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turen und Prozesse und um die Funktionen von Metaphern in kommunikativen und
insbesondere in multimodalen Zusammenhängen andererseits.
Metaphern als mentale Projektionen realisieren sich in unterschiedlichen Zei-
chenmodalitäten, nicht nur in der Sprache, wenngleich aber der Sprache eine zent-
rale Rolle zukommt. So werden sie u. a. durch Bilder (vgl. Kienpointner 2007; Fahlen-
brach 2010), Gesten (vgl. Cienki/Müller 2010), Musik (vgl. Zbikowski 2010) oder gar
durch Kombination bzw. im Zusammenspiel der verschiedenen Zeichenmodalitäten
wie z. B. durch Text-Bild- oder aber Gespräch-Gesten-Bezüge (vgl. Kienpointner 2007;
vgl. Weidner 2015) realisiert. Einen guten Überblick über non-verbale Metaphernty-
pen und -verwendungsbereiche gibt Kövecses (2010, 63–73). In allen Zeichenmoda-
litäten kann die kognitive Struktur des Projektionsprozesses nachvollzogen werden,
wobei der soziopragmatische Kontext eine relevante Größe für das Verständnis des
kognitiven Projektionsprozesses darstellt. Die Realisation metaphorischer Prozesse
durch unterschiedliche Zeichenmodalitäten lässt die Metapher als eine multimodale
Konstruktion deutlich werden. Sprache ist insofern zentral, da für die Erläuterung der
grundlegenden Projektionsprozesse der Metapher Sprache unabdingbar ist, egal in
welcher Zeichenmodalität oder in welchen Kombinationen von Modalitäten die Meta-
pher realisiert wird. Aus diesem Grund wird im Folgenden zwangsläufig die sprachli-
che Realisation von Metaphern im Vordergrund stehen.
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Metapher als multimodales kognitives Funktionsprinzip 77
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werden (vgl. Black 21996a,b). Hier kommt deutlich die pragmatische Perspektive zum
Vorschein, insofern für das Verstehen von Metaphern der situative Kontext eine zen-
trale Rolle spielt. Zugleich kann der Ansatz Blacks als eine frühe Form der Beschrei-
bung kognitiver Prozesse gesehen werden, wenngleich Black diesen freilich nicht
in der ausgeprägten Weise wie Lakoff/Johnson (1980) konturiert. Dennoch ist sein
Ansatz der Interaktionstheorie sehr gut mit dem Ansatz der kognitiven Metaphern-
theorie Lakoff/Johnsons (1980) vereinbar. So konstatiert Black im Anschluss an
Richards:
Ich wende mich nun einem Typ von Untersuchung zu, den ich Interaktionstheorie der Metapher
nenne. […] Beginnen wir mit der folgenden Aussage: ‚Auf die einfachste Formulierung gebracht,
bringen wir beim Gebrauch der Metapher zwei unterschiedliche Vorstellungen in einen gegen-
seitigen aktiven Zusammenhang, unterstützt von einem einzelnen Wort oder einer einzelnen
Wendung, deren Bedeutung das Ergebnis der Interaktion beider ist.‘ (Richards 1936, zitiert nach
Black 21996a, 69).
In seiner Theorie über die Metapher entwickelt Weinrich ein Verständnis von Meta-
phern, das auf eine besondere Relevanz des Kontextes abzielt. So schreibt er:
Eine Metapher, und das ist im Grunde die einzig mögliche Metapherndefinition, ist ein Wort in
einem Kontext, durch den es so determiniert wird, dass es etwas anderes meint, als es bedeutet.
Vom Kontext hängt wesentlich ab, ob eine Metapher sich selber deutet oder rätselhaft bleibt.
Eine starke Kontextdetermination zwingt auch das fremdeste Wort in den gemeinten Sinnzusam-
menhang. (Weinrich 1983, 334)
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Metapher als multimodales kognitives Funktionsprinzip 79
Die Relevanztheorie bezieht sich nicht nur auf Metaphern. Grundaussage der Rele-
vanztheorie im Hinblick auf Metaphorik ist, dass beim Verstehen von Metaphern die-
jenige Bedeutung relevant gesetzt wird, die für das kontextuelle Verständnis wichtig
ist. Sperber/Wilson (22010) gehen also von kontextuellen Bedeutungen aus, die mehr
oder weniger vage sein können. Sie sprechen von einem „loose talk“ und identifi-
zieren diesen als besten Weg, optimale Relevanz zu erreichen (vgl. Sperber/Wilson
2
2010). Lexeme können also prinzipiell verschiedene Bedeutungen haben, die sich
aus dem Kontext ergeben. Der Grundgedanke ihrer Auffassung von Metaphern ist,
dass Metaphern eine Form von vager Kommunikation darstellen. Rolf (2005) konsta-
tiert, dass Sperber/Wilson „von einem Kontinuum aus[gehen], bei dem das Wörtliche
am einen, das Metaphorische am anderen Ende steht. Metaphorische Äußerungen
weisen den größten Grad von Sinn-Auflockerung auf“ (Rolf 2005, 153). Demzufolge
wäre es sinnvoll, nicht in einen wörtlichen und nicht-wörtlichen Sprachgebrauch
zu differenzieren, vielmehr entfaltet jede Verwendung des gleichen Ausdrucks ein
anderes Konzept, abhängig vom situativen Kontext. Die Rede von der Wörtlichkeit
führt insofern nicht weiter, als die Frage aufgeworfen wird, was denn überhaupt die
wörtliche Bedeutung eines Ausdrucks ist und wann diese zum Einsatz kommt.
Während pragmatisch orientierte Modelle ihren Fokus nicht auf die den metaphori-
schen Äußerungen zugrunde liegenden kognitiven Prozesse legen oder diese –wie
bei Richards und Black nur am Rande berühren –, sondern die Funktionalität der
Äußerungen im situativen Kommunikationszusammenhang betrachten, geht es kog-
nitiven Ansätzen darum, die mentalen Prozesse sowie die mentale Struktur von Meta-
phern offenzulegen. Ein sehr einflussreicher und bis heute rezipierter Ansatz stellt
die kognitive Metapherntheorie von Lakoff/Johnson (1980) dar. Um die der konzep-
tuellen Metapher zugrunde liegenden Prozesse zu erläutern, greifen Lakoff/Johnson
zum einen auf die Gestalttheorie, zum anderen auf die Prototypentheorie, die Theorie
kognitiver Bereiche oder die Frametheorie zurück, ohne aber ausführliche theoreti-
sche Diskussionen zu führen. In ihrem vielbeachteten und sehr einflussreichen Werk
Metaphors We Live by legen Lakoff/Johnson eine Theorie der Metapher vor, die davon
ausgeht, dass Metaphern unser alltägliches Denken, Handeln und Sprechen prägen.
Für das kognitive Metaphernmodell nach Lakoff/Johnson (1980) grundlegend ist die
Auffassung, dass
[t]he concepts that govern our thought are not just matters of the intellect. They also govern our
everyday functioning, down to the most mundane details. Our concepts structure what we per-
ceive, how we get around in the world, and how we relate to other people. Our conceptual system
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is largely metaphorical, then the way we think, what we experience, and what we do every day is
very much a matter of metaphor. (Lakoff/Johnson 1980, 3)
There are also complex gestalts, which are structured partially in terms of other gestalts. These
are what we have been calling metaphorically structured concepts.
Drei Prinzipien kommen hierbei zur Geltung. Zum einen spielt zuvorderst das gestalt-
theoretische Prinzip der Übersummativität eine entscheidende Rolle. Dieses Prinzip
besagt, dass Gestalten in ihrer Ganzheit Eigenschaften/Bedeutungsaspekte zueigen
sind, die über die Summe der einzelnen Eigenschaften/Bedeutungsaspekte hinaus-
reichen. Zum zweiten sind Gestalten entsprechend dem gestalttheoretischen Gesetz
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Metapher als multimodales kognitives Funktionsprinzip 81
Die mentale Struktur von Metaphern beschreiben Lakoff/Johnson (1980) als einen
Projektionsprozess, bei dem zwei voneinander unabhängige konzeptuelle Berei-
che aufeinandertreffen und miteinander in Interaktion treten. Die Metapher lässt
sich dementsprechend in einen Quell-, oder Herkunftsbereich (Source-Domain) und
einen Zielbereich (Target-Domain) differenzieren. Während des Projektionsprozesses
werden beide Bereiche miteinander in Verbindung gebracht; so werden Aspekte aus
dem Quell-, oder Herkunftsbereich bzw. der Source-Domain auf den Zielbereich bzw.
die Target-Domain projiziert. Diesen Prozess, der mehr oder weniger komplex sein
kann, nennen sie auch Mapping und er findet immer vor dem Hintergrund mentaler
Wissensstrukturen statt. Durch die Projektion von Aspekten/Eigenschaften eines Kon-
zepts auf ein anderes Konzept (Mapping) werden Korrelationen zwischen den sonst
voneinander unabhängigen Konzepten hergestellt, die vorher noch nicht bestanden,
wodurch Ähnlichkeiten zwischen mindestens zwei Bereichen durch den Metapho-
risierungsprozess hergestellt werden (vgl. hierzu auch Kövecses 2010, 79–82). Die
im Metaphorisierungsprozess hergestellten Ähnlichkeiten beruhen auf Korrelatio-
nen zwischen (mindestens) zwei (Erfahrungs)Bereichen. Ausschlaggebend für die
Bestimmung von Ähnlichkeiten sind dabei Eigenschaften, die sich aus der Interak-
tion der beiden Konzepte ergeben und Bedeutungen erst generieren. Hintergrund
dieser Metapherntheorie stellt eine kognitive Auffassung von Bedeutung dar, die zum
einen auf Langackers kognitive Bereiche, auf Roschs Prototypentheorie sowie auf
Fillmores Frametheorie rekurriert (vgl. Langacker 1986; Fillmore 1985; Rosch 1978).
Lakoff/Johnson gehen in diesem Zusammenhang im Anschluss an Rosch (1978) von
einer prototypischen Struktur von Kategorien aus. Unter Konzeptualisierung wird
dementsprechend eine kognitive Leistung verstanden, nach der die alltäglichen
Erfahrungen und Wahrnehmungen kategorisiert werden müssen. Konzepte bilden
nach Lakoff/Johnson (1980) die Struktur, innerhalb derer Kategorisierung möglich
ist und die die Kategorisierungen im Einzelnen steuern. Kategorien folgen dabei einer
prototypischen Struktur, sie sind prinzipiell offen, kontextuell gebunden, flexibel
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und können erweitert werden (vgl. Rosch 1978). Lakoff (1987) stellt schließlich die
genannten Ansätze in seinem Ansatz des Idealisierten Kognitiven Modells (IKM) in
einen Zusammenhang. Lakoff konstatiert:
The main thesis of this book is that we organize our knowledge by means of structures called
idealized cognition models or ICMs, and that category structures and prototype effects are by-
products of that organization. (Lakoff 1987, 68; Hervorhebung im Original)
Wie bereits angedeutet ist die Grundstruktur des kognitiven Metaphernmodells nach
Lakoff/Johnson (1980) als ein Projektionsprozess aufzufassen, der mehr oder weniger
komplex ist. Während einfache Projektionsprozesse unidirektional sind und Aspekte
von Konzept A auf Konzept B projizieren, gestaltet sich der Projektionsprozess bei
komplexen Metaphern anders. Bereits Black (21996a, b) ist im Anschluss an Richards
(1936) davon ausgegangen, dass bei der Metaphorisierung mindestens zwei Bereiche
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Metapher als multimodales kognitives Funktionsprinzip 83
in Interaktion treten und daraus neue Bedeutungen entstehen, wobei nicht nur vom
Quellbereich Bedeutungsaspekte übertragen werden. Vielmehr ist auch der Zielbe-
reich beteiligt. Es kommt sozusagen zu einem Wechselspiel zwischen Quell- und Ziel-
bereich, bei dem ein dritter Bereich entsteht. Fauconnier/Turner (1998) haben diesen
komplexen Prozess als Blending bezeichnet. Beim Blending kommt es zu einer Vermi-
schung von Bedeutungsaspekten sowohl des Herkunfts- als auch des Zielbereiches,
so dass in einem dritten Bereich, dem blended space, eine neue Bedeutung entsteht.
Fauconnier/Turner (1998) resümieren:
The argumentation often takes the following specific form: a particular process of meaning con-
struction has particular input representations; during the process, inferences, emotions and
event-integrations emerge which cannot reside in any of the inputs; they have been constructed
dynamically in a new mental space – the blended space – linked to the inputs in systematic
ways. (Fauconnier/Turner 1998, 135)
A particular characteristic of blending theory is that in the ‚mental space‘ model, semantic
‚material is projected from both the source and target spaces to the blend‘ (Grady, Oakley and
Coulson 1999: 103); in other words, it allows metaphor theory to account for the construction of
new meaning that incorporates aspects of both input and target spaces without being ontologi-
cally compatible with either of them. (Musolff 2007, 68)
Dass die Blending Theorie nicht erst durch Fauconnier/Turner erfunden wurde,
machen Nerlich/Clarke (2003) deutlich, wenngleich Fauconnier/Turner maßgeb-
lich dazu beitrugen, dass diese Position prominent Eingang in kognitionslinguisti-
sche Studien gefunden hat. Bereits Weinrich (1983, 1967) sowie Black (21996a, b) im
Anschluss an Richards (1936) zeigen in ihren Ausführungen, dass Metaphern nicht
unbedingt ein unidirektionaler Projektionsprozess zugrunde liegen muss. Die kom-
plexe Bedeutung von Metaphern muss sich demnach nicht nur unidirektional – vom
Herkunftsbereich auf den Zielbereich – ergeben, sondern wird vielmehr aus beiden/
mehreren Bereichen gespeist.
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2.2.4 Metaphorisierungsrichtungen
1. vom Belebten auf Belebtes [Beispiel: Der Mensch ist ein gefährliches Tier], 2. von Unbeleb-
tem auf Unbelebtes [Beispiel: Das Auto ist ein Schiff], 3. von Belebtem auf Unbelebtes [Beispiel:
Knochen aus Glas], 4. von Unbelebtem auf Belebtes. [Beispiel: Der Embryo ist ein Ersatzteillager]
(Weinrich 2010, 1180, Beispiele C.S.)
[e]ine Metapher […] die Übertragung eines Wortes (das somit in uneigentlicher Bedeutung ver-
wandt wird), und zwar entweder von der Gattung auf die Art, oder von der Art auf die Gattung,
oder von einer Art auf eine andere, oder nach den Regeln der Analogie (Aristoteles, Poetik 1457b)
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Metapher als multimodales kognitives Funktionsprinzip 85
Relation Beispiel
Eine Beschreibung der Metaphern ausschließlich nach ihrer Form kann jedoch die
spezifische Metaphorizität nicht erfassen, wenngleich die Form bei der Bedeutungs-
konstitution eine relevante Rolle spielt. Zur Ebene der formalen Beschreibung müssen
weitere Ebenen hinzutreten.
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Sowohl die pragmatische als auch die kognitive Perspektive auf Metaphern greift je
für sich allein zu kurz (vgl. hierzu auch Goschler 2008). So nehmen pragmatische
Modelle keinen Bezug auf die kognitiven Prozesse, rein kognitive Modelle (wie z. B.
bei Lakoff/Johnson 1980) dagegen blenden soziopragmatische und kulturelle Fakto-
ren aus. Und eine rein an der Form orientierte Beschreibung (s. o.) lässt nicht direkt
auf die Bedeutung der Metaphern schließen. Neben dem Nachvollzug der kognitiven
Prozesse sind v. a. soziopragmatische und kulturelle Faktoren essentiell für das Ver-
ständnis von Metaphern, so ergibt sich der Sinn von Metaphern erst kontextuell bzw.
kann die Bedeutung von Metaphern nur innerhalb von Kontexten adäquat erfasst
werden (vgl. Weinrich 1983 und 1967). Für zahlreiche linguistische Zusammenhänge
ist ein Metaphernmodell/-begriff leitend, der sich zum einen an kognitiven Model-
len orientiert, zum anderen aber soziopragmatisch verankert ist. Gegenwärtig geht
man davon aus, dass in der Metapher sowohl formale, kognitiv-semantische wie auch
pragmatische Aspekte zusammenlaufen, wie Köller konstatiert:
Jeder, der das Phänomen Metapher zur Strecke zu bringen versucht, sieht sich zugleich auch
vor das Problem gestellt, das Phänomen Sprache theoretisch zu bewältigen. Sofern man nach
der sinnbildenden Kraft der Sprache fragt, stößt man unausweichlich auch auf das Metaphern-
problem, in dem alle semantischen, syntaktischen und pragmatischen Ordnungsstrukturen der
Sprache irgendwie zusammenlaufen. (Köller 2004, 591)
Metaphern können als „Sedimente kollektiven Wissens, die dem Linguisten die
Strukturen des Diskurses wahrhaft bildlich vor Augen führen“ aufgefasst werden
(Spitzmüller 2005, 191). Dabei gelten sie als sozial verankert. Nach Pielenz (1993, 132)
sind Metaphern als ein „Fundus der Tradition und auch der Innovation einer Sprach-
gemeinschaft“ aufzufassen. Dieser Fundus bewahrt Vorstellungen, sozial-historische
Erfahrungen einer Gesellschaft bzw. Kultur, durch den Gebrauch wird dieser Fundus
aber zugleich auch modifiziert (vgl. Pielenz 1993, 132 f.). Damit sind Metaphern aber
nicht universell gültig, wie es Lakoff/Johnson (1980, Philosophy in the flesh) aufgrund
des Bezugs auf Körpererfahrung sehen (1999, 17). Lakoff/Johnson (1999) geht es dabei
um die Dominanz des Körpers und der neuronalen Effekte, die den Menschen deter-
minieren, wenn sie schreiben.
Reason and conceptual structure are shaped by our bodies, brains, and modes of functioning in
the world. Reason and concepts are therefore not transcendent, that is, not utterly independent
of the body. ( Lakoff/Johnson 1999, 128).
Kulturelle Aspekte blenden sie zwar nicht völlig aus, sie kommen aber nur ganz am
Rande als mögliche Einflussfaktoren für die Überformung universell gültiger Meta-
phern zur Geltung (vgl. Lakoff/Johnson 1999, 25, 102 oder 128; Kövecses 2010, 195–
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Metapher als multimodales kognitives Funktionsprinzip 87
Immer wieder wird diskutiert, warum Metaphern verstanden werden, wenn zwei
eigentlich voneinander unabhängige Konzepte aufeinandertreffen. Die unterschiedli-
chen theoretischen Ansätze geben auf diese Frage verschiedene Antworten. So gehen
Sperber/Wilson (22010) beispielsweise davon aus, dass es unterschiedliche Wortge-
bräuche gibt, die durch den Kontext bestimmt werden. Ebenfalls spricht Weinrich von
der Kontextdetermination der Metapher. Aus pragmatischer Perspektive lässt sich das
Verständnis von Metaphern durch die Relevanz des Kontextes sowie durch die Funk-
tion der Aussage im Kommunikationszusammenhang erklären. Mit Grice (1989) kann
zudem argumentiert werden, dass der Mensch trotz der scheinenden Nichtpassung
von zwei Konzepten bestrebt ist, die Kommunikation aufrecht zu erhalten. Hörmann
spricht in diesem Zusammenhang von der „Sinnkonstanz“, unter der er folgendes
versteht:
Der akzeptable Zustand ist gefunden, wenn die gehörte Äußerung so auf eine Welt bezogen
werden kann, daß sie in ihr sinnvoll ist. Unsere subjektive Ansicht von der Welt (und nicht eine
linguistische Kompetenz!) entscheidet also über die Akzeptabilität. (Hörmann 41994, 209)
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Als ‚Schatzhaus der Möglichkeiten‘ und ‚Goldminen‘ priesen Thomsons Kollegen die Zellen, die
er in seinem Labor gewonnen hat. (Spiegel 48/1998, Johannes Grolle)
Das Konzept Zelle wird mit den Konzepten Goldmine und Schatzhaus in Verbin-
dung gebracht. Aufgrund unseres Weltwissens wissen wir, dass Zellen winzige, kör-
perliche bzw. körperkonstituierende Teile und weder Schatzhäuser noch Goldminen
(abstrakt also Räume) sind, die Gold oder Schätze bergen. Nach Grice (1989) wird aber
davon ausgegangen, dass der Textemittent etwas zum Ausdruck bringen möchte,
sonst wäre diese Ausdrucksweise nicht gewählt worden. Weiter ist allgemein bekannt,
dass Goldminen und Schatzhäuser etwas Wertvolles bergen können. Die Ausdrucks-
weise Schatzhäuser der Möglichkeiten gibt zudem zu erkennen, dass es sich um etwas
handeln muss, das noch passieren kann/wird, jedenfalls noch nicht realisiert wurde,
sonst würde nicht die Ausdrucksweise Möglichkeiten gewählt werden. Die Eigen-
schaft, die Goldminen und Schatzhäusern zueigen ist, muss also auf die Stammzelle
zutreffen bzw. mit einem Aspekt von Stammzellen zusammenpassen. Eigenschaften
wie ‚wertvoll‘, ‚Schätze bergend‘ können insofern auf Stammzellen bezogen werden,
als Stammzellen Heilungschancen für bislang unheilbare Krankheiten zugeschrie-
ben werden. Solche möglichen Heilungschancen stellen einen gesellschaftlich all-
gemein anerkannten hohen Wert dar. Heilungschancen sind demnach wertvoll für
die Menschheit, da sie Leid verhindern oder beenden können. Die Verbindung der
Ausdrücke Schatzhaus und Goldmine mit Stammzelle führt somit zu einer erweiterten
Bedeutung.
Hörmann beschreibt den Prozess des Verstehens wie folgt:
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Metapher als multimodales kognitives Funktionsprinzip 89
Metaphern, die häufig verwendet werden, gerinnen im Laufe der Zeit je nach
Gebräuchlichkeit zu festen, lexikalisierten Bedeutungsstrukturen. Ihre Metaphorizi-
tät wird nicht mehr unbedingt wahrgenommen. In diesem Zusammenhang wird viel-
fach diskutiert, ob es sich bei verfestigten und lexikalisierten Metaphern überhaupt
noch um Metaphern handelt (vgl. hierzu auch Müller 2008). Böke (1996) wie auch
Pielenz (1993) schlagen vor, die Bedeutung von Metaphern auf einer Skala anzuord-
nen. Das eine Ende der Skala ist mit dem Merkmal Innovation verknüpft, das andere
Ende mit dem Merkmal der Konventionalität. Müller (2008, 8) spricht von „Sleeping
and Waking Metaphors“. Metaphern lassen sich dann je nach Gebräuchlichkeit auf
diesem Kontinuum als mehr oder weniger verfestigt bzw. konventionalisiert beschrei-
ben.
Pielenz konstatiert:
Die bisherige Dichotomie zwischen lebendiger Metapher mit ihren verschiedenen Synonymen
poetisch, originell, imaginativ etc. und schlafender Metapher, austauschbar mit tot, konventi-
onell, fest etc., ist nicht kategorisch zu verstehen, sondern beschreibt vielmehr die Endpunkte
eines Kontinuums der Metaphorizität, das am Kriterium der Usualität gemessen wird. (Pielenz
1993, 110–111)
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Je metaphorischer ein Ausdruck , desto geringer ist seine Usualität. Lebendige Metaphern also,
die sich durch ein hohes Maß an Metaphorizität auszeichnen, sind durch ein Minimum an Usu-
alität gekennzeichnet. Schlafende Metaphern hingegen besitzen ein Maximum an Usualität
(Pielenz 1993, 111).
Pielenz gibt jedoch zu bedenken, dass die Usualität nur auf der Token-Ebene beschrie-
ben werden kann, dementsprechend kann auch die Konventionalität und Kreativität
von Metaphern nur auf Token-Ebene zugeschrieben werden.
3.1 Bennenungsfunktion
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(1) „Brüssel – Es ist ein gewaltiges Erdbeben, das an diesem Donnerstagvormittag Europa
erschüttert. Das Epizentrum liegt im Brüsseler Büro von Kommissionspräsident Jean-
Claude Juncker. „Grexit“, das Wort für ein Aus Griechenlands in der Euro-Zone, fällt in
diesem Raum zum ersten Mal. Seit sechs Uhr sitzen die Fachleute von Kommissionen, Euro-
päischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfonds (IWF) zusammen.“ (Stutt-
garter Nachrichten, 26.6.2015)
Politik wird in diesem Kontext als Naturkatastrophe konzeptualisiert. Mit dieser Kon-
zeptualisierung werden kontextbedingte Schlussprozesse in Gang gesetzt, die Politik
mit den Bedeutungsaspekten ‚nicht beeinflussbar‘, ‚unbeherrschbar‘, ,ungeordnet/
ungeregelt‘ oder ‚gefährlich‘ in Verbindung bringen.
Mit den beiden metaphorischen Mechanismen des hiding und highlighting liegen zwei
Grundprinzipien von Metaphorisierungsprozessen vor, die dafür verantwortlich sind,
dass mittels der verwendeten Metapher spezifische Aspekte fokussiert werden. Damit
zusammen hängt zugleich die Funktion der Perspektivierung von Sachverhalten, die
daraus resultiert, dass Konzepte immer nur partiell andere Konzepte metaphorisch
strukturieren können. Fokussierte Aspekte können in kommunikativen Situationen
persuasiv zum Einsatz gebracht werden. Metaphern sind dementsprechend beson-
ders gut für Persuasions- und Evaluationshandlungen geeignet. Pielenz (1993, 100)
spricht diesbezüglich von der Filterfunktion der Metapher, Köller (2004) schreibt
Metaphern eine Perspektivierungsfunktion zu, wie Beleg (2) aus dem Stammzelldis-
kurs verdeutlicht.
(2) „Embryonen sind längst schon ein Abfallprodukt – Überbleibsel der Sehnsucht nach einem
Kind. […] Jetzt sind aber Embryonen zu einem Abfallprodukt der Forschung geworden.
[…] Aus den übrigen züchteten sie Stammzellen, die als mögliche Heilsbringer für Kranke
gehandelt werden.“ (SZ, 13.7.2001)
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Mit der Metaphorisierung des Embryos als ein Produkt wird auf die Verwertbarkeit des
Embryos fokussiert; Aspekte der Kontingenz des Menschen oder der menschlichen
Würde werden dagegen ausgeblendet. Die Bewertung des Embryos als ein Produkt
wird im Stammzelldiskurs u. a. dazu genutzt, für die Akzeptanz von Stammzellfor-
schung zu werben.
3.4 Sachverhalts-/Wissenskonstituierung
Wenn neue Techniken durch Metaphern benannt werden, werden mit der sprachli-
chen Benennung zugleich Sachverhalte und damit Wissen konstituiert. Dabei wird
der Sachverhalt perspektiviert (vgl. Köller 2004). Die Perspektivierung wird deutlich,
wenn es für einen Sachverhalt unterschiedliche Benennungen gibt, was häufig bei
umstrittenen Techniken der Fall sein kann. So werden im Diskurs um Stammzellfor-
schung Stammzellen zum einen mit dem Ausdruck menschliches Leben bezeichnet,
zum anderen mit den Ausdrücken Jungbrunnen, Alleskönner, Rohstoff oder Lebenseli-
xier.
(3) „Jungbrunnen für Zellen – Japanische und US-amerikanische Forscher können Zellen mit-
hilfe von schwacher Zitronensäure in einen embryonalen Zustand zurückversetzen. Gelun-
gen ist die Verjüngung bei Mäusezellen, meldet das Fachmagazin „Nature“. Die Eigenschaf-
ten dieser Zellen ähneln embryonalen Stammzellen.“ (Kurier, 29.1.2014)
(4) „Aber wo sitzen diese Informationen, wie werden sie gespeichert? Und woher weiß das
Gedächtnis, was es sich merken muss und was nicht? […] Die allermeisten Bilder, Geräu-
sche und Gerüche merken wir uns aber überhaupt nicht. Das Gehirn wäre sonst überfor-
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Metapher als multimodales kognitives Funktionsprinzip 93
dert. Nur ein kleiner Teil der Eindrücke schafft es ins sogenannte Arbeitsgedächtnis – und
selbst davon wird das meiste nach wenigen Minuten von neuen Eindrücken überschrie-
ben.“ (Dein Spiegel 2/2013)
Wie bereits im Abschnitt zu den Formen von Metaphern deutlich geworden ist,
können Metaphern ganze Texte strukturieren bzw. organisieren und so die Kohärenz
des Textes gewährleisten. Häufig werden dabei unterschiedliche Metaphern mitein-
ander vernetzt, die dann wiederum durch den Kontext semantische Erweiterungen
erfahren. Weinrich spricht sogar davon, dass „eine Metapher […] folglich nie ein ein-
faches Wort, immer ein – wenn auch kleines – Stück Text [ist]“ (Weinrich 1967, 5).
Beleg (1) (s. Kap. 3.2) ist ein Beispiel dafür, dass Metaphern kontextabhängig sind.
Erst die Sätze 2 und 3 des Textauszugs konstituieren Satz 1 als metaphorische Aus-
drucksweise.
3.7 Kognitive Wissensstrukturierung
(5) „Manche, wie der Kölner Neurophysiologe Jürgen Hescheler, beteiligen sich sogar mit Ideen
an der öffentlichen Debatte, die nicht nur originell erscheinen, sondern bei manchen sogar
die Hoffnung auf Bahnbrechendes, wenn nicht einen ‚Königsweg‘ in der Stammzellfor-
schung keimen lassen.“ (FAZ 25.1.02)
(6) „Wer die Frage zu klären sucht, wann das Leben beginnt, befindet sich bereits in einer Sack-
gasse.“ (FAZ 8.8.01)
(7) „Robert Koopmann von der Welthandelsorganisation wies denn auch darauf hin, dass welt-
weit einheitliche Handelsregeln noch immer das Ziel sein sollten. Der Weg über TTIP, so
wurde deutlich, ist hingegen ein Umweg, dessen Erfolg für weitere Länder von zahlreichen
Faktoren abhängen wird.“ (Die Presse, 31.8.2015)
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94 Constanze Spieß
Metaphern ist, so Schwarz-Friesel (2015) oder Pielenz (1993), ein gewisses Inferenz-
potenzial inhärent, was wiederum mit der spezifischen Projektionsstruktur zusam-
menhängt. Pielenz (1993, 105–108) kommt zu dem Schluss, dass mit dem Metapho-
risierungsprozess Schlussprozesse in Gang gesetzt werden. Ihnen kann somit eine
Argumentationsfunktion zugeschrieben werden, da sie strukturell Argumentationen
ähneln. Damit Metaphern verstanden werden können, wird von einem Bereich auf
einen anderen mithilfe von Schlussregeln geschlossen. Folgendes Beispiel verdeut-
licht die Argumentationsfunktion von Metaphern:
(8) „Mit der Zulassung des Imports embryonaler Stammzellen bricht der Damm. Dessen
muß sich jeder bewußt sein, der zum jetzigen Zeitpunkt für die Zulassung plädiert.“ (FAZ
28.1.2002c)
Die Metapher der Damm bricht impliziert, dass unter bestimmten Bedingungen (die
Zulassung des Imports embryonaler Stammzellen) eine große Gefahr für die Mensch-
heit droht. Mit Dammbrüchen werden negative Folgen assoziiert, gegen die etwas
getan werden muss. Die Inferenz, die durch die Metapher in Gang gesetzt wird (und
immer auch kontextabhängig ist) könnte lauten: Weil eine große Gefahr droht, muss
etwas dagegen unternommen werden.
4 Zusammenfassung
Mit der Metapher liegt ein Phänomen vor, das in seiner Erscheinungsweise durch-
aus komplex ist, das aber unabhängig von verschiedenen Modalitäten, in denen sich
Metaphern realisieren können, als kognitiver Prozess aufgefasst wird. Die sprachli-
chen und nicht-sprachlichen Metaphernrealisationen lassen auf mentale Strukturen
und Prozesse schließen, die als unidirektionale oder bi- bzw. pluridirektionale Pro-
jektionen beschrieben und mit den Konzepten des Mapping oder Blending erfasst
werden können. Mittlerweile konnte durch zahlreiche linguistische empirische
Studien belegt werden, dass die mentalen metaphorischen Prozesse dabei immer
schon von soziopragmatischen Faktoren abhängig und für das Verständnis von Meta-
phern notwendig sind (vgl. Liebert 1992; Böke 1996, 1997; Kuck/Römer 2012; Spieß
2011, 2012, 2014). Aus diesem Grund haben sich zur linguistischen Beschreibung von
Metaphern Metaphernmodelle etabliert, die sich einerseits am kognitiven Paradigma
orientieren, dieses aber um soziopragmatische Faktoren erweitern, um Metaphern
in ihrer Komplexität adäquat beschreiben zu können. Insbesondere die unterschied-
lichen Funktionen von Metaphern verweisen darauf, dass sie sowohl das Denken,
als auch das Sprechen und Handeln prägen, beeinflussen und perspektivieren. So
werden durch Metaphorisierungen bestimmte Aspekte von Sachverhalten hervorge-
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Metapher als multimodales kognitives Funktionsprinzip 95
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[Die Presse, 31.8.2015] Unsicherer Weg zu einer gerechteren Welthandelsordnung. Online unter:
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[Kurier 29.1.2014] Jungbrunnen für Zellen. Online unter: http://kurier.at/lebensart/gesundheit/
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