
Green u. Ringwood (1967b) zeigten, dass Pyrolit bei un- halb von ca. 1 240–1 300 °C und in einem Druckbereich
terschiedlichen P-T-Bedingungen im Erdinnern unter- von ca. 10–30 kbar. Pyroxen-Pyrolite kann man daher nur
schiedliche Mineralparagenesen ausbildet (Abb. 29.14). bei extrem hohen geothermischen Gradienten erwarten,
Diese unterscheiden sich hauptsächlich durch die Mineral- wie sie an den mittelozeanischen Rücken realisiert sind.
phasen, in denen die Komponente Al2O3 eingebaut wird. Bei Druckerhöhung und/oder Temperaturerniedrigung
können die Pyroxene immer weniger Al in Form von Ca-
1. Plagioklas-Pyrolite. Sie enthalten die Paragenese Olivin oder Mg-Tschermaks Molekül (CaTs, MgTs) aufnehmen
>> Orthopyroxen > Klinopyroxen > Plagioklas und sind und es bildet sich Pyrop-reicher Granat. Ebenso reagiert
bei Temperaturen, die dem normalen kontinentalen oder Spinell mit Orthopyroxen unter Bildung von Pyrop-rei-
ozeanischen Geotherm entsprechen, nur bei Drücken < ca. chem Granat und Olivin nach der Gleichung
5 kbar stabil. Sie können also nicht im subkontinentalen
Mantel auftreten, da dort die Moho meist in Tiefen liegt,
die Drücken von >10 kbar entsprechen. Plagioklas-Pyro-
lite sind am ehesten im Bereich von mittelozeanischen
Rücken zu erwarten, da dort ein anomal großer geother- (29.5)
mischer Gradient herrscht. Bei Druckerhöhung wird der
Al-Gehalt der Plagioklase nach den Modellreaktionen Somit entstehen:
und
(29.3)
Abb. 29.17. Petrologisches Modell der Plattentektonik; Erläuterungen im Text. (Mod. nach Ringwood 1979)
entnehmen kann, wird das Stabilitätsfeld von Granat-Pyrolit der dabei entstehenden Basalt-Magmen einen fertilen
unter den Kontinenten schon in geringerer Tiefe (ca. 45 km) Pyrolit in einen verarmten Peridotit umzuwandeln.
erreicht als unter den Ozeanböden (ca. 60 km). Natürliche Aus Abb. 29.14 geht hervor, dass eine Aufschmelzung
Granat-Lherzolithe, die den gleichen Mineralbestand auf- von H2O-freiem („trockenem“) Pyrolit nur möglich ist,
weisen und dem theoretischen Granat-Pyrolit chemisch sehr wenn wesentlich höhere Temperaturen erreicht werden,
ähnlich sind (Tabelle 29.2), treten – wie schon erwähnt – als dem ozeanischen Geotherm entspricht. Das ändert
verbreitet als Xenolithe in Kimberliten und Lamproiten auf; sich jedoch drastisch, wenn man annimmt, dass der Erd-
darüber hinaus bilden sie tektonische Schubspäne in Orogen- mantel einen geringen Anteil an H2O enthält. So verläuft
Gürteln, so auf der Alpe Arami bei Bellinzona (Tessin), bei die Soliduskurve eines Pyrolits, der nur 0,1 Gew.-% H2O
La Charme in den Vogesen und bei Åheim (Norwegen). enthält, bereits bei erheblich geringeren Temperaturen als
der trockene Pyrolit-Solidus und durchläuft im Druck-
Wie schon in Abschn. 19.2 (S. 307ff) erläutert, konnte bereich zwischen etwa 25 und 50 kbar ein deutliches
experimentell gezeigt werden, dass durch partielle Minimum, das vom ozeanischen Geotherm geschnitten
Anatexis von Pyrolit Basalt-Magmen entstehen, wobei wird: Hier kann es zur partiellen Anatexis und zur Bildung
Lherzolithe, Harzburgite oder Dunite als Restgesteine von etwa 0,5–1 Gew.-% Schmelze kommen (Abb. 19.2,
zurückbleiben (z. B. Green u. Ringwood 1967c; Jaques u. S. 307). Interessanterweise fällt dieser Bereich in etwa mit
Green 1980). Diese Aufschmelzprozesse führen neben der der Low-Velocity-Zone im oberen Erdmantel zusammen.
mineralogischen zusätzlich noch zu einer chemischen
Heterogenität des lithosphärischen Erdmantels. Durch 29.3.2
Bildung und vulkanische Förderung von Basalt-Magmen Die Asthenosphäre als Förderband der Lithosphärenplatten
verarmen gewisse Bereiche des Erdmantels an K, Na, Ca,
Al und Si sowie an inkompatiblen Spurenelementen wie Bereits 1926 hatte der deutsche Geophysiker Beno Guten-
Be, Nb, Ta, Sn, Th, U, Pb, Cs, Li, Rb, Sr und SEE, während berg erkannt, dass in Tiefen von etwa 60–250 km die Ge-
Mg relativ angereichert wird. Somit bestehen weite Teile schwindigkeiten der P- und S-Wellen um etwa 3–6% ge-
des lithosphärischen Erdmantels nicht mehr aus ferti- ringer werden, wobei dieser Effekt für vS – relativ gese-
lem („fruchtbarem“) Pyrolit, sondern aus verarmtem hen – wesentlich ausgeprägter ist als für vP (Abb. 29.5b).
(depleted) Peridotit, insbesondere aus Harzburgit und Da die S-Wellen aber trotzdem weiter geleitet werden,
Lherzolith (Abb. 29.16, 29.17). Ihr Anteil ist im subkon- muss auch dieser Teil des oberen Erdmantels, den man
tinentalen Erdmantel größer als im subozeanischen, weil als Low-Velocity-Zone (LVZ) bezeichnet, prinzipiell aus
dieser durch das sea floor spreading zu den Subdukti- festem Material bestehen. In unterschiedlicher tektoni-
onszonen transportiert und dort in den tiefen Mantel scher Umgebung liegt die LVZ in unterschiedlicher Tie-
zurückgeführt wird: Es gibt keine ozeanische Lithosphä- fe und ist verschieden deutlich ausgebildet. So erkennt
re, die älter als ca. 200 Mio. Jahre ist. Demgegenüber hat- man sie unter den Kontinenten sehr viel schlechter als
te die kontinentale Mantel-Lithosphäre viel mehr Zeit, unter den Ozeanen, gebietsweise auch gar nicht. Zur Er-
um durch partielle Anatexis und vulkanische Förderung klärung dieses Verhaltens kann man Abb. 29.14 (S. 525)
528 29 · Aufbau des Erdinnern
heranziehen, die zeigt, dass sich unter den Ozeanen aus Beispiele sind die Marianen und die Kleinen
einem Pyrolit mit 0,1 Gew.-% H 2O in einem Tiefen- Antillen.
bereich von etwa 100–170 km eine Teilschmelze bildet, b Durch Subduktion einer ozeanischen unter eine
die 0,5–1 Gew.-% ausmacht. Dieser Schmelzanteil verrin- kleine kontinentale Lithosphärenplatte, die vom
gert den Schubmodul μ und damit nach Gleichung [29.3] dahinterlegenden kontinentalen Hinterland durch
und [29.4] (S. 516) auch vP und vS. Von einem mittleren einen Backarc-Becken-Bereich getrennt ist, entsteht
kontinentalen Geotherm wird der Solidus für einen ein ensialischer Inselbogen (Abb. 29.18b). Beispiele
Pyrolit mit 0,1 Gew.-% H2O nicht geschnitten; es bedarf sind die Japanischen Inseln.
also eines höheren H2O-Gehalts im Pyrolit oder eines c An einem aktiver Kontinentalrand wird eine ozea-
übernormalen geothermischen Gradienten, um im kon- nische direkt unter eine kontinentale Lithosphären-
tinentalen Mantel partielle Anatexis zu bewirken. platte subduziert, ohne dass ein Backarc-Becken
zwischengeschaltet ist. Dadurch entsteht ein mag-
Als Asthenosphäre (grch. ασθενóς = schwach) defi- matischer Kontinentbogen (Abb. 29.18c). Beispiele
niert man den Bereich, in dem sich der obere Erd- sind das nordamerikanische Kaskaden-Gebirge so-
mantel bei vertikalen und horizontalen Bewegun- wie die mittel- und südamerikanischen Anden.
gen, d. h. bei Isostasie und sea floor spreading, als re- d Am Ende der vollständigen Subduktion einer oze-
lativ mobil, also fließfähig erweist. anischen Lithosphärenplatte kommt es zur Konti-
nent-Kontinent-Kollision und zur Bildung von
Häufig wird die Asthenosphäre mit der LVZ gleich Faltengebirgs-Gürteln wie der Alpen oder des
gesetzt, was allerdings eine zu starke Vereinfachung ist Himalaya. Der ozeanische Teil der subduzierten
(Brown u. Mussett 1993). Man muss aber festhalten, dass Platte reißt ab und verschwindet im Erdmantel
Asthenosphäre und LVZ etwa in gleicher Tiefe liegen und („Slab Breakoff“).
wahrscheinlich auf den gleichen Vorgang zurück gehen,
nämlich das Erreichen von Temperaturbedingungen der Topographisch äußert sich eine Subduktionszone
partiellen Anatexis. Für das Modell der Plattentektonik in einem Tiefseegraben (engl. trench), z. B. dem Tonga-
kommt der Asthenosphäre eine entscheidende Rolle zu: Graben mit 10 882 m oder dem Philippinen-Graben
Starre Lithosphärenplatten bewegen sich auf der fließ- mit 10 793 m Tiefe; geophysikalisch werden sie als
fähigen Asthenosphäre. Wesentliche Aspekte der Platten- Benioff-Zonen registriert (Benioff 1955). In ihnen sind
tektonik sind in Abb. 29.17 schematisch dargestellt: Erdbebenherde entlang einer schräg (15–85°, meist um
45°) einfallenden Fläche konzentriert, die sich bis in
Divergenter (konstruktiver) Plattenrand zwischen zwei Tiefen von ca. 700 km verfolgen lässt.
ozeanischen Lithosphärenplatten. Diese setzen sich zu-
sammen aus ozeanischer Erdkruste und aus lithosphä- Der Kräfteplan innerhalb von Benioff-Zonen lässt sich aus sog.
Herdlösungen berechnen. Diese ergeben Druckspannungen in Rich-
rischem Erdmantel, bestehend aus verarmtem Perido-
tung der subduzierten Platte, Zugspannungen senkrecht dazu, wäh-
tit, der von fertilem Pyrolit unterlagert wird. Aus der rend direkt unter dem Tiefseegraben Zugspannungen in Richtung
darunter befindlichen Asthenosphäre steigt tholeiit- der Platte, Druckspannungen senkrecht dazu herrschen.
basaltisches Magma (MORB) empor, das am mittel-
ozeanischen Rücken neue ozeanische Kruste generiert. Die subduzierte H2O-haltige ozeanische Kruste unter-
Aus der Asthenosphäre aufsteigende Manteldiapire be- liegt einer Hochdruckmetamorphose, wobei Blauschiefer
liefern Vulkane des ozeanischen Intraplattenbereichs; und Eklogite gebildet werden. Bei erhöhten Temperatu-
solche ozeanischen Inseln bestehen aus Alkalibasalten, ren kommt es zur partiellen Aufschmelzung unter Bildung
aber auch aus Tholeiiten (Beispiel: Hawaii). und Förderung von Magmen der Kalkalkali-Serie, die
Konvergenter (destruktiver) Plattenrand: Eine ozea- magmatische (vulkanische) Inselbögen oder magmati-
nische Lithosphärenplatte wird unter eine kontinen- sche Gebirgsbögen vom Andentyp aufbauen. Typisch sind
talen Lithosphärenplatte, bestehend aus einer dicken Vulkanite der Reihe Tholeiitbasalt → Andesit → Dacit
Kruste und dem darunter liegenden Erdmantel aus → Rhyodacit → Rhyolith sowie Plutonite vom I-Typ,
verarmtem Peridotit, subduziert. Wir können vier ver- insbesondere Granite, Granodiorite, Tonalite und Trond-
schieden Arten von konvergenten Plattengrenzen un- hjemite (TTG-Suite). Damit verknüpft ist eine orogene
terscheiden (z. B. Frisch u. Meschede 2007; Frisch et al. Regionalmetamorphose vom Nieder- bis Mitteldruck-Typ
2011; vgl. Abb. 29.18): (Abschn. 26.2.5, S. 432ff, Abb. 28.8, S. 496).
Unterhalb der Asthenosphäre steigen vP und vS wie-
a Durch Subduktion einer ozeanischen Lithosphä- der an; die auf 1 bar reduzierte Dichte von 3,3–3,4 g/ cm3
renplatte unter eine andere entsteht ein intraoze- des Erdmantels entspricht der eines Granat-Pyrolits
anischer, ensimatischer Inselbogen (Abb. 29.18a). (Abb. 29.19).
29.3 · Erdmantel 529
Abb. 29.18.
Beispiele für die vier unter-
schiedlichen Typen von Sub-
duktionszonen. Erläuterungen
im Text. (Nach Frisch u.
Meschede 2007)
530 29 · Aufbau des Erdinnern
(29.7)
(29.8)
+ 46 Vol.-% Majorit bestehen. Natürlichen Majorit mählich in ihm auflösen (Ringwood 1991). Beim Trans-
fanden Moore und Gurney (1985) als Einschlüsse in Dia- port der ozeanischen Kruste in die Tiefe wird es darüber
manten, die dementsprechend aus der Übergangszone hinaus zur partiellen Anatexis und zum chemischen Stoff-
stammen müssen. austausch mit dem verarmten Lherzolithen und Harz-
Es gibt geophysikalische Hinweise darauf, dass die burgiten der absinkenden Lithosphärenplatte kommen,
subduzierten ozeanischen Lithosphärenplatten an der die dadurch refertilisiert werden. Solche wieder angerei-
Untergrenze der Übergangszone in etwa 650 km Tiefe ho- cherten Peridotite könnten über der Granatit-Schicht
rizontal abgelenkt werden, wodurch der Subduktions- angehäuft werden; sie würden die Quelle von Mantel-
vorgang zum Abschluss kommt. Analog zum umgebenen Plumes und somit die Ursache von Hot Spots und den
Mantel finden in der subduzierten Platte Phasenum- dadurch ausgelösten Intraplattenvulkanismus bilden.
wandlungen statt, an denen auch (OH)-haltige Minerale
beteiligt sind. So besteht in ca. 550 km Tiefe ein ehemali- Wasser im Erdmantel
ger Harzburgit zu ca. 90 Vol.-% aus (OH)-haltigem
Ringwoodit + untergeordnet (OH)-haltigem Majorit und Durch die Subduktion von Lithosphärenplatten, die (OH)-
Stishovit, während ein ehemaliger Eklogit der ozeanischen und H2O-haltige Minerale enthalten, kann Wasser tief in
Kruste in einen Granatit aus ca. 90 Vol.-% Majorit + ca. den Erdmantel transportiert werden (vgl. Ohtani 2005).
10 Vol.-% Stishovit umgewandelt wird. Da Granatit eine Unter den P-T-Bedingungen des normalen Erdmantels
etwas geringere Dichte als der untere Erdmantel hat, sollte wären diese Minerale meist nicht stabil, wohl aber am
er sich als Schicht in etwa 650 km Tiefe anreichern. unternormalen geothermischen Gradienten in der ab-
Demgegenüber könnten Gemenge aus ehemaligem tauchenden, relativ kühlen Lithosphärenplatte. Im
Harzburgit und Granatit „Megalithe“ bilden; das sind rela- subduzierten Mantel-Peridotit treten als H2O-haltige Pha-
tiv kühle, viskose Köper, die in den unteren Erdmantel sen zunächst Chlorit- und Serpentin-Minerale auf
hineinreichen und sich durch Konvektionsvorgänge all- (Abschn. 11.5.5 und 11.5.6, S. 174f), die allmählich in die
Abb. 29.20.
Modell zur Subduktion einer
kühlen, differenzierten ozeani-
schen Lithosphärenplatte sowie
zur Entstehung der Granatit-
schicht in 650 km Tiefe und
eines „Megalith“-Körpers aus
ehemaligem Mantel-Harzburgit
und Krusten-Basalt. Erläuterung
im Text. (Nach Ringwood 1991)
532 29 · Aufbau des Erdinnern
sog. 10-Å-Phase Mg3[H6/Si4O14] übergeht, in der die bereits bei 60 kbar mit SiO2 zu Topas-OH Al2[(OH)2/SiO4] reagieren
[SiO4]-Tetraeder-Schichten Abstände von c0 = 10 Å auf- (Wunder et al. 1993a,b). Dieser geht bei 110 kbar und 1000°C durch
Reaktion mit SiO2 in die Phase Egg AlSiO3OH über (z. B. Schmidt
weisen. Bei höheren Drücken bilden sich dann die dichten
et al. 1998), die ihrerseits bei 220 kbar (1000°C), d.h. im Grenzbereich
H2O-haltigen Mg-Silikat-Phasen (dense hydrous magne- Übergangszone/Unterer Erdmantel in die Höchstdruck-Phasen
sium silicates DHMS), die erstmals von Ringwood u. Major Stishovit und δ -AlOOH zerfällt (Sano et al. 2004). Es sei daran erin-
(1967) synthetisiert wurden. So sind bei Drucken des Obe- nert, dass die Stabilitätsfelder dieser (OH)-haltigen Phasen im Be-
ren Erdmantels die DHMS-Phasen A Mg7[(OH)6/Si2O8] reich eines unternormalen geothermischen Gradienten liegen, wie
er für subduzierte Lithosphärenplatten typisch ist.
und E Mg2,4[Si1,25H2,4O6] stabil, während in der Über-
gangszone und im oberen Bereich des Unteren Erd-
mantels nacheinander die Phasen C Mg10[Si3O14(OH)4] 29.3.4
und D Mg 1,14[Si1,73H2,81O6] im subduzierten Mantel- Unterer Erdmantel
Peridotit stabil werden. Da Wadsleyit bis zu 3 und Ring-
woodit 1,0–2,2 Gew.-% H2O aufnehmen können, sind diese Die Grenze zwischen Übergangszone und unterem Erd-
– theoretisch wasserfreien – Hochdruck-Phasen tatsäch- mantel wird in einer Tiefe von ca. 650–680 km durch ei-
lich die wichtigsten H2O-Minerale in der Übergangszone, nen deutlichen Dichtesprung von ca. 3,7 auf 3,9 markiert,
deren Speicherkapazität immerhin 0,5–1 Gew.-% H2O die 650-km-Diskontinuität. Petrologisch ist diese Gren-
beträgt. Demgegenüber liegt der H2O-Gehalt der unter- ze durch den Zerfall von Ringwoodit in eine MgSiO3-
schiedlichen Perowskit-Phasen nur im ppm-Bereich, so Phase mit Perowskit-Struktur (Abb. 7.8, S. 110) + Magne-
dass der Untere Erdmantel lediglich H2O-Gehalte von siowüstit (Mg,Fe)O bedingt, der bei Drücken von etwa
<0,2 Gew.-% aufnehmen kann (Ohtani 2005). 240 kbar (bei ca. 2 200 °C) abläuft (Ito u. Takahashi 1989;
Chudinovskikh u. Boehler 2001):
Wie wir gesehen haben, werden ozeanische Basalte bei ihrer
Subduktion nacheinander in Blauschiefer und Eklogite umgewan-
delt. Der dabei entstehende Lawsonit CaAl2[(OH)2/Si2O7] · H2O ent- (29.9)
hält bis zu 11,5 Gew.-% H2O, wird allerdings bereits bei Drucken von
ca. 100 kbar, die einer Tiefe von ca. 300 km entsprechen, instabil. Beim
Abbau von Hellglimmern in Eklogiten und in Hochdruckmetamor- Neben diesen beiden Phasen bleibt Majorit-Granat
phen Sedimentgesteinen bilden sich die (OH)-haltigen Al-Phasen zunächst noch stabil; er wird aber zunehmend in Mg-
Diaspor AlOOH und Phase Π (Pi) Al3[(OH)3/Si2O7], die jedoch Perowskit und – abgeleitet aus der Grossular-Komponente
– in Ca-Silikat-Perowskit (Ca,Fe)SiO3 abgebaut und ver-
schwindet ab 720 km Tiefe vollständig (Abb. 29.19). Zwi-
schen den beiden Perowskit-Phasen herrscht nur eine sehr
begrenzte Mischkristallbildung. Al und Na werden wahr-
scheinlich vollständig in den Mg-Silikat-Perowskit ein-
gebaut, so dass es – entgegen früherer Annahmen (z. B.
Ringwood 1975, 1982) – nicht zur Bildung eigener Al- und
Na-Al-Hochdruckphasen kommt (Ringwood 1991).
Geophysikalisch ist der untere Erdmantel durch unter-
normale Gradienten der P- und S-Wellen-Geschwindigkei-
ten dvP /dz und dvS /dz gekennzeichnet (Abb. 29.5b). In ca.
1 050 und 1 250 km Tiefe treten kleinere Sprünge auf, die petro-
logisch noch nicht erklärt sind. Geht man davon aus, dass der
untere Erdmantel ebenfalls eine Pyrolit-Zusammensetzung
hat, so hätte er einen Modalbestand von etwa 19 Vol.-%
Magnesiowüstit + 72 Vol.-% Mg-Perowskit + 9 Vol.-% Ca-
Perowskit (Abb. 29.21). Eine solche Paragenese konnten
O’Neill u. Jeanloz (1990) durch Hochdruckexperimente bei
540 kbar und 1 900 °C aus einem natürlichen Peridotit von
Pyrolit-ähnlicher Zusammensetzung herstellen. Eine natür-
Abb. 29.21. Zweistoffsystem Mg2SiO4–Fe2SiO4 bei T = const = 1 600 °C liche Paragenese des unteren Erdmantels entdeckten Harte
im Druckbereich zwischen 40 und 220 kbar (4–22 GPa). Reiner u. Harris (1994) als Einschlüsse in Diamanten.
Fayalit α -Fe2SiO4 wandelt sich bei ca. 68 kbar in die γ -Phase mit
Spinellstruktur um; reiner Forsterit α -Mg2SiO4 geht bei ca. 148 kbar Von anderen Arbeitsgruppen wird allerdings auch die Meinung
in die β -Phase Wadsleyit über, die sich bei ca. 200 kbar in die vertreten, dass der untere Erdmantel einen Pauschal-Chemismus
γ -Phase umwandelt. Bei (Mg,Fe)2[SiO4]-Mischkristallen erfolgen die hat, der vom Modell-Pyrolit abweicht und eher einer Perowskit-
Phasenübergänge α → β und β → γ über divariante Felder. (Nach Zusammensetzung entspricht. Die wissenschaftliche Diskussion
Akaogi et al. 1989) um diese Frage ist noch im Gange (z. B. Hofmann 1997; Javoy 1999).
29.4 · Erdkern 533
Es ist seit langem bekannt, dass die untersten 300 km 2 900 km berechnet, ein Wert der später von Jeffreys (1939)
des Erdmantels, die D''-Schicht, anomal niedrige seimische auf 2 898 ±3 km (!) verfeinert wurde – eine erstaunliche Leis-
Geschwindigkeiten aufweisen mit sehr geringen oder tung von Beno Gutenberg! Heute wissen wir aus aufwändi-
sogar negativen Gradienten dvP / dz und dvS / dz. Diese gen geophysikalischen Modellierungen, dass auch die Kern-
Tatsache lässt sich am ehesten durch einen gewissen Mantel-Grenze eine gewisse Topographie besitzt, ihre Tiefen-
Schmelzanteil erklären, für dessen Existenz auch Ergeb- lage also um den mittleren Wert von ca. 2 900 km variiert. Inge
nisse von Hochdruck-Hochtemperatur-Experimenten Lehmann (1936) vermutete bereits eine Gliederung in einen
mit der Diamantstempel-Zelle sprechen (Boehler 2000). äußeren und einen inneren Erdkern. Sie erkannte den Schat-
Verantwortlich für diesen Schmelzanteil ist wahrschein- ten des Kerns und – zusammen mit Jeffreys (1939) – die leichte
lich die Subduktion von ozeanischer Lithosphäre bis zur Aufhellung des Kernschattens, den sie mit einem abrupten
Kern/Mantel-Grenze, die bereits von Ringwood (1979) Anstieg von vP im inneren Kern erklärte (Abb. 29.4, 29.5b).
vermutet worden war und heute ziemlich gesichert er-
scheint (z. B. Hirose u. Lay 2008). Da dieses Material eine Äußerer Erdkern
geringere Dichte hätte als die überlagernden Mantel-
gesteine, könnte es in Form von Mantel-Plumes aufstei- Nach der Gleichung
gen, thermische Energie aus dem Bereich der Kern-Man-
tel-Grenze nach oben transportieren und somit den Hot-
[29.4]
Spot-Vulkanismus auslösen.
Hochdruck-Hochtemperatur-Experimente mit einer
Laser-beheizten Diamantstempel-Zelle in Verbindung mit muss der äußere Erdkern, in dem die S-Wellen-Ge-
in-situ-Röntgen-Diffraktometrie haben gezeigt, dass sich schwindigkeit auf 0 absinkt (Abb. 29.5b), flüssig sein.
bei einem Druck von 1 250 kbar (= 125 GPa) und einer Denn in Medien, die nicht elastisch verformbar sind, wie
Temperatur von 2 130 °C Mg-Silikat-Perowskit (mit der das bei Flüssigkeiten der Fall ist, wird der Schubmo-
Raumgruppe Pbnm) in eine neue MgSiO3-Phase Post- dul μ = 0. In diesem Fall muss die P-Wellen-Geschwin-
Perowskit umwandelt. Diese ist ebenfalls orthorhombisch, digkeit entsprechend der Gleichung
hat aber eine andere Raumgruppe Cmcm, wobei die
[SiO6]-Oktaeder in Schichten ⊥ b angeordnet sind. Das
[29.3]
Vorherrschen von Post-Perowskit in Manteltiefen von
2 600 bis 2 900 km könnte viele der seismischen Eigen-
schaften in der D''-Schicht erklären (Hirose u. Lay 2008). ebenfalls absinken, und zwar auf ca. 8 km/ s; sie steigt
dann mit normalem Gradienten dvP / dz wieder an und
Die Frage, ob Mantel-Plumes aus dem Bereich der 650-km-Diskon-
erreicht an der Untergrenze des Äußeren Kerns einen Wert
tinuität oder der D''-Schicht über der Kern-Mantel-Grenze stam-
men, ist bislang heftig umstritten. Neuerdings konnten Montelli von über 10 km/ s. Im Grenzbereich zum inneren Kern
et al. (2004) durch seismische Tomographie mindestens sechs gut wird dvP /dz möglicherweise 0 oder sogar negativ; unter-
definierte Plumes nachweisen, die bis in den untersten Erdmantel schiedliche seismische Modellierungen führen hier zu un-
reichen: Diese liegen unter Ascension, den Azoren, den Kanarischen terschiedlichen Lösungen. Man bezeichnet dieses Gebiet als
Inseln, den Oster-Inseln, Samoa und Tahiti; wahrscheinlich reicht Zwischenzone, die von etwa 4 800 bis 5 120 km reicht.
auch der schlechter aufgelöste Hawaii-Plume so tief. Daneben gibt
es andere Plumes, die aus dem oberen Erdmantel stammen.
Innerer Erdkern
Die Temperatur an der Untergrenze des Erdmantels wird
auf 4 200 ±500 °C abgeschätzt (Brown u. Mussett 1993). Im inneren Erdkern nehmen die P-Wellen-Geschwindig-
keiten ziemlich plötzlich auf 11,2 km/ s zu, steigen dann
29.4 aber kaum noch an. Eine empirische Studie zur Variati- 29.4
Erdkern on des Kompressionsmoduls K mit dem Druck führte
Bullen (1949) zu der Annahme, dass der innere Kern fest
29.4.1 sei. Nach Gleichung (29.3) kann die scharfe Zunahme
Geophysikalischer Befund von vP folgende Gründe haben:
Die Kern-Mantel-Grenze wurde bereits von Oldham (1906) Ein plötzliches Absinken der Dichte ρ ist unwahr-
vermutet. Er schloss aus der langen Laufzeit von P-Wellen, scheinlich, da das zu einer instabilen Schichtung im
die in einer zum Erdbebenherd antipodisch liegenden seis- Erdinnern führen würde.
mischen Station aufgenommen werden, dass die Welle durch Eine sprunghafte Zunahme von K würde der (K,P)-Hy-
ein Medium mit geringem vP gegangen sein muss. Die ex- pothese widersprechen, nach der im Erdinnern dK/dP,
akte Tiefenlage der Kern-Mantel-Grenze wurde bereits 1914 d. h. die Zunahme des Kompressionsmoduls mit dem
durch den deutschen Geophysiker Beno Gutenberg zu Druck, überwiegend stetig verläuft.
534 29 · Aufbau des Erdinnern
Daher dürfte die wesentliche Ursache für den abrupten Für die Rolle von Schwefel spricht, dass Troilit FeS
Anstieg von vP darin liegen, dass der Schubmodul μ wie- in Eisenmeteoriten (Abschn. 31.3.4, S. 561ff) als wichti-
der einen messbaren Wert annimmt, was bedeutet, dass ge Mineralphase auftritt. Ein S-Gehalt von 8–12 % wür-
der innere Kern elastisch verformbar, also fest ist. de ausreichen, um die Dichte des äußeren Kerns zu er-
klären. Im System Fe–FeS existiert bei Atmosphären-
29.4.2 druck (= 1 bar) ein Eutektikum bei 988 °C mit einem
Chemische Zusammensetzung des Erdkerns Fe : FeS-Verhältnis von ca. 25 : 75 Gew.-% (Abb. 29.22).
Man kann davon ausgehen, dass auch bei den hohen
Wie wir aus Abb. 29.6 entnehmen können, liegt die Dichte Drücken und Temperaturen, die im Erdkern herrschen,
des äußeren Kerns an der Kern-Mantel-Grenze bei ca. ein solches Eutektikum vorhanden ist. Allerdings sagt uns
9,9 g/ cm3 und steigt bis zur Grenze des inneren Kerns die Clausius-Clapeyron’sche Gleichung
auf ca. 12,2 g/ cm3 an. Für den inneren Kern ist ein Dichte-
bereich von etwa 12,6–13,0 g/ cm3 wahrscheinlich. Legt
[29.5]
man die kosmochemische Häufigkeit der Elemente
zugrunde, wie sie sich aus der spektroskopischen Analy-
se der Sonne und anderer Fixsterne sowie aus dem Stu- dass die Schmelzpunkte der reinen Phasen und die eu-
dium von Meteoriten ermitteln lässt, so kommt als we- tektische Temperatur höher liegen werden (S. 258); letztere
sentliche chemische Komponente des Erdkerns nur me- beträgt im Grenzbereich zwischen äußerem und innerem
tallisches Eisen in Frage, das bei den P-T-Bedingungen Kern ca. 4 400 °C (Jeanloz 1990). Auf alle Fälle erniedrigt
an der Kern-Mantel-Grenze eine Dichte von ungefähr die Zumischung der FeS-Komponente den Schmelzpunkt
10,6 g/ cm3 hat. Aus diesen Dichtewerten folgt, dass im von reinem Fe. Kühlt man eine Schmelze A der Zusam-
inneren Kern noch ein schwereres Element zugemischt mensetzung Fe80FeS20 bis zur Liquiduskurve ab, so schei-
sein muss. Hierfür kommt in erster Linie das Nickel in den sich bei B Kristalle von reinem Fe aus. Dabei verän-
Frage, das kosmochemisch häufig ist, das passende Atom- dert sich die Zusammensetzung der Schmelze in Rich-
gewicht hat und das wichtigste Legierungsmetall im Me- tung entlang der Liquiduskurve auf das Eutektikum hin:
teor-Eisen bildet (Abschn. 31.3.4, S. 561ff). Man kann da- B → C → D. Jedoch sind die Temperaturen im Erdkern
her annehmen, dass der innere Kern aus ca. 80 % Fe und zu hoch, um das Eutektikum E zu erreichen, d. h. eine
20 % Ni besteht. Demgegenüber müssen im äußeren Kern vollständige Kristallisation der Fe-FeS-Schmelze findet
noch leichtere, kosmochemisch häufige Elemente zu- nicht statt. Diese muss, wie Abb. 29.23 schematisch zeigt,
gemischt sein, von denen Silicium, Schwefel und Sauer- einen niedrigeren Schmelzpunkt haben, als es der Tem-
stoff die wahrscheinlichsten sind; sie dürften gemeinsam peratur im äußeren Erdkern entspricht, damit dieser flüs-
mit etwa 10–15 % am Aufbau des gesamten Nickeleisen- sig ist. Haben die ausgeschiedenen Eisen-Kristalle eine
Kerns der Erde beteiligt sein (Poirier 1994; Javoy 1999). bestimmte Größe erreicht (Stoke’sches Gesetz: Abschn. 21.2,
Durch Hochdruckexperimente im System Fe–FeO
konnte gezeigt werden, dass unter den P-T-Bedingungen
des Erdkerns Sauerstoff mit Eisen eine metallische Le-
gierung bildet, deren Schmelzpunkt deutlich niedriger
ist als der von reinem Fe (Ringwood 1991).
S. 324), so können sie in der an FeS angereicherten Schmel- Ringwood AE (1991) Phase transformations and their bearing on
ze gravitativ absaigern und damit den inneren Kern ver- the constitution and dynamics of the mantle. Geochim Cosmo-
chim Acta 55:2083–2110
größern. Dieser Absaigerungsprozess, durch den im Lau-
Saxena SK (2010) Thermodynamic modelling of the Earth’s inte-
fe der Erdgeschichte der innere Kern auf Kosten des äu- rior. Elements 6:321–325
ßeren Kerns immer mehr anwächst, führt zu ständiger Tarduno JA (2009) Geodynamo history preserved in single silicate
heftiger Konvektion, die dadurch begünstigt wird, dass crystals: Origins and long-term mantle control. Elements 5:
die Viskosität der Eisen-Schmelze im äußeren Erdkern 217–222
wahrscheinlich nicht größer ist als die von Wasser unter
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30
Aufbau und Stoffbestand des Mondes
30.1 Der Mond umkreist die Erde in einer Entfernung von durchschnittlich 384 400 km.
Die Kruste Er besitzt einen Radius von 1 738 km (ca. ¼ des Erdradius); seine mittlere Dichte
des Mondes beträgt nur 3,34 g/ cm2, ist also wesentlich geringer als die der Erde. Schon die
unbemannten Weltraum-Missionen der UdSSR (Lunik seit 1959) und der USA (Ran-
30.2 ger und Surveyor seit 1964) haben grundlegende Erkenntnisse über den Aufbau
Innerer Aufbau des Mondes und die petrographische Zusammensetzung der Mondoberfläche
des Mondes erbracht. Von unschätzbarem Wert für die geologische Erforschung waren die
bemannten Apollo-Missionen der USA, die erstmals eine direkte Probenahme
30.3 und geophysikalische Experimente auf der Mondoberfläche erlaubten. Die Apol-
Geologische Geschichte lo-11-Astronauten Neil Armstrong und Edwin Aldrin betraten am 20. Juli 1969
des Mondes als erste Menschen den Mond. Im Zuge der Apollo-Missionen 11 bis 17 und der
sowjetischen Luna-Missionen 16, 20 und 24 wurden zwischen 1969 und 1976
insgesamt fast 2 200 Gesteinsproben mit einem Gesamtgewicht von über 380 kg
auf dem Mond gesammelt (Taylor 1975). Nach einer Pause von 13 Jahren wurde
1990 die japanische Experimentalsonde Hiten in eine Umlaufbahn um den Mond
geschossen; sie kartierte 95 % der gesamten Mondoberfläche. Weitere erfolgrei-
che Mond-Missionen waren die amerikanische Lunar Prospektor (1998), die europä-
ische ESA Smart-1 (2004), die japanische Kaguya (2007), die chinesische Chang’e-1
(2007) und Chang’e-2 (2010) und die indische Chandrayaan (2008). Von der NASA
wurden 2009 der Lunar Reconnaissance Orbiter (LRO) und der Lunar Crater Ob-
servation and Sensing Satellite (LCROSS) zum Mond geschickt und seit Anfang
2012 umkreisen zwei NASA-Orbiter mit dem Gravity Recovery and Interior
Laboratory (GRAIL) den Mond. Wesentliche, wenn auch noch nicht eindeutig
interpretierbare Informationen zum inneren Aufbau des Mondes wurden durch
das Apollo Lunar Surface Experiment Package (ALSEP) gewonnen. Es basiert auf
geophysikalischen Mess-Stationen, in denen auf den Landeplätzen der Apollo-
Missionen 12, 13, 15 und 16 Seismographen, Magnetometer, Wärmefluss-Sonden
und Laser-Retroreflektoren zum Einsatz kommen. Sie bauen in dreieckiger An-
ordnung – mit Abständen von 1 190 bis 1 210 km – ein seismisches Netzwerk auf,
durch das man seismische Wellen registrieren kann.
Wie geophysikalische Daten belegen, weist der Mond wie die Erde einen
Schalenbau auf, wobei sich ebenfalls eine Gliederung in Kruste, Mantel und Kern
ergibt. Im Gegensatz zur Erde ist die endogene geologische Dynamik des Mon-
des jedoch bereits vor etwa 3 Milliarden Jahren zum Erliegen gekommen: Auf
dem Mond finden also keine tektonischen Prozesse und kein Vulkanismus mehr
statt. Da der Mond keine Atmosphäre besitzt und die Mondoberfläche frei von
Wasser ist, gibt es auch keine Verwitterungs- und Sedimentationsprozesse auf
dem Mond. Die exogene Dynamik erfolgt ausschließlich durch ein ständiges Bom-
bardement mit Meteoriten. Dadurch werden die Gesteine der Mondkruste tief-
gründig zu einer Schuttschicht, den Regolith zerkleinert, und es entsteht die ty-
pische Kraterlandschaft des Mondes.
Abb. 30.1. Clementine Laser-Altimeter-Karten der Mond-Topographie. Die Vorderseite des Mondes ist durch die Häufung von Maria gekenn-
zeichnet: Oceanus Procellarum (P), Mare Frigoris (FR), M. Imbrium (I), M. Serenitatis (S), M. Tranquillitatis (T), M. Crisium (C), M. Fecundi-
tatis (F), M. Nectaris (N), M. Nubium (NU), M. Humorum (H), M. Cognitum (CO). Im Gegensatz zur Vorderseite weist die Rückseite des Mondes
ein erheblich lebhafteres Relief auf. Die große rundliche Struktur auf der südlichen Rückseite ist das Südpol-Aitken-Becken mit einer Maximaltiefe
von 12 km und einem Durchmesser von 2600 km. Die kleinere kreisförmige Struktur am rechten unteren Bildrand der Rückseite ist das Mare
Orientale. (Quelle: Verändert mit freundlicher Genehmigung der NASA, http://science.nasa.gov/headlines/y2005/images/lola/)
30.1 · Die Kruste des Mondes 539
eng zusammen hängen, sind häufig an den inkompa- Bedeutung sind. Sie bestehen hauptsächlich aus
tiblen Elementen K, Seltene Erden (REE), P, Zr, Ba und Plagioklas (ca. 50 Vol.-%, An76-88), Pigeonit und Augit
U, der sog. KREEP-Komponente, angereichert. und enthalten als akzessorische Komponenten u. a.
Die Mg-Suite setzt sich aus Noriten, Gabbronoriten, Kalifeldspat, SiO2- und Phosphat-Minerale, Ilmenit
Gabbros und Troktolithen, untergeordnet aus Duniten und Zirkon; ihr Mg/ (Mg + Fe)-Verhältnis variiert zwi-
zusammen, d. h. aus Gesteinen, die deutlich reicher schen 0,52 und 0,65. Mit ihrem subophitischen bis
an Mafiten sind als die FAN-Suite. Der Gehalt an intersertalen Gefüge erinnern sie stark an terrestri-
Plagioklas, der wiederum Kumulate bildet, liegt meist sche Basalte. Allgemein weisen petrologische, geo-
bei 50–65 Vol.-% und erreicht nur selten 80 Vol.-%; chemische und isotopengeochemische Befunde
mafische Gemengteile sind meist Olivin (in Trokto- darauf hin, dass Magmen, die in ihrer chemischen
lithen), und Orthopyroxen (in Noriten), seltener Zusammensetzung den KREEP-Basalten ähnelten,
Augit ± Pigeonit (in Gabbros und Gabbronoriten). Prozesse der fraktionierten Kristallisation durchge-
Die Plutonite der Mg-Suite weisen generell erhöhte macht haben. Dabei wurden die alkalischen Anortho-
Mg/ (Mg + Fe)- (0,7–0,9) und Na/ (Na + Ca)-Verhält- site aus Plagioklas-Kumulaten, Norite und Gabbro-
nisse auf und sind außerdem an der KREEP-Kompo- norite aus Pyroxen-Plagioklas-Kumulaten gebildet,
nente angereichert, was für so basische Magmatite un- während hochgradig fraktionierte Restmagmen zu
gewöhnlich und noch nicht ganz verstanden ist. Auf Quarz-Monzodioriten und zu Felsiten erstarrten (z. B.
alle Fälle weist diese Tatsache auf komplexe AFC-Pro- Shearer u. Borg 2006; Taylor 2009).
zesse hin (z. B. Taylor 2009), durch welche die Mg-Sui-
te-Plutonite genetisch mit der Isotopen-Analysen des Regoliths oder einzelner
Akali-Suite verknüpft sind, deren Gesteine sehr variable Gesteinsfragmente der Hochland-Region ergaben ei-
Mg/(Mg + Fe)- und generell höhere Na/(Na + Ca)-Ver- nen Altersbereich von etwa 4,55–4,2 Ga, in dem die
hältnisse aufweisen als die der FAN- und der Mg-Sui- Bildung der ersten Mondkruste stattfand. Radio-
te und außerdem durch höhere Gehalte an den Spu- metrische Altersdatierungen an vier Pyroxen-
renelementen La und Th gekennzeichnet sind. Zur Konzentraten aus Plutoniten der FAN-Suite mit der
Alkali-Suite gehören neben alkalischen Anorthositen Sm-Nd-Methode (Abschn. 33.5.3, S. 615f) erbrach-
und Gabbronoriten, auch Quarz-Monzodiorite und ten ein Alter von 4,456 ±0,040 Ga (Norman et al.
Felsite (feinkörnige „Granite“ und Rhyolithe), die 2003), das – unter Berücksichtigung der Fehlergren-
bislang nur in Form winziger Fragmente gefunden ze – nicht sehr viel jünger ist als das Alter der Erde
wurden (Smith u. Steele 1976; Jolliff et al. 2006). Ein von 4,557 Ga. Das Alter unseres Planetensystems be-
wichtiger Bestandteil der Alkali-Suite sind die KREEP- trägt ca. 4,57 Ga (Abschn. 31.3.1, S. 551, 553; Tabel-
Basalte, die für das Verständnis dieser komplex zu- le 34.2, S. 636).
sammengesetzten magmatischen Serie von großer
Abb. 30.2.
Mondbreccie Kalahari 008. Dieser
Steinmeteorit (Achondrit) wurde
im September 1999 bei Kuke in
der Kalahari (Botswana) gefun-
den. Die polymikte Breccie vom
Mond enthält unterschiedliche
Gesteinsbruchstücke, insbeson-
dere von Anorthosit (weiß), aber
auch von Impaktschmelz-Brecci-
en (bräunlich bis dunkelgrau), die
in einer feinerkörnigen, klasti-
schen Matrix liegen. (Foto: Insti-
tut für Planetologie, Universität
Münster)
540 30 · Aufbau und Stoffbestand des Mondes
kalifeldspat (Ba-Sanidin) und Quarz auch ungewöhnli- mächtig werden; er enthält große Gesteinsblöcke von
che Feldspäte vor, deren Zusammensetzung An50Or40Ab10 vielen Kubikmetern Größe.
in der Mischungslücke liegt (vgl. Abb. 11.50, S. 189); sie Wie in Abschn. 26.2.3 (S. 429ff) ausführlich dargelegt,
müssen daher unter Ungleichgewichtsbedingungen kris- reicht die Wirkung der Stoßwellen von Kataklase der
tallisiert sein. Von den SiO2-Mineralen findet man in den Mineralkörner bis zu vollständiger Aufschmelzung. Der
Mare-Basalten Cristobalit und Tridymit als späte Aus- Regolith kann durch die Schockwellen zu einer Impakt-
scheidungen, während Quarz extrem selten ist. Breccie verfestigt sein, in der Gesteins- und Mineralbruch-
Von den Fe2+-Ti-Oxiden ist Ilmenit FeTiO3 sehr ver- stücke in eine fein zerriebene und/oder glasige Grund-
breitet und bildet in vielen Mondgesteinen einen Haupt- masse eingebettet sind (Abb. 30.1). Besteht diese Matrix
gemengteil, während Ulvöspinell Fe22+TiO4, Rutil TiO2 ganz oder teilweise aus Gesteinsglas, das durch rasche Ab-
und Perowskit CaTiO3 seltener als Akzessorien auftre- kühlung einer Silikatschmelze gebildet wurde, spricht man
ten. Orthorhombischer Armalcolit mit der idealen For- von Impaktschmelz-Breccien. Wie Abb. 30.3 zeigt, herr-
mel Fe02+,5 ,Mg 0,5Ti 2O 5 wurde als Nebengemengteil in schen diese innerhalb und an den Rändern der Impakt-
Mondgesteinen gefunden und nach den Apollo-11-As- Krater vor, während in den Außenbereichen und in der
tronauten Armstrong, Aldrin und Collins benannt; in ir- weiteren Umgebung der Krater Impakt-Brekzien mit glas-
dischen Gesteinen bildet er Mischkristalle mit Pseudo- freier Matrix abgelagert wurden (Norman 2009). Polymikte
brookit Fe 23+ TiO 5. Weitere Akzessorien sind Spinell Impakt-Breccien enthalten außer Mineral- und Gesteins-
MgAl2O4, Chromit FeCr2O4, Zirkon Zr[SiO4], Badde- Fragmenten auch Bruchstücke von Impaktschmelz-
leyit ZrO2 und (OH)-freier Apatit Ca5[(F,Cl]/(PO4)3]. Breccien (Abb. 30.2). Nicht selten weisen die Impakt-
Whitlockit Ca 9(Mg,Fe)[PO 3OH/(PO 4) 6], Troilit FeS, Breccien auch metamorphe Umkristallisations-Gefüge
Cohenit Fe3C, Schreibersit (Fe,Ni)3P sowie metallisches auf. Im Jahr 1979 wurden auf der Erde die ersten Mond-
Eisen (Fe,Ni,Co) kannte man bislang nur aus Meteoriten Meteorite (Lunaite) entdeckt, die teils aus den Hochlän-
(Tabelle 31.2, S. 552). dern, teils aus den Maria stammen.
30.1.4 30.1.5
Der Regolith Reste von Wasser im Regolith
Auffälligstes Merkmal der Mondoberfläche sind die un- Entsprechend seiner geringen Gravitation besitzt der Mond
zähligen Impakt-Krater, die durch Einschläge von kosmi- keine Atmosphäre im eigentlichen Sinn, sondern lediglich
schen Körpern unterschiedlicher Größe, wie Meteoriten, eine Oberflächen-gebundene Exosphäre, die zu etwa glei-
Asteroiden oder Kometen, erzeugt wurden. Dementspre- chen Teilen aus He, Ne, Ar und H2 aufgebaut ist und Spuren
chend variieren die Durchmesser dieser Krater von we- von CH4, NH3 und CO2, aber kein H2O enthält. Diese Kom-
nigen Mikrometern bis zu mehreren hundert Kilometern, ponenten stammen überwiegend aus dem Sonnenwind;
in einigen Fällen bis zu über 1 000 km, wie beim Mare lediglich Ar entsteht teilweise aus dem Zerfall von radioak-
Crisium (1 060 km) und beim Mare Imbrium (1 160 km). tivem 40K in den Mondgesteinen. Der Regolith steht prak-
Das riesige Südpol-Aitken-Becken (Abb. 30.1, rechts), die tisch unter Vakuum mit einem Druck von 3 × 10–5 bar
älteste bekannte Impakt-Struktur des Mondes und eine (= 3 × 10–8 hPa); die Oberflächen-Temperaturen variieren
der größten unseres Planetensystems hat sogar einen zwischen 130 °C am Tag und –160 °C in der Nacht. Unter
Durchmesser von 2 600 km. Die Entstehung solcher Struk- diesen Bedingungen würde H2O sofort verdampfen, H2O-
turen erfordert den Einschlag von Asteroiden mit Durch- Eis würde sublimieren. Die einzige Möglichkeit für die
messern von 10 bis 100 km (Norman 2009). Erhaltung von H2O-Eis auf dem Mond bietet der Regolith
Die Stoßwellen dieser Impakt-Ereignisse haben die am Boden tiefer Impakt-Krater in den Polargebieten des
ursprünglichen Gesteine der Hochländer und der Maria Mondes, z. B. in oder nahe dem riesigen Südpol-Aitken-
tiefgründig zerrüttet, wodurch eine breccienförmige, von Becken (Abb. 30.1, rechts). Da die Mondachse – im Ge-
Staub durchsetzte Schuttschicht, der Regolith, entstand. gensatz zur Erdachse – nur eine geringe Neigung von 1,78°
Dieser ist über die ganze Mondoberfläche hin verbreitet gegen die Umlaufbahn besitzt, sind diese Kraterböden
und kann nach seismischen Messungen bis etwa 10 km permanent beschattet und es herrschen dort extrem
Abb. 30.3.
Der schematische, nicht maß-
stabsgerechte Querschnitt durch
ein Multiring-Becken zeigt die
Verteilung von Impakt-Breccien
mit glasfreier Matrix (außen)
und Impaktschmelz-Breccien
(innen). (Nach Norman 2009)
542 30 · Aufbau und Stoffbestand des Mondes
niedrige Temperaturen bis hinunter zu –25 K (= – 248 °C). ansteigen. Erst in ca. 25 km Tiefe erreicht vP einen Wert von
Hinweise auf die Existenz von H2O-Eis wurden von der 6,7 km/s, der bis zur Krusten-Mantel-Grenze höchstens
japanischen Mondsonde Hiten (1990), von Radar-Daten noch geringfügig auf 6,8 km/s zunimmt (Abb. 30.4). Sieht
des NASA-Forschungs-Satelliten Clementine (Nozette man von den Mare-Basalten ab, so besteht der obere Be-
et al. 1994) und durch Neutronen-Spektroskopie der reich der festen, subregolithischen Mondkruste im
NASA-Fernerkundungs-Mission Lunar Prospektor gefun- Durchschnitt aus anorthositischem Gabbro mit 26–28 %
den (Feldmann et al. 1998), allerdings von Campbell et al. Al2O3, der untere Bereich aus Norit mit ca. 20 % Al2O3 (z. B.
(2003, 2006) wieder in Frage gestellt. Im Jahr 2009 führte Warren 1990; Shearer u. Papike 1999). Wie die Ergebnisse
jedoch der Moon Mineralogy Mapper der indischen der Clementine- und Lunar-Prospector-Missionen bele-
Raumsonde Chandrayaan-1 ebenfalls neutronen-spektro- gen, variiert die Dicke der Mondkruste erheblich, liegt
skopische Analysen der Mondoberfläche durch und konn- aber im Mittel bei 40–45 km (Wieczorek 2009). Lediglich
te in polaren Breiten größere Mengen von Wasserstoff im Bereich der Mascons, den großen positiven Schwere-
nachweisen, die auf die Existenz von OH- und/oder H2O- Anomalien, die in Maria oder großen Impakt-Kratern auf-
haltigem Gesteinsmaterial rückschließen lassen (Pieters treten, ist die Krustendicke geringer (Abb. 30.5, 30.7), so
et al. 2009; Colaprete et al. 2010; Holl 2010). Im gleichen im Südpol-Aitken-Becken (Abb. 30.1, rechts).
Jahr gelang durch das Impakt-Experiment der amerika-
nischen LCROSS- und LRO-Mission der direkte Nachweis 30.2.2
von reinen Wassereis-Kristallen im Regolith des Südpol- Der Mondmantel
nahen Impakt-Kraters Cabeus (Colaprete et al. 2010). Da-
nach analysierte man erneut Gesteinsproben der Apollo- Die seismischen Daten, die durch das Netzwerk des Apollo
Missionen von 1969–1976, und zwar mit Sekundärionen- Lunar Surface Experiment Package (ALSEP) gewonnen wur-
Massenspektrometrie (SIMS), und konnte damit bis zu den, stellen die wichtigste Informationsquelle für den Aufbau
0,6 Gew.-% H2O sowie Spuren der leichtflüchtigen Gase Me- des Mondmantels dar. So wurden im Zeitraum 2001–2009
than CH4 und Cyanwasserstoff HCN nachweisen (Holl 2010). Mondbeben-Wellen registriert, die von 1 800 Meteoriten-
Einschlägen, von 28 energiereichen, flachen Mondbeben so-
Bis dahin waren die einzigen H2O-haltigen Substanzen, die von wie von 7000 extrem schwachen Tiefbeben ausgelöst wurden
einer Mond-Mission auf die Erde gebracht wurden, Schichtsilikate (Wieczorek 2009). Leider reicht der bislang gewonnene,
in einem erbsengroßen kohligen Chondrit (Abschn. 31.3.1, S. 553),
einem primitiven Meteorit, der auf die Mondoberfläche gefallen
war. Fragmente solcher H2O-haltigen Meteorite, die auch in geo-
logischen Zeiträumen ihr Wasser nicht abgegeben haben, könn-
ten vielleicht in tiefen Mondkratern der Polargebiete existieren
(Zolenski 1997).
30.2 30.2
Innerer Aufbau des Mondes
30.2.1
Die Mondkruste
Abb. 30.5.
Seismischer Befund zum inneren
Aufbau des Mondes. Die Lande-
plätze der Apollo-Missionen sind
durch Quadrate gekennzeichnet.
(Nach Wieczorek et al. 2006)
quantitativ umfangreiche, aber qualitativ noch unbefriedi- Skala erreichen, nicht durch tektonische Bewegungen, son-
gende Datensatz nicht aus, um ein konsistentes Bild über dern durch Gezeitenkräfte ausgelöst, die jeweils am erd-
den strukturellen Aufbau und die Gesteins-Zusammen- nächsten und erdfernsten Punkt der Mondbahn, also im
setzung des Mondmantels zu erarbeiten (Wieczorek 2009). 14-tägigen Rhythmus ein Maximum erreichen. Die ca.
Zwar ist unumstritten, dass an der Krusten-Mantel- 1 000 km dicke Lithosphäre des Mondes ist also tektonisch
Grenze die P-Wellen-Geschwindigkeiten abrupt von 6,8 stabil, ganz im Gegensatz zur viel dünneren Erdlithosphäre,
auf 8,1 km/ s ansteigen, doch wird die Frage, ob tiefer im die durch eine aktive „Wärmemaschine“ in ständiger tek-
Mondinneren bei 500 oder 560 km eine weitere ausge- tonischer Bewegung gehalten wird (z. B. Taylor 1975).
prägte Diskontinuität existiert (Abb. 30.4, 30.5, 30.6, Zu stärkeren Mondbeben kommt es allerdings bei gro-
rechts), noch heftig diskutiert (vgl. Wieczorek 2009). Nach ßen Impakt-Ereignissen, so im Jahre 1972, als ein ca. 1 t
dem von Nakamura et al. (1976) erarbeiteten Modell schwerer Meteorit auf der erdabgewandten Seite des
sinkt vP nach unten hin von 8,1 allmählich auf 7,9 km/ s Mondes aufschlug. Dabei wurde die wichtige Entdeckung
ab, um in 1 000 km Tiefe erneut auf 8,0 km/s zuzunehmen. gemacht, dass unterhalb einer Tiefe von ca. 1 000 km die
Demgegenüber fällt vP nach dem Modell von Goins et al. P-Wellen-Geschwindigkeiten abgeschwächt und keine
(1977) in 500 km Tiefe abrupt auf 7,7 km/s ab und bleibt S-Wellen mehr registriert werden (Taylor 1975; Abb. 30.4).
dann bis mindestens 1 000 km Tiefe konstant (Abb. 30.4). In Analogie zur Erde spricht man daher auch von einer
Der obere Mondmantel hat eine mittlere Dichte von Mond-Asthenosphäre, die sich zwischen ca. 1 150 und
3,29 g/ cm3; er setzt sich nach Ringwood (1979), der sich 1 400 km Tiefe erstreckt (Abb. 30.4, 30.5). Allerdings ist
auf das Modell von Nakamura et al. (1976) stützt, bis zu die Anwesenheit einer Teilschmelze in diesem Tiefen-
einer Tiefe von 100 km aus Kumulaten von Olivin (Fo88) bereich zwar wahrscheinlich, aber noch nicht gesichert
zusammen. Darunter folgt ein refraktärer Dunit (Fo88–90), (z. B. Taylor 1975; Ringwood 1979; Wieczorek 2009).
der nach der Bildung von basaltischen Magmen durch par-
tielles Aufschmelzen noch als Restit übrig geblieben ist. 30.2.3
Ab 350–400 km Tiefe geht dieser Dunit in einen Fe- Der Mondkern
reicheren Olivin-Pyroxenit der mittleren Dichte 3,49 g/cm3
über (Ringwood 1979). Somit weicht der untere Mond- Mit den seismischen Daten ist die Annahme eines Kerns
mantel in seiner Zusammensetzung vom oberen Mond- vereinbar, der möglicherweise aus metallischem Eisen
mantel ab und entspricht wahrscheinlich noch dem ur- oder aus Eisensulfid oder aus einer Mischung von beidem
sprünglichen, nicht durch partielles Schmelzen verarmtem besteht. Jedoch ist dieser Kern, der in einer Tiefe von ca.
Mantelgestein (Abb. 30.7). Die Herde der äußerst schwa- 1 400 km einsetzt, wesentlich kleiner als bei den erd-
chen Tiefbeben, die nicht selten auf dem Mond registriert ähnlichen Planeten, da die mittlere Dichte des Mondes
werden, liegen im unteren Mondmantel, und zwar konzen- nur 3,341 g/cm3, die der Erde aber 5,515 g/cm3 beträgt.
trieren sie sich auf der erdnahen Seite des Mondes, wo sie in Daraus folgt, dass der Kern des Mondes – im Gegensatz
einem Tiefenbereich ca. 800–1 000 km an ca. 300 „Nester“ zum Erdkern – weniger als 2 % der gesamten Mondmasse
gebunden sind, die wiederholt aktiviert werden (Nakamura ausmacht. Möglicherweise ist der äußere Mondkern ge-
2003; Abb. 30.5). Wahrscheinlich werden diese Tiefbeben, schmolzen, der innere Mondkern dagegen fest. Unter der
die meist nur die Stärke 2 (maximal knapp 5) der Richter- Annahme, dass 10 % des Mondkerns kristallisiert sind, läge
544 30 · Aufbau und Stoffbestand des Mondes
die Grenze zwischen äußerem und innerem Kern in einer katastrophale Abtrennung von einer bereits existieren-
Tiefe von ca. 1 680 km (Abb. 30.5). Magnetische Messungen den und teilweise differenzierten Erde, etwa durch den
der Lunar-Prospector-Mission erbrachten, dass Teile der Einschlag eines riesigen kosmischen Körpers von
Mondkruste magnetisiert sind. Dieser Befund wird durch Mars-Dimensionen, dem Giant Impact (z. B. Cameron
die beachtliche Magnetisierung bestätigt, die an einigen 1996; Righter 2007; vgl. Abschn. 34.4, S. 633f, Abb. 34.4).
Mondproben nachgewiesen wurde. Bei der geringen Größe
des vermuteten Metallkerns lässt sich das hierfür erforder- Frühe Differentiation und Krustenbildung. Im Zeitraum
liche starke Magnetfeld kaum erklären, so dass für seine zwischen etwa 4,55 und 4,4 Ga fand die früheste Diffe-
Entstehung auch äußere Einflüsse in Betracht gezogen wer- rentiation und Krustenbildung des Mondes statt, wofür
den. So könnte man annehmen, dass der Impakt eines gro- wiederum zwei Möglichkeiten in Frage kommen:
ßen kosmischen Körpers eine teilweise ionisierte Plasma-
Wolke erzeugte, die sich über die Mond-Oberfläche ausbrei- Multiple Aufschmelzvorgänge führten zur Bildung iso-
tete und diese teilweise magnetisierte (Wieczorek 2009). lierter Magmenkammern, in denen Differentiation
stattfand. Es entstanden große Layered Intrusions,
30.3 30.3 bestehend aus mächtigen Anorthosit-Lagen, die von
Geologische Geschichte des Mondes mafischen Kumulaten unterlagert wurden. Diese stell-
ten später die Quellregion für die Mare-Basalte dar.
Da die geologische Entwicklung des Mondes vor etwa 3,0 Ga Bevorzugt wird heute dagegen das Modell eines luna-
weitestgehend abgeschlossen war, haben wir über seine frü- ren Magma-Ozeans (LMO), bestehend aus einer Fe-
he Geschichte bessere Vorstellungen als für die Erde, die reichen basaltischen Schmelze hoher Dichte. Dabei ist
noch heute geologisch aktiv und daher ständigen Verände- allerdings noch umstritten, ob der gesamte Mond ge-
rungen unterworfen ist. Deswegen sind die Erkenntnisse, schmolzen war oder nur seine äußeren 300–500 km
die für den Mond gewonnen wurden, von größtem Interes- (z. B. Warren 1990; H. H. Schmitt 1991; Shearer u. Papike
se für das Verständnis der frühen Erdgeschichte. Im folgen- 1999; Grove u. Krawczynski 2009). Bei der beginnen-
den geben wir eine knappe Übersicht über die Geschichte den Kristallisation des LMO kam es zum Absaigern
des Mondes (H. H. Schmitt 1991; Shearer u. Papike 1999; mafischer Kumulate und zum Aufsteigen Plagioklas-
Spudis 1999; Hartmann u. Neukum 2001; Warren 2005). reicher Diapire, die die frühe, anorthositisch zusam-
mengesetzte Kruste des Mondes aufbauten (Abb. 30.6).
Entstehung des Mondes. Vor etwa 4,55 Ga entstand der Mond Das älteste Mondgestein ist ein Bruchstück von nori-
zusammen mit der Erde und den anderen Planeten unse- tischem Ferroan Anorthosit der ein Sm-Nd-Alter von
res Sonnensystems. Für diesen Vorgang werden hauptsäch- 4,562 ±0,068 Ga erbrachte (Alibert et al. 1994) und in-
lich zwei alternative Modelle diskutiert, von denen das zwei- nerhalb der Fehlergrenze mit dem oben erwähnten
te von der Mehrzahl der Forscher bevorzugt wird: Sm-Nd-Alter von 4,556 ±0,040 Ga übereinstimmt, das
an Pyroxenen der FAN-Suite ermittelt wurde (Norman
heterogene Akkretion (Anlagerung) von relativ kal- et al. 2003). Der obere Mondmantel bestand zu dieser
tem kosmischen Staub etwa gleichzeitig mit der Erd- Zeit aus ultramafischen Gesteinen und enthielt Rest-
entstehung oder schmelzen von KREEP-Zusammensetzung.
Abb. 30.6. Schematische Querschnitte durch den Mond während des frühen und des späten Kristallisations-Stadiums des Magma-Ozeans.
a Während des frühen Stadiums der Erstarrung schwimmt Plagioklas (hellgrau) in die oberen Bereiche des konvektierenden Magma-
Ozeans (hellorange) und reichert sich dort zu einem Kumulat an, aus dem die Mondkruste entsteht. Die schwereren Olivin- und Pyroxen-
Kristalle saigern dagegen zum Boden hin ab und bilden dort ein mafisches Kumulat. b Nach der vollständigen Erstarrung des Magma-
Ozeans ist eine anorthositische Mondkruste aus Plagioklas-Kumulaten entstanden, die teilweise – bedingt durch gravitative Instabilitäten
– überkippt liegen (dunkelgrau). Der letzte Bodensatz des Magma-Ozeans ist sehr an TiO2 angereichert (orange-rot), was zur Kristallisation
von Ti-reichen Mineralen wie Ilmenit FeTiO3 und Ulvöspinell Fe2TiO4 im Kumulat führte. Die gerissene Linie markiert die mögliche seis-
mische Diskontinuität. (Nach Grove u. Krawczynski 2009)
Literatur 545
Pränectaris-Stadium. Das Pränectaris-Stadium vor ca. Imbrium-Stadium. Während dieses Stadiums vor 3,85–3,15 Ma
4,5–3,92 Ga ist durch katastrophale Meteoriten-Bom- wurden das Mare Imbrium und das Mare Orientale so-
bardements gekennzeichnet, die allerdings schon frü- wie die meisten der übrigen Maria des Mondes gebildet
her eingesetzt hatten (Norman 2009). Dadurch ent- und es entstanden zahlreiche Impakt-Krater. Die Förde-
standen große Impakt-Krater und die frühe Mond- rung der Mare-Basalte fand vor 3,95–3,0 Ga, d. h. über-
kruste wurde intensiv brecciiert. Partielle Anatexis führ- wiegend während des Imbrium-Stadiums statt und setz-
te zur erneuten Magmen-Bildung und zur Intrusion von te sich mit veränderter Aktivität bis ca. 2,9, vielleicht noch
Plutoniten der FAN-Suite (ca. 4,6–4,3 Ma), der Mg-Suite bis ca. 2,6 Ga fort. Die Mare-Basalt-Magmen bildeten sich
(ca. 4,5–4,15 Ma) und der Alkali-Suite (ca. 4,35–4,0 Ga) durch partielle Anatexis, die allmählich immer tiefere
sowie zur Förderung der KREEP-Basalte (4,05–3,8 Ga) Bereiche des Mondmantels erfassten (Abb. 30.7). Dabei
und der ersten Mare-Basalte (ab ca. 4,2 Ga). Durch diese entstanden die Magmen der High-Ti-Gruppe in geringe-
magmatische Aktivität wurde die frühe Mondkruste kon- rer Tiefe und durch geringere Aufschmelzgrade als die der
solidiert. Es entstanden die großen alten (pränecta- VLT-Gruppe. Die Magmen flossen in Form von Lavadecken
rischen) Becken und es kam zum isostatischen Ausgleich aus oder intrudierten oberflächennah als Lagergänge.
in der Mondlithosphäre. Daneben führte ein früher explosiver Vulkanismus zur
Bildung von Schuttdecken aus krustalem Material. Später
Nectaris-Stadium. Im Nectaris-Stadium vor ca. 3,92–3,85 Ga wurden auch basaltische Pyroklastika explosiv gefördert,
bildeten sich durch fortgesetzte Impakt-Ereignisse die die aus dem bereits differenzierten Mondmantel stamm-
großen jungen Becken wie das Mare Nectaris und das ten, während die leichtflüchtigen Komponenten wohl aus
Mare Imbrium. Es kam zur Schockschmelzung sowie zur undifferenzierten Mantelbereichen unterhalb ca. 400 km
Bildung von Schuttströmen (engl. debris flows) und von abzuleiten sind (Abb. 30.7).
Auswurf-Decken (engl. ejecta blankets), die als Regolith
den größten Teil der Mondoberfläche bedeckten. Die Eratosthenes-Stadium (3,15–1,0 Ga). Zu Beginn dieses Sta-
Mondkruste war jetzt genügend stabilisiert, um die Exis- diums flossen die jüngsten Mare-Basalte aus. Die Meteo-
tenz von Mascons und negativen Schwere-Anomalien zu riten-Krater sind etwas weniger frisch als die Krater des
ermöglichen. Kopernikus-Stadiums.
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31
Meteorite
31.1 Meteorite sind Bruchstücke extraterrestrischer Körper, die den Flug durch die
Fallphänomene Erdatmosphäre überleben und auf der Erdoberfläche aufschlagen. Die meisten
Meteorite unterscheiden sich in ihrem Gefüge von irdischen Gesteinen. Wichti-
31.2 ge Meteoriten-Minerale kommen auch auf der Erde häufig vor, andere dagegen
Häufigkeit sind hier unbekannt. Bisher wurden in Meteoriten keine chemischen Elemente
von Meteoriten nachgewiesen, die es nicht auch auf der Erde gibt. Allerdings weisen Meteorite
oft höhere Gehalte an Nickel sowie an den Platinmetallen Ir, Os und Rh auf
31.3 und führen neben oxidiertem Eisen, das insbesondere in den Silikat-Mineralen
Haupttypen gebunden ist, metallisches Eisen in Form von Fe-Ni-Legierungen. Das Bildungs-
der Meteorite alter der meisten Meteoriten liegt bei etwa 4,6 Ga; sie sind also wesentlich älter
als die ältesten derzeit bekannten irdischen Gesteine aus dem Acasta-Gneis-Kom-
31.4 plex im Nordwesten Kanadas, deren Alter mit ca. 4,03 Ga bestimmt wurde
Tektite (Bowring u. Williams 1999). Meteorite weisen demnach in eine Zeit, in der unser
Sonnensystem entstanden ist. Die überwiegende Mehrzahl der Meteoriten stel-
len Bruchstücke von kollidierten Asteroiden dar; diese Meteoriten-Mutterkörper
stammen aus dem Asteroiden-Gürtel, der sich zwischen den Umlaufbahnen der
Planeten Mars und Jupiter befindet. Einige Meteorite wurden beim Einschlag
großer kosmischer Körper aus den Oberflächen des Mars und des Erdmondes
herausgeschlagen und gerieten in den Anziehungsbereich der Erde.
Schon zu Beginn des 19. Jahrhunderts teilte man die Meteorite in Eisen-
meteorite und Steinmeteorite ein; dazu kam später die Übergangsgruppe der
Stein-Eisen-Meteorite. Heute weiß man, dass die Chondrite, eine wichtige Grup-
pe der Steinmeteorite, undifferenziert sind und die „Urmaterie“ in der frühen
Bildungsphase des Sonnensystems repräsentieren; demgegenüber stellen die
Achondrite, die Stein-Eisen-Meteorite und die Eisenmeteorite bereits Differentiati-
onsprodukte eines Aufschmelzprozesses dar. Meteorite werden nach ihrem Fund-
ort benannt.
Abb. 31.1.
Der Barringer-Meteoriten-Kra-
ter in Arizona, vor 49 700 Jahren
durch den Einschlag eines gro-
ßen Eisenmeteoriten entstan-
den. (Foto: David J. Roddy, US
Geological Survey, Flaggstaff,
Arizona)
31.1 · Fallphänomene 549
Sehr große Meteoriten von mehreren 10 000 t Gewicht schwindigkeit abgebremst und dringen maximal einige
und mehreren 100 m Durchmesser behalten ihre kosmische Meter tief in den Erdboden ein, wie z. B. der Eisenmeteorit
Geschwindigkeit weitgehend bei; sie erzeugen beim Auf- auf der Farm Hoba-West bei Grootfontein (Namibia), mit
schlag auf die Erdoberfläche Impakt-Krater und eine Schock- ca. 60 t Gewicht der größte bisher bekannte Meteorit, der in
wellen-Metamorphose im Nebengestein (Abschn. 26.2.3, einem Stück erhalten ist (Abb. 31.2). Besonders schnelle Me-
S. 429ff). Bislang sind etwa 150 große Meteoriten-Krater teorite explodieren beim Abbremsen in der Atmosphäre und
auf der Erde bekannt. Mit einem ursprünglichen Durch- gehen als Meteoritenschauer nieder, die kreis- oder ellip-
messer von ca. 300 km ist Vredefort in Südafrika vermut- senförmige Streufelder bis zu mehreren 100 km2 Ausdeh-
lich die größte Impakt-Struktur der Erde, gefolgt von nung bilden, z. B. an der Steinigen Tunguska, bei Stannern
Sudbury (Kanada, ca. 250 km ∅), Chicxulub (Halbinsel (Stonařov, Mähren), Pultusk (Polen), Gibeon (Namibia),
⁄
Yucatán, Mexico, ca. 170 km ∅), Acraman (Australien, ca. Allende (Mexiko), Jilin (VR China) und seit 2013 bei
160 km ∅), Popigai (Sibirien, ca. 100 km ∅) und Mani- Tscheljabinsk (Russland).
couagan (Quebec, Kanada, ca. 100 km ∅; Norton 2002, Auf der Erde wurden die meisten Meteoriten-Krater
Appendix G; Reimold 2006, 2007; Reimold u. Jourdan durch tektonische oder vulkanische Prozesse, durch Gesteins-
2006). Demgegenüber hat der 15 Ma alte Meteoriten- verwitterung und Erosion zerstört, lassen sich also nicht mehr
Krater des Nördlinger Rieses nur einen Durchmesser von nachweisen. Dementsprechend ergaben U-Pb- und/oder Ar-
ca. 25 km. Er wurde von einem 0,5–1 km großen kosmi- Ar-Datierungen von irdischen Meteoriten-Kratern (Ab-
schen Körper – wahrscheinlich einem Steinmeteoriten – schn. 33.5.3, S. 615ff) überwiegend phanerozoische Alters-
erzeugt, der mit einer Geschwindigkeit von 20–50 km/ s werte von <570 Ma mit einer starken Zunahme zu ganz jun-
durch die Erdatmosphäre schoss und nahezu unge- gen Altern. Von den 85 bislang datierten Kratern sind nur
bremst aufprallte. Dabei wurden Spitzendrücke von ca. drei älter als 1 000 Ma, so Keurusselkä (Finnland): 1 059
5–10 Mbar (= 500–1 000 GPa) und Temperaturen von ±8 Ma, Sudbury: 1 849,3 ±0,3 Ma und Vredefort: 2 023 ±4 Ma
20 000–30 000 °C erzeugt. Bei den großen Meteoriten- (Jourdan et al. 2012). Demgegenüber sind auf dem Mond
Kratern war die freigesetzte Schockwellenenergie so groß, Meteoriten-Krater jeden Alters wohlerhalten, weil hier ak-
dass der erzeugende Meteorit beim Aufschlag vollständig tive Tektonik und Vulkanismus, eine Atmosphäre und flie-
verdampfte (Abb. 26.5d, S. 429). Demgegenüber sind in der ßendes Wasser fehlen, so dass keine Verwitterung, Erosion
Umgebung des berühmten Barringer-Krater in Arizona und Sedimentation stattfinden. Die exogene Dynamik des
(Abb. 31.1), der nur 1,3 km breit ist, noch etwa 20 000 Bruch- Mondes wird geradezu von Meteoriteneinschlägen geprägt:
stücke eines Eisenmeteoriten, des „Canyon Diablo“ im Ge- die Mondoberfläche ist eine Kraterlandschaft. Mit einem
samtgewicht von ca. 30 t gefunden worden. Die ursprüngli- Durchmesser von 2 600 km stellt das Südpol-Aitken-
che Masse des Körpers, der vor 49 700 ±850 Jahren einschlug Becken auf der Rückseite des Mondes eine der größten
(Phillips et al. 1991), lag etwa bei 63 000 t, seine Geschwin- Impakt-Strukturen unseres Planetensystems dar (Abb. 30.1,
digkeit bei 15 km/s. Kleinere Meteorite werden auf Fallge- S. 538). Noch größer ist das Valhalla-Becken auf dem Jupiter-
Abb. 31.2.
Der 60 t schwere Eisenmeteorit
Hoba auf Farm Hoba-West bei
Grootfontein (Namibia); der
größte Meteorit der Erde, der
noch in einem Stück erhalten
ist. Es handelt sich um einen
Ni-reichen Ataxit (S. 563).
(Foto: J. A. Lorenz)
550 31 · Meteorite
31.2 Mond Kallisto, das einen Durchmesser von 3 000 km auf- 31.2
weist (Abschn. 32.3.3, S. 584). Häufigkeit von Meteoriten
Wie wir am aktuellen Beispiel von Tscheljabinsk gesehen haben, Tabelle 31.1 gibt einen Überblick über die Häufigkeit der Haupt-
können durch Meteoroide verursachte Air Bursts katastrophale typen von Meteoriten, gegliedert nach Fällen und Funden.
Auswirkungen für das betroffene Gebiet annehmen. Auch direkte
Einschläge von Meteoriten stellen zweifellos eine Gefahr für die Als Fälle bezeichnet man Meteorite, deren Absturz
Menschheit dar, wenn auch die statistische Wahrscheinlichkeit,
dass ein Mensch durch einen Meteoritenfall zu Schaden kommt,
man tatsächlich beobachtet hat.
minimal ist. So gibt es bislang keine Berichte von Todesfällen,
die durch Meteorite verursacht wurden, wohl aber von leichteren Das neueste Beispiel in Mitteleuropa ist der Chondrit
Verletzungen, so 1954 in Sylacauga (Alabama, USA) und 1994 bei Neuschwanstein, dessen Eintritt in die Atmosphäre am 6. April
Marbella (Spanien). Auch Sachschäden werden gelegentlich durch 2002 als Feuerball über den Bayerischen Alpen gesichtet
Meteoritenfälle ausgelöst: So durchschlug am 1. März 1988 ein
wurde. Von dem ursprünglich ca. 600 kg schweren Körper
1,2 kg schwerer Steinmeteorit die Glasscheibe eines Gewächshau-
ses in Trebbin bei Potsdam. Aufsehen erregte der „Autounfall“, gingen wahrscheinlich 7–15 kg in einem etwa 700 × 1 000 m
der sich am 9. Oktober 1992 im Staat New York ereignete, als der großen Gebiet südöstlich Füssen nieder, wo in der Tat bislang
12,5 kg schwere Meteorit Peekshill das Heck eines Chevrolet durch- drei Bruchstücke von 1,75 kg (am 14. Juli 2002), 1,63 kg (am
bohrte (Kleinschrot 2003). 27. Mai 2003) und 2,844 kg (am 29. Juni 2003) aufgefunden
wurden (Heinlein 2002; Oberst et al. 2004).
Mit katastrophalen Auswirkungen auf die Lebewelt ist Der neueste beobachtete Fall eines Meteoriten ereig-
dagegen zu rechnen, wenn ein riesiger kosmischer Körper nete sich bei der Ortschaft Carancas, 11 km südlich der
auf die Erde aufprallt (z. B. Pierazzo u. Artemieva 2012). So Stadt Desaguadero am Titicaca-See (Südperu). Am
stellten Alvarez et al. (1980) die Theorie auf, dass das 15. September 2007 überflog ein massiver Feuerball mit
Massenaussterbe-Ereignis an der Wende Kreide–Tertiär, hell leuchtendem Kopf und weißem Schweif, von NNO
das den Dinosauriern endgültig den Garaus machte, auf kommend, den Titicaca-See und schlug mit einer Ge-
den Impakt eines riesigen Asteroiden oder Kometen vor schwindigkeit von etwa 700 km/h fast senkrecht in den Erd-
ca. 65 Ma zurückzuführen sei. Grundlage für diese An- boden des Altiplano ein. Der Meteorit höhlte eine 13–14 m
nahme war die Entdeckung von ungewöhnlich hohen breite und ca. 5 m tiefe Grube aus, die sich rasch mit Was-
Iridium-Gehalten in einer dünnen Tonschicht, die die ser füllte. Der Einschlag war von mehreren Explosionen
Kreide-Tertiär-Grenze markiert, die berühmte Iridium- begleitet, die ca. 15 Minuten andauerten und noch in
Anomalie. Später fand man in dieser Schicht in weltwei- Desaguadero gehört wurden, während in 1 km Entfernung
ter Verbreitung Quarzkörner mit planaren Deformations- Fensterscheiben zu Bruch gingen. Nach Modellierungen
gefügen, die durch eine Schockwellen-Metamorphose von Kenkmann et al. (2008) drang der Meteorit mit einer
entstanden sind (Abschn. 26.2.3, S. 429). Es wird ange- Geschwindigkeit von ca. 14 km/s (≅ 50 000 km/h) unter
nommen, dass der Chicxulup-Krater auf dieses Ereignis einem Winkel von 15° in die Erdatmosphäre ein, wobei
zurückgeht, das nach sehr genauen Ar-Ar-Datierungen etwa zwei Drittel seiner Masse verglühte. Die gefundenen
vor 66,07 ±0,37 Ma stattfand (Jourdan et al. 2012). Auch Bruchstücke wurden als Chondrit identifiziert (s. u.).
das große Artensterben an der Eozän-Oligozän-Grenze
vor ca. 35 Ma ist mit einer Ir-Anomalie verknüpft und Als Funde bezeichnet man Meteoriten, die irgend-
könnte daher durch ein Impakt-Ereignis ausgelöst wor- wann in der Vergangenheit unbeobachtet vom Him-
den sein. Im Gegensatz dazu ist das zweiphasige Massen- mel fielen und meist nur zufällig entdeckt wurden.
aussterbe-Ereignis an der Perm-Trias-Grenze vor 251,4 Ma,
dem schätzungsweise 75–90 % aller Tier- und Pflanzen- Seit einigen Jahren suchen internationale Expeditionen
arten auf der Erde zum Opfer fielen, nicht durch eine sig- gezielt und erfolgreich nach Meteoriten (Bischoff 2001).
nifikante Ir-Anomalie gekennzeichnet. Trotzdem könnte Geeignete Gebiete dafür sind die antarktischen Blaueis-
auch hier ein Asteroiden-Impakt eine Rolle gespielt ha- Felder; das sind schneefreie Gletscher, die an einer Barri-
ben: In der Grenzschicht treten Fullerene auf, das sind ere im Untergrund, z. B. an einem Bergrücken, aufgestaut
Kohlenstoffmoleküle, die aus Ketten von 60 bis zu eini- und nach oben gedrückt werden. Dadurch konzentrieren
gen hundert C-Atomen bestehen und zu käfigförmigen sich Meteoriten, die in einem größeren Areal gefallen sind,
Gebilden verwoben sind. In ihrem Inneren fanden Becker auf engem Raum und werden durch Wind- und Sonnen-
et al. (2001) Edelgase mit Isotopen-Verhältnissen, die auf einwirkung freigelegt. Auch in den großen Sandwüsten
der Erde unbekannt sind, wohl aber denen in Meteoriten der Erde, insbesondere in der Sahara, im Oman und in
und interplanetarischen Staubpartikeln ähneln. Australien, wird neuerdings gezielt nach Meteoriten ge-
Auf einen möglichen Zusammenhang zwischen Massen- sucht, z. T. sogar von Privatsammlern.
aussterbe-Ereignissen und Förderungsphasen kontinenta- Wie aus Tabelle 31.1 hervorgeht, wurde bis 2002 Materi-
ler Flutbasalte wurde in Abschn. 14.1 (S. 243f) hingewiesen. al von über 900 Meteoritenfällen geborgen. Unter diesem
31.2 · Häufigkeit von Meteoriten 551
dominieren mit nahezu 87 % ganz klar die Chondrite, meteoriten immerhin ca. 41 % ausmachen und auch die
gefolgt von den Achondriten, den Eisenmeteoriten und Stein-Eisen-Meteoriten noch vor den Achondriten ran-
den Stein-Eisen-Meteoriten. Eine noch deutlichere Vor- gieren. Eisen- und Stein-Eisen-Meteoriten unterscheiden
herrschaft erbrachten die ca. 1 550 neuen Meteoriten, die sich durch ihre ungewöhnlich hohe Dichte und ihr Aus-
in über 7 000 Einzelstücken in der Antarktis gefunden sehen markant von irdischen Gesteinen und fallen so auch
wurden: Von ihnen konnten mehr als 96 % als Chondrite dem Laien auf. Allerdings werden von vielen Findern an-
identifiziert werden. Ein abweichendes und irreführen- gerostete Erzstücke, insbesondere von Markasit- bzw.
des Bild ergibt sich, wenn man die Statistik der ca. Pyrit-Konkretionen, oder metallurgische Hüttenprodukte
1 660 Zufallsfunde von Meteoriten betrachtet, die bislang irrtümlich für Eisenmeteorite gehalten. Im Gegensatz
weltweit gemacht wurden. Zwar dominieren auch hier die dazu werden Chondrite häufig, Achondrite fast immer mit
Chondrite, jedoch nur mit ca. 54 %, während die Eisen- irdischen Gesteinen verwechselt.
Tabelle 31.1.
Häufigkeit von Meteoriten-Ty-
pen. (Nach Lipschitz u. Schultz
1998, mit Ergänzungen nach
Norton 2002)
552 31 · Meteorite
31.3 31.3 während des gewaltsamen Todes anderer Sterne, als sich
Haupttypen der Meteorite die expandierenden Hüllen von Supernovae oder Roten
Riesen soweit abkühlten, dass feste Phasen kondensieren
Ebenso wie irdische Gesteine werden auch Meteorite nach konnten. Sie wurden durch Supernovae-Explosionen oder
ihrem Gefüge, ihrer chemischen Zusammensetzung und durch stellare Winde im Weltraum verteilt und in dichte
ihrem Mineralbestand klassifiziert (z. B. Krot et al. 2005). interstellare Molekülwolken inkorporiert (vgl. Abschn. 34.3,
Daraus lassen sich wichtige Befunde für die frühe Geschich- S. 631ff). Während der Kondensation unseres eigenen
te unseres Sonnensystems und den inneren Aufbau der erd- Solarnebels bildeten sich dann die Mutterkörper der pri-
ähnlichen Planeten ableiten. So dokumentieren die ca. mitivsten Meteorite, der Chondrite. Danach führten Pro-
250 Meteoriten-Minerale, von denen die wichtigsten in zesse der Tieftemperatur-Alteration, der thermischen und
Tabelle 31.2 zusammengestellt sind, die frühesten Stadi- der Schockwellen-Metamorphose zur vermehrten Kris-
en in der Bildung und Entwicklung unseres Sonnensys- tallisation neuer Meteoriten-Minerale, während das nach-
tems (z. B. McCoy 2010). Viele dieser Minerale bildeten folgende Aufschmelzen von Asteroiden zunächst eine wei-
sich schon vor der Entstehung unseres Planetensystems tere Zunahme, später aber eine dramatische Verringerung
des Mineralbestandes zur Folge hatte. Schließlich leitete daher „Urmaterie“ dar, die eine frühe Bildungsphase un-
eine neue Phase der magmatischen Differentiation die seres Sonnensystems repräsentieren. Isotopische Alters-
Geburt der erdähnlichen Planeten ein. Altersdatierungen bestimmungen (Abschn. 33.5.3, S. 615ff ) erbrachten
mit unterschiedlichen radiogenen Isotopen-Systemen Alterswerte von 4,56–4,57 Ga für die Bildung der Meteo-
tragen wesentlich dazu bei, die frühe Entwicklung pla- riten-Mutterkörper (s. S. 554 und Tabelle 34.2, S. 636),
netarischer Körper während der ersten 100 Millionen während für ihre weitere thermische Geschichte bis
Jahre unseres Planetensystems zu rekonstruieren (vgl. ca. 100 Mio. Jahre jüngere Ar-Ar-Alter bis gefunden
Kleine u. Rudge 2011). wurden (Bogard 2011).
Ein charakteristischer Bestandteil der meisten Chon-
31.3.1 drite sind die Chondren (grch. χóνδρος = Körnchen),
Undiffenzierte Steinmeteorite: Chondrite rundliche Gebilde von 0,2 bis einigen Millimeter Durch-
messer, die aus Olivin, Ortho- oder Klinopyroxen sowie
Nach der Zahl der beobachteten Fälle und der Neufunde einem Feldspat-ähnlichen Glas bestehen und meist
in der Antarktis bilden Chondrite mit Abstand die 40–90 Vol.-% eines Chondriten ausmachen (Abb. 31.3a–d).
größte Meteoritengruppe (Tabelle 31.1; vgl. Scott u. Krot Sie sind in eine sehr feinkörnige Matrix von <0,1 mm
2005). Chondrite sind Bruchstücke von Asteroiden, die Korngröße eingebettet, die sich aus einem Gemenge von
seit ihrer Bildung niemals so stark aufgeheizt wurden, Silikaten, Oxiden, Sulfiden und Metallen, besonders Ni-
dass es zu Aufschmelzprozessen in diesen Meteoriten- Fe-Legierungen, in einigen Chondriten auch aus organi-
mutterköpern kam. Daher wurden die Metall- und die schen Substanzen zusammensetzt. Eingesprengt in die
Silikatphase nicht voneinander getrennt, und es liegen Matrix sind neben den Chondren gröbere Körner von
Hochtemperatur- und Tieftemperaturminerale im Un- Olivin und Pyroxen, unregelmäßige, bis einige Millime-
gleichgewicht nebeneinander vor. Chondrite stellen ter große Körner von metallischem Nickeleisen, Troilit
Abb. 31.3.
Mikrofotos unterschiedlicher
Gefügetypen von Chondren im
LL5-Chondrit Tuxtuac (Mexico).
a Pyroxenchondre; b radial ge-
streifte Pyroxenchondre; c por-
phyrische Chondre; d gestreifte
Olivin-Chondre. Länge der hori-
zontalen Bildkante: a 2,3 mm,
b 1,5 mm, c 3,4 mm, d 0,8 mm.
(Foto: K.-P. Kelber, aus Klein-
schrot 2003)
554 31 · Meteorite
(um 5 Vol.-%), ferner Chromit, Apatit und einige seltene metallischen Chondren. Dementsprechend zeigen Chondren
Minerale, die bisher nur in Meteoriten gefunden wurden, eine große Variationsbreite in ihrer chemischen Zusammen-
z. B. Niningerit und Oldhamit. setzung von FeO-arm (Typ I) bis FeO-reich (Typ II) und
Als charakteristischen Bestandteil enthalten viele SiO2-arm (Zusatz A) bis SiO2-reich (Zusatz B); so z. B. ge-
Chondrite hochschmelzende (refraktäre) Ca-Al-reiche hören Fe-arme, SiO2-reiche Chondren dem Typ IB an. Die
Einschlüsse (CAI), die aus verschiedenen Ca-Al-Silika- Entstehung der Chondren wird bereits seit langem kon-
ten und -Oxiden bestehen und sehr unterschiedliche trovers diskutiert (vgl. Zanda 2004; Scott u. Krot 2005).
Gefüge aufweisen; sie sind teils wie Chondren, teils un- Man deutet sie heute als sehr rasch abgeschreckte Schmelz-
regelmäßig geformt (Bischof u. Keil 1983; Scott u. Krot tröpfchen, die in der Akkretionsphase unseres Son-
2005). CAI stellen frühe Kondensate aus dem Solarnebel nensystems vor ca. 4,568–4,562 Ga (Amelin et al. 2002;
dar (Abschn. 34.4, Tabelle 34.2, S. 636), die bei unter- Bouvier et al. 2008; Bogard 2011) bei Temperaturen von
schiedlichen Temperaturen kristallisierten. Als Relikte 1 450–1 900 °C gebildet wurden, und zwar wohl größten-
dieses präsolaren Stadiums enthält der höher temperierte teils durch das Aufschmelzen von Staubaggregaten
CAI-Typ A Körner von Melilith, Spinell und Hibonit, der (Abschn. 34.4, S. 633). Beim Entstehen der Proto-Plane-
niedriger temperierte Typ B dagegen keinen Hibonit, aber ten wurden die Chondren, die CAI und einzelne Mineral-
neben Melilith und Spinell noch Ca-Pyroxen und Anor- körner von kosmischem Staub umhüllt und zusammen-
thit (vgl. Abb. 34.2, S. 632). Heute weiß man dass die CAI gebacken (Metzler et al. 1992; vgl. Abb. 31.4).
bereits eine komplexe thermische Geschichte mit mehr- Dieser Akkretionsprozess führte zu einer unterschiedlich
fachen Episoden der Aufheizung und/oder Aufschmel- starken thermischen Überprägung der Chondrite, was eine
zung sowie Alterations-Vorgängen im Solarnebel oder im zunehmende Rekristallisation und Kornvergröberung der
Asteroiden-Mutterkörper hinter sich haben (MacPershon Matrix zur Folge hatte. Dadurch wurden die Chondren
2005; McCoy 2010). immer stärker in die Matrix integriert und lassen sich zu-
Ein weiterer interessanter Bestandteil der Chondrite sind nehmend schlechter identifizieren. Darüber hinaus begüns-
die amöboiden Olivin-Aggregate (AOA). Diese unregelmä- tigt die Aufheizung den Ionenaustausch und damit die
ßig geformten, bis 1 mm langen Objekte bestehen aus fein- Einstellung des thermodynamischen Gleichgewichts zwi-
körnigem Olivin, Nickeleisen, sowie Al-Diopsid, Anorthit, schen den Mineralphasen. Dabei wurden die Ar-Ar-Alter
Spinell und seltenem Melilith. auf Werte von 4,563–4,502 zurückgesetzt (Bogard 2011). Nach
Bereits Rose (1864) und Tschermak (1885) haben die dem Grad der thermischen Überprägung unterscheiden van
von ihnen beobachteten Chondren-Typen beschrieben, Schmus u. Wood (1967) sechs petrographische Gefügetypen,
gezeichnet und fotografiert; eine umfassende petrogra- von denen die Typen 1–3 nicht äquilibriert, die Typen 4–6
phische Studie an mehr als 1 600 Chondren wurde von dagegen äquilibriert sind, entsprechend Temperaturberei-
Gooding und Keil (1981) durchgeführt. Danach unter- chen von <150–600 °C bzw. 600–950 °C (Norton 2002). In
scheidet man porphyrische Chondren mit Olivin- und/ Typus 2 und 3 sind die Chondren klar, in Typ 4 gut defi-
oder Pyroxen-Einsprenglingen (Abb. 31.3c), gestreifte niert, in Typ 5 noch erkennbar, in Typ 6 dagegen schlecht
oder Balken-Chondren aus tafelförmigen Olivin-Kristal- erkennbar. Typus 1, der keine Chondren enthält, und Ty-
len (Abb. 31.3d), radial gestreifte Pyroxen-Chondren pus 2 kommen nur in kohligen Chondriten vor (s. unten).
(Abb. 31.3b), körnige Pyroxen- und Pyroxen-Olivin- Durch Impakt-Ereignisse können Chondrite mehr oder
Chondren, kryptokristalline Chondren sowie die seltenen weniger stark metamorph überprägt und dabei ihre Ar-Ar-
Abb. 31.4.
Modell der Akkretions- und
Brecciierungs-Geschichte der
CM-Chondrite. (Nach Metzler
et al. 1992)
31.3 · Haupttypen der Meteorite 555
Alter noch weiter verjüngt werden (Bogard 2011). Die- Nach genaueren Untersuchungen an 11 Bruchstücken (Bischoff et al.
ser Prozess führt zur Brecciierung und zur Bildung von 2013) handelt es sich allerdings um eine außergewöhnliche Chondrit-
Breccie, die aus folgenden Komponenten aufgebaut ist:
Schockadern, in denen sich Ringwoodit und Majorit, die
Hochdruckmodifikationen von Olivin und Pyroxen (Ab- hellfarbige LL5-Chondrite mit zahlreichen Schockadern;
schn. 29.3.3, S. 530) gebildet haben. hellfarbige Chondrite, teilweise vom Typ LL6, die sehr selten Chon-
Unabhängig von ihrem Gefüge werden die Chondrite dren enthalten und nur wenige oder keine Schockadern führen;
nach ihrer chemischen Zusammensetzung und ihrem stark rekristallisierte LL5/6- oder LL6-Chondrite mit verbreiteten
Mineralbestand in sechs Haupttypen eingeteilt, die hier Schockadern;
kurz charakterisiert werden (z. B. Meibom u. Clark 1999). stark geschockte Chondrit-Fragmente, deren Risse und Lücken
mit opaker Substanz, z. B. Troilit, gefüllt sind;
Enstatit-Chondrite (E) dunkle, feinkörnige Chondrit-Fragmente, reich an Impakt-Schmel-
zen, mit unterschiedlichen Gehalten an Gesteins- und Mineral-
Bruchstücken.
Die Enstatit-Chondrite bestehen zum größten Teil aus
reinem Enstatit (En100Fs0), untergeordnet Olivin (mit Ale bisher gefundenen Anteile der Chondrit-Breccie lassen sich
<1 Mol.-% Fayalit-Komponente) und ca. 5 Vol.-% Plagio- vom Mutterkörper der LL-Chondrite ableiten.
klas. Sie enthalten so gut wie kein Eisenoxid, sondern Nach K-Ar-Datierungen von Trieloff et al. (2007) weisen
das gesamte Eisen (ca. 22–23 Gew.-%) ist zu Metall L-Chondrite ein „Entgasungsalter“ von 470 ±6 Ma auf. Zu diesem
(17–23 Gew.-%) reduziert oder als Sulfid gebunden. Zeitpunkt kam es zu einer heftigen Kollision zwischen dem einige
Darüber hinaus treten in ihnen ungewöhnliche Sulfide 100 km großen Mutter-Asteroiden der L-Chondrite und einem zwei-
ten, mehrere km großen Asteroiden. Durch dieses thermische Er-
von Mg, Mn, Cr und Ti auf, d. h. von Metallen die sonst an eignis wurde die isotopische Uhr, die ursprünglich das Entstehungs-
Sauerstoff gebunden sind. Bei der Bildung des Enstatit- alter dieser Chondrite von ca. 4,56 Ga anzeigte, zurückgestellt.
Chondrit-Mutterkörpers muss also nur sehr wenig Sau- Interessanterweise fand man in einem Steinbruch am Kinnekulle
erstoff zur Verfügung gestanden haben. Je nachdem, ob bei Lidköping in Mittelschweden eine ungewöhnlich große Anhäu-
der Gehalt an Gesamt-Fe hoch oder niedrig ist, unterschei- fung von mehr als 40 „fossilen“ L-Chondriten, die in einem Kalk-
stein des mittleren Ordoviziums einsedimentiert waren. Nach geolo-
det man EH- bzw. EL-Chondrite. E-Chondrite können in
gischen Datierungen hat dieser Kalkstein ein Alter von 467 ±2 Ma,
den petrographischen Gefügetypen 3–6 ausgebildet sein. das also innerhalb der Fehlergrenze mit dem Entgasungsalter über-
einstimmt und so das Alter des Kollisions-Ereignisses bestätigt.
Gewöhnliche Chondrite (H, L, LL) Durch die Schockwellen-Metamorphose, die durch die Kollision
ausgelöst wurde, entstanden in Olivinkörnern als Hochdruck-Mi-
Gewöhnliche Chondrite sind stärker oxidiert als die nerale Lamellen von Ringwoodit sowie polykristalline Aggregate
von Ringwoodit und Majorit. Die hohen Temperaturen und Dru-
E-Chondrite. Sie werden nach ihrem Gesamt-Fe-Gehalt cke, die für ihr Wachstum notwendig waren, müssen mindestens
und ihrem Oxidationsgrad gegliedert in: einige Sekunden bestanden haben (Cheng et al. 2004).
liegt sie bei den meisten kohligen Chondriten bei >20 % (Con- Die Chondren der CM2-Chondrite (Typ Mighei, Ukra-
solmagno et al. 2008). Erst mit der gezielten Suche nach Mete- ine) sind meist <0,5 mm groß; daneben findet man ein-
oriten in den antarktischen Blaueis-Feldern hat sich die Zahl zelne Kristalle von Olivin und von metallischem Nickel-
der bekannten C-Chondrite drastisch erhöht (Tabelle 31.1). eisen sowie Mineral-Aggregate bestehend aus Olivin und
Kennzeichnend für die C-Chondrite ist ein hoher Gehalt an refraktären Ca-Al-Ti-Mineralen wie Hibonit, Melilith,
Kohlenstoff,Wasser und anderen leichtflüchtigen Komponen- Perowskit, Spinell und Fassait. Der H2O-Gehalt beträgt
ten, insbesondere auch organische Verbindungen (s. u.), was 3–11 Gew.-%. Die CR-Chondrite (Typ Renazzo, Italien) ent-
auf niedrige Bildungstemperaturen hinweist. Die Mutterkör- halten ca. 0,7 mm-große Chondren sowie refraktäre Ein-
per der kohligen Chondriten sind im äußeren, sonnenfernen schlüsse, außerdem 5–8 Vol.-% Nickeleisen. Die CO3-Chon-
Bereich des Asteroiden-Gürtels zu suchen (Absch. 32.2, S. 579). drite (Typ Ornans, Frankreich) haben einen hohen Anteil
Die primitivsten kohligen Chondrite sind die CI-(= C1-) (ca. 60 Vol.-%) an Chondren, die jedoch nur Durchmesser
Chondrite (benannt nach dem Fall von Ivuna, Tansania). von 0,1–0,4 mm erreichen; in den CAI kommen die glei-
Sie haben eine ähnliche chemische Zusammensetzung wie chen Hochtemperatur-Minerale wie im CM2-Typ vor. Der
die Photosphäre der Sonne, wenn man von den geringeren Gehalt an metallischem Nickeleisen liegt bei 1–6 Vol.-%.
Gehalten an H, He, O, N und C absieht. CI-Chondrite ent- Demgegenüber enthalten die CV3-Chondrite (Typ Viga-
halten 17–22 Gew.-% H2O. Das bekannteste Beispiel dieses rano, Italien) einen geringeren Anteil an Chondren und CAI,
extrem seltenen Typs ist Orgueil, gefallen am 14. Mai 1864 die jedoch Korngrößen von 0,5–2 mm erreichen; der (Fe,Ni)-
nördlich Toulouse (Frankreich). Er besteht überwiegend aus Gehalt ist geringer als beim CO3-Typ. Der bekannteste Ver-
Serpentin-ähnlichen Schichtsilikaten und Montmorillonit, treter dieses Typs ist der Meteorit Allende, der am 8. Febru-
ferner aus Fe-Ni-Sulfiden, Magnetit, Karbonaten und Sul- ar 1969 in der Provinz Chihuahua als Meteoritenschauer
faten. Neben den fünf bekannten Fällen wurde ein CI- niederging. Die zahlreichen Bruchstücke haben ein Gesamt-
Chondrit in der Antarktis, ein weiterer durch die Apollo- gewicht von etwa 2 t und lieferten daher reichlich Material
12-Mission (1969) im Oceanus Procellarum des Mondes ge- für wissenschaftliche Untersuchungen, die zur erstmaligen
funden. CI-Chondrite enthalten keine Chondren, gehören Entdeckung der Ca-Al-reichen Einschlüsse (CAI) führten.
also dem Gefügetyp 1 an. Eine seltene, hochoxidierte Gruppe von kohligen Chondri-
ten sind die CK-Chondrite (Typ Karoonda, Australien), die als
Eine Ausnahme bildet der Meteorit Tagish Lake, der am 18. Janu- einzige C-Chondrite auch in den höher temperierten Gefüge-
ar 2000 über dem Yukon-Territorium (NW-Kananada) niederging;
er entspricht chemisch einem CI-Chondrit, hat aber Chondren; er
typen 4–6 ausgebildet sind. Sie enthalten etwa 15 Vol.-% an
ist also nach dem Gefüge als C2-Chondrit zu klassifizieren. porphyrischen Olivin-Chondren, untergeordnet Balken-
Olivin-Chondren (um 0,8 mm groß), ferner äquilibrierte
Alle anderen Typen von kohligen Chondriten enthalten ei- Olivine, Ca-reiche und Ca-arme Pyroxene, Magnetit und
nen mehr oder weniger hohen Anteil an porphyrischen Oli- andere Opakphasen, darunter auch seltene PGE-Sulfide. Der
vin-Chondren, daneben nicht-porphyrische Chondren, hoch- Anteil an metallischem Nickeleisen ist dagegen sehr gering.
schmelzende (refraktäre) Einschlüsse, insbesondere CAI, und Eine seltene Gruppe stellen die metallreichen CH- und
Einzelkörner von Olivin in einer feinkörnigen Matrix. CM- CB-Chondrite dar, die zu den primitivsten, aber auch um-
und CR-Chondrite gehören überwiegend dem Gefügetyp 2 strittensten Meteoriten überhaupt gehören (Krot et al. 2006,
an und werden daher auch als CM2- bzw. CR2-Chondrite be- 2007). Sie zeigen keine metamorphe Überprägung. CH-
zeichnet. In beiden Typen sind Serpentin-ähnliche Schicht- Chondrite bestehen überwiegend aus kleinen, nur 20–70 μm
silikate ein wichtiger Bestandteil der feinkörnigen Matrix. großen, kryptokristallinen Chondren und weisen hohe
Ähnlich wie Orgueil und Tagish Lake ist der CM2- Gehalte (ca. 20 %) an zonierten (Fe,Ni)-Körnern auf. Wahr-
Chondrit Murchison, der 1969 in Victoria (Australien) scheinlich stellen diese Metallkörner, die Chondren und die
gefallen war, reich an abiotisch entstandenen organi- seltenen refraktären Einschlüsse Kondensate des ursprüng-
schen Verbindungen. Von diesen sind >70 % organi- lichen Solarnebels dar (Abschn. 34.4, S. 633f). Die CB-
sche Makromoleküle, die in gängigen Lösungsmitteln Chondrite bestehen zu ca. 70 % aus (Fe,Ni)-Körnern und
unlöslich sind. Unter den löslichen organischen Ver- enthalten 0,1–7 mm große Chondren, die teils kryptokris-
bindungen überwiegen Carboxylsäuren; daneben wur- tallin ausgebildet sind, teils Skelettkristalle von Olivin ent-
den u. a. Sulfonsäuren und Aminosäuren nachgewie- halten. Ihr Anteil an refraktären Einschlüssen ist gering, aber
sen (Martins 2010). Die organischen Substanzen von viel höher als im CH-Typ. Durch isotopische Datierungen
Murchison unterscheiden sich in ihrer Kohlenstoff- und wurden für die Chondren Alter von 4 562,7 ±0,5 bis
Wasserstoff-Isotopie deutlich von der in irdischen Orga- 4 567,6 ±0,1 Ma bestimmt (vgl. Amelin et al. 2002; Bouvier
nismen sowie in Kohle, Erdöl und Methan. Trotzdem 2008); sie sind also nur wenig jünger als unser Sonnensys-
besteht durchaus die Möglichkeit, dass organische Ver- tem. Die CB-Chondrite entstanden vermutlich durch einen
bindungen, die mit kohligen Chondriten auf die frühe riesigen Zusammenstoß zwischen Planeten-Embryonen in-
Erde gelangt sind, als erste präbiotische Bausteine an der nerhalb der protoplanetarischen Akkretionscheibe, aus der
Entstehung des Lebens mitgewirkt haben (Martins 2010). unser Sonnensystem gebildet wurde (Abschn. 34.4, S. 633f).
31.3 · Haupttypen der Meteorite 557
Primitive Achondrite. Schließlich gibt es noch eine Gruppe Mit Ausnahme von Seifertit wurden diese Hochdruck-
von relativ primitiven Achondriten, die in ihrem Mineral- minerale in Schmelztaschen eines 2011 bei Tissint (Ma-
bestand den Chondriten ähneln. Acapulcoite und Lodranite rokko) gefallenen Shergottits gefunden, und zwar in
bestehen etwa zu gleichen Teilen aus Olivin (Fa13) und ungewöhnlicher Korngröße; so erreicht ein Ring-
Orthopyroxen (Fs16) sowie aus etwa 20 Gew.-% (Fe,Ni)- woodit-Kristall Dimensionen von 75 μm × 140 μm.
Metall. Sie stammen wahrscheinlich aus dem gleichen Diese Tatsachen weisen auf ein Impakt-Ereignis hin,
Mutterköper und dürften Restite eines partiellen Auf- bei dem das basaltische Marsgestein eine hochgradige
schmelzprozesses darstellen, der unterschiedliche Gra- Schockwellen-Metamorphose mit Drucken von ca.
de erreicht hatte. Brachinite ähneln irdischen Duniten; 250 kbar (25 GPa) und Temperaturen von >2 000 °C
sie bestehen zu etwa 90 Vol.-% aus Olivin (Fa33), etwas erlebte. Der dabei gebildete Impakt-Krater dürfte ei-
Diopsid sowie geringen Mengen an Troilit und Chromit. nen Durchmesser von nahezu 100 km haben und stellt
Winonaite ähneln den Silikat-Einschlüssen in Eisen- in seiner Größe alles bisher auf dem Mars Bekannte in
meteoriten (s. unten). den Schatten (Baziotis et al. 2013).
Weitere Nebengemengteile sind Titanomagnetit und
Mars-Meteorite: Die SNC-Gruppe der Achondrite Ilmenit sowie geringe Mengen an Quarz, Fayalit und
Pyrrhotin. Die Gehalte an Na im Plagioklas und an Fe3+
Zur SNC-Gruppe gehören die Shergottite, Nakhlite und im Titanomagnetit sind für Meteorite ungewöhnlich.
Chassignite, die in ihrem Gefüge und ihrem Mineral- Abbildung 31.5 zeigt den Shergottit Dar al Gani 476, ei-
bestand stark an terrestrische Magmatite erinnern. nen Olivinbasalt mit porphyrischem Gefüge; er enthält
Shergottite sind basaltische Gesteine, die – anders als die Einsprenglinge von stark zoniertem Olivin Fo78→56 in ei-
Eukrite – auch in ihrem Mineralbestand große Ähnlich- ner Grundmasse aus Klinopyroxen, Maskelynit, Ti-Mag-
keit mit irdischen Basalten aufweisen. Hauptgemengteile netit und Ilmenit.
sind Pigeonit, Augit, Olivin und Plagioklas An43-57, der Die Nakhlite entstanden aus Lavaströmen oder flachen
allerdings durch Schockwellen-Metamorphose weitge- Intrusionen von Basaltmagma (Treiman 2005). Sie bestehen
hend in ein Feldspat-Glas, den Maskelynit umgewandelt aus Kumulaten von ca. 80 Vol.-% Augit und 5–10 Vol.-%
worden ist. Dabei entstanden auch die Hochdruck-Mo- Olivin (Fa65–68); im Interkumulus-Bereich finden sich haupt-
difikationen von SiO 2 wie Stishovit und Seifertit (El sächlich Plagioklas und/oder Glas zusammen mit idiomor-
Goresy et al. 2008) und andere Hochdruckminerale wie phem Titanomagnetit, Pigeonit, Kalifeldspat und Akzesso-
Ringwoodit γ -(Mg,Fe)2[SiO4], Akimotoit (Mg,Fe)[SiO3] rien. Olivin und Augit enthalten mehrphasige Einschlüsse,
(eine Hoch-P-Modifikation von Orthopyroxen), Majorit die das ehemalige Magma repräsentieren. Bemerkenswer-
Mg3MgSi[6][Si[4]O4]3, Lingunit (eine tetragonale Hoch-P- terweise ist Olivin teilweise zu Iddingsit alteriert, was die
Modifikation von Plagioklas mit Hollandit-Struktur), Tuit Anwesenheit von freiem H2O erfordert. In der Grundmasse
γ -Ca3[PO4]2 und verglaster Silikatperowskit Mg[SiO3] treten als Alterations-Minerale Halit, Siderit und Anhyd-
(Baziotis et al. 2013). rit/Gips auf.
Abb. 31.5.
Dünnschliff des Marsmeteoriten
Dar al Gani 476, gefunden am
1. Mai 1998, aufgenommen im
Durchlicht unter Verwendung
von a einem Nicol und b bei +Nic.
Der Olivinbasalt (Shergottit) ent-
hält millimetergroße Einspreng-
linge von Olivin (mit gelblich-
brauner Eigenfarbe und bunten
Interferenzfarben) in einer Grund-
masse aus Klinopyroxen (hell-
gelbe Eigenfarbe), Maskelynit,
einem Plagioklasglas (farblos,
bei +Nicols ausgelöscht) und
Opakmineralen. (Foto: Institut
für Planetologie, Universität
Münster)
31.3 · Haupttypen der Meteorite 559
Für die Chassignite ist bislang nur ein einziges Beispiel Erst der Meteorit ALHA 81005, der 1982 nahe Allan
bekannt, der Fall von Chassigny (Frankreich). Ähnlich wie Hills im Victorialand (Antarktis) von einer amerikani-
terrestrische Dunite besteht das Gestein zu etwa 90 Vol.-% schen Gruppe entdeckt wurde, konnte eindeutig als
aus Olivin (Fa32); untergeordnete Gemengteile sind Ortho- anorthositische Breccie identifiziert werden, die aus ei-
pyroxen (Fs12–28), Chromit und Plagioklas (An16–37), der nem der lunaren Hochländer stammt; später wurden
durch Schockwellenbeanspruchung weitgehend in auch Basalte und Breccien der Maria des Mondes gefun-
diaplektisches Glas umgewandelt wurde. den (vgl. Abschn. 30.1.2, S. 540f). Die Lunaite unterschei-
Die Zusammensetzung der SNC-Achondrite legt nahe, den sich in ihrem Gesamtgesteins-Chemismus, ihrer Iso-
dass ihre Kristallisation unter Beteiligung von Alkalien topen-Geochemie und ihrer Mineral-Chemie deutlich
und unter stärker oxidierenden Bedingungen erfolgte, von den übrigen Achondriten (sowohl der HED- als auch
als in den Mutterkörpern der übrigen Achondrite. Ähn- der SNC-Gruppe) und ebenso von irdischen Basalten. Bis
liche Verhältnisse herrschen dagegen bei der Kristallisa- zum Jahre 2001 sind in der Antarktis, in der Sahara und
tion irdischer Basalt-Magmen. Darüber hinaus lieferten im Oman insgesamt 21 Mond-Meteorite gefunden wor-
isotopische Datierungen an drei Nakhlit-Proben unge- den, unter denen anorthositische Breccien (Abb. 30.2)
wöhnlich geringe Alterswerte zwischen 1,22 und 1,34 Ga. stark überwiegen (Norton 2002).
Rb-Sr-, Sm-Nd und U-Pb-Datierungen an unterschiedli-
chen Mineralen des Shergottits Zagami ergaben gut über- 31.3.3
einstimmende Alterswerte von 166 ±6, 166 ±12 und Stein-Eisen-Meteorite (differenziert)
156 ±6 Ma (Borg et al. 2005). Da die untersuchten Meteo-
rite nur geringe Schockbeanspruchung zeigen, dürften Die Übergangsgruppe der Stein-Eisen-Meteorite stellt
diese jungen Alter kaum ein Impakt-Ereignis datieren, nach ihrem Gefüge, ihrem Mineralbestand und ihrer
sondern nahe am tatsächlichen Kristallisationsalter der Genese eine äußerst heterogene Gruppe von seltenen
Gesteine liegen. Wie wir gesehen hatten, erbrachte die Meteoritentypen dar. Sie wird nur durch wenige beob-
isotopische Datierung der Chondrite und der meisten achtete Fälle und Neufunde in der Antarktis, aber durch
Achondrite wesentlich höhere Alter von 4,4–4,6 Ga, und relativ viele Zufallsfunde repräsentiert (Tabelle 31.1).
auch die Mondgesteine sind mit Werten zwischen 4,5 und
3,1 Ga wesentlich älter (Abschn. 30.3, S. 544f). Daraus Lodranite und Acapulcoite
muss man schließen, dass als Mutterkörper für die
Nakhlite (und die anderen SNC-Achondrite) nur ein gro- Diese Meteorite hatten wir bereits als relativ primitive
ßer erdähnlicher Planet in Frage kommt, auf dem – wie Asteroiden-Achondrite kennen gelernt. Man könnte sie
auf unserer Erde – noch lange nach seiner Bildung mag- wegen ihres hohen Anteils an metallischem Nickeleisen
matische Aktivität herrschte. Ein direkter Beweis für die (etwa 20 Vol.-%) ebenso als Stein-Eisen-Meteorite klas-
Herkunft vom Mars ergaben Gasanalysen am antarkti- sifizieren, wie das in Tabelle 31.1 geschehen ist.
schen Shergottit EETA 79001, der im Zuge eines Impakt-
Ereignisses stark geschockt wurde, wobei es zur Auf- Mesosiderite
schmelzung und zur Bildung von Schockadern und Glas-
kügelchen kam. In diese Gläser wurden Edelgase, Was- Auch die Mesosiderite, die etwa zu gleichen Mengen-
serstoff, Deuterium, Stickstoff und CO2 eingeschlossen, anteilen aus ged. Nickeleisen und Silikat-Mineralen
die in ihrem Mengenverhältnis und ihrer Isotopen-Sig- bestehen, werden neuerdings genetisch zu den Achon-
natur, z. B. dem D/H-Verhältnis, ziemlich genau der Mars- driten gerechnet (Norton 2002). Sie stellen – ähnlich wie
atmosphäre entsprechen, wie sie durch die Viking-Son- die Howardite – Impakt-Breccien dar. Das Metall, das
den ermittelt wurden. Das Alter des Impakt-Ereignisses 7–10 Gew.-% Ni in Legierung enthält, bildet entweder
konnte durch Isotopen-Analyse des stark geschockten klumpige Kornaggregate, die von den Silikaten umgeben
Achondrits Shergotty zu 360 Ma bestimmt werden sind, oder ist gleichmäßig in der Silikat-Matrix verteilt
(Jagoutz u. Wänke 1986). Um von einer Planetenober- und umhüllt größere Silikatfragmente. Unter den
fläche weggeschleudert zu werden, muss ein Gesteinsstück Silikat-Mineralen dominieren Plagioklas (Anorthit) und
mindestens auf die Entweichgeschwindigkeit beschleunigt Orthopyroxen (Hypersthen), während Pigeonit und
werden; diese beträgt beim Mars 5 km / s, beim Mond Olivin zurücktreten. Die Silikatminerale liegen etwa im
dagegen nur 2,4 km/ s. gleichen Mengenverhältnis vor wie in den Howarditen,
zu denen auch geochemische Ähnlichkeiten bestehen,
Mond-Meteorite: Lunaite z. B. in der Sauerstoffisotopie. Man nimmt heute an, dass
das Nickeleisen der Mesosiderite eine exotische Kompo-
Die ersten drei Mond-Meteorite wurden 1979 und 1980 nente darstellt, die einem Asteroiden durch ein Impakt-
von japanischen Forschern in den Yamato-Bergen der Ereignis zugemischt wurde, der bereits in metallischen
Antarktis gefunden, aber nicht als Lunaite erkannt. Kern und silikatischen Mantel differenziert war. Bei der
560 31 · Meteorite
Pallasite
31.3.4
Eisenmeteorite (differenziert)
Die Widmannstätten’schen Figuren wurden bereits 1804 von dem Taenit-Bänder Ni-ärmer bleibt; zusätzlich bildet sich ein
Engländer G. Thomson beschrieben und abgebildet. Ohne Kenntnis feinkörniges Gemenge von Taenit und Kamacit, der Plessit.
dieser Arbeit entdeckte sie 1808 der Österreicher Alois von Beckh-
Dadurch ergibt sich bei der ortsauflösenden Mikrosonden-
Widmannstätten (1754–1849) vier Jahre später neu und dokumen-
tierte sie in Form von Natur-Selbstdrucken, indem er die angeätzten Analyse für die Ni-Verteilung das typische M-Profil
Oktaedrit-Platten als Druckstöcke benutzte. Eine Publikation er- (Abb. 31.7b). Für die Entstehung der Widmannstätten’schen
folgte jedoch erst 1820 durch Karl von Schreibers (1775–1852), der Figuren hat man im Temperaturbereich zwischen 700 und
die Bezeichnung Widmannstätten’sche Figuren einführte. 450 °C Abkühlungsraten von etwa 100 °C bis zu 1 °C pro
Millionen Jahre berechnet. Deshalb können diese Struk-
Mikrosonden-Analysen erbrachten Ni-Gehalte von turen im Labor nicht nachgeahmt werden (Heide und
maximal 7,5 Gew.-% Ni im Kamacit und von ca. Wlotzka 1988).
30–35 Gew.-% Ni im koexistierenden Taenit (Abb. 31.7b). Eine Feinuntergliederung der Oktaedrite in sechs Un-
Diese Tatsache lässt sich nach Abb. 31.7a folgendermaßen tergruppen erfolgt nach der Breite der Kamacit-Balken,
erklären: Kühlt man einen Taenit-Mischkristall der Zusam- die generell umgekehrt proportional zum Gesamt-Ni-
mensetzung a0 = Fe90Ni10 auf 700 °C ab (b1), so beginnen Gehalt der Probe ist (z. B. Buchwald 1975). Je höher der
sich Lamellen von Ni-ärmerem Kamacit auszuscheiden (a1), Ni-Gehalt, desto mehr Taenit bleibt übrig und umso fei-
die parallel zu den Oktaederflächen des ehemaligen Taenit- ner werden die Kamacit-Balken. So enthalten die gro-
Einkristalls angeordnet sind. Bei weiterer Abkühlung nimmt ben Oktaedrite Ogg und Og mit Balkenbreiten von
der Ni-Gehalt im Kamacit etwas, im koexistierenden Taenit >1,3 mm Ni-Gehalte von 6,5–7,2 %, mittlere Oktaedrite
dagegen stark zu, z. B. auf ca. 21 % bei 600 °C (b2) und ca. Om (0,5–1,3 mm) 7,4–10,3 % Ni und feine bzw. plessiti-
34 % bei 500 °C (b3). Gleichzeitig steigt das Kamacit : Taenit- sche Oktaedrite Of, Off und Opl (<0,5 mm) 7,8–12,7 % Ni.
Verhältnis immer stärker an, wie sich aus Abb. 31.7a unter
Einige Oktaedrite führen Silikat-Einschlüsse. Diese bestehen z. B.
Anwendung der Hebelregel (Abb. 18.11, S. 291) leicht able-
in den grobkörnigen Oktaedriten der chemischen Gruppe IAB aus
sen lässt. Dadurch werden die Kamacit-Balken immer brei- Fe-armem Orthopyroxen (Fs4–9) und Olivin (Fa1–4) sowie Plagio-
ter, während Taenit nur noch dünne Lamellen bildet. Un- klas in etwa chondritischen Mengenverhältnissen. Geochemische
terhalb 500 °C wird die Festkörper-Diffusion zwischen den Ähnlichkeiten legen nahe, dass diese Oktaedrite zum gleichen
beiden (Fe,Ni)-Phasen so träge, dass sich nur noch bei lang- Mutterkörper wie die Winonaite gehören, eine Gruppe der primi-
tiven Achondrite. Wahrscheinlich fand in diesem Asteroiden nur
samer Abkühlung ein Gleichgewicht gemäß Abb. 31.7a ein-
eine unvollständige Differentiation in Kern und Mantel statt. Dem-
stellen kann; das gilt insbesondere für die Diffusion der Ni- gegenüber enthalten die IIE-Oktaedrite Silikat-Einschlüsse, die aus
Atome in die flächenzentrierte Taenit-Struktur. Bei rasche- Fe-reicherem Orthopyroxen und Augit in einer feinkörnigen Pla-
rer Abkühlung reichert sich Ni an den Taenit-Grenzen ge- gioklas-Matrix bestehen und ein amöboides Gefüge aufweisen.
gen Kamacit bis auf ca. 35 % an, während das Innere der Deformationslamellen bei den Pyroxenen und Schockschmel-
zungserscheinungen beim Plagioklas weisen darauf hin, dass die-
se Oktaedrite bei der Kollision zweier, verschieden großer Mutter-
körper gebildet wurden (Norton 2002).
Hexaedrite (H)
ihrem Chemismus viel besser zu irdischen Sedimentge- Papike JJ (ed) (1998) Planetary materials. Rev Mineral 36
steinen, wie Sandsteinen, Grauwacken, Tonsteinen oder Rollinson H (2007) Early Earth systems. A geochemical approach.
Blackwell, Malden, MA, USA
Löss, als zu Obsidianen oder Pechsteinen. Das schließt
Unsöld A, Baschek B (2005) Der neue Kosmos, 7. Aufl, 1. korrigier-
ihre vulkanische Entstehung aus, zumal ihre Fundorte im ter Nachdruck. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York
Allgemeinen nicht in der Nähe von entsprechenden Vul- Wasson JT (1985) Meteorites. Their record of early solar system
kanen liegen. Anderseits weisen erhöhte Gehalte von history. Freeman, New York
Platingruppen-Elementen (PGE) darauf hin, dass die Bil-
dung der Tektite durch den Einschlag eines extraterrest- Übersichtsartikel
rischen Körper erfolgte; die relativen Mengenanteile der
Bogard DD (2011) K-Ar ages of meteorites: Clues to parent body
PGE gestatten es, die Art des Impaktors zu rekonstruie- thermal histories. Chem Erde 71:207–226
ren (Koeberl et al. 2012). Gilmour I (Structural and isotopic analysis of organic matter in
Ein zeitlicher Zusammenhang zwischen der Entste- carbonaceous chondrites. In: Davis AM (ed) Meteorites, comets,
hung der Moldavite und dem Ries-Impaktereignis konn- and planets. Elsevier, Oxford UK, pp 269–290
te durch K-Ar-Altersdatierungen wahrscheinlich gemacht Glass BP, Simonson BM (2012) Distal impact ejecta layers: Spherules
and more. Elements 8:43–48
werden. Gentner et al. (1961) fanden für sechs Moldavite Goldstein JI, Scott ERD, Chabot NL (2009) Iron meteorites: Crystallization,
einen mittleren Alterswert von 14,7 ±0,7 Ma, für acht thermal history, parent bodies, and origin. Chem Erde 69:293–325
Suevit-Gläser des Nördlinger Rieses (Abschn. 26.2.3, Jourdan F, Reimold WU, Deutsch A (2012) Dating terrestrial impact
S. 429ff) den gleichen Mittelwert von 14,8 ±0,7 Ma. Diese structures. Elements 8:49–53
Daten wurde durch Ar-Ar-Datierungen mittels einer La- Keil K (2012) Angrites, a small but diverse suite of ancient, silica-
undersaturated volcanic- plutonic mafic meteorites, and the his-
ser-Sonde bestätigt: Riesgläser erbrachten Alter von
tory of their parent asteroid. Chem Erde 72:191–218
14,3 ±0,2, Moldavite 14,32 ±0,08 Ma (Buchner et al. 2003; Kleine T, Rudge JF (2011) Chronometry of meteorites and the for-
Laurenci et al. 2003). Man nimmt heute an, dass beim Ein- mation of Earth and Moon. Elements 7:41–46
schlag des Ries-Meteoriten tonige Sande der Oberen Koeberl C, Claeys P, Hecht L, McDonald I (2012) Geochemistry of
Süßwassermolasse (Mittelmiozän) aufgeschmolzen und impactites. Elements 8:37–42
Krot AN, Keil K, Goodrich CA, Scott ERD, Weisberg MK (2005)
noch während des Einschlags Jetstrahl-artig mit hoher
Classification of meteorites. In: Davis AM (ed) Meteorites, comets,
Geschwindigkeit herausgeschleudert wurden (von and planets. Elsevier, Oxford UK, pp 83–128
Engelhardt et al. 2005). Beim Transport über 300–400 km MacPershon GJ (2005) Calcium – aluminum-rich inclusions in
durch die Luft zerspratzten die anfangs dezimetergroßen chondritic meteorites. In: Davis AM (ed) Meteorites, comets, and
Glaskörper und wurden durch die Reibung in der Atmos- planets. Elsevier, Oxford UK, pp 201–246
phäre erneut stark erhitzt und z. T. aufgeschmolzen. Al- Martins Z (2011) Organic chemistry of carbonaceous meteorites.
Elements 7:35–40
ternativ könnten die Moldavite durch Kondensation ei- McCoy TJ (2010) Mineralogical evolution of meteorites. Elements
ner Wolke von verdampftem Gestein, Schmelztropfen und 6:19–23
Staub erklärt werden. Für die Tektite der Elfenbeinküste Pierazzo E, Artemieva N (2012) Local and global environmental ef-
und den Meteoriten-Krater von Bosumtwi in Ghana wur- fects of impacts on Earth. Elements 8:55–60
de ein übereinstimmendes Alter von ca. 1,2 Ma gefunden. Reimold WU, Jourdan F (2012) Impact! – Bolides, craters and catas-
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naceous chondrite North West Africa 739. Chem Erde 66:57–76 Cosmochim Acta 69:5611–5626
32
Unser Planetensystem
32.1 Nach ihrer Entfernung von der Sonne, ihrer Größe, Masse und Dichte sowie ihrem
Die erdähnlichen inneren Aufbau gliedern sich die planetarischen Körper unseres Sonnensystems in
Planeten vier unterschiedliche Gruppen (Abb. 32.1, Tabelle 32.1):
32.2 1. Zusammen mit der Erde nehmen die kleinen, erdähnlichen Planeten Merkur,Venus
Die Asteroiden und Mars den innersten Bereich des Sonnensystems ein. Sie besitzen einen klei-
neren Durchmesser und eine kleinere Masse als die Erde, aber mit Werten zwi-
32.3 schen 3,93 (Mars) und 5,43 (Merkur) eine ähnliche mittlere Dichte wie die Erde
Die Riesenplaneten (5,515). Aus diesen hohen Dichtewerten lässt sich schließen, dass die kleinen
und ihre Satelliten Planeten überwiegend aus Mineralen bestehen, aber nur einen geringen Eisan-
teil enthalten und dass sie ähnlich wie die Erde in eine silikatische Lithosphäre
32.4 und einen Nickeleisen-Kern differenziert sind.
Die Trans-Neptun-Objekte 2. Die zahlreichen planetarischen Kleinkörper, die den Asteroiden-Gürtel aufbau-
(TNO) im Kuiper-Gürtel en, haben sehr unterschiedliche Dichten und sind sehr verschiedenartig geformt.
Sie verfügen über keine ausreichende Masse, um durch ihre Eigengravitation
32.5 das hydrostatische Gleichgewicht, d. h. eine annähernd runde Form zu errei-
Der Zwergplanet Pluto chen. Eine Ausnahme bildet der größte Asteroid Ceres, der zu den Zwergplaneten
und sein Mond Charon: (s. u.) gezählt wird. Die Asteroiden bestehen überwiegend aus silikatischen Mi-
ein Doppelplanet neralen mit unterschiedlichen Mengenanteilen von ged. Nickeleisen.Wie wir aus
dem Studium der Meteorite (Kap. 31) wissen, sind viele der Asteroiden nur we-
nig differenziert und spiegeln mehr oder weniger den primitiven Urzustand un-
seres Sonnensystems wider. Andere Asteroiden haben jedoch eine Trennung in
metallischen Kern und silikatische Lithosphäre durchgemacht.
3. Demgegenüber sind die äußeren Riesenplaneten Jupiter, Saturn, Uranus und
Neptun erheblich größer als die Erde und besitzen ein Vielfaches der Erdmasse;
jedoch sind ihre mittleren Dichten wesentlich geringer und variieren lediglich
zwischen 0,70 (Saturn) und 1,57 (Neptun). Sie enthalten daher einen deutlich
geringeren Mineralanteil und bestehen überwiegend aus Gasen und Eis, wobei
mit zunehmender Entfernung von der Sonne der Gasanteil abnimmt, während
der Mineral- und insbesondere der Eisanteil zunehmen. Mit ihren Satelliten stel-
len die Riesenplaneten selbst kleine Planetensysteme dar.
4. Der äußerste Bereich unseres Planetensystems, der Kuiper-Gürtel enthält wieder-
um eine Fülle von sog. Trans-Neptun-Objekten (TNO), die teils lediglich die Größe
von Asteroiden haben, teils aber in die neue Klasse der Zwergplaneten gehören,
die 2006 durch die Internationale Astronomische Union (IAU) eingeführt wur-
de. Diese planetarischen Körper besitzen zwar eine genügend große Masse, um
durch ihre Eigengravitation eine Kugelform auszubilden, sind aber nicht masse-
reich genug, um ihre Umlaufbahn weitgehend von Kleinkörpern frei zu räumen.
Deswegen wird ihr prominentester Vertreter Pluto, der nur über einen winzigen
Bruchteil der Erdmasse verfügt und eine geringe mittlere Dichte von 2,2 auf-
weist, auf Beschluss der IAU nicht mehr als Planet anerkannt. Der Kuipergürtel
bildet auch das Reservoir für Kometen, die mittlere Umlaufperioden aufweisen.
Abb. 32.1. Unser Planetensystem. Man erkennt die Umlaufbahnen der erdähnlichen Planeten Merkur, Venus, Erde (mit dem Erdmond) und
Mars, den Asteroiden-Gürtel, die Riesenplaneten Jupiter, Saturn, Uranus und Neptun mit ihren Satelliten und Ringsystemen sowie den
Doppel-Planeten Pluto – Charon. Auf seiner elliptischen Bahn nähert sich ein Komet unserem Sonnensystem. Man erkennt den Kopf und
den zweigeteilten Schweif: den schmalen Plasmaschweif und den gekrümmten, diffusen Staubschweif (gelb). Im Hintergrund ist die Sternen-
wolke unserer Galaxie, die Milchstraße sichtbar. (Nach einem Gemälde von Detlev van Ravenswaay, Science Photo Library)
32.1 32.1 Abfall auf –183 °C in der Nacht, die intensive Strahlung, der
Die erdähnlichen Planeten erhöhte Teilchenbeschuss aus dem Sonnenwind und die
starke Gravitation der Sonne verantwortlich. Durch drei
32.1.1 Vorbeiflüge der NASA-Sonde Mariner 10 konnten 1974/1975
Merkur immerhin 45 % der Merkur-Oberfläche kartiert werden. Am
3. August 2004 startete die NASA-Sonde Messenger, die in-
Astronomische Erforschung nerhalb von 6½ Jahren dreimal am Merkur vorbeifliegen
soll. Bei einem ersten Vorbeiflug am 14. Januar 2008 wur-
Merkur war bereits den Sumerern im 3. Jahrtausend v. Chr. den bisher unbekannte Gebiete aufgenommen; am 18. März
bekannt. Obwohl die griechischen Astronomen dem Plane- 2011 schwenkte die Sonde in eine Umlaufbahn um den
ten die unterschiedlichen Namen Apoll und Hermes, je nach Merkur ein (John Hopkins University 2011/2012). Die eu-
seiner Sichtbarkeit am Morgen- oder Abendhimmel gaben, ropäische Raumfahrt-Organisation ESA und die japanische
wussten sie, dass es sich um ein und den selben Planeten han- Raumfahrtbehörde JAXA planen für 2013 den Einsatz der
delt. Wegen seiner schnellen Bewegung am Himmel benann- Merkur-Sonde BepiColombo (Spohn et al. 2001).
ten ihn die Römer nach dem Götterboten Mercurius. Im Jahr
1639, nach der Erfindung des Fernrohrs, entdeckte Giovanni Exosphäre
Battista Zupi (1590–1650), dass der Merkur wie der Mond Pha-
sen zeigt und bewies damit seinen Umlauf um die Sonne. Wie der Erdmond verfügt der Merkur über keine Atmosphä-
Wegen der großen Sonnennähe ist der Merkur von der re im eigentlichen Sinne, sondern nur über eine Oberflächen-
Erde aus nicht leicht zu beobachten, da er am Himmel gebundene Exosphäre, deren Druck auf der Oberfläche des
niemals in einem größeren Winkelabstand als 28° östlich Planeten lediglich 10–15 bar beträgt! Sie enthält neben H2 und
oder westlich der Sonne erscheint. Auch die Erforschung He, die wahrscheinlich aus dem Sonnenwind stammen, noch
mit Raumsonden begegnet größeren technischen Schwie- O2 sowie interessanterweise Na und K, die vermutlich aus
rigkeiten. Hierfür sind insbesondere die hohe Temperatur dem Gesteinsmaterial der Merkur-Oberfläche freigesetzt
von maximal 467 °C während des Tages und der extreme wurden (Potter u. Morgan 1985, 1986; vgl. Taylor u. Scott 2005).
32.1 · Die erdähnlichen Planeten 569
Tabelle 32.1. Einige Bahnelemente und physikalische Eigenschaften der Planeten und des Erdmondes. (Modifiziert nach Unsöld u. Baschek 2005)
Ursprünglich bezeichnete man als Exosphäre (grch. έξο = außen, kommt als Besonderheit das Caloris-Becken und sein
σϕαι′ρα = Kugel) die äußerste Schicht der Erdatmosphäre mit glei- antipodisches Gegenstück (Vilas 1999).
tendem Übergang in den interplanetaren Raum, zu dem sie nach
Definition der NASA bereits gehört. Der Begriff wird sinngemäß auch
auf erdähnliche Planeten und Monde angewendet, die überhaupt Hochlandregionen. Die Hochländer des Merkur bestehen
keine Atmosphäre besitzen und deren Exosphäre daher im Gegensatz aus Gebieten mit hoher Kraterdichte, die mit flachwelligen
zur Erde nicht Atmosphären-, sondern Oberflächen-gebunden ist. Zwischenkrater-Ebenen abwechseln und häufig von die-
sen überdeckt oder umschlossen werden. Allerdings ist
Oberflächenformen auch in den Kraterlandschaften auf den Hochländern des
Merkur die Kraterdichte geringer als auf den Mond-Hoch-
Die Oberfläche des Merkur ist von zahlreichen Meteoriten- ländern, was insbesondere für Krater von <50 km ∅ gilt.
kratern unterschiedlicher Größe übersät, deren relatives Die Zwischenkrater-Ebenen entstanden wahrscheinlich
Alter man aus der jeweiligen Überschneidung der Impakt- während einer intensiven Phase des Meteoriten-Bombar-
Strukturen erschließen kann. Der Formenschatz ist ähnlich dements vor 4,2–4,0 Ga. Dabei wurden weite Teile der
wie bei den Mondkratern: Die kleineren Krater sind schüs- Hochländer mit Auswurf-Decken von riesigen Meteoriten-
selförmig, während die größeren flache Innenbereiche mit einschlägen zugeschüttet oder aber mit vulkanischen La-
oder ohne zentrale Erhebung und terrassierte Innenwände ven überflutet, die aus dem Inneren des Planeten geför-
aufweisen. Frischere Krater zeigen helle oder dunkle Höfe dert wurden (z. B. Taylor u. Scott 2005). Als Folge ver-
oder Strahlensysteme. Allerdings hat der Merkur wegen sei- schwanden bevorzugt die kleineren, primär gebildeten
ner größeren Masse eine 2,5 mal größere Gravitation als Krater. Heute findet man auf den Zwischenkrater-Ebenen
der Mond, so dass die Auswurfmassen wesentlich weniger meist nur Krater von <15 km ∅, die häufig zu Gruppen
weit fliegen. Das Streugebiet der Ejekta beträgt nur 65 % oder Ketten angeordnet sind, längliche, flache Formen
eines gleich großen Meteoriten-Kraters auf dem Mond. Ein zeigen und/oder an einem Ende offen sind. Solche Krater
interessantes Phänomen sind die gebogenen Steilstufen, die entstanden erst sekundär durch Gesteinsbruchstücke, die
in 20–500 m Länge die Merkur-Oberfläche durchziehen und beim Einschlag größerer Meteoriten losgerissen wurden.
relative Höhen von mehreren hundert bis 2 000 m erreichen.
Auf dem Merkur hat man bis jetzt keinerlei Hinweise auf Tiefebenen. Diese flachen Ebenen treten im Inneren und
aktiven Vulkanismus, Plattentektonik oder andere endoge- in der Nachbarschaft des riesigen Caloris-Beckens sowie
ne Prozesse gefunden, die noch heute andauern. am Boden anderer großer Becken und in der Nordpolar-
Ähnlich wie auf dem Mond lassen sich auf dem Mer- region des Merkur auf. Sie sind noch kraterärmer als die
kur zwei wesentliche Landschaftstypen unterscheiden, Zwischenkrater-Ebenen, dürften also jünger als diese sein.
nämlich die Hochlandregionen und die Tiefebenen. Dazu Wahrscheinlich entstanden sie gegen Ende der Periode
570 32 · Unser Planetensystem
des heftigen Meteoriten-Bombardements vor 3,8 Ga. Im Vergleich zum Mond zeigen die Tiefebenen des
Dabei könnten riesige Auswurf-Decken entstanden sein, Merkurs kein wesentlich geringeres Reflexionsvermögen
welche die Tiefebenen überschüttet haben. Andererseits (Albedo) als die Hochländer. Diese Tatsache weist auf re-
führt eine Neuauswertung der Mariner-10-Aufnahmen zu lativ geringe Gehalte an FeO (<3 Gew.-%) und TiO2 in den
der Annahme, dass die Tiefebenen teils mit Impakt- Merkur-Gesteinen hin, ähnlich wie bei den lunaren
Schmelzen, teils aber auch mit vulkanischen Laven über- Anorthositen. Dazu passen die erhöhten Ca- und Na-
deckt sind (Vilas 1999). Gehalte, die durch IR-Spektren angezeigt werden (vgl. Taylor
Das Caloris-Becken, mit einem Durchmesser von ca. u. Scott 2005). Aus diesen Beobachtungen könnte man ab-
1 340 km die größte Impakt-Struktur des Merkurs, ent- leiten, dass die gesamte Merkur-Kruste aus Anorthositen
stand vor ca. 3,85 Ga durch den Einschlag eines riesigen besteht und vielleicht – wie für den Mond angenommen
kosmischen Körpers von etwa 150 km ∅. Es wird von – in einem Magma-Ozean gebildet wurde. Allerdings
100–150 km breiten, 1 000–2 000 m hohem Ringgebirgen müssten in diesem Fall die Oberflächen der Tiefebenen
umgeben, die aus Auswurfsmassen und Impaktschmelzen größtenteils von Auswurf-Decken eingenommen werden,
bestehen. Der flache Beckenboden wird kreuz und quer was noch keineswegs unumstritten ist. Nach einem alter-
von zahlreichen runzelförmigen Graten und Störungen nativen Modell, für das einige Oberflächenformen in den
durchzogen und zeigt wenige, meist frische Meteoriten- Merkur-Tiefländern sprechen, wurden aus dem Innern
Krater. Der katastrophale Einschlag, bei dem die Energie des Planeten ungewöhnlich Fe-Ti-arme basaltische Mag-
von einer Trillion 1-Megatonnen-Wasserstoffbomben frei- men gefördert, welche die Tiefebenen überflossen. Beim
gesetzt wurde, erzeugte starke Erdbebenwellen, die den derzeitigen, immer noch sehr mageren Erkenntnisstand
gesamten Planeten durchliefen und sich – zusammen mit lässt sich nicht entscheiden, welches dieser beiden Mo-
Oberflächen-Wellen – im Antipodenbereich des Caloris- delle wahrscheinlicher ist.
Beckens fokussierten. In einem Gebiet, etwa so groß wie
die gesamte Fläche von Frankreich und Deutschland, Wassereis auf dem Merkur?
wurde hier die Merkur-Kruste um bis zu 1 km angeho-
ben und bis in große Tiefen zerblockt. Das dabei entstan- Bei der Sonnennähe des Merkurs mit Oberflächen-Tempe-
dene Gewirr von riesigen tektonischen Blöcken hat alle raturen von maximal 467 °C ist die Anwesenheit von Eis
älteren Strukturen zerschnitten. eigentlich nicht zu erwarten. Trotzdem gibt es in der Um-
gebung der beiden Pole etwa zwanzig Gebiete, die sich durch
Innerer Aufbau und chemische Zusammensetzung eine ungewöhnlich hohe Radar-Reflektivität auszeichnen.
Das könnte ein Hinweis darauf sein, das hier in permanent
Die hohe mittlere Dichte des Merkurs führt zwangs- beschatteten Kratern in der Tat H2O-Eis vorhanden ist. Je-
läufig zur Annahme eines Fe-reichen Metallkerns, des- doch können auch andere stärker reflektierende Substan-
sen Radius ungefähr ¾ des Gesamtradius und 70 % zen, z. B. Anflüge von elementarem Schwefel, Metallsulfide,
seiner Gesamtmasse ausmacht. Wegen der Kleinheit metallische Kondensate oder Halit-Niederschläge zur Er-
des Merkur sollte dieser Kern bereits weitgehend kris- klärung herangezogen werden (Slade et al. 1992).
tallisiert sein, so dass höchstens eine dünne Schale, in
der neben Fe und Ni noch ein weiteres leichtes Ele- 32.1.2
ment, z. B. Schwefel angereichet ist, im schmelzflüssigen Venus
Zustand vorliegt (s. Abschn. 29.4.2, S. 534f).
Astronomische Erforschung
Deswegen ist das schwache Magnetfeld, das durch Mariner 10 beim
Merkur festgestellt wurde, nur schwer zu erklären; denn der gerin- Als unser nächster Nachbar reflektiert die Venus den größ-
ge Schmelzanteil dürfte kaum ausreichen, um den Antrieb eines
ten Teil des Sonnenlichtes, das diesen Planeten bescheint,
geomagnetischen Dynamos zu ermöglichen. Außerdem dürfte
die geringe Rotationsgeschwindigkeit des Merkurs den Aufbau ei- und ist so nach Sonne und Mond das hellste Objekt am
nes solchen Dynamo-Systems behindern. Möglicherweise liegt Himmel. Als Abendstern ist die Venus noch einige Stun-
beim Merkur eine remanente Magnetisierung vor, die ursprüng- den nach Sonnenuntergang am Westhimmel sichtbar; als
lich im flüssigen Kern entstand und heute im festen Kern einge- Morgenstern erscheint sie kurz vor Sonnenaufgang. In
froren ist (Vilas 1999).
vielen antiken Kulturen wurde sie als Göttin verehrt, z. B.
Die gebogenen Steilhänge, die so charakteristisch für die als Aphrodite bei den Griechen und als Venus bei den
Merkur-Oberfläche sind, könnten ursprünglich auf Ab- Römern (vgl. Hunt u. Moore 1982). Die Beobachtung der
schiebungen zurück gehen, die durch Dehnungs-Tektonik Venus-Phasen überzeugten Galileo Galilei (1564–1642)
bei der Expansion des heißen Metallkerns angelegt wur- davon, dass das heliozentrische Weltbild von Nikolaus
den. Bei der Kristallisation des Kerns kam es zu einer leich- Kopernikus (1473–1543) richtig und das geozentrische
ten Schrumpfung des Planeten, und es entwickelte sich ein Weltbild von Ptolemäus (ca. 100–160 n. Chr.) falsch ist.
kompressives Spannungsfeld mit Überschiebungs-Tektonik. Bereits Edmund Halley (1656–1742) sagte voraus, dass
32.1 · Die erdähnlichen Planeten 571
sich die Entfernung Erde–Sonne (= 1 AE) anhand der des extrem geringen H2O-Gehalts in der Atmosphäre ist die
Venus-Durchgänge durch die Sonne berechnen lässt, was Venus ein trockener, praktisch wasserfreier Planet. Die Ab-
im Juni 1769 erstmals mit akzeptabler Genauigkeit ge- gabe des Wassers an den Weltraum erfolgte wahrscheinlich
lang, u. a. auch durch die Haiti-Expedition von James während einer frühen Episode, in der der Treibhauseffekt
Cook (1728–1779). In den 1920er Jahren wurden erste UV- nach Art einer Kettenreaktion heftig zunahm. Dabei könn-
Fotografien von der Venus gemacht und 1932 führten ten Entgasungsprozesse bei den häufigen Vulkanaus-
spektroskopische Untersuchungen zur zufälligen Entde- brüchen eine Rolle gespielt haben (Heald 1999).
ckung des hohen CO2-Gehaltes in der Venus-Atmosphä-
re (Fegley 2005). Oberflächenformen
Durch den Vorbeiflug der Raumsonde Mariner 2 trat 1962
die Venus-Forschung, die bis dahin nur auf bodengestützten Trotz der dicken Wolkenschicht ist die Oberfläche der Venus
Messungen basierte, in eine neue Phase. Seitdem war die durch Radar-Untersuchungen von bodengestützen Radio-
Venus mehrfach das Ziel von Weltraum-Missionen, so der Teleskopen und insbesondere von Raumsonden gut bekannt.
amerikanischen Raumsonden Mariner 5 und 10 (1967, 1973), So wurden durch die Magellan-Sonde 98 % der Planeten-
Pioneer Venus 1 und 2 (1978), Magellan (1989), Galileo (1989) Oberfläche mit einer Auflösung von 120–300 m aufgenom-
und CASSINI (1997) sowie der sowjetischen Raumsonden men. Im Gegensatz zur Erde nehmen flache Tiefebenen ca.
Venera 5 bis 16 (1969–1983) und Vega 1 und 2 (1983). Die 85 % der Venus-Oberfläche ein; sie sind überwiegend vul-
Raumsonden flogen teils in größerer Nähe an der Venus kanischen Ursprungs; Lavaströme sind weit verbreitet. Nur
vorbei, teils umrundeten sie den Planeten oder landeten etwa 15 % der Venus-Oberfläche sind Bergländer mit rau-
weich auf seiner Oberfläche, was im Jahr 1970 erstmals en Landschaftsformen. In Aphrodite Terra erreichen sie
Venera 7 gelang (Fegley 2005). Die Fülle von wissenschaft- Höhen von etwa 3 000–4 000 m, in den Maxwell Mountains
lichen Ergebnissen, die durch diese Weltraum-Missionen im Kontinent-artigen Hochland Ishtar Terra sogar 12 000 m.
erzielt wurden, vermitteln bereits ein recht anschauliches Wie auf dem Merkur und auf dem Mond ist die Venus-
Bild vom inneren Bau der Venus und ihrer Atmosphäre. Oberfläche durch eine Fülle von Meteoriten-Kratern ge-
prägt; jedoch ergaben ihre Verbreitung und ihr Alter über-
Atmosphäre und Klima raschende Befunde. Während man auf dem Mond, dem
Merkur und dem Mars Gebiete größerer und geringerer
Wie schon seit längerem bekannt, besteht die Atmosphä- Kraterdichte unterscheiden kann und die Krater ganz
re der Venus zum weit überwiegenden Teil aus CO2 mit unterschiedliche Alter aufweisen, sind die etwa 1 000 Kra-
einem Mengenanteil von 96,5 ±0,8 %. Den Rest bildet ter der Venus etwa gleichmäßig auf der Oberfläche verteilt,
hauptsächlich Stickstoff N2 (3,5 ±0,8 %), während alle zeigen relativ frische Formen und dürften nicht älter als
andere Gasspezies wie SO2, H2O Ar, CO, He, Ne, COS, H2S, etwa 500 Ma sein. Für die Erklärung dieses Befundes gibt
HDO, HCl im ppm-Bereich (part per million = g/t) liegen es zwei kontrastierende Hypothesen (Saunders 1999):
oder sogar im ppb-Bereich (part per billion) wie Kr, SO,
S, HF und Xe. Die meisten Gase sind durch Entgasung 1. Eine aktualistische Gleichgewichts-Hypothese nimmt
der Venus freigesetzt worden; lediglich die Edelgase Ar, an, dass vulkanische Eruptionen die Meteoriten-Kra-
Ne, und Xe dürften noch teilweise primordial sein, d. h. ter so schnell zerstören, wie sie gebildet wurden, so dass
auf die ursprüngliche Entstehung unseres Planetensys- auf der Venus stets etwa die gleiche Menge an Kratern
tems zurückgehen (Fegley 2005). vorhanden ist.
Von allen Planeten hat Venus die höchste Albedo, die mit 2. Demgegenüber wird die Hypothese einer globalen Ka-
75 % etwa 2,6 mal so groß wie die der Erde ist. Während tastrophe heute stärker favorisiert. Sie geht davon aus,
66 % der absorbierten Sonnenergie die Erdoberfläche er- dass besonders heftige vulkanische Eruptionen vor ca.
reicht, nehmen bei der Venus die oberste Atmosphäre und 500 Ma die gesamte Venus-Oberfläche umgestalteten
die Wolkenschicht in 70 km Höhe bereits 70 % der Solar- und alle älteren Meteoriten-Krater zerstörten. Ein sol-
energie auf, weitere 19 % werden in der unteren Atmosphäre ches Ereignis würde auch dazu geführt haben, dass die
absorbiert und nur 11 % erreichen die Oberflächen des Pla- Zeugnisse der älteren geologischen Geschichte der
neten. Die geringe IR-Durchlässigkeit des in der Lufthülle Venus verloren gingen.
dominierenden CO2 erzeugt einen Super-Treibhauseffekt,
der hohe Temperaturen von ca. 470 °C auf der Venus-Ober- Unabhängig von dieser Problematik zeigen die Mete-
fläche bewirkt. Auch der mittlere Luftdruck von 95,6 bar oriten-Krater der Venus interessante Details, die z. T. auf
(= 95 600 hPa) ist wesentlich höher als auf der Erde (ca. den Einfluss der dichten Atmosphäre zurückgehen. So gibt
1 bar = 1 000 hPa). In der Wolkenschicht in etwa 45–70 km es keine intakten Krater mit kleineren Durchmessern als
Höhe über der Venus-Oberfläche spielen sich eine Reihe 3 km, was bedeutet, dass keine Objekte von <30 m ∅ den
von interessanten fotochemischen Reaktionen ab, auf die Venusboden mit so hoher Geschwindigkeit erreicht ha-
wir hier nicht eingehen können (Fegley 2005). Aufgrund ben, um bei ihrem Einschlag einen Krater zu erzeugen.
572 32 · Unser Planetensystem
Kleinere Objekte wurden entweder in der Atmosphäre nommen, dass diese Vulkanbauten auf den Aufstieg von
zerstört oder soweit abgebremst, dass sie nur mit Fallge- Mantel-Plumes zurückgehen.
schwindigkeit auftrafen. Allerdings zeigen die häufig be- Ein auffallendes Landschaftselement auf der Venus
obachteten dunklen Flecken, dass auch kleine Meteoroide, sind mäandrierende „Fluss-Systeme“ die gigantischen
die niemals den Venusboden erreichten, Schockwellen Lava-Tunneln gleichen; der größte von ihnen, Baltis
und starke Winde erzeugten, durch die die Venus-Ober- Vallis, ist 6 800 km lang. Da Wasser auf der Venus-Ober-
fläche pulverisiert und geglättet oder mit Auswurfs-De- fläche fehlt, müssen hier sehr dünnflüssige Laven ge-
cken überzogen wurde. Krater mit Durchmessern von flossen sein, die z. B. die chemische Zusammensetzung
<30 km sind gewöhnlich unregelmäßig oder bestehen aus von Komatiiten oder Karbonatiten hatten.
Kratergruppen, was darauf hinweist, dass größere Meteo-
roide beim Flug durch die Venus-Atmosphäre in Einzel- Die sowjetischen Raumsonden Venera 13 und 14 so-
stücke zerbrochen sind. Wie auch auf Mars, Merkur und wie Vega 2 führten an kleinen, bis 3 cm langen Bohrkernen
Mond, gibt es häufig Hinweise auf schrägen Impakt, auf des Venusbodens röntgenfluoreszenzspektroskopische
das Ausfließen von Impaktschmelzen und auf wind- Analysen durch. Sie erbrachten chemische Zusammen-
verblasene Auswurfsmassen (Saunders 1999). setzungen, die denen von irdischen Ozeanboden-Basal-
ten (MORB) oder von K-reichen Alkalibasalten (Leucit-
Vulkanismus Basalten) ähneln (vgl. Fegley et al. 2005).
Alle Befunde sprechen dafür, dass der Vulkanismus auf Tektonik und innerer Aufbau
der Venus bis in die jüngste geologische Vergangenheit
eine wichtige Rolle spielte. Dabei wurden überwiegend Ba- Anders als bei Erde, Mond und Mars besitzen die Hoch-
salte, aber auch SiO2-reichere Laven gefördert. Insbesondere und Tiefländer der Venus etwa gleiches Alter und haben
die Tiefländer sind weitgehend von Lavaströmen und eine ähnliche geologische Entwicklung durchgemacht.
ausgedehnten Plateaubasalten überdeckt. Unter den ca. Einen ausgeprägten Gegensatz, wie er zwischen den al-
100 Vulkanbauten der Venus kann man folgende Typen ten Kratonen und den jungen Ozeanböden der Erde oder
unterscheiden (Saunders 1999): den Hochländern und den Maria des Mondes existiert,
gibt es auf der Venus nicht. Die Hochländer der Venus
Kleine Schildvulkane mit <20 km Basis-∅, rundlichen repräsentieren nicht die früheste Phase der Krusten-
Umrissen und Gipfelkratern sind am häufigsten; sie bildung auf diesem Planeten, sondern sind im Zuge einer
bilden oft Gruppen und lassen Lavaströme erkennen. komplexen Deformationsgeschichte entstanden, an der
Die vulkanische Tätigkeit, die zu diesem Vulkantyp Bruch- und Faltungstektonik beteiligt waren und die den
führte, dürfte wesentlich zur Entstehung der Venus- gesamten Globus erfasste (Saunders 1999; Heald 1999).
Kruste beigetragen haben. Dabei entstanden intensiv zerblockte Krustenteile, die
Rundliche Lavadome mit 20–100 km Basis-∅ zeigen Tesserae (lat. Täfelchen), die in den Hochländern noch
steile Hänge und flache Gipfelbereiche mit einem erhalten sind, wenn sie auch heute nur <10 % der Plane-
rundlichen oder länglichen Zentralschlot. Sie erinnern ten-Oberfläche ausmachen. Sie könnten in Bereichen von
an irdische Lavadome, die aus relativ viskosen, stärker aufsteigenden Mantel-Plumes entstanden sein, wo es zu
differenzierten, SiO2-reichen magmatischen Schmel- verstärktem Vulkanismus mit Bildung von vulkanischen
zen gebildet wurden. Hinweise auf explosiven Vulka- Plateaus und zur Krustenverdickung kam; die nachfol-
nismus sind vorhanden; dieser wird durch den hohen gende Abkühlung führte dann zum gravitativen Kollaps
Luftdruck auf der Venus-Oberfläche begünstigt, der die und zur tektonischen Zerblockung. Eine andere Hypo-
Entgasung der Magmen verzögert. these zieht die hohe Oberflächen-Temperatur der Venus in
Große Schildvulkane mit >100 km Basis-∅ weisen häu- Betracht und geht davon aus, dass der Planet während der
fig Lavaströme auf, die radial aus dem Gipfelbereich meisten Zeit seiner Geschichte eine leicht verformbare
abfließen. Ein typischer Vertreter ist Sapas Mons mit Unterkruste hatte. Dementsprechend war die Strainrate an
einem Basis-Durchmesser von 400 km und einer Höhe seiner Oberfläche sehr groß, was die planetenweite Entste-
von 1 500 m; in seinem Gipfelbereich zeigt er eine Ein- hung der Tesserae begünstigte. Erst in einem späten Sta-
bruchs-Caldera, und seine Lavaströme erstrecken sich dium der geologischen Geschichte nahm der Wärmefluss
auf hunderte von Kilometern über die von Störungen ab und damit sank auch die Strainrate.
durchzogene Ebene. Die nachfolgende Entwicklung ist durch mehrere Phasen
Eine Sonderform der großen Venus-Vulkane bilden die intensiver vulkanischer Aktivität bestimmt. Dadurch wur-
Coronae; sie sind durch große, konzentrische Ring- den riesige Gebiete in den Tiefländern mit Lavaströmen und
brüche gekennzeichnet, aus denen wiederholt Lava- Plateaubasalten überdeckt, in denen die Tesserae buchstäb-
ströme ausflossen. In der weiteren Umgebung beob- lich ertranken. Es entstanden die großen Tiefland-Ebenen,
achtet man Systeme von Radialspalten. Es wird ange- die z. T. von breiten Riftzonen und Wrinkle Ridges (s. Ab-
32.1 · Die erdähnlichen Planeten 573
schn. 30.1.2, S. 540) durchzogen werden. In den Hochlän- Obwohl wir zur Zeit noch keine direkten Informatio-
dern sind tektonische Störungen sowie Horst- und Graben- nen über das tiefe Innere der Venus besitzen, spricht
Strukturen weit verbreitet, wobei man mindestens zwei sich die hohe mittlere Dichte von 5,24 für einen metallischen
kreuzende Systeme von Strukturen unterscheiden kann. Kern (Abb. 32.2). Es ist jedoch umstritten, ob dieser
Auf der Venus fehlen jegliche Anzeichen dafür, dass heute schon vollständig fest oder noch teilweise flüssig ist und
plattentektonische Prozesse ablaufen und es ist sehr frag- sich noch im Stadium der fortschreitenden Kristalli-
lich, ob sie in der geologischen Vergangenheit jemals statt- sation befindet. Ein eigenes Magnetfeld wurde bei der
gefunden haben. Zwar sind die großen Schildvulkane und Venus nicht festgestellt, was an ihrer geringen Rotati-
die Coronae meist an Riftzonen gebunden, die bevorzugt ons-Geschwindigkeit liegen könnte. Die Kern-Mantel-
im Äquatorialbereich des Planeten auftreten, doch gibt es Grenze dürfte in einer Tiefe von ca. 3 250 km liegen;
im Gegensatz zur Erde keine linearen Vulkan-Ketten, die die Dicke der Venus-Kruste variiert zwischen 40 und
auf die Bildung von mittelozeanischen Rücken oder von 100 km, wobei die größten Krustendicken in den
Subduktionszonen hinweisen. Auf der Erde wird Ozean- Tesserae-Gebieten auftreten (Fegley 2005).
wasser durch Subduktionsprozesse in den Erdmantel trans-
portiert und dadurch die Solidus-Temperatur der Mantel- 32.1.3
gesteine gesenkt (Abb. 19.3, S. 308ff). So kommt es zur Ent- Mars
stehung einer fließfähigen Schicht, der Asthenosphäre
(Abb. 29.17, S. 527), durch die Konvektionsvorgänge im tie- Astronomische Erforschung
fen Erdmantel von den Plattenbewegungen der Lithosphä-
re abgekoppelt werden. Auf der praktisch wasserfreien Venus Schon seit langem hat der Mars, der „Rote Planet“, die Phan-
ist das nicht der Fall; eine Asthenosphäre fehlt und der Stil tasie des Menschen angeregt; er ist mit Sicherheit der erste
der planetaren Tektonik ist ein völlig anderer. Allerdings extraterrestrische Planet, den jemals ein Mensch betreten
machen theoretische Modelle wahrscheinlich, dass der wird. Die Existenz von Leben auf dem Mars wurde und wird
Mantel der Venus – ähnlich wie der Erdmantel – einen noch heute für möglich gehalten. Man dachte sogar daran,
Lagenbau aufweist. Möglicherweise gab es wechselnde Pha- dass auf dem „Roten Planeten“ eine höhere Zivilisation exis-
sen von Kontraktion und Extension, die alle 300–750 Ma tiert, die vielleicht der irdischen weit überlegen sei, wie das
miteinander abwechselten. Dabei wurden durch Konvek- in den Romanen von Curd Lasswitz (1897) „Auf zwei Pla-
tionsvorgänge im Oberen Venus-Mantel planetenweit tek- neten“ oder von H. G. Wells (1898) „Krieg der Welten“ an-
tonische Bewegungen erzeugt. Beim Aufstieg von Mantel- schaulich geschildert wird. Lineare Strukturen, die 1877
Plumes kam es zur Dehnungstektonik und zum Vulkanis- Giovanni Schiaparelli (1835–1910) auf der Marsoberfläche
mus, bei deren Absinken zur Kompressionstektonik mit Sta- entdeckt zu haben glaubte und als „Marskanäle“ bezeichne-
pelung der heißen, „plastischen“ Venus-Kruste. In jüngster te, interpretierte man später als System von künstlichen
Zeit hat die Intensität der Tektonik und des Vulkanismus Kanälen, durch die Wasser von den Polen zu den äquatori-
wahrscheinlich nachgelassen. alen Wüsten geleitet werden sollte.
Bereits seit der beginnenden Neuzeit war der Mars aber
auch Gegenstand ernsthafter astronomischer Forschung.Auf
der Grundlage der sehr genauenVermessungen der Planetenpo-
sitionen des Mars durch Tycho Brahe (1546–1601) konnte
Johannes Kepler (1571–1630) die elliptische Bahn des Planeten
berechnen und daraus die drei Keplerschen Gesetze ablei-
ten. Christiaan Huygens (1629–1695) berechnete die Eigen-
rotation des Mars auf 24,5 Stunden, was dem heute gülti-
gen Wert von 24,623 h erstaunlich nahe kommt. Die weißen
Polkappen des Mars wurden bereits 1666 von Giovanni Dome-
nico Cassini (1625–1712) beschrieben. 1784 bestimmte Wil-
helm Herschel (1738–1822) die Neigung der Rotationsachse
gegen die Umlaufbahn.Die ersten Karten des Mars wurden 1830
von Wilhelm Beer (1797–1850) und – mit größerer Genau-
igkeit – 1869 von Richard Proctor (1837–1888) angefertigt.
Erst die Fotos der amerikanischen Raumsonden Mari-
ner 4, 6 und 7, die in den Jahren 1964 und 1969 nahe am
Mars vorbeiflogen, veränderten diese Vorstellungen grund-
sätzlich, da sie eine offensichtlich leblose Kraterlandschaft,
Abb. 32.2. Der innere Aufbau der Venus. Rv = Venus-Radius. (Nach ähnlich wie der auf dem Mond zeigten. Jedoch wurde
Fegley 2005) dieses Bild 1971 erneut revidiert, als Mariner 9 in eine
574 32 · Unser Planetensystem
Umlaufbahn um den Planeten einschwenkte und mehrere reszeiten hat. Die Südhalbkugel befindet sich während des
tausend Fotos von einer sehr abwechslungsreichen, dem Sommers in größter Sonnennähe (Perihel), während des Win-
Mond sehr unähnlichen Mars-Oberfläche lieferte. Diese Be- ters dagegen in größter Sonnenferne (Aphel); auf der Nord-
funde wurden im gleichen Jahr von der sowjetische Raum- halbkugel ist es umgekehrt. Daher sind die Jahreszeiten im
sonde Mars 3 ergänzt und bestätigt. Wichtige Ergebnisse Süden wesentlich ausgeprägter als im Norden, der ein aus-
erzielten die beiden amerikanischen Viking-Sonden, die geglicheneres Klima besitzt. Die Sommer-Temperaturen
1976 in eine Umlaufbahn um den Mars geschickt wurden können im Süden bis zu 30 °C höher sein als im Norden.
und die Viking Lander auf dem Marsboden aussetzten. Die Eisschichten auf den Polkappen repräsentieren
Über vier Jahre übermittelten diese Geräte eine Fülle von langfristige Klimaschwankungen in der Größenordnung
Daten, erbrachten aber keinen Hinweis auf Leben. von 10 000 Jahren, die auf eine chaotische Variation der
Im Jahr 1997 wurde die amerikanischen Raumsonde Achsenneigung zwischen 0 und 60° in den letzten 10 Ma
Mars Pathfinder gestartet, deren kleines Marsmobil Mars- zurückgehen. In der geologischen Vergangenheit war das
rover Sojurner wichtige Analysenergebnisse über die Ge- Klima des Mars heißer und feuchter (Jakosky 1999).
steine in der Umgebung der Landestelle gewann. Die Raum-
sonde Mars Global Surveyor kartierte von 1997 bis 2006 die Oberflächenformen
gesamte Marsoberfläche mit einer Auflösung von einigen
hundert Metern, ja bis herunter zu 10 m (Carr 1999). Seit Der Mars zeigt eine ausgesprochen ungleichmäßige Vertei-
2003 sendet die europäische ESA-Raumsonde Mars Express lung seiner geologischen und geomorphologischen Merk-
Daten von einer Umlaufbahn um den Mars; jedoch ging male. Der Hauptteil seiner Südhalbkugel und kleinere An-
das dazugehörige Landegerät Beagle 2 leider verloren. teile der Nordhalbkugel – insbesondere in der weiteren Um-
Durch die NASA wurden seit 2001 insgesamt 15 weitere gebung des 330°-Meridians – werden von stark zerkraterten
Raumsonden zum Mars geschickt, von denen im Jahr 2004 Hochländern mit Höhen von 1 000–40 000 m über NN ein-
Spirit und Opportunity weich landeten und Marsmobile genommen. Hierzu gehören die Tharsis- und die Elysium-
zur Beprobung und Analyse von Gesteinen ausschickten. Schwelle, riesige Erhebungen der Marskruste mit aufgesetz-
Am 26. Mai 2008 landete Phoenix in der Nähe des Mars- ten Vulkanbauten (Abb. 32.3). Im Gegensatz dazu werden
Nordpols, wo sie mit einem Greifarm Proben aus 50 cm die größten Teile der Nordhalbkugel, aber deutlich gerin-
Tiefe holen konnte, um im Dauerfrost-Boden Schmelz- gere Teile der Südhalbkugel von flachen Tiefebenen mit
wasser nachzuweisen. Am 6. August 2012 landete der geringer Kraterdichte eingenommen. Ein auffälliges Ele-
Rover „Mars Science Laboratory Curiosity“ auf dem Pla- ment bildet hier das riesige Impakt-Becken Hellas. Etwa die
neten mit dem Ziel geologische Analysen durchzuführen. Hälfte der Mars-Oberfläche ist mit einer Hülle von rotem,
feinkörnigem Staub bedeckt.
Atmosphäre und Klimaverhältnisse
Einer der besterhaltenen Impakt-Krater auf dem Mars ist der <3 Ma
alte Tooting-Krater (27,2 km ∅) in der Amazonis Planitia, der durch
Der Mars besitzt eine sehr dünne Atmosphäre, die zu ca. das High Resolution Imaging Science Experiment (HiRISE) und die
95 % aus CO2 besteht, gefolgt von 2,7 % N2, 1,6 % Ar, Context Camera (CTX) der Raumsonde Mars Reconnaissance Orbi-
0,13 % O2 und 0,006 % H2O sowie 2,5 ppm Ne, 0,3 ppm Kr ter (MRO) (2006) detailliert aufgenommen wurde (Mouginis-Mark u.
und 0,08 ppm Xe (z. B. McSween 2005). Der mittlere Luft- Boyce 2012). Danach liegt der tiefste Punkt des Kraterbodens 1 274 m
unter dem höchsten Punkt des Kraterrandes; die zentrale Erhebung
druck auf der Marsoberfläche beträgt lediglich 0,00636 bar ist ca. 1 100 m hoch. Die Ergebnisse vermitteln wichtige Erkenntnisse
(= 6,36 hPa), also nur ein Bruchteil des Luftdrucks, der auf über die Abfolge der Schockeinwirkung innerhalb und außerhalb des
der Erdoberfläche herrscht. Allerdings machen die Ergeb- Kraters und gestatten einen Vergleich mit den Befunden am Krater
nisse der Weltraum-Missionen wahrscheinlich, dass der des Nördlinger Rieses. Die Ablagerungen in der unmittelbaren Umge-
Mars in der geologischen Vergangenheit eine wesentlich bung des Tooting-Kraters lassen sich als Sedimentströme, Decken von
Impaktschmelzen und Auswurf-Decken interpretieren. Es gibt zahl-
dichtere Atmosphäre besaß, die jedoch wegen seiner – im
reiche Hinweise darauf, dass an den Kraterwänden Wasser herabfloss.
Vergleich zu Merkur, Erde und Venus – relativ geringen
mittleren Dichte (3,9335 ±0,0004 g/cm3) und Gravitations- Auf Grund der Kraterhäufigkeit lassen sich auf dem Mars
kraft allmählich an den Weltraum verloren ging. Die dün- drei stratigraphische Großeinheiten unterscheiden, das No-
ne Mars-Atmosphäre mit ihrem – absolut gesehen – gerin- achium, das Hesperium und das Amazonium (Tanaka 1986;
gen CO2-Gehalt vermag nur wenig Sonnenwärme zu spei- Hartmann u. Neukum 2001). Die zeitliche Grenze zwischen
chern, so dass der Mars fast keinen Treibhauseffekt besitzt Noachium und Hesperium liegt bei 3,7–3,5 Ga, die zwischen
(Jakosky 2005; McSween 2005). So liegt die mittlere Ober- Hesperium und Amazonium bei 3,3–2,9 Ga. In den Hochlän-
flächen-Temperatur bei etwa –50 °C, jedoch mit erhebli- dern, die ins Noachium gehören, haben sich die Landformen
chen Schwankungen. In Äquatornähe werden am Tag 20 °C, seit 3,5 Ga nur wenig verändert. Wahrscheinlich wurden sie
nachts dagegen nur –85 °C erreicht. während der Phase des heftigen Meteoriten-Bombardements
Die Exzentrizität der Marsbahn ist etwa 5,5 mal so groß vor 3,9–3,8 Ga geprägt, das wir bereits aus der Geschichte
wie die der Erdbahn, was starke Auswirkungen auf die Jah- des Mondes kennen (Abschn. 30.3, S. 544f). Demgegenüber
32.1 · Die erdähnlichen Planeten 575
Abb. 32.3.
Die Topographie des Tharsis-
Plateaus auf dem Mars mit den
großen Schildvulkanen. (Nach
Faure u. Mensing 2007)
Wasser auf dem Mars Daneben gibt es auf den Hochebenen des Mars wie
Elysium Planitia und Amazonis Planitia (Abb. 32.3) Flut-
Alle diese Beobachtungen weisen darauf hin, dass in der basalte, deren Alter bis etwa 2 Ga zurückreicht, während
geologischen Vergangenheit Wasser auf dem Mars existier- die geringe Kraterdichte der jüngsten, ungewöhnlich fri-
te. Bei gleichmäßiger Bedeckung der gesamten Planeten- schen Lavaströme auf Alter von nur 20–30 Mio. Jahren
Oberfläche kann man eine Wassertiefe von 500 m abschät- hinweist (Hartmann u. Neukum 2001). In der Nähe des
zen; auf der Erde wären das 3 km (Carr 1999). Eine immer Impakt-Beckens Hellas liegt der Vulkan Tyrrhena Patera,
noch ungelöste Frage ist nun, wohin dieses Wasser ver- dessen Förderprodukte geschichtet und tief erodiert sind.
schwunden ist. Ein Teil des ursprünglichen Wassers ist wahr- Es handelt sich wahrscheinlich um Pyroklastite, die
scheinlich als H2O-Eis fixiert. Unter den gegenwärtigen kli- SiO2-reichere Zusammensetzungen aufweisen als die
matischen Bedingungen ist Eis bis zu Breiten von 30–40° Basaltlaven der Schildvulkane.
nördlich und südlich des Äquators sowohl an der Mars- Mit einer Längserstreckung von 4 000 km und Höhen
Oberfläche als auch im Untergrund instabil; es würde in bis zu 10 000 m über NN stellt die riesige Tharsis-Schwel-
die Atmosphäre sublimieren. Dagegen könnte in höheren le, deren Bildung bis in das Noachium zurückreicht, das
Breiten im Winter Eis im Dauerfrost-Boden unter der herausragende tektonische Element des Mars dar. Die
Mars-Oberfläche existieren, in den Polar-Regionen sogar Schwelle ist von einem ausgedehnten System von radia-
ganzjährig (Abb. 32.4). Hier könnte auch Schmelzwasser len tektonischen Gräben und konzentrischen Kompres-
vorhanden sein, dessen Nachweis ein wichtiges Ziel der sions-Rücken umgeben, die fast ein Drittel der Mars-Ober-
Raumsonde Phoenix ist. Die weißen Polkappen des Mars, fläche beeinflussen (Abb. 32.3). So ist das riesige Canyon-
die bereits 1666 von Cassini entdeckt wurden, bestehen System der Valles Marineris, das sich von der Ostflanke
dagegen aus CO2-Eis. der Tharsis-Schwelle auf mehr als 4 000 km nach Osten
verfolgen lässt, tektonisch angelegt. Das gesamte Bruch-
Vulkanismus und Tektonik system ist offensichtlich durch gravitativen Kollaps ent-
standen, der auf die enorme Krustenverdickung im Be-
Als Zeugen vulkanischer Aktivität sind die Vulkanbauten reich der Tharsis-Schwelle zurückgeht. Wir wissen noch
auf dem Mars besonders eindrucksvoll. Hierzu gehören vor nicht, welche Mantel-Prozesse dafür verantwortlich sind,
allem die großen Schildvulkane Arsia Mons, Pavonis Mons dass im Bereich der Tharsis- und der Elysium-Schwelle über
und Ascraeus Mons auf der Tharsis-Schwelle sowie der iso- Zeiträume von mehreren Milliarden Jahren Krusten-
lierte Olympus Mons nordwestlich davon (Abb. 32.3, 32.5). verdickung und Vulkanismus stattfanden. Im Gegensatz zur
Diese Vulkane entstanden während des Amazoniums, also Erde hat es auf dem Mars niemals plattentektonische Pro-
in einer relativ späten Phase der Marsentwicklung, im Zu- zesse gegeben; es herrscht Vertikal-Tektonik, die vermut-
sammenhang mit aufsteigenden Mantel-Plumes (z. B. lich stärker durch endotherme und exotherme Phasenü-
McSween 2005). Mit einem Basisdurchmesser von 550– bergänge im Inneren des Planeten gesteuert wird, als das
600 km und einer Höhe von ca. 26 000 m über NN bzw. ca. im Erdinnern der Fall ist (Head 1999).
24 000 m über der umgebenden Hochebene ist Olympus
Mons der größte bisher bekannte Schildvulkan unseres Pla- Zusammensetzung der Marsgesteine
netensystems. Er übertrifft an Größe bei weitem den Mauna
Loa auf Hawaii, den größten Schildvulkan der Erde mit ei- Die besten Daten über die chemische und mineralogische
nem Basisdurchmesser von 120 km, der sich „nur“ 9 100 m Zusammensetzung von Marsgesteinen liefern die Meteori-
über dem Boden des Pazifik erhebt (Abb. 32.5). Ähnlich wie te aus der Gruppe der SNC-Achondrite (Shergottite, Nakhlite,
die anderen nahe gelegenen Vulkane zeigt Olympus Mons Chassignite), die von der Oberfläche des Mars stammen
in seinem Gipfelbereich eine komplex zusammengesetzte (vgl. Abschn. 31.3.2, S. 556f). Sie stellen Basalte und ultra-
Gipfel-Caldera mit dem riesigen Durchmesser von ca. mafische Kumulate dar, die entsprechenden irdischen
90 km, was auf eine entsprechend große Magmenkammer Gesteinen sehr ähneln, jedoch – bezogen auf das Mg/Si-
im Inneren des Vulkans schließen lässt. An der Basis von Verhältnis – einen geringeren Al-Gehalt sowie meist hö-
Olympus Mons beobachtet man eindrucksvolle Steilstufen, here Verhältnis von volatilen zu refraktären Elementen
die bis zu 6 000 m hoch werden (Abb. 32.5). Man nimmt an, (z. B. K/La) aufweisen (vgl. McSween 2005).
dass die großen Schildvulkane des Mars über einen Zeit-
raum von mehreren Milliarden Jahren aktiv waren. Die Viel- Die Geochemie der basaltischen Shergottite ist in unterschiedli-
zahl der übereinander geflossenen Lavaströme sind in un- chem Maß durch die Assimilation von krustalen Gesteinen modi-
terschiedlichem Maß von verschieden alten Kratern durch- fiziert worden, wobei es zur Anreicherung inkompatibler Elemen-
te kam. Das zeigt sich an zunehmend erhöhten LREE/HREE-,
setzt (z. B. McSween 2005; Head 1999). Dabei weisen die
Rb/Sr- und Nd/Sm- Verhältnissen sowie an hohen 87Sr/86Sr- und
jüngsten Lavaströme von Olympus Mons eine sehr geringe niedrigen 143Nd/144Nd-Initialwerten (vgl. Abschn. 33.5.3, S. 615f).
Kraterdichte auf und dürften nicht älter als 100–200 Ma sein Darüber hinaus waren die assimilierten Krustengesteine stärker
(Hartmann u. Neukum 2001). oxidiert als die basaltischen Magmen aus dem Mars-Mantel.
32.1 · Die erdähnlichen Planeten 577
Abb. 32.5. a Satellitenbild des Schildvulkans Olympus Mons mit einer Höhe von 24 000 m über der unterlagernden Hochebene und 26 000 m
über NN. Man erkennt die große, komplexe Gipfelcaldera, Lavaströme unterschiedlichen Alters, die randlichen Steilhänge sowie junge
Meteoriten-Krater. b Die Seitenansicht zeigt den spektakulären Steilhang an der SO-Flanke von Olympus Mons; zum Größenvergleich ist
der größte Schildvulkan der Erde, der Mauna Loa auf Hawaii eingezeichnet; jeweils 5-fach überhöht. (Nach Carr 1999)
Mit Ausnahme des Mars-Meteoriten ALH 84001, des- In-situ-Analysen von Marsgesteinen sind selten. Mit-
sen Alter mit isotopischen Methoden zu etwa 4,5 Ga be- tels Röntgen-Fluoreszenz-Spektroskopie und Alpha-Pro-
stimmt wurde, erbrachten die SNC-Achondrite relativ jun- tonen-Röntgenspektrometrie analysierten die Rover der
ge isotopische Alter von 1,22–1,66 Ga (Borg et al. 2005); Viking- und Mars-Pathfinder-Sonden hauptsächlich den
sie entstanden also in der jüngeren geologischen Periode Marsboden, der maximal bis in Tiefen von einigen Zenti-
des Mars, dem Amazonium. metern beprobt wurde. Diese lockeren Staubsedimente
578 32 · Unser Planetensystem
sind durch Windtransport homogenisiert worden, stel- S. 522ff, Abb. 29.19). An einer chemischen Pauschal-
len also keine unveränderten Proben der unterlagernden zusammensetzung, die dem Modell von Wänke u.
Gesteine dar. Sie erbrachten über Tausende von Kilome- Dreibus (1988) entspricht, wurden von Bertka u. Fei
tern etwa die gleiche Zusammensetzung, die in vieler Hin- (1997) Hochdruck-Experimente durchgeführt. Danach
sicht den basaltischen Shergottiten ähneln. Die chemische entsteht in einer Manteltiefe von ca. 1 000 km die Pa-
in-situ-Analyse an einem staubfreien Mars-Gestein im ragenese Wadsleyit β -(Mg,Fe)2SiO4 + Klinopyro-
Hochland Chryse Planitia ergab – überraschenderweise xen, die sich in ca. 1 270 km Tiefe in Ringwoodit
– eine Andesit-Zusammensetzung (z. B. Rieder et al. 1997; γ -(Mg,Fe)2SiO4 + Majorit-Granat Mg3MgSi[6][Si[4]O4]3
Wänke et al. 2001; McSween 2005). Wie durch thermische umwandelt; ab 1 700 km Manteltiefe herrschen
Emissions-Spektroskopie (TES) gezeigt wurde, könnten Perowskit-Phasen vor.
die Böden in den nördlichen Tiefebenen des Mars, die Nach dem geochemischen Modell von Wänke u.
früher einmal von einem Ozean bedeckt waren, ebenfalls Dreibus (1988) nimmt der Kern ca. 22 % der Gesamt-
andesitische Zusammensetzung haben. Jedoch liegen masse des Mars ein. Danach befände sich die Kern/
möglicherweise auch mechanische Mischungen von Basalt Mantel-Grenze in einer Tiefe von ca. 1 950 km; jedoch
und Andesit oder verwitterte Basalte vor, die praktisch die sind – modellabhängig – Abweichungen von einigen
gleichen TES-Spektren aufweisen wie Andesit. Obwohl die hundert Metern von diesem Wert möglich. Die nach
TES-Analysen durch die Allgegenwart von Eisenoxiden er- diesem Modell berechnete Kernzusammensetzung
schwert wird, scheint sicher zu sein, dass die Marsböden des Mars liegt bei 53 % Fe, 8 % Ni und 39 % FeS, wo-
hohe Anteile der magmatischen Minerale Plagioklas und bei möglicherweise vorhandene Gehalte an Wasser-
Pyroxen enthalten, während Quarz fehlt. Als Umwandlungs- stoff und Kohlenstoff in Form von FeH bzw. Fe7C3
produkte dürften Mischungen unterschiedlicher Tonmine- nicht berücksichtigt sind. Andere Modellrechnungen
rale und/oder Palagonit, das Zersetzungsprodukt von kommen im Grundsatz zu ähnlichen Ergebnissen,
basaltischem Glas (Abschn. 14.1, S. 243), dominieren. wenn auch mit abweichenden Fe/Ni-Verhältnissen
(Bertka u. Fei 1998; McSween 2005).
Innerer Aufbau
Im Gegensatz zum Merkur und zur Venus besitzen Die Marsmonde Phobos und Deimos
wir durch die Mars-Pathfinder-Mission (1997) sehr
genaue Messungen des Trägheitsmomentes vom Die beiden kleinen Satelliten des Mars, Phobos und Deimos
Mars. Danach und auf Grund seiner mittleren Dich- wurden 1877 von dem amerikanischen Astronomen Asaph
te von 3,93 g/cm3 unterliegt es keinem Zweifel, dass Hall (1829–1907) entdeckt. Deimos (grch. δειμος = Schre-
••
der Mars einen Metallkern besitzt. Die Differentiati- cken) hat eine fast exakte Kreisbahn mit einem Radius von
on in Kern, Mantel und Kruste fand bereits während 23 459 km und benötigt für einen Marsumlauf 1 Tag 6 h
seiner frühesten geologischen Geschichte statt; das 18 min. Wie der Erdmond wendet er dem Mars immer die
isotopische Alter des Mars-Meteoriten ALH 84001 gleiche Seite zu. Demgegenüber hat die Bahn von Phobos
von ca. 4,5 Ga weist auf diese frühe Phase der Krusten- (grch. ϕόβος = Furcht) eine größere Exzentrizität mit einer
bildung hin. Die Messdaten von Mars Global Surveyor Halbachse von nur 9 378 km. Für seinen Umlauf benötigt er
sprechen für eine durchschnittliche Krustenmächtigkeit lediglich 7 h 39 min 12 s, so dass er zweimal am Tag aufgeht,
von mindestens 40–50 km. Sie steigt in der Tharsis- und zwar – wegen seiner scheinbar retrograden Umlauf-
Schwelle auf >100 km an, um den isostatischen Aus- bahn – vom Mars aus gesehen im Westen. Durch die Nähe
gleich für die riesigen Schildvulkane zu gewährleis- zum Mars kommt es praktisch bei jedem Umlauf des Phobos
ten, die dieser Schwelle aufsitzen. zu einer Mond- und einer partiellen Sonnenfinsternis.
Bis jetzt liegen uns keine Xenolithe vor, die direk- Phobos und Deimos besitzen lediglich Durchmesser
te Hinweise auf die chemische und mineralogische von 22 bzw. 12 km und sind unregelmäßig geformt. Die
Zusammensetzung des Mars-Mantel geben könnten. Oberfläche von Deimos lässt nur relativ wenige Meteori-
Jedoch führen Modellrechnungen von Wänke u. Drei- ten-Krater erkennen. Im Gegensatz dazu weist Phobos
bus (1988) sowie Lodders u. Fegley (1997), die auf zahlreiche Einschlagkrater auf, von denen der Krater
der Geochemie bzw. der Isotopengeochemie von Stickney mit einem Durchmesser von ca. 10 km der größte
kohligen Chondriten und SNC-Achondriten beruhen, ist. Der Einschlag des planetarischen Körpers, der diesen
zu gut übereinstimmenden Ergebnissen. Danach Krater schuf, muss Phobos beinahe vollständig zerstört
besteht der Obere Mars-Mantel zu 38–43 Gew.-% aus haben; der Impakt erzeugte ein System von Rissen, die an
Ortho- und Klinopyroxen, zu 51–52 % aus Olivin der Oberfläche z. T. als Rillen sichtbar sind. Wegen seiner
und zu 5–9 % aus Granat, hat also ein geringeres geringen Entfernung unterliegt Phobos den Gezeiten-
Olivin-/Pyroxen-Verhältnis und ist etwas Granat- kräften des Mars; er nähert sich diesem immer mehr an,
ärmer als der Obere Erdmantel (vgl. Abschn. 29.3.1, was in ca. 40 Ma zum Auseinanderbrechen und zum Ab-
32.2 · Die Asteroiden 579
sturz von Phobos führen wird (Hartmann 1999). Wie der schung seit 1990 durch die Computer-gestützten CCD-
Erdmond sind beide Marsmonde von einer Staubschicht Kameratechnik, durch die amerikanischen Raumsonden
bedeckt, die auf Deimos dicker als auf Phobos ist. Da die Galileo (1991), NEAR-Shoemaker (1997), Deep Space 1
russischen Raumsonden Fobos 1 und 2 (1988) verloren (1999) und Stardust 2002 sowie die japanische Raumsonde
gingen, bevor sie ihr anspruchsvolles Messprogramm Hayabus (2005). Die Rosetta-Sonde der ESA erreichte 2008
durchführen konnten, besitzen wir noch keinerlei Ana- den Asteroiden (2867) Steins. Sie flog am 10. Juli 2010 in
lysendaten über die Zusammensetzung dieser Regolith- 3162 km Entfernung mit einer Relativgeschwindigkeit von
Hüllen. Immerhin wurden von diesen Sonden noch Gas- 15 km/sec am Asteroiden (21) Lutetia vorbei und wird 2014
ausbrüche auf Phobos beobachtet, bei denen möglicher- auf dem Kometen Tschurjunov-Gerasimenko landen.
weise Wasserdampf gefördert wurde.
Mit mittleren Dichten von 1,9 bzw. 1,7 g/cm3 haben Der Asteroiden- oder Planetoiden-Gürtel stellt einen
Phobos und Deimos eine ähnliche Zusammensetzung wie fast 2 AE breiten wulstartigen Gürtel dar, der aus ei-
die kohligen Chondriten (Abschn. 31.3.1, S. 553) und sind ner Fülle kleiner planetarischer Körper aufgebaut ist;
damit wesentlich primitiver als die in Kern, Mantel und er erreicht etwa 2,1–3,3 AE von der Sonne entfernt
Kruste differenzierten erdähnlichen Planeten. Alle bisheri- seine größte Dichte. Bislang sind etwa 220 000 Aste-
gen Befunde sprechen dafür, dass beide Satelliten aus dem roiden entdeckt, nummeriert und benannt worden;
Asteroiden-Gürtel stammen, und zwar vermutlich aus dem noch viel mehr blieben bislang unentdeckt und ihre
Gebiet der Trojaner, also in erheblich größerem Abstand von tatsächliche Anzahl dürfte in die Millionen gehen.
der Sonne als der Mars (s. u.). Infolge gravitationaler Störun- Eine große Zahl von Asteroiden, die als Trojaner be-
gen, die der Riesenplanet Jupiter ausgelöst hatte, wurden zeichnet werden, umkreisen die Sonne im Bereich der
sie aus ihrer Bahn abgelenkt und vom Mars eingefangen. Jupiterbahn, und zwar ungefähr 60° vor oder hinter
diesem Riesen-Planeten (Chapman 1999).
32.2 32.2
Die Asteroiden Die Bahnen der Trojaner werden durch die Massenanziehung von
Sonne und Jupiter marginal stabilisiert; sie bilden sog. Lagrange-Punk-
te des eingeschränkten Dreikörper-Problems der Himmelsmechanik,
Astronomische Erforschung an denen sich die Gravitationskräfte benachbarter Himmelskörper
und die Zentripetalkraft der Bewegung gegenseitig aufheben.
Nach der von Johann Daniel Titius (1729–1796) und Johann
Elert Bode (1747–1826) entdeckten Regel (Kap. 34) müsste Entstehung
zwischen den Umlaufbahnen von Mars und Jupiter in
2,8 AE (= ca. 420 Mio. km) noch ein weiterer Planet Ohne Zweifel waren die Asteroiden und ihre Vorläufer
existieren, was jedoch nicht der Fall ist. Im Rahmen des ursprünglich Planetesimale, aus denen bei der Bildung
ersten internationalen Forschungsverbundes organisierte unseres Sonnensystems die Planeten entstanden (vgl. Ab-
der Direktor der Sternwarte Gotha, Baron Franz Xaver von schn. 34.4, S. 633). Das gelang jedoch im Fall des Asteroi-
Zach (1754–1832), Ende des 18. Jahrhunderts eine syste- den-Gürtels nicht, weil die Planetesimale durch gravi-
matische Suche nach diesem fehlenden Planeten, die 1801 tationale Störungen in ausgelängte, geneigte Umlaufbah-
schließlich zur Entdeckung des Asteroiden (1) Ceres führte. nen gezwungen wurden, was ein allmähliches Zusammen-
wachsen zu einem Planeten verhinderte. Stattdessen kam
Dieser war in der Neujahrsnacht 1800/1801 von Guiseppe Piazzi
es immer wieder zu Zusammenstößen mit Geschwindig-
(1746–1826) in der Sternwarte Palermo als schwaches Objekt ent-
deckt worden, aber wegen seiner Wanderung in Richtung Sonne keiten in der Größenordnung von 5 km/s, was meist ka-
wieder verloren gegangen. Trotzdem gelang es dem berühmten deut- tastrophale Fragmentierungen, nur selten ein Zusammen-
schen Mathematiker Carl Friedrich Gauss (1777–1855), mit der von backen zur Folge hatte. Die Ursache der gravitationalen
ihm entwickelten Methode der Kleinsten Quadrate die Umlaufbahn Störungen liegt höchstwahrscheinlich in der gewaltigen
zu berechnen, so dass am 31. Dezember 1801 Heinrich Wilhelm Jupitermasse, die etwa das 318-fache der Erdmasse be-
Olbers (1758–1840) Ceres wieder auffinden konnte.
trägt. Möglicherweise führte die Gravitationskraft des
In den Jahren 1802 und 1807 entdeckte Olbers die Astero- Jupiter direkt zu Bahnstörungen der Planetesimale, oder
iden (2) Pallas und (4) Vesta, während der Asteroid (3) Juno aber einige der größeren Planetesimale gerieten in die
1803 von Karl Ludwig Harding erkannt wurde. Erst 1846 Nähe des Jupiters, wurden versprengt und auf stark ex-
gelang die Entdeckung von (5) Astraea. Danach wurden in zentrische Umlaufbahnen gezwungen. Dadurch kam es
rascher Folge weitere Asteroiden gefunden und bis 1890 war zu nahen Begegnungen mit der Hauptmenge der Astero-
ihre Zahl auf 300 angewachsen. Seit 1890 konnte man auch iden, die beschleunigt und in abweichende Umlaufbah-
die Spuren sehr lichtschwacher Objekte auf die Fotoplatte nen gebracht wurden. Die meisten der früh gebildeten
bannen, was die Entdeckung zahlreicher weiterer Asteroi- Asteroiden könnten durch Kollisionen mit den vom Jupiter
den und die Berechnung ihrer Umlaufbahnen ermöglichte. versprengten Planetesimalen oder durch gegenseitige Zu-
Einen weiteren großen Schub erhielt die Asteroidenfor- sammenstöße zerstört worden sein (Chapman 1999).
580 32 · Unser Planetensystem
schmelzung und zu einer Differentiation in Kruste, Wie wir gesehen haben, waren Meteoritenfälle in
Mantel und Metallkern kommen (z. B. Kleine et al. der Frühzeit unseres Sonnensystems häufiger als jetzt.
2005a). So ähneln die Achondrite (Abschn. 31.3.2, Sie sind verantwortlich für die Kraterlandschaften,
S. 556f) weitgehend Gesteinen der Erdkruste und die wir heute noch auf Merkur, Venus und Mond beob-
dürften daher aus der Kruste von Asteroiden stam- achten. Wahrscheinlich haben sie darüber hinaus
men. Beispielweise stimmen die Reflexions-Spektren Material zur Krustenbildung der erdähnlichen Planeten
von (4) Vesta und (44) Nysa gut mit denen von beigesteuert. Möglicherweise haben volatilreiche Aste-
Eukriten bzw. von Aubriten überein. Demgegenüber roiden und Kometen bei ihren Aufprall auf der Erde
repräsentieren die Eisenmeteorite (Abschn. 31.3.4, Wasser und organische Verbindungen in die Erdkruste
S. 561ff ) den Nickeleisen-Kern von Meteoriten- eingetragen und so die Entstehung des Lebens auf der
Mutterkörpern und stellen somit ein wichtiges In- Erde ermöglicht. Andererseits werden Einschläge von
diz für die uns unzugänglichen metallischen Kerne riesigen kosmischen Körpern auf der Erde für Mas-
der erdähnlichen Planeten dar. Analog kann man die senaussterbe-Ereignisse in der geologischen Vergangen-
Stein-Eisen-Meteorite als mechanische Mischung aus heit verantwortlich gemacht (Abschn. 31.1, S. 548).
Kern- und Mantel-Bereichen von Asteroiden inter- Die statistische Wahrscheinlichkeit, dass einer der be-
pretieren (vgl. Abschn. 31.3.3, S. 559f). Es gehört zu kannten erdnahen Asteroiden mit der Erde kollidiert,
den großen Glücksfällen, dass einige der in Kern, ist gering: Ein solches Ereignis trifft schätzungsweise nur
Mantel und Kruste differenzierten Asteroiden durch einmal in mehreren hunderttausend Jahren ein. Trotz-
Kollisionen gespalten wurden, so dass ihr tiefes In- dem stellen erdnahe Asteroiden eine potentielle Gefahr
neres freigelegt wurde und Bruchstücke davon als für die menschliche Zivilisation dar. Andererseits kön-
Meteoriten auf die Erde fallen konnten. nen sie in Zukunft als günstige Basislager für weiter rei-
chende Planeten-Missionen genutzt werden. Aus diesen
Gründen ist Asteroiden-Forschung ein wichtiger Zweig
Erdnahe Asteroiden der Weltraumforschung.
Am 17. Februar 1997 wurde die Mission Near Earth
Die Zahl der Asteroiden mit >1 km ∅, die sich in der Nähe Asteroid Rendezvous (NEAR) gestartet, die eine Erfor-
der Erdumlaufbahn bewegen. dürfte bei nahezu 2 000 schung der Asteroiden (253) Mathilde und (433) Eros
liegen (Chapman 1999), kleinere Objekte, insbesondere mit zum Ziel hatte. Am 27. Oktober 1997 flog NEAR in einer
10–100 m ∅ sind noch sehr viel häufiger. Asteroiden, de- Entfernung von 1 200 km an Mathilde vorbei und erreich-
ren Bahnen sich auf 1,3 AE (= ca. 195 Mio. km) der Sonne te am 14. Februar 2000 die Umlaufbahn um Eros, der
nähern bezeichnet man als Amors, solche, deren Bahn die zunächst in 350 km Höhe, später in 50 km Höhe um-
Erdbahn schneidet, als Apollos; insgesamt wurden bereits rundet wurde. Entgegen der ursprünglichen Planung lan-
über 400 dieser planetarischen Körper entdeckt. Dazu kom- dete die Sonde am 12. Februar 2001 sicher auf der Ober-
men noch zwei Dutzend Atons, deren Umlaufbahnen fläche des Asteroiden und übermittelte bis zum 28. Feb-
Halbachsen von kleiner als 1 AE aufweisen. Asteroiden, ruar 2001 Daten von seiner Oberfläche.
deren Umlaufbahnen so gestört sind, dass sie eine Plane-
tenbahn kreuzen, sind relativ kurzlebige Objekte. Nach 32.3 32.3
wenigen Mio. Jahren stürzen sie entweder in die Sonne Die Riesenplaneten und ihre Satelliten
ab, treffen einen terrestrischen Planeten oder werden durch
die Anziehungskraft des Jupiter in den Weltraum abgelenkt. 32.3.1
Astronomische Erforschung
Am 15. Februar 2013, 20.25 Uhr MEZ flog der Asteroid 2012 DA14
mit einer Geschwindigkeit von 8 km/ s (= 29 000 km/ h) in einer Die Riesenplaneten Jupiter und Saturn sind mit dem
Entfernung von ca. 28 000 km an der Erde vorbei. Zufälliger- bloßen Auge sichtbar und waren bereits im Altertum
weise erfolgte diese größte bisher bekannte Erdannäherung eines bekannt. Vermutlich wurde auch Uranus schon in vor-
planetarischen Kleinkörpers ca. 16 Stunden nach dem Meteori-
den-Air-Burst von Tscheljabinsk (Abschn. 31.1, S. 548f ), ohne
geschichtlicher Zeit von scharfen Beobachtern am
dass ein Zusammenhang zwischen beiden Ereignissen besteht. Nachthimmel gesehen; jedoch ist er bei den heutigen
Der Asteroid 2012 DA14 hat einen maximalen Durchmesser von Lichtverhältnissen kaum mit freiem Auge zu erkennen.
ca. 50 m und wiegt ca. 150 000 t. Durch die Erdannäherung ver- Wilhelm Herschel (1738–1822) entdeckte ihn 1781 mit-
ringerte sich seine Umlaufperiode von 368 auf 317 Tage, so dass tels eines Teleskops, hielt ihn jedoch zunächst für einen
die Entfernung zur Sonne jetzt <1 AE beträgt; dementsprechend
neuen Kometen. Nachdem man die Umlaufbahn von
gehört 2012 DA14 neuerdings nicht mehr zur Asteroiden-Klasse
der Apollos, sondern zu der der Atons. Seine nächste Erd- Uranus über mehrere Dekaden beobachtet hatte, erkann-
annäherung – allerdings nur auf minimal 1,5 Mio. km – wird te man Bahnstörungen und damit scheinbare Abwei-
voraussichtlich am 15. Februar 2046 stattfinden (NASA 2013). chungen von den Keplerschen Gesetzen. Auf Grund
582 32 · Unser Planetensystem
dieser Beobachtungen sagten John C. Adams (1819–1892) oder 115 mal die Entfernung Erde–Sonne (115 AE) zu-
und Urbain J. J. Le Verrier (1811–1877) im Jahr 1846 un- rückgelegt und nähert sich der Grenze unseres Plane-
abhängig voneinander voraus, dass ein noch weiter ent- tensystems.
fernter Planet existieren müsste. Dieser wurde noch am Trotz dieser Fortschritte hatten die Ergebnisse der
Abend des 23. September 1846, als diese Voraussage bei Planetenforschung zunächst wenig Bezug zu den stella-
ihnen eintraf, von den Berliner Astronomen Johann ren Prozessen im gesamten Universum und waren daher
Gottfried Galle (1812–1910) und Heinrich L. D’Arrest für die meisten Astrophysiker nur von begrenztem Inter-
entdeckt und Neptun benannt. Allerdings weiß man heu- esse. Das änderte sich in den 1990er Jahren, als die ersten
te, dass bereits 1612 Galileo Galilei (1564–1642) den Riesenplaneten außerhalb unseres Planetensystems ent-
Neptun gesehen, ihn aber nicht als Planeten erkannt deckt wurden (Wolszczan u. Frail 1992; Mayor u. Queloz
hatte. Vermutungen über Bahnstörungen beim Neptun, 1995). Inzwischen gibt es insgesamt über 300 Objekte in
die sich jedoch später als irrig erwiesen, lösten eine dieser Klasse, von denen Jupiter, Saturn, Uranus und Neptun
vergebliche Suche nach einem weiteren Riesenplaneten, mit Abstand am besten untersucht sind. Von einigen
dem „Transneptun“, aus, führten aber 1930 zur Entde- Riesenplaneten außerhalb unseres Sonnensystems wie
ckung des Zwergplaneten Pluto durch Clyde Trombaugh beispielsweise HD209458 (Lunine 2005) sind Bahndaten,
(Lunine 2005). Größe und Masse bekannt.
Bereits 1610 hatte Galileo Galilei die vier großen Jupiter-
Monde Io, Europa, Ganymed und Kallisto entdeckt, wäh- 32.3.2
rend 1659 Christiaan Huygens (1629–1695) die Saturnringe Atmosphäre und innerer Bau der Riesenplaneten
und 1676 Giovanni Domenico Cassini (1625–1712) die
erste große Lücke in der Ringfolge, die Cassini’sche Tei- Bereits 1932 hatte Rupert Wildt mittels teleskopischer Spek-
lung, erkannten. In der Folgezeit konnten durch die troskopie Methan CH4 und Ammoniak NH3 als Bestandtei-
Qualitätsverbesserung von bodengestützten Teleskopen le der Jupiter-Atmosphäre entdeckt. Methan ist auch in den
und durch das Hubble-Weltraum-Teleskop, das seit 1990 Atmosphären der übrigen Riesenplaneten vorhanden, wäh-
die Erde in 590 km Höhe in 95 min einmal umkreist, wei- rend die Anwesenheit von NH3 für Saturn sicher, für Uranus
tere Satelliten der großen Planeten entdeckt werden. Ei- und Neptun fraglich ist; möglicherweise enthält die Neptun-
nen großen Schritt nach vorn bedeuteten die Vorbeiflüge Atmosphäre statt dessen Stickstoff N2. Aus der geringen
der amerikanischen Raumsonden Pioneer 10 und 11 mittleren Dichte der Riesenplaneten wurde schon länger
(1973/1974), Voyager 1 und 2 (Start 1979), Ulysses (Start vermutet, das diese in ihrem Innern Wasserstoff enthalten
1992), Galileo (Start 1995) und Cassini-Huygens (Start müssten, jedoch konnten erst Kiess et al. (1960) in den At-
2000), denen die Entdeckung mehrerer Jupiter- und mosphären von Jupiter Wasserstoff spektroskopisch nach-
Saturn-Monde sowie der meisten heute bekannten weisen, was später auch für die anderen Riesenplaneten
Uranus- und Neptun-Monde zu verdanken ist. Im Juli gelang. Bei einem Druck von ca. 1 bar und Temperaturen
2008 hatte Voyager 1 einen Weg von 17,2 Milliarden km von –108 °C (Jupiter) bis –197 °C (Uranus) liegt Wasserstoff
Abb. 32.6.
Innerer Aufbau der Riesen-
Planeten unseres Sonnen-
systems und des extrasolaren
Riesen-Planeten HD209458b
sowie des braunen Zwerges
GI229b. (Nach Lunine 2005, mit
freundlicher Genehmigung des
Verlages Elsevier)
32.3 · Die Riesenplaneten und ihre Satelliten 583
in den Planeten-Atmosphären in Form gasförmiger Es besteht kein Zweifel, dass sich zumindest Jupiter
H2-Moleküle vor. Die Existenz von Helium in den Atmo- in der Frühphase seiner Entwicklung noch sternähnlich
sphären der Riesenplaneten konnte erstmals durch die verhielt. Bei seiner Kondensation zum Riesenplaneten
Raumsonde Voyager mit unterschiedlichen Methoden wurde potentielle Graviationsenergie in thermische
sicher gestellt werden. Nach neuesten Messungen ist das Energie umgewandelt, die durch Strahlung freigesetzt
molare He/H-Verhältnis für die oberen Schichten von wurde, so dass Jupiter damals regelrecht glühte (z. B.
Jupiter 0,1359 ±0,0027, von Saturn 0,135 ±0,025, von Uranus Hubbard 1999; Owen 1999). Diese Tatsache war von
0,152 ±0,033 und von Neptun 0,190 ±0,032; für Jupiter und großem Einfluss auf die frühe Entwicklung der Jupiter-
Saturn ist das He/H-Verhältnis ähnlich wie in den äußeren Monde. Noch heute lösen die gewaltigen Gezeitenkräfte
Bereichen der Sonne. Als untergeordnete Gas-Bestandteile von Jupiter die Vulkantätigkeit auf dem Jupiter-nächs-
wurden in der Jupiter-Atmosphäre H2O, PH3, H2S, AsH3, ten Mond Io aus (s. u.).
GeH4, Ne, Ar, Kr und Xe, in der Saturn-Atmosphäre PH3,
AsH3 und GeH4 nachgewiesen (Lunine 2005). Der extrasolare Riesen-Gasplanet HD209458b besteht überwiegend
aus Wasserstoff und Helium; der Übergang vom molekularen H2 zu
Wie man aus astrophysikalischen Messungen, Schock- metallischem H erfolgt bereits in einer Tiefe von 20 % des Gesamt-
wellen-Experimenten und thermodynamischen Model- radius (Abb. 32.6).
lierungen ableiten kann, zeigen die Riesenplaneten in
ihrem Inneren einen verwaschenen Lagenbau (Abb. 32.6). In den erheblich kleineren und masseärmeren
Danach bestehen die Riesen-Gasplaneten Jupiter und Saturn Riesen-Eisplaneten Uranus und Neptun sind Elemente
bis zu großer Tiefe aus Wasserstoff und Helium, die bei mit Atomgewichten >4 deutlich angereichert. Diese
Drucken von >100 kbar allmählich in den flüssigen Zu- Planeten besitzen etwa 5 000 km dicke Atmosphären,
stand übergehen. Bei weiterer Druckerhöhung auf ca. die überwiegend aus molekularem H 2 bestehen und
1 Mbar und bei einer Temperatur von ca. 6 000 K begin- ca. 15 bzw. 19 Mol-% He enthalten. Unterhalb dieser
nen die Bindungen der H2-Moleküle aufzubrechen und atmosphärischen Hülle wird ein Druck von etwa 100 kbar
Wasserstoff geht in eine flüssige metallische Modifikati- überschritten, so dass H2 jetzt in den flüssigen Zustand
on über, die aus Protonen H+ in einem Elektronengas übergeht. Demgegenüber werden Drücke von 1 Mbar,
besteht. Wegen seiner metallischen Bindung stellt Was- die für den Übergang molekulares H2 → metallisches H
serstoff im Innern von Jupiter und Saturn einen guten notwendig sind, auch in größerer Tiefe niemals erreicht.
elektrischen Leiter dar, durch den elektrische Ströme flie- Der weit überwiegende Hauptanteil von Uranus und
ßen können. Bei der Rotation dieser Planeten entstehen Neptun setzt sich aus einer Mischung von flüssigem H2,
daher starke Magnetfelder. Die Bedingungen für den He, H2O-reichem „Eis“ und Gesteinsmaterial zusammen.
Übergang molekulares H2 → metallisches H sind beim Unter der Bezeichnung „Eis“ versteht man eine „heiße
Jupiter bereits in einer Tiefe von ca. 10 000 km unterhalb Suppe“ aus H2O, CH4, NH3 sowie weiteren chemischen
der obersten Wolkenschicht, d. h. bei ca. 16 % seines Verbindungen, die aus diesen Molekülen bei hohen Tem-
Gesamtradius gegeben. Dagegen werden die notwendi- peraturen und Drucken gebildet wurden (Hubbard 1999).
gen Drücke beim Saturn wegen seiner viel geringeren Vermutlich besitzen Uranus und Neptun Kerne, deren
Masse erst deutlich tiefer, bei etwa 45 % seines Gesamt- Radius etwa 15 % des Gesamtradius ausmacht und in
radius erreicht (Abb. 32.6). Möglicherweise gibt es im denen festes Gesteinsmaterial konzentriert ist (Abb. 32.6).
Inneren der beiden Planeten eine Zone, in der flüssiges H Problematisch ist die Abgrenzung von Jupiter-ähnli-
und He nicht mehr homogen miteinander mischbar sind; chen Riesenplaneten, die sich – wie in Kap. 34 dargelegt
He würde dann in Form von Tropfen nach unten ab- – aus einer protoplanetaren Gas-Staub-Scheibe entwi-
saigern und sich erst in größerer Tiefe wieder im flüssi- ckeln, von den braunen Zwergsternen, die – ähnlich wie
gen H auflösen. Chemische Elemente mit höherer Ord- die „eigentlichen“ Sterne – durch Verdichtung des inter-
nungszahl als H und He sind vermutlich im tiefen Inne- stellaren Mediums entstehen. In beiden Fällen reicht die
ren von Jupiter und Saturn kontinuierlich verteilt und innere Temperatur, z. B. 17 000 K beim Jupiter und 22 000 K
nicht in diskreten Lagen angereichert. Wahrscheinlich beim HD209458b, nicht für das Wasserstoffbrennen aus, für
besitzen beide Planeten einen Kern, dessen Radius etwa das mindestens 5 × 106 K erforderlich sind (Abschn. 33.6,
10 % des Gesamtradius beträgt; seine Masse ist beim S. 624). Allerdings ist bei den braunen Zwergsternen mit
Jupiter etwa 10 mal, beim Saturn etwa 3 mal so groß wie einer Masse von ≥0,013 Sonnenmassen bereits das Deu-
die Erdmasse und liegt in einer ähnlichen Größenord- terium-Brennen, d. h. die Reaktion 2D → 3He möglich, was
nung wie die Gesamtmassen von Uranus (= 14,6 M/ME) bei den Riesenplaneten noch nicht der Fall ist. Die Grenz-
und Neptun (= 17,1 M/ME). Vermutlich besteht der äu- ziehung zu den braunen Zwergsternen wird dementspre-
ßere Kern von Jupiter und Saturn aus Eis und geht in chend bei 0,013 Sonnenmassen vorgenommen, während
einen inneren Kern aus festem Gesteinsmaterial über die Grenze zwischen den braunen Zwergen und den „ei-
(Abb. 32.6; Hubbard 1999; Lunine 2005). gentlichen“ Sternen bei 0,08 Sonnenmassen liegt.
584 32 · Unser Planetensystem
Abb. 32.7. Der innere Aufbau der Jupiter-Monde Io, Europa, Ganymed und Callisto (vgl. Text). (Nach Johnson 1999)
32.3 · Die Riesenplaneten und ihre Satelliten 585
se durch vulkanische Ablagerungen immer wieder zuge- Wenn der überhitzte SO2-Dampf die Io-Oberfläche erreicht,
deckt oder durch vulkanische Prozesse zerstört wurden und sublimiert er zu SO2-Schnee, der in einer kalten Gaswolke
heute noch werden. Vulkankrater und Calderen sind das mit Geschwindigkeiten bis zu 1 km/s nach oben befördert
dominierende Landschaftselement auf Io; nicht weniger als und im Vakuum hoch über Io pilzförmig ausgeblasen wird.
200 Calderen mit Durchmessern von >20 km wurden bis- Allmählich regnet der SO2-Schnee wieder herab und be-
lang entdeckt; sie ähneln den irdischen Calderen, werden deckt kreisförmige oder ovale Gebiete der Io-Oberfläche
aber bis zu 400 km groß und teilweise mehrere Kilometer mit seinen Ablagerungen. Im Gegensatz zu vulkanischen
tief. Sie enthalten häufig Seen aus schmelzflüssigem Schwefel Explosionen, wie wir sie von der Erde kennen, sind die
(Abb. 32.8). Der hufeisenförmige Lavasee in der Loki-Regi- Plumes auf Io also relativ langlebige Phänomene (Johnson
on hat einen Durchmesser von 200 km; in der Nähe beob- 1999, 2005). Neben elementarem Schwefel und SO2 wurde
achtet man eine 180 km lange Eruptionsspalte. Der Vulkan als untergeordnete Komponente auf der Oberfläche von Io
Haemus Mons hat einen Basis-∅ von 200 × 100 km und eine auch Halit NaCl nachgewiesen (Johnson 2005).
Höhe von ca. 10 000 m über NN. Neben Vulkanformen gibt Io besitzt eine äußerst dünne Atmosphäre von ca.
es auch bis zu 9 000 m hohe Berge, die nicht vulkanischen 120 km Höhe, die sich überwiegend aus SO2 zusammen-
Ursprungs, sondern vermutlich durch tektonische Prozes- setzt; die Ionosphäre reicht bis 700 km Höhe und besteht
se entstanden sind. aus S-, O-, Na- und K-Ionen. Der Teilchenverlust, der durch
Während man zunächst darüber diskutierte, ob auf Io Wechselwirkung mit der Magnetosphäre von Jupiter ent-
neben kühleren Schwefel-Laven auch heiße Silikat-Laven steht, wird durch die ständige vulkanische Aktivität
gefördert werden, konnten erdgestützte IR-Untersuchun- immer wieder ausgeglichen. Auf der Oberfläche von Io
gen große Hot Spots mit Temperaturen bis zu 1 700 °C herrscht lediglich ein Luftdruck von 1 μbar, verglichen mit
nachweisen. Darüber hinaus zeigten spektroskopische ca. 1 bar (= 1 000 hPa) auf der Erdoberfläche; die
Untersuchungen, die von der Galileo-Mission (1995–2003) Oberflächentemperatur liegt bei etwa –140 °C. Im Gegen-
an Eruptionen von mehreren aktiven Vulkanen durchge- satz zu den übrigen galileischen Jupiter-Monden gibt es
führt wurden, dass die geförderten, dünnflüssigen Laven auf Io so gut wie kein Wasser, was auf eine frühe Phase
Temperaturen von deutlich > ∼1 230 °C besitzen, also der Erwärmung hinweist.
silikatisch sind. Offensichtlich handelt es sich nicht nur
um gewöhnliche basaltische, sondern sogar um Mg-rei- In seinem inneren Aufbau zeigt Io eine deutlichen
che ultrabasische Magmen, ähnlich denen der Komatiite Schalenbau, ähnlich dem der erdähnlichen Planeten.
(vgl. Johnson 2005). Nach einer Abschätzung von Johnson Eine dünne Kruste aus Silikat-Gesteinen wird immer
(1999) werden auf Io jährlich mindestens 500 km3 Lava wieder von silikatischen Magmen oder von SO2(-S)-
gefördert, 100 mal so viel wie auf der Erde! Plumes durchbrochen, die aus einem geschmolzenen
Neben diesem Silikat-Vulkanismus gibt es jedoch auf Io Silikat-Mantel gespeist werden (Abb. 32.7, 32.8). Der
noch das auffallende vulkanische Phänomen der riesigen, Kern von Io hat einen Radius von mindestens 450 km
pilzförmigen Plumes (Rauchwolken), die von vulkanischen und besteht überwiegend aus Nickeleisen, vielleicht
Zentren ausgehen und sich bis in Höhen von bis zu 400 km mit Anteilen von Troilit. Die Differentiation von Io
erheben (Abb. 32.8). Sie erinnern an irdische Geysire, be- in Metallkern, Silikatmantel und Silikatkruste wurde
stehen aber nicht aus Wasser, sondern aus flüssigem SO2 wahrscheinlich deswegen möglich, weil sich der nahe
(±S ?), das im Kontakt mit heißen Silikatmagma aufkocht. Jupiter zu Beginn seiner Entwicklung sternähnlich
verhielt (s. o.). Der Planet produzierte daher genü-
gend Hitze, um seine inneren Satelliten aufzuheizen,
was zur Folge hatte, dass auf Io Wasser und andere
leichtflüchtige Komponenten entweichen konnten.
Zusätzliche Wärme wurde durch Kollision mit
Planetesimalen, durch radioaktiven Zerfall von kurz-
lebigen radiogenen Isotopen, besonders 26Al, und
durch Gezeitenkräfte erzeugt. Heute wird der Vulka-
nismus auf Io hauptsächlich durch die periodische
Änderung der Gezeitenkräfte von Jupiter verursacht,
die 6 000 mal stärker sind als die der Erde und die
durch Europa und Ganymed noch verstärkt werden.
Dadurch wird Io regelrecht durchgeknetet und
aufgeheizt, wobei es infolge der Bahnexzentrizität zu
Abb. 32.8. Schematische, nicht maßstäbliche Darstellung der geolo- Gezeitenbergen von etwa 300 m Höhe kommt
gischen Phänomene und des inneren Aufbaus des Jupiter-Mondes (Johnson 1999, 2005).
Io (siehe Text). (Nach Johnson 1999)
586 32 · Unser Planetensystem
Europa Ganymed
Aufnahmen des Hubble-Weltraum-Teleskops konnten Mit einem mittleren Radius von 2 630 km ist der „Eisriese“
zeigen, dass Europa über eine sehr dünne Atmosphäre Ganymed der größte Mond in unserem Sonnensystem;
verfügt, deren Druck lediglich 10–11 bar beträgt. Sie be- er ist etwas größer als der Saturnmond Titan (s. u.) und
steht überwiegend aus Sauerstoff, der durch die Zerset- der Merkur (Abschn. 32.1.1, S. 568). Ähnlich wie Europa
zung von Wassereis unter dem Einfluss der Sonnen- besitzt Ganymed eine extrem dünne Atmosphäre aus
strahlung freigesetzt wurde, wobei das flüchtigere H2 fast Sauerstoff und wenig Wasserstoff bei einem Luftdruck von
vollständig in den Weltraum entweichen konnte. Darüber >1 μbar. Die Oberflächentemperatur liegt bei –160 °C.
hinaus enthält die Europa-Atmosphäre noch geringe Die Oberfläche von Ganymed zeigt zwei verschiedene
Mengen an Na und K (Johnson 2005). Regionen: Sehr alte, dunkle Terrains mit zahlreichen
Im Gegensatz zu Io ist die Oberfläche von Europa voll- Impakt-Kratern bestehen aus Mischungen von Wasser-
ständig mit einer hell reflektierenden, aber stark IR-absor- eis, Gesteinsmaterial und Kohlenwasserstoffen. Ein wich-
bierenden Kruste aus Wassereis bedeckt. Bei einer Oberflä- tiges Landschaftselement sind langgestreckte Furchen, die
chen-Temperatur von –150 °C am Äquator und –220 °C an wahrscheinlich als Folge von riesigen Impakt-Ereignis-
den Polen ist diese hart wie Gestein und ungewöhnlich eben. sen in der sehr frühen Geschichte dieses Mondes entstan-
Man erkennt nur wenige Impakt-Krater, von denen nur den sind. Heller gefärbte Terrains haben teilweise ein jün-
drei einen Durchmesser von >5 km aufweisen. Mit 26 km ∅ geres Alter; sie wurden in Zeiträumen von 4 Ga bis eini-
ist Pwyll der größte von ihnen; er gehört zu den jüngsten gen 100 Ma gebildet. Die charakteristischen, sich kreu-
geologischen Strukturen auf Europa. Wahrscheinlich wur- zenden Systeme von tektonischen Gräben und Staffelbrü-
den ältere Einschlagkrater durch Schmelzwasser gefüllt, das chen entstanden durch Dehnungstektonik, wobei die sprö-
bald wieder zu Eis gefror. Kennzeichnend für die Oberfläche de Eiskruste zerbrach. Darüber hinaus beobachtet man
von Europa sind langgestreckte, teils gerade, teils gekrümm- horizontale Blattverschiebungen sowie Hinweise auf
te oder verzweigte Rillen von geringer Tiefe. Sie wurden ver- kryovulkanische Aktivitäten (Pappalardo 1999).
mutlich durch komplexe tektonische Prozesse im Planeten-
inneren gebildet, wobei möglicherweise auch Mantel- Aus seiner geringen Dichte lässt sich ableiten, dass
Plumes eine Rolle spielten. Darüber hinaus gibt es Hinwei- Ganymed einen wesentlich geringeren Silikat- und
se auf die Tätigkeit von kalten Geysiren oder Kryovulkanen Metall-Anteil aufweist als Io und Europa. Dieser ist
(grch. κρύος = Frost): Durch Gezeitenreibung aufgeheiztes heute im Innern des Mondes konzentriert, während
Wasser durchbricht in flüssiger oder gasförmiger Form die ursprünglich eine gleichmäßige Mischung von Ge-
Eiskruste und tritt an der Oberfläche von Europa aus steinsmaterial und Eis vorlag. Offenbar war aber
(Greeley 1999; Johnson 2005). Dunkle Flecken auf der Eis- Ganymed warm genug, das dieses hochverdichtete Eis
fläche gehen vielleicht auf die Zumischung von unterschied- schmelzen konnte; das Schmelzwasser wanderte nach
lichen Salzmineralen, z. B. von Hexahydrit Mg[SO4] · 6H2O oben aus, wo es wiederum gefror. Dieser Vorgang
und anderen H2O-haltigen Sulfaten oder von gefrorener führte zu einer effektiven Abtrennung des Eisanteils,
schwefliger Säure zurück; der Schwefel könnte aus der Ma- so dass Ganymed jetzt einen ausgeprägten Schalen-
gnetosphäre von Io stammen. Weitere spektroskopisch bau aufweist (Abb. 32.7). Eine dünne, sehr harte Eis-
nachweisbare Komponenten sind Wasserstoffperoxid H2O2 kruste besteht überwiegend aus Wassereis und ent-
sowie SO2, CO2 und O2 (Greeley 1999; Johnson 2005). hält darüber hinaus CO2,CH2, Nitrile mit der allge-
meinen Formel R–C=N sowie H–S, H2O-haltige Sul-
Gravimetrische und magnetische Messungen machen fate, SO2, O2 und O3 (Johnson 2005). Darunter folgt
wahrscheinlich, dass Europa – ähnlich wie Io – in ei- ein etwa 800 km dicker Oberer Mantel, der aus wei-
nen metallischen Kern mit einem Radius von etwa chem Wassereis besteht. Anomalien im Schwerefeld
600–650 km und einen festen silikatischen Mantel dif- von Ganymed lassen sich vielleicht durch ungleich-
ferenziert ist (Abb. 32.7). Darüber folgt ein Planeten- mäßig verteilte und unterschiedlich große Mengen
umspannender Ozean aus Salzwasser mit einer Wasser- von Gesteinsmaterial erklären, die in dieser Eisschicht
tiefe von 60–140 km. Die darauf liegende feste Eiskru- eingeschlossen sind. Darunter folgen ein Unterer
ste ist etwa 10–15 km dick und dürfte nicht älter als Mantel aus Silikatgestein sowie ein kleiner, vielleicht
100–200 Ma sein (Johnson 2005). Sie ist durch den zwi- teilweise geschmolzener Metallkern (Pappalardo 1999).
schenliegenden Ozean vom Mantel mechanisch abge-
koppelt und rotiert daher schneller als Europa: Durch Kallisto
Vergleiche von Aufnahmen der Raumsonden Voyager
und Galileo konnte gezeigt werden, dass sich die Eiskruste Die Oberfläche des Eismondes Kallisto weist eine enor-
in etwa 10 000 Jahren einmal um den Mond bewegt. me Fülle von Impakt-Kratern mit Durchmessern von
Zehnerkilometern auf – die größte Kraterdichte im ge-
32.3 · Die Riesenplaneten und ihre Satelliten 587
samten Sonnensystem! Allerdings sind die Kraterformen seiner Ankunft am 1. Juli 2004 den Saturn in einer Umlauf-
häufig durch Erosion oder Erdrutsche zerstört worden. bahn umrundet, wurde Huygens abgekoppelt und landete
Geradlinigen Kraterketten wie Svol Catena und Gipul am 14. Januar mit einer Geschwindigkeit von 4,5 m/s auf
Catena sind wahrscheinlich durch Asteroiden oder Ko- der Titan-Oberfläche.
meten erzeugt worden, die vor ihrem Einschlag durch die Bemerkenswert ist die Atmosphäre von Titan, die ei-
Gezeitenkräfte des Jupiter in einzelne Teile zerrissen wur- nen Luftdruck von 1,6 bar (= 1 600 hPa) auf seine Ober-
den. Durch Einschläge planetarischer Körper entstanden fläche ausübt und etwa zehn mal so dicht wie die Erd-
darüber hinaus konzentrische ringförmige Erhebungen atmosphäre ist. Die Temperatur am Boden beträgt –170 °C
sowie zwei riesige Impakt-Strukturen Valhalla und und nimmt bis zu einer Höhe von 42 km, der Tropopau-
Asgard, die von hellen, konzentrischen Ringwällen um- se, auf ca. –200 °C ab, um danach wieder auf einen Maxi-
geben sind und Gesamtdurchmesser von 3 000 bzw. malwert von –100 °C anzusteigen (Owen 1999). Die At-
1 600 km besitzen. Größere Gebirgszüge sind auf Kallisto mosphäre von Titan besteht zu etwa 94 % aus N2 und ent-
nicht vorhanden und im Gegensatz zu Ganymed gibt es hält ca. 6 % CH4 und Ar sowie ca. 0,2 % H2, das ständig
kaum Hinweise auf Tektonik. aus dem Zerfall von CH4 freigesetzt wird. Die Anwesen-
Abgesehen von der Kraterbildung hat sich die Ober- heit des radiogenen Isotops 40Ar in der Titan-Atmosphäre
fläche von Kallisto in ihrer Grundstruktur seit etwa spricht für vulkanische Aktivität mit Ausbrüchen von
4 Ga nicht wesentlich verändert. Sie besteht haupt- Wassereis und Ammoniak NH3. Komplexe fotochemische
sächlich aus Wassereis mit einem beachtlichen Anteil Reaktionen, ausgelöst durch den UV-Anteil des Sonnen-
an H2O-haltigen Silikaten und Sulfaten, Kohlenwasser- lichts, führen in der höheren Atmosphäre zur Entstehung
stoffen sowie CO 2 , CH 2 , R–C=N, H–S, SO 2 und O 2 weiterer Kohlenwasserstoffe wie C2H6 (20 ppm), C2H2,
(Johnson 2005). Diese Eisschicht, in der möglicherweise C3H8, C3H4, C2H4, C4H2 sowie HCN, CO (50 ppm), CO2 und
auch Gesteinsbrocken verteilt sind, hat eine Mächtig- H2O (Owen 1999; Johnson 2005). In etwa 20 km Höhe bil-
keit von etwa 200 km. Darunter folgt eine mehr oder den sich Wolken, die aus flüssigem Methan und Stickstoff
weniger homogene Mischung aus Eis und Gesteins- bestehen; in etwa 50 km Höhe befindet sich eine Wolken-
material, dessen Anteil zum Inneren hin kontinuierlich schicht aus Methan-Stickstoff-Eis. Der orange-braune
zunehmen dürfte (Abb. 32.7). „Smog“, der Titan in 60–80 km Höhe umhüllt und zu sei-
Die äußerst dünne Atmosphäre von Kallisto mit einem ner geringen Albedo von 20 % führt, besteht aus Tröpf-
Druck von <10–13 bar besteht vermutlich überwiegend aus chen von Ethan C2H6 und Aerosolen. Nach den Ergebnis-
O2 (?), untergeordnet aus CO2 (Johnson 2005). sen der Raumsonde Huygens entstehen durch UV-Strah-
lung und den Sonnenwind reaktive Ionen, aus denen sich
Wegen der großen Entfernung zum Jupiter waren die aromatische Kohlenwasserstoffe, komplexe Stickstoff-
Gezeitenkräfte bei Kallisto zu gering und die Tem- Verbindungen und Benzol C6H6 bilden (z. B. Owen 1999).
peratur nicht ausreichend für eine effektive Fraktio- Die Raumsonde Cassini-Huygens sendete 1994
nierung in einen Silikatmantel und einen Metallkern. erstmals Bilder der Oberfläche von Titan, die bis dahin
Kallisto stellt also einen sehr primitiven Himmels- wegen seiner dichten Atmosphäre weitgehend unbekannt
körper dar, der sich seit seiner Entstehung vor etwa geblieben war. Man erkennt eine grau-orange gefärbte
4,5 Ga in seinem inneren Aufbau kaum verändert hat Ebene mit gesteinsähnlichen Brocken. Diese bestehen je-
(Pappalardo 1999). doch aus Wassereis, das bei den niedrigen Temperatu-
ren die Konsistenz von Silikatgesteinen hat, sowie aus
Kohlenwasserstoffen. An anderen Stellen zeigt die Titan-
32.3.4 Oberfläche hügelige bis bergige Gebiete, die von ausge-
Die Eismonde von Saturn, Uranus und Neptun dehnten Fluss-Systemen durchschnitten und erodiert
werden. Alle Beobachtungen weisen auf eine junge Land-
Titan und die anderen Saturn-Monde formung durch flüssige Kohlenwasserstoffe und Wind
hin. In den dunklen Gebieten des Äquatorialbereichs gibt
Der von Christiaan Huygens (1655) entdeckte Titan ist mit es große Wüstengebiete mit 150 m hohen, hunderte von
Abstand der größte und massereichste Satellit des Saturn; Kilometern langen Sanddünen, die 0,3 mm großen Sand-
er ist nur wenig kleiner als Ganymed, größer als Merkur körner könnten aus Wassereis, organischen Feststoffen
und umfasst 95 % der Gesamtmasse aller 17 bisher bekann- oder aus feinsten Staubpartikeln bestehen, die an Ethan
ten Saturn-Monde (Tabelle 32.2). Dank der amerikanischen gebunden sind. Im Zeitraum vom 14. April bis 1. Mai 2008
Raumsonden Pioneer 11 (1979), Voyager 1 (1980) und Voy- fand auf Titan ein riesiger Tropensturm statt, wie Bilder
ager 2 (1981), besonders aber durch die gemeinsam von des Teleskops Gemini Nord (Mauna Kea, Hawaii) belegen
NASA, ESA und der italienischen Weltraumagentur ASI 1997 (Stegmaier 2010). In den beiden Polarregionen gibt es
gestartete Doppelsonde Cassini-Huygens ist Titan heute der Hinweise auf größere Methan-Seen, die von Flüssen ge-
am besten untersuchte Saturn-Mond. Während Cassini seit speist werden. Sie trocknen wahrscheinlich im Sommer
588 32 · Unser Planetensystem
aus und entstehen im Winter neu, bedingt durch einen ters Herschel auf Mimas mit 130 km ∅ macht deutlich, wie
atmosphärischen Kreislauf, ähnlich dem Wasserkreislauf stabil sich eine extrem tief gekühlte Eisoberfläche verhält.
auf der Erde (z. B. Owen 1999). Einen Sonderfall bildet Enceladus mit großen kraterfreien
Gebieten, die von zahlreichen Störungen, Rissen und Land-
Mit einer mittleren Dichte von 1,88 g/cm3 hat Titan rücken durchzogen sind und Überflutungen mit jungem
einen durchschnittlichen Silikatanteil von etwa 55 % Eis erkennen lassen. Das lässt auf rezente tektonische und
(Johnson 2005), der vermutlich im Kernbereich des kryovulkanische Aktivitäten sowie eine intensive Land-
Mondes konzentriert ist. Dieser Kern wird von einem formung schließen, die möglicherweise bis in die Gegen-
Mantel aus Hochdruck-Wassereis umgeben, während wart andauert (McKinnon 1999; Johnson 2005). Auch auf
die äußere Hülle aus Wassereis und Methanhydrat Dione und Tethys gibt es Hinweise auf Kryovulkanismus,
besteht. Nach neueren Modellrechnungen von 2005 bei dem wahrscheinlich nicht Wasser, sondern Ammoni-
könnte sich zwischen beiden Eisschichten ein globa- ak-Hydrat NH3 · H2O gefördert wird. Es handelt sich um
ler Ozean ausdehnen. Die erhöhten Drucke und ein eine Schmelze eutektischer Zusammensetzung mit einem
Gehalt ca. 10 % Ammoniak NH3 als „Frostschutzmit- eutektischen Punkt bei –97 °C, die etwa die Viskosität ei-
tel“ würden verhindern, dass Wasser bei einer zu er- ner Basaltlava hat (McKinnon 1999). Demgegenüber sind
wartenden Temperatur von –20 °C gefriert. nach den bisher vorliegenden Erkenntnisse Rhea und
Iapetus wahrscheinlich nicht mehr geologisch aktiv.
Die anderen großen Saturn-Monde Mimas, Enceladus, Dunkle Flecken auf der Oberfläche von Iapetus bestehen
Tethys, Dione, Rhea und Iapetus besitzen mittlere Dichten aus Eis, das durch einen hohen Anteil an Kohlenwasser-
zwischen 1,17 und 1,61 g/cm3 entsprechend geschätzten stoffen verunreinigt ist (McKinnon 1999; Johnson 2005).
Silikatanteilen von 30–50 % (Tabelle 33.2). Mit Ausnahme
von Iapetus ist das Reflexionsvermögen (Albedo) dieser Auch die kleinen äußeren Saturn-Monde Helene (Dichte 1,4),
Phoebe (Dichte 1,63) und Calypso (Dichte 1,0) haben merkliche
Monde sehr hoch, was auf hohe Anteile an sehr reinem
wenn auch unterschiedlich große Silikatanteile, während Hyper-
Wassereis schließen lässt. Voyager-Bilder zeigen, das die ion und die sechs inneren kleinen Saturn-Monde mit mittleren
meisten dieser Monde alte Oberflächen mit zahlreichen Dichten von 0,54–0,65 g/cm3 aus einem porösen Wassereis mit ge-
Impakt-Kratern aufweisen. Die Existenz des riesigen Kra- ringem Silikatanteil bestehen dürften.
Tabelle 32.2. Die wichtigsten Satelliten der Riesenplaneten. (Nach Johnson 2005 und McKinnon 1999)
32.3 · Die Riesenplaneten und ihre Satelliten 589
Die Uranus-Monde zen drei große, eckige Terrains von relativ dunkler Färbung,
die als Coronae bezeichnet werden. Dazwischen erstrecken
Von den fünf großen Hauptmonden des Uranus wurden sich hellere, sanft gewellte, aber stark zerkraterte Gebiete,
Titania und Oberon 1787 durch Wilhelm Herschel, Ariel die an die Hochländer des Mondes erinnern. Offenbar ist
und Umbriel 1851 von William Lassell (1799–1880) ent- Miranda im Lauf seiner Geschichte durch Gezeitenkräfte
deckt. Demgegenüber erfolgte die Entdeckung des klei- von Uranus oder durch Kollision mit anderen Himmels-
neren und wesentlich masseärmeren Mondes Miranda körpern mehrmals auseinander gerissen worden, wurde
erst 1948 durch Gerald Kuiper. Die IR-Spektren zeigen, jedoch aufgrund seiner eigenen Schwerkraft immer wieder
dass auf allen fünf Satelliten Wassereis vorhanden ist, je- zusammengefügt. Dabei kam es zu neuer Oberflächen-
doch legt das relativ geringe Reflexionsvermögen (Albedo) formung, bei der Kryovulkanismus eine wichtige Rolle
eine „Verschmutzung“ durch Kohlenstoff nahe. Abgese- spielte (McKinnon 1999).
hen von Miranda, die eine mittlere Dichte von 1,20 g/cm3
Die fünf Hauptmonde von Uranus bewegen sich in mittleren Ab-
und einen geschätzten Silikatanteil von 30 % besitzt, sind
ständen um den Planeten. Darüber hinaus besitzt Uranus noch
die Hauptmonde von Uranus durch relativ hohe Dichten 22 weitere Satelliten, die teils durch den Vorbeiflug von Voyager 2
von 1,40–1,71 g/cm3 gekennzeichnet, was auf Silikatan- (1979), teils durch das Hubble-Weltraum-Teleskop und andere
teile von 0,53–0,62 schließen lässt (Tabelle 32.2). Daneben bodengestützte Teleskope entdeckt wurden. Eine innere, Planeten-
sind Wassereis sowie gefrorene Verbindungen von Koh- nähere Gruppe kleiner Monde umrundet den Planeten auf nahezu
lenstoff, z. B. Methan CH4, vielleicht auch von Stickstoff kreisförmigen Bahnen, während eine äußere Gruppe sehr weite, aus-
geprägt exzentrische, sehr stark geneigte oder sogar rückläufige
am Aufbau dieser Satelliten beteiligt. Umlaufbahnen aufweist. Hierbei handelt es sich um irreguläre Sa-
Die Bilder der Voyager-2-Mission lassen allerdings klar telliten, die von Uranus eingefangen wurden.
erkennen, dass die Hauptmonde von Uranus sehr unter-
schiedliche geologische Entwicklungen durchgemacht Der Neptun-Mond Triton
haben. So zeigen die Oberflächen von Oberon und Umbriel
alte Krusten, die von zahlreichen Impakt-Kratern unter- Von den 13 Satelliten des Neptun hat Triton, der 1848 vom
schiedlichen Alters durchsetzt sind. Auf Oberon sind ei- Berliner Astronomen William Lassell (1799–1880) ent-
nige dieser Krater von strahlenförmigen Auswurfsmassen deckt wurde, mit Abstand den größten Radius und die
umgeben; manche enthalten an ihrem Boden dunkle Fle- größte Masse (Tabelle 32.2). Mit einer mittleren Dichte
cken, die vermutlich durch kryovulkanische Eruptionen von von 2,05 g/cm3 besitzt Triton – ähnlich wie Pluto und
Kohlenstoff-haltigem Eis entstanden sind. Demgegenüber dessen Mond Charon – einen der höchsten Silikatanteile
beobachtet man auf Titania spektakuläre, von großen Stö- (65–70 %) im äußeren Sonnensystem, was darauf hin-
rungen begrenzte Täler oder Canyons, die mehrere Kilo- weist, dass Triton ursprünglich aus einer eigenen Um-
meter tief werden und in einer frühen geologischen Perio- laufbahn um die Sonne im Kuiper-Gürtel stammt.
de durch Dehnungstektonik entstanden sind. Auch die Modellierungen von Agnor u. Hamilton (2006) legen den
Oberfläche von Ariel gibt deutliche Hinweise auf geolo- Gedanken nahe, dass Triton ursprünglich Teil eines pla-
gische Aktivität. Ebene Bereiche mit einer mäßigen netarischen Doppelsystems – ähnlich Pluto-Charon –
Kraterdichte sind von einem ausgedehnten Netzwerk von war, aus dem er bei einer nahen Begegnung mit dem
Störungs-gebundenen Canyons und Tälern durchsetzt, Riesenplaneten Neptun herausgerissen und von diesem
wodurch die älteren krustalen Terrains in polygonale eingefangen wurde. Triton umläuft Neptun in einem kri-
Blöcke zerlegt werden. Die Böden der Canyons und tischen Abstand, der sog. Roche-Grenze und ist daher
Bereiche der Ebenen werden von gewölbten Material- dessen Gezeitenkräften sehr stark ausgesetzt. Da er sich
strömen überflossen, in die mäandrierende Täler einge- Neptun immer mehr annähert, wird Triton in ca. 100 Ma
schnitten sind; vermutlich handelt es sich um Eisströme, zerrissen werden, wobei seine Bestandteile ein größeres
die durch kryovulkanische Aktivität gefördert wurden. Ringsystem ähnlich dem des Saturn bilden werden.
Die verschiedenen Terrains auf Ariel haben sehr unter-
schiedliche Kraterdichten, was auf eine ausgedehnte Pe- Die Roche-Grenze wurde bereits 1850 von dem französische Astro-
nomen Éduard Albert Roche (1820–1883) zur Erklärung der Saturn-
riode tektonischer und vulkanischer Aktivität auf diesem Ringe herangezogen. Sie gibt die Umlaufbahn an, bei der sich die
Mond schließen lässt. inneren, stabilisierenden Gravitationskräfte eines Satelliten und die
Bei seinem Vorbeiflug in nur 30 000 km Entfernung Gezeitenkräfte des Mutterplaneten einander die Waage halten.
konnte Voyager 2 1986 exzellente Bilder von Miranda auf- Außerhalb der Roche-Grenze bleibt der Satellit stabil, innerhalb der
nehmen, die einen einzigartigen geologischen Bau erken- Grenze wird er zerstört und zu einem Ringsystem ausgezogen. Da
die Roche-Grenze mit zunehmender Dichte des Satelliten abnimmt,
nen ließen. Die Oberfläche dieses Mondes weist zahlrei-
können Monde, die aus Gesteinsmaterial bestehen, in Planeten-nä-
che Verwerfungen mit extremer Sprunghöhe auf, die ein heren Umlaufbahnen überleben als die Eismonde.
bruchstückhaftes Muster bilden. Die entstandenen Canyons
sind z. T. sehr tief; so hat Verona Rupes eine Tiefe von bis zu Wegen der sehr niedrigen Oberflächentemperatur von
20 km. Diese Störungssysteme durchsetzen und begren- nur –238,5 °C kann Triton trotz seiner geringen Gravita-
590 32 · Unser Planetensystem
tion eine sehr dünne Atmosphäre aus 99,9 % N2 und Huygens erkannte 1659, dass Saturn von einem scheiben-
0.1 % CH4 festhalten; ihr Druck beträgt lediglich 10–5 bar förmigen Ringsystem umgeben ist. Die Saturn-Ringe lie-
(1 Pa). Die eisige Oberfläche von Triton reflektiert extrem gen in der Äquatorial-Ebene des Planeten; sie sind daher
stark mit einer Albedo von 80 %. Wie Absorptionsspekt- 26,7° zu dessen Umlaufbahn geneigt und werden von ei-
ren belegen, besteht die Oberflächen von Triton – im Ge- nem Betrachter auf der Erde unter verschiedenen Blickwin-
gensatz zu den übrigen Satelliten des äußeren Sonnen- keln gesehen. Alle 14,8 Jahre – so auch im Jahr 2009 – ist der
systems – etwa zur Hälfte aus einem Gemenge von Was- dünne Rand der Ringe genau der Erde zugewandet und
ser- und CO2-Eis, zur anderen Hälfte aus N2-, CO- und daher kaum sichtbar. Das war bereits zwei Jahre nach der
CH4-Eis. Demgegenüber sind die Kruste und der Mantel Entdeckung der Saturn-Ringe der Fall, als Galilei zu seiner
von Triton wahrscheinlich aus Wassereis aufgebaut Bestürzung feststellen musste, dass das von ihm beobach-
(Cruikshank 1999). Aufnahmen von Voyager 2 geben zahl- tete Phänomen scheinbar wieder verschwunden war.
reiche Hinweise auf geologische Aktivität, insbesondere Nach den Aufnahmen der Raumsonden Voyager 2 (1981)
ein Netzwerk von Verwerfungen, an denen die Eisfläche und Cassini-Huygens (2006), besteht das Ring-System des
deformiert und zerbrochen ist. Man beobachtet nur we- Saturns aus mehr als 100 000 Einzelringen, die unterschied-
nige Impakt-Krater; offenbar sind die älteren durch geo- liche Albedos, Farbtöne und Zusammensetzungen aufwei-
logische und atmosphärische Prozesse zerstört worden. sen und durch scharf begrenzte Lücken voneinander ge-
Auch auf Triton wird Kryovulkanismus beobachtet: In trennt sind. Die größten Ringe werden von innen nach
kalten Geysiren, die man in den Voyager-Aufnahmen als außen mit den Buchstaben D, C, B, A, F, G und E bezeich-
dunkle Rauchfahnen erkennt, wird flüssiger Stickstoff und net. Schon 1675 hatte Giovanni Domenico Cassini die aus-
mitgerissener Gesteinsstaub bis 8 km hoch in die Atmos- geprägte Lücke zwischen dem A- und dem B-Ring, die
phäre ausgestoßen. Offensichtlich reicht – trotz der Ab- Cassinische Teilung, erkannt. Innerhalb des A-Ringes exis-
schirmung durch die dichte Atmosphäre – die Sonnen- tiert darüber hinaus die Encke-Lücke. Der innerste Ring
strahlung in der Sommerzeit aus, um gefrorenen Stick- (D) beginnt bereits ca. 7 000 km über der Saturn-Ober-
stoff zu verdampfen. fläche; der äußerste Ring (E) hat einen Durchmesser von
960 000 km.
Die sommerliche Erwärmung dauert auf Triton mehrere Erdjahre Wie bereits Cassini vermutet hatte, sind die Saturn-
lang. So herrscht während des 166 Erdjahre dauernden Neptun- Ringe aus vergleichsweise kleinen Partikeln aufgebaut.
Umlaufs am Nord- und Südpol jeweils 40 Jahre lang Sommer und
Ihre Größe variiert zwischen 1 cm und 5 m; der Durch-
Winter, weil die Rotationsachsen von Triton und Neptun einen Win-
kel von 157° bilden und zusätzlich die Rotationsachse von Neptun schnitt liegt bei 10 cm. Jedes dieser Partikel umkreist den
um 30° gegen seine Umlaufbahn um die Sonne geneigt ist. Planeten auf einer eigenen Umlaufbahn, die von den be-
Die sechs inneren Monde von Neptun, die 1979 durch den Vor- nachbarten Teilchen unabhängig ist. Mit einer Albedo von
beiflug von Voyager 2 entdeckt wurden, sind dunkle, primitive Kö- 20–80 % sind die Saturn-Ringe teilweise heller als der Pla-
per. Der größte von ihnen, Proteus, hat etwa die Größe von Mimas
net selbst, der nur eine Albedo von 46 % aufweist. Daher
und Miranda. Wahrscheinlich entstanden diese inneren Monde
beim Einfang von Triton, der zunächst eine sehr exzentrische Bahn muss man annehmen, dass sie aus Partikeln aufgebaut
hatte und dadurch bei den ursprünglich vorhandenen inneren sind, die entweder vollständig aus Eis oder aus Gesteins-
Neptun-Monde chaotische Bahnstörungen auslöste. Diese Satelli- material bestehen, das von einer Eishülle umgeben ist
ten kollidierten miteinander, wurden zerbrochen und zu einer (Burns 1999; Faure u. Mensing 2007). Die Lücken zwischen
Geröllscheibe zerkleinert, aus der sich erst dann sekundäre Mon- den Ringen entstehen durch gravitative Wechselwirkungen
de bildeten, als sich die Umlaufbahn von Triton einer Kreisbahn
angenähert hatte (McKinnon 1999). Der äußere Neptun-Mond
zwischen den Ringen sowie mit den zahlreichen Monden
Nereid wurde von 1949 von Gerard Kuiper entdeckt, sechs weitere des Saturn, wobei auch Resonanz-Phänomene eine Rolle
äußere Monde kamen in den Jahren 2002–2003 hinzu. Diese irre- spielen. So ist der Saturn-Mond Mimas für die Cassinische
gulären Monde, die große und stark exzentrische Umlaufbahnen Teilung verantwortlich. In einigen der Lücken kreisen klei-
aufweisen, wurden von Neptun eingefangen. nere Monde, die sog. Schäfermonde, die wesentlich zur
Stabilität des Ringsystems beitragen.
32.3.5 Für die Entstehung der Saturn-Ringe werden unter-
Die Ringsysteme der Riesenplaneten schiedliche Erklärungsmöglichkeiten diskutiert (Burns
1999; Faure u. Mensing 2007):
Alle vier Riesenplaneten unseres Sonnensystems sind von
Ringsystemen umgeben. Am auffälligsten sind die Saturn- 1. Die Ringe könnten durch Zerstörung eines aus Ge-
Ringe, die man bereits mit einem kleinen Teleskop beob- steinsmaterial und Eis bestehenden planetarischen
achten kann. Sie wurden erstmals 1610 von Galileo Galilei Körpers entstanden sein, der sich dem Saturn soweit
entdeckt, der sich jedoch über ihre wahre Form nicht angenähert hatte, dass seine Umlaufbahn innerhalb
schlüssig werden konnte; er interpretierte sie zunächst als der Roche-Grenze lag und daher durch die Gezeiten-
zwei verschiedene planetarische Körper, später als kräfte des Saturn zerstört und zu einem Ringsystem
henkelförmige Gebilde (vgl. Burns 1999). Erst Christiaan ausgezogen wurde.
32.5 · Der Zwergplanet Pluto und sein Mond Charon: ein Doppelplanet 591
2. Alternativ könnte der Satellit durch Kollision mit ei- gend große Masse, um durch ihre Eigengravitation das
nem Kometen oder Asteroiden zerstört und in ein hydrostatische Gleichgewicht und damit eine Kugelgestalt
Ringsystem umgebildet worden sein. anzunehmen; jedoch reicht ihre Masse nicht aus, um ihre
3. Schließlich könnten die Ringe aus der gleichen Material- Umlaufbahn von anderen Kleinkörpern frei zu räumen.
wolke wie der Mutterplanet entstanden sein. Während Bis heute hat die International Astronomical Association
der Akkretionsphase in der Frühzeit unseres Sonnen- (IAU) Eris (seit Juli 2005), Haumea (seit Juli 2008) und
systems (Abschn. 34.4) wäre es den Planetesimalen Makemake (seit September 2008) als Zwergplaneten an-
infolge der Gezeitenkräfte des werdenden Saturn nicht erkannt, während sie Pluto 2006 vom Rang eines vollwerti-
gelungen, sich zu einem Mond zusammenzuballen. gen Planeten herabstufte. Als mögliche Zwergplaneten im
Kuiper-Gürtel kommen z. B. Orcus, Quaoar, Sedna und
Für mehr als 3½ Jahrhunderte galt der Saturn als der Varuna in Frage, für die jedoch bisher nicht sichergestellt
einzige Planet unseres Sonnensystems, der ein Ringsystem ist, dass sie sich im hydrostatischen Gleichgewicht befin-
aufweist. Als jedoch Uranus im Jahr 1977 einen Stern den. Auch Haumea hat wegen ihrer großen Rotations-
durch Überdeckung verdunkelte, konnte auch bei diesem geschwindigkeit keine Kugelform, sondern ist mit einem
Planeten, ein System aus zunächst neun dünnen Ringen äquatorialen Durchmesser von ca. 2 200 km und einem Pol-
festgestellt werden, deren Zahl sich durch Beobachtun- abstand von ca. 1 100 km stark abgeplattet (Brown 2011).
gen der Raumsonde Voyager 2 (1986) und des Hubble- Der planetarische Kleinkörper Quaoar wurde im Jahr
Teleskops (2005) inzwischen auf 13 erhöht hat. Im Gegen- 2002 entdeckt und nach einem indianischen Schöpfungs-
satz zum Saturn zeigen die Uranus-Ringe eine wesentlich gott benannt. Genauere Messungen aus den Jahren 2008/
geringere Albedo von nur 1,5 %. Man nimmt daher an, 2009 erbrachten einen Durchmesser von 890 ±70 km und
dass ihre Partikel, deren Größe zwischen 10 cm und 10 m eine ungewöhnlich hohe mittlere Dichte von 4,2 ±1,3 g/cm3,
variiert, aus einer Mischung von Methan- und Ammoniak- die etwa der des Mars (3,93 g/cm3) entspricht. Daher muss
Eis bestehen, die von Kohlenstoff-Staub und/oder organi- man annehmen, dass Quaoar überwiegend aus Silikat-
schen Molekülen überdeckt sind (Faure u. Mensing 2007). Gesteinen aufgebaut ist und den Kern eines planetari-
In den 1980er Jahren konnte ebenfalls durch Stern- schen Kleinkörpers repräsentiert. Demgegenüber ist sein
verdunkelungen sowie die Mission Voyager 2 (1989) fest- 2007 entdeckter Mond Weymot wohl ein Relikt des ur-
gestellt werden, dass auch Neptun von einem Ringsystem sprünglich vorhandenen Eismantels, der vielleicht bei ei-
umgeben ist, das aus 6–7 vollständigen Ringen besteht. ner heftigen, streifenden Kollision mit einem zwei- bis
Darüber hinaus enthält der äußerste Ring noch 5 unvoll- dreimal massereicheren Himmelskörper vollständig zer-
ständige Ringbögen. Ähnlich wie beim Uranus besitzen trümmert wurde und bis auf geringe Reste verloren ging
diese Ringe nur eine geringe Albedo von 3 %. Ihre weni- (Fraser u. Brown 2010; Althaus 2010).
ge μm bis ca. 10 m großen Partikel bestehen aus Methan-
Eis, das von einer Hülle aus amorphem Kohlenstoff und 32.5 32.5
organischen Substanzen umgeben ist. Der Zwergplanet Pluto und sein Mond Charon:
Für die Entstehung der Ringsysteme um Saturn und ein Doppelplanet
Neptun diskutiert man die gleichen Modelle wie für die
Saturnringe. Anders erklären muss man das schwach aus- Mit einem Radius von nur 1 195 km ist Pluto deutlich klei-
geprägte Ringsystem um Jupiter, das 1974 durch Beob- ner als Haumea, aber auch kleiner als die sieben großen
achtungen der Pioneer-11-Mission vermutet, und 1979 Monde in unserem Sonnensystem. Er ist der wichtigste
durch Fotografien von Voyager 1 und 2 dokumentiert und bestuntersuchte Vertreter der zahlreichen Trans-
werden konnte. Die Jupiter-Ringe mit einer Albedo von Neptun-Objekte (TNO). Pluto bewegt sich um die Sonne
<5 % bestehen nämlich ausschließlich aus Staubpartikeln auf einer elliptischen Bahn mit der großen Exzentriziät
mit Durchmessern im μm-Bereich. Dieser Staub wird von 0,248; die Bahn weicht also viel stärker von der Kreis-
wahrscheinlich von der Oberfläche der kleinen felsigen form ab, als alle anderen Planetenbahnen (Tabelle 32.1)
Jupiter-Monde Adrasta, Metis, Thebe und Almathea durch und schneidet die Neptunbahn im sonnennahen Bereich,
ein ständiges Meteoriten-Bombardement freigesetzt. dem Perihelion.
(1978) genaue Bestimmungen von Masse und Durchmes- niert, obwohl die zusätzliche Anwesenheit von CH4 und
ser. Im Jahr 2005 wurden mittels des Hubble-Weltraum- N2 nicht auszuschließen ist. Allerdings hat Wassereis
Teleskops die kleinen Monde Hydra und Nix entdeckt. unter den P-T-Bedingungen des äußeren Sonnesystems
Am 19. Januar 2006 erfolgte der Start der Raumsonde nur eine recht kurze Lebenserwartung von einigen hun-
New Horizons, die im Juli 2015 in 9 600 km Entfernung derttausend Jahren, kann also erst vor relativ kurzer Zeit
an Pluto und in 27 000 km an Charon vorbeifliegen soll erstarrt sein. Daraus lässt sich vermuten, dass auf Charon
(Zimmer 2010). unter einer dünnen Eiskruste ein Wasserozean existiert
(vgl. Zimmer 2010). Die dunkle Farbe von Charon könnte
Atmosphäre und innerer Aufbau durch eine „Verschmutzung“ des Wassereises durch Koh-
lenstoff oder komplexe organische Verbindungen bedingt
Da es von Pluto noch keine Nahaufnahmen gibt, ist über sein (Cruikshank 1999).
ihn nur wenig bekannt, doch wird angenommen, dass er
dem größeren Neptun-Mond Triton sehr ähnlich ist. Wie Weiterführende Literatur
bei diesem besteht die sehr dünne Atmosphäre mit ei- Lehrbücher und Sammelbände
nem Luftdruck von vielleicht 50 μbar ganz überwiegend
aus Stickstoff N2 (ca. 98 %), mit untergeordneten Gehal- Beatty JK, Petersen CC, Chaikin A (eds) (1999) The new solar system,
ten an CH 4 (ca. 1,5 %), CO, Cyanwasserstoff HCN, 4th ed. Cambridge Univ Press, Cambridge, UK
Acethylen C2H2 und Ethan C2H6 (Cruikshank 1999; Zim- Chapman CR (1999) Asteroids. In: Beatty JK, Petersen CC, Chaikin
A (eds) The new solar system, 4th ed. Cambridge University Press,
mer 2010). Die Oberflächen-Temperaturen variieren zwi-
Cambridge, UK, pp 337–350
schen –218 und –240 °C. Kennzeichnend für die Oberflä- Davis AM (ed) (2005) Meteorites, comets, and planets. Elsevier,
che von Pluto sind große regionale Unterschiede in der Amsterdam Oxford
Albedo. Während die hellen Gebiete weitgehend aus Eis Faure G, Mensing TM (2007) Introduction to planetary science – The
bestehen, könnten die dunklen Bereiche auf einen größe- geological perspective. Springer-Verlag, Dordrecht, Niederlande
Hartmann WK (2005) Moons and planets, 5 th ed. Brooks/Cole,
ren Gesteinsanteil zurückgehen. Es könnte sich jedoch
Belmont, California
auch um Anreicherungen von komplexen Kohlenwasser- Hunt GE, Moore P (1982) The planet Venus. Faber and Faber, London
stoffen und Nitrilen R–C=N handeln, die oft charakteristi- Papike JJ (ed) (1998) Planetary materials. Rev Mineral 36
sche rote, orange oder schwarze Farbtöne aufweisen Rollinson H (2007) Early Earth systems – A geochemical approach.
(Cruikshank 1999). Blackwell, Malden, Ma, USA
Unsöld A, Baschek B (2005) Der neue Kosmos, 7. Aufl. Korrigierter
Nachdruck, Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York
Mit einer Dichte von ca. 2,2 g/cm3 dürfte Pluto zu etwa
70 % aus Gesteinsmaterial bestehen, das vermutlich Übersichtsartikel
im Kernbereich konzentriert ist und von einem di-
cken Eismantel umgeben wird. Spektroskopische Burns JA (1999) Planetary rings. In: Beatty JK, Petersen CC, Chaikin
Analysen zeigen, dass zumindest die oberste Eis- A (eds) The new solar system, 4th ed. Cambridge University Press,
Cambridge, UK, pp 221–240
schicht aus einer Mischung von gefrorenem N2, CH4,
Carr MH (1999) Mars. In: Beatty JK, Petersen CC, Chaikin A (eds)
CO und H2O zusammengesetzt ist (Cruikshank 1999). The new solar system, 4th ed. Cambridge University Press, Cam-
bridge, UK, pp 141–156
Chambers JE (2005) Planet formation. In: Davis AM (ed) Meteorites,
Der Pluto-Mond Charon comets, and planets. Elsevier, Amsterdam Oxford, pp 461–474
Cruikshank DP (1999) Triton, Pluto, and Charon. In: Beatty JK,
Petersen CC, Chaikin A (eds) The new solar system, 4th ed.
Wie wir aus Tabelle 32.1 entnehmen können, hat der Erd- Cambridge Univ Press, Cambridge, UK, pp 285–296
mond nur 1/4 des Erdradius und 1/83 der Erdmasse. Im Fegley B Jr (2005) Venus. In: Davis AM (ed) Meteorites, comets, and
Gehensatz dazu ist Charon mit etwa dem halben Pluto- planets. Elsevier, Amsterdam Oxford, pp 487–507
Radius von 603,5 km und einem Masse-Verhältnis von 1:8 Fiquet G, Guyot F, Badro J (2008) The Earth’s lower mantle and core.
verglichen mit seinem Mutterplaneten sehr groß. Beide Elements 4:177–182
Greeley R (1999) Europa. In: Beatty JK, Petersen CC, Chaikin A (eds)
Körper rotieren um eine gemeinsame Achse, die außerhalb The new solar system, 4th ed. Cambridge Univ Press, Cambridge,
von Pluto liegt; sie bilden also einen Doppelplaneten (z. B. UK, pp 253–262
Agnor u. Hamilton 2006). Aufgrund der Gezeitenkräfte ha- Hartmann WK (1999) Small worlds: Patterns and relationships. In:
ben Pluto und Charon ihre Eigenrotation soweit abgebremst, Beatty JK, Petersen CC, Chaikin A (eds) The new solar system,
dass sie sich während eines Umlaufs umeinander genau 4th ed. Cambridge Univ Press, Cambridge, UK, pp 311–320
Head JW III (1999) Surfaces and interiors of the terrestrial planets.
einmal um die eigene Achse drehen und sich daher stets
In: Beatty JK, Petersen CC, Chaikin A (eds) The new solar system,
die gleiche Seite zuwenden. Wenn man die Absorptions- 4th ed. Cambridge Univ Press, Cambridge, UK, pp 157–173
spektren von Pluto und Charon voneinander abzieht, stellt Hubbard WB (1999) Interior of the giant planets. In: Beatty JK,
man die auffallende Tatsache fest, dass – im Gegensatz zu Petersen CC, Chaikin A (eds) The new solar system, 4th ed.
Pluto – auf der Oberfläche von Charon Wassereis domi- Cambridge Univ Press, Cambridge, UK, pp 193–200
Literatur 593
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33
Einführung in die Geochemie
33.1 Bei der Lektüre dieses Buches ist dem aufmerksamen Leser klar geworden, dass
Geochemische die Verteilung der chemischen Elemente in der Natur wesentlich durch gesteins-
Gliederung bildende Prozesse kontrolliert wird. Bereits im frühen Entwicklungsstadium un-
der Elemente seres Sonnensystems differenzieren sich die erdähnlichen Planeten, die ursprüng-
lich chondritische Zusammensetzung hatten, in einen metallischen Kern und ei-
33.2 nen silikatischen Mantel. Krustenbildende Prozesse werden durch partielle Auf-
Chemische schmelzung im Mantel ausgelöst. Dabei entstehen Stamm-Magmen, in denen die
Zusammensetzung inkompatiblen Elemente in verschiedenem Maße angereichert werden. Fraktio-
der Gesamterde nierte Kristallisation dieser Magmen, häufig kombiniert mit Assimilation von Ne-
bengestein, führt zur Bildung magmatischer Serien von unterschiedlichem
33.3 geochemischen Charakter.
Chemische Bei der Entwicklung des Planeten Erde spielten mindestens seit dem Ende des
Zusammensetzung Archaikums plattentektonische Prozesse eine entscheidende Rolle, durch die Vul-
der Erdkruste kanismus, Plutonismus und Metamorphose, aber auch Verwitterung, Abtragung,
Transport und Sedimentation gesteuert werden. Dabei entstanden zwei grund-
33.4 sätzlich verschiedene Krustentypen, die ozeanische und die kontinentale Erdkruste.
Spurenelement- Endogene und exogene Prozesse beinhalten Stoffkreisläufe, bei denen es zur Tren-
Geochemie nung, zur Verarmung und zur Anreicherung chemischer Elemente bis hin zur Bil-
magmatischer Prozesse dung bauwürdiger Erz- und Minerallagerstätten kommen kann.
Die Verteilung von chemischen Elementen auf die koexistierenden Mineralphasen
33.5 eines Gesteins wird durch die Druck-Temperatur-Bedingungen des gesteinsbil-
Isotopen-Geochemie denden Prozesses gesteuert. Dabei spielen die Kristallstrukturen der Minerale so-
wie die kristallchemischen Eigenschaften der Elemente, insbesondere ihre Atom-
33.6 oder Ionenradien, ihre Wertigkeit und ihr Bindungs-Charakter, eine entscheiden-
Entstehung der de Rolle. Solche Verteilungsgleichgewichte lassen sich als Geothermometer und
chemischen Elemente Geobarometer einsetzen, um z. B. die P-T-Bedingungen beim Höhepunkt einer Me-
tamorphose abzuschätzen. Ebenso können die Fraktionierung und die Verteilungs-
gleichgewichte von stabilen Isotopen, z. B. von Sauerstoff, Kohlenstoff und Schwe-
fel, als Geothermometer dienen. Gesteinsbildende Prozesse beeinflussen auch die
radiogenen Isotopen-Systeme wie U-Pb, Rb-Sr, Sm-Nd und K-Ar. Aus den Halbwerts-
zeiten ihrer Zerfallsreihen lassen sich Aussagen über das Alter eines geologischen
Prozesses gewinnen. Darüber hinaus können stabile und radiogene Isotopen-Sys-
teme wichtige Hinweise auf die geotektonische Position geben, in der ein Gestein
gebildet wurde.
In diesem Kapitel sollen die Verteilung und das Verhalten von chemischen Ele-
menten und ihren Isotopen bei geologischen Prozessen in Grundzügen behan-
delt werden. Für ein eingehendes Studium der Geochemie muss auf die einschlä-
gigen Lehrbücher verwiesen werden.
Siderophile Elemente (grch. σíδηρος = Eisen, ϕíλος HA–B = ½(HA–A + HB–B) [33.1]
= Freund) haben die Neigung, sich mit Fe zu legieren.
Sie gehen bevorzugt in die Metallphase von Meteori- beschreiben. Demgegenüber tritt bei heteropolarer Bindung noch
ein Term hinzu, der die elektrostatische Wechselwirkung beschreibt
ten und in die Metallschmelze („Eisensau“) beim
und ein Maß für den ionaren Bindungsanteil darstellt:
Hochofen-Prozess.
Chalkophile Elemente (grch. χαλκóς = Erz, Kupfer, Bron- HA–B = ½(HA–A + HB–B) + ΔEA–B [33.2]
ze) zeigen die Tendenz, Sulfide zu bilden; sie reichern
sich im Kupferstein des Hochenofen-Prozesses an. Nach Pauling (1959) ist
Lithophile Elemente (grch. λíθος = Stein) neigen dazu,
ΔEA–B = 96,5(γA – γB)2 [33.3]
sich mit Sauerstoff unter Bildung von Silikaten, Oxi-
den, Karbonaten u. a. zu verbinden. Sie werden be- Dabei sind γA und γB die Elektronegativitäten der Atome A und B.
vorzugt in die Silikat-Minerale von Meteoriten einge-
baut und gehen beim Hochofenprozess in die leichte Zwischen dem geochemischen Charakter der Elemen-
Silikatschmelze, die beim Abkühlen zur Hochofen- te und der Elektronegativität E ihrer Kationen bestehen
schlacke erstarrt. folgende Zusammenhänge (Tabelle 33.1):
33.1 · Geochemische Gliederung der Elemente 597
Tabelle 33.1.
Elektronegativität und geoche-
mischer Charakter der wich-
tigsten chemischen Elemente.
(Nach Pauling 1959, mod. aus
Brown u. Mussett 1981)
Lithophile Elemente: E < 1,6, Bemerkenswert ist die Rolle des Eisens. Dieses ist nach
z. B. K, Na, Ca, Mg, Al, Ti; Mn und Cr verhalten sich seiner Elektronegativität (E = 1,8) prinzipiell chalkophil
daneben auch chalkophil; außerdem haben chemische und wird sich zunächst mit dem vorhandenen Schwefel
Elemente lithophilen Charakter, bei denen zwar E > 1,6 unter Bildung von Sulfiden wie Troilit in Meteoriten bzw.
ist, die jedoch wegen ihrer geringen Größe Anionen- Pyrrhotin oder Pyrit in irdischen Gesteinen verbinden.
Komplexe mit Sauerstoff bilden, wie B3+, C4+, Si4+ und Ein Teil des restlichen Fe bildet mit Sauerstoff und Si Sili-
P5+; außerdem sind die Halogene lithophil. kate, verhält sich also lithophil. Erst wenn alles S und O
Chalkophile Elemente: 1,6 < E < 2,0, aufgebraucht sind, hat Fe siderophilen Charakter und
z. B. Ag, Hg, Pb, Bi; ausgenommen sind Bildner von Anio- kann metallisches Eisen bilden. Der Sauerstoff-Gehalt ei-
nen-Komplexen wie Si. Chalkophil sind aber auch eini- nes Planeten bestimmt damit die Größe seines Eisenkerns.
ge Elemente mit E > 2,0, insbesondere S, Se und Te. Da- Dieser hat beim Merkur einen Anteil von 47 Vol.-%, bei der
rüber hinaus besitzen mehrere Elemente mit E = 1,6–2,0 Erde 16 Vol.-%, bei der Venus 14 Vol.-%, beim Mars 13 Vol.-
unterschiedlichen geochemischen Charakter: so verhal- %, beim Erdmond jedoch nur 1 Vol.-% (Spohn 1991).
ten sich Fe, Co, Ni, Ge, Cu und Sn chalkophil, siderophil Eine weitere geochemische Klassifikation beruht auf dem
und lithophil, Zn chalkophil und lithophil, Sb und Re Ionenpotential, dem Quotienten aus Ionenladung und Io-
chalkophil und siderophil. nenradius (Abb. 33.1). Die großionigen lithophilen Elemente
Siderophile Elemente: 2,0 < E < 2,4, (Large Ionic Lithophile elements, LIL) besitzen Ionenpoten-
wie Pt und andere PGE sowie Au; P5+ hat zwar E = 2,1, tiale von <2 und Ionenradien von >1,2 Å. Hierzu gehören
verhält sich aber als Bildner von Anionenkomplexen besonders die einwertigen Alkalimetalle Cs, Rb und K, die
lithophil; W mit E = 1,7 verhält sich siderophil und – zweiwertigen Kalkalkalimetalle Ba und Sr sowie Pb2+
als Anionenbildner – auch lithophil. und Eu2+. Es handelt sich um Elemente geringer Feldstärke
Atmophile Elemente: (Low Field Strength Elements, LFS). Demgegenüber wei-
Hierzu gehören hauptsächlich Stickstoff (E = 3,0) und sen die Elemente hoher Feldstärke (High Field Strenth
die Edelgase, aber auch H, C und O, die aber – trotz elements, HFS), Ionenpotentiale von >2 auf; ihre Wertig-
E > 2 – gleichzeitig auch als lithophil zu betrachten keiten variieren von 3+ bis 6+, ihre Ionenradien sind <1,2 Å.
sind. Zu dieser Gruppe gehören auch die Seltenerd-Elemente oder
598 33 · Einführung in die Geochemie
33.2 33.2
Chemische Zusammensetzung der Gesamterde
schen Gesamtzusammensetzung der Erde von einem Hierzu gehören neben H, C, O, S und Cl z. B. die Metalle
Chondrit-Modell auszugehen; die Frage ist nur, welchen Hg, Tl, Pb, Zn und Cd, aber auch Na, K und Ge. Sie müs-
Chondrit-Typ man dafür zu Grunde legt. sen während des frühen Differentiationsprozesses des
Mason (1966) ging in seinen Berechnungen vom Mit- Erdkörpers größtenteils in den Weltraum verdampft sein,
telwert der gewöhnlichen Chondrite (H- und L-Typen) insgesamt mindestens 32 Gew.-% (Javoy 1999); außerdem
aus, die mit Abstand die häufigsten Meteorite überhaupt musste ein Teil des Eisens reduziert werden, um den
darstellen. Er nahm ferner an, dass im Kern als leichtes metallischen Erdkern zu bilden. Wegen der Volatilität von
Element lediglich Schwefel vorhanden ist. Danach be- Schwefel war Ringwood der Auffassung, dass dieses Ele-
rechnet sich die Zusammensetzung des Erdkerns (Dich- ment nicht in den Erdkern inkorporiert wurde, sondern
te 7,15) aus dem durchschnittlichen Elementverhältnis größtenteils abdampfte; er nahm für den Erdkern eine
in der Metallphase von Chondriten, das sehr gut mit dem- Fe-Ni-Si-Legierung mit ca. 11 Gew.-% Si an. Allerdings
jenigen in Eisenmeteoriten übereinstimmt, plus dem bedeutet die Anwesenheit von metallischem Silicium im
mittleren Gesamtgehalt an FeS (Troilit): Erdkern neben FeO im unteren Erdmantel, dass bei der
Kern-Mantel-Differentiation kein thermodynamisches
Gleichgewicht eingestellt wurde. Die von Ringwood
(1966) aus dem C1-Mittel durch Abzug der volatilen Ele-
mente und des Erdkerns berechnete Durchschnitts-
zusammensetzung des Erdmantels stimmt sehr gut mit
dem Pyrolit-Chemismus überein (Ringwood 1975).
Neuere Überlegungen gehen davon aus, dass der Erdkern
als leichte Elemente Silicium, Sauerstoff und Schwefel
nebeneinander enthält (Poirier 1994); so berechnete
Javoy (1999) als mittlere Kernzusammensetzung
Der Erdmantel entspricht dann in seiner Zusammen- 79,46 % Fe, 5,61 % Ni, 0,57 % Cr, 0,56 % Mn, 9,65 % Si,
setzung dem Silikat-(+ Oxid- + Phosphat-)Anteil des 2,27 % S, 1,88 % O.
Chondrit-Mittelwertes. In Tabelle 33.2 sind die mittleren Erdzusammenset-
Demgegenüber ging Ringwood (1966, 1975) vom Mit- zungen nach den Berechnungsversuchen von Mason
telwert der kohligen Condriten (Typ C1) aus. Diese sind (1966), Ringwood (1966), Ganapathy u. Anders (1974)
allerdings hochoxidiert und enthalten einen enorm ho- und Javoy (1999) gegenüber gestellt. Man erkennt deut-
hen Anteil an chemischen Elementen, die sich bei erhöh- liche Gemeinsamkeiten, wenn auch die Unterschiede im
ten Temperaturen volatil (leichtflüchtig) verhalten. Detail nicht zu übersehen sind. Die durchschnittliche
Tabelle 33.2.
Unterschiedliche Berechnungs-
versuche zur Zusammensetzung
der Gesamterde in Gew.-%. (Nach
Mason u. Moore 1985 und Javoy
1999)
600 33 · Einführung in die Geochemie
chemische Zusammensetzung der Gesamterde ist bedeckt, doch machen diese in der gesamten Erdkruste nur
keinesfalls von rein akademischem Interesse; denn sie ca. 8 Vol.-% aus, während die Magmatite einen Anteil von
hängt ja unmittelbar mit der Frage nach der Entstehung ca. 65 Vol.-% aufweisen (Tabelle III.1, S. 213). Von den me-
unseres Planetensystems zusammen. Die in Tabelle 33.2 tamorphen Gesteinen, die mit ca. 27 Vol.-% am Krusten-
zusammengestellten Ergebnisse stellen wichtige Rand- aufbau beteiligt sind, leitet sich wiederum ein beträchtli-
bedingungen dar, wenn man die Bildungsmechanismen cher Anteil, insbesondere Orthogneise, Amphibolite und
der erdähnlichen Planeten und die Differentationspro- Grünschiefer, von magmatischen Ausgangsgesteinen ab.
zesse, die in ihrer Frühphase abgelaufen sind, verstehen Einwände gegen das Verfahren von Clarke und Was-
will. Umgekehrt wären die dargestellten Berechnungs- hington ergaben sich
modelle ohne den Input kosmologischer Vorstellungen
nicht denkbar. Geochemie und Kosmologie befruchten aus der ungleichmäßigen geographischen Verteilung
sich gegenseitig in einem ständigen Iterationsprozess. der analysierten Proben, die damals überwiegend aus
Nordamerika und Europa stammten,
33.3 33.3 aus der relativen Bevorzugung seltener Gesteinstypen,
Chemische Zusammensetzung der Erdkruste die das besondere Interesse der Petrographen fanden,
und
33.3.1 aus der Nichtberücksichtigung der tatsächlichen Ge-
Berechnungen des Krustenmittels: Clarke-Werte steinsvolumina in der Erdkruste, in der Granite und
Basalte den Hauptanteil ausmachen.
Die chemische Zusammensetzung der Erdkruste, insbe-
sondere der kontinentalen Kruste, ist für uns von ent- Andererseits wurden die gewonnenen Ergebnisse auch
scheidendem Interesse, da hier unsere Rohstoffquellen durch unabhängige Berechnungsverfahren bestätigt. So
liegen. Der erste Versuch, die Durchschnittszusammen- stimmt der Mittelwert von glazialen Geschiebelehmen
setzung der Erdkruste zu ermitteln, stammt von Clarke Norwegens, die ja eine Mischung aus unterschiedlichen
und Washington (zuletzt Clarke 1924). Sie berechneten magmatischen, metamorphen und Sedimentgesteinen
einen Durchschnittswert aus 5 159 Gesteinsanalysen darstellen, erstaunlich gut mit den Werten von Clarke und
magmatischer Gesteine, wobei sie unvollständige und Washington überein (Goldschmidt 1933).
schlechte Analysen auf Grund bestimmter Qualitäts- Insgesamt haben sich die sog. Clarke-Werte (kurz
kriterien ausschieden. Da die Erdkruste zum überwie- „Clarkes“ genannt) als Basiswerte für geochemische Ver-
genden Teil aus Magmatiten besteht, erscheint ihre Be- gleiche bewährt (Tabelle 33.3), denn sie geben die Men-
vorzugung gerechtfertigt. Zwar ist die Erdoberfläche zu genverhältnisse der chemischen Elemente in der Erd-
mehr als 75 % von Sedimenten und Sedimentgesteinen kruste richtig wieder. Danach sind nur acht chemische
Tabelle 33.3.
Clarke-Werte der zwölf häufigs-
ten chemischen Elemente in der
Oberen Erdkruste = Mittelwert
aus 5 159 Magmatiten. (Nach
Clarke u. Washington, in Clarke
1924; Ionenradien nach Whitt-
acker u. Muntos 1970)
33.3 · Chemische Zusammensetzung der Erdkruste 601
Hauptelemente, nämlich O, Si, Al, Fe, Mg, Ca, Na, K und Koordination, die großen Kationen Ca, K und Na in [8]-
Mg, mit mehr als 1 Gew.-% am Bau der Erdkruste betei- oder in [12]-Koordination.
ligt, in der sie zusammen 98,6 Gew.-% ausmachen; rech- An diesem Bild ändert sich prinzipiell nichts, wenn man
net man noch die vier Nebenelementen Ti, H, P und Mn modernere Berechnungen zugrunde legt, die auf einer bes-
mit Gehalten von 0,1–1 Gew.-% hinzu, so kommt man seren statistischen Basis beruhen und in denen die Mittel-
auf 99,4 Gew.-%. Aus Tabelle 33.3 wird die überragende werte für die ozeanische Erdkruste (einschließlich der Sedi-
Bedeutung von Sauerstoff und Silicium deutlich. Die füh- mentschicht 1) sowie für die kontinentale Ober- und Unter-
rende Rolle des Sauerstoffs kommt noch stärker zum kruste gesondert ausgewiesen werden (z. B. Ronov u. Yaro-
Ausdruck, wenn man die Clarke-Werte von Gew.-% in shevsky 1969; Wedepohl 1994; Klein 2005, Rudnik u. Gao
Atom-% oder sogar in Vol.-% umrechnet. Man erkennt, 2005). Nach diesen Berechnungen hat die ozeanische Erd-
dass die Erdkruste praktisch ein dicht gepacktes Sauer- kruste erwartungsgemäß basaltischen Charakter, während
stoff-Gerüst darstellt, in dessen kleinen Lücken die Kat- die kontinentale Erdkruste im Mittel granodioritisch, die
ionen sitzen, und zwar Si in [4]-Koordination, Al in [4]- kontinentale Unterkruste quarzdioritisch bzw. andesitisch
und [6]-Koordination, Fe, Mn, Mg und Ti meist in [6]- zusammengesetzt ist (Tabelle 33.4). Aus der geochemischen
Tabelle 33.4.
Die Clarke-Werte (1924) im Ver-
gleich zur chemischen Durch-
schnittszusammensetzung von
ozeanischer und kontinentaler
Erdkruste, kontinentaler Ober-
und Unterkruste. (Nach Ronov
u. Yaroshevsky 1969 und Wede-
pohl 1994)
602 33 · Einführung in die Geochemie
Häufigkeit der Elemente ergibt sich – unter Berücksich- Tabelle 33.5. Konzentrations-Clarkes für Erzlagerstätten häufiger Ge-
tigung kristallchemischer Gesetzmäßigkeiten – die brauchsmetalle. (Modifiziert nach Mason u. Moore 1985 und Cissarz 1965)
Häufigkeitsverteilung der Minerale in der Erdkruste (Ta-
belle 2.2, S. 37), die zu etwa 95 Vol.-% aus Silikat-Minera-
len (einschließlich Quarz) aufgebaut ist.
Die geochemischen Unterschiede zwischen den beiden
Hauptkrustentypen sind beachtlich. Die kontinentale Erd-
kruste ist erheblich reicher an SiO2 und K2O, während bei
der ozeanischen Erdkruste die wesentlich höheren Ge-
halte an TiO2, FeO, MgO und CaO ins Auge springen. Bei
den Spurenelementen sind in der kontinentalen Erdkruste
besonders Rb, das mit K2O positiv korreliert ist, sowie Th
und U angereichert, in der ozeanischen Kruste Sr – ent-
sprechend dem hohen CaO-Gehalt – sowie Ni und Co. Wie
wir später sehen werden, sind die Elemente K, Rb, U und
Th, die in der kontinentalen Erdkruste konzentriert sind,
an radioaktiven Zerfallsreihen beteiligt, wobei exother-
me Prozesse ablaufen (Abschn. 33.5.3, S. 615ff). Dement-
sprechend ist die radioaktive Wärmeproduktion in der
kontinentalen Erdkruste wesentlich höher als in der oze-
anischen. Umgekehrt spielt in der viel dünneren ozeani-
schen Kruste der konduktive und konvektive Wärme-
transport aus dem Erdmantel eine viel größere Rolle,
besonders natürlich an den mittelozeanischen Rücken
und im Bereich von Hot Spots.
33.3.2
Seltene Elemente und Konzentrations-Clarkes
Viele chemische Elemente, die in unserem täglichen Leben Unter den technisch interessanten Schwermetallen ist nur
regelmäßig gebraucht werden, ja für uns unentbehrlich Fe mit einem Durchschnittsgehalt von 5 % geochemisch
sind, gehören nicht zu den zwölf häufigsten Elementen häufig; mit Abstand folgen Ti mit 0,44 und Mn mit 0,10 %.
in der Erdkruste, sondern liegen weit unter 0,1 Gew.-% Alle anderen Schwermetalle einschließlich der Stahlveredler
(Tabelle 33.4, 33.5). Viele der seltenen Elemente sind und Buntmetalle liegen im Bereich einiger ppm (= g/t), die
zudem noch stark dispergiert (verteilt): Sie sind zwar Edelmetalle noch wesentlich darunter. Eine Anreicherung
extensiv weit verbreitet; aber selten kommt es zu inten- bestimmter Metalle über dem geochemischen Durchschnitt
siven Konzentrationen über den geochemischen Durch- unter Bildung von Erzlagerstätten gehört immer zu den sel-
schnitt hinaus und damit zur Bildung bauwürdiger La- tenen Fällen, unterliegt aber – wie wir mehrfach gezeigt
gerstätten. Der russische Geochemiker V. I. Vernadsky hat haben – den gleichen Gesetzmäßigkeiten wie analoge
dafür den Begriff der dispersed elements eingeführt. Die- gesteinsbildende Prozesse. Grundvoraussetzung für die Bau-
se bilden häufig keine eigenen Minerale, sondern wer- würdigkeit einer Erzlagerstätte ist eine gewisse Mindest-
den in Fremdmineralen getarnt oder abgefangen. konzentration, der sog. Konzentrations-Clarke (Tabel-
le 33.5). Dieser zeigt eine sehr große Variationsbreite, in der
Tarnen heißt diadocher Ersatz eines häufigeren Ele- die Seltenheit des betreffenden Metalls, die Nachfrage und
ments durch ein selteneres von gleicher Wertigkeit und damit der Weltmarktpreis zum Ausdruck kommen. So muss
ähnlichem Ionenradius, z. B. Rb+ → K+, Sr2+ → Ca2+, z. B. Mangan etwa um das 350fache des Krustenmittels an-
Ga3+ → Al3+ oder Hf4+ → Zr4+. gereichert sein, um eine bauwürdige Mn-Lagerstätte zu bil-
Abfangen heißt diadocher Ersatz eines häufigeren Ele- den, Gold dagegen um das 10 000fache und Silber sogar um
ments durch ein selteneres von anderer Wertigkeit, aber das 25 000fache!
mit ähnlichem Ionenradius, z. B. Ba2+ → K+, Pb2+ → K+ Stark variierende Weltmarktpreise, z. B. bei Kupfer
oder Nb5+ → Ti4+. oder bei Gold, haben auch Schwankungen des Konzent-
rations-Clarkes zur Folge, was oft erhebliche wirtschaft-
In einigen Fällen bilden seltene Elemente zwar eige- liche Auswirkungen hat. So kann ein plötzliches Absa-
ne Minerale, die jedoch als Akzessorien extensiv in cken des Weltmarktpreises den Konzentrations-Clarke
Gesteinen verteilt sind, z. B. Zirkon Zr[SiO4]. eines Metalls über dessen Durchschnittsgehalt in einer
33.4 · Spurenelement-Geochemie magmatischer Prozesse 603
Erzlagerstätte und damit die Bauwürdigkeitsgrenze des eingebauten Spurenelements selbst beeinflusst. Bei
anheben, was zur Schließung von Gruben nach nur höheren Elementkonzentrationen ist das jedoch nicht
kurzer Laufzeit und damit zum Verlust von Arbeitsplät- mehr der Fall: das Henry’sche Gesetz verliert dann seine
zen sowie von erheblichen Investitionsmitteln führen Gültigkeit.
kann. Abgesehen vom Konzentrations-Clarke und vom Die kristallchemischen Eigenschaften von Spurenele-
Weltmarktpreis sind für die Bauwürdigkeit einer Lager- menten wie Größe, Ladung und Ligandenfeld-Stabilisie-
stätte noch eine Reihe weiterer Faktoren entscheidend: rung können sehr stark von denen der Hauptelemente
des Wirtminerals abweichen. Daraus resultiert ein stark
bestimmte Mindestmenge an bauwürdigem Erz, ab- nicht-ideales Mischungsverhalten, so dass Spurenelemen-
geschätzt durch Vorratsberechnungen; te sich sehr ungleich auf koexistierende Phasen wie Kris-
gute Aufbereitbarkeit des Erzes; tall–Schmelze, Kristall–Kristall, Kristall–Fluid und
Horizontbeständigkeit der Vererzung oder möglichst Schmelze–Fluid verteilen können. So konzentriert sich
einfache Form der Erzköper: nicht zu komplizierte bei der Kristallisation einer Schmelze das kompatible
tektonische Verhältnisse in der Lagerstätte; Spurenelement Ni im Olivin, während inkompatible Spu-
Tiefenlage der Erzkörper: Entscheidung über Tagebau renelemente wie K, Rb oder die leichten Seltenen Erden
oder Tiefbau; (LREE) in der Restschmelze angereichert werden.
günstige Verkehrsanbindung;
nicht zu extreme klimatische Verhältnisse; Spurenelemente sind daher sehr gut geeignet, mag-
gut ausgebildete Arbeitskräfte bei nicht zu hohen Per- matische Prozesse zu modellieren, vorausgesetzt man
sonalkosten; kennt den Nernst’schen Verteilungskoeffizienten
stabile politische Verhältnisse und günstiges Investiti-
onsklima.
[33.5]
33.4 33.4
Spurenelement-Geochemie magmatischer Prozesse Dabei sind Cimin und CiSchmelze die jeweiligen Konzen-
trationen des Spurenelements i (in ppm) in einem Mi-
33.4.1 neral bzw. in der umgebenden Schmelze. Kompatible
Grundlagen Spurenelemente haben Kristall-Schmelze-Verteilungs-
koeffizienten von > 1, inkompatible dagegen von < 1.
Als Spurenelemente bezeichnet man chemische Ele- So ergibt sich z. B. für die Verteilung des kompatiblen
mente, die mit weniger als 0,1 Gew.-% = 1 000 ppm Ni zwischen einem Olivin-Kristall mit 1 300 ppm Ni und
= 1 000 g/t in einem Gestein vorhanden sind. einer Basaltschmelze mit 130 ppm Ni ein Kd = 10; dage-
gen berechnet sich z. B. für die Verteilung des inkompa-
Wie wir in Abschn. 33.3.2 gesehen haben, bilden einige tiblen Ti in einem Olivin mit 160 ppm Ti und einer
Spurenelemente eigene Minerale, wie z. B. Zr den Zirkon Basaltschmelze mit 8 000 ppm Ti ein Kd = 0,02. Die
Zr[SiO4] oder Cr den Chromit FeCr2O4; andere werden in genaue Bestimmung der Kd-Werte von Spurenelemen-
den Kristall-Strukturen der häufigen Gesteins- oder Lager- ten in natürlichen Gesteinen, z. B. zwischen einem Oli-
stätten-bildenden Minerale getarnt oder abgefangen. vin-Einsprengling und einem Basaltglas, ist mit konven-
Spurenelemente vermitteln wichtige Anhaltspunkte tionellen Elektronenstrahl-Mikrosonden meist nicht
für magmatische Prozesse, bei denen Kristall-Schmelz- möglich, da deren Nachweisempfindlichkeit generell bei
Gleichgewichte eine Rolle spielen, wie partielles Schmel- ca. 0,1–0,05 Gew.-%, in sehr günstigen Ausnahmefällen
zen, fraktionierte Kristallisation, Assimilation von Ne- bei 0,01 Gew.-% = 100 ppm liegt. Daher ist der Einsatz
bengestein. Dafür gibt es folgende Gründe: aufwendigerer Geräte wie der Ionensonde SHRIMP oder
einer Lasermikrosonde angesagt, die derzeit noch in
Anders als die Hauptelemente gehorchen Spurenelemen- wenigen Labors zur Verfügung stehen. Daneben wurden
te weitgehend dem Henry’schen Gesetz, nach dem die bereits zahlreiche Kd-Werte bei unterschiedlichen
Aktivität einer Komponente i in einem Mineral aimin pro- P-T-Bedingungen auf experimentellem Wege bestimmt.
portional zu deren Konzentration Ximin ist: Die Verteilungskoeffizienten zwischen Schmelze und
kristallinen Phasen sind in erster Linie von der Zusam-
aimin = γ imin Ximin [33.4] mensetzung der Schmelze selbst, darüber hinaus von
Temperatur, Druck und Sauerstoff-Fugazität sowie von
Dabei ist γ imin der Aktivitätskoeffizient, den wir ja kristallchemischen Eigenschaften wie Ionenradius und
bereits in Abschn. 20.2.3 (S. 316ff) kennen gelernt hat- Ladung abhängig.
ten. Dieser ist zwar von P, T und anderen Zustandsvari- Der Gesamtverteilungskoeffizient (engl. bulk partition
ablen abhängig, wird aber nicht von der Konzentration coefficient) für ein bestimmtes Element i zwischen ei-
604 33 · Einführung in die Geochemie
nem Gestein und einer Schmelze ergibt sich aus der Glei- und im kristallinen Residuum (in ppm), D0 der Ge-
chung samtverteilungskoeffizient des Ausgangsgesteins vor
dem Schmelzbeginn, DRS derjenige des Residuums. Für
Di = x1Kd imin1 + x2Kd imin2 + x3Kd imin3 [33.6] den Fall des Gleichgewichtsschmelzens (Abschn. 18.5,
S. 303f) gilt:
wobei Kd imin1 , Kd imin2 , Kd imin3 … die Nernst’schen
Verteilungskoeffzienten für die Minerale 1, 2, 3 … und x1,
x2, x3 … die jeweiligen Mengenanteile dieser Minerale [33.7a]
sind. Bei Kenntnis der einzelnen Kd-Werte lässt sich also
z. B. der Gesamtverteilungskoeffizient für das Spurenele-
ment Ni beim partiellen Aufschmelzen eines Granat- [33.7b]
Lherzoliths des Oberen Erdmantels, bestehend aus
55 % Olivin, 25 % Orthopyroxen, 11 % Klinopyroxen und
9 % Pyrop-Granat berechnen: Der gleiche Ausdruck wie [33.7a] ergibt sich auch
für D0, vorausgesetzt, dass die Minerale im gleichen
DNi = 0,55Kd Ol Opx C px Mengenverhältnis in die Schmelze gehen, wie sie im Aus-
Ni + 0,25Kd Ni + 0,11Kd Ni
gangsgestein vorhanden waren. Für fraktioniertes
+ 0,9Kd NGirt [33.6a] Schmelzen gilt dagegen im einfachsten Fall:
[33.9]
[33.10a]
Inkompatible Spurenelemente
Wie Abb. 33.6 erkennen lässt, zeigt das Chondrit- Die zweite, größere Gruppe umfasst dagegen Elemen-
normierte Spurenelement-Muster für MOR-Basalte ei- te, die sich generell eher immobil verhalten. Innerhalb
nen relativ ausgeglichenen Verlauf mit einer steilen beider Gruppen sind die Elemente so angeordnet, dass
Flanke im Bereich der höchst-inkompatiblen Elemente ihre Inkompatibilität von außen nach innen zunimmt.
Ba–K sowie einem flachen Ast von K bis Y. Da MORB –
wie wir wissen – durch relativ hohe Aufschmelzgrade In Abb. 33.7 werden die MORB-normierten Spurene-
gekennzeichnet sind, sollten sie die Zusammensetzung lement-Muster für kontinentale Intraplatten-Basalte
ihrer Mantelquelle widerspiegeln, d. h. das Muster sollte (within plate basalts, WPB), Basalte ozeanischer Inseln
keine so ausgeprägte Asymmetrie aufweisen. Die gerin- (OIB), K-reiche, kalkalkaline Inselbogen-Basalte (IAB)
ge Anreicherung der stark inkompatiblen Elemente Ba, und Inselbogen-Tholeiite (IAT) gegenüber gestellt
Rb und Th lässt sich auch nicht durch nachfolgende (Pearce 1983). WPB und OIB weisen ähnliche Muster auf,
fraktionierte Kristallisation erklären; denn diese sollte wobei die meisten inkompatiblen Elemente von Sr bis
ja gerade zu einer zusätzlichen Anreicherung dieser Zr gegenüber MORB angereichert sind. Diese Anreiche-
Elemente führen. Daher muss man annehmen, dass rung ist allerdings bei den WPB wesentlich deutlicher
die Mantelquelle von MORB bereits an stark inkompa- und das Maximum von Ba bis Nb ist wesentlich ausge-
tiblen Elementen verarmt war, vermutlich durch die prägter als bei den OIB.
Bildung der kontinentalen Kruste im Verlauf der Erd- Beim MORB-normierten Spurenelement-Muster der
geschichte. IAT verläuft der Ast zwischen Ta und Yb relativ flach und
Ganz anders sind die Chondrit-normierten Spurene- parallel zu MORB, jedoch auf einem deutlich niedrige-
lement-Muster von Alkali-Basalten ozeanischer Inseln ren Niveau (Abb. 33.7). Demgegenüber sind Sr, K, Rb, Ba
(OIB) wie Hawaii, die insgesamt eine viel stärkere An- und in geringerem Maße Th über dieses Niveau angerei-
reicherung der inkompatiblen Spurenelemente mit ei- chert, was durch die Zufuhr von fluiden Phasen aus der
nem Maximum bei Nb–Ta demonstrieren (Abb. 33.6). Subduktionszone in den darüber liegenden Mantelkeil
Das dürfte einerseits durch einen geringeren Aufschmelz- erklärt wird. Zieht man durch den flachen Teil der Kur-
grad als bei MORB bedingt sein; darüber hinaus spiegelt ve eine gerade Linie und extrapoliert diese bis zum Sr, so
sich darin wohl eine Mantelquelle wider, die an diesen erhält man die Magmenzusammensetzung ohne diesen
Elementen angereichert war. Ozeanische Insel-Tholeiite
(OIT) zeigen ähnliche aufwärts konvexe Chondrit-nor-
mierte Spurenelement-Muster, die jedoch viel geringer
anreichert sind als bei den alkalischen OIB.
Im Gegensatz zu den relativ glatten Kurvenverläufen
bei MORB und OIB sind die Spurenelement-Muster für
subduktionsbezogene Kalkalkali-Basalte in Inselbögen
(IAB) oder Orogengürteln stark gezackt (Abb. 33.6). Die
starke Anreicherung leicht löslicher Elemente Ba, Rb, K
und Sr wird auf eine Zufuhr von Fluiden zurückgeführt,
die aus der subduzierten ozeanischen Erdkruste, insbeson-
dere aus Tiefsee-Sedimenten des Akkretionskeils stam-
men. Demgegenüber bilden Nb und Ta einen charakte-
ristischen „Trog“; sie liegen ebenso wie die Werte für Zr,
Ti und Y deutlich unterhalb der entsprechenden MORB-
Werte und repräsentieren wahrscheinlich die Magmen-
zusammensetzung unter Abzug der Subduktionskompo-
nente (Pearce 1983).
Bei einer Variante der Spiderdiagramme, die sich für
den Vergleich von Basalttypen aus unterschiedlichen
geotektonischen Positionen sehr bewährt hat, normiert
man auf eine mittlere MORB-Zusammensetzung (z. B.
Pearce 1983), wobei man die inkompatiblen Elemente in
zwei Gruppen einteilt:
Abb. 33.7. MORB-normierte Spurenelement-Muster für kontinenta-
Auf der linken Seite werden Sr, K, Rb und Ba darge- le und ozeanische Intraplatten-Basalte (WPB, OIB), K-reiche, kalk-
alkaline Inselbogen-Basalte (IAB) und Inselbogen-Tholeiite (IAT).
stellt, die in H2O-haltigen Fluiden leicht löslich sind Der schraffierte Bereich bei IAB und IAT gibt den Beitrag von Flui-
und daher bei magmatischen und postmagmatischen den und Schmelzen an, die aus Subduktion stammen und dem
Prozessen relativ mobil sind. darüber liegenden Mantelkeil zugeführt wurden. (Nach Wilson 1988)
33.4 · Spurenelement-Geochemie magmatischer Prozesse 609
subduktionsbezogenen Beitrag (schraffierter Bereich). trationsdreiecken, oder aber man trägt in einfachen
Daraus ergibt sich eine Quellregion im Erdmantel, die Variationsdiagrammen jeweils zwei Spurenelemente
ähnliche Spurenelement-Signaturen aufweist wie die oder auch Spurenelementverhältnisse gegeneinander auf.
MORB-Quelle; jedoch war entweder der Aufschmelzgrad Weniger anschaulich sind Diagramme, in denen zwei
bei den IAT-Magmen höher, oder der Anteil an fraktio- Diskriminanten-Funktionen gegeneinander aufgetragen
nierter Kristallisation von mafischen Gemengteilen war werden; diese setzen sich aus den Werten für mehrere
in den MORB-Magmen größer. Haupt- und/oder Spurenelemente zusammen, die mit
Wie wir bereits gesehen hatten (Abb. 33.6), sind viele unterschiedlichen Gewichtungsfaktoren multipliziert
Kalkalkali-Basalte von Inselbögen, insbesondere auch die werden. Selbstverständlich sind Diskriminations-Dia-
sog. Shoshonite, stark an inkompatiblen Elementen an- gramme hauptsächlich für ältere Magmatit-Serien oder
gereichert. Wie Abb. 33.7 (schraffierter Bereich) zeigt, für metamorphe Magmatite interessant, bei denen sich
sind das neben den mobilen Elementen Sr, K, Rb, Ba und die geotektonische Position nicht ohne weiteres aus dem
Th, die durch Subduktions-bezogene Fluide zugeführt geologischen Befund ergibt.
wurden, auch Ce, P und Sm, wofür wohl eher die Zufuhr Die ersten Diskriminations-Diagramme für basaltische
einer angereicherten Teilschmelze in den Mantelkeil ver- Gesteine wurden von Pearce u. Cann (1973) publiziert, z. B.
antwortlich ist. Demgegenüber repräsentieren die Gehal- das berühmte Konzentrationsdreieck Ti/100–Zr–Y×3, das
te an Ta, Nb, Zr, Hf, Y und Yb wiederum die Magmen- für die Diskriminierung von Inselbogen-Tholeiiten (IAT),
zusammensetzung ohne diese Subduktionskomponente Kalkalkali-Basalten (CAB) und Intraplatten-Basalten
(Abb. 33.7, Kurve K-reiche IAB). (WPB) entwickelt wurde. Allerdings überlappen die Fel-
der von IAT und CAB in einem breiten Bereich, in dem
Normierte Spurenelement- und REE-Muster können auch für die auch noch die MOR-Basalte liegen, so dass für die Ana-
geochemische Charakterisierung von Sedimentgesteinen verwendet
werden. Für die Normierung dienen z. B. die Mittelwerte für euro-
lysen-Punkte, die in dieses Feld fallen, keine eindeutige
päische oder nordamerikanische Tonsteine (North American Shale Aussage möglich ist (Abb. 33.8). Demgegenüber ermög-
Composite, NASC), die einander sehr ähnlich sind. Auch für die Be- licht z. B. das Variationsdiagramm V vs. Ti von Shervais
stimmung des magmatischen oder sedimentären Ausgangsmaterials (1982) eine Diskrimination von Basalten konvergenter
von metamorphen Gesteinen werden solche Multielement-Diagram- Plattenränder (VAT + CAB), von mittelozeanischen Rü-
me häufig angewandt, vorausgesetzt, die Metamorphose ist im We-
cken- und Backarc-Becken-Basalten (MORB + BAB) so-
sentlichen isochemisch abgelaufen. Natürlich geben die relativ im-
mobilen Spurenelemente für solche Vergleiche bessere Anhaltspunk- wie von Tholeiiten ozeanischer Inseln (OIT) und Alkali-
te als die relativ mobilen, bei denen sekundäre Veränderungen durch basalten (AB), während das Feld der kontinentalen Flut-
hydrothermale Alteration des Ausgangsgesteins, durch Verwitterung basalten (WPB) weit mit dem von MORB + BAB über-
oder durch die Metamorphose selbst eher wahrscheinlich sind. lappt (Abb. 33.9).
Auch für granitische Gesteine wurden Diskriminations-
33.4.3 Diagramme entwickelt, so zum Beispiel die Variations-
Spurenelemente als Indikatoren für die geotektonische diagramme Nb vs. Y und Rb vs. (Y + Nb) von Pearce et al.
Position von magmatischen Prozessen (1984). Sie dienen der Unterscheidung zwischen Ozean-
rücken-Granitoiden (ORG), Intraplatten-Graniten (WPG),
Wie wir gesehen haben, können Spurenelemente wichti- Graniten in vulkanischen Inselbögen und aktiven Kon-
ge, wenn auch oft nicht eindeutige Hinweise auf mag- tinentalrändern (VAG) sowie syntektonischen Graniten,
matische Prozesse geben. Darüber hinaus sind sie aber die im Zuge einer Kontinent-Kontinent-Kollision entstan-
auch Indikatoren für die geotektonische Position, in de- den sind (syn-COLG, Abb. 33.10). Demgegenüber liegen
nen solche Prozesse abgelaufen sind. Allerdings werden die posttektonischen Kollisionsgranite (post-COLG) im
normierte Spurenelement-Muster oft sehr unübersicht- Grenzbereich mehrerer Felder, lassen sich also nicht von
lich, wenn man sie für mehrere Gesteine einer magmati- den anderen Granittypen unterscheiden.
schen Serie gemeinsam darstellt. Deswegen hat es nicht
an Versuchen gefehlt, auf empirischem Wege einfache Abb. 33.8.
Diskriminations-Diagramme zu entwickeln, in denen Konzentrationsdreieck
Ti/100–Zr–Y×3 zur Diskri-
man für zahlreiche Gesteinsproben die Analysenwerte
mination unterschiedlicher
ausgewählter, insbesondere relativ immobiler Spurene- Basalte. Feld A: Inselbogen-
lemente übersichtlich darstellen kann. Aus der statisti- Tholeiite (IAT), Feld C. Kalk-
schen Häufung der Analysenpunkte ergeben sich dann alkali-Basalte (CAB), Feld D:
für bestimmte Gesteinsgruppen mehr oder weniger gut Intraplatten-Basalte (WPB),
definierte Felder, aus denen man die geotektonische Po- Feld B: IAT + CAB + MORB.
(Nach Pearce u. Cann 1973)
sition von magmatischen Gesteinen, z. B. von unter-
schiedlichen Basalttypen ableiten kann. Häufig plottet
man hierfür jeweils drei Spurenelemente in Konzen-
610 33 · Einführung in die Geochemie
33.5 33.5
Abb. 33.10. Variationsdiagramme zur Diskrimination von Graniten
Isotopen-Geochemie
a Nb vs. Y und b Rb vs. (Y + Nb). ORG Granitoide ozeanischer Rü-
cken; WPG Intraplatten-Granite; VAG Granite vulkanischer Bögen; 33.5.1
syn-COLG Syntektonische Kollisionsgranite. (Nach Pearce et al. 1984) Einführung
Die zahlreichen Diskriminations-Diagramme, die in Als Isotope bezeichnet man zwei oder mehr Spezies (Nu-
den 1970er und 1980er Jahren entwickelt wurden, werden klide) des gleichen chemischen Elements. Ihr Atomkern
von Rollinson (1993) ausführlich dargestellt. Er gibt die baut sich aus der gleichen Zahl von Protonen auf, sie un-
Eckwerte für die jeweiligen Feldergrenzen an, erläutert – terscheiden sich jedoch in der Anzahl ihrer Neutronen.
soweit möglich – die theoretischen Grundlagen, auf de-
nen diese Diagramme beruhen, und weist eindrücklich Dementsprechend haben sie zwar die gleiche Ordnungs-
auf die Grenzen ihrer Anwendung hin: zahl, aber unterschiedliches Atomgewicht; im Periodensys-
tem nehmen sie den gleichen Platz ein (grch. íσος τóπος
Diskriminations-Diagramme geben häufig keine ein- = gleicher Platz). Die Isotope eines chemischen Elements
deutigen Aussagen. Hiefür können geologische Grün- weichen in ihren chemischen und physikalischen Eigen-
de verantwortlich sein, wie z. B. bei kontinentalen Flut- schaften etwas voneinander ab. Das erlaubt in günstigen
basalten, die in unterschiedlichen geotektonischen Fällen ihre Trennung durch natürliche geologische oder
Positionen entstehen können. Es können aber auch biologische Prozesse sowie experimentell in Massenspek-
geochemische Gründe vorliegen: So können Magma- trometern. In modernen Geräten lassen sich Unterschie-
33.5 · Isotopen-Geochemie 611
de in den Isotopen-Häufigkeiten noch bis hinunter zu Ein δ 18O-Wert von +10,0 gibt also an, dass die Probe
ca. 0,01 % analytisch nachweisen. Seit einiger Zeit kann gegenüber dem Standard um 10 ‰ an 18O angereichert ist,
man durch den Einsatz von Ionenstrahlen oder Lasern während ein δ 18O-Wert von –10,0 eine Verarmung um 10 ‰
auch ortsauflösende Isotopen-Analysen durchführen und bedeutet. Als internationale Bezugsstandards für H und O
so in Mineralen isotopischen Zonarbau nachweisen. verwendet man die Durchschnittsgehalte im Ozeanwasser
Man unterscheidet in der Geochemie stabile Isotope, die (Standard Mean Ocean Water, SMOW), für C den Calcit PDB
keinem radioaktiven Zerfall unterliegen, und radiogene Iso- im Belemniten Belemnitella americana aus der kretazischen
tope, die durch den radioaktiven Zerfall eines Radionuk- Pedee-Formation (South Carolina, USA) und für Schwe-
lids entstanden sind. Beide Gruppen von Isotopen sind von fel den Troilit im Oktaedrit von Canyon Diablo (CDT).
zunehmendem geologischen Interesse. So ist es gelungen, Isotopen-Fraktionierungen sind stark temperaturabhän-
unterschiedliche Isotopen-Reservoirs in der Hydrosphäre, gig, werden jedoch kaum vom Druck beeinflusst, weil die ein-
Lithosphäre und Asthenosphäre unseres Erdkörpers her- zelnen Isotope sich kaum in ihren Atomvolumina unterschei-
auszuarbeiten und, davon ausgehend, geologische bzw. den. Bei magmatischen und metamorphen Prozessen werden
petrogenetische, aber auch biologische Prozesse zu model- Verteilungsgleichgewichte angestrebt oder erreicht. Es be-
lieren; man spricht daher auch von Isotopen-Geologie. steht ein einfacher Zusammenhang zwischen dem Fraktio-
Beispielsweise kann die Fraktionierung stabiler Isotope als nierungsfaktor α und der Gleichgewichtskonstanten K:
Geothermometer verwendet werden. In der Geochronologie
werden radiogene Isotope schon seit langem zur Datierung
[33.12]
geologischer Ereignisse eingesetzt.
33.5.2 wobei n die Zahl der ausgetauschten Atome ist. Die Tem-
Stabile Isotope peraturabhängigkeit von α ergibt sich aus der Gleichung
Fast alle chemischen Elemente weisen zwei oder mehr 1 000 lnα 1–2 = A(106 / T2) + B [33.13]
stabile Isotope auf. Bei leichten Elementen mit Ord-
nungszahl <40 (= Ca) sind die relativen Massen- dabei ist T die Temperatur in Kelvin, A und B sind expe-
differenzen groß genug, um durch geologische oder bi- rimentell bestimmte Konstanten.
ologische Prozesse fraktioniert zu werden, während das Isotopen-Fraktionierungen können folgende Gründe
bei schweren Elementen nicht mehr der Fall ist. Des- haben (Mason u. Moore 1985):
wegen werden in der Isotopen-Geochemie hauptsäch-
lich die Isotope der Elemente Wasserstoff H (Ordnungs- Bindungen, an denen leichte Isotope beteiligt sind,
zahl 1), Kohlenstoff C (5), Sauerstoff O (8), und Schwe- lassen sich einfacher lösen als solche mit schweren
fel S (16) eingesetzt. Sie haben darüber hinaus den Vor- Isotopen.
teil, dass sie sowohl in fluiden als auch in festen Phasen Moleküle mit leichten Isotopen reagieren schneller als
vorhanden sind. Mit zunehmender Temperatur nimmt die mit schweren.
die Bereitschaft der stabilen Isotope zur Fraktionierung Leichtere Isotope werden bevorzugt bei irreversiblen
ab; sie sind daher in Sedimenten und Sedimentgestei- Reaktionen angereichert.
nen stärker fraktioniert als in magmatischen und me-
tamorphen Gesteinen. Aus Isotopen-Fraktionierungen lassen sich daher
In der isotopengeochemischen Praxis bezieht man die die Bildungstemperaturen von Mineralen, Gesteinen
Isotopen-Verhältnisse R, die man aus den Messungen mit und Fossilien abschätzen,
dem Massenspektrometer gewinnt, auf einen internati- physikalisch-chemische Prozesse rekonstruieren, die
onalen Standard und enthält damit sog. δ -Werte: ein Gestein während oder nach seiner Entstehung
durchgemacht hat,
Aussagen über die Reaktionskinetik eines geologi-
[33.11]
schen Prozesses gewinnen sowie
genetische Beziehungen zwischen Meteoriten und ir-
z. B. dischen Gesteinen herausarbeiten.
Sauerstoff-Isotope
Schnitt haben die O-Isotope folgende Häufigkeiten: Fraktionierung von O-Isotopen zwischen Mineralen,
16O = 99,763 %, 17O = 0,0375 %, 18O = 0,1995 %; damit wird z. B. Quarz und Magnetit werden häufig als Geothermo-
in der isotopengeochemischen Praxis das Isotopen-Verhält- meter eingesetzt wird, wobei man folgende Austausch-
nis 18O/16O bzw. der δ 18O-Wert angewendet. Wie Abb. 33.11a reaktion formulieren kann:
zeigt, haben Chondrite ein δ 18O, das nur wenig um 5,7 ‰
variiert; damit ergibt sich auch für den Erdmantel ein 2Si 16O2 + Fe3 18O4 2Si 18O2 + Fe3 16O4 (33.1)
Durchschnittswert von 5,7 ±0,3 ‰. Demgegenüber sind
MORB kaum, Andesite und Rhyolithe dagegen deutlich an Der Fraktionierungsfaktor dieser Reaktion ist
18
O angereichert, während in Granitoiden eine relativ brei-
te Variation von schwach negativen zu deutlich positiven
[33.12a]
δ 18O-Werten beobachtet wird. H2O-reiche magmatische
Fluide zeigen eine auffallend geringe Variationsbreite an po-
sitiven δ 18O-Werten zwischen 5,7 und ca. 9 ‰. Generell po- Für das isotopische Quarz-Magnetit-Gleichgewicht neh-
sitive, wenn auch stark streuende δ 18O-Werte haben Sedi- men die Konstanten in Gleichung [33.13] die Werte A = 6,29
mente und metamorphe Gesteine sowie H2O-reiche meta- und B = 0 an. Bestimmt man mit dem Massenspektrome-
morphe Fluide. Während das Ozeanwasser definitionsge- ter z. B. einen Fraktionierungsfaktor α Quarz-Magnetit = 1,009,
mäß ein δ 18O von 0 ‰ hat, zeigen meteorische Wässer eine so errechnet sich nach der Gleichung
große Variationsbreite zwischen +5,7 und –40, wobei war-
me Süßwässer hohe, kalte dagegen niedrigere δ 18O-Werte 1 000 ln 1,009 = 6,29 (106 / T2) [33.13a]
aufweisen. Daraus lassen sich z. B. durch Isotopen-Analyse
von Invertebraten-Schalen Paläotemperaturen ableiten. eine Temperatur von 838 K = 565 °C.
Abb. 33.11. Stabile Isotope von Sauerstoff, Kohlenstoff und Schwefel in natürlichen Proben: a δ 18O, b δ 13C, c, d δ 34S. Erläuterungen im
Text. (Mod. nach Rollinson 1993)
33.5 · Isotopen-Geochemie 613
samt von den Evaporit-Lagerstätten der Erde eingenom- wobei XH2S und XSO2 die Molenbrüche der entsprechen-
men. Der δ 34S-Wert von modernem Meerwasser liegt bei den Gasspezies bezogen auf den Gesamtgehalt an S sind.
18,5–21 ‰, moderne Evaporite liegen um 1–2 ‰ höher. Bei niedrigeren Temperaturen <350 °C liegen dagegen –
Demgegenüber nehmen moderne marine Sedimente ei- wie im marinen Milieu – H2S-[SO4]2–-Gleichgewichte vor,
nen enorm weiten Bereich zwischen ca. +20 und –50 ‰ wobei die Sulfide hauptsächlich durch nichtbakterielle
ein (Abb. 33.11c), was angesichts des hohen Atomgewichts Sulfat-Reduktion gebildet worden sind. Ohmoto u. Rye
von S bemerkenswert ist. Diese starke Fraktionierung geht (1979) konnten zeigen, dass die Fraktionierung der
hauptsächlich auf die Tätigkeit von Sulfat-reduzierenden S-Isotopen in hydrothermalen Lösungen nicht nur von
Bakterien zurück, wobei die Austauschreaktion der Temperatur, sondern auch von anderen Zustandsva-
riablen wie pH-Wert, fO2, fS2 sowie den Aktivitäten der
[32SO4]2– + H2 34S [34SO4]2– + H2 32S (33.5) beteiligten Kationen abhängt.
Abbildung 33.12 zeigt die Verteilung von δ 34S-Wer-
stattfindet. Bei 25 °C beträgt α = K = 1,075, so dass sich ten in einem aktiven Hydrothermal-System am mittel-
Sulfide bilden, die an 34S verarmt sind, während das ver- ozeanischen Rücken (vgl. Abschn. 23.5.1, S. 360ff). Dabei
bleibende [SO4]2– und damit auch Sulfat-Evaporite an 34S ergibt sich, dass der ausgeschiedene Anhydrit ein ähn-
angereichert werden. In den Anhydrit-Gips-Lagerstätten liches δ 34S wie das [SO4]2– des Meerwassers aufweist; es
von Sizilien, Lousiana und Texas führt Sulfat-Reduktion hat sich also ein Gleichgewicht eingestellt (Abb. 33.11d).
durch das Bakterium desulfovibrio zur Bildung von Im Gegensatz dazu stehen die Sulfid-Minerale weder
elementarem S, wobei anwesendes Erdöl oder Bitumen untereinander noch mit dem hydrothermalen Fluid
zu CO2 oxidiert und [SO4]2– zu H2S reduziert wurde; die- im isotopischen Gleichgewicht. Die wechselnden
ses reagierte dann mit dem restlichem Ca-Sulfat zu ele- δ 34S-Werte des Fluids gehen offenbar auf eine Mischung
mentarem Schwefel. Bei dieser Reaktionsfolge wird das von Basalt-Schwefel (δ 34S = 1,0 ‰) mit dem Sulfat des
δ 34S im H2S gegenüber dem Sulfat etwas erniedrigt, im Meerwassers (δ 34S = 18,86 ‰) zurück, wobei sich das
elementaren S dagegen erhöht. Meerwasser/Gesteins-Verhältnis im Lauf der Zeit
Von großem Interesse für das Verständnis von sulfi- ständig änderte. Darüber hinaus kam es zu sekundä-
dischen Erzlagerstätten ist die Fraktionierung der S-Iso- ren Reaktionen zwischen den bereits ausgeschiede-
tope in Hydrothermal-Systemen. Bei Temperaturen nen Sulfiden der Erzschornstein-Wand und dem sich
>400 °C liegen hauptsächlich H2S und SO2 vor, die sich verändernden hydrothermalen Fluid (Bluth u. Ohmoto
annähernd wie ideale Gase verhalten. Damit ergibt sich 1988).
die Isotopen-Zusammensetzung des Fluids zu In Abb. 33.11d sind die δ 34S-Werte für Sulfid- und
Sulfat-Minerale in rezenten und nicht-rezenten hydro-
δ 34Sfluid = δ 34SH2S XH2S + δ 34SSO2 XSO2 [33.14] thermalen Erzlagerstätten dargestellt, deren Verteilung
Abb. 33.12.
Schematische Darstellung von
δ 34S-Werten in einem rezenten
Hydrothermal-System an einem
mittelozeanischen Rücken. (Aus
Rollinson 1993)
33.5 · Isotopen-Geochemie 615
Schwefel magmatischer Herkunft: Die Sulfide in Die Grundlagen der modernen Geochronologie wurden
porphyry copper ores (Abschn. 23.2.4, S. 349ff) weisen durch die Arbeit von Rutherford u. Soddy (1903) gelegt.
δ 34S-Werte zwischen –3 und +1 ‰ auf, was nahezu Sie konnten zeigen, dass radioaktive Zerfallsprozesse
dem akzeptierten Mantelwert entspricht. exponentiell, d. h. mit einer bestimmten Halbwertszeit
Anorganische Reduktion von Meerwasser-Sulfat bei verlaufen. Diese ist unabhängig von Temperatur, Druck
relativ hohen Temperaturen, wie sie heute in Hydro- und anderen physikochemischen Zustandsvariablen. Die
thermal-Systemen der mittelozeanischen Rücken ab- Zerfallsrate, mit der ein radioaktives Mutternuklid zu
läuft, dürfte bei der Entstehung der vulkanogen-mas- einem stabilen Tochterprodukt zerfällt, ist proportional
siven Sulfiderz-(VMS-)Lagerstätten, z. B. vom Zypern- zur Zahl der Atome N, die zu einer gewissen Zeit t anwe-
und vom Kuroko-Typ (Abschn. 23.5.2, S. 363f), eine send sind:
wichtige Rolle gespielt haben. Die δ 34S-Werte ihrer
Sulfid- und der Sulfat-Minerale stimmen gut mit de-
[33.15]
nen der modernen Analoga überein.
Anorganische Reduktion von Meerwasser-Sulfat bei
tieferen Temperaturen, aber oberhalb des Existenz- Der Proportionalitätsfaktor λ ist die Zerfallskonstan-
bereichs von Sulfat-reduzierenden Bakterien, ist te (engl. decay constant), die für jedes Radionuklid cha-
möglicherweise der dominierende Prozess bei der rakteristisch ist; sie beschreibt die Wahrscheinlichkeit,
Bildung von sedimentären Kupfererz-Lagerstätten des mit der ein bestimmtes Atom des Radionuklids in einer
Red-Bed-Typs (Abschn. 25.2.8, S. 394). Das δ 34S der bestimmten Zeit zerfällt. Das Differential dN/dt ist ne-
Sulfide variiert in einem weiten Bereich von überwie- gativ, weil die Zerfallsrate mit der Zeit abnimmt. Inte-
gend positiven Werten und überlappt mit dem von griert man Gleichung [33.15] zwischen den Grenzen
assoziiertem Baryt. Dieser stimmt wiederum recht gut t0 = 0 und t und bezeichnet die Zahl der Mutteratome
mit dem δ 34S des Evaporit-Sulfats der Sedimente über- zur Zeit t0 als N0, so erhält man aus dem Integral
ein, von denen die Erzlagerstätten überdeckt werden.
Man nimmt daher an, dass die S-haltigen Lösungen
aus dieser Quelle stammen. Die Sulfat-Reduktion fand
wahrscheinlich in einem geschlossenen System in Ge-
genwart von Erdgas statt und lief – wie die weite Streu-
ung der δ 34S-Werte belegt – nur unvollständig ab. die Zerfallsgleichung
Auf einen komplexen Prozess gehen die sedimentär-
exhalative Blei-Zink-Erzlagerstätte des Rammelsberg
[33.16a]
bei Goslar und wahrscheinlich auch andere Sedex-La-
gerstätten zurück (Abschn. 23.6.1, S. 365f). Die δ 34S-
Werte der Sulfide fallen in drei wohldefinierte Grup- oder
pen, die durch ortsauflösende Isotopen-Analysen mit
der Ionensonde SHRIMP herausgearbeitet werden N = N 0 e –λ t [33.16b]
konnten (Eldridge et al. 1988). Die deutlich positiven
Werte von Pyrit und Chalkopyrit dürften eine hydro- Setzt man N/N0 = ½, so erhält man für die Halbwerts-
thermale Komponente darstellen, während sich die zeit (engl. half life), d. h. die Zeit, in der jeweils die Hälfte
stark negativen Werte bei Pyrit am besten durch bak- der vorhandenen Mutternuklide zerfallen ist, die Beziehung
terielle Sulfat-Reduktion erklären lassen. Die mittle-
re Gruppe ist dadurch entstanden, dass Sulfid-Klasten
[33.17]
mit positiven und negativen δ 34S-Werten gemeinsam
einsedimentiert und dadurch vermengt wurden.
Eine enorme Variation von stark positiven zu stark ne- Die meisten Methoden zur radiometrischen (isotopi-
gativen δ 34S-Werten weisen die Sulfide der Lagerstätten schen) Alterbestimmung benutzen radiogene Isotopen-
vom Mississippi-Valley-Typ (MVT; Abschn. 23.6.2, Systeme mit langen Halbwertszeiten (Tabelle 33.6), wobei
S. 366) auf, wobei allerdings individuelle Vorkommen die Tochterprodukte in den zu datierenden Mineralen und
jeweils relativ begrenzte Streubreiten zeigen. Daher muss Gesteinen angereichert werden. Man spricht daher von
für jeden Einzelfall mit einer unterschiedlichen S-Quel- sog. Anreicherungsuhren (engl. accumulation clocks). Die
le und/oder einem unterschiedlichen Mechanismus der Zahl der gebildeten Tochteratome D* ist gleich der Zahl
H2S-Produktion gerechnet werden. der verbrauchten Mutteratome: D* = N0 – N. Da nach
616 33 · Einführung in die Geochemie
Tabelle 33.6.
Zerfallskonstanten und Halb-
wertszeiten wichtiger Radionu-
klide. (Nach Dickin 1997)
Gleichung [33.16b] N0 = Neλt ist, erhält die Zerfalls- fluss im Gestein beeinflusst wird. Daher wird das Modell der
gleichung die Form Schließungstemperatur und der Abkühlungsalter von einigen
Geochronologen abgelehnt. Andererseits hat es sich bei der Ablei-
tung von P-T-t-Pfaden in vielen Fällen als hilfreich erwiesen (vgl.
D* = N eλt – N = N (eλt – 1) [33.18] Abschn. 27.4.2, S. 486f).
Diese Gleichung stellt die Grundlage für die Anwen- Nur wenn die Temperatur bei der Kristallisation ge-
dung radioaktiver Zerfallsprozesse in der Geochronologie ringer ist als die Schließungstemperatur, z. B. bei einer
dar. Löst man sie nach t auf, so erhält man niedriggradigen Metamorphose, lässt sich das Kristalli-
sationsalter ermitteln; sonst findet man lediglich Ab-
kühlungsalter.
[33.20]
Das Krustenbildungsalter beschreibt die Zeit, in der
Um ein Radionuklid für die Geochronologie einset- sich ein neuer Anteil von kontinentaler Erdkruste
zen zu können, müssen also seine Zerfallskonstanten bzw. durch partielles Aufschmelzen des Erdmantels und
seine Halbwertszeit genau bekannt sein; die heute vor- nachfolgende AFC-Prozesse gebildet hat.
handene Zahl an Mutteratomen N und Tochteratomen D
bzw. D* lässt sich massenspektrometrisch bestimmen, In den meisten Fällen wird die neugebildete Kruste
während man D0 gegebenenfalls berechnen muss. jedoch durch Deformation, Metamorphose und Migmati-
Bei der isotopischen Alterbestimmung sollte man sich sierung so stark überprägt, dass man höchstens ein
klar darüber sein, welcher Art das geologische Alter ist, Kratonisierungsalter ermitteln kann.
das durch Isotopenanalyse ermittelt wurde (vgl. Rollin- Verweildauer in der Erdkruste (engl. crust residence age).
son 1993): Sedimente, die von einem Segment kontinentaler Krus-
te wegerodiert wurden, enthalten eine Altersinformation,
Das Abkühlungsalter gibt die Zeit an, die vergangen ist, die das Krustenbildungsalter reflektiert. Diese Informa-
seitdem ein magmatisch oder metamorph gebildetes tion kann auch noch erhalten bleiben, wenn diese Sedi-
Mineral seine Schließungstemperatur unterschreitet. mente metamorph umgewandelt werden.
87Rb
37 → 8378Sr + β – + v– + Q (33.6)
[33.22]
verhältnis (87Sr/86Sr)0, unabhängig von ihrem 87Rb/86Sr- system in den Gesamtgesteinsproben bei diesem Ereig-
Verhältnis: Die Punkte a, b und c liegen daher auf einer nis nicht oder nur geringfügig zurückgestellt, erhält man
Geraden, die zur Zeit t0 = 0 parallel zur Abszisse verläuft. eine Isochrone mit akzeptablem MSWD-Wert, die das
So wird z. B. durch ein thermisches Ereignis zum Zeit- Intrusionsalter von 600 Ma datiert. Fand dagegen eine
punkt t0 = 0, etwa durch eine Regionalmetamorphose, teilweise Neueinstellung statt, so können die Analysen-
die isotopische Uhr in Gang gesetzt. Es beginnt der radi- punkte so stark um die Regressionsgrade streuen, dass
oaktive Zerfall von 87 Rb zu 87Sr, wobei umso mehr man lediglich eine Errorchrone mit großem MSWD-Wert
radiogenes 87Sr gebildet wird, je mehr 87Rb vorhanden erhält, die ohne geologische Aussagekraft ist.
ist. Das 87Rb/86Sr-Verhältnis nimmt also in gleichem Bei der mittel- bis hochgradigen Regionalmetamor-
Maße ab wie das 87Sr/86Sr-Verhältnis zunimmt. Ist wäh- phose werden die Isotopensysteme der Einzelminerale
rend der gesamten geologischen Geschichte das isoto- in diesem Granit vollständig neu eingestellt, obwohl das
pische Gleichgewicht erhalten geblieben, so definieren Gesamtgestein durchaus ein geschlossenes System bil-
die Analysenpunkte a', b', c', die wir heute nach Ablauf den kann. Man erhält für den entstandenen Orthogneis
der Zeit t messen, eine geneigte Gerade, die Isochrone. eine neue Mineral-Gesamtgesteins-Isochrone, die das
Ihr Neigungswinkel ist proportional zur Zeit t, in die- Metamorphosealter auf 500 Ma datieren sollte. Allerdings
sem Fall 500 Ma. Die Extrapolation der Isochrone bis zum setzt sich der Isotopen-Austausch zwischen den Mine-
Schnittpunkt mit der Ordinate definiert das Anfangs- ralen bei der Abkühlung des Gesteinskomplexes noch
verhältnis (87Sr/86Sr)0, das wir ja a priori gar nicht kann- weiter fort, und zwar unterschiedlich für jede Mineral-
ten. Hätte das geologische Ereignis nicht vor 500 Ma son- art. So beträgt die Schließungstemperatur für das Rb-Sr-
dern vor 1 000 Ma stattgefunden, so wäre durch die System beim Muscovit ungefähr 500 °C, beim Biotit da-
Punkte a", b" und c" eine Isochrone mit entsprechend gegen nur etwa 350 °C. Daher konstruiert man jeweils die
steilerer Neigung bestimmt, wobei sie die Ordinate selbst- Zweipunkt-Isochronen Gesamtgestein-Muscovit und
verständlich im gleichen Anfangsverhältnis schneidet. Gesamtgestein-Biotit, die zwei verschiedene Alterswerte
Darüber hinaus lassen sich Isochronen auch aus den ergeben. In einem Temperatur-Zeit-Diagramm ist damit
Isotopen-Verhältnissen von Gesamtgesteinsproben kon- ein Abschnitt des Abkühlungspfades durch zwei T-t-
struieren, die zu einem Gesteinskomplex, z. B. einer Gra- Kombinationen definiert, z. B. ~500 °C/495 Ma und
nit-Intrusion oder einem Orthogneis-Komplex, gehören ~350 °C/487 Ma. Daraus lässt sich in diesem Bereich eine
(Abb. 33.13b). Voraussetzung ist eine genügend breite mittlere Abkühlungsgeschwindigkeit von ungefähr 20 °C
Variation der 87Rb/86Sr-Verhältnisse und – selbstver- pro 1 Ma berechnen. Allerdings hat dieser Wert einen
ständlich – die Einstellung des isotopischen Gleichge- relativ großen Fehler, da in seine Berechnung die Stan-
wichts über ein ausgedehntes Gesteinsvolumen. Das ist dardabweichung der beiden Rb-Sr-Daten und die Unsi-
jedoch häufig nicht der Fall. Daher werden zahlreiche cherheit bezüglich der Schließungstemperaturen eingeht.
Alterswerte, die in früheren Jahren mit Rb-Sr-Gesamt-
gesteinsdatierungen gewonnen wurden, heute nicht mehr
akzeptiert.
Isochronen liefern nur dann eine zuverlässige Altersaussage, wenn
sie statistisch abgesichert sind, d. h. wenn die Abweichung der ein-
zelnen Analysenpunkte von der Regressionsgeraden nicht größer ist
als die Standardabweichung der Einzelmessungen. Ein Maß dafür
ist die mittlere gewichtete Standardabweichung (engl. Mean Weighted
Standard Deviation, MSWD), die möglichst gering, maximal je-
doch 2,5 sein sollte. MSWD-Werte >2,5 zeigen an, dass sich die Ge-
steinsproben oder auch die Minerale eines Gesteins nicht im
isotopischen Gleichgewicht befinden; die „Isochrone“ ist dann von
geringem oder keinem geologischen Aussagewert, weswegen man
auch von Errorchronen spricht. Da die Genauigkeit der Isotopen-
Analysen in den letzten Jahren enorm gesteigert wurde, überlappen
die Fehlerbalken nicht mehr so häufig mit der Regressionsgraden
wie früher; dadurch kann der MSWD-Wert eine unakzeptable Grö-
ße erreichen (Abb. 33.13c).
Abb. 33.14. Die Entwicklung des Anfangsverhältnisses (87Sr/86S)0 im
Die mangelnde Gleichgewichtseinstellung kann ihre Verlauf der Erdgeschichte in der kontinentalen Erdkruste und im
Ursache darin haben, dass ein Gestein oder ein Gesteins- Erdmantel. Partielles Aufschmelzen des Erdmantels vor 2,7 Ga führte
komplex im Laufe seiner Geschichte zwei oder mehrere zur Entstehung neuer kontinentaler Kruste. Bei (87Sr/86Sr)0 = 0,7014
entwickelten sich die 87Sr-Wachstumskurven in Kruste und Mantel
geologische Ereignisse erlebt hat. So kann z. B. ein Gra- auseinander. Magmen, die sich vor 1 Ga durch partielle Anatexis des
nit, der vor 600 Ma intrudierte, vor 500 Ma regional- Erdmantels bildeten, hatten ein (87Sr/86Sr)0-Anfangsverhältnis von
metamorph überprägt worden sein. Wurde das Isotopen- 0,7034, krustale Schmelzen dagegen 0,714. (Nach Rollinson 1993)
33.5 · Isotopen-Geochemie 619
Eine Extrapolation zurück auf den Höhepunkt der Me- gie zum Rb-Sr-System bezieht man 147Sm und 143Nd auf
tamorphose ist jedoch nicht möglich, da die Abkühlung das nicht radiogene 144Nd und erhält dann entsprechend
nicht linear verläuft. Für seine Datierung muss man da- Gleichung [33.22] den Ausdruck
her auf Isotopensysteme mit höheren Schließungs-
temperaturen in den betreffenden Mineralen zurückgrei-
fen (s. unten). [33.24]
Die Anfangsverhältnisse (87Sr/86Sr)0 von Gesteins-
komplexen sind von erheblichem geologischen Interes-
se, weil sie – gemeinsam mit anderen Isotopensystemen – Daraus folgt, dass man auch im Sm-Nd-System mit
Isotopenreservoire im Erdmantel und in der Erdkruste Isochronen-Darstellungen arbeiten kann, wobei die Me-
definieren. Da sich Rb wesentlich inkompatibler verhält thode wegen der großen Halbwertszeit besonders gut für
als Sr (Abb. 33.1), reichert es sich bei der partiellen Ana- Meteorite und sehr alte, z. B. archaische Gesteine und
texis des Erdmantels in der Schmelze an, während Sr im deren Minerale, geeignet ist. Für die Datierung metamor-
verarmten Mantel zurückbleibt. Nach Tabelle 33.4 beträgt pher Gesteine haben sich Granat-Gesamtgesteins-Iso-
das durchschnittliche Rb/Sr-Verhältnis der kontinentalen chronen am besten bewährt. Da die Diffusionsraten in
Erdkruste = 0,17, das des Erdmantels dagegen nur 0,03. Granat sehr gering sind, verändert sich das Sm-Nd-Sys-
Dementsprechend ist das (87Sr/86Sr)0-Verhältnis in der tem bei der Abkühlung nur wenig; dementsprechend lie-
kontinentalen Erdkruste im Laufe der geologischen Ent- gen die Schließungstemperaturen relativ hoch, nämlich
wicklung auf einen Wert von 0,7211 angestiegen, wäh- bei ungefähr 600 °C. Damit lassen sich also Metamorpho-
rend es im heutigen Erdmantel (Bulk Silicate Earth BSE) se-Ereignisse datieren, bei deren Höhepunkt die Tempe-
durchschnittlich bei 0,705 liegt. Die Entwicklung des ratur bei 600 °C oder tiefer gelegen hat. Wäre z. B. der
(87Sr/86Sr)0-Verhältnisses mit der Zeit ist in Abb. 33.14 o. g. granitische Orthogneis bei maximal 590 °C meta-
schematisch dargestellt, wobei von einem Krustenbil- morph überprägt worden, so würde eine Sm-Nd-Granat-
dungs-Ereignis vor 2,7 Ga ausgegangen wird. Heute ken- Gesamtgesteins-Isochrone ein Alter von 500 Ma ergeben.
nen wir allerdings Bereiche von kontinentalen Platten, Zudem stellt sich beim Granat-Wachstum häufig ein aus-
die ein wesentlich höheres Alter von etwa 4 Ga haben geprägter chemischer Zonarbau ein, der auch das Sm-Nd-
(Bowring u. Williams 1999). Im Detail unterscheiden sich System betrifft. Daher kann man in günstigen Fällen
Mantelreservoire merklich in ihrem (87Sr/86Sr)0-Verhältnis; Kern- und Randzonen gesondert analysieren und so Hin-
so liegt dieses im verarmten Mantelreservoir (Depleted weise auf die Dauer des Granatwachstums gewinnen. Im
Mantle, DM) bei 0,702, im sog. PREvalent MAntle Reser- genannten Beispiel könnte das Granatwachstum bei
voir (PREMA) bei 0,7035 und in den angereicherten 510 Ma begonnen haben und bei 500 °C abgeschlossen
Mantelreservoiren (Enriched Mantle) EM I bei 0,705 und worden sein.
EM II noch höher. Das (87Sr/86Sr)0-Verhältnis von MORB Das Sm-Nd-Isotopen-System wird häufig auch zur
variiert um 0,703. Um einen vertieften Einblick in die Ermittlung von Modellaltern benutzt. Diese stellen ein
Isotopen-Reservoire der Erde zu gewinnen, müssen ein- Maß für die Zeit dar, seit der das betreffende Gestein von
schlägige Lehrbücher durchgearbeitet werden, z. B. die der Mantelquelle getrennt war, aus der es – als heutiger
sehr übersichtliche Darstellung von Rollinson (1993). Bestandteil der kontinentalen Kruste – ursprünglich
stammte. Für die Art des Mantelreservoirs und seiner
Samarium-Neodym-Datierungen Isotypie müssen Annahmen gemacht werden, wobei zur
Zeit zwei Modelle im Vordergrund stehen:
Die Seltenerd-Elemente Samarium (Z = 62) und Neodym
(Z = 60) sind mit durchschnittlich 5,3 bzw. 27 ppm in der Chondritic Uniform Reservoir (CHUR). Beim CHUR wird an-
kontinentalen Erdkruste vorhanden (Tabelle 33.4); zu- genommen, dass der primitive Erdmantel die gleiche Sm-
sammen mit anderen REE werden sie in eine Reihe wich- Nd-Isotopie hatte wie die mittlere Chondrit-Zusammen-
tiger gesteinsbildender Minerale eingebaut. Sm hat sie- setzung, also den Zustand der Erde vor ca. 4,6 Ga wider-
ben natürliche Isotope, von denen 147Sm, 148Sm und 149Sm spiegelt. Analog zu Gleichung [33.23] berechnet sich das
radioaktiv sind. Von diesen hat der Zerfall von 147Sm un- T-CHUR-Modellalter nach der Gleichung
ter Aussendung von α -Strahlung nach der Reaktion
147
62Sm → 16403Nd + 42He (33.7)
anderen beiden Isotopen ist das nicht der Fall. In Analo- [33.25]
620 33 · Einführung in die Geochemie
Depleted Mantle (DM). Bei der Bildung der Erdkruste deren Zwischenprodukte allerdings so kurzlebig sind,
durch partielle Aufschmelzung von Mantelgesteinen dass sie geologisch keine Bedeutung haben. Wie man aus
blieb ein verarmter Erdmantel zurück, in dem seit frü- Tabelle 33.6 entnehmen kann, zerfällt das Nuklid mit dem
hester Zeit das Sm/Nd-Verhältnis gegenüber CHUR stän- höchsten Atomgewicht 238U in das leichteste Blei-Isotop
dig anwuchs. Da sich Sm bekanntlich etwas kompatibler 206Pb und umgekehrt. Während die Halbwertszeit des
verhält als Nd (Abb. 33.4), wurde Nd in die Krusten- 238U-Zerfalls etwa dem Alter der Erde entspricht, ist die
gesteine fraktioniert, Sm dagegen im Erdmantel relativ des 235U-Zerfalls deutlich geringer, so dass das ursprüng-
angereichert. Deswegen verwendet man – alternativ zu liche (primordiale) 235U fast vollständig zu 207Pb abge-
CHUR – häufig DM-Werte, um Sm-Nd-Modellalter zu baut wurde. Die Halbwertszeit von 232Th entspricht un-
berechnen, wobei dann in Gleichung [33.25] die Isoto- gefähr dem Alter des Universums. Nach der Grund-
pen-Verhältnisse (143Nd/144Nd)DM und (147Sm/144Nd)DM gleichung [33.19] gelten die Beziehungen
anstelle derjenigen für CHUR eingesetzt werden.
Da Sm-Nd-Modellalter an Gesamtgesteinen relativ 206Pb 206Pb 238U λ238t –
m= 0+ m (e 1) [33.27]
leicht zu gewinnen sind, kann man sie zur Kartierung
von unterschiedlichen geologischen Einheiten in alten 207
Pbm = 207Pb0 + 235Um (eλ235t – 1) [33.28]
Kristallin-Komplexen benutzen. Anstelle des Modell-
alters wird häufig auch der ε Nd-Wert zur Entstehungs-
zeit t angegeben, wobei gilt 208Pb 208Pb 232Th λ232t –
m= 0+ m (e 1) [33.29]
Anfangsverhältnis (143Nd/144Nd)0 mit zunehmender Verar- vorgenommen werden, wenn man ein Pb-haltiges, aber
mung des Erdmantels an, während es in Krustengesteinen U- und Th-freies Mineral analysiert, das im gleichen
abnimmt. Das gilt insbesondere für die kontinentale Unter- Gesteinskomplex auftritt. Nach Umformung erhält man:
kruste und andere ältere Krustenbereiche, in denen bereits
ein mehrfaches Recycling von Krustenmaterial stattgefun-
den hat. Die Isotopensysteme Sm-Nd und Rb-Sr verhalten [33.27a]
sich also in ihrer Entwicklung entgegengesetzt.
Uran-Blei-Datierungen [33.28a]
Abb. 33.16. a Gebänderter Tonalitgneis, durchsetzt von Pegmatit-Gängen, aus dem Ancient Gneiss Complex, Swasiland. Straßenaufschluss
westlich Piggs Peak. (Foto: Armin Zeh, Frankfurt am Main). b Die Kathodolumineszenz-Bilder zeigen die Internstruktur von zwei Zirkon-
kristallen aus dem Tonalitgneis. Die hellen magmatischen Kerne mit oszillierendem Zonarbau sind umgeben von einem metamorph gebil-
deten Rand mit grauer, wolkiger Zonierung. Die Kreise markieren die Analysenpunkte für die U-Pb-Datierung. c Das Konkodia-Diagramm
zeigt die Resultate der U-Pb-Datierung der Zirkonkerne mittels LA-ICP-MS. Das obere Schnittpunktalter der Diskordia von 3 662 ±17 Ma
markiert das Kristallisationsalter der Zirkonkerne, das dem Intrusionsalter des Tonalits entspricht. Das konkordante Alter der Zirkon-
Ränder von 3131 ±12 Ma datiert die Zeit der Metamorphose
33.6 · Entstehung der chemischen Elemente 623
Die Gesamt-Zerfallskonstante errechnet sich aus der Sum- Methode angewendet. Dafür wird ein Teil des 39K im Mi-
me der Konstanten für den 40K → 40Ca- und den 40K → 40Ar- neral-Konzentrat durch Bestrahlung mit schnellen Neu-
Zerfall zu λ total = λ β + λ κ = (4,962 + 0,581) × 10–10 a–1 tronen in 39Ar umgewandelt, wobei es zu kombiniertem
= 5,543 × 10–10 a–1. Daraus ergibt sich eine Halbwerts- Neutronen-Einfang und Protonen-Emission, einer n,p-
zeit von 1,25 Ga, die deutlich geringer ist als bei den Reaktion, kommt:
bisher besprochenen Isotopen-Systemen, abgesehen vom
235U → 207Pb-Zerfall (Tabelle 33.6). Der Anteil des 40K- 39 K + n → 3198Ar + p (33.8)
19
Atoms, der durch Elektronen-Einfang zu 40Ar zerfällt,
ergibt sich aus λ κ / λ total . Damit erhält die Grund- Anschließend wird das Mineralkonzentrat im Gasmas-
gleichung [33.19] die Form senspektrometer einer stufenweisen Aufheizung unterwor-
fen, um das künstlich erzeugte 39Ar, das jetzt das Mutter-
isotop repräsentiert, und das geologisch gebildete 40Ar
[33.30]
gleichzeitig auszutreiben. Falls im Verlauf der geologischen
Entwicklung seit der Zeit t kein Ar-Verlust stattgefunden
Wenn man davon ausgeht, dass das System zum hat, erhält man während des gesamten Aufheizvorgangs,
Zeitpunkt t0=0 bereits völlig entgast war, entfällt 40Ar0 dem man z. B. ein Amphibol-Konzentrat unterwirft, nahezu
und der Ausdruck vereinfacht sich zu
[33.31]
[33.32]
das gleiche Altersdatum. Man erhält dann ein Plateau, wenn werden. Durch die Messung von solaren Neutrinos ge-
man das jeweilige Scheinalter des Amphibols gegen den Pro- lang auch der direkte Nachweis der Kernreaktionen durch
zentsatz an ausgetriebenem 39Ar aufträgt (Abb. 33.17a). Raymond Davis, der dafür 2002 den Nobelpreis für Phy-
Liegt dagegen bei den ersten Aufheizschritten der Alters- sik erhielt. Unter Verwendung kernphysikalischer Mes-
wert niedriger, so haben die Randbereiche der Amphibol- sungen der Wirkungsquerschnitte nuklearer Reaktionen
körner Ar verloren. Ein Plateau wird in diesem Fall – wenn können die beobachteten Element-Häufigkeiten anhand
überhaupt – erst dann erreicht, wenn der Aufheizvorgang theoretischer Modelle erklärt werden.
die Innenzonen der Amphibole erfasst, die dann eine zu- Am Anfang der Element-Entstehung steht der Ur-
verlässige Altersinformation liefern würden (Abb. 33.17b). knall (engl. Big Bang), der nach heutiger Kenntnis vor
Im Vergleich zum Plateaualter fällt das konventionelle 13,7 ±0,2 Ga abgelaufen ist (Bennett et al. 2003). Hierbei
K-Ar-Alter, das man bei vollständiger Ausheizung aus dem kam es zunächst zur kosmogenen Baryogenese von
Gesamt-40Ar-Anteil des Amphibol-Konzentrats erhält, zu Protonen (p) und Neutronen (n), die durch ihre schwa-
gering aus. Ist das K-Ar- bzw. das Ar-Ar-System völlig ge- che Wechselwirkung (β -Zerfall und inverser β -Zerfall)
stört, dann ergibt sich kein Plateau und damit auch kein über einige Zeit im chemischen Gleichgewicht p n
geologisch relevantes Alter. Gleiche Überlegungen gelten für verblieben. Nach dem Ausfrieren des chemischen Gleich-
die 39Ar-40Ar-Datierungen an Muscovit und Biotit. gewichts infolge der raschen Expansion des Universums
unterlagen die Neutronen nun dem freien Zerfall und der
Resümee Anlagerung an die Protonen (Wasserstoff 1H), was zur
Bildung des Wasserstoffisotops 2D führte. Durch weitere
Durch Analyse radiogener Isotope gewonnene Daten Wechselwirkungen entstanden dann die chemischen Ele-
vermitteln nur dann eine sinnvolle geologische Alters- mente (bzw. deren Isotope) 3He, 4He, 7Li und 8B. In den
information, wenn die zugrunde liegenden petrologi- ersten drei Minuten des Universums wurden – mit Aus-
schen und geochemischen Prozesse möglichst gut ver- nahme des Heliums – nur relativ geringe Mengen dieser
standen sind.Voraussetzung für eine sinnvolle Interpre- leichten chemischen Elemente durch die primordiale
tation ist eine äußerst sorgfältige Auswahl der Gesteins- Nukleosynthese erzeugt (Weinberg 1977). Sie definieren
proben, wobei man insbesondere auf die Gewinnung die ursprüngliche Zusammensetzung der Galaxien und
frischer Proben zu achten hat. Nach Möglichkeit soll- der Sterne, die sich in ihnen bilden. Das Massenverhältnis
ten mehrere Minerale des gleichen Gesteins oder zu- der Atome He/H ≈ 1:4, das bei diesem Ereignis eingestellt
mindest des gleichen Gesteinskomplexes mit unter- wurde, hat sich im Lauf der Entwicklung unseres Son-
schiedlichen Isotopen-Systemen datiert werden, um nensystems kaum geändert. Der zusätzliche Eintrag von
eine sichere Altersinformation zu erhalten und den Helium durch thermonukleare Reaktionen in Sternen ist
Temperatur-Zeit-Pfad zu rekonstruieren. Erfahrungs- vergleichsweise gering.
gemäß führt die enge Zusammenarbeit zwischen Alle anderen chemischen Elemente bis hin zum 56Fe
Geologen, Petrologen und Isotopen-Geochemikern zu (Ordnungszahl 26) entstanden durch Stellare Nukleo-
den besten, in nicht seltenen Fällen sogar zu über- synthese im Kernbereich von Sternen, und zwar zunächst
raschenden Ergebnissen, durch die man wichtige In- durch Wasserstoff-Brennen unter Bildung von 4He, d. h.
formationen über die geotektonische Entwicklung ei- durch die Vereinigung von vier Protonen zu einem He-
nes Abschnittes der Erdkruste erhält. Kern. Das erfolgt entweder ab ca. 5 × 106 K durch die Pro-
ton-Proton-Kette (pp-Prozess), durch die auch 7Li und 8Be
33.6 33.6 erzeugt werden, oder oberhalb von 37 × 106 K überwie-
Entstehung der chemischen Elemente gend durch den CNO-Zyklus, bei dem geringe Gehalte an
12C, 14N und 16O als Katalysatoren für die He-Produktion
Zum Abschluss wollen wir noch einen kurzen Überblick wirken, ohne dass sich ihr Mengenanteil verändert. Das
über die Entstehung der chemischen Elemente geben (z. B. Wasserstoff-Brennen, das z. Zt. in unserer Sonne abläuft,
Weigert et al. 2005; Unsöld u. Baschek 2005; Truran u. ist ein relativ langsamer thermonuklearer Prozess: Es
Heger 2005; Rollinson 2007; Schatz 2010; Lauretta 2011). dauert mehr als zehn Milliarden Jahre, bis sämtlicher
Die Energie, die von Sternen in den Weltraum abgegeben Wasserstoff verbraucht ist. Danach kommt es bei genü-
wird, stammt überwiegend von Kernreaktionen im Stern- gend massereichen Sternen zu einer Kontraktion des
inneren. Die chemischen Häufigkeiten, die in den ver- Kerns, bei der sich die Zentraltemperatur soweit erhöht,
gleichsweise kühlen Sternatmosphären durch optische dass oberhalb von 1,9 × 108 K das Helium-Brennen statt-
Spektroskopie von Fraunhoferlinien feststellbar sind, wei- finden kann. Dabei wird auf dem Umweg über 8Be durch
sen nur indirekt auf die Vorgänge im extrem heißen ther- Vereinigung von drei 4He zunächst 12C (3α -Reaktion),
monuklearen Reaktor im Sterninnern hin. Mittels der später durch Aufnahme eines vierten 4He 16O erzeugt. Die
Helio-Seismologie konnte eine Zentraltemperatur der Dauer dieses Prozesses beträgt nur 1,2 Ma. Sobald He
Sonne von 15.7 ±0.3 × 106 K (SOHO-Mission) bestimmt weitgehend verbraucht ist, beginnt bei 8,7 × 108 K der ra-
33.6 · Entstehung der chemischen Elemente 625
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34
Die Entstehung unseres Sonnensystems
34.1 Bevor wir uns der Frage zuwenden, welche Prozesse zur Entstehung unseres Sonnen-
Frühe Theorien systems geführt haben, müssen wir uns zunächst einige grundlegende Tatsachen
und erste Belege ins Gedächtnis rufen (Unsöld u. Baschek 2005; Chambers 2005; Weigert et al. 2005):
34.2 1. Die Bahnen der Planeten sind nahezu kreisförmig und koplanar; sie besitzen den
Sternentstehung gleichen Umlaufsinn, der mit dem der Sonne übereinstimmt. Nach der Regel von
Titius-Bode
34.3
an = a0 kn [34.1]
Zusammensetzung
des Solarnebels bilden die Bahnradien ungefähr eine geometrische Reihe, wobei die Nummerierung
mit der Erde n = 1 beginnt, a0 = 1 AE, d. h. die Entfernung Erde–Sonne und k ≅ 1,8 ist.
34.4 Dabei werden die Asteroiden gemeinsam als ein planetarischer Körper behandelt.
Entstehung der Planeten 2. Mit Ausnahme von Venus und Pluto erfolgt die Rotation der Planeten im gleichen
Sinn wie der Umlaufsinn; der Eigendrehimpuls verläuft überwiegend parallel zum
Bahndrehimpuls (Ausnahme Uranus und Pluto). Die Rotationsachsen der meis-
ten Planeten weisen eine deutliche Neigung gegenüber ihrer Umlaufbahn um
die Sonne auf.
3. Die Sonne enthält 99,87 % der Masse, aber nur 0,54 % des Drehimpulses unseres
Planetensystems; demgegenüber besitzen die Planeten nur 0,135 % der Masse
und 99,46 % des Drehimpulses. Im Vergleich zur Sonne sind die Planeten, deren
Satelliten und die Asteroiden an leichtflüchtigen (volatilen) Komponenten
verarmt, jedoch in unterschiedlichem Maß.
4. Wie man Tabelle 32.1 (S. 569) entnehmen kann, ist die mittlere Dichte der sonnen-
nahen, erdähnlichen Planeten relativ groß; diese sind also stark an leichtflüchtigen
Komponenten verarmt. Die sonnenfernen Riesenplaneten besitzen dagegen sehr
viel geringere Dichten und sind sehr viel reicher an volatilen Komponenten; viele
der Satelliten dieser großen Planeten sind reich an Eis. Die primitiven C1-Chondrite,
die wahrscheinlich aus dem äußeren Asteroiden-Gürtel stammen, entsprechen
in ihrer chemischen Zusammensetzung nahezu der Sonne, abgesehen von den
stark volatilen Komponenten.
5. Die erdähnlichen Planeten rotieren relativ langsam; sie besitzen nur wenige Sa-
telliten mit Bahnen geringer Exzentrizität, geringer Neigung zur Äquatorebene
und direktem Umlauf. Demgegenüber zeigen die großen Planeten relativ rasche
Rotation und besitzen zahlreiche Satelliten mit erheblich größeren Exzentrizitäten
und Bahnneigungen; charakteristisch sind außerdem Ringsysteme.
6. Die zahlreichen Impakt-Krater, die wir auf den Oberflächen der Planeten und ihrer
Satelliten bis hinaus zum Uranus-System beobachten, weisen darauf hin, dass es in
der Frühzeit unseres Planetensystems eine wesentlich höhere Anzahl von Planete-
simalen, d. h. kleinen festen Körpern von einigen km ∅ gegeben hat als heute.
7. Genaue isopische Altersbestimmungen stellen sicher, dass unser Planeten-
system vor 4,57 Ga innerhalb eines relativ kurzen Zeitintervalls entstanden ist.
Alle Theorien zur Entstehung unseres Sonnensystems Wie bereits von Kant vorausgesehen, beginnt die Entwick-
basieren auf der Vorstellung von einer flachen, rotieren- lung eines Sterns mit dem gravitativen Kollaps eines riesi-
den Scheibe, die aus kosmischem Gas und Staubteilchen gen Volumens von interstellarem Gas und Staub. Durch die-
bestand. Aus diesem Solarnebel entwickelten sich Plane- sen Prozess, der noch längst nicht voll verstanden ist, kommt
ten, die etwa in der gleichen Ebene und in gleicher Rich- es zu einer erheblichen Verdichtung der interstellaren Ma-
tung um ihr Zentralgestirn, die Sonne, rotierten. Die Idee terie auf ungefähr 10 000 Gasmoleküle pro cm3, ein Betrag,
des Solarnebels wurde 1755 erstmals von dem deutschen der allerdings um Größenordnungen geringer ist als die
Philosophen und theoretischen Physiker Immanuel Kant Gasdichte in der Erdatmosphäre! Solche Gas-Staub-Wol-
(1724–1804) formuliert. Er nahm an, dass das frühe Uni- ken, wie sie z. B. der Orion-Nebel darstellt, sind dunkel, kalt
versum gleichmäßig mit einem Gas gefüllt war. Da eine (10 bis 50 K ≈ –260 bis –220 °C) und turbulent. An einzel-
solche Konfiguration gravitativ instabil war, mussten sich nen Stellen verdichtet sich die interstellare Materie zu
die Gase zu vielen großen Klumpen zusammenballen, die Wolkenkernen, die bevorzugte Orte des gravitativen Kol-
sich durch Rotation zu flachen Scheiben entwickelten. Aus lapses darstellen. Obwohl die Magnetfelder, welche die
einer von ihnen entstand unser Sonnensystem. Ohne die Wolke durchziehen, der Massenanziehung entgegen wirken,
Kant’schen Arbeiten zu kennen, entwickelte 1796 der fran- überwiegen in manchen Fällen die Gravitationskräfte, so
zösische Mathematiker und Astronom Pierre Simon Laplace dass die interstellare Materie beginnt, mit Fallgeschwindig-
(1749–1827) eine sehr ähnliche, wenn auch nicht in allen keit in den Wolkenkern zu stürzen. In dem Protostern, der
Punkten übereinstimmende Theorie. sich so entwickelt, steigen Druck und Temperatur an und
Diese, als Kant-Laplace’sche Theorie bezeichneten Vor- er beginnt, Energie nach außen abzustrahlen. Während der
stellungen sind auch heute noch in Grundzügen gültig und Wolkenkern zunächst ein sehr geringes Drehmoment be-
wurden in modifizierter Form auch durch moderne Astro- sitzt, nimmt dieses im Protostern immer mehr zu und kon-
physiker wie von Weizsäcker, Lüst, ter Haar, Kuiper u. a. ver- zentriert sich zu einer protoplanetaren Akkretionsscheibe
treten. Wie Unsöld und Blaschek (2005) betonen, sprechen aus Gas und Staub (Proplyd), die sich durch Abtragung von
die erstaunlichen Regelmäßigkeiten im Bau unseres Plane- Materie aus der nördlichen und südlichen Hemisphäre des
tensystems für eine Entwicklung aus sich heraus, ohne die Protosterns allmählich herausbildet (vgl. Wood 1999).
katastrophale Einwirkung eines nahe an der Sonne vorbei- Sobald die Scheibe etwa ein Drittel der Masse der neuen
ziehenden Sterns. Allerdings gelang es erst in den 1980er Protosonne erreicht hat, wird sie gravitativ instabil und es
Jahren, zumindest indirekte Hinweise auf die Existenz von bilden sich asymmetrisch verteilte Materie-Klumpen, die
Gas-Staub-Scheiben zu finden (z. B. Wood 1999). Einige der Gezeitenkräfte aufeinander ausüben. Diese Instabilitäten
jungen, nur 1 Ma alten T-Tauri-Sterne zeigen einen Über- führen zum Materietransport nach innen und damit zum
schuss an Infrarot-Strahlung. Diese Tatsache lässt sich da- Anwachsen der Protosonne, aber auch nach außen an den
durch erklären, dass diese Sterne von einer Gas-Staub-Hülle Rand des Systems. Zusätzlich beobachtet man an T-Tauri-
umgeben sind, die durch kurzwellige Strahlung vom zentra- Sternen mit Radio-Teleskopen auch heftige bipolare Winde,
len Stern aufgeheizt und zur Emission von langwelliger die Materie nach oben und unten aus dem Proplyd heraus
Strahlung im IR- und Radiowellen-Bereich angeregt wer- in den Weltraum ausblasen. Während der Kollapsphase wird
den. Wäre diese Gas-Staub-Hülle gleichmäßig und kugelför- der Drehimpuls durch turbulente und magnetische Reibung
mig um den Stern verteilt, könnte man diesen gar nicht sehen, innerhalb der Akkretionscheibe zunehmend nach außen
weil die langwellige Strahlung das sichtbare Licht abschirmen transportiert (z. B. Unsöld u. Baschek 2005). Dieser T-Tauri-
würde. Ist dagegen die Gas-Staub-Hülle diskenförmig ausge- Zustand dauert ungefähr 10 Millionen Jahre an, bis im Kern
bildet, wird der Zentralstern sichtbar. In den folgenden Jah- Temperaturen erreicht werden, die ein Wasserstoff-Brennen,
ren gelang mit Hilfe von Radio-Teleskopen und besonders d. h. eine nukleare Verschmelzung von Wasserstoff-Kernen
des höchstauflösenden Hubble-Weltraum-Teleskops die unter Bildung von Helium ermöglichen (vgl. Abschn. 33.6,
direkte Beobachtung von protoplanetaren Gas-Staub-Schei- S. 624f). Dadurch setzt die Entwicklung zu einem Stern der
ben, den sog. Proplyds (engl. protoplanetary disks). Das gilt Hauptsequenz ein (Abb. 34.1) und die Gas-Staub-Scheibe
insbesondere für die jungen, nur einige Millionen Jahre al- löst sich allmählich auf: Immer mehr Materie wird in der
ten Sterne vom T-Tauri-Typ, die im 1 600 Lichtjahre entfern- Protosonne konzentriert, durch deren UV-Strahlung die
ten Orion-Nebel vorkommen. Diese Proplyds sind 2–8 mal verbleibenden Gase aufgeheizt werden und größtenteils in
so groß wie unser Sonnensystem und enthalten genügend den Weltraum entweichen. Nur ein geringer Anteil der ehe-
Gas und Staub für die Bildung zukünftiger Planetensysteme maligen Gas-Staub-Scheibe konzentriert sich in diskreten
(Wood 1999). Tatsächlich gelang es kürzlich durch Infrarot- Materieklumpen, die in Umlaufbahnen um die Protosonne
Beobachtungen, in einer Gas-Staub-Scheibe, die einen Proto- kreisen und zu Vorläufern der späteren Planeten werden
stern umgibt, einen Planeten nachzuweisen (Henning 2008). (z. B. Wood 1999).
34.2 · Sternentstehung 631
Abb. 34.1.
Hertzsprung-Rusell-Diagramm.
Aufgetragen ist die Leuchtkraft
(visuelle absolute Helligkeit Mv)
gegen den Spektraltyp bzw. den
Farbindex; diese sind umgekehrt
proportional der Oberflächen-
Temperatur. a 943 Einzelsterne,
vom Erdboden aus gemessen;
b 16243 Einzelsterne vom Astro-
nomie-Satelliten HIPPARCOS
gemessen. (Nach Unsöld u.
Baschek 2005 mit Ergänzungen
nach Rollinson 2007 und Faure
u. Mensing 2007)
Sterne werden anhand des Hertzsprung-Russell-Dia- aus Wasserstoff und Helium, die durch den Urknall (engl.
gramms klassifiziert, in dem auf der Ordinate die Leucht- Big Bang) gebildet wurden, und zwar vor 13,7 ±0,2 Ga (Ben-
kraft (absolute Helligkeit Mv), auf der Abszisse der Spek- nett et al. 2003). Das interstellare Medium, aus dem sich das
traltyp (bzw. der Farbindex) aufgetragen werden, die um- Sonnensystem gebildet hatte, wurde allerdings bereits durch
gekehrt proportional der absoluten Temperatur sind frühere Generationen von Sternen mit schweren Elemen-
(Abb. 34.1). Die meisten Sterne befinden sich im engen Band ten angereichert. Elemente wie Mg, Si und Fe wurden durch
der Hauptreihe (sog. Zwerge). Diese erstreckt sich diagonal Sternwinde oder durch Supernova-Explosionen im Welt-
von den (absolut) hellen, blau-weißen B- und A-Sternen mit raum verteilt. Noch im Weltraum kondensieren sich die üb-
Temperaturen von ca. 25 000–10 000 K (z. B. die Gürtelsterne rigen Elemente, und zwar hauptsächlich durch Verbindung
im Orion) über die gelben Sterne (z. B. die Sonne) mit ei- mit Sauerstoff, zu unterschiedlichen Mineralen. Bei einem
ner Temperatur von ca. 6 000 K bis zu den schwachen roten Druck von 0,001 bar und sinkender Temperatur erfolgt so
M-Sternen mit Temperaturen von 3 600–3 000 K. Für die die Kondensation der Solarmaterie in mehreren Stufen
gesamte Abfolge der Spektraltypen entwarf Russell für sei- (Davis u. Richter 2005; vgl. Abb. 34.2):
ne Studenten in Princeton den Merkspruch: O Be A Fine
Girl, Kiss Me Right Now. Rechts oberhalb der Hauptreihe 1 500–1 470 °C: Korund Al2O3
befinden sich die Riesensterne, deren Leuchtkraft, bezogen 1 470–1 230 °C: Hibonit CaAl12O19
auf den Spektraltyp, ungewöhnlich groß ist, links unterhalb 1 420–1 180 °C: Perowskit CaTiO3
dagegen liegen die Zwergsterne mit viel kleinerer Leucht- 1 360–1 170 °C: Gehlenit Ca2Al[AlSiO7]
kraft. Die jungen, relativ kühlen T-Tauri-Sterne liegen ober- 1 240–1 170 °C: Åkermanit Ca2Mg[Si2O7]
halb der Hauptsequenz, auf die sie sich durch Erhitzen 1 230–1 140 °C: Al-Spinell ≈ MgAl2O4
infolge von Wasserstoff-Brennen allmählich zuentwickeln ≤1 190 °C: Metallisches Nickeleisen (Fe,Ni)
(Unsöld u. Blaschek 2005). ≤1 180 °C: Diopsid CaMg[Si2O6]
≤1 170 °C: Forsterit Mg2[SiO4]
34.3 ≤1 150 °C: Anorthit Ca[Al2Si2O8] 34.3
Zusammensetzung des Solarnebels ≤1 090 °C: Enstatit Mg2[Si2O6]
≤ ca. 1 080, ver-
Der weit überwiegende Anteil der innerstellaren Materie, stärkt ≤800 °C: Albit Na[AlSi3O8]
aus der letztlich unser Sonnensystem entstanden ist, besteht ≤950 °C: Cr-Spinell ≈ MgCr2O4
632 34 · Die Entstehung unseres Sonnensystems
Tabelle 34.1.
Die Zusammensetzung interstel-
larer, circumstellarer und prä-
solarer Staubteilchen. (Nach
Jones 2007 und Zinner 2005)
kalten interstellaren Raum hinaus geblasen; schließlich tope mit sehr kurzen Halbwertszeiten wie 41Ca (0,13 Ma),
fand ein sehr kleiner Anteil beim Bau der Planeten und 26Al (0,7 Ma), 10Be (1,5 Ma), 60Fe (1,5 Ma), 53Mn (3,7 Ma),
Asteroiden Verwendung und erlebte vielfältige Differen- und 107Pd (6,5 Ma). Viele von ihnen könnten sich aus stabi-
tiations-Prozesse. Auch die meisten der undifferenzierten len Isotopen durch Neutroneneinfang gebildet haben, und
Asteroiden-Mutterkörper, von denen die Chondrite zwar bei der Explosion von Supernovae oder in den Außen-
abstammen, sind unterschiedlich stark metamorph zonen von Riesensternen. Für die Bildung von 60Fe kommt
überprägt und damit mehr oder weniger stark verändert – wie wir aus Abschn. 33.6 (S. 624f) wissen – ohnehin nur
worden; jedoch dürften zumindestens die kohligen die stellare Nukleosynthese in Frage (Chambers 2005). Die-
Chondrite noch primitive präsolare Materie enthalten ses Isotop kann also nicht in der Akkretionsscheibe unse-
(Abschn. 31.3.1, S. 553). res Sonnensystems entstanden sein, sondern muss aus
einer externen Quelle stammen (Shukolyukov u. Lugmair
34.4 1993). Umgekehrt kam es zur Bildung von 10Be mit größ- 34.4
Entstehung der Planeten ter Wahrscheinlichkeit durch Bombardements mit sola-
rer kosmischer Strahlung im protoplanetaren Nebel. Die
Bildung der planetaren Bausteine positive Korrelation der Zerfallsprodukte von 26Al und
41Ca in den CAIs spricht für ihre Bildung in einer gemein-
Wie wir bereits mehrfach betont haben, können wir aus samen stellaren Quelle. Wie aus der Analyse von Sauerstoff-
dem Studium der Meteoriten sehr viel über die frühe Ge- Isotopen hervorgeht, entstanden auch die amöboiden Olivin-
schichte der erdähnlichen Planeten und ihre Differentia- Aggregate (AOA) in diesem Bereich (Fagan et al. 2004), je-
tion lernen. Eine wichtige Rolle spielen dabei die Ca-Al- doch bei niedrigeren Temperaturen von ≤1 170 °C, der Kon-
reichen Einschlüsse (CAI) und die Chondren. densations-Temperatur von Forsterit. Einige CAI mit un-
Mit Blei-Blei-(Pb-Pb-)Altern von 4 567,2 ±0,7 Ma und terschiedlichen Initialgehalten von 26Al und isotopischen
Hafnium-Wolfram-(182Hf-182W-)Altern von 4 568,6 ±0,5 Ma Anomalien werden als FUN (Fractionated and Unidentified
sind die CAI das älteste Material, das in unserem Son- Nuclear Anomalies) bezeichnet; sie entstanden in einem
nensystem überlebt hat (Amelin et al. 2002; Kleine et al. Zeitraum, als der protoplanetare Nebel noch nicht vollstän-
2008; Kleine u. Rudge 2011). Sie enthalten kurzlebige Iso- dig homogen durchgemischt war (Wadwha u. Russell 2000).
634 34 · Die Entstehung unseres Sonnensystems
Die Chondren bildeten sich in der protoplanetaren 1. Bildung von Planetesimalen durch nicht-gravitationale
Gas-Staub-Scheibe aus Schmelztröpfchen, und zwar – wie Akkumulation. Zunächst ballten sich die Staubteilchen,
ihre etwas niedrigeren 26Al/27Al-Verhältnisse zeigen – die größenordnungsmäßig 1 % des ursprünglichen
etwa 1–5 Ma später als die CAI (z. B. Amelin et al. 2002; Solarnebels ausmachen, durch inelastische Stöße in der
Bouvier et al. 2008). Nach dem am häufigsten angenom- turbulenten Gas-Staub-Scheibe zu immer größeren
menen Modell entstanden die Schmelztröpfchen – je nach Brocken zusammen, die sich in der Äquatorialebene
Zusammensetzung – bei Temperaturen von 1 450–1 900 °C der Scheibe konzentrierten. Die Akkumulation erfolgte
durch das Aufschmelzen von Staub-Aggregaten. Labor- in diesem Stadium nicht durch Gravitation, sondern
experimente zeigen, dass diese Aufheizung und die nach- durch elektromagnetische Kräfte, wie z. B. schwache
folgende Abschreckung sehr rasch, innerhalb weniger van-der-Waals-Bindungsenergien. Innerhalb von
Stunden, vielleicht sogar Minuten erfolgte. Hierfür wa- 10 000 Jahren bildeten sich so unregelmäßig geformte
ren die normalen Temperatur-Verhältnisse im inneren, Körper von 1–10 km ∅, die Planetesimale.
sonnennahen Bereich der Akkretionsscheibe nicht geeig- 2. Vereinigung von Planetesimalen zu Protoplaneten
net. Stattdessen müssen schlagartig durchgreifende, aber durch Gravitationskräfte. Durch schrittweises Zusam-
lokale Hochenergie-Ereignisse das Silikat-Material kurz, menstürzen unterschiedlich großer Planetesimale ent-
aber intensiv aufgeheizt haben. Allerdings besteht noch kei- standen feste Protoplaneten mit Durchmessern von bis
ne Einigkeit über die Art dieser Vorgänge; in Frage kämen zu 4 000 km. Besonderer wichtig war während dieses Sta-
u. a. ein kurzzeitiges Aufflackern der Protosonne, Blitze im diums die Relativgeschwindigkeit der Planetesimale; da
Solarnebel, gasdynamische Schockwellen oder Strahlungs- diese beachtlich war, muss man auch immer wieder mit
erhitzung (vgl. Scott u. Krot 2005, Table 7). Wir wissen auch Zertrümmerungen rechnen.Nach Simulationsrechnungen
nicht, ob diese Prozesse innerhalb der ersten Millionen von Weidenschilling et al. (1997) bestanden nach ca.
Jahre abliefen, als noch interstellare Materie in den Solar- 1 Ma zwischen den Umlaufbahnen von Merkur und Mars
nebel hereinfiel, oder erst in den folgenden 10 Ma, in denen nur noch 22 Protoplaneten mit Massen von >1026 g. Bei
die Akkretionsscheibe flacher und ruhiger wurde. Weitere den Kollisions-Prozessen wurden große Energiemengen
Möglichkeiten für die Entstehung der Chondren ist die freigesetzt, so dass es häufig zur Aufschmelzung kam.
Kondensation von Schmelzen oder Schmelz-Kristall- Hinweise auf das Aussehen und den inneren Aufbau
Aggregaten direkt aus dem Solarnebel und/oder das Auf- der Planetesimale vermitteln uns heute noch die Aste-
schmelzen von festen oder teilgeschmolzenen Planetesi- roiden und die von ihnen abstammenden Meteorite,
malen durch Impakt-Vorgänge (Scott u. Krot 2005). die beiden Marsmonde sowie zahlreiche der kleinen
Auf alle Fälle veränderten diese thermischen Prozesse Satelliten von Jupiter, Saturn und Uranus sowie
die chemische Zusammensetzung der protoplanetaren schließlich die Kometen im Kuiper-Gürtel.
Materie durch selektive Verdampfung der volatilen Kom-
ponenten, die sich an anderer Stelle wieder rekondensieren Überraschenderweise zeigen isotopische Altersbestimmungen
konnten. Hinweise auf solche Fraktionierungsprozesse fin- mit der 182Hf-182W-Methode an CAI, Metall-reichen Chondriten
und Eisenmeteoriten, dass die Entstehung von Chondren etwas
den sich in einzelnen Chondren, in den CAIs, in Chondriten
später erfolgte als die Bildung metallischer Kerne in den Plane-
und sogar in den Planeten selbst: So enthält die Gesamt- tesimalen (Kleine et al. 2005a). Dieser Befund zwingt zu dem
erde nur ein Fünftel des Kaliums, das durchschnittlich in Schluss, dass – entgegen früherer Annahmen – die Chondrite
unserem Sonnensystem vorhanden ist (Wood 1999). Ne- nicht das Vorläufer-Material für differenzierte Asteroiden dar-
ben Silikaten, metallischem Nickeleisen und Sulfiden kris- stellen. Stattdessen erfolgte die Akkretion der chondritischen
Asteroiden relativ spät, und zwar entweder in größerer Sonnen-
tallisierte im kälteren Außenbereich der Akkretionsscheibe
ferne oder durch sekundäre Zusammenballung von Schutt, der
auch Eis, insbesondere Wassereis. Die Grenze zwischen bei der Kollision älterer Asteroiden entstanden war. Offensicht-
diesen beiden Regionen, die Eislinie, war durch eine Dis- lich reichten in den chondritischen Asteroiden die 26Al-Gehalte
kontinuität in der Oberflächendichte des festen Materials nicht aus, um diese Körper so weit aufzuheizen, dass sie in Kern,
definiert; sie hat in unserem Sonnensystem vermutlich im Mantel und Kruste differenzieren konnten.
Außenbereich des heutigen Asteroiden-Gürtels gelegen.
3. Für die endgültige Vereinigung von Protoplaneten zu
Bildung von Planetesimalen, Protoplaneten und Planeten Planeten waren weitere Kollisionen von Protoplaneten
und noch verbliebenen Planetesimalen von entscheiden-
Die wichtige Beobachtung, dass die großen Planeten – der Bedeutung. Durch diese Giant-Impact-Prozesse kam
unabhängig von der Gesamtmasse – feste Kerne von es zur weitreichender Aufschmelzung, teilweise auch zur
etwa 10–20 Erdmassen enthalten, führte zu der heute all- Zerstörung von bereits gebildeten planetarischen Kör-
gemein akzeptierten Theorie der Planeten-Entstehung pern. In einem Zeitraum von 10–100 Ma entstanden so
(Unsöld u. Baschek 2005). Nach dem Standardmodell von die uns bekannten erdähnlichen Planeten. Begünstigt
Wetherill (1990) erfolgte ihre Bildung in drei Schritten wurden die heftigen Kollisionen durch die Tatsache, dass
(z. B. Rollinson 2007): schon innerhalb der ersten 1–10 Ma der Akkretions-
34.4 · Entstehung der Planeten 635
geschichte die Gaskomponente des Solarnebels weitge- durchgehende Schicht aus schmelzflüssigem Metall. Die
hend in den Weltraum entwichen war. Dadurch wurden Metallschmelze durchbrach in einem zweiten Schritt den
die Kollisionen der Planetesimale und Protoplaneten unteren, kristallinen Teil des Mantels in Form großer
weniger stark gedämpft und waren dementsprechend Diapire, die sich im Innern der erdähnlichen Planeten und
heftiger. Wie die Edelgas-Geochemie des Erdmantels wahrscheinlich auch des Erdmondes zu unterschiedlich gro-
zeigt, hat unsere Erde immer noch eine Erinnerung an ßen Metallkernen vereinigten (Abb. 34.3). Dieser Vorgang
den ursprünglichen Solarnebel gespeichert. verlief sehr schnell, so dass eine Einstellung der Verteilungs-
Gleichgewichte zwischen schmelzflüssigem Metall und fes-
Differentiation der erdähnlichen Planeten tem Silikatmantel nicht möglich war.
Wie die große Zahl der Impakt-Krater auf Mond, Merkur Die mangelnde Gleichgewichts-Einstellung würde das „Excess
und Mars sowie auf vielen Satelliten der äußeren Plane- Siderophile Problem“, d. h. den scheinbaren Überschuss an siderophilen
Elementen im Erdmantel erklären, der sich ergibt, wenn man eine
ten zeigt, war in der Frühphase unseres Sonnensystems
chondritische Zusammensetzung zugrunde legt und von den theo-
die Häufigkeit von Planetesimalen wesentlich größer als retischen Verteilungskoeffizienten zwischen Metall und Silikat bei
heute. Daher bewegten sich die bereits gebildeten plane- niedrigen Drucken ausgeht (Näheres bei Rollinson 2007). Außerdem
tarischen Körper in einem Medium mit starker innerer kann man annehmen, dass sich während der Kernbildung die Akkre-
Reibung, erzeugt durch eine Vielzahl kleinerer und grö- tion von kosmischem Material fortsetzte, wobei vermutlich noch bis
zu 7 % der Erdmasse hinzukam. Dadurch wurde ein zusätzlicher
ßerer Gesteinsbrocken. Dieses führte vermutlich bei den
Anteil von siderophilen Elementen in den Mantel eingetragen. Zum
Planeten und deren Satelliten zu kleinen Abweichungen Schluss wurde dem sich entwickelnden Erdkörper noch ein „spätes
von der Kreisbahn und zu Neigungen ihrer Rotations- Furnier“ („LateVeneer“) von ca. 1 % der Erdmasse hinzugefügt
achsen gegen die Umlaufbahn. (Newsom u. Jones 1990; vgl. Rollinson 2007).
Im Laufe ihrer frühen Entwicklung machten die erd-
ähnlichen Planeten und der Erdmond, die ursprünglich Für die frühe Erde wird angenommen, dass der Mag-
aus einer weitgehend einheitlichen Breccie aus chondri- ma-Ozean bis zu einer Tiefe von 700–1 200 km reichte,
tischem Material bestanden, eine Differentiation in Kern, entsprechend einem Druck 250–400 kbar (25–40 GPa), wo
Mantel und Kruste durch, wobei Aufschmelzprozesse eine damals Temperaturen von 2 500–3 000 °C herrschten (z. B.
entscheidende Rolle spielten. Die hierfür erforderliche Wood et al. 2006). Etwa in diesem Bereich dürfte der Über-
thermische Energie wurde in der Frühzeit der Planeten- gang in einen Erdmantel gelegen haben, der hauptsäch-
bildung aus drei Wärmequellen gewonnen, nämlich lich aus Mg-Perowskit bestand (vgl. Abschn. 29.3.3,
S. 530f), was zu einem abrupten Anstieg der Solidus- und
der Umwandlung von potentieller Gravitationsenergie Liquidustemperaturen führte. Daher war der untere Teil
bei der Akkretion,
durch radioaktiven Zerfall von 26Al und
durch die Umwandlung von kinetischer Energie beim
intensiven Bombardements durch Planetesimale.
Tabelle 34.2.
Die Akkretionsgeschichte der
Erde nach isotopischen Datie-
rungen (Modifiziert nach Rol-
linson 2007)
des Erdmantels auch damals fest (Abb. 34.3). Der Vorgang tung von Material der primären und sekundären Kruste
der Kernbildung spielte sich nach vorherrschender Auffas- statt. Auf der Erde sind Plattentektonik und Magma-
sung in den ersten 13–32 Ma der Planetengeschichte ab, d. h. tismus an konstruktiven und destruktiven Platten-
während der Endphase der Akkretion, die vor etwa 4 537 Ma rändern die dominierenden geologischen Prozesse, wäh-
mit der Bildung des „späten Furniers“ zum Abschluss kam. rend die geologische Entwicklung der Venus durch Vertikal-
(Tabelle 34.2). Ungefähr zur gleichen Zeit wurde durch den tektonik und Hot-Spot-Vulkanismus bestimmt ist, die durch
Giant Impact der Mond von der Erde abgetrennt (s. u.). Mantel-Plumes erzeugt werden (z. B. Carr 1999).
Möglicherweise fanden die Kernbildung und der Giant Die früheste Periode in der Erdgeschichte wird heute
Impact aber auch wesentlich später statt, nämlich ca. 50 Ma als Hadean (grch. ´Αιδης = das Unsichtbare = Hades =
nach der Entstehung der CAI (Kleine u. Rudge 2011). Unterwelt) bezeichnet. Es umfasst den Zeitraum vom
Da die Kernbildung sehr rasch, wahrscheinlich ka- Beginn der Akkretion vor ∼4560 Ma und dem Ende des
tastrophenartig erfolgte, setzte die Umwandlung von großen Meteoriten-Bobardements vor ∼3800 Ma.
potentieller Gravitationsenergie eine enorme Menge an
thermischer Energie frei, die für erneute Aufschmelz- Entstehung des Erdmondes
prozesse zur Verfügung stand. Darüber hinaus war – und
ist noch heute – der Zerfall radioaktiver Isotope eine Das heute bevorzugte Modell für die Entstehung des Erd-
wichtige Wärmequelle. Aufsteigende Mantel-Plumes mondes ist die Giant-Impact-Hypothese, die in theoreti-
lösten Magmenbildung, Plutonismus und Vulkanismus schen Modellierungen und geochemischen Argumenten
und damit eine zweite Phase der Krustenbildung aus, ihre Stütze findet (vgl. Rollinson 2007). Danach kollidier-
bei der vorwiegend basaltische Magmen gefördert wur- te ein planetarischer Körper, genannt „Theia“, der etwa
den. Allerdings waren ihre Menge, Produktionsrate, die Masse des Mars, d. h. 15 % der Erdmasse besaß, unter
räumliche und zeitliche Verteilung auf den einzelnen schiefem Winkel mit der Protoerde (Abb. 34.4). Wahr-
planetarischen Körpern sehr unterschiedlich. So flossen scheinlich waren beide Körper zur Zeit des Impakts
auf dem Mond die ersten Mare-Basalte vor ca. 4 000 Ma bereits in Metallkern und Silikat-Mantel differenziert.
aus, und ihre Förderung war mit ca. 2 500 Ma bereits Durch den Aufschlag wurde 30 % der Erdmasse auf Tem-
weitgehend abgeschlossen. Demgegenüber setzte sich peraturen von >7 000 K aufgeheizt. Die gewaltige Menge
auf dem Mars die Bildung der großen Schildvulkane an thermischer Energie, die dabei erzeugt wurde, führte
bis in die jüngere geologische Vergangenheit vor ca. dazu, dass die Erde größtenteils aufschmolz und dass der
100–200 Ma fort, während die Erde – und vielleicht auch Impaktor und Teile des Erdkörpers verdampften. Vermut-
die Venus – noch heute aktiven Vulkanismus aufweisen. lich wurde der Metallkern des Impaktors mit dem Erd-
Eine dritte Phase der Krustenbildung, die in den Konti- kern verschmolzen, so dass die Erde von einer vorwie-
nenten der Erde und wahrscheinlich in den Tesserae der gend silikatischen Gashülle umgeben wurde. Diese kon-
Venus dokumentiert ist, findet durch Wiederaufarbei- densierte teilweise wieder und reicherte sich in einer
34.4 · Entstehung der Planeten 637
Abb. 34.4.
Bildung des Mondes durch Giant
Impact von „Theia“, einem plane-
tarischen Körper mit etwa 15 %
der Erdmasse (Erläuterungen
im Text). (Nach einem Gemälde
von William K. Hartmann, Pla-
netary Science Institute, Tucson,
Arizona)
Umlaufbahn um die Erde an, woraus der an metallischem 1. Nach dem heute immer noch stark bevorzugten
Eisen verarmte Mond entstand. Bei ihrer Abkühlung Rocky-Core-Modell entstehen die Riesenplaneten
durchlief der Mond erstmals, die Erde erneut das Stadi- durch die Akkretion von Planeten-Kernen, gefolgt
um des Magma-Ozeans. Zeitlich gehört die Entstehung von einem Gaskollaps. Dadurch erklärt sich am bes-
des Erdmondes durch den Giant Impact in die ersten ten der hohe Anteil an schweren Elementen und
32 Mill. Jahre unseres Sonnensystems (Kleine et al. 2005b; die wahrscheinliche Existenz von silikatischen Ker-
vgl. Tabelle 34.2). nen in den Riesenplaneten. Nach diesem Modell
war im Endstadium der Sternentstehung die Akkre-
Entstehung der Riesenplaneten tionsscheibe soweit abgekühlt, das in Entfernungen
von etwa 5 AE Wassereis aus dem Solarnebel kon-
Wegen der größeren Entfernung von der Sonne und der densieren konnte. Innerhalb von etwa 1 Ma kam es
geringeren Temperatur in der Gas-Staub-Scheibe unter- zur raschen Bildung von Planeten-Embryos, die aus
scheiden sich die Riesenplaneten in ihrer Pauschalzusam- festem Gesteinsmaterial und Eis bestanden. Sobald
mensetzung und in ihrem inneren Aufbau grundlegend diese, etwa 10 Erdmassen schweren Körper gebildet
von den erdähnlichen Planeten. Wichtig ist jedoch, dass waren, führte in Zeiträumen von ca. 10 Ma hydro-
die Riesenplaneten mit größter Wahrscheinlichkeit Ker- dynamischer Kollaps der Gase zur Bildung großer
ne aus silikatischem Gesteinsmaterial enthalten. Diese Körper. Die Entwicklung der Rieseneisplaneten
Kerne sind von unterschiedlich dicken Eishüllen umge- Uranus und Neptun könnte durch zwischenzeitli-
ben, die beim Uranus und Neptun den Hauptanteil dieser chen Gasverlust oder infolge dynamischer Störungen
Riesen-Eisplaneten ausmachen. Demgegenüber dominie- durch die Riesenmasse von Jupiter abgebrochen
ren bei den Riesen-Gasplaneten Jupiter und Saturn die worden sein.
äußeren Gashüllen, bestehend aus einem Wasserstoff- 2. Durch die Entdeckung von Riesen-Gasplaneten außer-
Helium-Gemisch, während diese bei Uranus und Neptun halb unseres Sonnensystems (Lissauer 2002), wurde
deutlich kleiner entwickelt sind. Es unterliegt wohl kei- ein alternatives Modell in die Diskussion gebracht. Viele
nem Zweifel, dass die Riesenplaneten durch andere Mecha- dieser extrasolaren Planeten sind weniger als 0,1 AE
nismen entstanden sein müssen als die erdähnlichen Pla- von ihrem Mutterstern entfernt, während Jupiter einen
neten. Dabei liegt für die Astrophysiker ein wesentliches Pro- Sonnenabstand von 5 AE aufweist. Diese Tatsache
blem in der gravitationalen Interaktion zwischen dem wach- könnte man dadurch erklären, dass die Riesenplaneten
senden Planeten und den noch vorhandenen Gasen der Gas- durch Instabilitäten in der Gas-Staub-Scheibe entste-
Staub-Scheibe (Näheres hierzu bei Chambers 2005). Für die hen, wobei sich durch gravitationalen Kollaps sehr
Bildung der Riesenplaneten werden zwei Modelle disku- rasch – innerhalb von nur 100 Jahren! – Klumpen von
tiert (z. B. Lunine 2005; Rollinson 2007). Gas und Staub bilden.
638 34 · Die Entstehung unseres Sonnensystems
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A
Anhang
A.2
Berechnung von Mineralformeln
Tabelle A.1.
Granat aus Gneishornfels Op123,
Kontakthof von Steinach, Ober-
pfalz (Okrusch 1969)
Anhang 641
Tabelle A.2.
Biotit aus Gneishornfels Op123,
Kontakthof von Steinach, Ober-
pfalz (Okrusch 1969)
Für die in den Tabellen A.1 und A.2 gegebenen lysen wird Gesamteisen als FeOtot angegeben und – so-
Rechenbeispiele wurden Analysen ausgewählt, bei de- weit möglich – das Fe2+/Fe3+-Verhältnis bei der For-
nen FeO/Fe2O3 auf chemischem Wege und H2O über den melberechnung abgeschätzt. So gilt z. B. beim Granat
Glühverlust bestimmt wurden. Bei Mikrosonden-Ana- Fe3+ = Y – Al = 2 – Al.
642 Anhang
Tafel A.1.
a Subalkaline Vulkanite und
b subalkaline Plutonite
Anhang 643
Tafel A.2.
a Alkali-Vulkanite und
b Alkali-Plutonite
644 Anhang
A'KF-Diagramm 490f, 500, 506 –, in alpinen Klüften 360 –, zur Gesteinsklassifikation 217
–, Berechnung 490 –, in Meteoriten 552 –, Zwillingsbildung 194
–, Korrekturen 490 –, Kluftmineral, alpines 360 Alkalifeldspat-Granit 234, 339
–, Mischkristall 490 –, Löslichkeit von Wasser 270 Alkalifeldspat-Reihe 195
A'KF-Dreieck, Granat–Cordierit–Biotit– –, Viskosität 270 Alkalifeldspat-Syenit 219, 234
Kalifeldspat-Paragenese 492 –, Schmelzen, kongruentes 270 –, foidführender 219
AKFM-Tetraeder 493f –, Schmelzpunkt 285 Alkalifeldspat-Trachyt 219, 289, 291
Akimotoit 558 –, Stabilitätsgrenze 315 –, foidführender 219
Akkretion, heterogene 544 –, System Alkalifeldspat-Rhyolith 289, 291
Akkretionsgeschichte 634, 636 –, Albit–Anorthit 284ff Alkaligabbro (siehe Essexit)
Akkretionskeil 436, 505, 608 –, Albit–Kalifeldspat 292ff Alkaligesteinskomplex 239
Akkretionsphase, Akkretionsprozess 554, –, Diopsid–Anorthit–Albit 286ff Alkaligranit (siehe Alkalifeldspat-Granit)
591 –, Quarz–Albit–Kalifeldspat–H2O 315 234, 649
Akkretionsscheibe 630, 632ff, 637 –, zur Gesteinsklassifikation 217 Alkaligranit-Komplex 259
Akkumulation, nichtgravitationale 634 Albit-Epidot-Hornfels-Fazies 497, 504 Alkali-Ionen 373
Akkumulatorenblei 91 Albit-Gesetz 192f, 197 Alkali-Kalk-Index, modifizierter (MALI) 313
Akmit (siehe auch Ägirin) 162ff, 222, 471 Albitglas 270 Alkalikarbonat 410f
Akmit-Komponente 471, 505, 507 Albitgranit 234 Alkalilamprophyr 220, 457
Aktinolith 166ff, 227, 351, 438, 457ff, 481 Albit-Kalifeldspat-System, Phasen- Alkalimagmatit 223, 234, 274, 642
–, ACF-Diagramm 491, 500 diagramm 193 –, foidführend 331
–, zur Gesteinsklassifikation 166f Albitphyllit 197, 441 –, K-betont 223
Aktinolithasbest 50f, 167 Albit-Porphyroblast 450 –, K-reich 224
Aktinolithschiefer 444, 458f Albit-Rhyolith 218 –, Lernschema 642
Aktivierungsenergie 468 Albit-Schmelze 270 –, leukokrater 224
Aktivität 317, 404f, 481, 483, 603 Albitisierung 458 –, melanokrater 224
–, geologische, Ariel 589 AlCl3 253 –, mesokrater 224
–, kryovulkanische Al-Diopsid 554 –, Na-betont 224
–, Saturn-Monde 587f Alexandrit 104, 444, 458f Alkalimagmatit-Komplex 331
–, Uranus-Monde 589 –, chatoyierender 42 Alkalimetall 597
–, tektonische, Ariel 589 –, pleochroitischer 40 Alkalimetasomatose 457
–, vulkanische, BIF 406 –, Synthese 42 alkaline magma series (engl., siehe Alkali-
–, Ariel 589 Alexandrit-Lagerstätte, Bildung 458 Serie) 223
–, Io 584 Alge 401f alkaline rock suite (engl., siehe Alkali-
–, Mars 576f –, eukaryotische 44 Magmatit) 223
–, Titan 587 –, Photosynthese 401 Alkalinität 375
–, Venus 572 –, phylloide 402 Alkalinitrat 411
Aktivitätskoeffizient 317, 477, 483, 603 Algenmatte 43, 402 Alkaliolivinbasalt 235f
Akzeptor 18 Algoma-Typ 407 Alkalipegmatit 220f
Akzessorien (Nebengemengteile) 56, 602 ALH 84001, Mars-Meteorit 578 Alkaliplutonit 234, 643
–, zur Gesteinsklassifikation 217 ALHA 81005, Mond-Meteorit 559 Alkalipyroxen 164f, 338
Al,Si-Diffusion, intrakristalline 191 Al-Hydroxid, Löslichkeit 374 Alkalirhyolith (siehe Alkalifeldspat-
Al,Si-Ordnung 191 Alkalibasalt (AB) 235, 274, 306, 458, 508, Rhyolith) 234f, 643
Al,Si-Unordnung, Sillimanit 467f 510, 527f, 609 Alkali-Serie 223, 274
Al,Si-Verteilung in Feldspäten 191f –, Chondrit-normierte Spurenelement- Alkali-Suite 539
–, geordnet/ungeordnet 191f, 195, 197 Muster 608 –, Erdmond 538
Al/Si-Verhältnis 375 –, Eklogit-Einschluss 510 Alkalisulfat 411
Al2O3 –, Insel, ozeanische 235, 306, 527f, 607f Alkalisyenit (siehe Alkalifeldspat-Syenit)
–, Ausscheidung 376 –, Spurenelement-Muster 607f 234, 643
–, Löslichkeit 374f –, Ne-führender 302 Alkalitrachyt (siehe Alkalifeldspat-Trachyt)
–, Überschuss 223, 312 –, Riftzone, kontinentale 306 643
–, Unterschuss 223 –, Soliduskurve 320 Alkaliturmalin 158f
Al2SiO5-Gruppe, Polymorphe 149f, 465ff, –, Varietäten 237 Alkalivulkanit 235, 643
470 –, Venus 572 –, Mikrofoto 236ff
–, Daten, thermodynamische 469 Alkalichlorid 411 Alkalizufuhr 505
Al2SiO5-Phasendiagramm 468 Alkalifeldspat 37, 190ff, 236f, 420, 457, 460, Allanit 154f, 340, 605
Alabaster 132 501, 540, 622 –, Pegmatit 340
Alaun, Kristallwachstum 4 –, Entmischung 15, 192f, 292f –, Struktur 155
Albedo (Reflexionsvermögen) 538, 570f, –, Habitus 194 allitische Verwitterung 376
580, 584, 587ff –, Häufigkeit 37 allochromatisch 99
Albit 14, 15, 164, 190, 192, 197, 222, 290, 420, –, im Leukosom 454 allseits flächenzentriert 9
438, 441, 446f, 454, 457ff, 460, 483, 490, –, Mischkristalle 15, 189ff, 293 Almandin 148, 433, 441ff, 480f, 507
498, 523 –, Nomenklatur 189 –, ACF-, A'KF-Diagramm 491
–, CIPW-Norm 222 –, Tracht 194 –, AFM-Projektion 493f
–, Formel 32 –, Verdrängung 347 –, Stabilitätsfeld 481
–, Hochtemperaturform 195 –, Zonarbau 315 –, T-fO2-Diagramm 481
Sachindex 647
Arkose 177, 196, 376, 389f, 419, 441f, 484, Asteroid 32, 541f, 547ff, 551, 557ff, 569, A-Typ-Granit (anorogenic source rock)
501, 503 579ff, 587, 596, 629, 632f 313, 340, 458
–, ACF-, A'KF-Diagramm 491 –, Astraea, Asteroid 579 –, peralkaliner 340
–, unreine 389 –, Aufbau, innerer 580 Ätzfigur 76, 86, 123, 198, 200
–, Verwitterungsbildung 376 –, Aufschmelzen 552 Ätznatron 100
Armalcolit 541 –, Ceres 560, 567, 579 Au (siehe Gold)
Armleuchteralgen (Charophyceen) 44 –, chondritischer 634 Aubrit (Achondrit) 551, 557
–, Oogonien 44 –, differenzierter 557, 561, 634 Aufbereitbarkeit von Erzen 603
Arsen As 7, 75 –, Entstehung 579 Aufbereitungsabgänge (engl. tailings) 51
–, AsH3 538 –, erdnaher 581 Aufheizung 201, 276, 432, 484ff, 554, 623f,
–, elementares 69 –, Erforschung, astronomische 579 634
–, Erz 64, 93f –, Familien 580 –, Chondrit 554
–, ged. (elementares) 75 –, Hygiea 580 –, isobare 485ff
–, Gruppe 69 –, Juno 579 –, mechanische 276, 503
–, Toxizität 50 –, Klasse 581 –, regionale 432
–, Umweltschadstoff 52 –, Kollisionsgeschichte 580 –, stufenweise 623f
Arsenat 35, 39, 137 –, Metallkern 557 Aufheizungsrate 616
Arsenfahlerz (siehe Tennantit) 96 –, Mond 541 Auflicht 19
Arsenid 35, 83, 85, 91 –, Mutterkörper 547, 554, 557, 632f Auflichtmikroskopie 27
Arsenkies (siehe Arsenopyrit) 93 –, Pallas 560, 579f Auflösung 373, 387, 400, 409, 450, 571, 574,
Arsenolith, Toxizität 50 –, Reflexions-Spektrum 580 613
Arsenopyrit 91, 93, 352, 354, 356, 393 –, Umlaufbahn 579 –, selektive 450
–, Dominion Reef 393 –, Vesta 579f Auflösungsrate 400
–, Gold-Einschlüsse 72 –, Zirkonalter 557 Aufschiebung 456
–, Kristalltracht 93 –, Zusammensetzung 580 –, Granitintrusion 262
–, Toxizität 50 Asteroiden-Achondrit 557, 559 –, Metamorphose 428
Arsensulfid 94f Asteroidengürtel 32, 547, 556, 563, 579f, Aufschluss, (geologischer) 55, 515
Artensterben (Massenaussterbe-Ereignis) 632 Aufschmelzexperiment 267, 540
245, 550 –, Gesteinsfragment 55 Aufschmelzgrad 276, 305, 317, 540, 606ff
Arzneimittel 126, 171 Asteroidenimpakt 580 –, Mond 540
Asbest 41, 50, 165ff, 175f, 185, 406 Asthenosphäre 496f, 527f, 611 Aufschmelzort 306, 308, 523
–, Aktinolith- 50 –, Definition 528 Aufschmelzprozess 553
–, Amosit (Grunerit) 50 –, Mond 543 Aufschmelzrate 606
–, Amphibol- 50 –, Schnitt, schematischer 525 Aufschmelzung 431, 552f, 634
–, Anthophyllit- 50 α -Strahlung 50 –, Chondrit 554
–, Chrysotil- 50 Astronomie-Satellit HIPPARCOS 631 –, Erdmond 541
–, Einkapselung 50 Astronomische Einheit (AE) 569, 629 –, isobare 285
–, Ersatz 165 Astrophysik 625 –, partielle 63, 303f, 452ff, 503, 505, 522,
–, Faserform 50 Asymmetrie 606, 608 525, 527f, 540, 557, 580, 595, 607, 616,
–, Filter 176 Ataxit 561, 563 618, 635
–, Garn 176 –, Ni-armer 563 –, lunare 540
–, Gewebe 176 –, Ni-reicher 549, 563 –, selektive 456, 520
–, Krokydolith (Magnesio-Riebeckit) 50 Athabasca-Gruppe 367 –, von Asteroiden 552
–, Pappe 176 atmophil 596f Aufschwimmen 324
–, Platte 176 Atmosphäre 371 Aufstieg 455
–, Serpentin 50 –, Erde 44, 247, 249, 393, 542, 548, 596, Aufstiegspfad 318
–, Toxizität 50 598, 623, 630 Aufstiegsrate 318
–, Tremolit 50 –, Gasdichte 630 Auftausalz 100
–, Zement 176 –, frühe Erde 44, 393 Augit 162, 163f, 232f, 236ff, 471, 538, 540,
Asbestose 50, 169 –, Planeten 571, 574, 582f, 585ff 562
Asbolan 378 Atmosphären-gebundene Exosphäre 569 –, basaltischer 38, 163f
Asche, vulkanische 57, 63, 177, 215, 251, atmosphärisches CO2 613 –, diopsidischer 227f, 235, 237, 299, 643
376 Atoll 402 –, Gefüge, ophitisches 289
Aschenfall 248 Atom –, gemeiner 164
Aschenstrom 249f –, diamagnetisches 18 –, hedenbergitischer 300
Aschentuff 250f –, paramagnetisches 18 –, in Achondriten 558f
Aschenwolke 247, 249 Atombindung (homöopolare Bindung, –, lunarer 539
ASI (Aluminium-Sättigungs-Index) 313 kovalente Bindung) 13, 16, 83, 596 Augitdiorit 225
Assimilation 273, 279, 306, 540, 576, 595, Atombombe 359 Augitgranit 224
603, 606, 610 Atomgewicht 610 Augitnorit 328
–, Erdmond 540 Atomkern 13, 17, 610, 617, 622, 625 Auripigment 94, 95
Assimilation + Fractional Crystallization- Atomradius 70, 639 Aurosmirid 74
Prozess (AFC-Prozess) 280, 539f, 606, Atomreaktor 75, 157 Ausblühung 100, 125, 132, 374
616 Atomrümpfe 13 Ausbreitungsrichtung, Erdbebenwellen 516
Asterismus 40 Atons (erdnahe Asteroiden) 581 Ausbruch, phreatomagmatischer 247
650 Index
base surge (engl., siehe auch Schockwellen) Berggold 72, 391 Bimstuff 252
249f Bergkristall 3, 34, 183f Bindemittel
Basen-Austauscher 201 Bergsturz 383 –, hydraulisches 119
basinal brines (engl., siehe auch Forma- Bergwerk 515 –, in Sandsteinen 387f
tionswässer) 366 –, Aufschluss 55 –, kieseliges 371, 387
Basis-Brekzie 243 Bernstein 33, 39 –, nichthydraulisches 119
basisch 381 Berührungsparagenese 446, 496 –, tonig-eisenschüssiges 388f
–, Eh-pH-Diagramm 381 Beryll 7, 156, 339f, 458f –, toniges 371
–, Schlackenführung 124 –, Edelstein 40 Bindeton 376
basisflächenzentriert 9 –, Einkristall-Aufnahme 11 Bindstone 400
Basissandstein 396 –, gemeiner 156f Bindung
Bastit 176 –, Katzenauge, Chatoyieren 40 –, chemische 12ff
Bastnäsit 7, 138, 331f –, Kristall 156 –, heteropolare (siehe auch Ionen-
Batholith 217, 260, 306 –, Kristallstruktur 157 bindung) 13, 83, 596
Batterie 138 –, LCT-Familie 340 –, homöopolare (siehe auch Atom-
Bauelement 76, 125, 138 –, Lichtbrechung 40 bindung) 13, 83, 103, 144, 596, 598
Baueritisierung 374 –, Pegmatit 340 –, kovalente 13, 596
Baugewerbe 39, 178 –, roter 41 –, Metall-, metallische 13, 83, 596
Baumaterial, hochfeuerfestes 120 –, Synthese 42 –, sp3-Hybrid- 13, 144, 596
Baumstamm, versteinerter 185 –, Tracht 157 –, Van-der-Waals- 14, 75, 81, 83, 91, 95,
Bausteine, planetarische 633f Beryllium Be 64, 339, 458, 624f 113, 129, 170, 175, 634
Baustoffe, Baustoffindustrie 53, 91, 124, 134, –, Entstehung von 8Be 624 Bindungscharakter 12, 15, 99, 596
187, 414 –, Isotop, kurzlebiges 10Be 633 Bindungsstärke 14
Bauteile, technische 138 –, Häufigkeit, solare 625 Binghamsche Flüssigkeit 269
Bauwürdigkeit 63, 603 Berylliumbronze 157 Binokularmikroskop 33, 386
Bauwürdigkeitsgrenze 63 Berylliumglas 157 Bio-Apatit 46ff
Bauxit 114, 375ff Berylliummineral 157 –, Nanokristall 47
–, Bildung 375 Beryllium-Pegmatit 339 biochemisch 46, 384, 397, 399, 401, 596
–, Einteilung 377 Bestrahlung 100, 184, 623 Biodurabilität 49f, 169, 176
–, Färbung 377 Beton, Verwitterung 371 Biofilm 43
–, Metallanreicherung 378 Betonzuschlag 178 biogen 42f, 409
–, Minerale 377 Beugungsexperiment 10 Bioklasten 399
Bavenoer Zwilling, (Zwillings-)Gesetz 194ff Beugungswinkel (Glanzwinkel) 11 Biolithit 399
β -Boracit 7 Bewegung, tektonische 262, 543 Biomasse 79, 613
Becke’sche Lichtlinie 21 –, Erdmond 543 Biomatte 43
Becken, abflussloses 373 B-Horizont 375 Biomikrit 399, 403
Bediasite 563 Biegegleitfalte 447 Biomineral 44f
Bedingungen Biegung 447 –, skelett-bildendes 45
–, euxinische 406 BIF (engl. banded iron formation, siehe Biomineralisation 42ff
–, reduzierende 367 auch Eisenformation, gebänderte) 406 –, Eierschalen 45
–, untersättigte 406 Big Bang (engl., siehe auch Urknall) 624, –, pathologische 48
Beerbachit (Odenwald) 438 631 Bio-Oomikrit 399
Beidellit 177 Bikarbonat, marines 613 Bio-Oosparit 403
Belastungsdruck 62, 422, 466 Bilbaoerz 353 Bio-Pelmikrit 403
–, hydrostatischer 422 Bildung Biosparit 399, 401ff, 405
–, Tiefenbeziehung 422 –, epithermale 346 Biotit 36, 56f, 172, 173, 226f, 230ff, 238f,
Belastungsmarke 396, 445 –, hochhydrothermale 459 438ff, 446, 458, 470, 482f, 491, 494f, 498ff,
Belemnitella americana, Isotopen-Standard –, hydrothermale, räumlicher 605, 616, 622f
611 Zusammenhang 346 –, A'KF-, Diagramm 491f, 500
Belemniten 445, 611 –, Mischkristall- 14 –, AFM-Projektion 493f
Beleuchtungsapertur 21, 26 –, plutonische 346 –, Anteil an Erdkruste 37
Belt-Apparatur 42 –, Sediment 383 –, Chloritisierung 419
Benioff-Zone 528 –, subvulkanische 346 –, Datierung 616ff, 622
–, Kräfteplan 528 –, telethermale 346 –, Dehydratations-Schmelzen 320, 455
Benitoid 7, 41 –, vulkanische 346 –, Eigenfarbe 27, 173
Bentonit 66, 177, 252, 376 Bildungsalter 620f –, Formelberechnung 641
–, Lagerstätte 376 Bildungsenthalpie H 481, 596 –, im Restit 453f
Benzol C6H6 587 Bildungstemperatur 211, 611 –, Löslichkeit 373
Berechnung, thermodynamische 469 Billitonite 563 –, TiO2-Gehalt 491
Bereich, überkritischer 423 bimodaler Vulkanismus 7, 358 Biotit-Chloritoid-Zone 434
Bergbau Bims 58, 251 Biotitgabbro 227
–, Mineralogie 52 Bimsasche 251 Biotitgneis 521
–, sächsischer 354 Bimslapilli 249, 251 Biotit-Hornblende-Gabbro 227
–, Stockwerkhöhe 344 Bimsstein 229, 251 Biotitisierung 459
Bergbauhalde, toxische Minerale 50 Bimstephra 249 Biotitsaum 458
652 Index
Farbe 33 Feldspat 56f, 64, 189ff, 389f, 447, 451 Ferroholmquistit 167
–, Anisotropie 40 –, Barium- 190 Ferrohornblende 167
–, Edelstein 40 –, Deformation 451 Ferrohypersthen 162
–, Farbstoff 50, 88, 93, 106, 111, 125, 165, –, Eigenfarbe 27 Ferrokaersutit 167
171, 177, 200 –, Eigenschaften 193 Ferrokarbonatit 237
Farbindex 631 –, Element, inkompatibles 335 Ferrokarpholith 421, 436
Faserserpentin (siehe auch Chrysotil) 175 –, Entmischungsvorgang 192 Ferromangan 112
Faserzeolith 201f –, Europium-Anreicherung 605 Ferropargasit 168
Fassait 557 –, in Meteoriten 552 Ferroplatin, ged. (elementares) 74, 330
–, in Meteoriten 552 –, Kristallmorphologie 193 Ferrorichterit 167, 457
Faujasit 204 –, Kristallstruktur 189ff Ferrosalit 162f
Faujasit-Käfig 201 –, Mischkristallbildung 191 Ferrosilit 162
Fayalit 14, 32, 145f, 277, 296, 480f, 532, 555, –, Ordnungs-Unordnungs-Vorgänge 15 –, in Meteoriten 552
558 –, Phasenbeziehungen 189 Ferrotitan 109
–, in Meteoriten 552 –, Strukturzustand 191 Ferrotschermakit 168
–, Schmelzpunkt 295 –, Umwandlung in Topas 347 Ferrowinchit 167
–, System, Forsterit–Fayalit 295f –, Verformung 451 Ferrozirkon 148
Fayalit-Komponente 555 –, Verwitterung 373, 374 Ferrromagnetismus 19, 106
Fayalit-Magnetit+Quarz-Puffer 480f Feldspatersatz 199 ferruginous chert (engl., siehe auch
Fayence 177 Feldspat-Familie 189ff Hornstein, eisenschüssiger) 363
Fazies Feldspat-Glas 558 Feruvit 160
–, metamorphe Feldspatoide 190, 198ff FeS 405f
–, ACF-, A'KF-Diagramme 500 –, zur Gesteinsklassifikation 217 –, Stabilitätsfeld 405
–, Definition 489 Feldspat-Pegmatit 339 FeS2 405f
–, Übersicht 498 Feldspat-System, Mischkristallbildung 189 –, Stabilitätsfeld 405
–, sedimentäre 396 Feldspatvertreter (siehe Feldspatoide) 198 Fe-Silikat 405f
Faziesprinzip 495 Fels (Granofels) 441 –, Eh-pH-Diagramm 405
–, Begründung 495 Felsit 219, 351, 539 –, Stabilitätsfeld 405
–, Gleichgewicht, thermodynamisches 496 –, lunarer 539 Festeinschluss 208
Faziesserie 497 Felsnadel 246 Festgestein 57
–, Hochdruck- 497, 505 Fe-Mg-Karpholith 506 Festkörper-Diffusion 562
–, metamorphe 497 Fe-Mg-Olivin 633 Festkörperphysik 52
–, P-T-Diagramm 496 Femische Gruppe, CIPW-Norm 222 Festsubstanz, organische 56
–, Mitteldruck- 497 Fe-Ni-Legierungen 547, 561ff FETI (High-Ti-Gruppe) 540
–, Niederdruck- 497 Fe-Ni-Metall 631f Fe-Ti-Oxid
Fazieswechsel in Erzgängen Fe,Ni-Schmelze 560 –, Erz 327
–, lateraler 354 Fenitisierung 200, 457f –, Lagerstätte 327
–, vertikaler 354 Fennoscandia 520 –, Anorthosit-Massive 328
FD (Flächendiagonale des Würfels) 7 Fennoskandischer Schild, Migmatit 453 –, Layered Intrusions 327
Fe(OH)3 405 Fenstergefüge 399 –, Typen 327
Fe2+-Ion, Transport 406 Fensterquarz 185 Feuer (Farbenspiel) 40
Fe2O3 405f Fe-Oxid-Cu-Au-Lagerstätten (engl. Iron Feuerball 548, 550
–, Stabilitätsfeld 405 Oxide Copper Gold deposits, IOCG) 365, feuerfest 53, 106, 120, 146, 148, 151, 171
Fe3+-Oxid-Hydrosol 405 458 Feuerfestindustrie 124, 187, 353
Fe7C3, Mars-Kern 578 Ferberit 136 Feueropal 189
Fe-Chlorit 481 Fergusonit 340 Feuerstein 186, 403
FeCl+ 365 Fermi-Kante 17 Fe-Zahl 313
FeCl3 253, 266 Ferricrete 376 –, Granit 313
Fe-Cordierit 481 ferrimagnetisch 19 Fibrille 46
FeH, Mars-Kern 578 Ferritspinell 105 Fibrolith 150, 467
[Fe / H]-Wert 625 Ferritschermakit 167 Fichtelit 32
–, Stern 625 Ferroaktinolith 166 Filterpressung 263, 277, 315, 324
Fe-Hydroxid 405f Ferroan Anorthosite Suite (FAN-Suite) 538 Filterstoff 376
–, Eh-pH-Diagramm 405 –, Erdmond 538 Filtriermaterial 409
Feinkeramik 171 ferroan anorthosite (engl., siehe auch Fisch
Feinkies 384 anorthositischer Gabbro) 538 –, Biomineralisation 44
Feinsand 384 Ferroanthophyllit 166 –, Permineralisation, sekundäre 46
Feinschluff 384 Ferrobarroisit 167 Fischer-Tropsch-Synthese 632
Feinstaub-Problematik 49 Ferrobasalt 306 Fixstern 598
Feinstruktur 11 Ferrochrom 106 Fläche, tautozonale 8
Feinton 384 Ferroeckermanit 167 Flächendiagonale des Würfels (FD) 7
Feld Ferroedenit 168 Flächenlage, Kennzeichnung 8
–, divariantes, trivariantes, quadri- Ferrogabbro 296 Flächenstreifung 33
variantes in Pseudoschnitten 482 Ferrogedrit 166 Fladenlava 243
–, geothermisches 254, 432, 498 Ferroglaukophan 169 Flädle (Glasbombe) 431
Sachindex 663
–, Bauwürdigkeitsgrenze 63 GRAIL (Gravity Recovery and Interior Granit, Granitoid 36, 56ff, 61f, 196ff, 213,
–, Clarke 602 Laboratory) 537 215, 218f, 224f, 234, 258ff, 275ff, 311ff,
–, Dominion Reef 393 GRAIL-Barometer 483 335ff, 346ff, 365, 418ff, 435ff, 441ff, 452ff,
–, Erz 64, 92, 379 grain boundary 458, 491, 503f, 520f, 528, 600, 607ff, 612f,
–, Abfolge, subvulkanische 355f –, area reduction 451 617ff
–, Förderung 72 –, sliding 452, 464 –, ACF-, A'KF-Diagramm 491
–, ged. (elementares) 28, 69, 71f, 93, 330, Grainstone 400, 403 –, aktiver Kontinentalränder 609f
354f, 391, 393 Granat 7, 39, 56f, 79, 148f, 164, 208, 235, –, Albitisierung 458
–, Amalgamierung 72 239, 275, 303ff, 312, 321, 351, 390, –, alkali-calcischer 313
–, Ausscheidung 380 393f, 419f, 426ff, 433ff, 438ff, 446f, –, alkalischer 313
–, Erzmineral 72, 92 452ff, 457, 464, 486ff, 491ff, 495, 499ff, –, A-Typ (anorogenic source rock) 313,
–, Nugget 72, 378 504, 507ff, 522ff, 530f, 578, 604ff, 619, 339, 458
–, Gewinnung 72 639ff –, peralkaliner 340
–, Konzentrations-Clarke 602 –, ACF-, A'KF-Diagramm 491, 500 –, calcischer 313
–, Kristall –, Almandin-betonter, -reicher 480, –, Dichte 516
–, Lagerstätte, epithermale 355 499ff, 504 –, Diskrimination 610
–, Legierung 14 –, Andradit-reicher 499 –, Einteilung 224
–, Lösung 391 –, Asterismus 40 –, genetische 312
–, Mischkristall 14 –, böhmischer 149 –, Erdmond 540
–, Mobilisierung 355 –, Chloritisierung 419 –, ferroan 313
–, Nugget 72, 378 –, Datierung 486f –, Gefüge 36, 224
–, Reflexionsvermögen 72 –, Dominion Reef 393 –, hypidiomorph-körniges 224
–, Seife 65f, 72, 391 –, Einbau von Y und Yb 607 –, porphyrartiges 224
–, fossile 391 –, Flächenkombination 148 –, Häufigkeit 213
–, Witwatersrand 72 –, Flüssigkeits-Einschlüsse 208 –, Herkunft 311
–, Transport 354 –, Formelberechnung 640 –, Isotopen-Geochemie 312
–, und Gold-Silber-Lagerstätten 72, 355f –, fragmentierter 449 –, I-Typ (igneous source rocks) 312, 528
–, epithermale 355f –, Großkristall 419 –, kalkalkalischer 313
–, subvulkanische 355, 460 –, Grossular-Andradit-(reicher) 351, –, Klassifikation, geochemische 312f
–, unsichtbares 354 499f –, Kristallisation 293
–, vererztes 355 –, HREE-Anreicherung 605 –, lunarer 539
Goldberyll 157 –, im Restit 453 –, ACF-Diagramm 491
Gold-Event 393 –, in Framesit 79 –, magmatischer Abkunft 316
Gold-Quarz-Gänge, orogene 354f –, Aufschmelzen 307 –, magnesian 313
–, Mineralinhalt 354 –, Lichtbrechung 21 –, metaluminoser 312f
–, Teufenbereich 354 –, Majorit 530f –, Metamorphose 62
Goldselenide 355 –, MnO-Gehalt 495 –, Mineralbestand 224
Gold-Silber-Legierung 14 –, Porphyroblast 419, 449f –, Modalbestand 224
Gold-Silber-Telluride 354 –, Wachstum 449 –, M-Typ (mantle source rock) 313
–, Struktur 14 –, Pyrop-Almandin-reicher 503 –, O- und S-Isotopie 612
Goldtelluride 355 –, Pyrop-reicher 307, 443, 526, 530 –, pegmatitischer, Entstehung 337
Goldtopas 184 –, Seltenerd-Elemente 606 –, peralkaliner 312f, 340
Gondit 408 –, Spessartin-reicher 499 –, peraluminoser 312f
Gondwana 259 –, Wachstum 449 –, Phasenbeziehungen 314
Gorceixit 79 –, Dauer 619 –, posttektonischer 609
Goshenit 157 –, syntektonisches 449 –, Radon 51
Gossan (engl., siehe auch Eiserner Hut) 379 –, Zonarbau 464 –, REE-Muster 607
Goyacit 79 Granat-Gesamtgesteins-Isochrone 619 –, Soliduskurve 315ff, 320, 475
Grabenzone, intrakontinentale 237 Granat-Glaukophanit 440f, 507 –, H2O-gesättigte 315ff
graded bedding (engl., siehe auch Granat-Glimmerschiefer 449, 507 –, Solidustemperatur 321
Schichtung, gradierte ) 385 Granat-Granulit 523 –, S-Typ (sedimentary source rocks)
Gradient Granat-Gruppe 7, 145, 148 312, 455
–, chemischer 276 –, Pyralspit-Reihe 148 –, syntektonischer 609f
–, geothermischer (siehe auch Geotherm) –, Ugrandit-Reihe 148 –, Kollisions- (syn-COLG) 312
307f, 354, 432, 434f, 436, 438, 485f, 497, Granatit 531 –, Verwitterungsbildung 376
501, 505, 509f, 515, 522ff, 528, 610 Granatitschicht 531 –, vulkanischer (Insel-)Bögen (engl.
–, Archaikum 309, 331 Granat-Lherzolith 524ff, 607 Volcanic Arc Granites, VAG) 609f
–, phanerozoischer 233 –, Aufschmelzen 307 –, Wollsack-Verwitterung 60
–, proterozoischer 233 –, Xenolith 524 –, Zusammensetzung 56
–, stabiler 484 Granatperidotit 227, 239, 446, 525 –, chemische 220
–, subkontinentaler 80 Granat-Pyrolit 526f Granitgenese 314
–, übernormaler 528 –, Stabilitätsfeld 525, 527 –, Experimente 313
–, unternormaler 531f Granat-Pyroxenit 524 Granitgneis 418, 441, 458
–, Geschwindigkeit der Erdbebenwellen Granat-Quarzit, Coesit-führender 509 Granit-Intrusion 618
dvP / dz, dvS / dz 518, 530, 532f Granatzone 433 Granit-Lakkolith 520
668 Index
Granit-Magma 276, 312, 456 Grauwacke 389, 390 Grünschieferfazies 496, 498ff
–, Aufstieg 276 –, ACF-, A'KF-Diagramm 491 –, ACF-Diagramm 500
–, Ausgangsgesteine 312 –, feldspatarme 390 –, Temperaturgrenze, obere 499
–, Bildung 275, 456 –, feldspatreiche 390 –, Phasenbeziehungen 498
–, Einteilung, genetische 312 –, Metamorphose 62 –, Subfazies 499
Granitmassiv, westerzgebirgisches, –, Mineralbestand 56 –, Temperaturgrenze 499
Kontaktaureole 424 –, unreine 390 Grünschieferzone, Erbendorfer 521
Granit-Pegmatit 160, 335, 338ff Gravitation 567f, 589, 634ff Grünschlick, hemipelagischer 396
–, Hauptgemengteile 338 Gravitationsenergie, potentielle 635f Grünstein 231
–, Klassifikation, geochemische 340 Gravitationskraft 574, 579f, 630, 634 Grünstein-Gürtel 233, 331, 436
–, Turmalin 160 Gravity Recovery 537 –, archaischer 355
Granitpluton 58, 225, 259f, 262, 425, 456f, Great Oxidation Event (engl., Großes Gruppensilikate 35, 143f, 153ff
504, 520 Oxidations-Ereignis, GOE) 44, 393 γ -Strahlung 50
–, Bildung 318 Greenalith 176 Guano 140, 410
–, Harz 260 Greenockit 7 –, Lagerstätte 66, 410
–, Intrusionstiefe 318 greenschist (engl., siehe auch Grünschiefer) Gwindel 185
–, varistischer 259 443
Granitporphyr 219 greenstone (engl., siehe auch Grünstein) 443 H
Granitsystem greenstone belt (engl., siehe auch Grünstein-
–, natürliches 320 Gürtel) 233, 331, 436 H2CO3 (Kohlensäure) 400
–, metaaluminoses 320 Greigit 92, 106 H2O (siehe Wasser)
–, peraluminoses 320 Greisen 211, 347f H2O-Eis (siehe Wassereis)
–, Phasenbeziehungen 313 –, Bildung 347 H2O2 (Wasserstoffperoxid) 586
–, Solidustemperatur 320 Grenzflächenwelle 517 H2S (Schwefelwasserstoff) 252ff, 266, 345,
Granodiorit 61, 224, 226f, 458f, 520, 528, Griffelschiefer 438 352, 571, 583
601 GRIPS-Barometer 483 –, vulkanisches, S-Isotopie 612
–, ACF-, A'KF-Diagramm 491 Grobkies 384 H2SO3 (schwefelige Säure) 254
–, Häufigkeit 213 Grobsand 384 H3BO3 (Borsäure) 252, 254f, 266, 344
–, Metamorphose 62 Grobschluff 384 Habitus 4, 33
–, Mineralbestand 56, 224 Grobton 490 Hadean 455, 636
–, Phasenbeziehungen 314 Großes Oxidations-Ereignis (Great Hafnium Hf 148, 339
–, Soliduskurve 320 Oxidation Event, GOE) 43f, 393 –, Erz 64
–, Zusammensetzung, chemische 220 Großforaminiferen 44 Hafnium-Wolfram-(182Hf-182W-)Alter,
Granodioritpluton 520 Grossit 552 -Methode 622, 633f
Granodiorit-Porphyr 349 Grossular 148f, 163, 351, 457, 483, 492f, 499f, Halbhydrat 133f
Granofels (Fels) 441 504, 507, 523, 530, 532 Halbleiter 17f, 41f, 76, 91, 95, 110, 187
Granophyr 216, 219, 263, 296, 328f –, ACF-Diagramm 491f, 500 –, Bändermodell 17
Granulit 151, 432, 438f, 442, 447, 466, 476, Grossular-Andradit-Granat 351, 442ff, 457, –, hochreine, Züchtung 42
508, 520f 500 –, Zone, verbotene 17
–, dunkler 62, 442 Grubenwasser, toxische Minerale 50 Halbleiter-Kristall 41
–, heller 62, 442, 503 Grünalgen (Chlorophyceen) 44 Halbmetalle (siehe auch Metalloide) 75
–, Hochdruck- 502f –, Aragonit 44 halbmetallisch 27
–, i. e. S. 442 Grundgebirge 62, 113, 367, 458, 502 Halbwertsbreite 398
–, Kyanit-führender 476 –, kristallines 61f, 113, 367, 458 Halbwertszeit 595, 615f, 619ff, 633
–, mafischer 275 –, mitteleuropäisches, Granitpluton 225 Halden des Bergbaus 50
–, Niederdruck- 503 –, präkambrisches 502 half life (engl., siehe auch Halbwertszeit) 615
Granulitfazies 496, 502ff Grundgewebe 57, 446 Halit (Steinsalz) 7, 16, 99, 100, 129, 131, 410,
–, ACF-Diagramm 500 Grundmasse (Matrix) 57, 216, 541 412, 575, 585
–, Subfazies 503 –, feinkristalline 230ff, 236f, 238f –, als Ionenkristall 13
Graphen 75 –, filzige 216 –, Anisotropie 16
Graphit 7, 69, 75f, 421, 464, 480, 525, 530, –, glasige 57, 216, 220, 229f, 237, 541 –, Ausblühung 374
561, 632f –, granulare 216 –, Bedeutung 414
–, in Meteoriten 552, 557, 561 –, hyaline 56, 216, 229, 233 –, Brechungsindex 21
–, Polymorphie 15 –, hypokristalline 216, 236f –, Elektronendichte-Verteilung 12
–, Reflexionspleochroismus 28 –, kryptokristalline 216 –, Härte 16
–, Schichtstruktur 14f, 75, 77 –, Mond 541 –, Löslichkeit 373
–, Stabilität 80 Grundwasser 189, 247, 378f, 575 –, Mars 575
Graphitquarzit 442 –, Eruption, plinianische 249 –, Röntgen-Pulveraufnahme 12
Graphitschiefer 367 –, Fe-Gehalt 405 –, Spaltbarkeit 16
Graptolithenschiefer 397 –, Minerale, toxische 50 –, Struktur 13f, 100
Gras, Opal 45 Grundwasserhorizont, -spiegel 189, 380, 575 Halitit 412
Gräte 46 Grüner Mainsandstein, Keuper 389 Halloysit 172, 177, 374
Gratonit 6 Grunerit 50, 167, 420 –, Ausfällung 375
Grau, 1. Ordnung 25f Grünsandstein, Anröchter 389 –, Neubildung, Klimaabhänigkeit 375
Graupe 111 Grünschiefer 39, 62, 175, 443, 498, 520, 600 –, pathologischer 50
Sachindex 669
holomelanokrat 217, 227, 233, 642 hyalin 56 ICP, ICP-MS (induktiv gekoppelte Plasma-
Holothuroidea 45 Hyalit (Opal-AN) 188f (Massen-)spektrometrie) 211, 621
Holzopal 189 Hyalo-Andesit 229 Iddingsit 236ff
Holz-Zinn 111, 358 Hyaloklastit (Glasbruch) 244, 508 idiomorph 36, 56, 446
Homogenisierung, nebulitische 453 Hyalomylonit 428 IDPs (engl. Interplanetary Dust Particles,
Homogenisierungstemperatur 210 Hyalo-Nephelinbasanit 236f interplanetarische Staubteilchen) 548, 632f
Homogenität 3 Hyalophan 190 Igmerald 157
–, chemische 32 Hyazinth 148 igneous layering (engl., siehe auch
–, mechanische 32 Hybrid-Bindung 144 Schichtung, magmatische) 260
–, statistische 58 Hybrid-Material 178 igneous rocks (engl., siehe auch Gesteine,
Honigblende 87 Hybrid-Orbitale 13 magmatische) 215
Horizontalbänderung 186 Hydrargillit (siehe auch Gibbsit) 103, 113f, Ignimbrit 177, 215, 249, 252, 376
Hornblende 168f, 226f, 301, 420, 430, 443, 375 Ijolith 235, 237, 457, 643
455, 486f, 495, 499f, 502, 504, 605f, 642 Hydratisierungsreaktion 419, 471 Illit 172, 174, 374f, 385
–, ACF-Diagramm 491, 500 hydraulic fracturing (engl., siehe auch –, Halbwertsbreite 398
–, basaltische 168, 230ff Zerbrechen, hydraulisches ) 349, 423 –, Neubildung 374
–, Datierung 486f Hydrocancrinit 200 Illit-Kristallinität 174, 398, 421
–, Dehydratationsschmelzen 320, 455 Hydrogenkarbonat HCO3– 337, 401 Ilmenit 6, 64, 103, 109, 163, 222, 323f, 327f,
–, gemeine 168 Hydroglimmer 374 393, 479f, 483, 490, 494, 530, 539, 541, 544,
–, im Restit 453 Hydroglimmer-Gruppe 172, 174 557, 605
–, Plagioklas-Gneis 441, 443, 455 Hydromuscovit (siehe auch Illit) 174 –, Anteil an Erdkruste 37
–, Seltenerd-Elemente 606 Hydrophan 189 –, CIPW-Norm 222
Hornblendefels 443 hydrophob 171 –, Erzlagerstätten 323
Hornblendegabbro 227 Hydrosilikat 632 –, Kristallstruktur 107
Hornblendegranit 224 Hydrosphäre 611 –, lunarer 539, 544
Hornblende-Hornfels-Fazies 494, 497, 504 Hydrothermal-Aktivität 360ff –, Néel-Punkt 19
–, ACF-Diagramm 500 –, rezente 363 –, Seife 65, 391
Hornblendeperidotit 227 –, schichtgebundene 365 –, zur Gesteinsklassifikation 217
Hornblendeschiefer 443 –, vulkanische 346 Ilmenit-Lamellen 106
Hornblendit 218 Hydrothermal-Autoklav 467, 523, 530 Ilmenitsand 109
Hornfels 444, 447, 457, 464, 492 Hydrothermal-Experiment 267, 281, 453f, IMA (International Mineralogical
–, Hornblende- 444 472 Association) 162
–, i. e. S. 444 Hydrothermal-Kaolin 376 Immersions-Methode 21
–, Kalksilikat- 444 Hydrothermal-Lagerstätten 343ff, 346 Immersions-Objektiv 28
–, metapelitischer 444, 494 –, vulkanische 346 Immersionsöl 28
–, ultramafischer 444 Hydrothermal-Synthese 42, 108f Immobilisierung von radioaktivem Cäsium
Hornfelsfazies 504 –, Quarz 187 112
Hornfels-Klasse 504 Hydrothermal-System, aktives 614f Impakt 245, 429ff, 539, 541, 545, 549f, 563,
–, ACF-Diagramm 492 –, S-Isotope 614f 572, 574ff, 578, 580, 586ff, 634ff
Hornstein 186, 404, 406 Hydrotherme 64, 362 –, Einwirkung 538
–, eisenschüssiger 363f –, tieftemperierte 359 –, Ereignis 541, 550, 554, 557ff
Horsetail-Struktur 356 Hydroxide 35, 103ff, 113 –, Mond 541
hot lahar (siehe auch Schlammstom, Hydroxy-Feruvit 160 –, Experiment 542
heißer) 249 Hydroxylapatit 46, 48, 139 –, Mond 542
Hot Spot 241f, 306, 326, 531, 533, 585, 602 Hydroxylgruppe 113, 270 Impakt-Becken 574, 576
–, Ursache 531, 533 hypersalin 337, 357 Impakt-Breccie 431, 541, 557, 559f
–, Vulkanismus 242, 533 Hypersolvus-Granit 293, 314 –, lunare 541
Howardit (Achondrit) 551, 557, 559 Hypersolvus-Syenit 293 –, polymikte 541
Howieit 420 Hypersthen 145, 161ff, 222, 492, 557, 559 Impakt-Krater, Meteoriten-Krater 429ff,
HREE (schwere Seltenerd-Elemente) 598, –, ACF-Diagramm 492 541, 544f, 549f, 558, 563, 574ff, 580, 584,
605ff –, CIPW-Norm 222 586, 629, 635
HS– 404 Hypersthen-Chondrit (siehe auch Impakt-Metamorphose (siehe auch
HS–-Aktivität 405f Chondrit) 162 Schockwellen-Metamorphose) 429ff
HS–-Ion 404f hypidiomorph 56 Impaktschmelz-Breccie 541
Hubble-Weltraum-Teleskop 582ff, 589, 591f hypokristallin 56 Impaktschmelze 541, 570, 572, 574
Hübnerit 136 –, Mars 574
Hügelstrukturen, karbonatische 401 I Impakt-Strukturen, Meteoriten-Krater
Hülle, Pyrit-, Pyrit-arme in Porphyry- –, Erde 549f
Copper-Vererzung 349 IAB (engl. Island Arc Basalt, Inselbogen- –, Acraman (Australien) 549
Huminsäure 373 Basalt) –, Chicxulub (Halbinsel Yucatán,
Humussäure 391 –, kalkalkaliner 607f Mexico) 549
Hut, Eiserner 114, 379 –, K-reicher 607f –, Keurusselkä (Finnland), Alter 549
Hüttenindustrie 119 IAT (Island Arc Tholeiite, Inselbogen- –, Manicouagan (Quebec, Kanada) 549
Huttenlocher-Verwachsung 198 Tholeiit) 306, 608f –, Nördlinger Ries (Deutschland)
Hüttenspat 102 Ichthiophalm 179 427ff, 549, 564
Sachindex 671
Lagrange-Punkt 579 Laugentümpel 363, 365 Legierungsmetall 75, 86, 90f, 93, 148
Lagune 402f –, geschichteter 363 Leichtbauplatten 353
Lahar (Schlammstrom) 250 Laumontit 190, 201, 203, 432, 437, 473, 498 Leichtmetall 157, 174, 339
LA-ICP-MS (Laserablations-ICP-MS) 212, –, ACF-Diagramm 491 Leichtmetall-Erz 64
348, 486, 621f –, Druckstabilität 474 Leiter, metallischer 17
Lakkolith 259, 520 –, Entwässerungsreaktion 474 –, Bändermodell 17
Lambdasonde 148 Laurelit 7 –, Fermi-Kante 17
Lamellen, perthitische 193 Laurentia 520 Leitfähigkeit
Lamination 43 Laurit 330 –, elekrische 3, 17
Lamproit 237, 239, 525, 527 Lava 181, 215, 231f, 241, 243ff, 265ff, 278, –, n-Leitung 17
–, Diamantführung 239 286, 299, 306, 331, 349f, 360, 364, 460, 540, –, p-Leitung 17
Lamproit-Magma 525 545, 557f, 571ff, 576f, 585, 588 –, hydraulische 345
Lamprophyre 216, 220 –, Aa- 243 –, Wärme- 3, 16f, 77, 427, 436
–, Alkali- 220 –, Förderung 215, 241 Leitfossil 46
–, Kalkalkali- 220 –, effusive 215, 243f Leitungsband 17
–, Klassifikation, mineralogische 220 –, extrusive 215, 246 Leonit 413
Landwirtschaft 90 –, Pahoehoe 243 Lepidokrokit 103, 114, 115
–, Einsatz von Quecksilber 90 –, silikatische 585 Lepidolith, LCT-Familie 172f, 339f, 347
Langbeinit 7 –, Temperaturmessungen 267 Lepidomelan 173
Längspluton 260 –, Viskosität 246, 268 Lernschema, Magmatite 642
Lanthan La, Erz 64 Lavablock 251 Letternmetall 91
Lanthaniden 598 Lavadecke 244 Leuchtkraft 631
–, Erz 64 Lavadom 246, 572 Leuchtstoff 138
Lapilli 251 Lavafetzen 247f Leuchtturm des Pazifik 241
Lapis lazuli 200 Lavafontäne 247, 540 Leucit 190, 199, 222, 236ff, 290, 293
Laramische Orogenese 357 Lavanadel 246 –, CIPW-Norm 222
Large Igneous Province (engl., große –, Montagne Pelée 246 –, Erhaltung, metastabile 293, 295
magmatische Provinz, LIP) 245, 538 Lavasee 245, 278, 585 –, Fraktionierung 291
Large Ionic Lithophile Elements (engl., –, Hawaii –, Löslichkeit 373
siehe auch Elemente, großionige –, Halemaumau 245, 267 –, System Leucit–SiO2 290f
lithophile, LIL-Elemente) 307, 597f –, Kilauea Iki 278 –, zur Gesteinsklassifikation 217
Larnit 505 –, Jupiter-Mond Io 585 Leucitbasalt 572
Larvikit 234, 643 Lavastrom 243ff, 252, 540, 557f Leucitbasanit 223, 274, 643
Laser 108, 211, 486, 621 –, Länge 106, 243, 571ff, 576f Leucit-Nosean-Phonolith 236f
Laserablation 621 –, Erdmond 540 Leucitit 237, 274, 643
Laserablations-ICP-MS (LA-ICP-MS) 212, –, Mars 576f –, tephritischer 238f
348, 486, 621f –, Venus 571f Leucitkristalle 278
Laser-Altimeter-Karten, Mond 538 Lavatunnel 572 Leucitphonolith 235, 291, 643
Laser-Kristall 41 Lavavorhang 245 Leucittephrit 223, 274, 643
Lasermikroanalyse 211 Lavavulkan 244, 252 Leukogabbro 219
Lasermikrosonde 603 Lavawurftätigkeit 248 Leukogranit 147, 456
Laser-Retroreflektor 537 Lawrencit 552, 561 leukokrat 217, 224, 227, 234f
Lasurit 200 Lawsonit 154, 169, 420f, 436f, 441, 443, 474, Leukosaphir 107
Lateralsekretion 122, 346, 358, 360 498, 506ff, 532 Leukosom 453ff
Laterit 114, 377f –, ACF-Diagramm 491 LFS-Elemente (engl. Low Field Strength
–, Fe-, Mn-, Co-reicher 377 –, Stabilitätsgrenze 474, 508 Elements (LFS), Elemente geringer
–, Ni-, Co-reicher 378 Lawsonit-Blauschieferfazies 506f Feldstärke) 597f
–, Schwermetallanreicherung 378 Layered Intrusion (engl., siehe auch Lherzolith 219, 227, 305, 307, 309, 519,
Laterit-Bauxit 377 Intrusion, schichtige) 59, 227, 260ff, 296, 526ff
Laterit-Boden, Bildung 375 300, 313, 324, 326ff Li-Amphibol 167
Laterit-Eisenerz 377 –, Kumulatgefüge 263, 278 Lias 46
„Late Veneer“ (engl., siehe „spätes Furnier“) Layering, magmatisches 419 Licht 20
635f L-Chondrit (siehe auch Olivin-Hypersthen- –, Absorption 26
Latit 219, 229, 237, 246 Chondrit) 555 –, Amplitude 20, 26
–, foidführender 219 LCROSS (Lunar Crater Observation and –, elliptisch polarisiertes 28
lattice preferred orientation (engl., siehe Sensing Satellite) 537, 542 –, Fortpflanzung
auch Gitterregelung, Regelung nach der LCT-Familie (Pegmatite) 340 –, homogene 27
Kristallstruktur) 448 LD-Verfahren 120, 124 –, inhomogene 27
Laue-Aufnahme, -Diagramm, -Methode 11 Lebererz 90 –, Frequenz 20
Laufzeitdifferenz, -kurve (Erdbebenwellen) Lechatelierit (Kieselglas) 33, 181, 188, 431, –, Gangunterschied 24
516 76, 563 –, monochromatisches 21, 24, 211
Lauge Leerstellen in der Kristallstruktur 158, 166, 451 –, Ordnung 25
–, hochsalinare 365 –, Turmalin 159f –, polarisiertes 19ff
–, hypersaline 337, 357 Legierung 13f, 74, 88, 106, 109, 111, 157, 534, –, weißes 20, 25
–, salzhaltige 337, 345 553 –, Wellenlänge 20
Sachindex 679
Manganoxide 112, 166, 362, 420 Mars (Planet) 32, 547, 559, 567ff, 573ff, 596f, Material
Mangansilikate 420 634ff –, klastisches
Manganspat (siehe auch Rhodochrosit) –, Aktivität, vulkanische 576 –, Ablagerung 385
120 –, Atmosphäre 574 –, Transport 385
Mangerit 442 –, Isotopen-Signatur 559 –, kosmisches 635
Mantel –, Aufbau, innerer 578 –, Transport 385
–, Asteroiden 580 –, Auswurf-Decken 574 Materialwissenschaften 52
–, Erd-, siehe auch Erdmantel 362, 522ff –, Bahnelemente 569 Materie
–, Jupiter-Monde 585ff –, Eisenkern 597 –, interstellare 630ff, 634
–, Mars 576, 578 –, Epsomit 575 –, präsolare 633
–, Merkur 570 –, Erforschung, astronomische 573 –, protoplanetare 633
–, Mond (Erdmond) 542f –, Evaporit-Minerale 575 Materieklumpen 630
–, Planeten, erdähnliche 570, 573, 576, –, Gesteine 557 Materietransport 630
578, 635f –, Gesteinsfragmente 55 Matrix 57, 216, 399, 541
–, Saturn-Mond Titan 588 –, Gips 575 –, Mond 541
–, Silikat- 596, 635f –, Großeinheiten, stratigraphische 574 –, geschieferte 428
–, Venus 573 –, Grundwasserspiegel 575 Matrixanteil 390
Manteldiapir 308, 528 –, Halit 575 Mauerziegel 177
–, Abkühlung 308 –, Hämatit-Sphäroide 575 Maximaltemperatur 427
Mantelgestein 540 –, Hochland 574ff Maximum, verdecktes 290
–, fertiles 307 –, Impaktkrater 574 mean weighted standard deviation (MSWD)
–, lunares 540 –, Impaktschmelze 574 (engl., siehe auch Standardabweichung,
Mantelkeil 609 –, Jarosit 575 mittlere gewichtete) 617f
Mantel-Lithosphäre 496, 527 –, Kieserit 575 Medium
–, kontinentale 527 –, Klima 574 –, optisch anisotropes 21
Mantelperidotit 486, 524ff –, Krustenmächtigkeit 576, 578 –, optisch isotropes 21
–, Schmelzen 306 –, Mantel 578 Medizin, Anwendung
–, partielles 307 –, Metallkern 578, 597 –, Anhydrit- und Gipsgesteine 414
Mantel-Plume 241, 245, 275, 306, 393, 531, –, Meteorite 188, 547, 551, 558, 576ff –, Montmorillonit 178
533, 636 –, ALH 84001 578 –, Quecksilber 90
–, Ursprung 533 –, Dar al Gani 558 medizinische Mineralogie 42, 48ff
Mantel-Prozess 576 –, Oberflächenformen 574 Medizintechnik 108f, 148
Mantelquelle 606, 608, 619 –, Raumsonde 575 –, Zirkon 148
–, primitive 606 –, Rover „Opportunity“ 575 Meeresboden, fossiler 401
Mantelreservoir 619 –, Sandstein, äolischer 575 Meeresspiegel 403
Mantelschmelze, lunare 540 –, Schildvulkane 575ff, 636 Meerwasser 43ff, 129, 131, 376, 622
mantle with high U/Pb ratio (engl., HIMU) –, Sedimentstrom 574 –, Ausscheidungsfolge 412
622 –, Talsystem, verzweigtes 575 –, Hauptbestandteile 411
marble (engl., siehe auch Marmor) 442 –, Tektonik 576 –, Karbonatbildung 400, 401f
Mare 540 –, Terrain, chaotisches 575 –, Salzgehalt 411
–, Gestein 540 –, Tiefebene 574 –, Isotop, stabiles (C, O, S) 612ff
–, Imbrium 545 –, Vulkanismus, vulkanische Aktivität –, Sulfat 615
–, Nectaris 545 576f –, übersättigtes 131
–, Tranquillitatis 540 –, Wasser 574 –, Verwitterung 376
Mare-Basalt 540f, 545, 636 Mars Global Surveyor Megalith-Körper 531
–, Förderung 545 Marsgesteine 558, 576ff Mehrphasen-Einschluss 209
–, Gruppen 540 Marskanäle 573 Mehrstoffsystem 282
–, Quellregion 544 Marsmonde 578f, 634 –, heterogenes 282
–, Zusammensetzung 540 Martit 105 –, homogenes 282
Mare-Basalt-Magma 545 Martitisierung 331 Meigen’sche Reaktion 121
Mare-Breccie (Mondmeteorit, Lunait) 541, Mascon (lunare Schwereanomalie) 542 Mejonit 190, 200
551, 559 MASH-System 510 –, Sulfat- 200
Margarit 172, 174, 420, 434f Maskelynit 558f Mela-Gabbro 219
–, ACF-Diagramm 491 mass extinction (engl., siehe auch Melanit 149
Marialith 190, 200 Massenaussterbe-Ereignis 245, 581 melanokrat 174, 217, 220, 224f, 227, 231,
Marienglas 132 Masse, keramische 177 233ff
Markasit 46, 87, 91ff, 353, 397, 405f Massenanziehung 630f Melanosom 453ff
–, Bildung 405 Massenaussterbe-Ereignis 245, 550, 581 Melaphyr 231, 642
–, Eh-pH-Diagramm 405 Massenrohstoffe 63 Melaphyr-Mandelstein 58, 233
–, Kristalltracht 93 Massenspektrometer 610f, 617, 623 Melilith 6, 144, 153f, 505, 554, 556
Marmor 56, 63, 149, 418, 442, 447, 499, 501, Massensuszeptibilität, magnetische 19 –, in Meteoriten 552
507f, 521, 612f Massentransfer Melilith-Basalt 154
–, Statuen- 119 –, -Prozess 455 Melilith-Leucitit 237
–, technischer 119 –, -Reaktion 483 Melilith-Nephelinit 154, 237
–, Verdrängung, metasomatische 65 Massenverhältnis He / H 624 Melilith-Reihe 153f
682 Index
Melilithit 154, 218 –, Erde, frühe 635 –, isochemische 418f, 459, 609
Melilith-Leucitit 237 –, Erdkern, äußerer 331ff –, kataklastische 422, 428f
Melilith-Nephelinit 154, 237 –, Kerne der erdähnlichen Planeten –, kinetische 423
Mellit 32 570, 573, 578 –, Kontakt- 424ff
Mensch, Bio-Apatit 46 –, Mondkern, äußerer 543f –, niedriggradige 398, 498, 616
Mergel 397f, 420, 443, 477, 482 –, Quecksilber 33, 73 –, prograde 306, 418f, 449, 453f, 471
–, ACF-, A'KF-Diagramm 491 –, Wärmeleitfähigkeit 17 –, Prozess, geologischer 423
–, Ton, mergeliger 397 Metall-Arsenide 85 –, P-T-Bedingungen 420f, 427f, 429ff,
Mergelkalk 397 Metallbindung 13 432ff, 468ff, 495ff, 595, 612f
Mergelton 397, 407 Metall-Bisulfid-Komplex 366 –, Geothermometrie, Geobarometrie
Merkur (Planet) 32, 557, 567ff, 578, 581, Metall-Chlorid-Komplex 366 482ff
584, 596f, 634f Metall-Diapir 635 –, Mineralreaktionen, metamorphe
–, Aufbau, innerer 570 Metallerz als Rohstoff 63 468ff, 612f
–, Bahnelemente 569 Metallkern 557, 560, 570, 581, 585ff, 636 –, Netz, petrogenetisches 481f
–, Dehnungstektonik 570 –, Asteroiden 557, 559f, 561ff, 581 –, Pseudoschnitt 482
–, Eisenkern, Metallkern, Fe-reicher 570, –, Erde 533ff –, Reaktionen mit H2O und CO2 477
597 –, Erdmond 543f –, P-T-Pfad 484ff
–, Erforschung, astronomische 568f –, Jupitermonde Io, Europa, Ganymed –, P-T-t-Pfad 486f
–, Exosphäre, Oberflächen-gebundene 584ff –, regionale 275, 434ff
568f –, Mars 578 –, in Orogenzonen 434ff
–, Hochlandregion 569 –, Merkur 570 –, Ozeanboden- 437
–, Kruste 570 –, Venus 572 –, Versenkungs- 437, 498
–, Magma-Ozean 570 Metallkonzentrationen –, retrograde 210, 418f, 443, 446f, 449,
–, Oberflächenformen 569 –, am Ozeanboden 408 471, 481ff
–, Reflexionsvermögen 570 –, in ariden Schuttwannen 394 –, Schockwellen- 429ff, 549f, 552
–, Ringgebirge 570 Metall-Metall-Ladungsübergänge (IVCT) –, statische 423
–, Tiefebene 569 40 –, Temperaturhöhepunkt 485
–, Überschiebungs-Tektonik 569 Metalloide, ged. (elementare) 69, 75 –, thermische 552, 632
–, Wassereis 570 metall-organischer Komplex 366 –, Typ 423
–, Zwischenkrater-Ebene 569f Metall-Oxide 14, 39, 103ff Metamorphosealter 486f, 616, 618f, 621f
Merrillit 552 Metallphase 560, 596 Metamorphoseereignis, Identifizierung
Merwinit 505 Metallschmelze 560, 596, 635 486f
mesokrat 217, 225, 234 Metall-Sulfide 14, 39, 83ff, 95, 570 Metamorphosegrad 495
Mesolith 7, 202, 438 –, komplexe 83, 95 –, Indexminerale 495
Mesoperthit 192f, 196, 438f, 442, 503 Metallverbindungen 63 Metamorphosepfad
Mesosiderit 551, 559 metamikt 148, 155, 621 –, prograder 418ff, 442, 464, 482ff
Mesosom (auch Paläosom) 453 Metamorphite 59, 61ff, 213, 367, 417ff –, retrograder 418ff, 446, 482ff
Mesozone 495 –, archaische 367 Metamorphoseprozess, Ausdehnung 424
Messung 87 –, Fe-reiche 420 Metamorphosetemperatur, maximale 421
–, astrophysikalische 516, 583 –, Fossil-Relikt 445 Metapelit 151, 419, 434, 471f, 482, 493f, 498f,
–, geomagnetische 19 –, Häufigkeit 213 501, 610
–, kalorimetrische 469, 481 –, Mn-reiche 420 –, Entwässerungsreaktionen 471
–, kryometrische 211 –, Nomenklatur 438ff –, in Amphibolitfazies 501f
–, paläomagnetische 106 –, proterozoische 367 –, Staurolith-, Granat-führender 454
–, seismische 515, 519, 541, 598 –, Quarz-Feldspat-reiche 419, 520 Metasediment 454
–, Mond 541 –, ultramafische 443 –, in Blauschieferfazies 507
Metaarkose 484 Metamorphose, Gesteinsmetamorphose 62, –, in Eklogitfazies 508f
Metabasit 420, 490, 494, 498ff, 502, 504 346, 354, 386f, 392, 417ff, 452ff, 463, 472ff, Metasomatose, metasomatisch 65f, 164,
–, Mg-reicher 498 494ff, 557f, 595, 609, 616 200, 351ff, 418, 456ff
Metabauxit 420, 434, 490 –, Abgrenzung 420f –, Alkali- 457
Metagabbro 507, 623 –, Ablauf, zeitlicher 486 –, Diffusions- 456
Metagranit 419, 484 –, allochemische 418 –, Infiltrations- 456
Metagranodiorit 507 –, als geologischer Prozess 423ff –, Natrium- 458
Metagrauwacke 419, 610 –, aufsteigende, Mineralparagenese 418 metastabil 76, 181f, 189f, 193ff, 467ff, 506
Metall 13, 63, 69ff, 554, 632, 635 –, Dauer 486 metastabiler Andalusit 468
–, Archäometrie 53 –, Definition 417 Metatekt 453, 455
–, ged. (elementares) 69ff, 554, 632 –, Druckmaximum 485 Metatexit 453ff
–, flüssiges 635 –, dynamische 423 Metaturbidit 445
–, Kristallstruktur 70 –, Faktoren, auslösende 421ff Meteor-Eisen 534
–, Legierungen 14, 17, 71ff, 88, 106, 109, –, Gleichgewicht, thermodymisches 463 Meteorit
111, 157, 282, 354f, 391, 534, 552f, 559ff, –, hochgradige 417 –, ALHA 81005 559
578, 596, 631f –, Höhepunkt 463 –, Allende (Chihuahua) 556
–, nutzbares 39 –, Mineral, kritisches 433 –, Canyon Diablo 563
–, schmelzflüssiges –, hydrothermale 432, 474, 498 –, Carancas 555
–, Asteroiden 559ff, 580f –, Impakt- 429ff –, Dar al Gani (Libyen) 558
Sachindex 683
Mutternuklid, radioaktives 615 Naturstein, Naturwerkstein 117, 119, 371f, Neutronenabsorber 126
Mutterplanet 584, 589, 591f 389, 403 Neutronenanlagerung 624f
Mutterstern 637 –, als Rohstoff 63 Neutronendichte 625
MVT-Lagerstätte 366, 367, 612 –, Archäometrie 53 Neutronenfluss 625
–, Bildung 366 –, Kalk 403 Neutronen-Spektroskopie, Mond 542
Mylonit, Mylonitisierung 428f, 432 –, Verwitterung 371 Newtonsche Flüssigkeit 269
Myrmekit 447 Nautile (Tauchboot) 361 NH3 (Ammoniak) 252, 541, 582f, 587f,
Ne (siehe auch Neon) 541, 571, 574, 583 632
N NEAR (Near Earth Asteroid Rendezvous) 581 Niccolit (siehe auch Nickelin) 89
Nebel, protoplanetarer 633 Nichteisenmetall-Erze 64
n,p-Reaktion 623 Nebenelemente 220 Nichterze 39, 63
N2 (siehe auch Stickstoff) 211, 345, 571, 574, Nebengemengteile (Akzessorien) 56, 217, 602 Nichtleiter 110
582, 587, 590, 592, 632 Nebengestein, Assimilation 279f, 603 Nichtmetalle 75
–, Eis 590 Néel-Punkt 19 –, elementare 69, 75ff
–, Neptunmond Triton 590 Neodym Nd 601, 619ff Nichtmetall-Rohstoffe 63
–, Pluto 592 –, Clarke 601, 619 Nickel Ni 534, 552, 560, 601f, 605, 625
Na-Amphibole 168f, 220, 223f, 234f, 312f, –, ε Nd-Wert 620 –, als Rohstoff 63, 85
436, 457f, 506, 642f –, Erz 64 –, Clarke 601f
Na-Ca-Pyroxene 162 –, Isotope 619ff –, Entstehung von 58Ni 625
NaCl-Äquivalent 211, 346, 351f, 355, 365, Neogen 563 –, Erz, Lagerstätten 64, 85, 89f, 94, 176,
367 –, Impakt-Krater 563 262, 328ff, 358, 378
NaCl-Struktur 100 Neon Ne, Entstehung von 20Ne 625 –, Erzminerale 85, 89f, 94, 328, 358, 378
Nadeleisenerz (siehe auch Goethit) 114, Neon-Brennen 625 –, Lagerstätten 85, 262, 328ff, 378
377 Neoproterozoikum 406, 487 –, metallisches
Nadelzinn 111, 358 Neosom 453 –, im Erdkern 534
Nagelfluh 388 Nephelin 7, 190, 198ff, 222, 236ff, 290, 302, –, in Meteoriten 554, 560f
Nakhlit (Mars-Meteorit) 551, 558f, 576 643 Nickelarsenide 358
Nakrit 177 –, CIPW-Norm 222 Nickelblüte (siehe auch Annabergit) 94
Nama-Gruppe 60 –, System Nickeleisen (Fe,Ni) 534, 553ff, 556f, 560ff,
Namaqua-Komplex 60 –, Nephelin–Kalsilit–SiO2 293ff 567, 585, 631f, 634
Nanodiamant 78 –, Nephelin–SiO2 289f –, Kern 534, 557, 581, 585
Nanoröhrchen 76 –, zur Gesteinsklassifikation 217f –, kosmisches 73
Na-Orthoklas 189 Nephelinbasanit 198, 223, 235f, 237ff, 302, 643 Nickel-Hydrosilikat 176, 378
Na-Pyroxen 162, 164, 223f, 233f, 312f, 457, Nephelinit 198, 218, 237ff, 306, 524, 643 Nickelin 85, 89
507, 643 Nephelinsyenit 198ff, 234f, 237, 340, 457, 643 Nickel-Kobalt-Arsenid 358
Na-Salpeter 411 –, Kristallisationsabfolge 293 Nickelmagnetkies 64, 90, 323, 328
Na-Sanidin 197, 235f, 426, 458 –, Mineralbestand 234 –, Lagerstätten 323, 328ff, 331
NASA-Forschungssatellit 542 Nephelinsyenit-Pegmatit 38, 200, 335 Nickel-Nickeloxid-Puffer 480
NASA-Orbiter 537 Nephelintephrit 198, 223, 237, 302, 643 –, Olivin-Fraktionierung 605
NASC (North American Shale Composite) Nephrit 167 Nickel-reicher Laterit 378f
609 Népouit 176, 378 Nickel-Skutterudit 91, 94
native copper (engl., siehe auch Kupfer, ged. Neptun Nickelstahl 85
(elementares)) 70 –, Aufbau, innerer 582f Nickeltalk 378
native gold (engl., siehe auch Gold, ged. –, Bahnelemente 569 Nicol’sches Prisma 24
(elementares)) 71 –, Eis 583 Nicols, gekreuzte 24
native silver (engl., siehe auch Silber, ged. –, Entdeckung 582 Niederdruck-Amphibolitfazies 504
(elementares)) 71 –, Gesteinsmaterial 583 Niederdruck-Faziesserie 496f, 502
Natrium Na 414, 600f, 625, 639 Neptun-Mond Triton 582, 588, 589f, 592 Niederdruck-Gesteine, Buchan-Typ 486
–, Clarke 600f Nernst’scher Verteilungskoeffizient 603f Niederdruck-Granulit 503
–, Entstehung von 23Na 625 Nesosilikate (siehe auch Inselsilikate) 143ff Niederdruck-Grünschieferfazies 504
–, Gewinnung 100 Netz, petrogenetisches 481, 484 Niederdruck-Gürtel 437
–, Ionenradius 600, 639 Netzebenen 5, 7, 10 Niederdruck-Metamorphose 433ff, 496f
–, metallisches 414 –, Abstand 11 Niederschläge 373
Natriumformiat 45 Netzwerk, seismisches, Erdmond 537 Niedrig-P/T-Serie 496
Natrium-Metasomatose 164, 457f, 460 Netzwerkbildner 266 Niere, Schnitt 48
Natroapophyllit 178 Netzwerkwandler 266 Nierenkanälchen 48
Natrokarbonatit 239 Neubildung, hydrothermale 432 Nierensteine 48f
Natrokarbonatit-Vulkan 239 Neumann’sche Linien 562 Niningerit 552, 554f
Natrolith 190, 201, 202, 238f, 254, 438 Neuschwanstein (Meteorit) 550 Niob Nb 339, 457
Natron 410 Neutrino, solarer 624 –, Erz 64
–, Ausblühung 374 Neutronen 617ff Niobat-Tantalat-Pegmatit 340
Natronlauge 414 –, Einfang 112, 623, 625, 633 Niter 125, 410
Natronsalpeter (siehe auch Nitratin) 125, –, gepaartes 625 Nitrate 35, 39, 117, 125, 410
410 –, schnelles 623 Nitratin 125, 410
Naturgips 134 –, Spektroskopie 542 Nitride 632f
688 Index
Pegmatite 61, 64, 200, 216, 219f, 258, 313, Perle, Aragonit 45 Phasenregel
320, 330, 335ff, 458f Perlit 229 –, Gibbs’sche 282, 286, 421, 464ff, 476f,
–, Abkühlungszeit 338 Perlmutt 45 482, 491ff
–, Auftreten 337 Perm 44f, 245, 550, 613 –, mineralogische 465
–, Dampfphase 337 Permafrost, Mars 575 –, Verletzung 466f
–, Einteilung 339 Permineralisation, sekundäre 45f Phasenumwandlung, polymorphe
–, Gefüge, schriftgranitisches 338 Perm-Trias-Grenze 245, 550 –, Al2SiO5-Minerale 149f, 468ff
–, Genese 337 –, Massenaussterbe-Ereignis 245 –, Graphit–Diamant 77, 80, 510, 525
–, LCT-Familie 340 Permutit 201 –, (Mg,Fe)2SiO4-Phasen 530ff
–, Liquidus-Temperatur 337 Perowskit 3, 103, 109f, 239, 530ff, 541, 552, –, SiO2-Minerale 15, 179ff, 430, 509
–, NYF-Familie 340 556ff, 598, 631f, 635 Phenakit 6
–, NYF + LCT-Familie 340 –, Ca- 532 Phengit 173, 440f, 506ff
–, Petrographie 337 –, künstlicher 110 –, Geobarometer 484
–, Riesenkristalle 339 –, Mg- 532, 635 –, Isoplethen 484
–, Rohstoffträger 339 –, Mg-Silikat- 558 Philippinit 563
–, Soliduskurve 320 –, Struktur 109f, 532 Phillipsit 190, 203
–, Solidustemperatur 337 –, synthetischer 110 –, Durchkreuzungszwilling 202
Pegmatit-Gänge 337f Perowskit-Phase 532 Phlogopit 145, 171f, 173, 178, 192, 227, 233,
Pegmatit-Minerale 38, 90f, 104, 107, 110, Perthit 192f, 292, 442, 457, 470 237, 308, 339, 420, 442, 457f, 465, 483f, 498,
136, 138f, 150, 152, 157, 160, 165, 173, 183f, –, zur Gesteinsklassifikation 217 503f, 605f
196ff, 335ff Pestizide 177 –, Schichtstruktur 171
Pegmatit-Provinzen 339 Petalit, LCT-Familie 340 –, Seltenerd-Elemente 606
Pegmatit-Quarz 183 petrogenetic grid (engl., siehe auch Netz, Phlogopitschiefer 458f
Pegmatit-Schmelze petrogenetisches) 481 Phönizier, Bergbau 347
–, Kristallisation, fraktionierte 337 Petrographie Phonolith 61, 198ff, 203, 218, 220f, 235ff,
–, Viskosität 337 –, Magmatite 223ff 246, 252, 274, 290f, 293, 295, 302
Pegmatit-Stock 337 –, Metamorphite 438ff –, i. e. S. 235
Pegmatoide 340 –, Sedimente und Sedimentgesteine –, Kristallisation 293
Pelées Haar, Pelées Tränen 252 383ff –, tephritischer 218, 238f, 643
Pelite 384ff, 388, 394ff Petrologie (Gesteinskunde) 52, 213ff –, Zusammensetzung, chemische 221
–, Diagenese 387, 396 –, experimentelle 52, 513, 515 Phonolithbimsstein 235
–, Einteilung, Klassifizierung 394ff –, technische 52 Phonolithtuff 252
–, Graphit-führende 475 –, theoretische 52 Phonotephrit 221
–, Kompaktion 387 Petzit 354 Phosphate 35, 37, 39, 64, 137ff, 337, 378, 557
–, metamorphe 419, 425f, 433f, 438ff, Pfannensteine 171 –, amorphe 410
498f, 501f, 505ff Pfeilwürmer (Chaetognathen), Apatit 46 –, Anteil an Erdkruste 37
Pelletiermittel 177 Pflanzen-Zellen, mineralische Einschlüsse 45 –, Bedeutung 410
Pelmikrit 399 PGE (siehe Platin-Gruppen-Elemente) 597f –, Haushalt 48
Peloid 399 PGE-Sulfide, CK-Chondrite 556 –, Lagerstätte, sedimentäre 385
Pelsparit 399 PH2O-T-Diagramm 472 –, Rohstoff 63
Pentlandit 84f, 88, 90, 323, 328, 330f, 552 PH3 (Phosphorwasserstoff, Monophosphan) Phosphat-Gesteine, sedimentäre 66, 410
Peridot 146, 219 583 Phosphat-Minerale in KREEP-Basalt
Peridotit 146, 149, 181, 187, 218f, 227ff, 420, Phakolith (siehe auch Sichelstock) 259 (Erdmond) 539
443, 510, 519f, 522, 524, 526f, 642 Phanerozoikum, phanerozoisch 245, 549, 616f Phosphat-Pegmatit 340
–, ACF-, A'KF-Diagramm 491 Phänokrist 216, 258 Phosphor P 140, 184, 339, 600f, 625
–, Anatexis, partielle 305 Phase 464, 466 –, Clarke 600f
–, depleted 527 –, 10-Å- 532 –, Entstehung von 31P 625
–, Dichte 516, 524 –, AlOOH 532 –, Ionenradius 600
–, Gesteinsbenennung 219 –, Dampf- 282, 336f Phosphorit 138, 140, 410
–, Häufigkeit 213 –, Definition (Phasenregel) 282, 464ff –, Lagerstätten 66, 140
–, metamorpher 437 –, Egg 532 Phosphorsäure 140
–, Mineralbestand 227 –, fluide 211, 282, 336, 343ff, 423, 464f, Photodissoziation 625
–, ozeanischer 437 468ff, 608 Photokatalyse, photokatalytisch 112, 140
–, Varietät 227 –, Komponente, gelöste 344, 608 Photosynthese 43, 401
–, verarmter 527 –, Überdruck 423 –, Algen 401
–, Verwitterung 378 –, flüssige 282 –, oxygene 43
–, Zusammensetzung, chemische 220 –, koexistierende 603 Phreatomagmatismus, phreatomagmatisch
Peridotit-Gruppe 219 –, kristalline 282, 464, 603 239, 249
Peridotit-Mantel 524 –, metastabile 467 pH-Wert 362, 374, 380f, 392, 400, 404f
Peridotit-Restit 527 –, polymorphe 467 Phycodenschichten 425
Periglazialgebiet 395 –, Potentialfläche 466 Phyllit 432, 438ff, 444, 448, 472, 498f
Periklas 7, 465, 477f –, Schmelz- 282, 464 Phyllonit 428
Periklin 197 Phasenbeziehungen, Darstellung 490 Phyllosilikate (siehe auch Schichtsilikate)
Periklin-Gesetz 194, 196f, 224, 227 Phasengleichgewicht (siehe auch Gleich- 143, 145, 169ff
Peristerit-Lücke 193, 198 gewicht, thermodynamisches) 463ff Picotit 105f
Sachindex 691
Picrobasalt 221 –, Seltenerd-Elemente 606 Planetesimale 579, 585, 591, 629, 632, 634f
Piemontit 154f –, Sericitisierung 419 Planetoiden-Gürtel (siehe auch Asteroiden-
Piezoeffekt 18 –, Strukturzustand 189ff gürtel) 579ff
Piezoelektrizität, piezoelektrisch 18, 110, –, Tieftemperatur-Optik 193 Plasma 186
159, 182 –, Verdrängung durch Albit 458 Plasma-(Massen-)Spektrometrie, induktiv
Piezoquarz 187 –, Zonarbau 285f, 464 gekoppelte (ICP, ICP-MS) 211, 621
Pigeonit 161f, 164, 231, 297ff, 503, 505, 538ff, –, zur Gesteinsklassifikation 217 Plasmaschweif 568
557ff –, Zwillinge 226f Plasma-Wolke, ionisierte, Mond 544
–, Augit-Entmischung 164, 297ff, 539 –, Zwillingsbildung 197, 226f, 451 Plateaualter 623f
–, in Meteoriten 552, 557ff –, Zwillingsgesetze 194 Plateaubasalt 244, 306, 572f
–, in Mondgesteinen 539 Plagioklas-Einsprenglinge 229, 231, 286 –, kontinentaler 306
Pigmente 93, 95, 101, 106, 109, 111, 119, 150, Plagioklasglas (Maskelynit) 558 –, ozeanischer 245, 306
231, 409 Plagioklas-Kumulate 277f, 325 Platin Pt 69, 74, 391, 597f, 602, 625
Pikrit 218, 233, 278, 306, 309f, 331, 642 –, Anorthosite der Mondkruste 539, 544 –, Clarke 602
–, Mineralbestand 233 Plagioklas-Pyrolit, Stabilitätsfeld 525f –, Entstehung 625
–, tholeiitischer 309 Plagioklas-Reihe 189, 197f –, Erz 64
Pikritbasalt 233, 642 Plagiostoma striatum 401 –, Erzlagerstätten 323, 326f, 391
Pikritmagma 278 Planeten 567ff, 629ff, 634 –, ged. (elementares) 69, 74, 330, 391
Pillow 244 –, Bahnelemente 569, 629 –, Kristallformen 74
Pillowbasalt 244, 437, 506, 508, 519 –, Bildung 634 –, Gruppe 69, 74
–, metamorpher 437 –, Dichten, mittlere 567, 569 –, Legierungen 74, 327, 330, 391
Pillowbreccie 244 –, Differenzierung 595 –, Seifen 65, 74, 391
Pillowlava 60, 231, 243f, 361, 460, 519 –, Drehimpulse 629 Platingruppen-Elemente (PGE) 64, 74, 323f,
–, spilitisierte 460 –, Bahn- 629 326f, 330, 391, 564, 597f, 602
Pilze 373, 406 –, Eigen- 629 –, Lagerstätten 323, 326ff, 391
Pimelit (siehe auch Willemsit) 378 –, Entstehung 633ff –, Legierungen 74, 327, 330, 391
Pinakoid 5 –, erdähnliche 32, 55, 543, 552f, 561, 567, –, Os-reiche 393
Pinch-and-Swell-Struktur 353 568ff, 595f, 600, 629, 633ff, 637 –, Minerale 64, 74, 327, 330
Pinge 347f –, Differentiation 635 –, Seifen 65, 74, 391
Pinit 158 –, Kern 543 Platiniridium 74
Pinitisierung 419 –, extrasolare 582f, 637 Platinlegierungen 74
pinnacle reef (engl., siehe auch Säulenriff) 402 –, Größe 567, 569 Platinmetalle 7, 64, 74, 323f, 327, 547
Pinnoit 6 –, Krater (Impakt-, Meteoriten-) 570f, –, Lagerstätten 262, 323
pipe (engl., siehe auch Diatrem) 77, 239 629, 635 –, Mischkristalle 74
Pipettieren 386 –, Lithosphäre 567 Platinseifen 74, 391
Pisolith (siehe auch Erbsenstein) 121, 254, 377 –, Masse 567, 569, 629 Platte, subduzierte 528
Pistazit 154f –, Riesen-, Riesen-Eis-, Gas- 567, 581ff, Plattengneis 441
Pistill 187 629, 637 Plattengrenze 527
Pitkrater 245, 278 –, Rotationsachsen 629 –, konvergente 528
placer (engl., siehe auch Seife) 391 –, Rotationsdauer 569 Plattenquarz 438f, 442, 448
Plagidacit 218 –, Satelliten 578ff, 581ff, 588ff, 629 Plattenrand
Plagiogranit, ozeanischer 306 –, Sauerstoff-Gehalt 597 –, destruktiver 520, 528, 636
Plagioklas 6, 36f, 56f, 190, 192ff, 196ff, 226ff, –, Schalenbau 596 –, divergenter 241f, 306, 519, 528
236f, 284ff, 299, 301f, 307, 336, 419f, 430, –, Umlaufbahnen 567f, 635 –, Profil 497
438ff, 451, 458, 475, 490, 495, 500, 502ff, –, Umlaufzeiten 569 –, konstruktiver 519, 528, 636
523, 526, 538, 540, 605f, 642 –, Zwerg- 567 –, konvergenter 241f, 505, 520, 528
–, Deformations-, Druckzwillinge 451 planetarische Kleinkörper (siehe auch –, Gold 355
–, Einbau von Sr 605, 607 Asteroiden, Trans-Neptun-Objekte) 567, –, Magmaförderung 273
–, Endglieder 32 591 –, Profil 496
–, Gefüge, ophitisches 289 –, Orcus 591 Plattentektonik 64, 242, 305, 306, 312, 424,
–, Habitus 197 –, Quaoar 591 527f, 636
–, Häufigkeit in der Erdkruste 37 –, Sedna 591 –, Modell 527
–, Hochtemperatur-Optik 193 –, Varuna 591 Plättung 448
–, Hollandit-Struktur 558 Planetenbahnen 629 Plättungsgefüge 262, 438f
–, im Leukosom 453ff Planeten-Embryonen 637 Platznahme von Plutonen 260ff
–, im Marsboden 578 –, CB-Chondrite 556 –, syntektonische 262
–, in Achondriten 557f Planeten-Kerne 637 Playa 411
–, in Chondriten 555 Planetenradien 569, 629 p-Leitung 17
–, in Mesosideriten 559 Planetensystem, Sonnensystem 475, 513, Pleochroismus, pleochroitisch 27, 40, 148,
–, in Mondgesteinen 552, 555 545ff, 549ff, 552, 556ff, 567ff, 595, 598, 600, 157f
–, in Meteoriten 552, 555 622, 629ff, 636 –, Turmalin 27, 158
–, Kristallisation 268 –, Alter 539, 544, 557, 634, 636 –, Hornblende 27
–, Kristallstruktur 192 –, Entwicklung 553, 633f –, Minerale, opake (Reflexions-) 28
–, Mischkristalle 14, 189f, 197f –, Geschichte, frühe 622 Pleonast 105
–, Phasenübergang 192 –, Impakt-Strukturen 549f Plessit 73, 561f
692 Index
Raman-Spektroskopie 211 –, Marsrover Sojurner 574 Reaktionsserien, -reihen nach Bowen 299ff
Rammelsbergit 91, 94, 358, 552 –, Mars Science Laboratory „Curiosity“ –, diskontinuierliche 299ff
Rankinit 505 574 –, kontinuierliche 300f
Raoult-Van t’Hoff ’sches Gesetz 283 –, Messenger 568 Reaktionszonen, metasomatische 459
Rapakivi-Gefüge 224f, 276, 313 –, NASA-Orbiter 537 Reaktivität 49
Rapakivi-Granit 224 –, Near Earth Asteroid Rendezvous Reaktor, thermonuklearer 624
Rare Earth Elements (engl., REE, siehe auch (NEAR) 581 Reaktormaterial 148
Seltenerd-Elemente, bzw. Lanthaniden) –, NEAR-Shoemaker 579 Reaktormetall 91
598, 605ff –, New Horizons 592 Reaktortechnik 88
–, Verbindungen, industriell hergestellte –, Opportunity 574ff Realbau-Phänomen 40
138 –, Phoenix 574ff Realgar 94f, 253
Raseneisenerz 114, 407 –, Pioneer (10, 11) 582, 587, 591 Reäquilibrierung 210
Raster-Elektronenmikroskop (REM) 33, –, Pioneer Venus (1, 2) 571 Rechtsquarz 10, 182
176, 188, 374, 386 –, Rosetta 579 recovery (engl., siehe auch Erholung) 423, 451
Raubfische 402 –, Spirit 574 Recycling von Krustenmaterial 620f
Rauchgasgips (REA-Gips) 134 –, Stardust 579 Red-Bed-Typ, Lagerstätten 368, 394, 397,
Rauchquarz 34, 36, 51, 183f, 187, 208 –, Ulysses 582 612, 615
Rauhaugit 237 –, Vega (1, 2) 571f Redox-Falle 367
Raumdiagonale des Würfels (RD) 7 –, Venera (5–16) 571f Redox-Front 368
Raumfahrt 109, 568 –, Viking 557, 559, 574 Redoxpotential 344f, 347, 362, 380, 404f, 408
Raumgitter 3f –, Viking Lander 574 Redoxreaktionen 479ff
Raumgruppen 5, 10f, 14f, 75, 533 –, Voyager (1, 2) 582ff, 586ff Reduktion, reduzierend 73, 367, 373, 380ff,
Raumproblem des Plutonismus 260 Raumwellen 516 398, 404, 480, 606f, 614f
Raumsonden, Weltraum-Missionen, Rb-Sr-Datierung, -Methode 616ff –, anorganische 615
-Experimente 80, 513, 537ff, 568ff R-C=N (Nitrile), Jupiter-Mond Ganymed –, organische 612
–, Apollo 537f, 542 586, 592 –, Prozess 397
–, Apollo Lunar Surface Experiment R-Chondrite (Rumuruti-Chondrite) 555 REE (engl. Rare Earth Elements, Seltenerd-
Package (ALSEP) 537, 542 RD (Raumdiagonale des Würfels) 7 Elemente) 63, 110, 138, 331, 340, 598,
–, BepiColombo 568 REA-Gips (Rauchgasgips) 134 605f, 619
–, CASSINI 571 Reaktion –, Fraktionierungen bei Magmen-
–, Cassini-Huygens 582, 587, 590 –, 3α - 624 Bildung und -Differentiation 605ff
–, Chandrayaan-1 537, 542 –, Dekarbonatisierungs- 418, 423, 434f, –, Absolut-Gehalte 606
–, Chang’e-1, -2 537 471, 476f –, Verteilungskoeffizienten 605f
–, Clementine 538, 542 –, divariante 491 –, Verbindungen, industriell hergest. 138
–, Deep Space 1 579 –, Entwässerungs- 418, 423, 434f, 471ff, REE-Muster, Chondrit-normierte 606f
–, ESA Smart-1 537 498ff reef core (engl., siehe auch Riffkern) 403
–, Fobos (1, 2) 579 –, exotherme 267 Reflektor, seismischer 521
–, Galileo 570f, 579ff, 584ff –, fotochemische 571, 587 Reflexionsgesetz 517
–, Gravity Recovery and Interior –, gleitende 490 Reflexionspleochroismus 28
Laboratory (GRAIL) 537 –, Hydratisierungs- 471 Reflexionsspektrum 580f
–, Hayabus 579 –, irreversible 611 Reflexionsvermögen 28f, 538
–, High Resolution Imaging Science –, kontinuierliche 490 –, Albedo 538, 570f, 580, 584, 587ff
Experiment (HiRISE) 574 –, Meigen’sche 121 –, Dispersion 28
–, Hiten 537, 542 –, metamorphe 418, 463ff Regionalmetamorphose 424, 432ff, 436,
–, Huygens 587 –, mit Beteiligung von H2O und CO2 477ff 456, 474, 528, 618, 621
–, Kaguya 537 –, multivariante 490 –, in Orogenzonen 432ff
–, Luna 537 –, nukleare, thermonukleare 112, 624 –, Hochdruck- und Ultrahochdruck-
–, Lunar Crater Observation and Sensing –, ohne Beteiligung von H2O und CO2 471 436f, 496f
Satellite (LCROSS) 537, 542 –, Oxid- 480 –, Indexminerale 433 ff
–, Lunar Prospektor 537, 542ff –, Oxidations-Reduktions- 471, 479ff –, Isograden 433
–, Lunar Reconnaissance Orbiter (LRO) –, Oxid-Oxid 479f –, Mineralzonen 432f
537, 542 –, Oxid-Silikat- 480f –, Nieder- und Mitteldruck- 433ff,
–, Lunik 537 –, peritektische 291, 293 496ff, 505ff
–, Magellan 571 –, topotaktische 506 –, Paired metamorphic belts 437
–, Mariner (2) 571 Reaktionsgefüge 464 –, regionale Ozeanboden-Metamorphose
–, Mariner (4, 6f, 9) 573 Reaktionskinetik 56, 611, 613 437f, 497
–, Mariner (5, 10) 568ff Reaktionskorona 464 –, regionale Versenkungsmetamorphose
–, Mars (3) 574 Reaktionskurven 294f, 297ff 437
–, Mars Express 574 Reaktionspaare 299 Regolith 313, 431, 537, 539, 541f, 545, 579
–, Beagle 2 Landegerät 574 Reaktionsprinzip von Bowen 299ff –, lunarer 541f
–, Mars Global Surveyor 574ff, 578f Reaktionspunkt 290f, 295, 298 Reibschale 187
–, Mars Pathfinder 574, 577f Reaktionssaum 298, 301, 446 Reibung
–, Mars Reconnaissance Orbiter (MRO) Reaktionsschritte –, magnetische 630
574 –, prograde 464 –, tektonische 422
–, Context Camera (CTX) 574 –, retrograde 464 –, turbulente 630
696 Index
Sauerstoff 15, 43, 144, 148, 363, 378, 393, Scherungsmodul (Schubmodul) μ 516 Schmelze 4, 36, 41f, 61f, 215ff, 247, 265ff,
401, 479ff, 534, 586f, 595, 597, 599ff, 611f, Scherwelle (siehe auch S-Welle) 516 268, 429, 434ff, 453ff, 501ff, 603ff, 634
625, 632f Scherzone –, alkalirhyolithische 289
–, Atmosphäre, frühe 43, 393, 401, 406 –, duktile 276, 353, 503 –, alkalitrachytische 289
–, Brennen 625 –, extensionale 262 –, anatektische 421
–, Clarke 600 Schichtsilikate 14, 35, 50, 143, 145, 169ff, –, andesitische 606
–, Entstehung von 16O 625 447, 542 –, Anteil, leukokrater 418
–, Fugazität 148, 393, 479ff, 540 –, Kristallstrukturen 169ff –, Ausgangszusammensetzung 283
–, Kontrolle 480 –, kohliger Chondrit, Erdmond 542 –, basaltische 73, 251, 278, 280, 302, 307,
–, Messung 148 –, Polytypen 171 328, 426, 544, 605f
–, Fusionsreaktion 625 –, Serpentin-ähnliche, kohlige Chondrite –, Farbe und Temperatur 237, 267
–, Häufigkeit, solare 625 556 –, granitische 313f, 320f, 336, 454, 503
–, im Erdkern 534 –, Verwitterung 373 –, Eigenschaften, physikalische 313
–, im interstellaren Medium 631 Schichtung 59, 371, 384f –, H2O-Quelle 320
–, im Solarnebel 632 –, gradierte 385, 389, 396, 445 –, Kristallisationsabfolge 314
–, Ionenradius 600, 639 –, magmatische 260, 277 –, Löslichkeiten 313, 343
–, Isotope 559, 611f, 632f –, sedimentäre 419 –, H2O-reiche 343
–, Fraktionierung 612 Schichtvulkan (siehe auch Stratovulkan) –, Lösungsfähigkeit 343
–, stabile 612 215 –, komagmatische 276
–, Isotopen-Standard 611 Schiefer 441 –, Kristallisation 284
–, Partialdruck 392, 479 –, kristalline 432, 438 –, magmatische 241, 605
–, Produktion 401 Schiefergefüge, Schieferungsgefüge 440f, –, Struktur 266
Sauerstoffkatastrophe 43 444 –, Zusammensetzung 266
Sauerstoff-Konverter 120, 124 –, verfaltetes 450 –, metallische 635
Sauerstoff-untersättigt 406 Schieferton 396 –, Mischbarkeit 328
Sauerstoff-Zahl 639 Schieferung 59, 371, 421, 438, 448 –, rhyolithische 606
Säugetiere, Biomineralisation 44 –, erste, Verfaltung 449 –, schockinduzierte 431
Säulenbasalt 243f –, zweite 449 –, Seltenerd-Elemente 605
Säulenriff 402 Schieferungsfläche (S-Fläche) 438, 441 –, silikatische 635
Saumriff 402 Schildvulkan 245, 572ff, 636 –, tonalitische 421
Säure –, Entstehung 245 –, übersättigte 290f, 294, 296, 298f, 338
–, organische 373 –, Hawaii-Typ 245 –, unterkühlte 233, 338
–, schweflige 586 –, Islandtyp 245 Schmelzeinschluss 208, 270
Säurespat 102 –, Mars 575ff, 636 Schmelzen
Saussurit 155, 231 –, Venus 572f –, fraktioniertes 303f, 604
Saxothuringikum 521 Schillereffekt 45 –, Gleichgewichts- 303, 318, 604, 606
Sb (siehe Antimon) Schillpflaster 401 –, partielles 275, 307ff, 453ff, 603
Schachtelhalm, Opal 45 Schirmregion, Eruptionssäule 247 Schmelz-Isotherme 16
Schädlings-Bekämpfung 81, 171 schistosity (engl., Schieferung) 448 Schmelzkörper, metallischer, Mutterkörper
Schadstoff, anorganischer 52 Schlacke, vulkanische 215 der Eisenmeteorite 563
Schadstoffdeponie 178 Schlackenführung, basische 124 Schmelz-Kristall-Aggregate, Entstehung der
Schäfermonde (Saturnringe) 590 Schlackenkegel 251 Chondren 634
Schalen Schlackentuff 252 Schmelzlösung 42
–, Atombau 12f Schlamm 388, 396 Schmelzminimum 292ff, 314, 454
–, Indikatrix, optische 27f –, biogener 396 Schmelzphase 282, 337, 464, 603f, 607
–, Invertebraten 32, 45 Schlammgefüge 396 –, überkritische 337
–, Mikroorganismen 32 Schlammströme, vulkanische 249f Schmelzpunkterhöhung 284
Schalenbau Schleifhärte 29 Schmelztemperatur 321
–, Erde 518ff Schleifmittel, Schleifpulver 108, 187 Schmelztropfen, -tröpfchen 540, 563f, 634
–, Erdmond 537, 542ff Schlieren 59, 261, 279, 312, 326ff, 453 –, Erdmond 540
–, Planeten, erdähnliche 570, 573, 578 Schlierengefüge 59 Schmelztropfverfahren nach Verneuil 41,
Schalenblende (siehe auch Wurtzit) 87f, 366 Schließungstemperatur 210, 484, 486f, 108
Schalstein 460 616ff, 621, 623 Schmelztuff 215, 252
Schamotteziegel 177 Schlot 237, 246, 247, 251ff, 361, 524 Schmelzversuche 267f, 313
Schattenzone, Schatten des Kerns 517 –, offener 252f –, an Basalt 268, 320
Scheelit 6, 66, 135, 348, 351f, 457 Schlotbreccie 77, 239, 251, 524 –, an Granit 268, 313, 320
–, Ausscheidung, hydrothermale 344 Schlotmagma des Vesuv 278 –, an Metagrauwacken 320
–, Lagerstätte, stratiforme 366f Schlotmündung 247 –, an Metapeliten 320
Scheinalter 621, 623 Schluff 384 –, an Pyrolit 309
Schelfrand 403 Schmelzanteil 318, 528, 610, 635 Schmelzvorgang, Entropiedifferenz 284
Scherbenkobalt 75, 358 –, metallischer 635 Schmelzwärme, molare 284
Scherfläche 448 –, rheologisch kritischer 276, 318, Schmelzzusammensetzung 321
Scherung 447f, 516 456 Schmiermittel, Schmierstoffe 76, 91, 171,
–, einfache 447f Schmelzbeginn 268, 286, 421, 485, 604 177, 187
–, reine 447f Schmelzdiagramme 284ff Schmuck 187
Sachindex 699
Schmuckgegenstände 167 Schwefel S 32f, 69, 80ff, 134, 215, 253, 266, –, Charakterisierung 609
Schmucksteine 40, 121, 125, 157f, 165, 169, 534, 570, 585, 595, 597, 599, 601, 611ff, –, Definition 371, 383
184ff, 200 625, 639 –, Diagenese 383, 386ff, 396, 398, 404
Schnecken, Karbonatgehäuse 45 –, Clarke 601 –, Diskriminations-Diagramme 610
Schneeball-Granat 449f –, elementarer 32f, 69, 80ff, 254, 266, 570, –, Durchlässigkeit 387
Schneeberger Krankheit 51 585, 613ff –, eisenreiche, Gliederung 406
Schneedecke 383 –, Kristallstruktur 80f –, Gefüge 384f
Schneiderhöhn’sche Linie 29 –, Lagerstätte 349, 356, 366 –, Häufigkeit 62, 213
Schnittpunkt der Diskordia –, Elementarzelle 80f –, Herkunft 56
–, oberer 621 –, Entstehung von 32S und 34S 625 –, Isotope, stabile 612ff
–, unterer 621 –, im Erdkern 534, 599 –, Isotopfraktionierung 611
Schockadern 555, 559 –, Ionenradius 639 –, kieselige 66, 409
Schockereignis 562 –, Isotope 611, 613ff –, Ausscheidung 409
Schockschmelzung 545, 562 –, Fraktionierung 614 –, Diagenese 409
Schockwellen, Stoßwellen 249, 429ff, 541, –, stabile 612 –, klastische 113, 367, 384, 385, 388, 621
549f, 572 –, Isotopen-Standard 611 –, Benennung 384
–, Ausbreitung 430 –, magmatischer 612, 615 –, Diagenese 386
–, Druck 429 –, Polymorphie 15 –, Korngrößeneinteilung 57, 384
–, gasdynamische 634 –, schmelzflüssiger 570, 585 –, Korngrößenverteilung 386
–, Erdmond 541 Schwefelbakterien 81 –, Zusammensetzung 385
–, Temperatur 429 Schwefeldampf, vulkanischer 215, 252, 266 –, Kornpackung 387
Schockwellenenergie 549 Schwefelkies (siehe auch Pyrit) 91 –, Mars 575ff
Schockwellen-Experiment 583 Schwefel-Lava, Jupiter-Mond Io 585 –, metamorphe 150f, 419f, 610
Schockwellenmetamorphose 78, 187f, Schwefelquelle 254 –, Mn-reiche 404
429ff, 430, 509, 549f, 552, 555ff Schwefelsäure 81, 92, 131, 134, 373, 379 –, oberflächenahe 520
–, Mars 558 Schweißschlacke 251 –, organische 375
Schollengefüge 59, 453 Schweißschlackenbänke 251 –, organogene 384
Schollenlava 243 Schweißschlackenkegel 251 –, pelitische 384, 394ff, 419, 472
Schörl 160 Schweizer-Gesetz (auch Dauphinéer- –, Porenraum 386
Schornstein, mittelozeanischer Rücken Gesetz) 182 –, Reaktion mit Sauerstoff 401
362f, 365, 614 Schwelle, ozeanische 527 –, rezent-marine, S-Isotopie 612
Schotter 57, 227, 229, 233, 384f, 388, 391, Schwerbeton 130 –, Schichtung 59, 384
411 Schwereanomalie 519 –, Tiefsee 519
–, Fluss- 385 schwere Seltenerd-Elemente (HREE) 576, –, tonige, O-Isotopie 612
–, glazialer 384 598, 605 –, Ultrahochdruck-metamorphe 510
Schrägschichtung, schräggeschichtet 57, 59, Schwermetall –, unverfestigte 520
385, 396, 403, 445, 575 –, Konzentration, geochemische 602 –, verfestigte 520
Schraubenachse 5, 10, 135, 159, 180 –, Seife 391 Sedimentströme, Mars 574
–, enantiomorphe 10 –, Toxizität 50, 177 sedimentär-exhalative Blei-Zink-Lager-
Schraubenversetzung 451 Schwermetall-Kationen, Absorption 112 stätten (Sedex) 65, 365f
Schreibersit 6, 541, 552, 560f Schwermetall-Oxid 64 Sedimentation, Sedimentationsprozesse 62,
Schreinemakers-Methode 465 Schwermetall-Sulfide, Ausfällung 360 252, 365, 383ff, 595
Schriftgranit 196, 219, 339 Schwerminerale 56, 79, 110f, 148, 153, 160, –, magmatische 263
Schriftgranitisches Gefüge 338 390ff, 486, 621 Sedimentationsbecken 345, 437, 610
Schubmodul μ 516f, 528, 533f –, Seifen 65, 390ff SEE (siehe Seltenerd-Elemente, engl. Rare
Schubspannung 516 Schwerspat (siehe auch Baryt) 130 Earth Elements, REE)
Schuchardit 378 –, Ganglagerstätten 65, 360 Seeerz 114, 407
Schutt 388 Schwingquarz 3, 187 Seegurken (Holothuroidea), Calcit-
Schuttströme Sea-Floor Spreading 106, 245, 306, 520, 527f Einkristalle 45
–, vulkanische 250 Seamount 245 Seeigel (Echinoidea), Calcit-Einkristalle 45
–, Mond 545 Sechserringe 143 Seekreide 403
Schuttwannen, aride (Red Beds) 394 second boiling (engl., siehe auch Sieden, Seelilien (Crinoidea), Calcit-Einkristalle
–, Metallkonzentrationen 65, 394 retrogrades ) 344 44f
Schutzkolloide 405 Sedex-Lagerstätten (sedimentär-exhalative Seesedimente 251
Schwalbenschwanzzwilling 131 Lagerstätten) 365f, 612, 615 Seesterne (Brisingidae) 361
Schwämme (Porifera) 45, 122, 189, 401f, Sedimente, Sedimentgesteine 56, 59, 62, Seger-Kegel 267
409 150f, 213, 383ff, 401, 419, 472, 510, 520, Seifen 65, 390ff
–, Skelettelemente (Spiculae) 45 527, 564, 600, 609f, 612 –, alluviale 391
Schwarze Raucher (siehe auch Black –, Ablagerung 62, 383 –, äolische 391
Smoker) 65, 87f, 345, 360ff, 432, 438, –, Ausfällung 62, 383 –, Bauwürdigkeit 391
460 –, Bänderung 384 –, Columbit-Tantalit 340, 391
Schwarzer Glaskopf 111f –, Bildung 383ff –, Diamant 77, 394
Schwarzerz 363f –, biochemische, chemische 384, 396f, –, Edelmetall 391
Schwarzschiefer, Buntmetall-Lagerstätten 399ff, 403 –, Edelstein 108, 148, 152, 391, 394
65, 397f –, biogene 43, 62, 396, 399ff –, Einteilung 391
700 Index
Silikat-Einschlüsse in Oktaedriten 562 Sinhalit 125 SMOW (Standard Mean Ocean Water),
Silikatgesteine 591 Sinter 254 H- und O-Isotopen-Standard 611
–, Hauptkomponenten 490 Sintermagnesit 120, 353 SNC-Achondrite 558f, 576f
–, Jupiter-Monde 584ff SiO2 (siehe auch Siliciumdioxid und Quarz) –, Zusammensetzung 559
–, Kondensation von Solarnebel 632 15, 32f, 41, 44f, 145 Snellius’sches Brechungsgesetz 23
–, Quaoar 591 –, als Komponente 289 SO2 (Schwefeldioxid) 252f, 266f, 571, 585ff,
–, Saturn-Mond Titan 587 –, amorphes 44, 49 613f
–, Verwitterungsbildungen 376 –, Ausscheidung 376 –, Dampf 252, 585
Silikatglas-Einschlüsse 208 –, Hochdruckmodifikation 430 –, flüssiges 585
Silikatkeramik 158 –, Löslichkeit 374f, 409 –, Schnee 585
Silikat-Kruste, Jupiter-Mond Io 585 –, Minerale 110, 179ff, 539, 541 –, vulkanisches 252f, 612
Silikat-Laven, Jupiter-Mond Io 585f –, Kristallstrukturen 179f SO3 (Schwefeltrioxid) 252, 266, 613
Silikatmagma, Silikatschmelze 64, 266ff, –, Erdmond 539, 541 SO42– (Sulfat-Anion) 129f, 200f, 337
279, 323 –, Mineralogie 182 Soda (siehe auch Natron) 100, 410
–, Erdmond 541 –, Modifikationen 179 Sodalith 7, 190, 199f, 234, 643
–, Entmischung, liquide 279, 328ff –, Stabilitätsfelder 181 –, in Feniten 457
–, Jupiter-Mond Io 584 –, Phasenbeziehungen 180f –, zur Gesteinsklassifikation 217
–, Kristallisation 281ff –, Staublunge 49 Sodalithkäfig 143, 199, 204
–, Kristallisationsverlauf 281ff SiO2-Diffusion 185f Sodalithreihe 190, 199
–, Kristallisations-Differentiation 276ff, SiO2-Gel, Löslichkeit 374 Sodalithphonolith 235
299ff, 324ff SiO2-Übersättigung 218, 223, 289ff Sodalithsyenit 234, 643
–, Struktur 266 SiO2-Untersättigung 218, 223, 289ff, 490 Soffionen 254
Silikat-Mantel 585ff, 635f SiO2-Zement 188 –, von Larderello 254
–, Jupiter-Mond Io 585 SiO4- und (Si,Al)O4-Tetraeder 129, 143ff, Sohlmarke 396
–, Planet Venus 573 178f, 187, 199f, 202 SOHO-Mission 624
Silikatmarmor 442, 465, 500 Skala nach Wentworth 384 Sol, hydrophiles (lyophiles) 375
Silikatperowskit 110 Skapolith 7, 200, 331, 457 Solarmaterie 631f
–, verglaster 558 –, ACF-Diagramm 491 –, Kondensation 631
Silikatschmelze (siehe auch Silikat-Magma) Skapolith-Gruppe 6, 200 Solarnebel 552, 554, 556f, 630ff, 634f, 637
266ff Skapolithisierung 331, 457 –, Blitze 634
Silikatstrukturen 144 Skarn, Skarnerz 93, 104, 106, 132, 135, 164, –, Chondrit 554
–, Bauprinzipien 143 351f, 426, 443, 444, 457 –, Gaskomponente 635
–, Ionenradiien 639 –, Lagerstätten 66, 351f, 356, 444, 457 –, Zusammensetzung 631
Silikatsysteme, binäre, ternäre 283ff –, Bildung 457 Sole 344
Silikon 187 –, Mineralbestand 351 Solfataren 253
Silikose 49 –, Typ 351f solid inclusion (engl., siehe auch Fest-
sill (engl., siehe auch Lagergang, vulka- Skelett-Kristalle (siehe auch Mikrolithen) einschluss) 208
nischer) 215, 231, 251f, 259, 262, 427 56, 338 solidification front (engl., siehe auch
Sillimanit 6, 145, 149ff, 312, 321, 419, 433ff, –, Wachstum 229, 338 Erstarrungsfront) 278
441f, 444f, 453f, 465ff, 469, 475f, 483, 495ff, Skolezit 6, 438 solid-state diffusion creep (engl., siehe auch
499, 501ff Skutterudit 7, 91, 94 Diffusionskriechen im festen Zustand)
–, ACF-, A'KF-Diagramm 491f, 500 slab breakoff 528 452
–, AFM-Projektion 493 slate (engl., siehe auch Tonschiefer) 396, Soliduskurve
–, im Restit 453f 438 –, Basalt 268
–, Isograde slaty cleavage (engl., siehe auch Schieferung) –, Granit 267f, 315ff, 420
–, erste 501 438 –, H2O-gesättigte 453, 472
–, zweite 502 Smaragd 40f, 104, 157, 379, 444, 458f, 461 –, im frühen Erdmantel 635
–, Stabilitätsfeld 465 –, Edelstein 40 –, in Zweistoffsystemen 285ff
–, Stabilitätsgrenzen 471 –, Farbe 40 –, Albit–Anorthit 285
–, Synthese 468 –, Lagerstätten, Bildung 458 –, Albit–Kalifeldspat 292
–, Zerfall 471 –, Lichtbrechung 40 –, Fe–Ni 561f
Sillimanitzone 433ff, 495 –, synthetischer 32, 42, 157 –, Forsterit–Fayalit 295
Silt 384, 388f, 396 Smectit (siehe auch Montmorillonit) 172, –, Metamorphite 453
Siltstein 262, 388, 396, 398, 419, 441 177f, 375 Solidustemperatur 268, 275, 278f, 306, 308,
–, mesoproterozoischer (Antarktika) Smirgel 107, 174 316f, 319ff, 337f, 454f, 635
262 Smirgelpapier 108 –, Erniedrigung 275
–, Wende Kreide/Jura (Colorado/Utah) Smithsonit 117, 121, 379 Solitärkristall 45
398 Sm-Nd-Alter, -Datierung, -Methode 539, Solvus 193, 292, 561ff
Silur 46, 60f, 397, 402 544, 619f Sol-Zustand 376
Sima 519 –, Mondgestein 539, 544 Sonne 567f, 629ff
simple shear (engl., siehe auch Scherung, Smoker, Black 65, 360ff –, Masse 629
einfache) 448 –, Entstehung 362 –, Photosphäre 556
SIMS (Sekundärionen-Massenspektro- –, Lebensgemeinschaft 361 –, Zentraltemperatur 624
metrie) 542 –, Querschnitt 361 –, Zusammensetzung, chemische 534,
SIN (Standard Igneous Norm) 223 Smoker, White 360f 598, 625
702 Index
–, Großkristalle 419 Stilpnomelan 421, 454, 498f Stratovulkane 215, 252f, 349
–, Kristalle 152 Stishovit 6, 15, 49, 180ff, 187f, 430, 530ff, 558 –, Aufbau 252
–, Porphyroblasten 419 Stock 216, 259 Streckung 448
Staurolith-Glimmerschiefer 56, 418, 438f –, Definition 259 Stress (engl., Spannung) 422, 428, 447, 450f
–, Mineralbestand 56 –, magmatischer 216 –, differentieller 422, 428, 445, 447, 450
Staurolithzone 433, 501 –, subvulkanischer 349 –, mittlerer 422
steady-state geotherm (engl., siehe auch Stockscheider 348 Stress-Ellipsoid 422
Gradient, stabiler geothermischer) 484 Stockwerkerz 349f, 363 Stressminerale 422
Steatit (siehe auch Speckstein) 171 Stockwerkhöhe 344 Streufelder 431, 548
Steine Stockwerkvererzung 349, 365 –, Meteorite 548f
–, DIN 4022 384 stockwork ore (engl., siehe auch Stock- –, Tektite 431, 563
–, technisches Produkt 52 werkerz) 349f Streusalz 100, 414
Stein-Eisen-Meteorite 73, 547, 551, 559f, 581 Stoffaustausch, metasomatischer 351, 455f Streuung, inelastische 211
–, Häufigkeit 551 Stoffkonstanz, pauschale 455 Strich 33
Steinhauerkrankheit 49 Stoffkreisläufe, Geochemie 595 Strichfarbe 29
Steinkohle Stofftransport, metasomatischer 457 Stricklava 243f
–, Lagerstätten 64 Stoffwanderungen, metasomatische 351 Ströme, pyroklastische 249
–, Verbrauch 63 Stoke’sches Gesetz 261, 277, 325, 534 –, Typen 249
Steinmeteorite 539, 547, 549ff, 553 Störung Stromatolithen 43, 401f
–, differenzierte (siehe auch Achondrite) –, dynamische 637 –, Fressfeinde 43
557ff –, gravitationale 579 Stromatoporen 402
–, undifferenzierte (siehe auch Störungssystem, Uranus-Mond Miranda 589 strombolianische Tätigkeit 243, 248, 251
Chondrite) 547, 553, 557 Störungszonen, tektonische 65, 428 Strömungsmarken 445
Steins, Asteroid 579 Stoß, inelastischer 634 Strömungsregime 396
Steinsalz (siehe auch Halit ) 12f, 16, 62f, Stoßfront 429 Strömungsrippeln 384
100, 410ff Stoßkuppe 246 Stronalith 521
–, als Rohstoff 63, 414 Stoßwelle 429f, 541 Strontianit 117, 122
–, Lagerstätte 66 –, lunare 541 –, Lagerstätten 331
Sterne 624f, 630ff Strahlen, Strahlung 20, 583, 630 Strontium Sr 122, 339, 601, 605, 607, 617f
–, blauweiße B- und A- 631 –, α - 50, 112, 619 –, Clarke 601, 617
–, [Fe / H]-Wert 625 –, β - 50, 617, 624 –, Ersatz Ca → Sr im Plagioklas 605, 607
–, gelbe 631 –, elektromagnetische 20 –, initiales 87Sr 617
–, Hauptreihe, Hauptsequenz 630f –, γ - 50f, 184 –, initiales 87Sr/86Sr-Verhältnis 312f, 618
–, massereiche 624f –, Höhen- 184 –, Isotope 617ff
–, metallreiche 625 –, ionisierende 50, 183f –, Metall 122
–, Oberflächentemperatur 631 –, IR- 630 –, radiogenes 618
–, primitive 625 –, kosmische 625, 633 structure (engl., siehe auch Textur) 57
–, Riesen 631 –, kurzwellige 630 Struktur
–, schwach rote M- 631 –, langwellige 630 –, Gesteine 56
–, T-Tauri- 630ff –, radioaktive 50f, 358, 621 –, Kristall- 8ff
–, Überriesen 631 –, Röntgen- 11, 33 Strukturchemie 52
–, Zentraltemperatur 624 –, Sonnen- 372, 586, 590 Strukturdefekte 19, 451
–, Zwerge 631 –, Teilchen- 568 –, Wandern 451
Sternatmosphären 624 –, UV- 185, 587, 630 Struvit 48
Sternenstaub 632 Strahlengang im Mikroskop Stuckgips 134
Sternentstehung 630f, 637 –, konoskopischer 26 Stufenregel, Ostwald’sche 467
Sterninneres 624 –, orthoskopischer 26 Stufenversetzungen 451
Sternquarz 185 Strahlenkegel (Shatter Cone) 430 Stützgewebe 42
Sternrubin, Sternsaphir 40f, 107 Strahlenkrater (Erdmond) 545 S-Typ-Granite (sedimentary source rocks)
–, Asterismus 40 Strahlenmodell, Strahlenoptik 20 312, 455
–, Synthese 41 Strahlenquelle, natürliche 50 subaerisch 216
Sternschnuppen 548 Strahlensysteme 569 subalkaline rock suite (engl., siehe auch
–, Schauer 548 Strahlstein (siehe auch Aktinolith) 167 Magmatite, subalkaline) 223
Sternwind 631 Strahlungserhitzung 634 Subarkose 390
Steuerquarz 18, 42, 187 Strahlungshaushalt, solarer, terrestrischer, Subduktion, Subduktionszonen 79, 122,
Stibiopalladinit 330 Einfluss von Aerosolen 249 164, 169, 211, 229, 241f, 246, 250, 252f, 260,
Stibnit (siehe auch Antimonit, Antimon- strain (engl., Verformung) 422, 447ff 266, 273, 340, 348f, 354, 422, 432, 434, 436f,
glanz) 90f, 354 Strain-Ellipsoid 447f 484ff, 496f, 505, 507, 524, 527ff, 573, 608f
Stickstoff N 77, 411, 559, 571, 582, 587ff, 592, Strain-Energie, Minimierung 451 –, interozeanische 528
597, 624 Strainrate (Verformungsrate) 450, 572 –, Jadeitit 164
–, Eis, Neptunmond Triton 590 Strand 391, 401 –, Magmaförderung 273
–, Entstehung von 14N 624 Strandseifen 391 –, Typen 529
Stilbit (siehe auch Desmin) 190, 201, 203, stratiform 326f, 365f Subduktions-Fluide 211
254, 498 Stratosphäre 249, 632 Subduktions-Komponenten 609
–, Durchkreuzungszwilling 202 –, Aerosol 249 Subduktions-Orogene 348
704 Index
–, invariantes 467 Talkum 171 Tennantit 7, 50, 96, 352, 356, 364, 398
–, K2O–FeO–MgO–Al2O3–SiO2–H2O Tansanit 155 –, Toxizität 50
(KFMASH) 482 Tantal 339 Tephra 215, 251
–, PH2O-T-Diagramm 482 –, Erz 64 Tephrit 218, 221, 223, 235, 237
–, Lct–SiO2 290f Tantalit 339f –, phonolithischer 218
–, Mehrstoff-, heterogenes 282ff –, Columbit- 391 Tephrophonolith 221
–, metamorphes, fluide Phase 423 –, Seife 65, 391 Tertiär 44
–, Mg2SiO4–Fe2SiO4 295f, 532 Taramit 167 TES (Thermische Emissions-Spektro-
–, MgO–Al2O3–SiO2–H2O (MASH) 509 Tarnen 602 skopie), -Analyse, -Spektrum 578
–, Na–K–Ca–Mg–SO4–Cl–H2O 413 TAS-Diagramm 222 Tetraäthylblei 86
–, Na–K–MgSO4–Cl–H2O 413 Tätigkeit (explosiver Vulkanismus) Tetraederschichten 145, 169f, 173ff, 178, 374
–, Ne–Ks–SiO2 293ff –, hawaiianische 247 Tetraedrit 7, 96f, 363
–, Ne–SiO2 289ff –, plinianische 249 tetragonal 6, 9
–, offenes 465 –, strombolianische 248 Tetrataenit 552
–, Ol–SiO2 325 tautozonal 8 Teufenunterschied
–, Ol-Tholeiit–H2O 268 Tawmawit 155 –, primärer 354, 356
–, Or–Ab 192 technische Mineralogie 52 –, sekundärer 380
–, Or–Ab–(H2O) 314 Teer-Magnesit-Ausmauerung 120 Textur 56f, 59
–, Or–Ab–An 190 Teilchenbeschuss 569 texture (engl., siehe auch Struktur) 56
–, Or–Ab–An–Qz–H2O 313 Teilchen-Trajektorien, Strainellipsoid 448 T-fO2-Diagramm 479, 481
–, Or–SiO2–(H2O) 314 Teilmagma 278f Thaler (Münzeinheit) 359
–, Pl–Cpx–Opx–Ol 302 –, Aufstieg 278 Themis-Familie, Asteroiden 580
–, pyroklastisches 247 –, Fe-reiches 279 Thenardit 372, 410
–, Qz–Ab 320 Teilschmelze, Teilschmelzung 63, 270, 454, Theralith 218, 235, 643
–, Qz–Ab–An–H2O 313, 320, 454 543, 609 thermal aureole (engl., siehe auch
–, Qz–Ab–(An)–Or–H2O 313, 336f, 454 Tektite 431, 563f Kontaktaureole) 424
–, Qz–Ab–An–Or–H2O 319f, 320, 454 –, Streufelder 431, 563 Thermalabsatz 119
–, Qz–Ab–Or 315, 321 –, Alter 564 Thermalfeld 344
–, Qz–Ab–Or–An–H2O 313 Tektosilikate (siehe auch Gerüstsilikate) Thermalquelle, Thermalwasser, Therme
–, Qz–Ab–Or–H2O 313ff, 319ff, 339, 454 143, 145, 179ff 122, 132ff, 189, 254f, 343, 345, 459
–, Qz–Ab–Or–H2O–CO2 317 Telescoping 345, 354 –, Mineral-Ausscheidungen 254, 343
–, Qz–An 320 television stone 127 thermische Barriere 290f, 294f, 302
–, Qz–Jd–Or–H2O 315 Tellur Te 7 thermische Emissions-Spektroskopie
–, Qz–Or–Ab(–An)–H2O 336 –, Erz 64 (TES), -Analyse, -Spektrum 578
–, Qz–Or–Ab–An–H2O 337 –, ged. 7 thermisches Tal 286, 314
–, Silikat (Gabbro)–Oxid–Sulfid 324 Telluride 35, 71, 354 Thermodynamik 56, 464ff, 481ff, 495
–, SiO2 180 Temperatur 282f Thermoelemente 267
–, Tripelpunkt 282, 291 –, eutektische 284ff Thermometamorphose 426
–, Al2SiO5 150, 434, 465, 467ff, 471, –, Gesteinsmetamorphose 420ff, 426ff, Thermometer, geologische, Geothermo-
475, 496 434ff, 465ff, 482ff, 496ff, 618, 624 meter 123, 181, 482f
–, Forsterit–Diopsid–Pyrop 303 –, kritische 282, 336f, 344 –, Austausch-Gleichgewichte
–, Wasser 282 –, Liquidus- 268, 337, 635 –, Isotope, stabile 611f
–, Wasser H2O 282 –, magmatische 267ff –, Minerale, metamorphe 482f
–, Zustandsvariable 282 –, Nukleosynthese, stellare 624f, 633 –, Calcit-Graphit 613
Systematik der Gesteine 213 –, Oberflächen- –, Dolomit-Calcit 123
–, Erdmond 541 thermoremanent 106
T –, Jupiter-Monde 585ff Thiospinell 92, 106
–, Neptunmond Triton 589 Thixotropie 376
Taaffeit 41 –, Planet, erdähnlicher 569f, 574 Tholeiit, Tholeiitbasalt 224, 229, 231, 233,
Tachylit (siehe auch Basaltglas) 428f –, Pluto 592 237, 243, 266, 268, 274f, 297, 299, 301f, 306,
Taconit, BIF 406 –, Riesenplanet 582 308f, 331, 363, 460, 528, 540, 608ff, 642
Tactit 444 –, Saturnmond Titan 587 –, Inselbogen- (IAT, siehe auch Island
Taenit 69, 73, 552, 561f –, Solidus- 268, 275, 278f, 306, 308, 316f, Arc Tholeiites) 306, 608f
Tafelschiefer 438 319ff, 337f, 454f, 635 –, Low-K- 306
TAG-Hügel (Mittelatlantischer Rücken) 363 TEM (Transmissions-Elektronen- –, magmatischer Gebirgs- und Insel-
Tagish Lake (Meteorit) 556 mikroskop) 33, 195, 374 bögen (VAT) 306
T-aH2O-Kurve 317 Temperaturbereich –, Mineralbestand 229
Talk 14, 145, 170ff, 174, 233, 378, 407, 420, –, Metamorphose 520f –, Ozeanboden- 266, 363
438, 443f, 458, 473, 478f, 484, 498f, 504, –, Phase, hydrothermale 344 –, ozeanischer 310, 460
509, 520, 579 –, Phase, pegmatitische 336 –, ozeanischer Inseln (OIT) 266, 306,
–, ACF-, A'KF-Diagramm 491, 500 Temperatur-Zeit-Diagramm, -Pfad 487, 528, 608ff
–, Schichtstruktur 170f 618, 624 –, Quarz-normativer 302
–, Stabilitätsfeld 509 Temperaturverwitterung 372 –, Varianten 229hz
Talkschiefer 157, 171, 443f, 458f temperaturwechselbeständig 158 tholeiitic magma series (engl., siehe auch
–, Beryll, Smaragd 157, 458f Tempestit 401 Tholeiit-Serie) 224
706 Index
tholeiitic rock suite (engl., siehe auch Tierfutter, Tierpflege 177 Toneisenstein 407
Tholeiit-Serie) 224 Tigerauge 40, 169, 185, 406 Tonerde 102, 108, 177, 377
tholeiitischer Trend 274 TiN (Titannitrid) 110 Tonmergel 398
Tholeiit-Lava, pikritische 331 Tincalconit 126 Tonminerale 37, 56, 114, 174, 176ff, 252,
Tholeiit-Serie 224, 274 Titan Ti 18f, 40, 63f, 600ff, 605ff, 625ff, 639 373ff, 385, 387f, 394f, 397, 399, 472, 498,
Thomas-Prozess 124 –, als metallischer Rohstoff 63, 109 578
Thomsonit 190, 202 –, Clarke 600ff –, Bestimmung 374
Thorianit 50, 339 –, Edelsteinfärbung 40 –, Diagenese 387
–, Strahlung 50 –, Eigenschaften, magnetische 18 –, Häufigkeit 29
Thorium Th 63, 339, 601, 620, 625 –, Elektronen-Konfiguration 19 –, Neubildung 374, 376
–, Clarke 601, 620 –, Entstehung von 48Ti 625 –, silikatische 376
–, Entstehung 625 –, Erze, Erzlagerstätten 64ff, 109ff, 262, –, Wechsellagerungs- (Mixed-Layer-)
–, Erze 64 324, 327f, 377f, 391 178
–, Sicherheitsvorkehrungen 51 –, Fraktionierung 605 –, Wechsellagerungsstruktur 178, 374,
–, 232Th-Zerfall 620 –, Ionenradius 600ff, 639 498
Thoriumminerale 339 Titanaugit 163, 236f, 540, 643 Tonmineral-Gruppe 176f
Thortveitit 35 Titaneisenerz (siehe auch Ilmenit) 103, 109 Tonschiefer 366, 396, 424, 438, 444, 448, 472
Thulit 155 Titania Night Stone 111 –, chemische Zusammensetzung 390
Thuringite (siehe auch Chamosite) 175 Titanit 6, 145, 153, 209, 217, 224f, 229, 234f, –, kontaktmetamorph überprägte 425
TiCl4, Titan(IV)chlorid 110 237, 312, 340, 360, 438, 443, 446, 487, 490, Tonsteine 60ff, 151, 262, 320, 353, 388ff,
Tief-Albit 191, 197 507f, 605 396ff, 418ff, 437, 442, 444, 454, 492, 501,
Tiefbeben, lunare 542 –, Flächenkombinationen 153 524, 564, 609
Tiefbohrung 55, 177, 213, 245, 515, 623 –, Flüssigkeits-Einschluss 209 –, bituminöse 397
–, Kola-Halbinsel (Russland) 213, 515 –, Kluftmineral, alpines 360 –, karbonatische 397
–, Kontinentale (KTB), Windischeschen- –, Kristallisation 268 –, laminierte 396
bach, Oberpfalz 213, 515, 521, 623 –, zur Gesteinsklassifikation 217 –, mesoproterozoische (Antarktika) 262
Tief-Bornit 84 Titanomagnetit 64, 106, 323f, 327, 557f, 605 –, metamorphe 419, 491
Tief-Chalkosin 380 –, Erzlagerstätte 323 –, Metamorphose 62
Tief-Cristobalit 6, 181 Titanweiß 109 –, silurische (Schottland) 33
Tief-Digenit 380 Titius-Bode-Regel 629 –, Wende Jura/Kreide (Colorado/Utah)
Tiefengesteine 36, 58, 215, 257 TNO (Trans-Neptun-Objekte) 567, 591 398
Tiefengesteinskörper 61 Toba-Supereruption 250 –, Winkeldiskordanz 61
Tiefenprofil 519 Tochteratom, Tochterisotop 615f, 619 –, Zusammensetzung, chemische 390
–, Erdkruste Tochterkristall, Tochtermineral 208, 270 Topas 6, 8, 40f, 144f, 151f, 174, 184, 339f, 344,
–, kontinentale 520 Tochterprodukt, stabiles 615 347f, 351, 426, 447, 457, 459, 532
–, ozeanische 519 Todorokit 112, 379, 409 –, Achsenverhältnis 8
Tiefenstufen, Gesteinsmetamorphose 495 Tommotiiden, Apatit-Hartteile 46 –, Ausscheidung 344
Tief-Leucit 6 Tomographie, seismische 533 –, Edelstein 40
Tief-Mikroklin 191f, 194f, 197 TOMS (Total Ozon Mapping Spectrometer) –, Flächenkombination 151
Tiefquarz 7, 181ff 253 –, Härte 41
–, Brasilianer-Zwilling 182 Tone 37, 66, 100, 109, 127, 131f, 174ff, 353, –, Kristallstruktur 8, 152
–, Dauphinéer-Zwilling 182 373ff, 384f, 387f, 390, 394ff, 410, 418ff, 426, –, LCT-Familie 340
–, Existenzfeld 181 441ff, 448ff, 454, 498ff, 550 –, Pegmatit 340
–, Japaner-Zwilling 182 –, ACF-, A'KF-Dreieck 491 Topasbrockenfels 426
–, Kristallstruktur 179f –, feuerfeste 177 Topasgreisen 347
–, Transformation in Hochquarz 15 –, Lagerstätten 66 Topasierung, kontaktmetasomatische 426
–, Umwandlung in Hochquarz 181 –, mergelige 397 Topas-OH 532
–, Varietäten, makrokristalline 183 –, Mineralbestand 56 Topazolith 149
Tief-Sanidin 193, 195 –, montmorillonitreiche 177 Top-Brekzie, Aa-Lavastrom 243
Tief-Schapbachit 356 –, pelagische 396 Total Ozon Mapping Spectrometer (TOMS)
Tiefsee, hydrothermale Erzbildung 360ff, –, Pseudomorphose nach Halit 100 253
614 –, Schmelzexperimente 454 Tracht 33
Tiefseegraben 496, 527f –, Zusammensetzung, chemische 390 Trachyandesit 221, 229, 274
Tiefsee-Sedimente 174, 177, 396, 408, 519, Tonalit 218, 225, 262, 275, 301, 306, 311ff, –, basaltischer 221, 229, 231, 274
608 320f, 349, 419, 421, 433, 437, 441f, 453ff, Trachybasalt 237
Tiefseeton, roter 174, 396 459, 528, 621f, 642 Trachydacit 221
Tief-Spin-Bedingung 18 –, Intrusionsalter 621 Trachyt 37, 61, 187, 218f, 221, 235, 246f, 252,
Tieftemperatur-Albit 191 –, Phasenbeziehungen 314 269, 274, 279, 289ff, 293ff, 301, 643
Tieftemperatur-Alteration, Meteorite 552 –, Quarz-Plagioklas-reicher 306 –, foidführender 219
Tieftemperatur-Begrenzung der Metamor- –, Soliduskurve 320 Trachytlava 246
phose 398, 420 Tonalitgneis 621f Trachytglas 235, 279
Tieftemperatur-Fumarole 253 Tonalit-Granodiorit-Granit-Assoziation Trachyttuff 252
Tief-Tridymit 181 301 Trägerstoff, Trägermaterial 171, 177
Tiegelmaterial aus Zirkonia 148 Tonalit-Magma 275, 320 Trägheitsmoment, Mars 578
Tiere, wirbellose 32, 45, 402 Tonalit-System 313 Tranquillityit 540
Sachindex 707
verbotene Zone (Bändermodell) 17 Verteilungsgefüge 58 Vesuvian 6, 154, 156, 351, 420, 442ff, 457,
Verbrennungsgase, Entschwefelung 134 Verteilungsgleichgewicht (siehe auch 504
Verbundwerkstoffe 76 Austauschgleichgewicht) –, ACF-Diagramm 491
Verchromung 106 –, Geothermometrie, Geobarometrie –, Flächenkombinationen 156
Verdampfung 431 482ff, 595 Viellinge 92f, 110, 121, 202
–, Impakt-Metamorphose 431, 563 –, Isotope, stabile 595, 611, 613 Viererringe 3, 143f, 178, 191, 199, 201ff
–, selektive 634 Verteilungskoeffizient 603, 635 Vierkomponentensystem 490
Verdelith 160 Verwachsungen Viking-Sonden 559, 574
Verdichtungswelle (siehe auch P-Welle) –, schriftgranitische 338 viscous emulsion differentiation 279, 329
516 –, zonare 299 Visiergraupen 111, 347
Verdrängung 344 Verwachsungsgefüge, graphische, Viskosität 182, 243, 250, 261, 265f, 268ff,
–, hydrothermale 64f, 86, 343, 351ff runitische 339 276ff, 306, 313, 325, 337, 535, 588
–, hydrothermal-metasomatische 343 Verweildauer in der Erdkruste 616 –, Messung 269
–, pseudomorphe 200 Verwerfungen 353, 360, 428, 589f Viskositätsmodul 268f
Verdrängungslagerstätten, hydrothermale Verwitterung, Gesteinsverwitterung 35, 60, –, Definition 269
65, 71, 351ff, 359, 366 62, 177, 367, 371ff, 375f, 383, 385, 392, 549, –, Druckabhängigkeit 269
–, Blei-Silber-Zink- 352 595f Vitrinit 398, 421
–, Blei-Zink- (MVT) 65, 352, 366 –, Agentien 371 Vizinalflächen, Turmalin 158
–, hydrothermale 351ff –, allitische 376 VMS-Lagerstätten, -Vererzungen 346,
–, Entstehung 351 –, Ausgangsmaterial 371 363ff, 380, 615
–, Kupfer-Arsen- 352 –, chemische 371ff, 385, 596 –, Besshi-Typ 363
–, mesothermale 352 –, Definition 371 –, Cu-Zn-Pyrit-Typ 364
–, Mississippi-Valley-Typ (MVT) 65, –, Klimaabhängigkeit 375 –, Kuroko-Typ 364, 615
352, 366 –, mechanische 371ff, 375, 392, 596 –, Magnetit-führende 365
Verdrängungsreaktionen, Diagenese 387 –, Prozesse 371ff –, metamorph überprägte 364
Verdunstungsrate 374 –, siallitische 376 –, PGE-Gehalte 364
Vereisung, neoproterozoische 406 –, Silikate 373f –, Ural-Typ 364
Vererzung –, subaerische 371, 375f –, Zonierung 363
–, granitgebundene 346 –, subaquatische 177, 371, 376, 385 –, Zypern-Typ 363, 615
–, hydrothermale 113 –, subtropische 375 Vögel
Vererzungszone, diffuse, porphyry copper –, sulfidischer Erzkörper 378 –, Biomineralisation 44
ores 350 –, tropische 375 –, Eierschalen 45
Verfestigung 383 Verwitterungseinflüsse 84, 132, 387 Vogesit 220
–, diagenetische 215, 376, 383 Verwitterungslösungen 134, 373ff, 378ff, Volcanic Arc Granites (VAG) 275, 312, 609f
–, sekundäre 252 385, 399, 403 Volcanic Arc Tholeiites (VAT) 306, 609f
Verformung 422, 447 –, alkalische 376 Volumen 515
Verformungsachsen 448 –, Al-Si-Verhältnis 375 –, Erdkruste, Erdmantel, Erdkern 515
Verformungsrate 450, 484, 616 –, basische 381 –, Expansion 509
Vergreisung 347 –, Eh-Wert 380f Vorgeschichte 53
Verhalten –, Löslichkeit Vorläufermagma 216
–, magnetisches 33 –, von Al2O3 374f Vorriff 403
–, mechanisches 33 –, von Kieselsäure 374f Vorriff-Schutt 403
–, Newtonsches 269 –, von SiO2 374 Vulkane 55, 241ff, 456, 527
Verhüttung 50f, 63, 87, 109, 113, 120, 126, –, Neutralpunkt 374f –, aktive 215, 241f, 584f
377, 407 –, oxidierende 381 –, Definition 241
Verkarstung 400 –, pH-Wert 376, 380 –, Magmaförderung
Verkieselung 40, 175, 189, 360, 459 –, Redoxpotential 380 –, kontinentale 273
–, hydrothermale 360, 459 –, reduzierende 381 –, ozeanische 273
Vermiculit 172, 178, 239, 332, 374f, 378 –, saure 376, 381 –, ruhende 241f
–, expandierter 178 Verwitterungsneubildungen 374f, 385, 394 –, Tiefenfortsetzung 258
–, Neubildung, Klimaabhänigkeit 375 –, Klimazonen –, Verteilung, globale 242
–, Ni-haltiger 378 –, aride 374 Vulkanausbruch 247
Vernadit 112, 409 –, humide 374 –, El Chichón (Mexiko) 249
Verneuil-Verfahren 41, 108, 111 Verwitterungsprodukte 371, 375f, 385 –, explosiver 246
Verpackungsmaterial 178 –, allochthone 376 –, Fossa di Vulcano 249
Verrucano 254 –, autochthone 376 –, Krakatau (Indonesien) 249
Versenkung 421 Verwitterungsprofil 380 –, Laacher-See-Vulkan (Eifel) 249
Versenkungsmetamorphose, regionale 437, Verwitterungsprozesse 50, 252, 371, 390, –, Monte Somma 249
498 394, 405 –, Mount Saint Helens (Washington) 249
Versenkungstiefe 422 Verwitterungsreste 385 –, Nevado del Ruiz (Kolumbien) 250
Versetzung, Wandern 451 Verwitterungsschäden 371 –, Pinatubo (Luzon-Halbinsel, Philippi-
Versetzungsdichte 451 Verwitterungszone 373, 375 nen) 250
Versetzungsgleiten 451 Very-Low-Ti-Gruppe (VLT), Mondgesteine –, Santorin (Kykladen) 249
Versetzungskriechen 451 540 –, Typ 249
Versteinerungsmittel 42 Verzinken 87 –, Vesuv 249
710 Index
Atlantis-II-Tief (Rotes Meer), Sedex- Banat (Rumänien), Siderit 353 Bilbao (Nordspanien), Siderit 353
Lagerstätte 365 Bancroft (Ontario, Kanada), Pegmatit 339 Billiton (Indonesien), Zinn 348
Ätna (Sizilien) 241f, 252, 254, 265f, 513 Bangka (Indonesien), Zinn 348 Bingham (Utah)
–, Ausbruch 243 Banska Štiavnica (Schemnitz, Slowakisches –, Gold 350
–, Dampftätigkeit 265 Erzgebirge) –, Kupfer 350
–, Stratovulkan 252 –, Gold 356, 376 Black Hills (South Dakota), Pegmatit 339f
Aue (Erzgebirge), Uranerz 358 –, Kaolin 376 Bleiberg-Kreuth (Kärnten), Blei-Zink
Aue-Niederschlema (Erzgebirge) Barberton (Südafrika) (MVT-Lagerstätte) 366
–, Uranbergbau 51 –, Alter 354 Blind-River-Gebiet (Huron-See, Ontario)
Aufhauen (Nördlinger Ries), Coesit 431 –, Auswurf-Decke 563 –, Gold-Seife, fossile 113, 393
Austral-asiatischer Raum, Mikrotektit- –, Gold 354 –, Uran 113
Streufeld 563 –, Greenstone Belt Boddington (Perth, West-Australien)
Australien 72 –, Impakt-Krater 563 –, Gold 350
–, Diamant 77 Barr-Andlau (Vogesen), Kontakthof 425 –, Residual-Lagerstätte 378
–, Gold 72 Barringer-Krater (Arizona) 429, 548f Bodenmais (Bayerischer Wald), Pegmatit
–, Komatiit 233 Basal Reef (Witwatersrand, Südafrika), ged. 338
–, Lamproit 525 (elementares) Gold 392f Böhmen, Tektite 563
–, Meteorit 550f Basin and Range Province (USA), Böhmerwald
–, Monazit 138 Alkali(Olivin-)basalte 237 –, Granitpluton 225
–, Neufunde 550f Bathurst in New Brunswick (Kanada), –, Migmatit 453
–, Seltenerd-Elemente (SSE) 138 VMS-Lagerstätte, Zyperntyp 363 Böhmisches Mittelgebirge
–, Silikatbauxit 377 Bauersberg (Rhön) Olivinknolle 38 –, Basalt 38
–, Tektite 563f Bayan Obo (Innere Mongolei, Nordchina) –, Foidmonzodiorit 235
–, Versenkungsmetamorphose 437 –, Eisen 331f –, Foidmonzogabbro 235
–, Woodruff-Thrust-Zone 429 –, Fluorit 102, 331f, 367 –, Granat-Seife 394
Auvergne (Zentralfrankreich) –, Niob 138, 331f –, Phonolith 235
–, Basanit 237 –, Seltenerd-Elemente (SSE) 138, 331f –, Tephrit 237
–, Phonolith 235 Bayerischer Wald –, Trachyt 235
–, Tephrit 237 –, Cordierit-Gneis 502 Boliden (Schweden), Sulfid-Skarnerz 457
–, Trachyt 235 –, Diorit 225 Bolivianischer Zinngürtel, Zinn-Silber-
Azoren –, Gabbro 227 Wismut-Erzgänge 357
–, Mantel-Plume 533 –, Granitpluton 225 Bolivien
–, Trachyt 235 –, Kristallin, variscisches 434 –, Antimonit 359
–, Migmatit 453 –, Mangan 408
B –, Pegmatit 339 Bor (Serbien), Kupfer 350
–, Pfahl (Oberpfalz) 360 Bornholm (Dänemark), Granit-Verwitte-
Bad Brambach (Erzgebirge), Radonbad 51 –, Rauchquarz 184 rung 372
Bad Ems (Rheinisches Schiefergebirge), Bayern, Bentonit 376 Bosumtwi-Krater (Ghana)
Blei-Zink 357 Bay-of-Islands (Neufundland, Kanada), –, Impakt 564
Bad Grund (Harz), Blei-Zink-Erz 357 Ophiolith-Komplex 519 –, Tektite 564
Bad Kreuznach (Nahe), Radonbad 51 Bendigo (Australien), Gold 355 Botswana
Bad Schlema (Erzgebirge), Radonbad 51 Bengalen (Indien), Pegmatit 339 –, Diamant 77
Bad Lauterberg (Harz), Hämatit 359 Benue-Trog (Nigeria), Blei-Zink –, Mond-Meteorit (Achondrit) 539
Baden, Eisenstein 407 (MVT-Lagerstätte) 366 Boulder-Batholith (Montana), Kupfer 356
Bafq-Distrikt (Iran), Oxiderz 365 Bergener Granitpluton (West-Erzgebirge) Brandberg-Batholith (Namibia) 259f
Bagagem (Brasilien), Perowskit 110 425, 504 Brandholz-Goldkronach (Fichtelgebirge),
Baguio (Philippinen), Gold 356 –, Kontakthof 425 Gold 355
Bahamabank (Karibik), Dolomit-Bildung Bergisches Land, Blei-Zink 357 Brasilien
404 Berkreim-Sogndal (Norwegen), Layered –, Achat 184f, 254
Baikalsee (Sibirien), Oxiderz 365 Intrusion 263 –, Amethyst 184f
Bajo de la Alumbrera (Argentinien), Gold Berlin, Olympiastadium 403 –, Diamant 77
350 Bernic Lake (Manitoba, Kanada), Pegmatit –, Edelstein-Pegmatit 339
Bakal (Russland), Siderit 353 339 –, Kaolin 376
Balchasch-See (Kasachstan) Besshi, Schikoku (Japan), VMS-Lagerstätte, –, Monazit 138
–, Aplitgranit 196 Besshi-Typ 363 –, Pegmatit 339
–, Mikroklin 196 Betze Post (Nevada), Gold 353 –, Rauchquarz 184
–, Plagioklas 196 Bieber (Spessart) –, Seltenerd-Elemente (SSE) 138
Ballachulish (Schottland) –, Buchit 505 –, Sodalith 200
–, Intrusivkomplex 426 –, Co-Ni-Bi-Gänge 358 Braubach (Rheinisches Schiefergebirge),
–, Tonschiefer 438 –, Siderit 353 Blei-Zink 357
Ballarat (Australien), Gold 355 –, Spateisenstein 353 Breisach (Oberrhein), Gold-Seife 391
Baltis Vallis (Lava-Tunnel, Venus) 572 Big Hole Diamant-Mine (Kimberley, Bristol (England), Coelestin 131
Baltischer Schild, Sulfiderz 457 Südafrika) 524 British Columbia (Kanada), Gold-Seife
Bamble (Südnorwegen), Skapolithisierung Bihar-Orissa-Gebiet (Indien), Eisen (BIF, 391
457 Superior-Typ) 407 Brocken-Granit, Harz 260
Geographischer Index 715
Broken Hill (Australien) Chanpo (Dachang, China), Sedex- Criffel (Schottland), Granitpluton 262
–, Blei-Zink-Lagerstätte 66, 86 Lagerstätte 366 Cripple Creek (Colorado)
–, Kieslager 366 Charon (Pluto-Mond) 568, 589, 591f –, Gold 356
–, Sedex-Lagerstätte 366 Chassigny (Frankreich), Mars-Achondrit –, Kaolin 376
Broken-Ridge-Plateau (Süd-Indik), 559 Cueva de los Cristales, Naica-Mine, Santo
submarine Flutbasalte 245 Chatagay (Usbekistan), Karbonatit 75 Domingo (Chihuahua, Mexiko)
Brothers-Vulkan (Süd-Pazifik) 363 Chibiny (Kola-Halbinsel, Russland), –, Gipshöhlen 132ff
–, Gold 363 Magnetit-Apatit-SEE 332 –, Riesenkristalle von Gips 133
Bündner Schiefer (Schweizer Alpen) 438 Chicxulub-Struktur (Yucatán, Mexiko) Cuyuna-Range (Minnesota), Eisen (BIF,
Burma (siehe Myanmar) –, Auswurf-Decke 563 Superior-Typ) 407
Bushveld-Komplex (Südafrika) 106, 263, –, Impakt-Krater 549f
278, 326f, 329f Chihuahua (Mexiko), Meteorit Allende 556 D
–, Chromitit-Bänder 326f Chile
–, Gabbro 227 –, Gold 350 Dabie Shan (China)
–, Layered Intrusion 263f, 300 –, Nitrat 411 –, Coesit 187, 437, 509
–, Merensky-Reef 329 –, Pallasit Imilac 560 –, Diamant 437, 510
–, Platreef 330 –, Proustit 96 Dactyl (Satellit des Asteroiden Ida) 580
–, Schichtung, magmatische 278 China, VR Dakota (USA), Gold 355
–, Titanomagnetit-Lage 327 –, Diamant-Synthese 79f Dalmatien, Kalkbauxit 377
–, UG2-Chromitit-Horizont 327 –, Edelstein-Pegmatit 339 Dalnegorsk, Primorskij Kraj (Ostsibirien)
Butte (Montana), Kupfer 350, 356 –, Gold 72, 350, 355 –, Galenit 86
–, Jade 164 –, Pyrrhotin 89
C –, Kunsthandwerk 165 Dalradian (schottische Kaledoniden),
–, Monazit 138 Zonengliederung, metamorphe 433
Cabeus (Impakt-Krater, Erdmond) 542 –, Wolfram 348 Damara-Gürtel (Namibia) 445
Cadia Hill (Australien), Gold 350 –, Zinnseife 394 –, Falte 432
Cajamarca-Distrikt (Peru), Gold 350 Chinkolobwe (Provinz Shaba, Republik –, Gold-führendes Skarnerz 351
Caloris-Becken (Impakt-Struktur, Merkur) Kongo/Zaire), Uran, Radium 359 –, Metaturbidit 445
569f Chryse Planitia (Hochland, Mars) 578 –, Migmatit 452
Calypso (Saturn-Mond) 588 Chuquicamata (Chile), Gold, Kupfer 350 –, Mineralzone, metamorphe 434
Campi Flegrei (bei Neapel, Italien) Cínovec (Zinnwald, Erzgebirge, Tschechien), Dänemark, Evaporit 413
–, Fumarolentätigkeit 254 Zinnerz 212, 347ff Dannemora (Adirondacks, New York),
–, Gefahrenpotential 253 Clausthaler Gangrevier (Oberharz), Blei, Zirkon 147
–, Trachyt 235 Zink 357 Dar al Gani (Libyen), Mars-Meteorit
Cananea (Mexiko) Climax-Mine (Colorado), Molybdän 349 (Shergottit) 558
–, Gold 350 Clinton (Alabama), Eisen (BIF) 407 Davetsaub (Khomas-Hochland, Namibia),
–, Kupfer 350 Cloncurry (Queensland, Australien), Gold Migmatit 452
Canyon Diablo (Arizona), Eisenmeteorit 378 Deimos (Mars-Mond) 578f
(Oktaedrit) 549, 563, 611 Cobalt (Ontario, Kanada), Silber, Kobalt 358 Dekhan-Trapp (Indien)
Carajás (Brasilien), IOGC-Lagerstätte 365 Cocos-Platte 242 –, Lavadecke 245
Carancas (Titicaca-See, Peru), Meteorit Coeur d’Alene-Bezirk (Idaho), Blei-Silber- –, Silikatbauxit 377
(Chondrit) 550, 555 Zink 357 Desaguadero (Titicaca-See, Peru), Meteorit
Carlin (Nevada), Gold 352 Colorado (USA) Carancas 550
Carlsbad (New Mexico), Guano 410 –, Amazonit 196 Deutschland, Kalisalz 414
Carrara (Italien), Marmor 119, 442f –, Edelstein-Pegmatit 339 Dinariden (Balkan), Ophiolith-Komplex
Cassini’sche Teilung 582, 590 –, Kupfer 398 519
Castalia (Doppelasteroid) 580 Colorado-Plateau (USA), Uran 394 Dione (Saturn-Mond) 588
Cave-in-Rock-Distrikt (Illinois und Columbia River (USA), Flutbasalt 245 Djebel Dokhan (Ägyptische Ostwüste),
Kentucky, USA) Comstock Lode (Nevada) Dacit (Porfido rosso antico) 229
–, Fluorit (MVT) 367 –, Gold 356 Dominion Reef (nahe Johannesburg,
–, MVT-Lagerstätte 367 –, Kaolin 376 Südafrika)
Centre-Hill-Komplex (Kanada), magma- Conakry (Guinea), Laterit-Eisenerz 377 –, Konglomerat 393
tische Schichtung 277 Connecticut (USA), Edelstein-Pegmatite –, Uran 393
Ceres (Asteroid) 567, 579f 339 Donezbecken, Quecksilber 364
–, Eigengravitation 580 Coolgardie (West-Australien), Gold 378 Doniambo (Neukaledonien), Nickel 378
Cerro Colorado (Panama), Kupfer 350 Cornwall (SW-England) Doppelplanet Pluto-Charon 591f
Cerro de Mercado (Mexiko) –, Kaolin 376, 460 Dora-Maira-Massiv (Italienische Alpen)
–, Eisenerz 331 –, Lagerstätte, magmagebundene 346 –, Coesit 187, 437, 509f
–, Magnetit-Apatit 331, 365 –, Turmalinisierung 457 –, Granat-Quarzit 509f
Cerro de Potosi (bolivianischer Zinngürtel), –, Wolfram 348 –, Pyropquarzit 187
Zinn, Silber 358 –, Zinnbergbau 347 –, Ultrahochdruckgestein 486
Cerro Matoso (Kolumbien), Nickel 378 –, Zinnseife 394 Dornot (Mongolei), Uran 113
Chagatay (Usbekistan), natürliche Cortez (Nevada), Gold 353 Drachenfels (Siebengebirge)
Kohlenstoff-Nanofasern 75 Crater Lake (Kaskaden-Provinz, Oregon), –, Lavadom (Quellkuppe) 246
Chanaracillo (Chile), Proustit 96 kalkalkalische Vulkanit-Serie 274 –, Trachyt 37, 235
716 Index
Dreiser Weiher (Eifel), Peridotit 228f, 524 –, Diamant 78, 437, 510 Frankreich (Ile de Groix), Blauschieferfazies
Dreislar (Sauerland), Baryt 360 –, Eklogit 507f 505
Duluth (Minnesota) –, Gold 356 Französisches Zentralmassiv 359
–, Gabbro-Komplex, Fe-Ti-Oxid 327 –, Granitpluton 225 –, Baryt 360
–, Layered Intrusion 263 –, Hämatit 359 –, Fluorit 359
Dundas (Tasmanien), Krokoit 134 –, Pluton 260 –, Uran 359
Duppauer Gebirge (Nordböhmen), –, Teufenunterschied 380 Freiberg (Erzgebirge), Blei, Zink 357
Leucittephrit 237 –, Wolfram 348 Fuchsgraben (Vorspessart), Staurolith-
Durango (Mexiko) –, Zinnbergbau 347 Glimmerschiefer 438f
–, Eisenerzvorkommen 331 –, Zinnseife 394 Fürstenstein (Bayerischer Wald),
–, Magnetit-Apatit 331, 365 Esperito Santo (Brasilien), Chrysoberyll Granodiorit 226f
Dzierz· oniów (Reichenbach, Schlesien), 104 Füssen (Bayerische Alpen), Meteorit
Granit 36 Etendeka-Gebiet (Afrika) Neuschwanstein 550
–, Flutbasalt 245
E –, Vulkanit 259 G
Etoscha-Pfanne (Namibia), Evaporit 411
Eagle Station (Kentucky, USA), Pallasit 560 Euganäen (Norditalien), Andesit, Rhyolith Gabun (Äquatorialafrika)
Eagle’s Nest (Kalifornien), ged. Gold 72 229 –, Mangan 408
Echassières (Frankreich), Pegmatit 339 Eurasische Platte 242, 437, 456 –, Uran 112, 359
Ecuador, VMS-Lagerstätten, Zyperntyp 363 Europa (Jupiter-Mond) 582, 584f, 586, 588 Galeras (Kolumbien)
Eger-Graben, Thermen 254 Explorer-Rücken (Pazifik), Massiverzhügel –, Explosivitäts-Index (VEI) 248
Ehrenfriedersdorf (Sächsisches Erzgebirge), 362 –, Vulkan 248
Pegmatit 336f Eyafjallajökull (Island), Vulkanausbruch Gamsberg (Südafrika), Blei-Zink (Sedex,
Eifel 249 Kieslager) 366
–, Alkali(Olivin-)basalt 237 Gangrevier, westerzgebirgisches 358
–, Dreiser Weiher, Peridotit 228f, 524 F Ganymed (Jupiter-Mond) 582, 584f, 586,
–, Laacher See 235, 237, 249f, 458, 505 588
–, Maar 251 Fairbanks (Alaska) Gemsbok-River-Formation (Damara-
–, Spinell-Lherzolith-Xenolith 524 –, Gold 355 Orogen, Namibia), Falte 432
–, Tholeiitbasalt 231 –, Gold-Seife 391 Geographos (Asteroid) 580
El Indio (Chile), Gold 356 Falun (Schweden), Sulfiderz 457 Geophysical Laboratory, Carnegie
El Teniente (Chile), Kupfer, Molybdän 350 Farm Hoba-West (Namibia), Eisenmeteorit Institution, Washington, D.C. (USA) 281
El Chichón (Mexiko), Plinianischer (Ataxit) 73, 430, 549, 563 Georgia (USA)
Ausbruch 249 Felbertal (Hohe Tauern, Österreich), –, Kaolin 376
Elba (Italien) Scheelit 366 –, Tektite 563
–, Edelstein-Pegmatit 339 Fen-Distrikt (Norwegen) Ghana
–, Skarnerz 351 –, Hämatit 457 –, Gold 72, 355
Elbtalzone (Sachsen), Monzonit 234 –, Karbonatite 237, 239 –, Mangan 408
Elfenbeinküste (Westafrika), Tektite 563 –, Niob 457 Gibeon (Namibia), Meteoriten-Streufeld
Elgersburg (Thüringer Wald), Mangan 359 Fennoskandischer Schild, Migmatit 453 549, 563
Elysium Planitia (Mars) 576 Fichtelgebirge Giftbach, Reichenstein (ZÝoty Stok),
Elysium-Schwelle (Mars) 574, 576 –, Gold 355 Schlesien 50
Emperor (Fidschi-Inseln), Gold 356 –, Pluton 225, 260 Gipul Catena (Kraterkette, Jupiter-Mond
Enceladus (Saturn-Mond) 588 –, Radon 51 Kallisto) 587
Encke-Lücke (Saturn-Ringe) 590 –, Rauchquarz 184 Gizeh (bei Kairo, Ägypten), Nummuliten-
England, Evaporite 413 Finnland kalk 44
Epupa-Komblex (Namibia) –, Edelstein-Pegmatit 339 Glattbach (Vorspessart), Pegmatit 338
–, Granulit, basischer 464 –, Kimberlit 239 Glen Coe (Schottland), Rhyolith 57, 229
–, Ultrahoch-Temperatur-Metamorphose Fischfluss-Canyon (Namibia), Diskordanz Gneismasse, Münchberger 508
503 60 Goldene Meile (Kalgoorlie, Westaustralien),
Erbendorf (Oberpfalz) Flamanville (NW-Frankreich), Granitpluton Gold 355
–, Grünschiefer 39, 521 262 Goldkronach (Fichtelgebirge), Antimonit
–, Magnetit 39 Florida (USA) 359
Eris (Zwergplanet) 591 –, Dolomit-Bildung 404 Goldküste (Ghana), Gold 355
Ernest Henry (Queensland, Australien), –, Monazit 138 Golf von Kalifornien, Sedex-Lagerstätte
Gold 365 –, Phosphor 410 365
Eros (Asteroid) 580f –, Seltenerd-Elemente (SSE) 138 Golf von Mexiko, Salzdiapir, Erdöl 414
Erzberg (Steiermark), Siderit 353 Fongen-Hyllingen (Norwegen), Layered Gondwana 260
Erzberg, Hüttenberger (Kärnten), Siderit Intrusion 263 Gorduno (Tessin, Schweiz), Granat-
353 Fort Benton (Wyoming), Bentonit 376 Peridotit 446
Erzgebirge Franciscan Formation (Kalifornien) Goslar (Harz), Sedex-Lagerstätte 366
–, Baryt 360 –, Blauschieferfazies 505f Gran Canaria, Moganit 187
–, Bergbau 347f –, Hochdruckgestein 436 Grängesberg (Schweden), Eisenerz 331
–, Blei-Silber-Zink 357 –, paired metamorphic belt 437 Granitmassiv, westerzgebirgisches,
–, Coesit 187, 437, 509 Franken, Minette-Erze 407 Kontaktaureole 424
Geographischer Index 717
Granulit-Gebirge, Sächsisches 503 Harliberg (bei Vienenburg), Kalkstein, Holzmaden (Württemberg), Posidonien-
Grasberg (Indonesien), Gold 350 oolithischer 389 schiefer 397
Great Bear Lake (North-West Territories, Hartkoppe (bei Sailauf, Spessart), Rhyolith Homestake Mine (Süd-Dakota), Gold 355
Kanada), Bi-Co-Ni-Ag-U 359 230f Howard’s Pass (Kanada), Blei-Zink (Sedex,
Great Dyke (Simbabwe) Harz Kieslager) 366
–, Chromit 326 –, Baryt 360 Huelva-Distrikt (Südspanien), Kupfer
–, Layered Intrusion 263 –, Bergbau 354f (VMS-Lagerstätte, Kuroko-Typ) 364
–, PGE-Lagerstätte 330 –, Blei-Zink-Erzgänge 357 Hunan (China), Antimonerz 359
Great Tonalite Sill (Alaska/British Colum- –, Dachschiefer 438 Hunzatal (Kaschmir)
bia) 262 –, Fluorit 360 –, Kalkstein, metamorpher 108
Greenbushes-Pegmatit (West-Australien) –, Gabbro 227 –, Rubin, Saphir 109
339 –, Granitpluton 225 Hüttenberger Erzberg (Kärnten), Siderit 353
Greenvale (Queensland, Australien), Nickel –, Grauwacke 389 Hyderabad (Indien), Citrin 184
378 –, Peridotit 227 Hygiea (Asteroid) 580
Griechenland –, Spilit 460 Hyperion (Saturn-Mond) 588
–, Kalkbauxit 377 Harzvorland, sedimentäre Eisenerze 407
–, Vourinos-Komplex 519 Haslach (Schwarzwald) Sprengung 520 I
Grönland Haumea (Zwergplanet) 591
–, Alkalifeldspat-Granit 234 Hawaii (USA) 241 I. G. Farbenindustrie A. G. (Bitterfeld),
–, Pegmatit 340 –, Alkali-(Olivin-)Basalte 237, 528, 608 Igmerald 157
–, Tholeiitbasalt 231 –, Basalt 223 Iberischer Pyrit-Gürtel, VMS-Lagerstätte,
Groote Eylandt (Nord-Australien), Mangan –, Erdkruste, ozeanische 520 Kuroko-Typ 364
408 –, Magma-Kammer 216 Iberisches Massiv, Kaolin 376
Großer Ararat (Türkei), Olivintholeiit 232f –, Mantel-Plume 533 Idaho (USA), Kristalldruse 34
Großer Geysir (Island) 254 –, seismische Unruhe vor Vulkanaus- Idar-Oberstein (Nahe), Achat 254
Grube Clara (Oberwolfach, Schwarzwald), bruch 523 Idrija (Krain, Slowenien), Quecksilber 90,
Fluorit 360 –, Tholeiit(-basalt) 231, 237, 528 364
Grube Himmelfürst-Fundgrube (bei Brand- –, Vulkanismus, aktiver 243f Iglesias (Sardinien), Blei-Zink-Ver-
Erbisdorf, Erzgebirge), Erzgang 354 Hegau, Phonolith 235 drängungslagerstätte 352
Grube Wilhelmine, Sommerkahl (Spessart) Hekla-Vulkan (Island) 267 Ile de Groix (Frankreich), Blauschiefer-
344 Helgoland, Sprengung 520 fazies 505
Grubenbezirk Holzappel–Bad Ems– Hellas-Becken (Impakt-Becken, Mars) 547, Ilfeld (Harz), Mangan 359
Braubach, Blei-Zink-Gänge 357 576 Ilímaussaq (Grönland), Uraninit 113
Grunehogna-Nunatak (Dronning-Maud- Helleniden (Griechenland) Illinois (USA), Fluorit (MVT-Lagerstätte)
Land, Antarktika), Diorit-Intrusion 262 –, Blauschieferfazies 506 360, 367
Guaniamo (Venezuela), Diamant 77 –, externe 506 Ilmenau (Thüringer Wald), Mangan 359
Guayana –, Hochdruckgürtel 437 Imandra (Kola-Halbinsel, Russland)
–, BIF, Algoma-Typ 407 –, Ophiolith-Komplex 519 –, Chromit 327
–, Laterit-Eisenerz 377 Henderson-Mine (Colorado), Molybdän –, Layered Intrusion 327
Gunflint-Range (Ontario, Canada), Eisen 349 Imilac (Chile), Pallasit 560
(BIF, Superior-Typ) 407 Herculaneum (Neapel), Aschenstrom 249 Indien
Gürtelsterne des Orion 631 Herschel (Krater, Saturn-Mond Mimas) 588 –, Citrin 184
Hesperium (Mars) 574 –, Dekhan-Trapp Flutbasalt 245
H Himalaya –, Diamantvorkommen 77
–, Anatexis, partielle 456 –, Edelstein-Pegmatit 339
Habachtal (Hohe Tauern), Smaragd 459 –, Bildung von Granit-Magmen 456 –, Monazit 138
Haemus Mons (Vulkan, Jupiter-Mond Io) –, Coesit 509 –, Palni Range, Granulit 503
585 –, Hebungsrate 487 –, Seltenerd-Elemente (SSE) 138
Hagendorf (Oberpfalz), Pegmatit 340 –, Kontinent-Kontinent-Kollision 528 –, Sodalith 200
Hakone (Honshu, Japan), geothermisches Hindukusch-Gebirge (Afghanistan), Indische Platte 242, 437, 456
Feld 432 Weißschiefer 509 Indischer Ozean, Manganknollen 408
Halemaumau (Hawaii) Hindukusch-Zone, Kontinent-Kontinent- Indochina, Tektit 563
–, Gase 266 Kollision 437 Indonesien
–, Lavasee 245, 266f Hirschau-Schnaittenbach (Oberpfalz), –, Gold 72
–, Temperatur 267 Kaolin 376 –, Laterit-Eisenerz 377
–, Temperaturverteilung 267 Hlinik (Ungarn), Pechstein 232f –, Ophiolith-Komplex 519
Halle (Sachsen-Anhalt), Kaolin 376 Hoangho (China), Löss 395 –, Silikatbauxit 377
Halsbrücke (bei Freiberg, Erzgebirge), Hoba West-Farm (Grootfontein, Namibia), –, VMS-Lagerstätte, Zyperntyp 363
Fluorit, Baryt 360 Eisenmeteorit 73, 430, 549, 563 –, Wolfram 348
Hamelin Pool, Shark Bay (Westaustralien), Hofburg (Wien), Kronschatz des Deutschen Indonesisches Archipel, Zinn 348
Stromatolith 43 Kaiserreiches 39 Inn, Seifengold 391
Hamersley Range (Westaustralien), Eisen Hohe Tauern, Gold 355 Io (Jupiter-Mond) 582, 583ff, 588
(BIF, Superior-Typ) 407 Hohentwiel (Hegau), Quellkuppe 246 –, Differentiation 585
Hardegsen-Formation 59 Holzappel–Bad Ems–Braubach, Blei-Zink –, Haemus Mons (Vulkan) 585
Harding-Pegmatit (New Mexico) 338 357 –, Loki-Region, Lavasee 585
718 Index
Irai (Rio Grande do Sul, Brasilien) Jupiter (Riesen-Gasplanet) 547, 567ff, 579ff, Kanarische Inseln
–, Achat 184 596 –, Basanit 237
–, Amethyst 184 –, Bahnelemente 569 –, Mantel-Plume 533
Irkutsk am Baikalsee (Sibirien), Eisen 365 –, Monde 584, 588, 591 –, Phonolith 235
Iron Mountain (Missouri), Eisenerz 331 –, Mantel, Silikatmantel 584f –, Sahara-Staub 395
Isar, Seifengold 391 –, Metallkern 584ff –, Tephrit 237
Ischia (Italien), Trachyt 235 –, Silikatkruste 584f –, Trachyt 235
Isergebirge, Granitpluton 225 Juttulhogget, Dronning Maud Land (Ost- Kankan (Guinea) Diamant 77f
Ishtar Terra (Hochland, Venus) 571 antarktika), magmatischen Gänge 61 Kansas (USA), Blei-Zink (MVT-Lagerstätte)
Island Jwaneng (Botswana) 366
–, Flutbasalt 245 –, Diamant 77f Kaoko-Gürtel (Namibia)
–, Geysir 254 –, Framesit 79 –, Kyanit-Zone 434, 482
–, Plateaubasalt 245 –, Mineralzone, metamorphe 434
–, Rhyolith 229 K Kap-Verde-Inseln, Staubeintrag 395
–, Tholeiitbasalt 231 Kara Oba (Kasachstan), Kristalldruse 34
Istrien, Kalkbauxit 377 Kaiserstuhl Karabugas-Bucht (Kaspisches Meer),
Itabira (Brasilien), BIF 406 –, Basanit 237 Evaporit-Bildung 412
Italien –, Foidmonzodiorit 235 Karibik
–, Elba, Edelstein-Pegmatit 339 –, Foidmonzogabbro 235 –, Dolomit-Bildung 404
–, Kalkbauxit 377 –, Leucitbasanit 237 –, Jadeitit 164f
Italienische Alpen, Coesit 510 –, Leucittephrit 237 Karibische Platte 242
Iveland (Norwegen), Monazit 138 –, Limburgit 57 Karlsbad (Karlovy Vary, Tschechien) 254
Ivrea-Zone (Valle Strona, Südalpen) –, Phonolith 235 –, Kaolin 376
–, Amphibolitfazies 520 –, Tephrit 237 –, Sprudelstein 254
–, Granulitfazies 520 Kalabrien (Süditalien) –, Thermen 254
–, Karte, geologische 521 –, Blauschieferfazies 505 Kärnten, Blei-Zink (MVT-Lagerstätte) 366
–, Krustenprofil 520f –, Krustenprofil 520 Karoo-Gebiet (Afrika)
–, Peridotit 227 Kalahari (Botswana), Achondrit –, Dolerit 524
Ivuna (Tansania), Meteoriten-Fall 556 Kalahari 008 539 –, Flutbasalt 245
Izalco (El Salvador), Vulkan „Leuchtturm Kalahari-Erzfeld (Südafrika), Mangan 408 –, Sediment 259
des Pazifik“ 241 Kaledoniden, Kupfer (VMS-Lagerstätten, –, Tonstein 524
Besshi-Typ) 364 Karpaten
J Kalgoorlie (West-Australien), Gold 355 –, Andesit 229
Kalifornien (USA) –, Staublunge bei Bergleuten 49
Jabiluka (Northern Territory, Australien), –, Blauschieferfazies 505f –, Gold- und Gold-Silber 356, 460
Uran 368 –, Borat 411 –, Nephelinsyenit 235
Jachymov (St. Joachimsthal, Tschechien), –, Edelstein-Pegmatit 339 –, Rhyolith 229
Uran 51, 112, 358f –, Franciscan Formation 506 –, slowakische, Antimonit 359
Jacobeni (Ostkarpathen, Rumänien), –, Gold-Quarz-Gänge, orogene 355 Kaskaden-Gebirge (Nordamerika), aktiver
Mangan 408 –, Gold-Seife 391 Kontinentalrand 528
Jagersfontein (Südafrika), Diamant 77f –, Hochdruckgestein 436 Kasseler Grund (Bieber, Spessart), Buchit 505
Jakutien (Ostsibirien) –, Jadeitit 164f Katanga (Republik Kongo/Zaire)
–, Diamant 77 –, Quecksilber 364 –, Kobalt 377
–, Glimmerschiefer 39 Kalkalpen, Blei-Zink (MVT-Lagerstätte) –, Kupfer 377, 398
Jangxi-Provinz (VR China), Zinn 348 366 Katzenbuckel (Odenwald), Shonkinit 235
Japan Kalkutta (Indien), Charnockit 442 Keiko-Erzzone (Japan), Kupfer
–, Blauschieferfazies 505 Kallisto (Jupiter-Mond) 550, 582, 584, 586, (VMS-Lagerstätte) 364
–, Hochdruckgestein 436 588 Keivy (Kola-Halbinsel, Russland), Staurolith
–, Inselbogen, ensialischer 528 –, Fraktionierung 587 152
–, Jadeitit 164 –, Impakt-Struktur 587 Kemmlitz (Sachsen), Kaolin 376
–, VMS-Lagerstätten, Zyperntyp 363 Kalmakyr (Usbekistan), Gold 350 Kempirsai-Massiv (Ural), Chromit 327
–, Zeolith-Fazies 498 Kambalda-Distrikt (Westaustralien), Kenia
Japan-Graben 242 Nickelmagnetkies-Kupferkies 331 –, Edelstein-Pegmatit 339
Java, Coesit 509 Kambodscha, Zirkon 148 –, Tsavorit 149
Jenissei (Sibirien), Gold-Seife 355, 391 Kanada –, Turmalin 160
Jilin (VR China), Meteoriten-Streufeld –, Acasta-Gneis-Komplex 547 Kenticha Mine (Äthiopien), Columbit-
549 –, Diamant 77 Tantalit 340
Joe Wright Mountain (Arkansas), Eisen- –, Diatrem 524 Kentucky (USA)
meteorit (Oktaedrit) 73 –, Gold 72 –, Fluorit 360, 367
Joplin (Missouri), Blei-Zink –, Kalisalz 414 –, MVT-Lagerstätte 367
(MVT-Lagerstätte) 366 –, Kimberlit 239 Kerguelen-Plateau (Süd-Indik), submarine
Juan-de-Fuca-Platte 242, 246 Kanadischer Schild Flutbasalte 245
Jubilejnaja-Grube (Jakutien), Diamant –, Eisenformation, gebänderte (BIF) 481 Kermadec-Graben (Süd-Pazifik) 363
77f –, Gold 355 –, Gold 363
Jugoslawien, Antimonit 359 –, Migmatit 453 –, Hydrothermal-Aktivität 363
Geographischer Index 719
Keurusselkä (Impakt-Krater, Finnland) 549 Komati River (Südafrika), Komatiit 233 –, Leucittephrit 237, 505
Keweenaw-Halbinsel (Lake Superior, Kombat (Namibia), Kupfer-Arsen 352 –, Phonolith 235
Michigan), Kupfer 350 Kondjor (Ostsibirien) –, Sanidinit 458, 505
Key Lake (Athabasca-Distrikt, Kanada), –, Ferroplatin 74 Labrador-Trog (Kanada), Eisen (BIF,
Uran 366ff –, PGE-Seife 74, 391 Superior-Typ) 407
Khetri-Komplex (Rajasthan, NW-Indien) Kongo, Republik (Zaire) Lac de Gras (Kanada), Diamant 77f
–, Albitisierung 458 –, Diamant, Blutdiamant 77 La Charme (Vogesen), Granat-Lherzolith 527
–, Na-Metasomatose 458 –, Edelstein-Pegmatit 339 Lac Tio (Allard Lake, Kanada), Ilmenit 328
Khomas-Hochland (Namibia), Meta- –, Zinn-Seife 394 Lac-Saint-Jean Komplex (Quebec, Kanada),
turbidite 445 Kongo-Kraton (Zentralafrika) Anorthosit 227
Kidd Creek (Timmins, Ontario), –, Carbonados 79 Ladolam (Papua-Neuguinea), Gold 356
VMS-Lagerstätte 364 –, Migmatit 453 La Escondida (Chile), Gold 350
Kilauea (Hawaii) 241 Kongsberg (Südnorwegen), Silber 358 Lago Maggiore (Westalpen), seismisches
–, Explosivitäts-Index (VEI) 247f Kopernikus-Krater (Erdmond) 545 Profil 522
–, Gase 266 Korea Lahn-Dill-Gebiet (Hessen)
–, Lavavulkan, aktiver 243ff, 266ff –, Wolfram 348 –, Basalt, doleritischer 289
–, Pahoehoe-Laven 243 –, Zinn 348 –, Eisen 365
Kilauea Iki (Lavasee, Hawaii) 278 Korsika, Blauschieferfazies 505 –, Keratophyr 460
Kimberley (Südafrika), Diamant-Mine Big Kosaka-Distrikt (Japan), Kupfer –, Schalstein 460
Hole 524 (VMS-Lagerstätte, Kuroko-Typ) 364 –, Spilit 460
Kimberley-Region (Australien), Coccolitho- Kounrad (Kasachstan), Kupfer 350 L’Aigle (Paris), Meteoritenfall 560
phoride 44 Kovdor (Kola-Halbinsel, Russland), Lake Magadi (Kenia), Magadiit 411
King Island, Skarnerz 351 Magnetit-Apatit-SEE 332 Lake Natron (Tansania), Evaporite 411
Kings Mountain (North Carolina), Pegmatit Krafla (Island), geothermische Energie 255 Lake Superior (Michigan), Kupfer 350
339 Krakatau (Indonesien), explosiver Lake-Superior-Provinz, Eisen (BIF,
Kinnekulle (bei Lidköping, Mittel- Vulkanismus 246 Superior-Typ) 407
schweden), Chondrit 555 Krasnojarsk (Sibirien), Pallasit 560 Laki-Spalte (Island) 242
Kinzigtal (Schwarzwald), Blei-Zink 357 Kreml (Moskau), russische Reichskrone 39 –, Förderung, effusive 243
Kirchberg (Vogtland), Rauchquarz 184 Kreta (Griechenland) Landsberg (bei Obermoschel, Rheinpfalz),
Kirchbühl bei Erbendorf (Oberpfalz), –, Aragonit-Marmor 507 Quecksilber 364
ultramafischer Hornfels 444 –, Blauschieferfazies 505ff Langesundfjord (Südnorwegen), Pegmatit
Kirkland Lake (Kanada) –, Hochdruckgürtel 437 340
–, Eisen (BIF, Algoma-Typ) 407 –, Lawsonit-Blauschieferfazies 506 Lassen Peak (Kalifornien)
–, Gold 355 Krivoj Rog (Ukraine), Eisen (BIF, Superior- –, Dacit-Lava 286
Kiruna (Nord-Schweden) Typ) 407 –, Lavadom 246
–, Eisenerz 331 Krokees (Peloponnes, Griechenland), Lau-Becken (Süd-West-Pazifik), Black
–, Magnetit-Apatit 331, 365 Trachyandesit, basaltischer (Porfido Smoker 361
Kleine Antillen, intraozeanischer, ensiali- verde antico) 229, 231 Laurentia 520
scher Inselbogen 528 Kuba Laurion (Attika, Griechenland), Blei-Zink 352
Klondike (Yukon-Distrikt, Kanada), Gold 391 –, Chromit 327 Lausitzer Gebirge, Granitpluton 225
Knollengürtel (nördl. Pazifik), Mangan- –, Laterit-Eisenerz 377 Leadville (Colorado), Blei-Zink 352
knollen 409 –, VMS-Lagerstätten, Zyperntyp 363 Lena (Sibirien), Goldseife 355, 391
Knossos (Kreta, Griechenland), basaltischer Kuiper-Gürtel 567, 591, 596, 632, 634 Leoniden 548
Trachyandesit (Porfido verde antico) 231 Kuke (Kalahari, Botswana), Achondrit Lepontinische Alpen, Wärmedom 437
Kodaro-Udokan-Becken (Sibirien), Kalahari 008 539 Les Baux (Südfrankreich), Bauxit 376
Buntmetalle 398 Kunene-Intrusiv-Komplex (Süd-Angola, „Leuchtturm des Pazifik“ (Izalco, El
Koehn Dry Lake (Kalifornien), Halit 100 Nord-Namibia) Salvador) 241
Koffiefontein (Südafrika), Diamant 77f –, Anorthosit 457, 504 Lherz (Pyrenäen), Peridotit 227
Kokchetav-Komplex, -Massiv (Kasachstan) –, Fenitisierung 457 Liberia (Westafrika), Eisen (BIF, Algoma-
–, Coesit 509 Kupfergürtel, zentralafrikanischer 398 Typ) 407
–, Diamant 437, 510 Kuroko-Erzzone (Japan), Kupfer (VMS, Lihir (Papua Neuguinea), Gold 356
Kola-Halbinsel (Russland) Kurokotyp) 364 Limberg (bei Sasbach, Kaiserstuhl),
–, Chromit 327 Kursk (Ukraine), Eisen (BIF, Superior-Typ) Limburgit 57, 236f
–, Gold 355 407 Limoges (französisches Zentralmassiv),
–, Karbonatit 239 Kykladen Kaolin 376
–, Layered Intrusion 327 –, Hochdruckgesteine 437, 507f Linares (Spanien), Silber 357
–, Magnetit-Apatit-SEE 332 –, Mitteldruckgürtel 437 Lipari (Äolische Inseln), Rhyolith 229
–, Nephelinsyenit 235 Little Boulder Creek (Idaho), Skarnerz 352
–, Tiefbohrung 213, 515 L Little-Three-Pegmatit (Kalifornien) 338
–, Vermiculit 178 Ljubija (Bosnien-Herzegowina), Siderit
Kolar-Distrikt (Mysore, Indien), Gold 355 Laacher See (Ost-Eifel) 353, 359
Kolumbien –, Ausbruch, plinianischer 249f Llallagua (bolivianische Anden), Zinn 357f
–, Coltan-Seife 391 –, Basanit 237 Löbauer Berg (Oberlausitz)
–, Gold-Seife 391 –, Foidit 237 –, Foidite 237
–, VMS-Lagerstätte, Zyperntyp 363 –, Leucitbasanit 237 –, Nephelinit 238f
720 Index
Loki-Region (Jupiter-Mond Io), Lavasee Marico (West-Transvaal, Südafrika) Messel (Darmstadt, Hessen), Ölschiefer 397
585 –, Fluorit 367 Metis (Jupiter-Mond) 584, 591
Long Valley (Kalifornien), Supervulkan –, MVT-Lagerstätte 367 Mexiko
250f, 258 Marienberg (Erzgebirge), Blei-Zink 357 –, Antimonit 359
Longido (Tansania), Rubin-Zoisit- Märkerwald (Odenwald), Quarzdiorit 226f –, Blei-Zink (VMS-Lagerstätte, Zypern-
Amphibolit 108f Marktheidenfeld (Spessart), Buntsandstein typ) 363
Lornex (Kanada), Kupfer 350 387 –, Calcit 24
Lothringen, Minette-Erz 407 Marokko –, Chondrit Tuctuac 549
Louisiana (USA) –, Baryt 130 –, Fluorit 360
–, Anhydrit-Gips, Sulfat-Reduktion 614 –, Cerussit 130 –, Gips 133
–, Salzdiapir, Erdöl 414 –, Phosphor 410 –, Gold 356
Louvre (Paris), Krone Ludwigs XV. 39 –, Vanadinit 140 –, MVT-Lagerstätte 367
Lovozero (Kola-Halbinsel, Russland), Marquette-Range (Michigan), Eisen (BIF, –, Uran 113
Magnetit-Apatit-SEE 332 Superior-Typ) 407 –, VMS-Lagerstätte, Zyperntyp 363
Lubin (Polen), Kupferschiefer 398 Mars (Planet) 567ff Miask (Ural, Russland), Pegmatit 340
Lukmanier-Gebiet (Schweiz), hoch- –, Amazonis Planitia 574ff Mibladen (Marokko)
metamorphe Lias-Kalke 445 –, Arsia Mons, Schildvulkan 576f –, Baryt 130
Lüneburger Heide, Diatomeen 409 –, Ascraeus Mons, Schildvulkan 576f –, Cerussit 130
Lutetia (Asteroid) 579 –, Chryse Planitia 578 –, Vanadinit 140
Luxemburg, Minette-Erz 407 –, Elysium Planitia 576 Michipicoten-Distrikt (Ontario, Canada),
Lydenburg (Bushveld-Komplex, Südafrika), –, Elysium-Schwelle 574 Eisen (BIF, Superior-Typ) 407
Chromit 326f –, Hellas-Becken 574, 576 Mighei (Ukraine), Chondrit 556
Lynn Lake (Manitoba, Kanada), Nickel- –, Olympus Mons, Schildvulkan 576ff Milos (Kykladen), Rhyolith 229
magnetkies-Kupferkies 331 –, Pavonis Mons, Schildvulkan 576f Mimas (Saturn-Mond) 588, 590
–, Tharsis-Schwelle 574ff Minas Gerais (Brasilien)
M –, Tooting-Krater 574 –, Beryll 156
–, Tyrrhena Patera 576 –, Citrin 184
Macmillan Pass (Kanada), Skarnerz 351f –, Valles Marineris, Canyon-System 575f –, Edelstein-Pegmatit 339
Madagaskar Martinique, (Kleine Antillen), Vulkan- –, Eisen (BIF, Superior-Typ) 407
–, Edelstein-Pegmatit 339 ausbruch 246 –, Kyanit 151
–, Monazit 138 Massachusetts (USA), Tektite 563 –, Mangan 408
–, Plagioklas 37 Mathilde (Asteroid) 581 –, Turmalin 159
Magnitogorsk (Südural), Eisenerz 351 Mato Grosso (Brasilien), Citrin 184 Mingora (Pakistan)
Mähren, Tektite 563 Matsyutov-Komplex (Südural), Coesit 509 –, Smaragd 459
Maidan Pek (Serbien), Kupfer 350 Mauna Kea (Schildvulkan, Hawaii) 245 –, Talkschiefer 459
Maine (USA), Pegmatite 339f Mauna Loa (Schildvulkan, Hawaii) 242, Miranda (Uranus-Mond) 589f
Makaopuhi (Hawaii), Lavasee 278 245, 576f Mir-Grube (Jakutien)
Makarikari-Salzpfanne (Botswana), Mauna Ulu (Parasitärvulkan, Hawaii) 245 –, Diamant 77f
Evaporit 411 Mawatwan (Südafrika), Mangan 408 –, Framesit 77
Makbal-Komplex (Kasachstan), Coesit 509 Maxwell Mountains (Venus) 571 Mississippi-Valley, Blei-Zink (MVT) 366
Makemake (Zwergplanet) 591 McArthur River (Athabasca-Distrikt, Missouri (USA), Blei-Zink (MVT) 366
Malaiische Halbinsel, Zinn 348 Kanada), Uran 368 Mittelatlantischer Rücken 242
Malaysia McArthur River (Northern Territory, Austra- –, Massiverzhügel 362
–, Guano 410 lien), Blei-Zink (Sedex, Kieslager) 366 Mittelböhmen, Spilit 460
–, Monazit 138 Meggen (Sauerland), Sedex-Lagerstätte 366 Mitteldeutschland, Evaporit 413
–, Seltenerd-Elemente (SSE) 138 Meißen (Sachsen) Mittelengland, Eisenstein 407
–, Zinn 348 –, Kaolin 376 Mitteleuropa, Löss 395
Mali, Coesit 509 –, Monzonit 234 Mittelindischer Rücken 242
Mammoth Springs (Yellowstone-Park), –, Syenit-Granit-Pluton 262 Mittelozeanische Rücken 65, 242, 276, 306ff,
Sinter-Terrassen 254 Meißener Massiv, Monzonit 234 345, 362, 432f, 496f, 519f, 622
Manicouagan-Struktur (Impakt-Krater, Menominie-Range (Michigan), Eisen (BIF, –, Basalt 308, 622
Quebec, Kanada) 549 Superior-Typ) 407 –, black smoker 65, 345
Mansfeld (Sachsen-Anhalt), Kupferschiefer Merapi (Java) 242 –, Metamorphose 432f, 496f
65, 398 –, Glutlawine 249 Mittelschweden, Nephelinsyenit 235
Marbella (Spanien), Meteoriteneinschlag Merensky Reef (Bushveld-Komplex) 327, Mittelwesten der USA, Löss 395
550 329 Mitterberg (Salzburg, Österreich), Kupfer
Marburg an der Lahn, Eisenmeteorit 73 –, Nickel-Kupfer-PGE 329f 356
Maria (Erdmond) 538 –, Pegmatit, (ultra)mafischer 335 Mittweida (Sachsen), Konglomerat-Gneis
–, Mare Crisium 538, 541 –, Platinmetalle 327 445
–, Mare Imbrium 538, 541, 545 Merkur (Planet) 567ff Mo i Rana, (Nordland, Norwegen),
–, Mare Nectaris 538, 545 –, Angrit 557 gebändertes Hämatiterz 59
–, Mare Orientale 538, 545 –, Caloris-Becken 569f Moa Bay (Kuba), Nickel 378
Marianen (intraozeanischer, ensialischer Meridiani Planum (Mars) 575 Mogán (Gran Canaria)
Inselbogen) 528 Mesabi-Range (Minnesota), Eisen (BIF, –, Ignimbrit-Strom 187
Marianen-Graben 242 Superior-Typ) 407 –, Moganit 187
Geographischer Index 721
Ries, Nördlinger (Fortsetzung) Sächsisches Granulitgebirge, Granulite mit Schottland, Plateaubasalt 245
–, Glas, diaplektisches 430 Eklogit-faziellen Relikten 503 Schotts (Nordrand der Sahara), Evaporite 411
–, Herkunft der Moldavite 564 Sahara Schwäbische Alb, Eruptivschlot 251
–, Impakt-Ereignis 429, 549 –, Meteorit, Neufunde 550f, 559 Schwarzes Meer, anoxische Bedingungen 397
–, Impakt-Metamorphose 429ff –, Salz 411 Schwarzwald
–, Kohlenstoff, kubische Hochdruck- –, Staub 395 –, Baryt 360
Modifikation 78 Sailauf (Spessart) –, Blei-Zink-Gänge 357
–, Krater 429, 549 –, Achat 186 –, Cordierit-Gneis 502
–, Londsdaleit 78 –, Rhyolith 230f –, Diorit 225
–, Moissanit 78 Salzach, Seifengold 391 –, Fluorit 101
–, Schockwellen-Metamorphose 429ff Salzgitter, Stahlwerk 407 –, Gabbro 227
–, Stishovit 430 Salzgitter-Distrikt (nördliches Harzvorland), –, Granit, Kalifeldspatisierung 458
–, Suevit 431 Eisen 407 –, Granitpluton 225
Riesengebirge, Granitpluton 225 Sambia –, Migmatit 453
Rio Tinto (Spanien) –, Edelstein-Pegmatit 339 –, Peridotit 227
–, Gold 380 –, Weißschiefer 509 –, Zone, anatektische 453
–, VMS-Lagerstätte, Kuroko-Typ 364 Samoa, Mantel-Plume 533 Schweden
Rivière blanche auf Martinique (Kleine Samos (Griechenland) –, Alkalifeldspat-Granit 234
Antillen), Glutlawinen 249, 250 –, Epidot-Blauschieferfazis 507 –, Flutbasalt 245
Roccamonfina (Mittelitalien) –, Granat-Glaukophanit 440f –, Siljan-Struktur 549
–, Leucitbasanit 237 –, Metagabbro (Flasergabbro) 446, 507 Schweiz, Aktinolith 168
–, Leucittephrit 237 San Manuel-Calamazoo (Arizona, USA), Schweizer Zentralalpen, Mineralzone,
Rocche Rosse (Lipari), Obsidianstrom 243 Kupfer 350 metamorphe 434
Rocky Mountains, Back-Arc, Gold 356 Sanbagawa-Gürtel (Japan), paired Scotia-Platte 242
Rödberg (Fen-Gebiet, Norwegen), metamorphic belt 437 Seabank Villa (Mull, Schottland) Mullit 151
Metasomatose 457 Sangdong (Korea), Skarnerz 351 Sedna (planetarischer Kleinkörper) 591
Rogaland-Intrusion (Südnorwegen), Ultra- San-Juan-Vulkan-Provinz (Colorado) Sekkoko-Erzzone (Japan), Kupfer
hochtemperatur-Metamorphose 503 –, Andesit 276 (VMS-Lagerstätte, Kuroko-Typ) 364
Röhrsdorf (Sächsisches Granulitgebirge), –, Dacit 276 Semail-Ophiolith-Komplex (Oman) 519
Granulit 438f –, Magmenmischung 276 Serra de Jacobina (Bahia, Brasilien),
Rom, Santa Maria in Cosmedin, Fußboden- San-Rafael-Gang (bolivianischer Zinn- Gold-Seife, fossile 393
Mosaik 231 gürtel, Peru), Zinn 358 Serra de Monchique (Portugal), Nephelin-
Ronda (Südspanien), Peridotit 227 Santa Maria in Cosmedin (Rom), porphy- syenit 235
Ronneburg (Thüringen), Uran 51 rischer Vulkanit 231 Serra Geral (Brasilien), Achat 186
Rössing (Namibia), Uran 113 Santa Rita (New Mexico, USA), Kupfer Sesia-Zone (Westalpen), Eklogitfazies 508
Rotes Meer, Erzbildung 365 (Porphyry Copper Ores) 350 Shark Bay (Westaustralien), Stromatolithe
Rottershausen (Unterfranken), Tempestit 401 Santorin (Kykladen) 249, 252, 437 43
Routivaara (Schweden), Ilmenit-Erz 328 –, Ausbruch, plinianischer 249 Sheregesh (Sibirien), Skarnerz 352
Rudna (Polen), Kupferschiefer 398 –, Stratovulkan 252 Shinkolobwe (Republik Kongo/Zaire), Uran
Rügen, Insel São Francisco (Brasilien) Diamant 77f 359
–, Hornstein 186, 404 São-Francisco-Kraton (Brasilien), Shuksan-Gürtel (Washington), Hochdruck-
–, Kreidekalk 44, 186, 404 Carbonados 79 gesteine 436
Ruhlaer Kristallin-Komplex (Thüringer São Luiz (Brasilien), Diamant 77f Sibirien
Wald), Pseudotachylit 429 Sapas Mons (Venus), Schildvulkan 572 –, Apatit 139
Ruhrkarbon, Blei-Zink-Gänge 357 Sar Cheshmeh (Iran), Kupfer 350 –, Diamant 78f
Rumänien Sarbai (Kasachstan), Skarnerz 352 –, Flutbasalt 244f
–, Antimonit 359 Saturn, Riesen-Gasplanet 567ff, 581ff, 591f –, Galenit 84
–, Gold 356 Sauerland (Rheinisches Schiefergebirge), –, Gold 391
–, Salzdiapir 414 Adinolbildung 458 –, Kimberlit 239, 251, 391
Rumuruti (Kenya), Meteoritenschauer 555 Savage River (Tasmanien), Eisenerz- –, Kupfer 398
Russland vorkommen 331, 365 –, Oxiderz 365
–, Diamant 77 Schacht Konrad (Salzgitter), Eisen, –, Platin 74
–, Diamant-Synthese 79f Endlagerung 407 –, Pyrrhotin 39, 89
–, Edelstein-Pegmatit 339 Schauinsland (Schwarzwald), Blei-Zink 357 –, Diatrem 524
–, Gold 72, 355 Schemnitz (Banska Štiavnica, Sieben- –, Pipe 251
–, Kalisalz 414 bürgen), Gold, Kaolin 356 Sibirische Plattform, Gold 355
–, Pegmatit 339 Schlaining (Burgenland, Österreich), Sibirischer Trapp 244f
Ryoke-Gürtel (Japan), paired metamorphic Antimonit 359 Siccar Point (Berwickshire, Schottland),
belt 437 Schlesien, Kupferschiefer 398 Winkeldiskordanz 60f
Schneckenstein (Vogtland), Topasbrocken- Siebenbürgener Erzgebirge (Rumänien),
S fels 426 Gold 356
Schneeberg (Erzgebirge) Siegerland
Saar-Nahe-Becken, Melaphyr 233 –, Bergbau 359 –, Bergbau 359
Sachalin (Insel, Russland), PGE-Seifen 391 –, Silberbergbau 358 –, Kupfer 356
Sächsisches Erzgebirge, Rotgneis 446 –, Uranerz 50, 358 –, Spateisenstein-Gänge 359
Geographischer Index 725
Yukon-Distrikt (NW-Territorium, Kanada) Zentralalpen, Protogin-Granit 428 ZÝoty Stok (Reichenstein, Schlesien)
–, Gold 391 Zermatt (Schweiz), Hochdruckgesteine 446 –, Abwässer, toxische („Giftbach“)
–, IOCG-Lagerstätte 365 Zermatt-Saas-Fee (Alpen) 50
–, Meteorit Tagish Lake 556 –, Coesit 509 –, Gold-Arsen 50
–, Zinn 348 –, Ophiolith-Komplex 508 Zöblitz (Sächsisches Erzgebirge)
Zettlitz (Böhmen), Kaolin 176 Pyrop-Serpentinit 440f
Z Zinninseln Bangka und Billiton (Indo- Zone von Erbendorf-Vohenstrauss
nesien) 348 (ZEV), Krustenprofil 521
Zagami (Nigeria), Mars-Meteorit Zinnwald (Cínovec, Erzgebirge, Tschechien) Zypern
(Shergottit) 559 –, Gangquarz 348 –, Kupfer (VMS-Lagerstätte) 363ff
Zentralafrikanischer Kupfergürtel 398 –, Zinnerz 212, 347ff –, Troodos-Komplex 519