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Atlas
NACHHALTIGE ARCHITEKTUR
Edition ∂
HEGGER
FUCHS
STARK
ZEUMER
Energie
Atlas
NACHHALTIGE ARCHITEKTUR
HEGGER
FUCHS
STARK
ZEUMER
Autoren Fachbeiträge:
4
Inhalt
Impressum 4
Vorwort 6
Teil A Positionen 8
1 Globaler Wandel
Chris Luebkeman 10
2 Energiewende
Hermann Scheer 14
3 Architektur und Nachhaltigkeit –
eine schwierige Beziehung
Robert Kaltenbrunner 18
4 Die Dinge richtig tun – über
Effizienz und Nachhaltigkeit
Manfred Hegger 24
5 Solare Architektur
Thomas Herzog 28
6 Planen und Bauen
in Lebenszyklen
Karl-Heinz Petzinka, Bernhard Lenz 32
Teil B Planung 36
1 Grundlagen 38
2 Stadtraum und Infrastruktur 62
3 Gebäudehülle 82
4 Technik 110
5 Material 146
6 Strategien 176
5
Vorwort
Der Energie Atlas erweitert die Reihe der Atlan- zum nachhaltigen Fortschreiten unserer Gesell-
ten nicht nur um einen weiteren Titel, sondern schaft beitragen.
auch um eine neue Dimension. Erstmals geht Nachhaltigkeit berührt die Gesamtheit des pla-
es nicht primär um Materie, um eine Baustoff- nerischen Handelns und des Betreibens von
oder eine Konstruktionselementgruppe. Dieser Gebäuden, gesellschaftliche, wirtschaftliche
Atlas nähert sich dem Entwerfen und Konstru- und ökologische Anliegen. Sie ist eine Entwick-
ieren von zunächst unsichtbaren Eigenschaf- lung, bei der die heutige Gesellschaft Rück-
ten: der Nachhaltigkeit und der Energieeffizi- sicht nimmt auf die Bedürfnisse zukünftiger
enz von Gebäuden. Generationen. Nachhaltigkeit definiert sich
nicht nur aus den Qualitäten des Bauobjekts
Eine Reihe von Argumenten spricht jedoch für (Objektqualität), sondern auch aus seiner Lage
diese Betrachtungsweise. Kein anderer Indus- (Standortqualität) und aus seinem Entstehungs-
triezweig benötigt mehr Materialien und Ener- prozess (Prozessqualität). Effizienz im Einsatz
gie, produziert mehr Abfälle und trägt weniger von Energie und Ressourcen wird zu einem
zum Materialrecycling bei als das Bauen. Seit zentralen Qualitätsmerkmal eines Gebäudes.
geraumer Zeit bestimmen diese Themen auch Die Instrumente des material- und energie-
die internationale öffentliche Diskussion und effizienten Bauens sind zugleich die Mittel der
den Prozess der politischen Meinungsbildung. Architektur: Leichtigkeit und Masse, Schutz
Aus vielerlei Gründen: Manche Materialien wer- und Transparenz, Flächenökonomie und Raum-
den knapp und entsprechend teurer, andere wirkung.
erzeugen ungewollte Auswirkungen auf Umwelt
und Nutzer, wieder andere erfüllen nicht dauer- Gebäude unterscheiden sich in einem ganz
haft die an sie gestellten Ansprüche. Dies gilt wesentlichen Punkt von anderen Objekten
in gleichem Maße für die konventionellen Ener- unseres täglichen Bedarfs: Sie erfüllen bereits
gieträger: Auch sie sind knapp und verteuern die Voraussetzungen zur Nutzung erneuerbarer
sich zusehends; darüber hinaus gelten sie als Energiequellen. Sie verbinden sich in aller
wesentliche Verursacher des Klimawandels Regel mit dem Erdboden und können oberflä-
und weiterer Umweltbelastungen. Die prognos- chennah sein gleichmäßiges Temperaturniveau
tizierte Reichweite nicht erneuerbarer Energie- oder die Erdwärme aus tieferen Schichten aus-
träger wie Erdgas und Erdöl ist geringer als die nutzen. Sie stehen im freien Luftstrom, können
zu erwartende Lebensdauer vieler Gebäude, sich Druckunterschiede und Windenergie
nicht nur der Neubauten. Die globale Ausein- zunutze machen. Sie sind dem Tageslicht aus-
andersetzung um die Reserven spitzt sich zu, gesetzt und können auf diese Weise direkt die
Befürchtungen um die Versorgungssicherheit Hauptenergiequelle anzapfen, die uns zur Ver-
sind nur allzu berechtigt. Zunehmend werden fügung steht: die Sonne. Standortbezogen sind
uns die Endlichkeit vieler Ressourcen und die weitere erneuerbare Energiequellen verfügbar:
Folgen ihres unkontrollierten Einsatzes für Grundwasser und Fließwasser, Biomasse und
Mensch und Umwelt bewusst. Biogas, um nur einige zu nennen.
Die Architektur, das Bauen bietet die größten Trotz dieser nahe liegenden Möglichkeiten sind
Handlungspotenziale für eine nachhaltige wir im Bauwesen in Bezug auf Nachhaltigkeit
Gestaltung der Umwelt. Wir müssen unser und Energieeffizienz noch weit entfernt vom
Bemühen verstärken, Material- und Energie- Entwicklungsstand anderer Industriezweige.
effizienz im Bauen und in der Nutzung von Wir können nicht weiter abwarten. Die Politik
Gebäuden zu erhöhen. Durch kluge Entwurfs- sieht sich durch absehbare Versorgungskrisen
und Planungsentscheidungen können wir Res- und Auseinandersetzungen wie auch durch die
sourcen sparsamer einsetzen, die Dauerhaftig- öffentliche Meinung veranlasst, regulierend ein-
keit von Gebäuden verbessern und Umwelt- zugreifen – global, auf europäischer Ebene,
schäden reduzieren. Auf diese Weise können national und lokal. Architekten und Ingenieure
wir bleibende Werte schaffen und erhalten und haben die Möglichkeit, ihre kreative Meinungs-
6
führerschaft gesellschaftlich wirksam zu ses als Voraussetzung für nachhaltiges Bauen tebau und Infrastruktur über die Objektebene
machen. Das Innovationspotenzial ist gewaltig sowie zur Bewertung nachhaltiger Gebäude- bis hinein in die Gestaltung von Planungspro-
und bislang kaum ausgeschöpft. Die Heraus- qualität. Wo immer möglich, verdichten sich zessen zu behandeln – besonders aber, es in
forderung einer nachhaltigen Entwicklung im Aussagen in Bild- oder Diagrammform. Das am den größeren Zusammenhang nachhaltiger
Bausektor bietet Chancen: wissenschaftliche, Ende dieses Teils vorgestellte »Diagnosesys- Entwicklung der Architektur und des Bauens zu
technische und gestalterische Erneuerung in tem Nachhaltige Gebäudequalität« (DNQ) fasst stellen.
einem lange nicht mehr besonders innovations- wesentliche Beurteilungskriterien für zukunfts-
verdächtigen Wirtschaftszweig, neue Export- gerechtes Bauen zusammen. Sie machen Die Erarbeitung dieses Werks hat viel Energie
chancen und erneut eine Rolle als Impulsgeber handhabbar und bewertbar, was sich bislang gebunden, insbesondere menschliche Energie
für langfristige gesellschaftliche Entwicklungs- nur in pauschalen Forderungen nach Nach- von Autorenteam, Mitarbeitern und Verlag.
linien. haltigkeit ausgedrückt und diesen Begriff ent- Allen Institutionen und Personen, die beim Ent-
wertet hat. stehen dieses Werks kompetent mitgewirkt
Der Energie Atlas möchte hierzu Grundlagen Die Planungsgrundlagen bieten entsprechend haben, die uns in unseren Familien und Freun-
vermitteln, Beispiele aufzeigen und Anregun- umfangreiches Material auf verschiedenen deskreisen den Rücken für die Arbeit an die-
gen geben. Der Aufbau folgt insgesamt dem Betrachtungsebenen an. Sie zeigen auch, dass sem Werk freigehalten haben und denjenigen,
vertrauten Schema der Konstruktionsatlanten wir bereits in großem Umfang über ausgereifte die es durch Zuwendung von Mitteln großzügig
der Edition Detail. Technologien zur effizienten Nutzung der Res- unterstützt haben, danke ich herzlich.
sourcen verfügen, die uns die Erde bietet, ohne
Teil A »Positionen« widmet sich grundlegenden ihre Schönheit anzutasten. Es bleibt jedoch Vielleicht spüren unsere Leser diese Energie.
Aspekten des nachhaltigen und energieeffizi- dem Leser überlassen, hieraus eine dem Ort Ihr Einsatz hat sich gelohnt, wenn sie weitere
enten Bauens. Gastbeiträge zum globalen und der Aufgabe gerecht werdende Lösung zu Energie mobilisiert, die die gesellschaftlichen
Wandel und zur Energiewende stellen überge- entwickeln, die mit minimalen Mitteln maxima- und professionellen Herausforderungen auf-
ordnete Bezüge her. Die schwierige Beziehung len Nutzen erzielt. greift und auf diese Weise die Entwicklung der
zwischen Architektur und Nachhaltigkeit und Architektur und des Bauens fördert.
die wenig genutzten Potenziale der solaren Bei der Auswahl der im Teil C »Gebaute Bei-
Architektur sind thematisiert. Schlüsselthemen spiele« dokumentierten Gebäude stand jeweils
wie Effizienz und Lebenszyklus legen die die Beziehung zwischen Nachhaltigkeitsansatz, Darmstadt, im August 2007
Bedeutung der Nachhaltigkeitsbetrachtung in Energiekonzept und architektonischer Haltung Manfred Hegger
der Architektur offen. Sie verdeutlichen den im Vordergrund. Ausgewählt wurden weitge-
Handlungsbedarf und zeigen auf, welche hend aktuelle Projekte, die durch ihre beson-
Dynamik eine entsprechende Entwicklung im dere architektonische Interpretation von bau-
Bauen erzeugen könnte. licher Nachhaltigkeit und Energieeffizienz her-
vortreten. Die verbale, grafische und bildliche
Teil B »Planungsgrundlagen« ist dem gegen- Darstellung der Gebäude mündet jeweils in
über handlungsorientiert. Ausgehend von der eine bewertende Beschreibung des Nachhal-
Darstellung allgemeiner Grundlagen von Nach- tigkeitsansatzes nach dem Diagnosesystem
haltigkeit und Energie, Klima und Wohlbefinden Nachhaltige Gebäudequalität (DNQ). Über die
sind die verschiedenen Planungs- und Hand- gezeigten Beispiele wird deutlich, dass Tech-
lungsebenen nachhaltigen und energieeffi- nologien zur effizienten Nutzung von Ressour-
zienten Bauens behandelt: Stadtraum und cen und Energie neue architektonische Poten-
Infrastruktur, Gebäudehülle und Gebäudetech- ziale eröffnen – aber auch, dass der Suchpro-
nik sowie die Materialwahl. Die rapide Entwick- zess nach dem geeigneten architektonischen
lung in diesem Feld, insbesondere in der Ener- Vokabular zur Lösung der neuen gesellschaft-
gietechnik, hat immer wieder Aktualisierungen lichen Aufgaben noch längst nicht als abge-
erforderlich gemacht. Der derzeitige Wissens- schlossen angesehen werden kann.
stand zum Zeitpunkt der Drucklegung ist
anschaulich zusammengefasst. Die Aussagen Der Energie Atlas ist über den notwendiger-
dieses Teils münden in Handlungsanleitungen weise prägnanten Buchtitel hinausgehend
zur Entwicklung von Energiekonzepten, zur angelegt. Die Energie steht im Mittelpunkt. Der
Organisation eines integralen Planungsprozes- Anspruch war jedoch, dieses Thema von Städ-
7
Teil A Positionen
1 Globaler Wandel
Chris Luebkeman
2 Energiewende
Hermann Scheer
5 Solare Architektur
Thomas Herzog
9
Globaler Wandel
Chris Luebkeman
A 1.1
In Bezug auf Design und Konstruktion der Bei den Workshops wurde das unter dem
gebauten Umwelt beherrschen wir technisch Namen STEEP bekannte System verwendet,
fast alles. Wir sind in der Lage, Gebäude zu um die Kernthemen zu bewerten [3]. Um einen
bauen, die genauso viel Energie produzieren gleichwertigen Dialog über die Zukunft führen
wie sie verbrauchen. Wir können wundervolle zu können, wird dabei jedes Themenfeld ein-
Räume und Orte schaffen, in denen Menschen zeln betrachtet. Die einzelnen Themen wie
sich gerne aufhalten. Wir wissen, wie man demografischer Wandel, globales Nomaden-
Materialien herstellt, die theoretisch unendlich tum oder Urbanisierung werden in fünf Felder
haltbar sind – beispielsweise Titanium oder zerlegt und einzeln analysiert. Dieses Vorgehen
Glas – ebenso wie Materialien, die sich auf erlaubt einer Gruppe, die individuellen Impulse
Wunsch selbst zersetzen. Wir können schneller des Wandels zu priorisieren und dann die
fliegen als der Schall oder sogar die Brown’sche gegenseitigen Einflüsse über die vier anderen
Molekularbewegung stoppen. Und trotzdem – Felder hinweg zu überprüfen.
obwohl wir all diese Dinge können – blicken wir Jeder »Drivers of Change«-Workshop verlief
oft unsicher in die Zukunft und fragen wir uns, nach derselben Methode. Am Anfang wurde
ob wir alles richtig machen. die Gruppe bezüglich der vier in Abb. A 1.4
dargestellten globalen Zukunftsmodelle be-
Drivers of Change fragt. Die zwei verwendeten Achsen bildeten
Das Ingenieurbüro Arup hat über 10 000 Projekte wirtschaftliches Wachstum und Global Gover-
weltweit realisiert und ist bekannt für seine inno- nance [4]. Die Teilnehmer wurden gebeten,
vativen Ideen und multidisziplinären Planungs- einen Vektor zu zeichnen, dessen Ursprung
leistungen [1]. Ich hatte das Privileg von 1999 die Welt von heute zeigt und dessen Spitze in
bis 2002 die Abteilung für Forschung und Ent- der Welt endet, die in den nächsten 20 Jahren
wicklung zu leiten. Ein Team von 35 Menschen, Realität sein könnte. Die Ergebnisse waren fas-
das über ein großes Wissen über die gebaute zinierend: Zwar variierten die Vektoren je nach
Umwelt verfügt, beriet Ingenieure in der ganzen geografischer Herkunft der Teilnehmer, den-
Welt, während diese die Grenzen des Machba- noch gab es eine eindeutige Tendenz hin zu
ren ausloteten. Daran anschließend gründete einer Welt, die nach ökonomischem Wachstum
ich 2003 eine Abteilung, die unter dem Namen strebt, die aber gleichzeitig höchst separiert
»Foresight, Innovation + Incubation« (FII) be- und zerteilt sein wird: eine differenziertere Welt,
kannt ist. Seitdem hat diese Abteilung vielen die sich stärker auf Lokalisierung als auf Glo-
Kunden – Einzelpersonen, Firmen und Regie- balisierung konzentriert. Im zweiten Teil des
rungen – geholfen, ihre Gedanken bezüglich Workshops wurde nach den Beobachtungen
der Zukunft zu fassen. Teil dieses Prozesses der Teilnehmer bezüglich der Ursachen des
war die Workshopreihe »Drivers of Change«, Wandels in jedem der STEEP-Felder gefragt.
an der zwischen 2003 und 2006 ca. 9500 Men- Es zeigte sich, dass es einige globale Gemein-
schen auf fünf Kontinenten teilnahmen [2]. Zum samkeiten, aber auch ein paar unterschiedliche
Ablauf gehörte, dass jeder Teilnehmer offenlegt, Sichtweisen der Thematik gab.
was er oder sie glaubt, was die Impulse des
Wandels sowohl auf globaler als auch auf loka- Fünf Thesen
ler Ebene sind. Die Ergebnisse zeigen, dass es Die gebaute Umgebung ist das Fundament der
verschiedene Kernthemen wie Klimawechsel, Gesellschaft. Sie ermöglicht soziale Interaktion
Energie oder geografischer Wandel gibt, die zwischen allen Schichten. Die Welt »verstäd-
überall in den Köpfen verankert sind. Auf den tert« derzeit in bisher unvorhergesehener
ersten Blick erscheint dies nicht weiter beacht- Weise. Durch das enorme Wirtschaftswachs-
lich. Berücksichtigt man die Tatsache, dass tum in China sind dort in den letzten 25 Jahren
man heute mehr nach geopolitischen Unter- ca. 300 Millionen Menschen in Städte umgesie-
A 1.1 Blick auf ein Kraftwerk im Stadtteil Soweto, Johan-
nesburg (ZA)
scheidungen als nach menschlichen Gemein- delt, ein Zuwachs um 500 Millionen wird bis
A 1.2 allgegenwärtiges Verkehrschaos in Shanghai samkeiten sucht, ist eine gemeinsame globale 2050 erwartet [5]. Dies stellt die größte Mas-
(VRC) Meinung alles andere als selbstverständlich. senwanderung der Menschheitsgeschichte
10
Globaler Wandel
dar. Die Städte verändern sich, entwickeln deren Zukunft. Bald wird die Mehrheit der
sich weiter – unter dem Einsatz von Materialien Erwerbstätigen, die grundlegende Erfahrung
aus aller Welt; so gut wie alle Regionen der und spezielles Wissen haben, nicht mehr ver-
Welt berühren einander in irgendeiner Weise, fügbar sein. Dennoch besteht Hoffnung, dass –
jeden Tag. Wie wird die gebaute Umwelt in während die Infrastruktur um uns herum mit
einer Welt mit stetig steigenden Abhängigkei- unserer Gesellschaft altert – das Interesse an
ten definiert? Wer oder was bestimmt, was unserer gebauten Umwelt wieder steigen wird.
gebaut wird und wie? Und wie bestimmt dies Im reicheren Teil der Welt haben verbesserte
die »glokale«Umwelt [6]? Viele Fragen, fünf Lebensumstände und der medizinische Fort-
grundlegende Annahmen: schritt zur Reduktion der Kindersterblichkeit
und zu längeren Lebenserwartungen beigetra-
• Wandel ist konstant; Zusammenhang ist vari- gen, wodurch sich die Anforderungen an die
abel. Es wird viel über Wandel geredet und Gestaltung der Umwelt nachhaltig ändern. Die
darüber, dass sich dessen Geschwindigkeit Verschlechterung derselben Zustände in den
erhöht. Aber viel interessanter ist es, die weniger entwickelten Gebieten stellt eine große
Zusammenhänge des Wandels zu beobach- Herausforderung dar. Es ist schwer vorauszu-
ten, die ganzheitlichen Verknüpfungen be- sagen, zu welchen Entwicklungen diese Dis- A 1.2
stimmter Epochen, die Kausalität erfolgrei- krepanz führen wird. 2020 wird die Gruppe der Auswanderern in unerwarteter Weise abhängig.
cher Innovationen. Diese tiefgehende Ana- über 60-Jährigen sehr wahrscheinlich 1 Milliar- Beispiele hierfür sind u. a. illegale Wanderar-
lyse zeitgebundener Ursachen trägt dazu de Menschen betragen. 75 % dieser Gruppe beiter in den USA, welche im letzten Jahrzehnt
bei, Verwicklungen in künftigen Zusammen- werden in den Industrieländern leben – davon die dortige Wirtschaft fundamental mitgetragen
hängen vorherzusehen. Sie soll helfen, 16 % US-Amerikaner, 20 % Deutsche und 27 % haben. Oder medizinisches Personal, das von
Hochrechnungen für unterschiedliche Zu- Japaner [8]. Wer wird sich um diese alternde seinen Heimatländern, in denen es nicht
kunftsszenarien zu erstellen. Bevölkerung kümmern? Wie wird sie zurecht- bezahlt wird, in die reichen Nationen mit ihrer
• Jeder Mensch hat drei Bewertungssysteme, kommen? Wie werden wir die Gestaltung von alternden Bevölkerung zieht, während in ihren
die er benutzt: erstens die Intuition, die ihn Produkten und Dienstleistungen, Orten und Heimatländern die lebensnotwendigen Spezia-
auf einer sehr tiefen, fast animalischen Ebene Umgebungen ändern müssen, um ihre Lebens- listen fehlen.
informiert; zweitens das Herz, das die Gefüh- bedingungen zu verbessern? Weitere grundsätzliche Fragen entstehen, wenn
le und Überzeugungen repräsentiert und Im Hinblick auf die alternde »Baby-Boomer«- wir die Entwicklung der Städte betrachten. Wie
zuletzt den Kopf bzw. die analytischen Fähig- Generation der Nachkriegszeit liegt die Vermu- viele internationale Einwanderer identifizieren
keiten. Die intensivsten Momente sind jene, tung nahe, dass sich die Wahrnehmung des- sich mit ihrer Wahlheimat oder ihrem Zufluchts-
in denen alle drei gleichermaßen vereint sind. sen, was akzeptable Hilfe ist, weiterentwickeln ort? Vielleicht ist die Antwort ein neuer Multi-
• Wir haben keine andere Wahl als zu lernen, und verändern wird. Diejenigen, die sich vor der Nationalismus mit komplexen multiplen Ver-
wie wir miteinander auf diesem einen Plane- Einbindung von Technologien drücken, mit der pflichtungen. Oder vielleicht wird das Bedürfnis
ten Erde umgehen müssen. Darum sollte Begründung, dass es eine fremde Invasion sei, nach der persönlichen Verbindung zu einer
unser Handeln die nachhaltige Nutzung der werden weniger werden, je mehr Technologie in lokalen Gemeinschaft durch die globale Ver-
Ressourcen unseres Planeten unterstützen. den Alltag integriert wird. Viele vergessen, dass bundenheit verdrängt. In jedem Fall wird dieser
• Es gibt viele Behälter in der Natur, aber nur ein einfacher Graphit-Bleistift ein unglaubliches Zwiespalt zwischen Globalität und Lokalität
Menschen bauen Schachteln mit Wänden Stück »Technik« ist. Die menschliche Leis- eine wachsende Rolle in der Gestaltung unse-
und Deckeln. Deswegen können nur Men- tungsfähigkeit wird stetig beschleunigt. Die rer Umwelt spielen. Europa ist heute die Heimat
schen diese Deckel abnehmen und ihre Boomer haben sich bereits auf eine fortschritt- der meisten internationalen Einwanderer,
Schachteln verlassen. Das steht symbolisch liche Lebenssituation eingestellt und vorberei- gefolgt von Asien und Nordamerika. Wir wer-
für die Notwendigkeit, vernetzt anstatt in tet. Sie akzeptieren beispielsweise medizinische den uns wohl langsam von einer nationalen
getrennten Ebenen zu denken. Maßnahmen wie künstliche Hüft- oder Kniege- Staatsbürgerschaft zu einer Weltbürgerschaft
• Alles, was uns unbequem ist, wird nicht lan- lenke und sogar Schönheitsoperationen, um ihr bzw. transnationalen Bürgerschaft entwickeln.
ge Bestand haben. Die Beseitigung unange- Leben zu verlängern und ihren Lebensstandard Im Allgemeinen lernen Europäer mehrere
nehmer Umstände scheint eine der Hauptur- zu erhöhen – in einer Art und Weise, wie frühere Fremdsprachen, sind länger in der Ausbildung
sachen für Innovation und Wandel in der Ge- Generationen es nur als Science-Fiction kann- und steigen später in das Arbeitsleben ein.
schichte gewesen zu sein. Um gute Ideen ten. So wird es voraussichtlich nicht mehr lange 77 % der Studenten in der EU sprechen eine
für die Zukunft zu finden, müssen wir uns dauern, bis unsere Städte uns »pro-aktiv« im Fremdsprache gut genug, um an einer Unter-
nach diesen Unbequemlichkeiten umsehen. täglichen Leben unterstützen können. haltung teilzunehmen. Die größte Englisch
sprechende Bevölkerung wird künftig die chi-
Demografischer Wandel Globales Nomadentum nesische sein. Hier wirft sich die Frage auf, ob
Während der gesamten Workshopreihe war Seit den 1970er-Jahren lassen sich interessan- unsere Städte, während sie systematisch ver-
der demografische Wandel das am häufigsten te Veränderungen in der Bevölkerungsdichte in bessert werden und jeder Einwohner identifi-
genannte Thema. Seine Bedeutung unter- den verschiedenen Regionen der Erde beob- zierbar wird, mit uns in der Sprache unserer
scheidet sich von Ort zu Ort und von Region achten. Sie beruhen hauptsächlich auf der der- Wahl kommunizieren können: Werden wir Ansa-
zu Region. Trotzdem beschäftigt sich fast zeitigen Verfügbarkeit billiger fossiler Energie- gen in unserer Muttersprache hören, während
jeder Mensch mit der Frage, wie sich die träger und der sich ausweitenden globalen wir mit der U-Bahn in London oder in der Hong-
Population ändert und wie dieser Wandel die Wohlstandslücke: Eine Vielzahl an Menschen, konger Metro fahren? Welche Stadt wird den
Zukunft beeinflussen wird. Ein drängendes gebildet wie ungebildet, zieht auf der Suche ersten multimedialen Stadtführer mit automati-
Thema bezüglich der gebauten Umwelt ist nach Arbeit um. Diese Bewegung, vom in die sierter Übersetzung einführen? Es gibt bereits
die Tatsache, dass die Mehrzahl der zurzeit Stadt ziehenden Landwirt bis zum hochgebil- Überlegungen, Mittel für diejenigen bereitzu-
Berufstätigen in den Industrieländern etwa deten Arzt der sein Heimatland verlässt, findet stellen, die keine Fremdsprache fließend spre-
zwölf Jahre vom Ruhestand entfernt ist [7]. in verschiedenen Branchen, in unterschied- chen, damit sie sich beispielsweise auf Flug-
Darüber hinaus interessieren sich zu wenige lichen Teilen der Welt statt. Die globale Wirt- häfen orientieren können. Welche Sprache wür-
junge Menschen für die Baubranche und schaft ist von diesen internationalen Ein- und den wir wählen? Viele Städte beobachten uns
11
Globaler Wandel
Energieverbrauch [GJ pro Kopf]
35
USA
30
Australien
25
20
EU
15 Japan
Südkorea
10
Mexiko
Brasilien
Indien China
5 Thailand
0
0 5 10 15 20 25 30
BIP pro Kopf [1000 US-Dollar]
A 1.3
schon – wie würden wir uns fühlen, wenn die Die Produktion von Energie für die heutige an den Rohstoffvorräten lagen als an der Infra-
Stadt auch zu uns spricht? Gesellschaft muss sich ändern. Die Industrie struktur der Konsumenten. Diese wurden, auch
bewegt sich – wenn auch unwillig – vom Para- aufgrund ihrer Emissionen, in einiger Distanz
Energie und Wohlstand digma des zentralisierten Industriezeitalters zu den Städten gebaut, und die enormen Trans-
Forschungen des Internationalen Währungs- zu einem maßgeblich moderner verteilten und missionsverluste wurden einfach als notwendi-
fonds (IWF) haben gezeigt, dass es eine dezentralisierten Modell. Dieser Wandel ist ger Teil des Systems akzeptiert.
direkte Verbindung zwischen wirtschaftlichen politisch notwendig. Denn wenn man die Ener- Dabei gibt es heute immer mehr Möglichkeiten,
Schwankungen und dem Zugang zu Energie giebereitstellungskette betrachtet, gehen über die Produktion von Strom zu dezentralisieren.
gibt. In Abb. A 1.3 ist der Pro-Kopf-Energiever- zwei Drittel der erzeugten Energie durch Anstelle eines großen Kraftwerks müssten viele
brauch ausgewählter Nationen dem Bruttoin- Umwandlung und Verteilung verloren. kleine existieren, die über eine Region verteilt
landsprodukt (BIP) gegenübergestellt. Dabei Elektrische Energie bleibt ein grundlegendes sind. Angetrieben von kleinen Windturbinen,
wird deutlich, dass, während sich eine Wirt- Bedürfnis der heutigen Gesellschaft. Sie liegt Brennstoffzellen in Gebäuden, Solarzellen
schaft von einer Agrarwirtschaft über die Indus- fast allem zugrunde, was wir heute tun. Histo- oder kleinen Gasturbinen, wären alle mitein-
trialisierung zur Konsumgesellschaft wandelt, risch wurde Strom erzeugt, um das Wachstum ander verbunden. Dieser systemübergreifende
der Energieverbrauch gleichermaßen steigt. von kleinen und großen Industrien zu fördern, Ansatz erhöht zum einen die Versorgungs-
Dabei scheint es ein Niveau zu geben, auf dem die in der Nähe von Energiequellen lagen. Mit sicherheit und reduziert zum anderen die Anfäl-
sich eine Gesellschaft »optimiert«, d. h. das der Zeit übertraf der Energiedurst der Gesell- ligkeit der Stromversorgung dadurch, dass der
Bruttoinlandsprodukts steigt bei gleichem Ener- schaft die Kapazität der nahen Quellen. Des- Erzeuger wesentlich näher am Verbraucher
gieverbrauch. Ich glaube allerdings, dass es wegen entstanden große Kraftwerke, die näher und Endnutzer liegt. Zusätzlich ergibt sich bei
vielmehr eine Verschiebung des Energiever-
brauchs von einer Nation zur anderen gegeben Blockinseln Reglobalisierung
hat, d. h. ein Staat importiert den Großteil der • Volkswirtschaften erholen sich mit unterschied- + • Iran und USA melden neue Handelsabkommen
Waren aus einem anderen. Ein klassisches Bei- lichen Geschwindigkeiten • Vereinte Nationen umstrukturiert und wiederbe-
• vermehrtes Entstehen regionaler Wirtschafts- lebt, neue Mitglieder im Sicherheitsrat
spiel dafür sind die USA: Durch die Importe und Handelsblöcke • Terrorismus und geopolitische Instabilität ein-
wird quasi ein Teil des Energieverbrauchs • politische Initiativen fördern örtliches / regio- gedämmt
quasi nach China verlagert. nales Wachstum • boomende Weltwirtschaft
Zwei weitere Aspekte müssen hinsichtlich der • ideologische Unterschiede steuern globale • Macht und Einfluss der Welthandelsorganisa-
Dynamik tion WTO wächst
Grafik kritisch betrachtet werden: Der erste • langsame, aber stetige Inflation
• Arbeitsmarktreformen beeinflussen Wachstum
ist, dass die Nation, die den größten Pro-Kopf- und Beschäftigung • offene Volkswirtschaften treiben globale Dyna-
Energieverbrauch aufweist, gleichzeitig fast • technologischer Fortschritt und Produktivitäts- mik an
alle eigenen Energieressourcen verbraucht hat. zuwachs als starke Motoren für den Wirt-
Der zweite ist, dass die zwei bevölkerungs- schaftsaufschwung
Wirtschaftswachstum
12
Globaler Wandel
13
Energiewende
Hermann Scheer
A 2.1
Der Begriff Energiewende wird zunehmend und Erdatmosphäre. Erneuerbare Energien
öffentlich kontrovers diskutiert. Dabei ist er sind dagegen prinzipiell frei von solchen
nicht ganz eindeutig. Was an der gegenwär- Folgen nutzbar. Daraus ergibt sich das über
tigen Energieversorgung soll nun gewendet das Klimaschutzmotiv hinausgehende gene-
werden und in welche Richtung? Geht es um relle Motiv des Umweltschutzes. Selbst wenn
neue Energiequellen oder nur um den spar- es das Klimaproblem nicht gäbe, würden
samen und effizienten Einsatz der gegenwärtig immer noch massive ökologische Gründe
genutzten Energieträger? Um mehr internatio- für die Energiewende sprechen.
nal einheitliche oder dezentralisierte Energie- • Die fossilen Energien sind erschöpflich, wes-
strukturen, um mehr Wettbewerb oder eine halb ihre fortgesetzte Nutzung unweigerlich
ökologischere bzw. nachhaltigere Energie- zu steigenden Kosten sowie zu Versorgungs-
versorgung? engpässen und -notständen führt. Allein die
Gewöhnlich wird der Begriff Energiewende unerschöpfliche erneuerbare Energie eröffnet
zwar mit dem der Nachhaltigkeit assoziiert, allen Menschen eine dauerhaft gewährleiste-
aber auch das macht ihn kaum fassbarer. Mitt- te Energieversorgung. Daraus ergibt sich
lerweile wird nämlich selbst die atomare und das Motiv einer permanenten und gesicher-
fossile Energienutzung von ihren Anbietern ten Verfügbarkeit.
schon als nachhaltig etikettiert, wenn sie nur • Die atomaren und fossilen Energiereserven
etwas sicherer oder effizienter erfolgt. Doch liegen in relativ wenigen Förderregionen der
Energieträger, deren Primärressourcen nur Erde, sodass für deren Nutzung lange inter-
begrenzt zur Verfügung stehen – was für Erdöl, nationale Bereitstellungsketten erforderlich
Erdgas, Kohle wie Uranerze gilt – und die von sind (Abb. A 2.2). Dies bedingt unvermeid-
der Förderung bis zur Umwandlung und Nut- lich einen hohen infrastrukturellen Aufwand,
zung schwerwiegende Umweltschäden und führt zu wachsenden existenziellen Abhän-
Rückstände hinterlassen, rechtfertigen keine gigkeiten und provoziert wirtschaftliche, po-
Etikettierung als nachhaltig. Energiewende litische und kriegerische Konflikte. Erneuer-
bedeutet deshalb Energiewechsel, d. h. die bare Energien hingegen sind in verschiede-
Ablösung atomarer und fossiler Energieträger ner Form als natürliche Umgebungsenergie
durch erneuerbare. Allein diese sind nachhaltig, überall verfügbar und können mit technischer
weil unerschöpflich und – mit Ausnahme der Hilfe gewonnen werden – mit wesentlich
Bioenergie – emissionsfrei gewinn- und nutzbar. geringerem Infrastrukturbedarf. Daraus er-
geben sich für erneuerbare Energien Motive
Sonne oder Atomkraft – der Grundkonflikt des wie volkswirtschaftliche Effizienz, politische
21. Jahrhunderts Unabhängigkeit und Friedenssicherung.
Mit einer überwiegend noch zögerlichen Ein- • Die fossilen und atomaren Energien werden
stellung zu erneuerbaren Energien bleibt die aufgrund der genannten Rahmenbedingun-
Welt derzeit weit unter den gegebenen Mög- gen immer teurer, bezüglich ihrer direkten
lichkeiten und Notwendigkeiten. Dagegen lebt sowie indirekten Kosten. Die erneuerbaren
sie mit atomaren und fossilen Energien weit Energien werden dagegen – schon deshalb,
über ihre Verhältnisse. Das breite Spektrum weil für sie (mit Ausnahme der Bioenergie)
von Gründen für einen Wechsel zu erneuerba- keine Brennstoffkosten anfallen – im Zuge
ren Energien lässt sich aus den vier folgenden ihrer laufenden technologischen Verbesse-
elementaren Unterschieden zwischen atoma- rungen, industrieller Massenproduktion und
ren und fossilen Energien einerseits und erneu- intelligenter neuer Anwendungsformen immer
erbaren andererseits herleiten: billiger. Daraus ergeben sich soziale und
wirtschaftsstrategische Motive.
• Der Einsatz von atomaren und fossilen Ener-
A 2.1 solarthermische Stromerzeugung bei Alice
Springs (AUS)
gien bedingt massive Umwelteingriffe mit Beim Thema Energiewende geht es also um
A 2.2 Vergleich von Energiebereitstellungsketten für erdtektonischen Folgen schon bei der Förde- erneuerbare Energien – das überwältigend
die Stromerzeugung rung bis hin zu Emissionen in Gewässer, Luft große und unerschöpfliche Energiepotenzial,
14
Energiewende
das aber immer noch unterschätzt wird. Der Diese Fragen nach den Akteuren und den jeweiligen Quellenangebote – aus dem unter-
zentrale Grund hierfür ist, dass erneuerbare Handlungsfeldern für und gegen erneuerbare schiedlichen und laufend verbesserungsfähi-
Energiequellen nur partiell in die bisherigen Energien müssen beantwortet werden, um gen technischen und damit wirtschaftlichen
technischen und wirtschaftlichen Strukturen erkennbar zu machen, wie der Energiewechsel Aufwand, mit dem Energie gewonnen werden
der Energiebereitstellung passen. Mit anderen beschleunigt werden kann. kann. Weil erneuerbare Energien überall in der
Worten: Sie sind großenteils nicht kompatibel Umwelt angeboten werden, besteht die seit der
mit dem eingespielten Energiesystem, daher Genug Energie für alle – das umfassende Potenzial industriellen Revolution zunehmend übersehe-
werden sie als Fremdkörper betrachtet und erneuerbarer Energien ne und deshalb heute ungeahnte Möglichkeit,
dementsprechend abgewertet. Sie bringen Die strukturelle Vielfalt der erneuerbaren Ener- sie an derselben Stelle, zumindest aber in der-
die Kalkulationsgrößen der überkommenen gien macht es Energiepolitikern, die seit Jahr- selben Region, wo sie auch gebraucht wird,
Energiewirtschaft durcheinander – und damit zehnten an die Strukturen fossilen Energie- zu ernten bzw. einzufangen und anschließend
das gewohnte Energiedenken. verbrauchs gewöhnt sind, so schwer, sich in direkt zu nutzen oder umzuwandeln. Das
Was aber hält diejenigen, die nicht direkt oder das Potenzial erneuerbarer Energien hineinzu- bedeutet, dass für die Bedarfsdeckung durch
indirekt in das überkommene Energiesystem denken: Wer dessen wirtschaftliche und tech- erneuerbare Energien eine wesentlich kürzere
involviert sind, davon ab, den Wechsel zu nische, kulturelle und politische Chancen Energiekette – oder auch gar keine – erforder-
erneuerbaren Energien konsequent und mit erkennen will, kann und darf nicht mehr ledig- lich ist. Dadurch kann, wiederum mit moderner
der nötigen Konfliktbereitschaft zu forcieren? lich einzelne Energieleistungen miteinander Technik, eine regionale bzw. lokale Selbstver-
Warum gibt es bisher keine politischen Initia- vergleichen. Jeder isolierte kalkulatorische sorgung an die Stelle globaler Abhängigkeit
tiven, die die erneuerbaren Energien auch Kostenvergleich mit den fossilen Energieträ- von fossilen Energiequellen treten – eine Chan-
wirtschaftlich ambitioniert und konkret als gern versperrt den Blick auf die Bandbreite der ce zu neuen politischen, wirtschaftlichen und
Zukunftsprojekt vorantreiben, wie es für den Nutzungsmöglichkeiten erneuerbarer Energien. kulturellen Freiheiten.
Bau von Eisenbahnen, die Raumfahrt, die Entscheidend ist der Vergleich der jeweiligen Die Spielräume erweitern sich noch durch die
Atomtechnologie und erst jüngst die Informa- gesamten Energieversorgungsketten, der die Möglichkeit der Substituierung fossiler Rohstof-
tionstechnologie möglich ist? Warum gibt es konstanten und die variablen Faktoren einbe- fe durch regenerative. Diese ermöglichen die
immer noch keine europäischen oder interna- zieht. Der konstante Faktor ist jeweils die Quel- Kultivierung einer eigenen Rohstoffbasis in
tionalen Institutionen für erneuerbare Energien, le, wobei die Quellen bei den erneuerbaren Gegenden, in denen die dafür jeweils erforder-
wie es die Internationale Agentur für Atom- Energien nicht nur wesentlich vielfältiger, son- lichen Anbau- und Klimabedingungen vorhan-
energie (IAEA) oder die European Space dern auch breit gestreut sind. Die variablen den sind (Abb. A 2.1). Zumindest wird dadurch
Agency (ESA) in ihrem Sektor darstellen? Faktoren ergeben sich – in den Grenzen der die Rohstoffbasis auf wesentlich mehr Länder
Transport
Pressung Urananreicherung
Raffinerien
Gasifizierung
Speicherung
Pelletierung
Tankstellen Tankstellen,
Ölhändler
15
Energiewende
Atomenergie Kohle / Gas Biomasse Photo- Windkraft Kleinwasser- Solarwärme Großwasser- solarer solarer
Erdöl voltaik kraft kraft / solarth. Wasserstoff Wasserstoff
Kraftwerke (großtechn.) (kleintechn.)
Primärenergieangebot ° ° • – – – – – – –
Primärenergiehandel ° ° • – – – – – – –
Energieaufbereitung ° ° • – – – – – ° •
Herstellung von
° ° ° ° ° ° • ° ° °
Umwandlungstechniken
Umwandlung in
° ° • • • • – ° • •
Kraftwerken
Stromtransport /
° ° • • • • – ° ° •
Sekundärenergiehandel
Finanzierung der
° ° • • • • • ° ° •
Kraftwerke
16
Energiewende
Erdöl
Erdgas
Kohle
Uran
weltweiter jährlicher Energieverbrauch
A 2.5 A 2.6
Beispiel Heizwärme Bedingungen und natürlichen Angeboten; bauten, Fertighäuser, Schulen, Gemeinde-
Um den gegenwärtigen Wärmeenergiebedarf von der jeweiligen Entwicklungsreife der Tech- oder Bürogebäude, sogar Produktionsstätten
der Weltbevölkerung durch Sonnenwärme zu niken, ihrem Industrialisierungsgrad und ihrer decken ihren gesamten Energiebedarf –
befriedigen, würden – gemessen am Ver- Kostenentwicklung; von der Aufgeschlossen- Strom und Wärme – autonom mit erneuer-
brauch 2001 in Höhe von 3,34 Billionen kWh – heit der Wirtschaftsunternehmen und nicht baren Energien, und einige produzieren als
15 000 km2 Solarkollektoren reichen, berech- zuletzt von politischen Konzepten und dem Plus-Energie-Haus sogar Überschüsse. Ihre
net auf der Basis von nur 225 kWh Solarwär- öffentlichen Bewusstsein – also von sozialen Eigentümer gehören überwiegend zu den
meleistung pro m2 Kollektorfläche. Faktoren. Die Uniformität der Energieversor- Durchschnittsverdienern. Stellen wir uns vor,
gungsstrukturen und des Energieverbrauchs, dass immer mehr Hausbesitzer in dieser
Diese Hochrechnungen zeigen nur einzelne die sich auf der Basis der fossilen Energien Weise umdenken, und schließlich alle – weil
Optionen erneuerbarer Energien auf. Schon herausgebildet haben, werden der Vergangen- es zur sozialen Selbstverständlichkeit wird.
das Strombeispiel macht deutlich, dass heit angehören. Jedes Land, jede Region wird Die Menschen wären die Sorgen wegen stei-
der weltweite Bedarf mit jeder der drei auf- eine spezifische und dabei vielfältige Energie- gender Energiepreise los, die Stadtluft wäre
geführten Optionen gedeckt wäre. Dass basis bekommen. Die Weltenergieversorgung sauberer, die Zahl der Kranken würde sinken.
das natürliche Energiepotenzial noch weit mit erneuerbaren Energien wird eine »multikul- Verändert wäre das Stadtbild, vor allem die
umfangreichere technische Aktivierungen turelle« sein. Dachlandschaften, denn statt stumpf wirken-
ermöglicht, ergibt sich aus der Tatsache, Natürlich sind vielerlei einzelne Anstrengungen der Dachziegel gäbe es viele kristallblaue
dass die Sonne mit ihren Derivaten Wind, nötig, wie z. B. das deutsche Erneuerbare-Ener- und andersfarbige Solaranlagen. Immerhin
Wellen, Wasser und Biomasse dem Erdball gien-Gesetz (EEG), um diese Vision zu realisie- geht es hier – Strom-, Wärme- und Kühlungs-
täglich 15 000-mal mehr Energie liefert, als wir ren. Aber diese Anforderungen sind nicht kom- bedarf in Gebäuden zusammengenommen –
derzeit in Form von atomaren und fossilen plizierter und aufwendiger als die Entwicklung um einen wesentlichen Teil der Problem-
Energien verbrauchen (Abb. A 2.6). Es gibt und Produktion der Satelliten-, Luftfahrt-, Kom- lösung.
also weder ein mangelndes Energiepotenzial munikations-, Medizin- oder Waffentechnik – Die solare Umrüstung des Gebäudebestands
noch eine durch die Technik gesetzte Grenze. und mit Abstand weniger komplex als die und solare Neubauten sind der »goldene
Denn es geht bei dem erforderlichen Produk- Atomtechnik. Die Behauptung, es sei nicht Boden« für Bauhandwerk, Architektur und Bau-
tionsvolumen für Anlagen um Produktions- möglich mit erneuerbaren Energien zu einer wesen. Der Durchbruch in der Bauwirtschaft
leistungen, die in anderen Industriesektoren umfassenden Energieversorgung zu kommen, kommt mit der Auftragsmenge und mit dem
seit Langem üblich sind. Auch hier kann und diskreditiert viele Berufssparten, wie die der Paradigmenwechsel bei Architekten.
wird künftig erneuerbare Energie eingesetzt Physiker, Chemiker, Ingenieure, Architekten, Immer mehr Bürger werden die individuellen
werden. und deren kreatives Potenzial. und sozialen Vorteile dieser Entwicklung erken-
Worin soll also das prinzipielle Hindernis nen und sich daran orientieren. Da Strom-,
bestehen? Die vorgestellten Hochrechnungen Chancen für die Bauwirtschaft Wärme- und Kühlbedarf in Gebäuden etwa die
dienen allein der Öffnung der Gedanken. Mit Die Bauwirtschaft, einschließlich Bauindustrie Hälfte des Gesamtenergiebedarfs der Gesell-
jedem Schritt näherer und differenzierterer und -handwerk, könnte neben der Landwirt- schaft ausmachen, ist diese Umorientierung
Betrachtung des natürlichen und technischen schaft den größten Aufschwung mit der Ener- der wichtigste Faktor der Energiewende, eines
Anwendungspotenzials wird die praktische giewende erleben, wenn sie die Chancen grundlegenden Systemwechsels. Dieser ist
Attraktivität erneuerbarer Energien größer. des solaren Bauens für sich nutzt. Zahlreiche unaufhaltbar. Die einzig offene Frage ist, wie
Schon die Bandbreite der hier vorgestellten neue Baumaterialien und Bauweisen – vom lange wir zur praktischen Neuorientierung
Möglichkeiten zeigt, dass eine weltweite Ener- wärmedämmenden und zugleich strompro- brauchen. Kein Zweifel besteht mehr daran,
gieversorgung allein mit erneuerbaren Ener- duzierenden Glas bis hin zu energiesparenden dass wir aufgrund der sich zuspitzenden Ener-
gien, auch bei wachsendem Energiebedarf in Holzkonstruktionen – könnten dabei zum Ein- gie- und Umweltkrisen keine Zeit mehr verlieren
Entwicklungsländern, bereits heute realisier- satz kommen. Jedes Gebäude muss, um die dürfen. Die Neuorientierung ist kein technolo-
bar ist. Die Mischungsverhältnisse sind von kostenlose Sonnenenergie für Wärme- und gisches Problem mehr und auch – wenn wir
Land zu Land, Region zu Region, Gemeinde Kühlzwecke optimal nutzen zu können, auf richtig rechnen – kein wirtschaftliches. Es ist
zu Gemeinde, Haus zu Haus unterschiedlich. eine der Topografie und den bioklimatischen ein politisches und ein kulturelles, denn die
Welche Mischung realisiert wird, ist von vielen örtlichen Bedingungen angepasste Weise Beschleunigungsfaktoren sind die Politik und
einzelnen Faktoren abhängig: von Energie- ausgerichtet werden – jeweils als ein Solar- diejenigen gesellschaftlichen Akteure, die sich
einspareffekten, die parallel zur Ausbreitung konzept für sich. in ihrem Gestaltungsrahmen für diesen Ener-
erneuerbarer Energien den Energiebedarf Zahllose Beispiele aus der Praxis zeigen, dass giewechsel entscheiden – im Eigen- und im
senken; von den jeweiligen geografischen dies möglich ist: Wohnhäuser etwa, auch Alt- Gesamtinteresse.
17
Architektur und Nach-
haltigkeit – eine schwierige
Beziehung
Robert Kaltenbrunner
A 3.1
Vermutlich denkt man nicht zuerst an Einstein, derzeit stärker Bezug auf das einzelne Ge-
wenn von nachhaltiger Architektur die Rede ist. bäude als auf den Siedlungszusammenhang
Und doch bieten seine Erkenntnisse einen so genommen. Nachhaltigkeit funktioniert eben
ungewöhnlichen wie notwendigen Zugang zu nicht wie die Automobilindustrie, die permanent
diesem Thema. Die klassische Physik kennt den »neuesten Stand« der Fortentwicklung
die drei Kerngebiete Mechanik, Elektrodynamik aller Systeme verkündet.
und Thermodynamik, die heute noch so be-
stehen. Allerdings hatten diese sich seit Mitte Die Gewichtung der Betrachtungsebenen
des 19. Jahrhunderts in ihrer gegenseitigen Mögen klare Kriterien und halbwegs messbare
Beziehung langsam wie Kontinentalplatten ver- Indikatoren von Nachhaltigkeit auf der konkre-
schoben. Die eigentliche Leistung Albert Ein- ten Gebäudeebene noch benennbar sein, so
steins liegt darin, dass er erkannte, was alle wird man kaum behaupten können, dass es
anderen übersahen: An den Faltungszonen aus Sicht von Städtebau und Stadtökologie
zwischen den begrifflichen Kontinenten häuften bereits einen tragfähigen Ansatz zur Bestim-
sich Grenzprobleme, die den Bewohnern der mung und Realisierung einer optimalen Rela-
einzelnen Kontinente jeweils nur als randstän- tion aus Dichte, Stadtgröße, Umwelt- und
dig erschienen. Erst aus einer nichtspezialisier- Lebensqualität gibt. Schon die Frage nach Art
ten Perspektive offenbarten sie sich in ihrer und Lage des Grundstücks kann die Parameter
ganzen Brisanz und wurden schließlich zu den für ein nachhaltiges Bauprojekt entscheidend
Ausgangspunkten von Einsteins wissenschaft- verändern. Beispielsweise führen die einzel-
licher Revolution. wirtschaftlichen Standortentscheidungen von
Solche »Grenzüberschreitungen« braucht es Haushalten und Betrieben in Richtung Stadt-
auch heute. Zwar hat das Umweltbewusstsein umland in der Summe zu erheblichen unge-
mittlerweile einen festen Platz im gesellschaft- deckten Folgekosten oder Externalitäten – vor
lichen Wertekanon erobert und der offensicht- allem in den Bereichen Infrastruktur, Verkehr,
liche Klimawandel setzt die Politik unter erheb- Umwelt und Städtebau. Damit sind gesell-
lichen Aktionsdruck. Dass deswegen aber schaftliche Nachteile verbunden, die in die
schon alle möglichen sektoralen Handlungsfel- Bilanzierung von (individuellen wie gesamtwirt-
der in durchschlagender Weise auf Nachhaltig- schaftlichen) Kosten und Nutzen der Suburba-
keit getrimmt sind, lässt sich nicht behaupten. nisierung bisher nicht hinreichend eingehen.
Noch immer klafft eine Rationalitätslücke zwi- Insofern hängt die auf den Bauprozess bezo-
schen dem (betriebs-)wirtschaftlich Zweckmä- gene Bilanz stark vom Standpunkt des Beob-
ßigen und dem Notwendigen. Die Philosophie achters ab; sie ist also nicht zuletzt weltan-
des Aristoteles, ein Lebewesen sei nicht an sei- schaulicher Natur. Einerseits steht einer ent-
ner Erscheinung, sondern an seinem Tun und scheidenden Breitenwirkung des nachhaltigen
den Reaktionen auf seine Umwelt zu erkennen, Bauens augenscheinlich jener Druck der Sach-
sollte endlich auf den Bausektor übertragen zwänge gegenüber, der mitunter dazu führt,
werden. dass bereits erreichte Qualitätsstandards –
So betrachtet, erschließt sich schnell ein ande- gerade bei privater Finanzierung – eher zurück-
rer, über das einzelne Gebäude hinausgehen- geschraubt als zu einer allgemeingültigen
der Horizont: Ökologische Einzelmaßnahmen Mindestgrundlage gemacht werden. Anderer-
machen noch keine Öko-Architektur; Solarzel- seits wird bei speziellen Bauvorhaben nament-
len und passive Sonnennutzung, ins Haus inte- lich der öffentlichen Hand – sei es nun beim
grierte Gewächshäuser, Fassadenbegrünung Umweltbundesamt in Dessau oder Norman
und Wärmedämmung sind längst nicht hinrei- Fosters Commerzbankhochhaus in Frankfurt –
chend für ein wirklich nachhaltiges Bauen. Bis- viel Wert auf »Ecological Correctness« gelegt,
A 3.1 Photovoltaikmodule in der Dachfläche, Atelier- her lässt sich eher die Optimierung von – wenn schon aus Gründen eines zukunftsgewandten
gebäude, Dresden (D) 2003, Haller Morgenstern
Quincke
auch wichtigen – Einzelaspekten beobachten, Marketings (Abb A 3.2). So bleibt eine interpre-
A 3.2 Umweltbundesamt, Dessau (D) 2005, Sauerbruch weniger ein Gesamtkonzept nachhaltigkeits- tatorische Kluft. Manche singen das Hohelied
Hutton orientierter Planungsprinzipien. Ebenso wird des Erfolges: Nachhaltigkeit stellt mittlerweile
18
Architektur und Nachhaltigkeit – eine schwierige Beziehung
ein anerkanntes Ziel des Bauens dar. Andere In der Diskussion, die hierzulande geführt wird, zahllosen Einzelergebnisse aus Naturwissen-
monieren, dass man noch immer verharre bzw. erscheint Nachhaltigkeit – besonders wenn sie schaften und technologischer Forschung plötz-
sogar zurückgefallen sei – im Glauben, dass auf Innovation und Hochtechnologie bezogen lich in einen neuen Kontext. Richard Buckmins-
technisch alles mach- und beherrschbar sei, wird – wie eine Dame ohne Unterleib, abge- ter Fuller, der mit seinem Diktum »think global –
dass mithin der Komplexität der Aufgabe nicht schnitten von kulturellen Faktoren und sozialen act local« Geschichte schrieb, prägte vor mehr
hinreichend Rechnung getragen würde. Diese Katalysatoren, ohne die noch nicht einmal die als sechs Jahrzehnten den Begriff »Cosmic
Ambivalenz ist fürs Erste kaum aufzuheben. aseptisch gedachten wissenschaftlichen Ent- Conceptioning«. Gemeint ist die Fähigkeit,
Indes soll es hier weniger darum gehen, ein deckungen, geschweige denn ihr gesellschaft- komplexe Zusammenhänge für Erhalt und Pfle-
Urteil zu fällen, als vielmehr auf einige Aspekte licher Gebrauch denkbar wären [2]. Photovol- ge der Lebensgrundlage nicht nur zu erken-
aufmerksam zu machen, die bislang vielleicht taik, Passivhausstandard, Wärmerückgewin- nen, sondern im Denken und Handeln wirksam
zu kurz kamen. nung – bloße naturwissenschaftlich-techni- werden zu lassen – vor allem in einer präzisen
Ob nachhaltig, ökologisch, ressourcenscho- sche Ansätze – greifen nicht, was mitunter in Modellierarbeit von Ereignismustern, ihren
nend, umweltgerecht, biologisch oder energie- der Fachgemeinde selbst moniert wird: »Die Veränderungen und Transformationen. Als
sparend: Gleichgültig, unter welcher Überschrift Denkweise der Bauingenieure ist vorwiegend noch keine Rede sein konnte von Energiekrise,
man sie einordnen möchte, auf eine solche technisch-rational und zu wenig auf die Kom- Umweltbelastung und Zerstörung des globalen
Art zu bauen, erhebt den Anspruch, dezentral, plexität des menschlichen Verhaltens ausge- Ökosystems, arbeitete Fuller bereits antizipato-
integriert und selbstgenügsam zu sein. Allen richtet. Dem Bauingenieur fehlen gesellschafts- risch an Konzepten zur Lösung dieser künf-
Begriffen gemein jedoch ist die Herkunft aus politische Denkansätze und Strategien zur tigen Probleme. »Die Quelle aller Kräfte«, so
den 1960er-Jahren, in denen das etablierte Durchsetzung seiner Ziele« [3]. Aber auch diagnostizierte er, »die der Mensch für die
System ins Kreuzfeuer vornehmlich jugendlicher die Architekten sind nicht ausreichend darauf Handhabung aller seiner Instrumente – beleb-
Kritik geriet. Sie entstammen somit einer sozia- eingestellt, wie es etwa die gängige Architek- ter wie unbelebter – braucht, ist die Sonne. (…)
len Bewegung, nicht bloß einer technischen turlehre manifestiert: Sie wird entweder vom Das Entwerfen von Behausungen auf wissen-
Innovation. Freimut Duve fasste einmal stellver- Primat der Gestaltung oder von einer gewissen schaftlicher Grundlage ist den Sternen mehr
tretend in Worte, wie weit der Glaube reiche: Unterkomplexität, indem reine Teilaspekte im verbunden als der Erde« [4].
»Die zentralistischen großtechnologischen Sys- Vordergrund stehen, dominiert. Buckminster Fullers Wirken stand unter dem
teme – Verkehr, Versorgung und Fernsehen – Motto »How to make the world work« – so
ebnen die historischen Städte ein. Ökologisches Gesellschaftlich-kulturelle Akzeptanz als sei ihm irgendwo in der Einöde eine Kiste
Bauen, die Suche nach dem verlorenen Men- Die häufige Verkürzung von Nachhaltigkeit mit Maschinenteilen, ganzen und zerbroche-
schenmaß in der Stadt könnte ihr wieder Gesicht auf Innovation, Wissenschaft und Technologie nen, zugeschickt worden, die er jetzt mithilfe
und Eigenheit geben« [1]. Ein ambitionierter verkennt die außerordentliche Bedeutung von einer Bedienungsanleitung und Improvisation
Anspruch also, dem bislang jedoch auf seinem konzeptionellen Inspiratoren, deren visionäre zu einem funktionierenden Ganzen zusammen-
Weg in unsere Alltagswirklichkeit nicht durch- Arbeit im Entwurf einer Zusammenschau bauen muss. Die Information der Teile über
gängig Glück beschieden war. bestand. Diese Zusammenschau stellte die ihr Funktionieren im Ganzen wird zur Aus-
gangs frage für Fullers »Systems Approach«;
die Lösungsstrategie setzt bei der Integration
der Einzelfunktionen an. Er sieht die Erde als
integral konstruierte Maschine an, die zum
Zweck dauerhafter Leistungsfähigkeit als
Ganzes begriffen und bedient werden müsse.
Wenn Fuller seine Schrift nun »Bedienungs-
anleitung« nennt, dann will er damit vor allem
auf deren Fehlen hinweisen. Die Menschheit
lebe auf der Erde, ohne ein Anleitungsbuch
für die richtige Bedienung an die Hand be-
kommen zu haben. Gemessen an der unend-
lichen Sorgfalt, mit der alle Details des »Raum-
schiffs Erde« ab ovo festgelegt worden seien,
müsse man das Fehlen einer Bedienungsan-
leitung als absichtlich und planvoll ansehen.
Eben diese bewusste Abwesenheit hat nun
aber ihr effektiv Gutes. Denn dies zwinge dazu,
»unseren Intellekt zu gebrauchen, und das ist
unsere höchste Fähigkeit, mit der wir wissen-
schaftliche Experimente anstellen und die
Bedeutung experimenteller Ergebnisse wirk-
sam interpretieren können. Gerade weil die
Bedienungsanleitung bisher gefehlt hat, lernen
wir zu antizipieren, welche Konsequenzen
sich aus einer steigenden Anzahl von Alter-
nativen ergeben, um unser Überleben und
Wachstum befriedigend zu erweitern – phy-
sisch und metaphysisch« [5]. Nachhaltige
Entwicklung, nachhaltiges Bauen gibt es
demnach nur als Synthese von technologisch-
ingenieurmäßigen Handeln und gesellschafts-
politischen, wertebasierten und werteorientier-
ten »Ansprüchen«.
A 3.2
19
Architektur und Nachhaltigkeit – eine schwierige Beziehung
20
Architektur und Nachhaltigkeit – eine schwierige Beziehung
Aspekte und Klimafragen sowie Heizkosten jah- ihr Transfer in das Bauwesen weitgehend aus. Umweltenergien sinnvoll in das Gebäudekon-
relang als lösbare Probleme und deshalb als zu Weder Hochschulen noch Fachmedien zeigen zept direkt oder eben indirekt einbeziehen, so
vernachlässigende Größen behandelt hat, ist diesbezüglich großes Engagement. Eine Frage, kann dies nicht ohne Auswirkungen auf die
heute die bessere Orientierung und Dämmung die zwar selten offen angesprochen, gleich- bauliche Gestalt bleiben. Ansätze, das nach-
von Gebäuden nicht mehr alternativ, sondern wohl aber von immenser Bedeutung ist, ist die haltige Bauen in eine zeitgenössische »Archi-
Gebot. Fraglos ist hier viel erreicht worden, auch der Form und Erscheinung, weil sie eine Kern- tektursprache« zu übertragen, existieren. Hier
über den »Green Glamour« als Ausdruck indi- domäne anspricht. Wie sieht eine Architektur sei nur auf die Idee der »Natürlichen Konstruk-
vidueller Gewissensberuhigung hinaus. Eine des nachhaltigen Bauens aus? Hier lassen sich tionen« [11] und auf den Münchner Architekten
Architektur mit dem Anspruch etwas Integrier- unterschiedlich relevante Tendenzen benen- Thomas Herzog mit seinen so intelligenten wie
tes, Vernetztes, Umweltbewusstes zu schaffen, nen. Am auffälligsten ist, dass sich weder erfrischenden Baukonzepten verwiesen. Aber
bliebe letztlich »gleichgültige Technologie, ob Architekten noch Medien besonders dafür wirklich bahnbrechend wurde diese Form
hart, ob sanft, wenn nicht subjektive seman- begeistern. Gerade die Grundhaltung, wie sie der Umsetzung nicht; und es gibt auch keine
tische Energien das technische Konstruktions- etwa Peter Eisenman einmal zum Ausdruck Anzeichen dafür, dass sich dies ändert – woran
gerippe zu einem Bild eines anderen Lebens brachte, ist selbstredend: »To talk to me about wiederum die Medien keineswegs unschuldig
ergänzen können« [8]. Mit Bepflanzung, Brenn- sustainability is like talking to me about giving sind. Trotz aller Lippenbekenntnisse hat die
wertkesseln, Solarzellen, recycelbaren Bau- birth. Am I against giving birth? No. But would I Nachhaltigkeit es auch hier schwer – ange-
stoffen und Energiekostenvergleichen ist es like to spend my time doing it? Not really. I’d sichts eines sensationshungrigen Markts und
demnach nicht getan. Vielmehr und ganz ent- rather go to a baseball game« [10]. Nachhaltig- der wirksamen Selektionsmechanismen. Man
schieden handelt es sich um eine Frage der keit scheint für Intellektuelle oder Künstler- braucht nur auf den Umstand hinzuweisen,
Bereitschaft, Bewusstwerdung und mentalen naturen ein sprödes Thema zu sein, und »öko- dass in unserer Zeit die Zuweisungskriterien für
Veränderung. Diese Frage haben sich weder logische Architektur« ein Label, das viele ab- Qualität subjektiv sind, dass Geschmäcker wie
Architekten und Bauträger noch Bewohner und schreckt. Das lässt sich wahrscheinlich darauf Zwecke der Objektivität entbehren. Anderer-
Betreiber in der notwendigen Tiefe gestellt [9]. zurückführen, dass frühe ökologische Architek- seits werden wir durch diese Freiheit an Sub-
So muss man keineswegs Anhänger eines tur an Wohn- und Lebensformen (wie z. B. Aus- jektivität nicht recht froh: Wir möchten unsere
geschichtsphilosophischen Fatalismus sein, um steigermodelle, Landkommunen) gebunden Auffassungen teilen. Dabei hört man in der
vorauszusehen, dass das Thema seine eigent- war, die den konventionellen widersprachen. Regel auf diejenigen, auf die schon viele ande-
liche Brisanz noch nicht erreicht hat. Vielleicht wird hier unbewusst, doch durchaus re hören. Geschmäcker neigen darum zu einer
spürbar, der scheinbare Gegensatz von Nach- gewissen Homogenisierung und Konventionali-
Problem: mangelnde Sinnlichkeit haltigkeit und Gestaltung kultiviert. sierung. Hier nun finden die Medien ihre Rolle:
Dabei wird man zugeben müssen, dass ratio- Auf der Suche nach einer visuellen, ästheti- Sie kanalisieren die öffentliche Debatte, über
nale, wissenschaftlich begründete Erkenntnisse schen Identität ökologischer Architektur können die Qualität zugeteilt wird. Zur Architektur zählt,
darüber, wie nachhaltiges Bauen strukturiert viele Konzepte, Grundregeln, Normen usw. bis- was einer Besprechung in den Medien wert ist.
sein müsste, bereits vorliegen. Dennoch bleibt lang nicht sehr viel weiterhelfen. Will man etwa Das Publizieren hat folglich die Stellung des
A 3.5
21
Architektur und Nachhaltigkeit – eine schwierige Beziehung
A 3.6
Konsens in der Diskussion von Argumenten Die Notwendigkeit alltagstauglicher Beispiele Attribut eines Sonnenkollektors. Gerade das
übernommen. Und da Nachhaltigkeit sehr kom- Um das Thema des nachhaltigen Bauens stär- aber gereicht ihnen wiederum zum Vorteil. Sie
plex und wenig bildhaft ist, dominieren nach ker in der breiten Öffentlichkeit und im »norma- machen deutlich: Es gibt keinen »Öko«- oder
wie vor andere Topoi. len« Bauen zu verankern, bedarf es nicht so auch nur »Energiespar«-Stil. Ein solches Bauen
sehr exzeptioneller Öko-Avantgarde-Projekte – verlangt keine einheitliche Ästhetik und keine
Mit dem nachhaltigen Bauen steht nicht zuletzt die gibt es bereits. Vielmehr wären praktische allgemeinverbindlichen Regeln, außer die eines
das berufliche Selbstverständnis der Architekten Beispiele vorzuführen, müsste der Gebrauch vernünftigen, die Umwelt nicht zerstörenden
auf dem Prüfstand. Günter Moewes etwa ist von kostengünstigen, quasi alltäglichen, d. h. (zumindest nicht verschmutzenden) Verhaltens.
der Meinung, dass vieles von dem, was unter bereits gängigen und bewährten Technologien Insofern ist auch der gerne angeführte Wider-
»ökologischem Bauen« reüssiert, lediglich den im Lebensalltag vieler bewiesen und anschau- spruch zwischen Gestaltung und Umweltan-
Eindruck des Umweltgerechten zu erwecken lich gemacht werden [14]. Eine Art Versuchs- spruch lediglich virtuell.
scheint: »Das wirkliche ökologische Bauen anordnung stellten die so genannten Energie- Ein Kernproblem liegt im Verhältnis von Investi-
ist dem ›konventionellen‹ Bauen des frühen sparhäuser am Lützowufer in Berlin dar [15]; tions- zu Betriebskosten bzw. in dem Umstand,
20. Jahrhunderts ähnlicher als der heutigen Mei- ein weiteres Referenzprojekt ist die »Solar City« dass Einsparungen nur aufgrund (zunächst)
nungsarchitektur.« Beispielsweise seien Karl- in Linz. Aus beiden lassen sich einige grund- höherer Investitions- und Baukosten möglich
Josef Schattners Umbauten in Eichstätt oder der sätzliche Erfahrungen ziehen. Wenn man sind. Das zu akzeptieren, fällt Bauträgern, Käu-
Wohnungsbau eines Otto Steidle »gewiss ökolo- davon ausgeht, dass Architektur zu ihrem fern und der öffentlichen Hand schwer. In der
gischer als die vielen frei stehenden, kurzlebi- Betrachter zu »sprechen« habe, dann ist das nicht-selbstnutzenden Bauherrnschaft, und das
gen, begrünten Holzhäuschen des vermeintlich »Ökologische« der mit eben diesem Attribut ist die Regel, zeigt sich zudem eine nur gerin-
ökologischen Bauens« [12]. Schlüsselbegriff für versehenen Häuser nicht gerade eloquent. ge Bereitschaft, sich offensiv mit den laufenden
eine solche Wertung ist die Entropie. Dieser Be- Sie bleiben im Rahmen der Konvention, sind Aufwendungen – Strom, Wasser, Heizung –
griff entstammt der Physik und basiert auf dem »architecture parlante« lediglich insofern, als auseinanderzusetzen. Diese Rubrik der Be-
zweiten Hauptsatz der Thermodynamik. Demzu- sie mit be- und anerkannten Bildern des Woh- triebskosten wird an den späteren Nutzer wei-
folge laufen in einem geschlossenen System alle nens arbeiten, allenfalls akzentuiert durch das tergegeben, der wiederum an den grundlegen-
Vorgänge nur in einer Richtung ab: von Zustän-
den höherer zu Zuständen niedriger Ordnung.
Entropie ist der Grad dieser stets zunehmenden
Vermischung und Zerstreuung; sie ist demnach
ein Zustand und kein Vorgang. Auch die Erde
stellt sich als weitgehend geschlossenes Sys-
tem dar, da die einzig nennenswerte Größe, die
eindringt, die Sonneneinstrahlung ist. Deshalb
ist eine Zielenergie nur durch gleichzeitige Ver-
mehrung der Entropie an anderer Stelle zu
haben, wie das Beispiel der Dampfmaschine
zeigt, deren Kraft nur durch eine ungleich hö-
here Produktion von sinnloser Abfallwärme er-
zeugt werden kann. Da nun unser ganzes Wirt-
schaften so – und nur so – funktioniert, steht
man offenkundig vor einem gravierenden, quasi
naturgesetzlichen Problem. Statt nun das Ruder
herumzuwerfen, leistet die Architektur dem auch
noch Vorschub. »Genau diese aus den Public-
Relations-Mechanismen des Wirtschaftens ge-
borene Novitätensucht führt in die Entropie, in
den überall gleichen Brei aus punktuell Ande-
rem. Wenn alle auf dem Individualitätstrip sind,
ist dies ein Verlust von Individualität. Überall das
gleiche Gemisch extremer Unikate – das wäre
die Höchstform städtebaulicher Entropie« [13].
A 3.7
22
Architektur und Nachhaltigkeit – eine schwierige Beziehung
23
Die Dinge richtig tun – über
Effizienz und Nachhaltigkeit
Manfred Hegger
A 4.1
Forschung und Entwicklung, neue Werkzeuge, ralschäden« unseres bisherigen erfolgreichen
innovative Produkte und die globale wirtschaft- Handelns gefährden mittlerweile unsere
liche Entwicklung führen es uns täglich vor Lebensgrundlagen. Wir sind uns dessen
Augen: Unsere Lebensgrundlagen verbessern bewusst. Nicht umsonst geht die zeitlich um
sich rapide, insbesondere seit Beginn der eine lange Welle fortgeschriebene Theorie
Industrialisierung. Der Fortschritt scheint unauf- nach Kondratieff davon aus, dass der fünfte
haltsam. Es gelingt der Menschheit offensicht- Zyklus, in dessen Aufschwungphase sich
lich immer besser, ihre fundamentalen Bedürf- unsere gesellschaftliche und wirtschaftliche
nisse zu befriedigen. Sie entwickelt hierzu Entwicklung nunmehr offensichtlich befindet,
geeignete Technologien und Anwendungen, nicht die Bereitstellung weiterer materieller
Netze und Synergien. Die »Theorie der langen Güter als fundamentales Bedürfnis sieht, son-
Wellen der gesellschaftlichen und wirtschaft- dern die Lösung der Probleme der Umwelt.
lichen Entwicklung« nach Nikolai Kondratieff Demzufolge prägen weniger materielle Güter
besagt, dass es seit Beginn der Industrialisie- als immaterielle Leistungen wie Wissensnetz-
rung gelang, in Zeiträumen von jeweils ca. 50 werke unsere Zukunft. Diese Entwicklung
Jahren grundlegende Bedürfnisse zu decken, scheint bereits so weit fortgeschritten zu sein,
was jeweils durch bahnbrechende Innovatio- dass wir eher vor einem Umsetzungs- oder
nen erreicht wurde (Abb. A 4.4) [1, 2]. Bisher Handlungsdefizit stehen als vor einem Wis-
war es in vier langen Wellen seit Ende des sensdefizit.
18. Jahrhunderts möglich, Arbeit zu erleichtern
(1793 –1847), Ressourcen verfügbar zu Die richtigen Dinge tun – oder die Dinge richtig tun?
machen (1847–1893), Urbanität lebenswürdig Unser Handeln ist zumeist von unbedingtem
zu gestalten (1893 –1939) sowie Individualität Erfolgsstreben geprägt. Daran ist bei ober-
und Mobilität zu fördern (1939 –1989). Während flächlicher Betrachtung nichts auszusetzen.
es zu Beginn eines jeden Zyklus so aussah, als Schließlich geht es darum, ein definiertes Ziel
seien die entsprechenden Probleme unlösbar, möglichst vollständig zu erreichen. Doch es
konnten an seinem Ende im Großen und Gan- kommt auch darauf an, wie man es erreicht.
zen auch weitgesteckte Ziele erreicht werden, Dazu eine Definition der Begriffe Effektivität
zumindest für den entwickelten Teil der Welt. und Effizienz:
Soweit die gute Nachricht. Ein Vorgehen ist dann effektiv, wenn es ein
Richtig ist aber auch, dass ein großer Teil der vorgegebenes Ziel erreicht, unabhängig vom
Welt kaum Anteil an diesen Erfolgen nimmt. Aufwand, den wir für die Erreichung dieses
Zudem erzeugt die Lösung eines Kernprob- Ziels treiben [3]. Effektiv sein heißt also, die
lems regelmäßig mehrere neue Schwierigkei- richtigen Dinge zu tun und dabei keinen Auf-
ten. Einige davon sind zwangsläufig Gegen- wand zu scheuen.
stand der Problemlösung der nächsten langen Effizient ist dagegen ein Verhalten, das zur
Entwicklungsphase. Andere bleiben schlicht Erreichung eines Ziels führt und den Aufwand
unbearbeitet liegen und werden als unvermeid- dafür möglichst gering hält. Die ISO 9000 de-
liche negative Randerscheinungen betrachtet. finiert Effizienz als »Verhältnis zwischen dem
Das wird besonders anschaulich an Umwelt- erzielten Ergebnis und den eingesetzten Mit-
Folgeschäden der industriellen Entwicklung teln« [4]. Bei Effizienz geht es nicht mehr allein
und des Abbaus natürlicher Ressourcen. darum, die richtigen Dinge zu tun, sondern die
Wo liegen die Gründe hierfür? Reicht es aus, Dinge richtig zu tun.
auf die mangelnde menschliche Fähigkeit zur Wirtschaftliche wie ökologische Erwägungen
Weitsicht zu verweisen? Überfordert die stellen das Prinzip der Effektivität zunehmend
A 4.1 effiziente Hülle: Seifenblasen – Dachtragwerk Grunderkenntnis der Ökologie – alles hängt mit infrage. Denn es geht davon aus, dass wir
A 4.2 Synergien von Umweltschutz und Ökonomie allem zusammen – unser Denken? Schaffen wir über nahezu unbegrenzte Ressourcen ver-
A 4.3 effiziente Oberfläche: Schmetterlingsflügel –
geschuppte Metallfassade
uns gerne immer wieder neue Aufgaben? fügen können. Doch unglücklicherweise hängt
A 4.4 die langen Wellen der gesellschaftlichen und wirt- Jeder dieser Erklärungsversuche ist berechtigt, unsere Gesellschaft weitgehend von nicht
schaftlichen Entwicklung nach Nikolai Kondratieff entlastet uns jedoch nicht. Denn die »Kollate- erneuerbaren Ressourcen ab. Und diese
24
Die Dinge richtig tun – über Effizienz und Nachhaltigkeit
Analyse Projektion
A 4.4
25
Die Dinge richtig tun – über Effizienz und Nachhaltigkeit
lichen Nutzen bringen. Diese tragen zu einem erscheinen. Materie zur Sicherstellung des
gesellschaftlichen Wertewandel und dem Leit- täglichen Überlebens lässt sich eben nicht
bild einer nachhaltigen Entwicklung bei. durch nicht-materielle Dienstleistungen oder
Der heutige Reichtum ermöglicht es, in effizien- gar durch Information ersetzen.
te und umweltfreundliche Technologien zu Andererseits können Architektur und Bauen
investieren. Die Frühzeit der Industrialisierung nicht von einer als zwingend notwendig erach-
war geprägt von Schwerindustrie und Schorn- teten gesellschaftlichen Entwicklung abgekop-
steinen – schmutzig und ressourcenver- pelt bleiben. Das Beispiel der Energieeinspa-
schwendend. Heute sind die entwickelten Län- rung zeigt, dass neue Anforderungen nicht
der reich und mächtig, die Umweltbelastungen zwingend, wie noch in den 1980er-Jahren
werden spürbar geringer. Dies zeigt auch die befürchtet, das Ende der Architektur einläuten,
Umweltkurve von Simon Kuznets: Danach läuft sondern die Entwicklung energiesparender
die gesellschaftliche Entwicklung von arm und Bauformen und Technologien fördern können.
schmutzig über wohlhabend und schmutzig zu Ein Abkoppeln von allgemeinen Entwicklungen
reich und sauber (Abb. A 4.6). Wirtschaftlicher ist auch deshalb nicht möglich, weil Bauen
Wohlstand führt demnach zu einem umwelt- einen wesentlichen Wirtschaftssektor darstellt.
A 4.5 freundlichen Strukturwandel. Fast 50 % des gesamten Anlagekapitals der
Verständlich, dass gerade die Schwellenländer entwickelten Länder ist allein im Wohnungsbau
versuchen, dieses Modell nachzuahmen. Sie gebunden, ca. 70 % im gesamten Gebäude-
bauen deshalb ihre eigene Schwerindustrie bestand.
Umweltverschmutzung
und ihre eigenen Schornsteine. Aber das Berücksichtigt man darüber hinaus die Inan-
Modell, mit dem unser Wohlstand erzeugt spruchnahme von Ressourcen, wird der Hand-
wurde, ist nicht reproduzierbar. Denn die einst- lungsdruck noch deutlicher:
arm und reich und
mals unerschöpflich scheinenden Rohstoffquel-
schmutzig schmutzig len werden knapp. Der Gipfel der Ölproduktion • Das Bauwesen verbraucht ca. 50 % aller
ist wohl erreicht. Die Experten debattieren nur auf der Welt verarbeiteten Rohstoffe.
Umweltverschmutzer.«
»Armut ist der größte
noch darüber, ob das Öl in 20 oder in 50 Jah- • Der Bausektor erzeugt mehr als 60 % des
(M. Gandhi, Indien)
größten Umwelt-
z. B. wertvollen Metallen, sieht es nicht viel bes- • Die Bewirtschaftung von Gebäuden in
ser aus. Wir stoßen an die Grenzen vieler natür- Deutschland erfordert ca. 50 % des gesam-
licher Systeme. Die überhastete Ressourcen- ten Energieeinsatzes.
arm und sauber reich und sauber
ausbeute löst den spürbaren Klimawandel aus,
Zeit der unsere Lebensgrundlagen gefährdet. Die Bauen ist eine Tätigkeit mit langfristigen Aus-
A 4.6 ultimative Grenze setzt nicht zwingend die Res- wirkungen. Eben getroffene Planungsentschei-
sourcenverknappung, sondern die Zeit, die dungen bewegen erhebliche Ressourcen.
noch bleibt, in der sich das Klimasystem der Bei einer derzeit üblichen Lebensdauer von
A 4.5 effizientes Tragwerk: Baum – Baumstütze
A 4.6 Umweltkurve nach Simon Kuznets Erde selbst stabilisieren kann. Gebäuden wird der Betrieb eines heute erstell-
A 4.7 internationaler Vergleich von Bürofläche pro Mit- Es gibt bereits Auswege und neue Modelle, ten Gebäudes mit einiger Sicherheit das Ende
arbeiter die darauf basieren, die Ressourceneffizienz des Öl- und Gaszeitalters erleben. Wie können
enorm zu steigern. Im Wuppertal-Institut bei- Architektur und Technik darauf ausgerichtet
spielsweise geht man heute davon aus, dass werden?
bis zur Mitte des Jahrhunderts die gleiche
Land durchschnittliche Bürofläche Wertschöpfung mit nur einem Zehntel des heu- Handlungsfelder
pro Mitarbeiter in m2 tigen Energie- und Ressourceneinsatzes mög- Die langen zeitlichen Perspektiven können das
Deutschland 30 lich ist, letztlich also eine weltweite »Demateria- Bauen vor kurzatmigen Trends und Moden
lisierung« um den Faktor zehn. Das ist eine bewahren. Zugleich laden sie der Architektur
Dänemark 20
gewaltige Herausforderung. Doch je mehr Roh- und Gebäudetechnik in Zeiten fundamentalen
Italien 20
stoffe knapp und entsprechend teuer werden, Wandels eine besondere Verantwortung auf,
Niederlande 20 umso mehr wird es sich lohnen, energie- und damit Nutzbarkeit, Sicherheit und Komfort auf
Schweiz 20 ressourceneffiziente Produkte herzustellen, d. h. Dauer sichergestellt werden können. Neue
Schweden 18 Verbrauch und Abfall zu vermeiden, Material- Ziele sind notwendig, die Handlungsfelder viel-
Frankreich 17
kreisläufe zu schließen, erneuerbare Energien fältig.
und nachwachsende Rohstoffe zu verwenden
Slowakei 15
und schließlich zu einer dienstleistungsorien- Energie
Spanien 15 tierten Wirtschaft zu gelangen. Eine dritte Der erreichte Stand der Technik lässt baulich
Großbritannien 14 industrielle Revolution scheint denkbar. Auch eine hohe Energieeffizienz zu. Zukunftstüchtige
Polen 14 hier liegen wie so oft Risiken und Chancen Gebäude werden alle Möglichkeiten der Ener-
Russland 14 dicht beieinander. gieeffizienz ausschöpfen: über Standortwahl,
Gebäudeform und -ausrichtung, Materialwahl
Belgien 12
Und das Bauen? und Wärmeschutz, technische Ausrüstung
Griechenland 12
Unsere Bauproduktion und der Gebäudebe- und viele weitere Parameter. Möglicherweise
Irland 12 stand sind bisher kaum von Umwelt- und Effizi- wird dies in Zeiten zur Neige gehender fossiler
Österreich 12 enzdenken durchdrungen. Einerseits ist es Energiequellen nicht ausreichen. Es ist zu ver-
Ungarn 12 kaum verwunderlich. Wenn Bauen die Schaf- muten, dass sich in Zukunft zwei Teilmärkte
Bulgarien 10
fung und Erhaltung unserer materiellen Umwelt entwickeln werden: Gebäude, die noch auf
sicherstellt, muss das Streben nach »Demate- fossile Energiequellen angewiesen sind und
Estland 10
rialisierung« auf den ersten Blick deplatziert solche, die sich vollständig davon unabhängig
A 4.7
26
Die Dinge richtig tun – über Effizienz und Nachhaltigkeit
machen. Die Möglichkeiten der standortbezo- Architekten sehen sich häufig mit Raumpro- Gebäudehülle nicht nur sommerlichen wie
genen Nutzung unerschöpflicher, erneuerbarer grammen konfrontiert, die weder zukunftstaug- winterlichen Wärmeschutz, sondern steigert
Energiequellen im Bauen sind vielfältig: Geo- lich noch wirtschaftlich sind. Bürogebäude auch das Wohlbefinden der Benutzer. Eine
thermie über Gründung und Bohrungen, Wind- z. B. sind meist zellular organisiert, hochdiffe- geschickte Dimensionierung und Lage der
energie über Rotoren am oder im Gebäude, renziert und wenig anpassungsfähig. Solche Fensteröffnungen garantiert gute Tageslicht-
Sonnenenergie über die Aktivierung der Ge- Flächen sind heute nur noch schwer zu ver- bedingungen und vermeidet Überwärmung,
bäudehülle und vieles mehr. Diese Energie- mieten, weil sie kleinteilige und kaum verän- bei Einsparung von Energie und Kosten. Die
quellen zu erschließen, erfordert heute in der derbare räumliche Strukturen aufweisen. Der sorgfältige Wahl gesundheitlich unbedenk-
Regel noch Mehrinvestitionen. Doch bietet Flächenanspruch pro Person für Bürofläche licher und umweltfreundlicher Materialien
dies im laufenden Betrieb den nicht zu unter- liegt in Deutschland bei durchschnittlich ca. trägt wesentlich dazu bei, Unwohlsein und
schätzenden Vorteil, dass die Energiequellen 30 m2, in anderen europäischen Ländern bei das »Sick-Building-Syndrom« zu vermeiden
langfristig kostenlos und sicher verfügbar unter 20 m2 (Abb. A 4.7) [5]. Die zugrunde und erspart hohe Aufwendungen bei der mög-
bleiben. liegenden räumlichen Strukturen behindern licherweise schon frühzeitig notwendigen
nicht nur die Kommunikation und Produktivität, Entsorgung. Gesunde und angenehme Raum-
Baustoffe und Konstruktionen sondern auch die bauliche Anpassungsfähig- luftqualitäten setzen gute Lüftungskonzepte
Der Materialeinsatz für ein Gebäude lässt sich keit und Flexibilität, um eine weitere Nutzung voraus, die wiederum energiesparend sind
im Sinne der Ressourceneffizienz erheblich auch bei veränderten Bedarfsanforderungen und eine robuste, einfache Technologie bedin-
reduzieren. Noch wiegt ein Kubikmeter Brutto- zu ermöglichen. Oft wird übersehen, dass gen. Anpassungsfähige und kommunikations-
rauminhalt eines Wohnhauses im Durchschnitt gerade in den frühen Planungsphasen der freundliche Strukturen, die ohne barrierefreie
ca. 600 kg; ein normales Einfamilienhaus mit Schlüssel für ein Gebäude liegt, das hohe ar- Gestaltung nicht denkbar sind, gewährleisten
500 m3 Rauminhalt bindet entsprechend ca. chitektonische Qualität mit Wirtschaftlichkeit hohe und lang andauernde Nutzungsqualitä-
300 t Baustoffe. Die Möglichkeiten, Material und Umweltfreundlichkeit verbindet. Um dies ten. Dichte und Nutzungsmischung schaffen
effizient einzusetzen und Baustoffe in geschlos- zu erreichen, sind differenzierte und sorgfältig nachhaltige Städte und Gebäude, erleichtern
sene Materialkreisläufe einzubinden, werden entwickelte Pflichtenhefte für Gebäude erfor- gleichermaßen soziale Kontakte und Individua-
erst in Ansätzen genutzt. Doch gesetzliche derlich, die auch den Betrieb und vorherseh- lität. In all diesen Aspekten gehen wirtschaft-
Regelungen sind bereits in Planung: Die Bun- bare Veränderungen in ihren Anforderungs- liche Kriterien, Umweltqualitäten und gesell-
desregierung und die EU werden mit der katalog einbeziehen und über allgemein formu- schaftliche Wirkungen Hand in Hand.
»Nachhaltigkeitsstrategie« und der »Europäi- lierte, deshalb letztlich unverbindliche Appelle
schen Bauproduktenrichtlinie« die Anforderun- hinausgehen. Ausblick
gen formulieren und Nachweise für die Umwelt- Weil wir an die Grenzen vieler natürlicher
belastung von Baustoffen im Sinne von Öko- Standort und Grundstück Systeme stoßen, scheinen die Probleme über-
Bilanzierungen oder Öko-Audits voraussichtlich Die Standortwahl von Bau- und Sanierungs- hand zu nehmen. 9 Milliarden Menschen
ab 2010 fordern. Noch viel spannender wird es maßnahmen stellt einen immer wichtiger wer- wollen 2050 auf unserem Planeten gut leben.
sein, kreative Schritte zur Entwicklung leichte- denden Schlüsselfaktor für Umweltschutz und Die Architektur schafft hierzu wichtige Vor-
rer, nicht nur leicht wirkender Architektur zu Wirtschaftlichkeit dar. Mehr als die Hälfte der aussetzungen. Nachhaltige Technologien
unternehmen und sich konsequent immer wie- Weltbevölkerung lebt bereits in Städten. Das stehen zur Verfügung. Die Verbesserung
der nutzbarer oder nachwachsender Rohstoffe Leben in Städten ist ökonomisch und umwelt- der sozialen Verhältnisse breiter Bevölke-
zu bedienen. Ein geringerer Materialeinsatz freundlich, denn Dichte ist effizient. Die not- rungsschichten auf unserem Planeten scheint
erhöht die Chance, hochwertige Baumaterialien wendige technische Infrastruktur ist nur bei machbar. Wir haben das notwendige Geld
verwenden zu können, und verringert somit die dichter Besiedelung auf Dauer zu garantieren. und Nachhaltigkeit rechnet sich zusehends.
Gefahr des Einsatzes von wohn- und umwelt- Die Zugänglichkeit aller Einrichtungen verbes- Die Aufgabe ist keine geringere, als die mate-
schädlichen Stoffen. sert sich durch Nähe, ermöglicht eine Vielfalt rielle Grundlage unserer Zivilisation umzuge-
kommerzieller, sozialer und kultureller Angebo- stalten.
Lebenszyklus te. Öffentlicher Nahverkehr ist nur bei Dichte Die große Barriere liegt in unseren Köpfen –
In Hinblick auf die meist hohe Lebensdauer wirtschaftlich attraktiv. Die Verkehrsbewegun- wir können uns eine nachhaltige Zukunft,
eines Gebäudes sollten entsprechend lang- gen reduzieren sich. Gerade in Regionen mit nachhaltiges Bauen für die Zukunft noch
lebige und wartungsarme Bauteile verwendet schrumpfender Bevölkerung wird es zwingend nicht vorstellen. Auf einem Planeten mit viel
werden. Instandsetzung, technische Aufrüs- notwendig, Dichte weiterhin sicherzustellen Armut ist der Mangel an Vorstellungskraft
tung und gestalterische Aufwertung sind den- und damit einer Abwärtsspirale entgegenzu- die größte Armut. An diese Armut dürfen wir
noch weiterhin unvermeidliche Zäsuren im wirken. uns nicht gewöhnen. Architekten und Ingeni-
Lebenszyklus eines Gebäudes. Bauteile und eure haben beste Voraussetzungen, die Bau-
Materialien sollten für Instandsetzung und Aus- Individueller und gesellschaftlicher Nutzen steine einer nachhaltigen, besseren Zukunft
tausch möglichst zerstörungsfrei trennbar sein, Die beschriebenen Handlungsfelder können zu entwickeln, zu visualisieren und in den
im Falle von Rückbau oder Abbruch wiederver- nur in Ansätzen den erheblichen Handlungs- großen, globalen Zusammenhang zu stellen,
wendbar. Wie bereits im Geräte- oder Automo- bedarf verdeutlichen. Die Argumentation nicht als Tagträumerei, sondern wie Städte
bilbau üblich, sollte auch im Bausektor eine auf der Grundlage primär ökonomischer und Häuser als Ganzes sowie im Detail aus-
umfassende Rücknahmeverpflichtung für Bau- Begründungen soll verdeutlichen, wie eng sehen könnten.
elemente realisiert werden. Eine integrale die Bereiche Umwelt und Wirtschaft mittler-
Betrachtung von Baukosten und Betriebskos- weile verzahnt sind. Diese Handlungsfelder
Anmerkungen:
ten, das so genannte Life Cycle Costing, trägt vermitteln aber auch, dass mit dem ökologi- [1] Kondratieff, Nikolai: Die langen Wellen der Konjunk-
in seinem ganzheitlichen Ansatz wesentlich schen und dem wirtschaftlichen Vorteil auch tur. In: Archiv für Sozialwissenschaft und Sozial-
dazu bei, die Bau- und Prozessqualität sowie der individuelle und gesellschaftliche Nutzen politik, Jg. 56 / 1926
die Effizienz im Bauen zu steigern. steigt. Unter Gesichtspunkten der Nachhaltig- [2] Nefiodow, Leo A.: Der sechste Kondratieff. Sankt
keit erstellte und sanierte Gebäude und Dienst- Augustin 2007
[3] Grauel, Ralf: Es werde Licht! In: Brand Eins. 10/2004
Anpassungsfähigkeit leistungen steigern unsere Lebensqualität, [4] DIN EN ISO 9000:2000: Grundlagen und Begriffe zu
Vor der baulichen Umsetzung stehen die Be- den Komfort und oft auch unsere Sicherheit. Qualitätsmanagementsystemen
darfsermittlung und das Nutzungskonzept. Beispielsweise bietet eine energiesparende [5] Die Welt vom 3. August 2006, S. 20
27
Solare Architektur
Thomas Herzog
A 5.1
Was die Nutzung von Solarenergie in der Man bedenke: Die Verbesserung der Wärme-
Architektur angeht, so hat sich die Sicht der dämmung kann bei großen Verglasungen
Dinge geändert. Noch vor einigen Jahren ging bewirken, dass das Problem der Kühlung von
es vorrangig darum, überhaupt solare Energie Gebäuden – dies gilt speziell für Verwaltungs-
zu nutzen, um in den Wintermonaten Heizen- bauten – im Sommerhalbjahr deutlich zunimmt.
ergie einzusparen bzw. um warmes Brauch- Heutzutage werden für die Beheizung von Büro-
wasser zu erzeugen. Seither wurden auf bei- bauten bereits Durchschnittswerte von unter
den Gebiten Fortschritte gemacht, sowohl was 10 % des Gesamtenergieverbrauchs des
die Entwicklung von Gebäudetypen angeht – Gebäudes erreicht, dagegen liegt die Kühlung
z. B. durch große Südverglasungen, stark um 10 bis 20 % höher. Gleichzeitig benötigt die
gedämmte und geschlossene Nordseiten, Kühlung pro Kilowattstunde ungefähr die drei-
Grundrisszonierung nach Art der thermischen fache Menge an Primärenergie, sodass de
Zwiebel, günstiges Verhältnis von Volumen zur facto der fünf- bis zehnfache Energiebedarf für
Oberfläche, Gebäudeorientierung u. a. – als Kühlzwecke entstehen kann. Variable g-Werte
auch was die Verbesserung der Aktivtechnik (Gesamtenergiedurchlassgrad) werden des-
betrifft (höhere Effizienz und Zuverlässigkeit). halb bei Außenwandkonstruktionen als Mög-
Dies gilt für Heizungssysteme und für Warm- lichkeit angestrebt, unterschiedlich auf Klima-
wassererzeugung, wo inzwischen ein Stand wechsel zu reagieren. Erste Anwendungen –
der Technik erreicht ist, der es ermöglicht, wie z. B. die Fassade mit Lichtlenkelementen
selbst in Mitteleuropa 60 % und mehr des bei den Verwaltungsgebäuden in Wiesbaden –
Warmwasserbedarfs von Wohnbauten über zeigen große Erfolge (Abb. A 5.6).
thermische Kollektoren oder Speicherkollekto- Auch neue Aktivtechniken wie solare Kühlsys-
ren aus Solarenergie zu gewinnen. teme sind vielversprechend, da die meiste
Energie zur Verfügung steht, wenn der Energie-
Nutzung von Solarenergie bedarf am größten ist. Reduziert man aber die
In den 1980er-Jahren gab es einen Dissens transparenten und transluzenten Anteile der
bezüglich der Bewertung des Anteils großer Gebäudehülle, sodass weniger Tageslicht ins
Glasflächen auf den Gebäudesüdseiten; sei- Gebäude eindringt, so erhöht sich der Anteil
nerzeit bestand noch nicht die Bereitschaft, der ergänzenden künstlichen Beleuchtung ent-
solare Gewinne in die Erfassung des Energie- sprechend. Nach Untersuchungen an der
haushalts einzubeziehen. Fachleute, die sich Universität Cambridge liegt heute der Anteil,
im Bereich der Normung engagierten und ihr der für die Beleuchtung benötigt wird, bei Ver-
Ziel darin sahen, den Verbrauch an fossilen waltungsbauten bei durchschnittlich 30 % ihres
Brennmaterialien durch staatliche Vorschriften Energieverbrauchs. Diese Konflikte zeigen,
zu verringern, hatten zunächst die klare Prä- dass im Gesamtzusammenhang viele Aspekte
misse der Reduzierung des U-Wertes, der den eine Rolle spielen.
Wärmedurchgang durch die Außenwände
eines Gebäudes charakterisiert. Es entstand »Intelligente« Gebäudetechnik
die primitive Version vom Gebäude als Bezogen auf den Betrieb von Gebäuden nutzen
Thermoskanne. Methodisch gesehen war dies wir Umweltenergien für ihre natürliche Belich-
eine monokausale Betrachtungsweise, die zu tung, für ihre Lüftung – soweit dies physio-
wenig berücksichtigt, dass Bauten als Ganzes logisch oder aus Gründen der Instandhaltung
funktionelle, technische und ästhetisch hoch- erforderlich ist –, zur Wärmegewinnung, zur
komplexe Gebilde darstellen. Über die trans- Kühlung und ggf. über Photovoltaik auch zur
parenten, transluzenten und opaken Bereiche Gewinnung von Strom. Daraus ergeben sich
ihrer Hülle fließt grundsätzlich Energie in bei- häufig Situationen, bei denen diese Nutzungs-
A 5.1 Kongress- und Ausstellungszentrum, Linz (A) den Richtungen auf unterschiedliche Weise, möglichkeiten zueinander in Widerspruch ste-
1993, Herzog + Partner
A 5.2 Dachkonstruktion, EXPO Hannover (D) 2000,
abhängig sowohl von lokalen Gegebenheiten hen: Je nach Jahreszeit, Tageszeit und Witte-
Herzog + Partner als auch von den jeweiligen Parametern des rungsbedingungen, je nach Nutzungsart,
A 5.3 Atelierhaus, München (D) 1994, Herzog + Partner Gebäudes. -zeitraum und -dauer entstehen im einzelnen
28
Solare Architektur
A 5.2
Gebäude unterschiedliche Ansprüche an die fahren auf und ab, verstellen ihre Neigungswin- gien zu sein. Weitgehende und oft unnötige
genannten Funktionen. Es liegt deshalb nahe, kel, Tageslicht-Ergänzungsbeleuchtung geht Automation birgt erhebliche Risiken und bedenk-
von so genannten »intelligenten« Gebäuden – automatisch an und aus, Lüftungsklappen als liche Folgen: Störanfälligkeit der technischen
ein Modebegriff, der sich auch bei uns etabliert Nachströmöffnungen werden geöffnet oder Systeme und ihrer Komponenten, Erhöhung der
hat – zu erwarten, dass sie auf die sich ständig geschlossen, die Ventilatoren- und Befeuchter- Baukosten, Vermeidung der Ursachenwahrneh-
ändernden Bedingungen und Situationen ent- leistung variiert etc.). mung eigenen Fehlverhaltens, weiter steigende
sprechend reagieren können. Weite Bereiche unseres alltäglichen Lebens sind Abhängigkeit der Menschen von immer neuen
Folgendes ist hierzu anzumerken: Die Gebäu- von solchen, im Wesentlichen elektronischen technischen Systemen sowie wachsende Ab-
deleittechnik, die gewissermaßen das Gehirn Steuerungs- und Regelungsvorgängen und ent- hängigkeit von Herstellern und Wartungsfirmen.
mit den Nerven in einem solchen System dar- sprechend selbstständig auf Einzelsituationen Damit aber – bezogen auf die Auswirkungen im
stellt, übernimmt Regel- und Steuerungsfunktio- reagierenden technischen Prozessen bestimmt. Baubereich und in der Stadtplanung – die richti-
nen, die gekoppelt sind an sich verändernde Es stellt sich die Frage nach der richtigen Balan- gen Handlungsmuster entstehen können, ist es
Zustände, sowohl im Bereich der Energieversor- ce. Im Hinblick auf Gebäude scheinen mir Dinge erforderlich, Dinge bewusst zu machen. Phäno-
gung (Wärmeerzeugung / -verteilung / -abgabe) wie der Blindanflug einer Passagiermaschine im mene müssen verstanden werden, damit sich
des Gebäudeinneren wie auch im Bereich der Nebel, ABS oder elektronische Antriebsschlupf- richtiges Handeln anschließen kann. Dement-
Manipulation an der Gebäudehülle (Jalousetten kontrolle beim Pkw nicht die geeigneten Analo- sprechend sollten die elektronischen Systeme
in einem Gebäude hauptsächlich der menschli-
chen Orientierung dienen und allenfalls in gerin-
gem Umfang automatisch erfolgende Zustands-
veränderungen im Bereich der Gebäudehülle
veranlassen.
Um nicht geistig und seelisch zu verkümmern,
müssen die Menschen anstreben, ihre Umwelt –
und die künstlich geschaffene gehört dazu –
auch in Zukunft nach wie vor mit all ihren Sinnen
wahrzunehmen, anstatt nur mit einigen Joy-
sticks den virtuellen Raum zu manipulieren.
Der bewusste und richtige Umgang mit einem
Gebäude setzt voraus, dass man es versteht.
Es wäre also wichtig, dass die »intelligenten
Systeme« beispielsweise aufzeigen, ob jemand
durch sein Verhalten – wie das Kippen eines
Fensters im Winter oberhalb eines durch Ther-
mostat gesteuerten Heizkörpers – Wärmeener-
gie nutzlos vergeudet oder durch den Betrieb
bestimmter Geräte unnötig Strom verbraucht.
Was nützt eine erst im Folgejahr eintreffende
Heizkostenabrechnung in diesem Zusammen-
hang? Niemand kann mehr rekonstruieren,
was zu ihrer Höhe geführt hat. Hier geeignete
Systeme zu entwickeln, ist eine hochrangige
Designaufgabe, die wir noch vor uns haben.
Längst Realität sind dagegen EDV-Tools für
Simulationen in unterschiedlichen Bereichen:
thermisch
• Verwalten von Klimadaten
• Aufstellen von Nutzungsprofilen
• Bearbeiten bautechnischer und geome-
trischer Variablen
A 5.3
29
Solare Architektur
A 5.4
lichttechnisch diesen Zukunftsmodellen, sondern auch in der erscheint – zu verbinden, da heutzutage eine
• mit Mehrfachreflexion, wobei aber etliches in seinerzeit zu beobachtenden Alltagswirklichkeit, räumliche Trennung von industriellen und
der Visualisierung noch irreführend ist vorrangig verursacht durch die erwähnte Ent- umweltbelastenden Vorgängen vom Bereich
flechtung der Funktionen der Stadt. des Wohnens nicht mehr zwingend verlangt
Neue Komponenten sind in Entwicklung, bereits Heute weiß man, dass rund ein Viertel der ver- wird, wie dies noch im vorigen Jahrhundert
in Erprobung oder Erstanwendungen wie: brauchten fossilen Energie in Verkehrsabläufe vielfach der Fall war.
fließt, mit den allseits bekannten, negativen Konkret heißt dies: Die Mischung der Funktio-
• Vakuum-Wärmedämmung Auswirkungen. Aus diesem Grund besteht die nen sollte sich in den baulichen Strukturen ein-
• Gläser, die auf wechselnde Solarstrahlung Hauptaufgabe nicht nur darin, fossile Brenn- binden lassen. Hervorragende Vorläufer gibt es
reagieren bzw. schaltbar sind und mit Edel- stoffe zu ersetzen oder den auf den einzelnen beispielsweise in den Wohnungsbauten der
gasfüllungen U-Werte von < 0,5 erreichen Transportfall bezogenen Verbrauch zu reduzie- zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, lange
• elektrochrome und thermotrope Gläser mit ren, sondern auch die Ursachen für dieses Ver- bevor man dem Irrtum vermeintlich optimaler
variablen g-Werten kehrsaufkommen zu überdenken und zu kor- Wohnungsgestaltung auf der Grundlage von
• Lüftungskomponenten mit Vorwärmung rigieren. Es geht dabei nicht um Extremlösun- Stellflächennormen, wie jahrzehntelang nach
durch Solarstrahlung gen, sondern darum, die städtischen Funktio- dem Zweiten Weltkrieg geschehen, aufgeses-
• desintegrierte Systeme (mit unterschiedlicher nen – wo immer es möglich und vernünftig sen war. Wir brauchen also bauliche Strukturen,
Lebensdauer, unterschiedlichen technischen
Prozessen der Kombination)
• Nutzung (Aktivierung) interner Massen durch
Bauteilheizung und -kühlung
• hochflexible Photovoltaikmodule
• großformatige Photovoltaikgläser (bis 9 m2)
30
Solare Architektur
31
Planen und Bauen
in Lebenszyklen
A 6.1
Der Begriff »Lebenszyklus« deutet bereits an, und Zinsfußentwicklung nur schwer vorher-
dass natürliche ebenso wie künstliche Systeme sagen lassen. Trotz dieser Unsicherheiten
einem Kreislauf des Entstehens und Vergehens sollte auf ein LCC nicht verzichtet werden, da
unterliegen. So beschreibt der Lebenszyklus es ein effizientes Instrument darstellt, mit dem
eines Gebäudes die Zeitspanne, die zwischen sich konkurrierende Lösungen aus einer Hand
dem Bau und dem Abbruch einer Immobilie vergleichen und entsprechend bewerten las-
liegt. Die Erkenntnis, dass eine lebenszyklus- sen.
gerechte Planung ein hohes Potenzial an Ein- Oftmals bezieht sich ein LCC nur auf Einzel-
sparmöglichkeiten beim Unterhalt eines Ge- bauteile eines Gebäudes wie z. B. Fassaden-
bäudes birgt, ist keinesfalls neu. Dies zeigen elemente. Auf dem Markt verfügbare Simula-
bereits die Kostenanalysen der Baumeister Phi- tionssoftware betrachtet ebenfalls nur einzelne
lokles und Archilochos, die im 5. Jh. v. Chr. das Bauteile und weist ihnen aufgrund ihrer Eigen-
Erechtheion auf der Akropolis erbauten [1]. schaften eine bestimmte Lebensdauer zu,
Für zeitgemäße Finanzierungs- und Planungs- woraus sich wiederum Folgekosten für die
modelle wie z. B. Public Private Partnership Immobilie ableiten lassen. Lebenszykluskos-
(PPP) sind lebenszyklusorientierte, also über tenberechnungen werden aber auch bei der
die reinen Investitionskosten hinausgehende Wertermittlung von Immobilien eingesetzt.
Betrachtungen unerlässlich. Bei PPP-Projekten, Keinerlei Beachtung finden allerdings Para-
bei denen Finanzierung, Erstellung und Betrieb meter wie gestalterische Qualität, Komfort,
in der Regel aus einer Hand erfolgen, können Attraktivität und Ausstattungsstandard. Da
generell Gesamtkostenvorteile von 10 % und jede Immobilie in der Regel eine definierte
mehr erzielt werden. Diese resultieren nicht nur Rendite erwirtschaften muss und diese auch
aus einer preiswerteren Errichtung, sondern von Faktoren wie Zeitgeist und Mode beein-
auch zu einem erheblichen Anteil aus einem flusst wird, kann eine rein auf technische
kostenoptimierten Betrieb der Immobilie. Aspekte ausgerichtete Berechnung kaum
Da die Erstellung eines Gebäudes naturgemäß zu einem aussagekräftigen Ergebnis führen.
mit hohen Investitionen verbunden ist, führt
dies nur allzu oft dazu, dass sich die Betrach- Lebenszyklusgerechtes Planen
tungen der Investoren und Immobilieneigentü- Planungsleistungen werden anhand der ent-
mer lediglich auf die Investitionskosten fokus- stehenden Ausführungskosten beurteilt, eine
sieren. Eine Berücksichtigung des zukünftigen Berücksichtigung der Betriebskosten erfolgt
Unterhalts bleibt hier häufig außer Acht. Dabei in der Regel nicht. Bei einer lebenszyklusge-
können die Unterhaltskosten einer Immobilie rechten Planung muss die gesamte Lebens-
ein Vielfaches der Baukosten betragen. Mit dauer eines Gebäudes einbezogen werden.
einer lebenszyklusgerechten Analyse lassen Da die Betriebskosten einer Immobilie im
sich markante ökonomische und energetische Unterschied zur Gebäudeerrichtung kaum
Potenziale erschließen. unter Wettbewerbsdruck stehen, entsteht ein
gewisser Widerspruch zur HOAI, die den
Lebenszykluskosten Planer zur wirtschaftlichen Durcharbeitung
In der zum Lebenszyklus zugehörigen Lebens- anhält, aber nicht zwingend zu innovativen,
zykluskostenberechnung (Life Cycle Costing, nachhaltigen und kostenoptimierten Lösungen
LCC) werden die Höhe der Planungs-, Erstel- für den Gebäudeunterhalt führt. Gerade eine
lungs-, Betriebs-, Unterhalts-, Werterhaltungs-, Investition in eine optimierte Unterhaltspla-
A 6.1 Sanierung der Jahrhunderthalle, Bochum (D) Abbruchs- und Entsorgungskosten in einer nung kann zu deutlich verringerten Betriebs-,
2003, Petzinka Pink Architekten Gesamtkostenberechnung zusammengefasst. Nutzungs- und Instandhaltungskosten und
A 6.2 Zusammenhang zwischen Technisierungsgrad Das LCC steht somit für den ganzheitlichen somit zu merklich reduzierten Gesamtkosten
und Lebenszykluskosten Ansatz einer kostenoptimierten Gebäudepla- sowie zu einem deutlich geringeren Energie-
A 6.3 typische Betriebskostenverteilung eines Büro-
gebäudes
nung und erfolgt typischerweise in Form einer verbrauch beitragen. Entscheidend ist hierbei
A 6.4 Sanierung der Nürnberger Hypothekenbank, dynamischen Investitionskostenberechnung, eine sorgfältige Planung, da höhere Erstel-
Düsseldorf (D) 1998, Petzinka Pink Architekten wobei sich Parameter wie die künftige Preis- lungskosten nicht zwangsläufig zu Einsparun-
32
Planen und Bauen in Lebenszyklen
sonstige Kosten
Verwaltungsaufwand 8,6 %
hoch
Bewachung
4,7%
mittel
Mittelwert
niedrig
Heizung
12,1 %
Reinigung
30 40 50 60 70 80 90 100 110 31,6% sonstige
Lebenszykluskosten [CHF/m2EBFa] Verbrauchsgüter
2,1 %
Instandhaltung Instandhaltung
Verwaltungsgebäude Pflegeheime von Maschinen von Gebäuden
Wohngebäude Schulgebäude 4,2% 4,2 %
A 6.2 A 6.3
gen bei den Betriebskosten führen. Insbe- Wartungs- und Instandhaltungskosten entspre- Nutzungsintensitäten oder technischen
sondere im Bereich der technischen Gebäu- chend ab. Beinhaltet ein Bauteil ein Minimum Fortschritts vorzeitig ausgetauscht werden
deausrüstung kann ein geringerer Grad an an unterschiedlichen Baustoffen, zieht das müssen.
Technologie auch zu verminderten Unterhalts- eine verbesserte Gesamtbilanz nach sich, da Allgemein lassen sich bei der lebenszyklus-
kosten beitragen (Abb. A 6.2). Der Architekt weniger Austauschzyklen entstehen und diese gerechten Planung zwei gegenläufige Strate-
sollte also darauf achten, welcher Technisie- besser aufeinander abgestimmt werden kön- gien unterscheiden. Zum einen kann der Archi-
rungsgrad den Ansprüchen an das Gebäude nen. Im Sinne der Nachhaltigkeit und der tekt lange Zyklen definieren, die nach Möglich-
idealerweise gerecht wird und welche Technik Ökonomie muss eine lebenszyklusgerechte keit viele Bauteile umfassen und in größeren
mikroklimatischen Standortfaktoren förderlich Planung über eine instandsetzungs- und war- Abständen langfristig vorhersehbare umfassen-
ist. tungsfreundliche Struktur verfügen. Eine sol- dere Investitionen nach sich ziehen. Zum ande-
Bei den eingesetzten Materialien muss hin- che würde eine Schichtung der Bauteile unter ren besteht die Möglichkeit, relativ kurze Aus-
sichtlich des Lebenszyklus und der durch Berücksichtigung der unterschiedlichen tauschzyklen festzulegen, die sich auf einzelne
Alterung bestimmten Instandsetzungszyklen Lebensdauer bedingen und nicht lösbare Ver- Funktionszonen beziehen und am bauteilbezo-
zwischen einer technischen und einer beding- bindungen ausschließen. Typischerweise sind genen Bedarf orientieren [3]. Letztere sichern
ten Nutzungsdauer unterschieden werden. aber gerade Planungen dieser Art unter ökono- zwar eine gleichbleibend hohe Rendite des
Die technische Nutzungsdauer beschreibt mischen Gesichtspunkten nur eingeschränkt Objekts, führen aber im Falle einer Bedarfsan-
den Zeitraum, in dem ein Material bei einer realisierbar, wie das folgende Beispiel einer passung dazu, dass noch fehlerfrei arbeitende
definierten Nutzung über seine volle Leis- Stahlbetondecke mit Standardaufbau (Teppich, Bauteile erneuert oder ersetzt werden müssen.
tungsfähigkeit verfügt. Die bedingte Nutzungs- Zementestrich, PE-Folie, Mineralwolle, Stahl- Letztlich entstehen unnötige Kosten und ein
dauer hingegen umfasst den zeitlichen Ab- beton C30 / 37, Gipsputz) zeigt. Betrachtet man unangemessener Ressourcenverbrauch. Daher
schnitt, in dem das Material zwar einen Verlust die unterschiedliche Lebensdauer der Einzel- eignet sich diese Strategie nur für Immobilien,
seiner Leistungsmerkmale aufweist, eine bauteile einer solchen Deckenkonstruktion, bei denen von keiner hohen Bedarfsanpassung
grundlegende Nutzbarkeit aber gewährleistet ergibt sich die folgende Problematik: Für den ausgegangen werden muss. Der wesentliche
bleibt. Die Ermittlung der Dauerhaftigkeit Beton sowie für die PE-Folie kann eine Lebens- Vorteil von langen Austauschzyklen liegt hinge-
einzelner Materialien hängt demnach immer dauer von ca. 100 Jahren, für den Zement- gen darin, dass Nutzungsanpassungen der
vom Gebäudekontext ab und lässt sich nicht estrich und für den Gipsputz eine Dauer von Immobilie im Rahmen der Bauteilerneuerung
verallgemeinern. ca. 60 Jahren, für die Mineralwolle von ca. relativ einfach vorgenommen werden können
Auch die materialgerechte Planung von stark 40 Jahren und für den Teppich von etwa und Material und Energie nicht unnötig einge-
beanspruchten Oberflächen wie z. B. Boden- 10 Jahren angesetzt werden [2]. Eine Erneue- setzt werden müssen.
belägen sollte nicht unterschätzt werden. So rung der Mineralwolldämmung bedingt hier
können die Kosten für die Reinigung und Pfle- einen vorzeitigen Ausbau des Zementestrichs
ge von Oberflächen in öffentlichen Verwal- und der PE-Folie. De facto müssen die PE-Folie
tungsbauten schnell über 30 % der laufenden 60 Jahre und der Zementestrich 20 Jahre vor
Unterhaltskosten betragen – ein Kostenfaktor, dem Ende ihrer technischen Lebensdauer ent-
der die Gesamtkosten ganz erheblich und vor fernt werden, da die Mineralwolle nicht zerstö-
allem dauerhaft beeinflusst (Abb. A 6.3). Soll rungsfrei zugänglich ist und sonst nicht erneu-
ein Gebäude besonders nachhaltig konzipiert ert werden kann. Eine Verbesserung der Kon-
werden, ist es notwendig, die Lebensdauer struktion könnte in einem solchen Fall lediglich
der einzelnen Bauteile zu berücksichtigen und über Materialsynergien erfolgen. Wenn einzel-
Konstruktion, Wartung sowie Bauunterhaltung ne Materialschichten Teilleistungen anderer
darauf abzustimmen. übernehmen würden, würde sich die Dauerhaf-
Da Gebäudebauteile nicht gleichmäßig altern, tigkeit des Gesamtsystems erhöhen und die
ergibt sich generell ein sehr inhomogenes Bild. Anzahl der notwendigen Schichten könnten
Die kosten- und stoffstrombezogene Untersu- reduziert werden. So ist z. B. ein Bitumenheiß-
chung im Rahmen einer Lebenszyklusanalyse estrich auch als Terrazzoestrich ausführbar,
geht davon aus, dass einzelne Bauteile bis der eine dauerhaft nutzbare Oberfläche bietet.
zum Ende ihrer Lebensdauer verwendet und Natürlich kann aber auch bei einer lebens-
anschließend ausgetauscht werden. Bleiben zyklusgerechten Planung nicht ausgeschlossen
Bauteile somit über einen langen Zeitraum im werden, dass Materialien oder Bauteile auf-
Gebäude, sinkt der kumulierte Aufwand für die grund veränderter Gesetzgebungen, erhöhter
A 6.4
33
Planen und Bauen in Lebenszyklen
Kosten
Festlegung der Kosten
34
Planen und Bauen in Lebenszyklen
a b c A 6.7
sollte, wurden die massiven Brüstungen abge- mit flexiblen Eigenschaften lässt sich optimal der Umbau der Bochumer Jahrhunderthalle in
brochen und die Tragstruktur ertüchtigt. Seit an ein verändertes Umfeld und an daraus die so genannte Montagehalle für Kunst (Abb.
der Sanierung ermöglichen höhere Lastannah- resultierende Anforderungen hinsichtlich der A 6.1 und 6). Dieses Gebäude wurde ursprüng-
men in Verbindung mit einem anpassungsfähi- Umgestaltung anpassen. lich für eine im Jahr 1902 in Düsseldorf stattfin-
gen leichten Innenausbau und eine innovative dende Messe konzipiert und ein Jahr später
Fassade in Zukunft flexibel auf sich ändernde Metamorphose und Nachnutzung nach Bochum transloziert, um dort als Indus-
Entwicklungen im Umfeld der Immobilie zu rea- In der Natur sind angepasste zyklische Ent- trieanlage genutzt zu werden. 1968 erfolgte die
gieren. So kann das Gebäude bei Bedarf ange- wicklungen im Sinne einer Metamorphose Stilllegung, bis 2002 diente das Gebäude als
passt werden, ohne dass Gebäudeteile noch durchaus üblich. Lebewesen, die beispielswei- Lagerhalle, danach wurde es zu einer Auffüh-
vor Ablauf des technischen Lebenszyklus se eine Metamorphose durchlaufen, zeichnen rungsstätte für Theater und Konzerte mit inno-
abgebrochen werden müssen. Um auch im sich in jedem Stadium durch eine optimale vativer Gebäudetechnik umgebaut. Diese
Bereich der Versorgung auf künftige Nutzungs- Anpassung an ihr Umfeld aus. Da sich die Rah- lebenszyklusgerechte Nachnutzung konnte
änderungen entsprechend reagieren zu kön- menbedingungen in unserer Gesellschaft und realisiert werden, da der Bau in seiner Planung
nen, wurde neben der vertikalen auch eine ring- dementsprechend auch für unsere architektoni- entsprechend flexibel konzipiert worden war.
förmige, von außen zugängliche Installations- sche Umwelt ständig ändern, müssen Gebäu- Um den thermischen Komfort in diesem Hallen-
führung vorgesehen. So können Entscheidun- de in gewissen Grenzen wandel- und adaptier- ensemble nachhaltig und effizient sicherzustel-
gen dezentral und nutzerunabhängig getroffen bar sein. Nur wenn sie das sind, beinhaltet eine len, erhielt das Gebäude eine neue und erst-
werden, was vor allem bei den sich schnell architektonische Aussage ein Potenzial im mals dort eingesetzte Schichtlüftung, die nach
ändernden Anforderungen an die Medienver- Sinne der Nachhaltigkeit, das es ermöglicht, dem Prinzip einer Inversionswetterlage arbeitet
sorgung einen großen Vorteil bietet. die Immobilie nach Beendigung des ange- (Abb. A 6.7 a– c). So gelang es, das Gebäude
Eine der wichtigsten Voraussetzungen für eine dachten Lebenszyklus ohne vollständigen Ver- unter Berücksichtigung von intelligenter Haus-
nachhaltige Gebäudeplanung ist ein langer, lust der vorher eingebrachten Energie in einen technik einer neuen Nutzung und einem dritten
möglichst absehbarer Nutzungszeitraum, da neuen Lebenszyklus zu überführen. Sofern eine Lebenszyklus zuzuführen.
Massenverschiebungen – wie sie bei Neu- Immobilie also über entsprechende Soft Skills Die Beachtung von Soft Skills bei einer lebens-
bauten entstehen – immer mit einem hohen verfügt, lässt sich eine solche Metamorphose zyklusgerechten Planung erschließt somit ein
Verbrauch an Ressourcen und Energie verbun- ohne hohen Energie- und Ressourcenver- Potenzial, das es ermöglicht, Gebäude in
den sind. Neben den baubiologischen Aspek- brauch problemlos durchführen – denn »Ener- Zukunft nicht nur ökonomischer, sondern auch
ten, der Effizienz und des Verbrauchs an Res- gie ist durch gute Architektur substituierbar«, energieeffizienter und nachhaltiger zu planen,
sourcen sind also insbesondere so genannte sagte schon Richard Buckminster Fuller [5]. zu bauen und zu betreiben. So sagte schon
Soft Skills – flexible Eigenschaften einer Immo- Ein eklatanter Vorteil solcher sich ablösender der im 16. Jahrhundert tätige französische
bilie (z. B. variale Grundrissnutzung) – von Lebenszyklen liegt zweifelsfrei in der Frage des Architekt Philibert de L’Orme: »Der gute Archi-
fundamentaler Bedeutung. Verfügt ein Gebäu- Recycling. Das standardisierte Verwerten eines tekt verfügt über drei Augen, vier Ohren und
de über solche Parameter, so kann auf nicht Gebäudes, dessen Lebenszyklus ausläuft, vier Hände (…). Was er zu sagen hat, betrifft
vorhersehbare Veränderungen reagiert und ist idealerweise mit dem Recycling der einzel- Lehren aus der Vergangenheit, Beobachtun-
dadurch ein wesentlicher Beitrag zur Nachhal- nen Rohstoffe verbunden, wobei in der Regel gen der Gegenwart (und) Voraussicht in die
tigkeit geleistet werden. im großen Maßstab ein »Downcycling« erfolgt, Zukunft (…)« [6].
Die Einflussfaktoren, die eine Gebäudeanpas- d. h. ein großer Anteil des zuvor verbauten
sung bedingen, sind sehr unterschiedlich. So Materials kann nicht mehr in der gleichen Qua-
Anmerkungen:
können beispielsweise strengere Gesetzge- lität wiederverwendet werden, sodass nur An- [1] Wübbenhorst, Klaus: Konzept der Lebenszyklus-
bungen energetische Sanierungsmaßnahmen teile primärer und sekundärer Baumaterialien kosten. Darmstadt 1984
erforderlich machen oder nutzungsbezogene ersetzt werden können. Der Erhalt und die [2] Herzog, Kati: Lebenszykluskosten von Baukonstruk-
Anpassungen zu Eingriffen in die Gebäude- Nachnutzung der Gebäudesubstanz sind dem tionen. In: Darmstädter Nachhaltigkeitssymposium
2003
substanz führen. Abbruch und anschließenden Neubau auf-
[3] Bundesamt für Konjunkturfragen: Impulsprogramm
Da sich die bauliche Aktivität der nächsten grund der Energieeffizienz und der Nachhaltig- IP Bau, Alterungsverhalten von Bauteilen. Bern 1994
Jahre nicht nur in Deutschland verstärkt auf keit unbedingt vorzuziehen. Ein solches Kon- [4] Roth, Karin: Wo stehen wir? In: Der Lebenszyklus
den Bereich der Sanierung und der Umnutzung zept der lebenszyklusgerechten Nachnutzung von Wohngebäuden. Hrsg. von der Bundesingeni-
konzentrieren wird, kann und muss diese Ent- ist aber wiederum nur realisierbar, wenn Ge- eurkammer. Veranstaltungsdokumentation Hamburg
Sept. 2006
wicklung auch zum Anlass genommen werden, bäude über entsprechende Soft Skills verfügen. [5] Tichelmann, Karsten; Pfau, Jochen: Entwicklungs-
darüber nachzudenken, welche Soft Skills Ge- Ein Beispiel für eine lebenszyklusgerechte wandel Wohnungsbau. Wiesbaden 2000, S. 230
bäude aufweisen müssen. Nur eine Immobilie Nachnutzung im Sinne einer Metamorphose ist [6] ebd., S. 218
35
Teil B Planung
1 Grundlagen
3 Gebäudehülle
4 Technik
5 Material
6 Strategien
37
Grundlagen
B 1.1
Für eine zukunftsfähige globale Entwicklung ren Wirtschaftsbereichen, z. B. im Automobil-
unserer Gesellschaft kommt der Lösung der bau oder der Landwirtschaft, ist die Effizienz-
Energieproblematik eine entscheidende und Nachhaltigkeitsoffensive bereits weiter
Bedeutung zu. Die Sicherung des heute fortgeschritten. Sie offenbart im unmittelbaren
erreichten Lebensstandards und die weitere Vergleich den technologischen Rückstand im
wirtschaftliche, technische sowie gesellschaft- Bauwesen. Folgende Aspekte verdeutlichen
liche Entfaltung sind in hohem Maße von einer den Handlungsbedarf in Architektur und Bau-
verbesserten Energieeffizienz aller Gebäude wesen:
und technischen Systemen sowie einer dauer-
haften und klimaschonenden Energieversor- Klimaschutz
gung abhängig. Dass akuter Handlungsbedarf • Rund 40 % der Treibhausgase resultieren aus
besteht, bestreitet inzwischen niemand mehr. der Gebäudeerstellung und -nutzung, die
Die Erschöpfung der fossilen Energieträger Öl somit maßgeblich zur globalen Erwärmung
und Gas ist absehbar. Verteilungskämpfe um beitragen.
knapper werdende Energieressourcen nehmen • In den Industrienationen wird ca. 40 % der
an Härte zu; infolge der Marktgesetze steigen Gesamtenergie für den Betrieb von Gebäu-
die Energiepreise. Die Folgen für die Umwelt den verbraucht. Hinzu kommen etwa 10 %
durch den Einsatz nicht erneuerbarer Rohstoffe Energieverbrauch für Materialherstellung,
sind seit Langem bekannt. Nun verlangt auch Bauprozesse sowie Transport von Bau-
die Einsicht, dass ihre ungezügelte Verwen- materialien.
dung einen langfristigen Klimawandel auslöst,
rasches Handeln: Die Temperatur der Erdober- Ressourcenschonung
fläche nimmt weltweit zu, Polareis und Glet- • Der Bausektor verbraucht ca. 50 % aller von
scher schmelzen, die Ozeane erwärmen sich der Erde entnommenen Materialien.
und versauern, der Meeresspiegel steigt, extre- • Hoch- und Tiefbau sind zu etwa 60 % am
me Wetterereignisse nehmen zu. Die globale Abfallaufkommen beteiligt.
Erwärmung ist inzwischen zur lokalen Bedro- • Der Bedarf nach Siedlungs- und Verkehrsflä-
hung geworden und versetzt die Menschheit in chen hat sich in Deutschland in den vergan-
eine nie dagewesene Situation. Um unkontrol- genen 40 Jahren nahezu verdoppelt. Täglich
lierbare Auswirkungen der Temperaturände- werden trotz stagnierender Bevölkerungs-
rung zu verhindern, müssen sich die Konsum- zahlen in Deutschland 129 ha Freiflächen
und Wirtschaftsverhalten innerhalb der nächs- versiegelt [1], das entspricht etwa 164 Fuß-
ten 10 bis 20 Jahre radikal verändern. ballfeldern.
Die »Theorie der langen Wellen« besagt, dass • Der durchschnittliche Wohnflächenbedarf
gesellschaftliche Entwicklungen immer auf pro Person stieg in Deutschland zwischen
einer Technologieänderung von Energie-, Stoff- 1960 und 2005 von 19 auf 42 m2 an.
und / oder Informationsströmen basieren (siehe
Die Dinge richtig tun – über Effizienz und Nach- Versorgungssicherheit
B 1.1 Satellitenbild der Erde bei Nacht
B 1.2 systemanalytische Studie des Club of Rome zur haltigkeit, S. 24). Demzufolge zeichnet sich • Unsere material- und energieintensive Wirt-
Zukunft der Weltwirtschaft mit Trend zu krisenhaf- auch im Bauwesen ein Paradigmenwechsel ab schaftsweise erzeugt hohe Abhängigkeiten –
ten Zuständen ab dem Jahr 2020 – mit weitreichenden Auswirkungen für das vielfach von Ländern, die politisch wenig sta-
B 1.3 Entwicklung von durchschnittlicher Jahrestempe- künftige Planen und Bauen. bil sind und denen in Zukunft besonders
ratur (Referenzjahr 1950) und CO2-Konzentration
Infolge der meist hohen Lebensdauer von drastische Auswirkungen des Klimawandels
in den vergangenen 400 000 Jahren
B 1.4 flächenintensive Siedlungsstruktur Bauwerken haben einmal getroffene Entschei- bevorstehen. In der EU werden derzeit 50 %
B 1.5 Sprengung einer Wohnanlage im Jahr 1972 nach dungen und Maßnahmen eine langfristige der benötigten Primärenergieträger impor-
einer Lebensdauer von nur 17 Jahren, St. Louis Wirkung. Insbesondere die erheblichen Masse- tiert, in Deutschland sogar rund 74 %.
(USA) 1955, Minuro Yamasaki ströme sowie die hohen Ressourcen- und • Aufgrund des wirtschaftlichen Fortschritts in
B 1.6 Ungenügende Tageslichtqualität, maschinelle Kli-
matisierung und schadstoffbelastete Innenraum-
Energieverbräuche von Gebäuden erfordern den Entwicklungs- und Schwellenländern
luft sind häufig für das »Sick-Building-Syndrom« die Ausbildung eines neuen, tragfähigen Leit- wird bis 2030 eine Steigerung des Weltener-
verantwortlich. bildes einer nachhaltigen Architektur. In ande- gieverbrauchs um etwa 60 % erwartet.
38
Grundlagen
CO2-Konzentr. [ppm]
2006: 383 ppm
350
300
250
200
Prognose Industrie-
produktion 150
Temperaturunterschied [K]
2
Rohstoffe
0
-2
-4
Nahrungs-
Bevölkerung mittel -6
Umweltver-
-8
schmutzung
-10
400000 300000 200 000 100 000 0
1900 1950 2000 2050 2100 Rückrechnung [a]
B 1.2 B 1.3
Betriebskostensenkung Komfort und Gesundheit nicht eintraten, verdeutlichten die entworfenen
• In den vergangenen zehn Jahren sind die • In Europa leben etwa 80 % der Menschen in Szenarien – die Wechselwirkungen von Bevöl-
Heizkosten in Deutschland um ca. 90 % Städten und verbringen den überwiegenden kerungsentwicklung, Industrieproduktion,
gestiegen. Dies reduziert das verfügbare Teil ihrer Zeit in geschlossenen Räumen. Ressourcenverbrauch und Umweltverschmut-
Einkommen der privaten Haushalte und hat • Das »Sick-Building-Syndrom« (SBS) stellt zung – jedoch erstmals die natürlich vorgege-
somit negative Auswirkungen auf die Kon- sich in etwa bei einem Drittel aller neubezo- bene Limitierung unserer Handlungsweisen
junktur. genen Gebäude ein. (Abb. B 1.2).
• Für die Wohnungswirtschaft lassen sich
Ertragssteigerungen durch eine Erhöhung Architekten und Ingenieure müssen sich diesen Klimawandel
der Kaltmiete bei steigenden Betriebs- umfassenden Herausforderungen stellen. Es Die Temperatur der Erdoberfläche stieg in den
kosten (»zweite Miete«) kaum noch reali- geht darum, künftig mit dem geringstmöglichen vergangenen 100 Jahren um etwa 0,8 °C; von
sieren. Einsatz von Energie und Ressourcen die höchst- den vergangenen zwölf Jahren (1995 – 2006)
mögliche Gesamtwirtschaftlichkeit, Behaglich- gehörten elf zu den wärmsten seit Beginn der
Bausubstanz und Werterhaltung keit und Architekturqualität zu erzielen. Temperaturaufzeichnung. Der globale Klima-
• Gebäude stellen wirtschaftlich das wertvolls- wandel – lange wegen der komplexen Wech-
te Gut einer Gesellschaft dar. Etwa die Hälfte selbeziehungen von Einzelfaktoren bezweifelt –
aller Anlageinvestitionen in Deutschland sind Globale Rahmenbedingungen ist inzwischen anerkannte Realität und gefähr-
allein im Wohnungsbau gebunden. det unsere Lebensgrundlagen. Die Verände-
• Durch unzureichende Beachtung der mög- Seit dem Beginn der industriellen Revolution rungen wurden zunächst eher subjektiv wahrge-
lichen Energieeffizienz werden bei Sanie- hat sich unsere Lebensweise radikal verändert. nommen, vor allem durch die Häufung extremer
rungsmaßnahmen derzeit nur rund ein Drittel Der Wohlstand in den industrialisierten Regio- Klimaphänomene in jüngster Vergangenheit.
der wirtschaftlich rentablen Einsparpotenzia- nen der Welt basiert, neben stetigen Innovatio- Doch der Dokumentarfilm »An Inconvenient
le umgesetzt. nen und neuen Technologien, hauptsächlich Truth« (dt.: Eine unbequeme Wahrheit) des
auf dem Verbrauch endlicher, fossiler Energie- ehemaligen US-Vizepräsidenten Al Gore rüttelte
Impulse für die Bauwirtschaft träger. Das Satellitenbild der Erde bei Nacht 2006 die Öffentlichkeit auf, indem er die heute
• Rund drei Viertel des Wohngebäudebe- zeigt erkennbar den Grad der Ressourcennut- bereits sichtbaren und die zu erwartenden Fol-
stands in Deutschland gelten als sanierungs- zung sowie den regional sehr ungleich verteil- gen des Klimawandels veranschaulichte.
bedürftige Altbauten. ten Energieverbrauch (Abb. B 1.1). Spätestens Mit Veröffentlichung des vierten Sachstandsbe-
• Dennoch reduzierte sich das Auftragsvolu- die erste Ölkrise in den 1970er-Jahren offen- richts des UN-Weltklimarats IPCC [3] im Jahr
men im Hochbau in den vergangenen zehn barte die Abhängigkeit unseres Wirtschafts- 2007 vertiefte sich die öffentliche Diskussion.
Jahren um 57 %, wobei 2005 das Investiti- wachstums von fossilen Brennstoffen. Auch Die Tatsache des beschleunigten Klimawan-
onsvolumen im Altbau (69 %) bereits deutlich wenn die düsteren Prognosen der »Grenzen dels gilt seither auch in der Politik als allgemein
über dem des Neubaus (31 %) lag. des Wachstums« des Club of Rome [2] bisher anerkannt. Der IPCC-Bericht stellt zweifelsfrei
39
Grundlagen
Primärenergieverbrauch [EJ]
fallende Erträge der pflanzlichen Produktion in vielen Gebieten, erneuerbare
insbesondere in Entwicklungsländern Energien
Nahrungsmittel 400
möglicherweise steigende fallende Erträge in vielen Kernenergie
Erträge in höheren Breiten entwickelten Regionen
Erdgas
Verschwinden klei- signifikante Abnahme der Mineralöl
Anstieg des Meeres- 300
Wasser nerer Gletscher, Was- Wasserverfügbarkeit in vielen
spiegels bedroht
serversorgung mehrerer Gebieten, einschließlich Mittel-
größere Städte
Kohle
Gebiete bedroht meerraum und südliches Afrika
Störung 20
Versiegelung von des indischen
Störung der nährstoffreichen historisch
Monsuns Szenario »450«
marinen Kohlen- Staubquellen 0
stoffpumpe Kippen der Störung natürlicher 1940 1980 2020 2060 2100
Amazonas- Klimaschwankungen
vegetation (El Niño) Szenario histor. »A1FI« »550« »450«
CO2-Konzentration
Versiegen der Tiefenwasserbildung im Jahr 2100 [ppm] (360) 950 550 450
und assoziierter Nährstoffversorgung
Schmelzen des west- mittlerer Tempera-
antarktischen Eisschildes turanstieg [°C] 0,4–0,8 4,5–5 2,5–3,0 1,5–2
antarktisches Ozonloch
B 1.9 B 1.10
40
Grundlagen
Weltbevölkerung [Mrd.]
weltweite Rohölförderung [Mio. Barrel / Tag]
Rohölpreis [USD / Barrel]
80 100
Prognose
90 8
70
80
60
70
6
50 Entwicklungsländer
60
40 50
4
40
30 Campbell BGR Shell
30 2002 2005 1995
20 2
20 Industrienationen
10
10
Prognose 0
0 0
1950 1960 1970 1980 1990 2010 1950 2000 2050 2100 1950 1975 2000 2025 2050
B 1.11 B 1.12 B 1.13
Ausstoß von Treibhausgasen und daraus resul- lichkeit fossiler Rohstoffe auf (Abb. B 1.11); die B 1.7 Folgen des globalen Temperaturanstiegs laut
tierende klimatische Veränderungen mittelfristig Schere zwischen Angebot und Nachfrage »Stern-Report«
B 1.8 Entwicklung des weltweiten Primärenergiever-
einen Rückgang des jährlichen globalen Brut- beginnt sich zu öffnen. brauchs von 1870 bis 2000 und seiner Deckung
toinlandsprodukts von 5 bis 20 %. Die Folge- Die Erde ist mittlerweile so gut erforscht, dass nach Energiequellen
kosten steigender Meeresspiegel, sinkender vermutlich alle größeren Lagerstätten bisher B 1.9 »Tipping Points« des Klimasystems
landwirtschaftlicher Erträge und gewaltiger ungeförderter Energierohstoffe bekannt sind. B 1.10 Vergleich verschiedener Szenarien zur Entwick-
Migrationsströme werden mit den Auswirkun- Die statistischen Reichweiten konventionell för- lung der energiebedingten CO2-Emissionen
sowie ihrer Auswirkungen auf CO2-Konzentration
gen der Weltwirtschaftskrise in den 1930er- derbarer, nicht erneuerbarer Energiereserven und Temperaturanstieg in der Atmosphäre
Jahren verglichen (Abb. B 1.7). Stern folgert, betragen für B 1.11 Entwicklung des nominalen Rohölpreises in US-
dass die Vorteile eines entschiedenen und Dollar pro Barrel (= ca. 159 l Öl) von 1946 bis
frühzeitigen Handelns die Kosten des Nicht- • Mineralöl 41 Jahre, 2006
B 1.12 Entwicklung und Prognose des weltweiten
handelns bei Weitem übersteigen. Den Berech- • Erdgas 62 Jahre, Ölfördermaximums (»Peak-Oil«) nach Studien
nungen zufolge ließen sich mit 1 % des globa- • Kohle 200 Jahre, von Shell (1995), Colin J. Campbell (2002) und
len Bruttoinlandsprodukts pro Jahr die bedroh- • Uran 40 Jahre. dem Bundesamt für Geowissenschaften und
lichsten Auswirkungen des Klimawandels ver- Rohstoffe (2005)
hindern. Die Entscheidungen und Investitionen Innerhalb der statistischen Reichweite kann B 1.13 Prognose des Bevölkerungswachstums bis 2050
B 1.14 Rangfolge der zehn Länder mit den größten
der kommenden 10 bis 20 Jahre werden nach eine konstante Förderung bis zur Erschöpfung bekannten Erdöl- bzw. Erdgasreserven im Jahr
dem »Stern-Report« maßgeblich das Klima in aller Reserven nicht aufrechterhalten werden. 2005
der zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts bestim- Das weltweite Ölfördermaximum – der so ge-
men. Dieser an die britische Regierung gerich- nannte Peak-Oil – bezeichnet den Scheitel-
tete, jedoch notwendigerweise global argu- punkt, an dem die Hälfte aller konventionell för-
mentierende Report beschränkt sich in seiner derbaren Erdölvorkommen erschöpft sein wer-
Rang Land Erdgasreserven
Analyse nicht ausschließlich auf die Beschrei- den (Abb. B 1.12). Die Ausbeutung von Lager- in Mrd. m3
bung drohender Gefahren, sondern formuliert stätten verläuft entsprechend einer Glockenkur-
1. Russland 47 544
Handlungsempfehlungen, mittels derer sich die ve. Wenn der »Peak-Oil« erreicht ist, sinkt die
2. Iran 27 484
Risiken reduzieren lassen. Durch die verstärkte Förderung den Prognosen zufolge erst lang-
Nutzung erneuerbarer Energien, den Einsatz sam, dann schneller und zum Ende langsam 3. Katar 25 768
von kohlenstoffarmen Technologien und eine auslaufend. Dieser Wendepunkt wird zwischen 4. Saudi-Arabien 6830
deutliche Steigerung der Energieeffizienz könn- 2008 und 2020 zu erwarten sein. Dann beginnt 5. Vereinigte Arabische Emirate 6068
ten laut Stern die drastischen Folgen des Kli- das Ende des Ölzeitalters; es entsteht eine sich 6. USA 5448
mawandels (»das bisher größte und weitrei- ausweitende Deckungslücke zwischen Ener-
7. Nigeria 5226
chendste Marktversagen«) verhindert werden. giebedarf und maximaler Förderleistung.
8. Algerien 4542
Nachhaltiges, ökologisch verantwortungsvolles Entsprechend den Mechanismen der Marktwirt-
Handeln steht hiernach nicht mehr im Wider- schaft steigt der Preis für ein Gut so lange, bis 9. Venezuela 4284
spruch zum Wirtschaftswachstum, sondern bil- das Angebot größer ist als die Nachfrage. Das 10. Irak 3168
det langfristig die entscheidende Grundlage Preisniveau möglicher Erdölsubstitute (z. B. er-
dafür. neuerbare Energien, Kohleverflüssigung etc.) Rang Land Erdölreserven
sowie die Senkung der Nachfrage durch ge- in Mio. t
Fossile Energiewirtschaft steigerte Energieeffizienz bilden somit den 1. Saudi-Arabien 36 037
Industriegesellschaften sind in hohem Maße künftigen Kurswert des Erdöls. 2. Iran 18 022
von der Verfügbarkeit der Energierohstoffe Darüber hinaus sind die Staaten der EU abhän-
3. Irak 15 646
abhängig. Nicht erneuerbare Energieträger gig von Erdöl- und Erdgasimporten aus Regio-
haben derzeit weltweit einen Anteil von 86 % nen, die politisch oftmals als instabil gelten 4. Kuwait 13 845
am gesamten Primärenergieverbrauch. In oder autokratisch regiert werden (Abb. B 1.14). 5. Vereinigte Arabische Emirate 13 306
Deutschland beträgt dieser Wert sogar 95 %. Zu den Ländern mit den meisten Erdgas- bzw. 6. Venezuela 10 847
Allein seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs Ölreserven gehören Saudi-Arabien, Iran, 7. Russland 10 148
hat die Menschheit mehr fossile Rohstoffe ver- Kuwait und die Vereinigten Arabische Emirate. 8. Libyen 5323
braucht als in ihrer gesamten Geschichte zuvor Ein verstärkter Kohleabbau wäre unter dem
9. Nigeria 4881
(Abb. B 1.8). Die rapide steigenden Energie- Gesichtspunkt der Verfügbarkeit vordergründig
10. Kasachstan 4100
preise der vergangenen Jahre zeigen die End- sinnvoll; die damit verbundenen besonders
B 1.14
41
Grundlagen
hohen CO2-Emissionen würden jedoch den Kli- werden. Die industrialisierten Länder der Welt
USA 5778 (22%)
mawandel nochmals erheblich verschärfen. werden nicht dauerhaft mehr »Verschmut-
China 4497 (17%)
zungsrechte« beanspruchen können als Ent-
EU-25 4003 (15%) Gesellschaftliche Auswirkungen wicklungs- und Schwellenländer (Abb. B 1.15
Russland 1581 (6%) Im Kontext der globalen Erwärmung ist auch und 16). In Deutschland müsste sich demnach
Japan 1258 (5%) unser Konsumverhalten hinsichtlich seiner der Pro-Kopf-Ausstoß von knapp 11 t auf ein
Indien 1148 (4%) Zukunftstauglichkeit zu hinterfragen. Der Klima- Achtel des heutigen Wertes reduzieren. Aus
wandel wird durch die demografische Entwick- der Klimadebatte resultieren somit auch unan-
Deutschland 865 (3%)
lung zusätzlich forciert; die Bevölkerungszah- genehme Fragestellungen bezüglich unserer
Großbritannien 553 (2%)
len steigen von heute 6,6 Milliarden Menschen Lebensweise: Verfügt künftig jeder Mensch
Kanada 544 (2%) auf voraussichtlich 9 Milliarden im Jahr 2050 über das gleiche Recht auf 1,3 t CO2-Emissio-
Südkorea 489 (2%) und stagnieren wohl erst im Jahr 2100 bei ca. nen? Müssen wir zwischen »Überlebensemissi-
Italien 468 (2%) 10 Milliarden Bewohnern (Abb. B 1.13). Um onen« und »Luxusemissionen« unterscheiden?
eine angemessene und nachhaltige Lebens- Gilt es, in irgendeiner Form auch Verzicht zu
0 1000 2000 3000 4000 5000 6000
grundlage für zusätzliche 2,4 Milliarden Men- üben? Werden in Zukunft Emissionsrechte
CO2-Ausstoß [Mio.t ]
schen bereitstellen zu können, sind die verfüg- auch individuell gehandelt? Letztlich scheint
B 1.15 baren Ressourcen und ihre natürlichen Limitie- die Klimaerwärmung auch eine stärkere Vertei-
Katar 45 rungen sowie die sich abzeichnenden Folgen lungsgerechtigkeit zu erzwingen.
Kuwait 26 des Klimawandels zu beachten. Der Bevölke-
Ver. Arab. Emirate 24 rungsanstieg vollzieht sich vornehmlich in Ent- Politische Zielsetzungen
Luxemburg 23 wicklungs- und Schwellenländern. Ungeachtet Die aktuellen Maßnahmen der internationalen
23
aller Effizienzbemühungen wird der Energiebe- Klimaschutzpolitik basieren im Wesentlichen
Bahrain
darf in Asien bis 2050 um etwa 40 % und in auf den Ergebnissen der Klimarahmenkonven-
USA 20
Lateinamerika um voraussichtlich 55 % zuneh- tionen von 1992. Bei der auch als »Erdgipfel«
Trinidad & Tobago 20 bezeichneten UN-Konferenz in Rio de Janeiro
men. In den Schwellenländern werden somit in
Brunei 18 den kommenden Jahren enorme Investitionen verständigten sich über 150 Staaten erstmals
Australien 17 für Energiesysteme ausgelöst. Diese legen die über generelle globale Umweltthemen, ohne
Finnland 14 Energieinfrastruktur – und damit die Höhe der allerdings konkrete Schritte oder Ziele festzu-
11 CO2-Emissionen – für Jahrzehnte fest. Ange- schreiben. Erst mit Unterzeichnung des Kyoto-
Deutschland
sichts der demografischen, wirtschaftlichen Protokolls im Jahr 1997 wurden auf internatio-
klimaverträglich 1,3
und klimatischen Entwicklung bleibt laut IPCC- naler Ebene verbindliche Zielwerte für Treib-
0 10 20 30 40 Report nur noch ein Zeitfenster bis zum Jahr hausgase beschlossen. In dem Abkommen
CO2-Ausstoß pro Kopf [t] 2020 offen, um durch die signifikante Reduk- verpflichteten sich die Industriestaaten ihre
B 1.16 tion von Treibhausgasen die weltweite Erwär- CO2-Emissionen bis 2012 um insgesamt 5,2 %
mung auf maximal 2,0 C zu begrenzen. Da gegenüber 1990 zu reduzieren. Es dauerte
B 1.15 Länder mit den höchsten CO2-Emissionen im lediglich 10 bis 20 Jahre für gravierende Ver- jedoch noch acht weitere Jahre, bis mindes-
Jahr 2003 änderungen zur Verfügung stehen, müssen tens 55 Staaten, die 1990 mehr als 55 % der
B 1.16 CO2-Ausstoß pro Kopf von ausgewählten Län-
dern im Jahr 2003
die meisten Innovationen mittels bereits vor- CO2-Emissionen verursacht hatten, das
B 1.17 angestrebte und bis 2002 erreichte Emissions- handener Technologien erfolgen. Allein auf Abkommen ratifizierten. Das Protokoll trat
veränderungen im Rahmen des Kyoto-Protokolls neue technische Lösungen zu hoffen – um somit erst Anfang 2005 in Kraft. In Abhängig-
B 1.18 unterschiedliche Energieformen dann wie gewohnt weiterzuwirtschaften – wird keit von der wirtschaftlichen Entwicklung der
B 1.19 Energiebilanz der Erde
nicht ausreichen, um die anstehenden Aufga- einzelnen Länder bestehen laut Abkommen
ben zu bewältigen. verschieden hohe Reduktionsvorgaben. Die
Die globalen Herausforderungen erfordern EU verpflichtete sich zu einer Senkung der
-19 neben technischen auch unmittelbare gesell- Treibhausgase um insgesamt 8 %, wobei für
Deutschland -21 schaftliche und soziale Innovationen. In den die einzelnen EU-Länder ebenfalls unterschied-
-1
Dänemark -21 meisten Industrienationen kann man die liche Ziele gelten (Abb. B 1.17).
-15 gegenwärtige Entwicklung des gesellschaft- Auch wenn das Kyoto-Protokoll einen Meilen-
Großbritannien -13
lichen Lebens durch die Attribute Individuali- stein in der internationalen Klimaschutzpolitik
9
Österreich -13 sierung, Anonymisierung und Entsolidarisie- darstellt, gelten die Bestrebungen nach heuti-
9 rung charakterisieren. Die historischen Erfah- gem Erkenntnisstand als keineswegs ausrei-
Italien -7
-2 rungen aus den Anfängen der Ökologiebewe- chend, um der globalen Erwärmung entgegen-
Frankreich 0 gung haben allerdings gezeigt, dass sich eine zuwirken. Weltweit liegen die Treibhausemissi-
29
Irland 13 altruistische Mensch-Umwelt-Beziehung nicht onen heute ca. 25 % über denen des Basis-
39 in dogmatischer oder deterministischer Weise jahrs 1990. Das Reduktionsziel, die Treibhaus-
Spanien 16
verordnen lässt. Es bleibt abzuwarten, inwie- gase bis 2050 weltweit um 50 % gegenüber
-2
Schweiz -8 weit »qualitatives« Wachstum – als Maxime für dem Stand von 1990 zu senken, lässt sich nur
8 Lebensqualität – die bisherige Doktrin nach erreichen, wenn die Industrienationen ihre
Japan -6
20 »quantitativem« Wachstum zu ersetzen ver- Emissionen um 60 bis 80 % vermindern.
Kanada -6 mag. Der Klimawandel berührt infolgedessen Um auf internationaler Ebene eine Führungs-
6
Norwegen 1 auch ethische Fragen, für politische Entschei- rolle und Vorbildfunktion zu übernehmen, emp-
13 dungsträger wie für jeden Einzelnen. fiehlt die EU-Kommission den Industrienationen
USA1 -7
Derzeit produziert jeder Mensch im weltweiten eine Minderung der Treibhausgase bis zum
22
Australien1 8 Durchschnitt jährlich 4,4 t CO2. Bis 2050 müs- Jahr 2020 um 30 %. Ohne dem Nachfolgepro-
angestrebt bis 2008 / 2012 [%] bisher erreicht [%]
sen nach derzeitigem Erkenntnisstand die tokoll vorzugreifen, beabsichtigen die EU-Staa-
Emissionen pro Bewohner um mehr als zwei ten sich aber bereits jetzt selbst zu verpflich-
1
ursprüngliches Ziel, Kyotoprotokoll nicht unterzeichnet Drittel, auf »klimaverträgliche« 1,3 t reduziert ten, die Emissionen bis 2020 um mindestens
B 1.17
42
Grundlagen
20 % zu reduzieren und den Anteil der erneuer- Entropie eines abgeschlossenen Systems die zusammen mit dem natürlichen Isotopen-
baren Energien an der Energieversorgung auf immer konstant bleibt oder zunimmt. Bei irre- zerfall die so genannte Erdwärme bilden.
20 % zu steigern. versibel ablaufenden Prozessen findet immer • Gravitation: Die Planetenbewegungen rufen
eine Entropiezunahme statt, wie z. B. beim in Verbindung mit der Massenanziehung zwi-
Abbau von Ressourcen. Wenn die bekannten schen Erde und Mond die Gezeiten hervor.
Energie Kupfervorkommen nahezu verbraucht sind, • Solarstrahlung: Die solare Strahlung erreicht
dann bedeutet dies genauer gesagt, dass Kup- aufgrund thermonuklearer Umwandlung in
Energie kann umgewandelt, gespeichert oder fer mehr oder minder gleichmäßig über die der Sonne sowohl die Atmosphäre als auch
transportiert werden – und dennoch ist sie Erde verteilt wurde und sich die Entropie durch die Erdoberfläche.
kein Stoff. Sie entzieht sich der sinnlichen die Gleichverteilung vergrößert hat. Die Wieder-
Wahrnehmung, lediglich die Erscheinungsform herstellung der Ausgangssituation (geringe Die Energiemengen dieser drei Quellen sind
(z. B. Wärme des Feuers) oder der Energie- Entropie) lässt sich nur durch den Einsatz von extrem unterschiedlich: Der weitaus größte
träger (z. B. Holzscheit) lassen sich durch Energie erreichen. Daraus folgt, dass Systeme Anteil ist die solare Strahlung. Sie macht über
unsere Sinne erfahren. Die Ursprünge des ohne Energiezufuhr von außen sich immer in 99,9 % der gesamten zur Verfügung stehenden
Begriffs »Energie« reichen bis in die Antike Richtung eines Zustands größerer Unordnung Energiemenge aus. Die Erdwärme stellt mit
zurück. Der griechische Philosoph Aristoteles bewegen. Der Mensch kann die Entropiezu- einem Anteil von etwa 0,02 % die zweitgrößte
bezeichnete »energeia« (dt.: Tätigkeit, Wirk- nahme durch effiziente Energie- und Ressou- Quelle dar. Um einen weiteren Faktor zehn
samkeit) als die Wirkkraft, durch die Mögliches rennutzung nicht aufhalten, sondern bestenfalls geringer ist der Beitrag der Gezeiten aufgrund
in Seiendes übergeht. Seine heutige natur- verlangsamen. Nur der Sonne gelingt es, die der Planetengravitation und -bewegung. Im
wissenschaftliche Bedeutung erlangte der Entropie zu senken, da sie dem System Erde Sinne eines geschlossenen Energiesystems
Begriff »Energie« erst im 19. Jahrhundert. Die von außen Energie zuführt. kann vorausgesetzt werden, dass sich die Erde
physikalische Definition des Begriffs lautet in einem energetischen Gleichgewichtszustand
seither: »die im System gespeicherte Arbeit Energiebilanz der Erde befindet. Dies bedeutet, dass der zugeführten
oder die Fähigkeit des Systems zur Verrich- Sämtliche auf der Erde zur Verfügung stehen- Energiemenge ein entsprechend gleich großer
tung von Arbeit«. Energie tritt in verschiedenen den Energieströme speisen sich prinzipiell aus Entzug gegenübersteht. Knapp ein Drittel der
Formen auf und lässt sich hinsichtlich ihrer drei Quellen: auf die Erde gerichteten Solarstrahlung mit
physikalischen Eigenschaften beispielsweise einer spezifischen Leistung von 1367 W/m2
in mechanische, thermische oder chemische • Erdwärme: Bei der Entstehung der Erde wur- (Solarkonstante) wird bereits bei Eintritt in die
Energie unterteilen (Abb. B 1.18). den große Mengen an Energie freigesetzt, Erdatmosphäre reflektiert. Aufgrund von Wech-
Im Jahr 1847 formulierte Hermann Helmholtz
die entscheidende Entdeckung für das Ver-
ständnis bei Energieumwandlungen: Energie
Energieform Erscheinungsweise (Beispiel) technische
kann nicht erzeugt, sondern nur von einer Form Energieumwandlung
in die andere umgewandelt werden. Dieser so
mechanische Energie / potenzielle Energie Stausee Laufwasserkraftwerk
genannte Energieerhaltungssatz begründete
mechanische Energie / kinetische Energie fließendes Wasser Speicherwasserkraftwerk
gleichzeitig den ersten Hauptsatz der Thermo-
dynamik. Demnach ist die Energiemenge in thermische Energie Warmwasser Fernwärme
geschlossenen Systemen immer konstant. Die elektrische Energie Strom Wärmepumpe
umgangssprachliche Bezeichnung »Energie- Strahlungsenergie Sonnenlicht Solarkollektor
verbrauch« stellt physikalisch betrachtet die chemische Energie Erdgas Gasbrennwertkessel
Transformation von einer Energieform in eine nukleare Energie Kernspaltung Atomkraftwerk
andere dar und kann wie folgt beschrieben
B 1.18
werden:
3 ·1016 kWh/ a
Erdwärme 0,02%
Planetengravitation
und -bewegung 0,002 %
43
Grundlagen
Anteil der genutzten Energieträger weltweit [%]
Kernenergie Solarstrahlung Erdwärme Gravitation B 1.20 strukturelle Entwicklung der Energieträger welt-
weit von 1850 bis 2000
B 1.21 Vergleich zwischen Bevölkerungswachstum,
vergangene aktuelle Energieverbrauch und CO2-Emissionen von 1870
Strahlung Strahlung bis 2000
B 1.22 Anteile der Energieträger am Primärenergiever-
Atomkraft Kohle Globalstrahlung oberflächenferne Gezeitenenergie brauch in Deutschland 2006
Erdöl oberflächennahe Erdwärme B 1.23 Energiequellen der Erde und ihre Erscheinungs-
Erdwärme formen
Erdgas
Atmosphären- B 1.24 derzeitige Szenarien des globalen Primärenergie-
wärme verbrauchs für das Jahr 2050 bei einem Bevöl-
Wind kerungswachstum auf 9 bis 10 Milliarden
Meereswärme WBGU: exemplarischer Entwicklungspfad
(2003)
Meeresströmung
Shell SCA: Spirit of coming Age (2001)
Wellenbewegung WEC A3: Wachstum (1999)
Laufwasser Shell DAS: Dynamic as Usual (2001)
Biomasse- WEC B: Business as Usual (1999)
produktion RIGES: Renewable intensive scenario (1993)
SEE: Solar Energy Economy (2003)
nicht erneuerbar erneuerbar WEC C1: ökologische Priorität (1999)
Faktor 4: Effizienzrevolution (1999)
B 1.23
44
Grundlagen
Primärenergie [EJ/a]
1169 1121
1200
1049
1000
854 825
800
636 635
597
600
431
423
400
200
0
2000 WBGU Shell SCA WEC A3 Shell DAS WEC B RIGES SEE WEC C1 Faktor 4
erneuerbare Energien Kernenergie Mineralöl
traditionelle Biomasse Erdgas Kohle
B 1.24
einer Start- und Anstiegsphase erreichen alle stands erwarten die meisten Studien einen gen Kernkraftwerke während der Betriebs-
fossilen Rohstoffe – mit zunehmend abgebau- Zuwachs des weltweiten Bruttosozialprodukts phase keine CO2-Emissionen, über den gesam-
ter bzw. verbrauchter Menge – ihren Scheitel- bis zum Jahr 2050 um das drei- bis vierfache. ten Lebenszyklus betrachtet erfordern Bau
punkt und münden schließlich in eine Phase bzw. Abriss der Reaktoren, Uranförderung,
sinkender Bedeutung (Abb. B 1.20). Ausge- Fossile Energie Abfallentsorgung und Sicherheitsrisiken aller-
hend von Holz und Kohle als dominierende Die weltweite Energieversorgung basiert ak- dings erhebliche Aufwendungen. Die Kernkraft
Energieträger im 19. Jahrhundert ist die struk- tuell zu rund 80 % auf den fossilen Energieträ- verfügt derzeit über einen Anteil von ca. 17 %
turelle Zusammensetzung im 20. Jahrhundert gern Kohle, Erdöl und Erdgas sowie der Kern- an der weltweiten Stromerzeugung, beträgt
durch einen breiten Energiemix gekennzeich- energie. Da die Entstehungszeiträume der aber unter 7 % an der gesamten Energiever-
net. Interessant erscheint in diesem Zusam- fossilen Energieträger weit über menschliche sorgung. Risiken und Nutzen der kohlenstoff-
menhang auch, dass in der Vergangenheit Maßstäbe hinausgehen, übersteigt der heuti- freien Stromerzeugung aus Kernenergie sind
immer eine unmittelbare Wechselbeziehung ge Verbrauch ihre Entstehung deutlich. Fossile vor diesem Hintergrund abzuwägen. Für die
zwischen Bevölkerungswachstum, Energie- Energiereserven bildeten sich zu verschiede- heute verbreitete Reaktortechnologie besteht
verbrauch und CO2-Emissionen bestand (Abb. nen Zeiten in der Erdgeschichte durch bioche- auch ein Ressourcenproblem. Preiswertes
B 1.21). Die meisten Prozentanteile zur weltwei- mische und chemische Umwandlungsprozesse Uran für Leichtwasserreaktoren reicht noch
ten Energiebereitstellung werden derzeit noch aus organischem Material. Die Entstehungs- etwa für 40 Jahre. Brutreaktoren (»schnelle
durch Erdölgewinnung erzielt. Die Kohlenut- zeiträume der Energieträger betragen: Brüter«), die neben der Stromproduktion auch
zung hatte zwar bereits zu Beginn des 20. der Erzeugung von weiterem spaltbaren Mate-
Jahrhunderts ihren Höhepunkt erreicht, spielt • Erdöl und Erdgas: 20 – 440 Millionen Jahre rial dienen, sind in keinem Land im Dauerbe-
aber heute noch bei der Energieversorgung • Kohle: 10 – 370 Millionen Jahre trieb. Das als Abfallprodukt entstehende Pluto-
eine zentrale Rolle. Mit steigender Tendenz ent- nium erhöht aufgrund seiner Eignung zur
wickelt sich der Anteil von Erdgas und Kernen- Zur Minderung der Klimaänderungen setzen waffentechnischen Verwendung die atomare
ergie, während Holz und Wasserkraft als tradi- Vertreter der fossilen Energiewirtschaft vor Bedrohung.
tionelle erneuerbare Energiequellen eher von allem darauf, künftig CO2-Emissionen unter- An der Realisierung von Kernfusionsreaktoren
untergeordneter Bedeutung sind. irdisch einzulagern. Bei der Kohlendioxidse- wird seit den 1960er-Jahren intensiv geforscht.
In Deutschland ist der Primärenergieverbrauch questrierung wird CO2 aus Abgasen von Kraft- Mittels Kernfusion wäre bei vergleichsweise
entgegen des weltweiten Trends in den letzten werken und Industrieanlagen technisch abge- niedrigem Brennstoffverbrauch und geringem
Jahren konstant rückläufig; der Energiemix schieden, komprimiert und schließlich unter radioaktiven Abfall theoretisch die Produktion
weist indessen eine ähnliche Struktur auf hohem Druck in etwa 1000 m tiefe salzwasser- großer Mengen elektrischer Energie möglich.
(Abb. B 1.22). Auch die deutsche Energie- haltige Schichten (Aquifere) gepresst. In Euro- Die Entwicklung von Kernfusionsreaktoren
bereitstellung wird vom Erdöl dominiert. Die pa sollen bis zum Jahr 2015 zwölf Demonstra- erfordert allerdings enorme Investitionen; eine
Kohlenutzung nimmt kontinuierlich ab, bildet tionsanlagen in Betrieb gehen. Hinsichtlich der kommerzielle Nutzung dieser Technologie wird
aber für die Stromerzeugung nach wie vor Sicherheit und Wirtschaftlichkeit des Verfah- – wenn überhaupt realisierbar – in frühestens
eine wichtige Grundlage. Erdgas zeigt hinge- rens bestehen jedoch erhebliche Unwägbar- 50 Jahren erwartet.
gen zunehmende Tendenzen. Der Anteil erneu- keiten. Durch Risse im Gestein könnte bei der Bei der Gewinnung, Nutzung und Entsorgung
erbarer Energiequellen steigt seit 1995 durch Kohlendioxideinlagerung salz- bzw. schwer- von radioaktiven Stoffen bestehen hochgra-
den Ausbau der Windenergie deutlich an. metallhaltiges Wasser der Aquifere verdrängt dige Gesundheitsgefahren. Da die Halbwerts-
Die Prognosen hinsichtlich der künftigen Ent- werden und somit die Grundwasserreservoirs zeit von Uran235 über 700 Millionen Jahre
wicklung des globalen Energieverbrauchs sind verseuchen. Bei größeren Leckagen bestünde beträgt, müssen diese Stoffe mit großem tech-
mit Ungewissheiten behaftet (Abb. B 1.24). Alle die Gefahr, dass die Emissionen in großem nischen und logistischen Aufwand dauerhaft
Szenarien gehen jedoch davon aus, dass auf- Umfang die Atmosphäre belasten. Des Weite- von der Umwelt abgeschirmt und überwacht
grund wachsender Bevölkerungszahlen sowie ren rechnet man infolge der CO2-Sequestrie- werden.
des steigenden Bruttosozialprodukts in den Ent- rung mit Effizienzverlusten der Kraftwerke von
wicklungs- und Schwellenländern der Energie- bis zu 20 %, wodurch sich Ressourcenver- Erneuerbare Energie
verbrauch in den kommenden Jahren erheblich brauch, Importabhängigkeit und Kosten ent- Abgesehen von den seit Langem üblichen For-
zunehmen wird. Derzeit verfügt mehr als ein sprechend erhöhen würden. men der Nutzung von Biomasse, Wind und
Fünftel der Menscheit über keinen Zugang zu Wasserkraft, tritt ab Mitte der 1970er-Jahre
Elektrizität, zwei Fünftel decken ihre Energiebe- Kernenergie angesichts steigender Preise fossiler Brenn-
dürfnisse überwiegend traditionell durch Bio- Die Nutzung der Kernenergie ist politisch und stoffe eine verstärkte Nutzung erneuerbarer
masse. Aufgrund dieses Entwicklungsrück- gesellschaftlich stark umstritten. Zwar erzeu- Energiequellen in das Blickfeld der Bemühun-
45
Grundlagen
Weltenergieverbrauch 2005 Solarstrahlung auf Kontinente Wind Biomasse Erdwärme Wasser Meereswärme, Wellenenergie
B 1.25
gen. Vor dem Hintergrund des Reaktorun- Potenziale Das wirtschaftliche Potenzial bildet wiederum
glücks in Tschernobyl 1986 wurden diese Zu den verfügbaren Potenzialen von erneuer- den Teil des technischen Potenzials ab, der
Anstrengungen mit erhöhter Motivation in baren Energien wurden in den letzten Jahren zum Betrachtungszeitpunkt ökonomisch sinn-
Angriff genommen. Messbare Auswirkungen detaillierte Analysen durchgeführt, deren voll nutzbar ist. Hier beeinflussen allerdings
lassen sich etwa seit 1990 feststellen. Als Folge Ergebnisse eine relativ hohe Streuung aufwei- vielfältige Randbedingungen wie z. B. die Kos-
günstiger politischer Rahmenbedingungen sen. Das theoretische Potenzial enthält das ten fossiler Brennstoffe, Verzinsung, Abschrei-
zeichnet sich ein geringes, aber kontinuierli- gesamte physikalische Angebot einer bestimm- bungsdauer und betriebs- oder volkswirtschaft-
ches Wachstum der erneuerbaren Energieträ- ten Energiequelle in einem definierten räum- liche Betrachtungen die Rentabilität erheblich.
ger ab. Die Entwicklung in Deutschland zeigt, lichen und zeitlichen Betrachtungsraum – bei- Würde man künftig dazu übergehen, die exter-
dass die Zunahme in erster Linie auf der ver- spielsweise die von der Sonne jährlich auf die nen Kosten der fossilen Energiewirtschaft (z. B.
mehrten Nutzung der Windkraft sowie gasför- Oberfläche Deutschlands eingestrahlte Ener- Klimaerwärmung, extreme Wetterereignisse) in
miger und flüssiger Biomasse beruht (Abb. B gie, die jährliche kinetische Energie des Win- die gesamtwirtschaftliche Betrachtung einzu-
1.26). In der Energieerzeugung aus Windkraft des einer bestimmten Region oder der gesam- beziehen, würde das wirtschaftliche Potenzial
und Solarwärme ist Deutschland inzwischen te Energieinhalt der jährlich nachwachsenden der erneuerbaren Energien deutlich höher aus-
weltweit führend, im Solarstromertrag wird es Biomasse eines Landes. Die möglichen Erträge fallen.
nur von den USA und Japan übertroffen. basieren hierbei allein auf dem natürlichen Das erschließbare Potenzial beschreibt den tat-
Betrachtet man die Struktur der Energiebereit- Energieangebot, das jedoch Schwankungen sächlich zu erwartenden Beitrag zur Energie-
stellung aus erneuerbaren Quellen, so kommt aufzeigt, wie z. B. die jährlich unterschiedliche versorgung unter aktuellen Randbedingungen.
der Nutzung fester Biomasse in Form von Solarstrahlung. Es liegt aufgrund von Herstellerkapazitäten,
Holzverfeuerung die größte Bedeutung zu, Das technische Potenzial ist ein Teil des theore- vorhandenen Konkurrenzsystemen, mangeln-
wobei hier die statistische Erfassung aufgrund tischen Potenzials, bei dem die für eine prakti- der Information, rechtlicher oder administrativer
dezentraler Strukturen überwiegend auf sche Nutzung erforderlichen technischen Rest- Hemmnisse etc. unter dem wirtschaftlichen
Schätzungen beruht. Die feste Biomasse riktionen berücksichtigt werden (Abb. B 1.25). Potenzial. Infolge von Subventionen kann das
stellt zusammen mit der Wasserkraftnutzung Es variiert in Abhängigkeit von der zugrunde erschließbare Potenzial jedoch das wirtschaft-
und der Windenergie über 75 % des Beitrags gelegten Technik wie dem Systemwirkungs- liche übertreffen.
aus erneuerbaren Quellen bereit. Die weiteren grad. Des Weiteren unterscheidet man zwi-
Energiequellen in Form von Solarwärme, Solar- schen technischen Erzeugungspotenzialen am Entwicklungsszenario für Europa
strom (Photovoltaik) und Geothermie sind Anfang einer definierten Stufe der Wandlungs- Wenn man die für den Energiebedarf bestim-
derzeit noch von geringer Bedeutung. Zusam- kette und technischen Substitutionspotenzialen menden Größen definiert, wie z. B. wirtschaftli-
men tragen inzwischen alle erneuerbaren Ener- bezüglich End-, Sekundär- oder Primärenergie che und demografische Entwicklungen, erwar-
gien mit ca. 6 % zur Primärenergiebereitstel- (siehe S. 50). Während das theoretische Poten- tete Energiepreissteigerungen sowie techni-
lung und mit etwa 12 % zur Stromerzeugung in zial wenig praktische Relevanz hat, ist das tech- scher Fortschritt, lassen sich daraus Szenarien
Deutschland bei. nische Potenzial von hohem Aussagewert. hinsichtlich des zukünftigen Energieverbrauchs
Primärenergie [PJ /a]
Primärenergie [PJ/ a]
46
Grundlagen
47
Grundlagen
48
Grundlagen
ten fossiler und nuklearer Energieversorgungs- 2005 2010 2015 2020 2025 1 10 100
systeme liegen wesentlich höher als betriebs- Primärenergiebedarf pro Kopf [103 kWh/a]
wirtschaftliche Berechnungen dies bisher aus- B 1.32 B 1.33
weisen. Wirtschaftsfaktor dar. Der Inlandsumsatz in Ausgelöst durch die Ölkrise zu Beginn der
Für eine umfassende ökonomische Bewertung Deutschland weist seit einigen Jahren 1970er-Jahre entkoppelte sich die Entwicklung
müssen künftig die erheblichen Umweltschä- Zuwachsraten von ca. 20 % auf. Kaum eine der Volkswirtschaft vom Energieverbrauch.
den der fossilen Energieumwandlung – »exter- andere Branche verfügt über einen ähnlich In Deutschland veränderte sich seit 1980 der
ne Kosten« – in die volkswirtschaftliche Be- deutlichen Beschäftigungszuwachs. Primärenergiebedarf nur noch wenig, während
trachtung einbezogen werden. Untersuchun- das Bruttoinlandsprodukt weiter anstieg (Abb.
gen des Bundesministeriums für Umwelt, Na- Effiziente Energienutzung B 1.36). Im Jahr 2000 konnte im Vergleich
turschutz und Reaktorsicherheit (BMU) zufolge Die Energiepolitik der Vergangenheit betrach- zum Jahr 1970 der gleiche Lebensstandard
spielen die CO2-Emissionen hierbei eine zen- tete eine nachhaltige Energieversorgung mit einem Drittel weniger Primärenergieein-
trale Rolle [7]. Die BMU-Studie veranschlagt stets als im Zielkonflikt zum Wirtschaftswachs- satz sichergestellt werden. Als Kehrwert zum
Schadenskosten von 70 ™ pro Tonne CO2. tum stehend. Es wurde ein kausaler Zusam- bereits erwähnten BIP / PEB-Indikator gibt
Den derzeitigen Stromgestehungskosten fossi- menhang hergestellt zwischen Bruttoinlands- das PEB / BIP-Verhältnis demnach Auskunft
ler Kraftwerke von 3 bis 4 ct / kWh wären dem- produkt (BIP) und Primärenergieverbrauch über den Grad der Energieeffizienz einer
nach z. B. bei der Stein- und Braunkohlever- (PEB). Demnach setzte jeder ökonomische Nation. Je höher das Bruttoinlandsprodukt
stromung diese externen Kosten in Höhe von Aufschwung den Anstieg des Energiever- im Vergleich zum Energieverbrauch, desto
6 bis 8 ct / kWh hinzuzurechnen. Die Gewin- brauchs voraus. Im Jahr 1970 verfügten Län- mehr Wertschöpfung wurde mit der einge-
nung von Strom aus erneuerbaren Energien – der mit einem niedrigen Bruttoinlandsprodukt setzten Energie erzielt.
inklusive Bau und Entsorgung der Anlagen – auch über einen niedrigen Primärenergiebe-
verursacht hingegen eine deutlich geringere darf. Die Industrienationen hingegen wiesen Energiebereitstellungskette
Folgebelastung (Abb. B 1.30). gleichermaßen ein hohes Bruttoinlandspro- Große Verluste entstehen insbesondere bei
Die tatsächlichen externen Kosten der fossilen dukt und einen hohen Primärenergiebedarf den Umwandlungsprozessen von Primären-
Energiewirtschaft – wie z. B. Schädigung von auf. Das BIP / PEB-Verhältnis galt somit als ergieträgern (z. B. Kohle) zur eigentlichen
Ökosystemen, Beeinträchtigung der Biodiver- Indikator für den jeweiligen Lebensstandard Energiedienstleistung wie etwa Licht (Abb.
sität, Versorgungsunsicherheit sowie geopo- (Abb. B 1.33). B 1.39). Die Energiebereitstellungskette lässt
litische Risiken – finden aufgund von Unsicher-
heiten bei der monetären Bewertung der Schä-
den derzeit (noch) keine Berücksichtigung.
Während die Bezugspreise für fossile und nuk-
leare Energie angesichts ihrer begrenzten Ver-
fügbarkeit, künftiger CO2-Aufschläge, Versor-
gungsunsicherheiten und »Risikozulagen« kon-
tinuierlich steigen, nehmen die Gestehungskos-
ten für erneuerbare Energien aufgrund der sin-
kenden Technikkosten (»economies of scale«)
stetig ab. Daher dürfte es lediglich eine Frage
der Zeit sein, wann erneuerbare Energien weni-
ger Betriebskosten verursachen als Energien
aus erschöpflichen Quellen.
Die »Leitstudie 2007« des BMU kommt zu dem
Schluss, dass bei einem weiterhin deutlichen
Preisanstieg der herkömmlichen Energieversor-
gung voraussichtlich 2025 die erneuerbaren
Energien das Preisniveau der erschöpflichen
Energiequellen erreichen (Abb. B 1.32). Ab
diesem Zeitpunkt tragen sie zur Stabilisierung
der Energiekosten bei, die – ohne erneuerbare
Energiequellen – unaufhaltsam weiter steigen
würden [6].
Der Ausbau einer zukunftsfähigen Energiever-
sorgung stellt zunehmend einen bedeutenden
B 1.34 B 1.35
49
Grundlagen
Änderung [%]
Primärenergiebedarf [EJ / a]
200 700 Verbrauch nach Ländergruppen
Entwicklungsländer
Bruttoinlandsprodukt BIP 600
175 GUS, Osteuropa, Mittlerer Osten
OECD-Länder
500
150 * Pro-Kopf-Verbrauch
50 0 fossile Energien
1970 1980 1990 2000 2050
B 1.36 B 1.37
sich folgendermaßen definieren (Abb. B 1.38): Strategien für eine nachhaltige Energiewirtschaft Handeln bewusst auf energieintensive Pro-
• Als Primärenergie bezeichnet man den Energie- und Ressourcenschutz, Umwelt- dukte und Dienstleistungen verzichten.
rechnerisch nutzbaren Energiegehalt schutz und Sicherheitspolitik werden zuneh-
fossiler, nuklearer und erneuerbarer Ener- mend als Einheit wahrgenommen. Die aktuel- Eine zukunftsfähige Energiewirtschaft kann nur
gieträger, die in der Natur vorkommen und le Energiewirtschaft sieht sich im Wesentlichen durch die Verfolgung dieser Strategien mit
noch nicht umgewandelt oder aufbereitet mit vier Problemen konfrontiert: Klimagefähr- ihren sich ergänzenden Wechselwirkungen
wurden. dung, steigende fossile Rohstoffpreise, unsi- erreicht werden. Ein deutlich verminderter
• Die Sekundärenergie wird als Ergebnis von chere Versorgungslage und zunehmende Energieverbrauch infolge von Effizienz- und
Umwandlungsprozessen – und demzufolge geopolitische Verteilungskonflikte um Ener- Suffizienzmaßnahmen bildet die Vorausset-
mit entsprechenden Energieverlusten – aus gie. Für eine Umgestaltung der Energiewirt- zung, um den verbleibenden Bedarf durch den
der Primärenergie gewonnen. Zu den Sekun- schaft sind parallel mehrere Strategien erfor- Einsatz erneuerbarer Energien zu decken.
därenergieträgern zählen beispielsweise derlich [8]: Das »Idealszenario« einer nachhaltigen globa-
Benzin, Briketts oder Heizöl. len Energieversorgung bis zum Jahr 2050
• Die Endenergie entspricht dem Anteil der • Effizienz: Durch rationelle Energiewandlung basiert auf diesen Strategien und umfasst fol-
Sekundärenergie, der nach Transport-, Lei- und -verwendung können die gewünschten gende Eckpunkte (Abb. B 1.37): Der derzeit
tungs- bzw. Transformationsverlusten vom Energiedienstleistungen, wie z. B. ein ange- geografisch sehr unregelmäßig verteilte
Verbraucher bezogen wird. nehm temperierter Raum oder die Fortbewe- durchschnittliche Pro-Kopf-Energieverbrauch
• Als Nutzenergie wird die tatsächlich für die gung von A nach B, bei gleicher Wirkung in Höhe von 70 GJ/a gleicht sich bis zur Mitte
Energiedienstleistung (z. B. Raumwärme) deutlich effizienter bereitgestellt werden. des Jahrhunderts an. Dazu müssen die
verwendete Energiemenge bezeichnet. • Konsistenz: Aufgrund des Verbrauchs endli- Industrienationen ihren Energieverbrauch von
cher Energierohstoffe und der Ablagerung heute 196 GJ/a etwa halbieren, während die
Insgesamt gehen von der geförderten bzw. von Schadstoffemissionen in der Atmosphäre Entwicklungsländer ihren Verbrauch verdop-
gewonnenen Primärenergie durch Umwand- ist das derzeitige Energiesystem »offen«. peln können. Des Weiteren wird die Reduktion
lung und Transport derzeit rund zwei Drittel Das Ausbilden eines »geschlossenen« Ener- des fossilen Ressourceneinsatzes um 50 %
verloren; dem Verbraucher steht beim jetzi- giesystems, das Energie nahezu ohne Roh- sowie der Verzicht auf Kernenergie und der
gen Energienutzungssystem demnach nur stoffverbrauch bereitstellt, lässt sich nur Ausbau der erneuerbaren Energien um das
rund ein Drittel der geförderten Energie zur durch Nutzung erneuerbarer Energievorkom- 24-fache verlangt. Das technische Potenzial
Verfügung. Amory Lovins, Leiter des Rocky men erreichen. steht im Überfluss zur Verfügung, dennoch
Mountain Institute, prägte in diesem Zusam- • Suffizienz: Der Energieverbrauch wird maß- sind erhebliche Anstrengungen erforderlich.
menhang den Begriff »Negawatt« – als hypo- geblich auch durch die Lebens- und Kon- Um dieses »Idealszenario« zu erreichen, müss-
thetische Einheit gesparter Energie. Lovins sumgewohnheiten bestimmt. Ein nachhaltiger te der Anteil der erneuerbaren Energiequellen
zufolge wird zukünftig der vermiedene Verlust Umgang mit Ressourcen setzt voraus, dass in den kommenden 50 Jahren jährlich um 6 bis
die wichtigste Energiequelle darstellen. Konsumenten durch eigenverantwortliches 7 % wachsen.
Primärenergie 100 %
23% Umwandlungs-
Sekundärenergie 77 % verluste (Kraftwerk,
Raffinerie, Kokerei)
5% Eigenverbrauch in
den Energiesektoren;
Leitungsverluste
Endenergie 66 % 6 % nichtenergetischer
Verbrauch (z.B. Rohbenzin
in der Chemie)
Nutz-
energie 36 % Verluste beim
Verbraucher
30%
Kraft, Wärme, Licht
B 1.38 B 1.39
50
Grundlagen
Tropen
Äquator
südl.
Wendekreis
feucht-warm
trocken-heiß
Klima und Komfort gemäßigt
kalt
Die Verbreitung des Menschen über den Glo- B 1.40
bus begann vor etwa 200 000 Jahren in der
afrikanischen Savanne. Mit einer Ausbreitungs-
geschwindigkeit von durchschnittlich etwa
400 m / Jahr erreichte der Homo sapiens
schließlich vor ca. 40 000 Jahren die Atlantik- Polarzone
küste auf der Iberischen Halbinsel. Der
menschliche Organismus ist allerdings auch
gemäßigte
heute noch auf ein Leben unter den klimatisch Zone
idealen Ursprungsbedingungen Afrikas einge-
stellt. Infolge des rasanten Bevölkerungs-
Sub- nördl.
wachstums und somit der Besiedelung nahezu
tropen Wendekreis
sämtlicher Landstriche der Erde entwickelte
der Mensch Strategien, um so unterschiedliche
Regionen wie die Polarzone mit Durchschnitts- Tropen
temperaturen von bis zu - 25 °C oder die Tro- Äquator
pen mit Temperaturen von etwa + 26 °C als
Lebensraum zu erschließen. Vor allem Klei-
dung als zweite Haut und Gebäudehüllen als
> 2000 mm
dritte Haut übernehmen die Aufgabe, Schwan- > 1500 mm südl.
kungen des Außenklimas auszugleichen und > 1000 mm Wendekreis
Behaglichkeit sicherzustellen. > 500 mm
Vor der Industrialisierung, als das Komfort- > 250 mm
niveau im Vergleich zum heutigen Standard < 250 mm
deutlich geringer war und es nur wenige tech- B 1.41
nische Möglichkeiten gab, ein von den Umfeld-
einflüssen unabhängiges Raumklima zu erzeu-
gen, waren insbesondere die Bauteile der
Gebäudehülle unmittelbar vom Einfluss der
standortspezifischen Bedingungen geprägt. Polarzone
Die Vergegenwärtigung der prägenden Klima-
faktoren und -elemente bildet die Vorausset-
gemäßigte
zung, um energieeffiziente Entwurfskonzepte Zone
bei gleichzeitig optimalen Komfortbedingungen
entwickeln zu können.
Sub- nördl.
tropen Wendekreis
Klima
Der Begriff »Klima« bezeichnet den Zustand
der Atmosphäre an einem Ort, der sich durch Tropen
meteorologische Größen beschreiben lässt. In Äquator
der Abgrenzung zu Wetter und Witterung unter-
scheidet man folgende zeitliche Dimensionen:
> 2200 kWh/m2a
• Wetter: momentaner Zustand der Atmosphä- > 1950 kWh/m2a südl.
re; eine Stunde bis wenige Tage > 1700 kWh/m2a Wendekreis
• Witterung: Charakter des Wetters über einige > 1400 kWh/m2a
Tage bis zu einer Woche, im Extrem eine > 1100 kWh/m2a
< 1100 kWh/m2a
Jahreszeit
B 1.42
51
Grundlagen
Polarzone • geringe Sonneneinstrahlung, jahreszeitlich sehr niedrige Jahresdurchschnitts-Temperaturen (0 – 6 °C) • Schutz vor Kälte in den meisten Monaten des Jahres
(kalt) • geringe tägliche Temperaturunterschiede (Sommer: lange Helligkeit, Winter: anhaltende Dunkelheit) • Schutz vor Starkwind und Sturm vor allem in der kalten
• hohe jährliche Temperaturunterschiede bei kontinentaler Lage (Sibirien 45 – 60 K) Jahreszeit
• mittlere / niedrige jährliche Temperaturunterschiede bei meeresnaher Lage (Island, Norwegen 11–15 K) • bestmögliche Nutzung der Sonnenwärme während des
• geringe relative Luftfeuchte besonders in den Wintermonaten kurzen Sommers
• lange Frostperioden (5 – 9 Monate), zum Teil Dauerfrost in den tieferen Bodenschichten
• geringe Niederschlagsmengen (ca. 250 mm / a in der Arktisrandzone)
gemäßigte • sehr unterschiedliche Sonnenstrahlungsintensität (in Mitteleuropa hoher Anteil diffuser Strahlung bei • Schutz vor winterlicher Auskühlung
Zone häufiger Bewölkung, in den Übergangsgebieten zu den Tropen teilweise höhere direkte Strahlungs- • Schutz vor sommerlicher Hitze
(gemäßigt) mengen) • Schutz vor gelegentlichen, in manchen Gegenden häu-
• hohe jährliche Temperaturunterschiede (in Mitteleuropa durchschnittlich ca. 18 – 20 K) figen Niederschlägen
• mittlere bis geringe tägliche Temperaturunterschiede (in Mitteleuropa durchschnittlich ca. 6 – 8 K)
• mittlere bis hohe relative Luftfeuchte (in Mitteleuropa ca. 60 – 80 %)
• mittlere Niederschlagsmengen (in Mitteleuropa ca. 800 – 1000 mm pro Jahr, in den Übergangsgebieten
zu den Tropen ca. 300 – 400 mm pro Jahr)
Subtropen • intensive direkte Sonneneinstrahlung • Schutz vor den Belastungen hoher Wärmeaufnahme
(trocken-heiß) • niedrige relative Luftfeuchte (ca.10 – 50 %) durch direkte Sonnenstrahlung und hohe Luft-
• sehr geringe durchschnittliche Niederschlagsmengen (ca. 0 – 250 mm pro Jahr), jedoch seltene temperaturen
Regenfälle mit kurzzeitig hohen Niederschlagsmengen • Schutz von Bauteilen und Baustoffen vor direkter Son-
• hohe Lufttemperaturen am Tage (Maximaltemperaturen im Jahresdurchschnitt ca. 35 – 38 °C, neneinstrahlung sowie ihre Auswahl und Verwendung
Einzeltemperaturen in kontinentalen Wüstengebieten über 50 °C) unter Berücksichtigung der hohen, kurzzeitigen Tempe-
• mittlere, teilweise niedrige Lufttemperaturen während der Nacht (Minimaltemperaturen im Jahresdurch- raturdifferenzen
schnitt ca. 16 – 20 °C, Einzeltemperaturen bis zur Frostgrenze möglich)
• hohe tägliche Temperaturschwankungen (durchschnittlich 20 K)
• unterschiedliche, teilweise starke Luftbewegung, in Wüstengebieten als Sand- und Staubstürme
• geringe Bewölkungsdichte, meist klarer Himmel, zeitweise hoher Staubanteil der Luft
Tropen • bei wolkenlosem Himmel hohe, ansonsten meist durch Bewölkung gemäßigte, direkte Sonnenstrahlung • Entlastung vom ungünstigen Einfluss aus Wärme und
(feucht-warm) • hohe relative Luftfeuchte (60 – 100 %) Luftfeuchte (Schwüle) durch Nutzung von Luftbewe-
• hohe Niederschlagsmengen (1200 – 2000 mm / a, im Extremfall bis 5000 mm / a) gungen zur Unterstützung der Wärmeabgabe über
• geringere tägliche und jährliche Temperaturunterschiede (Tagesmittel: ca. 7 K, Jahresmittel: ca. 5 K) Hautverdunstung
• höchste Tages-Lufttemperaturen im Jahresdurchschnitt ca. 30 °C • Schutz von Gebäuden und Bauteilen vor direkter Son-
• niedrigste Nacht-Lufttemperaturen im Jahresdurchschnitt ca. 25 °C nenstrahlung und unerwünschter Wärmespeicherung
• hohe Bewölkungshäufigkeit, d. h. hoher Anteil an diffuser Strahlung durch Beschattung, Baukörperform und -orientierung
• niedriger Luftdruck • Schutz von Bauteilen vor Dauerdurchfeuchtung durch
• oft nur geringe Luftbewegung, bei Regenfällen jedoch z. T. Sturmböen gute kontrollierte Regenwasserableitung und gute Be-
• regionales Vorkommen tropischer Wirbelstürme (Zyklone, Taifune, Hurrikans) lüftung
B 1.43
• Klima: durchschnittlicher Zustand der Erd- sich aus ozeanisch bzw. kontinental wirksa- Die Klimafaktoren beeinflussen somit das täg-
atmosphäre über 30 bis 40 Jahre men Effekten zusammen. Nach dem Makro- liche Wetter, dessen Ausprägung sich durch
klima wird die Erde in verschiedene Klimazo- messbare Klimaelemente bestimmen lässt. Über
Oftmals wird die Bezeichnung Klima mit dem nen eingeteilt; ihre Besonderheiten bilden 30 bis 40 Jahre betrachtet, bilden die Durch-
»globalen Klima« gleichgesetzt. Da jedoch glo- den übergeordneten Rahmen für energie- schnittswerte dieser Messgrößen das Klima ab.
bale Klimatrends und Mittelwerte für lokale effizientes Planen und Bauen.
Standorte erheblich voneinander abweichen Klimazonen
können, unterteilt man die räumliche Dimension Klimafaktoren / Klimaelemente Infolge der Kugelform der Erde und der dar-
in drei Maßstäbe: Die klimabestimmenden Prozesse und Zustän- aus sich ergebenden unterschiedlichen Ein-
de eines Ortes bezeichnet man als Klimafakto- fallswinkel der Sonnenstrahlung sowie der
• Das Mikro- bzw. Kleinklima beschreibt die ren. Hierzu zählen die geografische Breite (z. B. geneigten Erdachse sind auf der Erde stark
meteorologischen Bedingungen bodennaher Sonneneinstrahlung), Lage zum Meer (z. B. unterschiedliche Temperaturen zu verzeichnen.
Luftschichten in etwa 2 m Höhe für spezifi- Niederschläge, geringere Temperaturschwan- Zudem bestimmt die Planetenrotation als
sche Standorte und ihre unmittelbare Umge- kungen in Meereshöhe), Höhenlage bzw. Lage zentraler Wirkungskomplex sowohl die Wetter-
bung. Verschiedene Einflussgrößen wie die zu Gebirgen (Temperaturabnahme mit zuneh- dynamik der Erdatmosphäre als auch die
Boden- bzw. Geländebeschaffenheit, die mender Höhe, Niederschläge in Abhängigkeit Klimazonen.
Lage am Hang, Tal oder in der Ebene, Vege- von Wind zu- und abgewandter Seite) sowie Die Vielzahl der vorhandenen Klimaklassifika-
tation, Beschattung sowie die Nachbarbe- Bodenbedeckung (z. B. niedrige Temperaturen tionen basiert entweder auf den globalen Wind-
bauung müssen berücksichtigt werden. Das in Waldgebieten, höhere in Städten). zirkulationssystemen oder leitet sich von den
Mikroklima wird durch landschaftsgestalten- Klimaelemente hingegen stellen meteorologi- Wirkungen auf die Erdoberfläche ab. Am ver-
de bzw. bauliche Maßnahmen beeinflusst; sche Größen dar, die messbare Eigenschaften breitetsten ist die »ökoklimatische Klassifika-
seine Auswirkungen auf das Innenraumklima des Klimasystems kennzeichnen. Folgende tion« aus dem Jahr 1923 [9]. Sie unterteilt die
und das menschliche Wohlbefinden sind von Elemente sind bei der Konzeption von Gebäu- Erde anhand bestimmter meteorologischer
zentraler Bedeutung. den von zentraler Bedeutung: Größen (z. B. Temperatur, Niederschläge) in
• Beim Mesoklima, auch Lokalklima genannt, vier unterschiedliche Klimazonen:
beträgt die räumliche Ausdehnung zwischen • Sonnenstrahlung (direkt und diffus)
einigen hundert Metern bis zu wenigen hun- • Lufttemperatur und ihre tages- bzw. jahres- • Polarzone (kalt)
dert Kilometern. Hierzu werden die unter- zeitliche Schwankung • gemäßigte Zone (gemäßigt)
schiedlichen Einzelklimata eines bestimmten • Luftdruck • Subtropen (trocken-heiß)
Ortes (z. B. Tal, Siedlung, Insel) zusammen- • Luftfeuchtigkeit • Tropen (feucht-warm)
gefasst. • Wind (Stärke und Richtung)
• Das Makro- bzw. Großklima verfügt über eine • Niederschlag (Menge und zeitliches Auftreten) Diese Zonen werden in weitere Klimatypen
Ausdehnung von mehr als 500 km und setzt • Verdunstung (z. B. Kalt- bzw. Warmtropen) oder Vegetations-
52
Grundlagen
Solarstrahlung
Für die passive und aktive Nutzung der Son-
nenenergie im Bauwesen stellt die Solarstrah-
lung eine wesentliche Einflussgröße dar. Die
Sonne setzt bei der Umwandlung von Wasser- B 1.44
stoff in Helium Strahlungsenergie frei, die an
ihrer Oberfläche eine Intensität von ca.
63 000 kW/m2 bei Temperaturen von etwa
6000 °C aufweist. Von der gesamten Strah- Kiel
lungsleistung der Sonne treffen am Rand der
Rostock
Erdatmosphäre pro Quadratmeter 1367 W / m2
(Solarkonstante) auf. Bei den Strahlungsantei- Hamburg
len, die nach Durchdringung der Atmosphäre
auf der Erdoberfläche ankommen, trifft man fol- Bremen
gende Unterscheidung:
Berlin
Hannover
• Direktstrahlung trifft gerichtet und ungehin-
dert auf die Erdoberfläche auf. Münster
• Diffusstrahlung erreicht nach Streuung in der
Essen
Atmosphäre (z. B. durch Wolken, Wasser-
Kassel Leipzig
und Staubteilchen) die Oberfläche.
Dresden
Köln
In der Summe werden diese beiden Strah-
lungsanteile als Globalstrahlung bezeichnet.
Aufgrund des unterschiedlichen Einstrahlungs-
winkels verändern sich Intensität sowie jahres-
zeitliche Schwankung des solaren Angebots Frankfurt
mit zunehmender Entfernung vom Äquator. Trier
Nürnberg
Während die Globalstrahlung im Äquatorbe-
reich etwa 2200 kWh / m2a beträgt, lassen sich
in Mitteleuropa solare Gewinne von durch-
schnittlich 1100 kWh / m2a erzielen (Abb. B < 950 kWh/m2a Stuttgart Passau
1.42). Vergleicht man das Strahlungsprofil in > 950 kWh/m2a
Nord- bzw. Südeuropa mit der Sahara, zeigen Freiburg Ulm München
> 1000 kWh/m2a
sich mit steigendem Breitengrad neben den 2
> 1050 kWh/m a
größeren saisonalen Unterschieden auch die
Unterschiede von diffusen und direkten Strah- > 1100 kWh/m2a
lungsanteilen (Abb. B 1.48). Beide Strahlungs- > 1150 kWh/m2a
B 1.45
53
Grundlagen
21. Juni
Sommersonnenwende
N
21. März /21. Sept.
Tag- und Nachtgleiche
NW NO Meridian
Juni 21. Dez.
Juli /Mai Wintersonnenwende
B 1.46 Sonnenstandsdiagramm für 51 ° nördliche West
August /April
Breite (jeweils am 21. des Monats) 18.00 6.00
B 1.47 jährlicher Sonnenverlauf auf der nördlichen Nord
Erdhalbkugel W O
September / 9.00
15.00
B 1.48 Mittelwerte von Diffus- und Direktstrahlung März
12.00
unterschiedlicher Regionen im Vergleich
Oktober / Februar
a Nordeuropa / London (GB), 51 ° nördliche
Breite November / Januar Süd Sonnenbahnen
Dezember
b Südeuropa / Almeria (E), 36 ° nördliche Breite
SW SO Azimut
c Afrika / Sahara, 20 ° nördliche Breite
B 1.49 systematische Darstellung von Behaglichkeits-
faktoren S
B 1.50 ausgewählte Klimadaten von Berlin (D) Ost
B 1.46 B 1.47
arten können prinzipiell energetisch genutzt chend der geografischen Lage spezifische derschlag neigen. Die Menge an Wasser-
werden, jedoch basieren solartechnische Klimadaten einzuholen (Abb. B 1.50, weitere dampf, den die Luft maximal aufnehmen kann,
Erträge hauptsächlich auf dem Anteil der Daten siehe Anhang, S. 260). Dazu zählen wird von der Temperatur beeinflusst. Durch die
Direktstrahlung. neben der Globalstrahlung vor allem Angaben Maßeinheit »absolute Luftfeuchtigkeit« lässt
Des Weiteren haben die Dauer des hellen Ta- zu Temperatur, Luftfeuchte und Wind. sich in g / m3 die tatsächlich in der Luft enthalte-
ges und die Sonnenstunden erhebliche Einflüs- ne Wasserdampfmenge abbilden. Sie ist für die
se auf die solaren Gewinne (Abb. B 1.44). In Temperatur Diffusion von Feuchtigkeit aus Räumen von
Europa liegt die jährliche durchschnittliche Son- Die Außenlufttemperatur ist neben dem solaren Bedeutung. Die relative Luftfeuchtigkeit wird in
nenscheindauer bei 1400 – 2500 Stunden. Die Strahlungsangebot zudem von der Höhe des Prozentanteilen angegeben und kennzeichnet
Abweichungen zwischen mediterranen Gebie- Ortes über dem Meeresspiegel abhängig. Alle das Verhältnis des aktuellen Wasserdampfge-
ten, Ländern mit Kontinentalklima oder Hochge- 200 Höhenmeter nimmt die Temperatur um ca. halts in der Atmosphäre zum maximal mögli-
birge betragen somit ca. 40 %. In Deutschland 1 °C ab. Die mittlere Lufttemperatur wirkt sich chen Wasserdampfgehalt.
schwankt die jährliche Sonnenscheindauer zwi- deutlich auf die Transmissions- bzw. Lüftungs-
schen 1400 und 1800 Stunden, mit einem annä- wärmeverluste im Winter sowie die mögliche Wind
hernd gleichgroßen Anteil von direkter und dif- Überhitzung im Sommer aus. Die Häufigkeit Gerichtete Luftbewegungen in der Atmosphäre
fuser Strahlung. Die Globalstrahlung liegt etwa von extremen Temperaturen ist im Zusammen- entstehen durch unterschiedlichen Luftdruck
zwischen 900 kWh / m2a und 1150 kWh / m2a, hang mit Effizienz bzw. Auslegung von passi- von Luftmassen. Luftteilchen aus Gebieten mit
wobei rund drei Viertel der Einstrahlung im ven Maßnahmen sowie der Dimensionierung hohen Luftdruckverhältnissen (Hochdruckge-
Sommerhalbjahr auftrifft (Abb. B 1.45). der Anlagentechnik zu betrachten. Soll bei- biet) fließen solange in das Gebiet mit niedrige-
Die Nutzung der Sonnenenergie durch passive spielsweise eine Nachtauskühlung ausgenutzt rem Luftdruck (Tiefdruckgebiet), bis ausge-
Maßnahmen oder aktive Systeme erfordert werden, müssen geringe nächtliche Außenluft- glichene Druckverhältnisse bestehen. Neben
neben Angaben zu Intensität und Sonnen- temperaturen herrschen. In Deutschland den statisch relevanten Windlasten sind für die
scheindauer auch Informationen hinsichtlich beträgt die mittlere Jahrestemperatur etwa Entwicklung von natürlichen Belüftungskonzep-
des Einfallwinkels sowie des Sonnenverlaufs 8,4 °C, im Sommer 16,5 °C und im Winter 0,9 °C. ten vor allem die vorherrschende Windrichtung
(Abb. B 1.47). Die natürlichen Lichtverhältnis- Die Schwankungen zwischen Tag und Nacht sowie die Druck- und Sogverhältnisse von Inte-
se, Besonnungsdauer und Verschattung, kann liegen bei 5 bis 10 K. resse. Bei geschickter Anordnung von Zu- und
man bezogen auf einen geografischen Stand- Abluftöffnungen lässt sich in Abhängigkeit von
ort, mithilfe eines Sonnenstanddiagramms Luftfeuchte der Gebäudetiefe und -höhe Wind zur Durch-
bestimmen (Abb. B 1.46). Die Luftfeuchte stellt das Maß zur Bestimmung lüftung von Gebäuden einsetzen. In Deutsch-
der Wasserdampfmenge in der Atmosphäre land betragen die mittleren Windgeschwindig-
Klimadaten dar. Sie wirkt sich gleichermaßen auf Gesund- keiten im Norden bei vorherrschender Wind-
Um das lokal verfügbare, natürliche Energie- heit und Wohlbefinden des Menschen aus wie richtung West bis Südwest ca. 5 m / s und im
aufkommen optimal zu nutzen, sind entspre- auf Aussagen, ob Regionen zu Nebel bzw. Nie- Süden etwa 2 m / s.
Mittelwerte horizontaler Einstrahlung [kWh/ m2d]
Mittelwerte horizontaler Einstrahlung [kWh /m2d]
6 6 6
4 4 4
2 2 2
0 0 0
J F M A M J J A S O N D J F M A M J J A S O N D J F M A M J J A S O N D
a b c B 1.48
54
Grundlagen
Behaglichkeit
Gesundheitszustand,
mittl. Raumumschlie-
Farben, Farbkompo-
Nahrungsaufnahme
Raumlufttemperatur
ethnische Einflüsse
sition, -wiedergabe
Raumluftelektrizität
Beleuchtung, Kon-
Blendung, Leucht-
Kohlendioxid und
ßungstemperatur
trast, Lichtwinkel
Raumluftfeuchte
dichteverteilung
Jahresrhythmus
Geräuschpegel
Raumbelegung
Akklimatisation
Nachhallzeiten
Luftbewegung
psychosoziale
Geruchs- und
Adaption und
Außenbezug,
andere Gase
Frequenzen
Konstitution
Tages- und
Geschlecht
Verfassung
körperliche
Ekelstoffe
Luftdruck
Kleidung
Faktoren
Ausblick
Tätigkeit
Staub
Alter
B 1.49
Behaglichkeit tile, thermische, akustische und der olfaktorische der thermischen Behaglichkeit zu: Sie beein-
Das Wohlbefinden des Menschen basiert als Sinn für die Wahrnehmung der Architektur wich- flusst wesentlich den menschlichen Wärme-
subjektives Empfinden auf der Wahrnehmung tige Funktionen, auch als Mittel zur Konkreti- haushalt und wirkt sich zudem unmittelbar auf
einer Vielzahl von äußeren Einflüssen. Neben sierung des primär visuell wahrgenommenen den Energieverbrauch von Gebäuden aus.
normierten, physikalisch messbaren Umge- Umfelds. Übereinstimmung, Harmonie und
bungsbedingungen (z. B. Raumlufttemperatur, Überlagerung zwischen dem visuellen Eindruck Der Wärmehaushalt des Menschen
Beleuchtungsstärke, Geräuschpegel) bestim- und anderen Wahrnehmungsebenen verdich- Ein möglichst ausgeglichener Wärmehaushalt
men auch individuelle, physiologische Kriterien ten sich so zu einem Gesamtbild. mit nahezu gleicher Körperkerntemperatur um
(z. B. Alter, Geschlecht, Konstitution) sowie Der Mensch speichert aufgenommene Informa- 37 °C bildet die Grundvoraussetzung für Wohl-
intermediäre Bedingungen (z. B. Kleidung, tion, indem er Wahrnehmungen mit dem jewei- befinden und Leistungsfähigkeit. Sinkt die
Tätigkeitsgrad) das Wohlbefinden (Abb. B ligen Erlebnis verknüpft. Mit jeder sensuellen Umgebungstemperatur ab, lässt der Körper
1.49). Behaglichkeit stellt somit keine exakt Verknüpfung erhöht sich die Möglichkeit, eine zuerst die Extremitäten abkühlen, um die Funk-
messbare Größe dar, sondern kennzeichnet Erinnerung »wiederzufinden«. Die Verknüp- tion des Gehirns, des Herzens und anderer
individuelle Erfahrungswerte, bei denen der fungsstrategien lassen sich an einem einfachen lebenswichtiger Organe zu schützen (Abb. B
Mensch die Umgebungsverhältnisse als kom- Beispiel z. B. einer finnischen Sauna verdeut- 1.51). Zur Aufrechterhaltung seiner Körper- und
fortabel empfindet. lichen. Denkt man zunächst an eine einfache Stoffwechselfunktionen erzeugt der mensch-
Fichtenholzkonstruktion (visuell), tritt auch das liche Organismus Wärme, die durch Umwand-
Wahrnehmungsebenen Feuchteempfinden sowie die Wärme der Sitz- lung von chemischer Energie aus Nährstoffen
Der Mensch nutzt den visuellen Sinn als Leit- bänke (thermisch) oder der Geruch des harzi- entsteht. Um konstante Temperaturen zu
sinn. 80 – 90 % der Informationsreize eines gen Holzes (olfaktorisch) hinzu. Die Anregung gewährleisten, ist eine laufende Abgabe der
Menschen basieren auf dem Sehsinn. Aller- vieler Sinne schafft eine höhere Chance auf inneren Wärmeproduktion an die Umgebung
dings kann das menschliche Gehirn diese über bleibende Erinnerungen an spezifische Orte erforderlich. Der Körper bedient sich dabei
den Sehsinn einströmende Informationsmenge oder Bauten. folgender Mechanismen (Abb. B 1.52):
nicht komplett verarbeiten. Daher wird sie redu-
ziert, durch eigene Erfahrungen ergänzt und zu Raumklima • Verdunstung von Wasser über Atmung und
einem Gesamtbild zusammengefügt. Über die Aus den prägenden Wahrnehmungsebenen Haut (Transpiration)
so genannte Perzeption erzeugt jeder Mensch des Menschen leiten sich auch die für das • Konvektion von der Körperoberfläche an die
ein Abbild der Welt. Nutzer entwickeln ein Ver- Raumklima maßgeblichen Faktoren ab. Um Raumluft
ständnis für ihr räumliches Umfeld, fügen die- Wohn- und Arbeitsbedingungen möglichst • Wärmeleitung des Körpers an unmittelbar
ses ihrem Erfahrungsschatz hinzu und transfe- komfortabel zu gestalten, muss gleichermaßen verbundene Gegenstände (Fußboden, Stuhl
rieren gleichzeitig die jeweils spezifischen Kon- ein thermisch, akustisch, visuell und olfakto- etc.)
texte auf ihre aktuelle Empfindung. risch angenehmes Raumklima gewährleistet • Wärmestrahlung an raumumschließende
Neben dem visuellen Leitsinn erfüllen der tak- sein. Eine vorrangige Bedeutung kommt hierbei Oberflächen und umgebende Gegenstände
Berlin Min. Monat Max. Monat Jahresmittel
Temperatur [°C]
Niederschlag [mm]
30 125
Lufttemperatur [C°] - 0,6 Jan 18,5 Jul 8,9
mittlere tägliche Höchsttemperatur [C°] 1,7 Jan 23,8 Aug 13,1
20 100 mittlere tägliche Tiefsttemperatur [C°] - 3,5 Jan 13,3 Jul 4,7
absolute Höchsttemperatur [C°] 13,0 Jan 37,8 Jul 37,8
absolute Tiefsttemperatur [C°] -26,0 Feb 5,7 Jul - 26,0
10 75 mittlere relative Luftfeuchtigkeit [%] 66,0 Mai 88,0 Dez 78,0
mittlerer Niederschlag [mm] 31,0 Mär 70,0 Jul 581,0
max. Niederschlag [mm] 85,0 Feb 230,0 Jul 803,0
min. Niederschlag [mm] 1,0 Apr, Sep – Nov 16,0 Jan 381,0
0 50 max. täglicher Niederschlag [mm] 20,0 Dez 125,0 Aug 125,0
Niederschlagstage [d] 12,0 Mär, Sep 17,0 Jan 166,0
Verdunstung [mm] 0 Jan – Feb 125,0 Jul 615,0
-10 25 mittlere Sonnenscheindauer [h] 36,0 Dez 244,0 Jul 1818,0
Strahlung [Wh/ m2d] 607,0 Jan 5436,0 Jun 2805,0
mittlere Windgeschwindigkeit [m / s] 2,8 Aug – Sep 3,8 Mär 3,2
-20 0 1
J F M A M J J A S O N D Jahresseinstrahlungssumme horizontal 1010 kWh / m2a
B 1.50
55
Grundlagen
140
120
100
Konvektion Verdunstung tW = +14 °C tW = +19 °C
80 Raumum-
Wärmeleitung schließungs-
60 temperatur
40
20
Wärmestrahlung
0
Temperatur des
28 °C 31 °C 32 °C 34 °C 36 °C 37 °C 12 16 20 24 28 32 36
Körpers Raumlufttemperatur tL = 21 °C
Raumlufttemperatur [°C]
B 1.51 B 1.52 B 1.53
Bei geringen Temperaturen erfolgt die Ent- gung (Abb. B 1.54). Mit steigenden körperli- Thermischer Komfort
wärmung hauptsächlich über Konvektion, chen Aktivitäten nimmt die erzeugte Wärme- Setzt man physiologische Rahmenbedingun-
Wärmestrahlung und -leitung. In einer zu kal- menge zu. Bei der Verrichtung von leichter gen sowie weitere physikalische Einflüsse (z. B.
ten Umgebung wird zunächst die Durchblu- Bürotätigkeit erzeugt ein Mensch mit durch- Raumluftgeschwindigkeit und -luftfeuchte, mitt-
tung der Körperoberfläche eingeschränkt und schnittlicher Konstitution und Größe bei einer lere Raumumschließungstemperatur) als opti-
durch Bewegung (beginnend mit Zittern) Raumlufttemperatur von 20 °C eine Wärmeleis- mal sowie eine normale körperliche Konstitu-
Wärme erzeugt. Mit steigenden Temperaturen tung von 125 bis 170 W. Bei schwerer körper- tion voraus, so konnten Untersuchungen zur
nimmt indessen der Verdunstungsanteil bei licher Arbeit kann die Wärmeleistung auf 360 Unfallhäufigkeit und Leistungsfähigkeit bei sit-
der Wärmeabgabe deutlich zu. Wird die bis 490 W ansteigen. Somit liegt je nach Tätig- zender Bürotätigkeit nachweisen, dass der
Umgebungstemperatur als zu warm empfun- keitsgrad die Grenze des Schwüleempfindens Bereich der thermischen Behaglichkeit engen
den, erhöht sich zunächst die Durchblutung, zwischen 19,5 und 28 °C, die Grenze des Grenzen unterliegt (Abb. B 1.55). Bei zu hohen
um dann durch vermehrte Verdunstung (Trans- Kühleempfindens zwischen 14,5 und 18 °C oder niedrigen Raumlufttemperaturen steigt
piration) die Hautoberfläche zu kühlen. Die sowie das Feld der thermischen Behaglichkeit das Unfallrisiko bzw. nehmen Geschicklichkeit
Thermoregulation des menschlichen Körpers bei 17 bis 24 °C. In den vergangenen Jahren hat der Hände, Arbeitsleistung und geistige Fähig-
verfügt über derart feine Mechanismen, dass sich insbesondere bei Planungen für Produk- keiten rapide ab. Die DIN 1946-2 definiert ther-
sich bei Zu- oder Abnahme der Temperatur tions- und Büroräume die Erkenntnis durchge- mische Behaglichkeit für den Menschen als
um 1,5 K der Stoffwechsel um ca. 20 % verän- setzt, dass optimale raumklimatische Komfort- gegeben, wenn er mit Temperatur, Feuchte
dert. bedingungen für die Leistungsfähigkeit und und Luftbewegung in seiner Umgebung zufrie-
Die Wärmeproduktion des Körpers steht zudem Zufriedenheit der Mitarbeiter sich auch ökono- den ist und weder wärmere noch kältere, weder
in engem Zusammenhang mit der Art der Betäti- misch niederschlagen. trockenere noch feuchtere Raumluft wünscht.
ausgeatmetes Kohlen- [l / h] 7 – 10 10 – 13 9 – 12 12 – 16 15 – 20 19 – 26 25 – 34 32 – 43 46 – 56 55 – 75
dioxid pro Stunde
(Konzentration in der
Luft 0,03 – 0,05 Vol. %)
erforderliche Frischluftraten, [m3 / h] 12 – 17 17 – 21 15 – 20 20 – 26 25 – 33 32 – 42 42 – 57 55 – 72 70 – 93 90 – 130
wenn CO2 maximal 0,10 Vol. %
Schwülegrenze in Bezug [°C] 28 28 26 26 24 24 21,5 21,5 19,5 19,5
auf die Raumlufttemperatur
Gleichgewicht = Behaglichkeit [°C] 24 24 22 22 20,5 20,5 19 19 17 17
Grenze des Kühleempfindens [°C] 18 18 17 17 16 16 15,5 15,5 14,5 14,5
B 1.54
56
Grundlagen
Abweichung [%]
140
Ein thermisch komfortables Umfeld resultiert bei Räumen mit hohem Erwartungsniveau (Ka-
er
Männ
Mä
somit hauptsächlich aus physikalischen Ein- tegorie A, unzufriedene Nutzer unter 6 %), sehr
nne
flussgrößen wie Raumlufttemperatur und mitt- enge Grenzen bestehen, sind bei Räumen mit
r, F
lere Raumumschließungstemperatur (nicht zu geringeren Anforderungen (Kategorie C, unzu- 120
rau
en
kalt oder zu warm), Raumluftfeuchte (nicht zu friedene Nutzer unter 15 %) stärkere Tempera- en
trocken oder zu schwül) und Luftbewegung turschwankungen zugelassen. Frau
ge
chk eit d
ist
gen basiert, lassen sich dennoch einige Richt- Die Behaglichkeit in Gebäuden wird überwie- ickli
. F Ar
ch
Ges
äh be
werte für ein behagliches Umfeld benennen: gend von der Raumlufttemperatur sowie der 80
ig
ke tsle
eit
ite ist
Raumlufttemperatur von 20 bis 22 °C (im Som- mittleren Raumumschließungstemperatur gk
n
i
rti
mer bis 26 °C), Raumluftfeuchte von 35 bis bestimmt. Im Mittel entsprechen diese Werte in er
fe
un
g
60 % sowie Luftbewegung bis 0,15 m / s. etwa der Empfindungstemperatur, die zwi- Fin
g
60
Doch auch bei optimalen Bedingungen ist auf- schen 19 und 20 °C betragen sollte. Innerhalb 10 15 20 25 30
grund der vielfältigen Parameter und individuel- gewisser Grenzen können sich Oberflächen- Temperatur [°C]
len Einflussgrößen (z. B. Art der Bekleidung, und Lufttemperaturen gegenseitig ausgleichen. B 1.55
57
Grundlagen
Wandtemperatur tw [°C]
Deckentemperatur tD [°C]
30 30 40
unbehaglich warm unbehaglich warm
28 28 38
Behaglichkeitsfeld
26 26 36 noch behaglich
23
°C
24 24 34
te =21°C behaglich
22 22 32
20 20 30
19 behaglich
18 °C 18 28
2 K noch behaglich
16 /m 16 26
W ta =- 10°C
,2
=0
14 U 0,5 14 24
unbehaglich kalt
12 1,0 12 22 unbehaglich
1,5
10 10 20 kalt
12 14 16 18 20 22 24 26 28 12 14 16 18 20 22 24 26 28 12 14 16 18 20 22 24 26 28
Raumlufttemperatur tL [°C] Raumlufttemperatur tL [°C] Raumlufttemperatur tL [°C]
B 1.59 B 1.60 B 1.61
aus. In DIN EN ISO 7730 sind Richtwerte für Dazu zählen: [lm] angegeben und beschreibt die gesamte
Luftgeschwindigkeiten im Zusammenhang • öffenbare Fenster ausgestrahlte Lichtleistung einer Lichtquelle.
mit dem Turbulenzgrad der Strömung ange- • individuell beeinflussbarer Sonnen- bzw. Die Beleuchtungsstärke hingegen – in der Ein-
geben, da Luftströmungen mit wechselnden Blendschutz heit Lux [lx] definiert – kennzeichnet den Licht-
Anströmungsrichtungen und Geschwindig- • Ventilatoren (lokaler Einsatz im Sommer) strom, der auf eine bestimmte Fläche trifft. Die
keiten das Zugempfinden verstärken. Bei • Thermostatventile Richtlinien der empfohlenen Beleuchtungsstär-
Raumlufttemperaturen von 20 °C werden • Raumluftregelung ken leiten sich jeweils aus den schwierigsten
schon Luftgeschwindigkeiten über 0,15 m / s zu erwartenden Sehaufgaben ab.
als unbehaglich empfunden (Abb. B 1.63). Im Vergleich von mechanisch und natürlich
Wenn die Raumlufttemperaturen über 23 °C belüfteten Räumen weisen die o. g. Untersu- Blendung
liegen, trägt jedoch eine erhöhte Luftgeschwin- chungen nach, dass Menschen bei freier Lüf- Neben einer angemessenen Beleuchtungsstär-
digkeit dazu bei, dass durch die Abgabe von tung eine größere Bandbreite von Temperatu- ke sollten auch die Kontrastverhältnisse ange-
Körperwärme ein behagliches Umfeld herge- ren akzeptieren und somit gegenüber den nehm gestaltet werden. Die Leuchtdichte
stellt wird. Bereits während der Planung und gesetzlichen Regelungen erweiterte Behaglich- [cd / m2] definiert den von einer angestrahlten
insbesondere auch bei der Bauüberwachung keitsgrenzen möglich sind. Fläche ausgehenden Lichtstrom. Absolute
lassen sich spätere Zuglufterscheinungen Blendung des Menschen entsteht als Ergebnis
durch eine wind- und luftdichte Detailausbil- Visueller Komfort zu hoher Lichtintensität (>104 cd / m2), wohinge-
dung vermeiden. Visuelle Raumwahrnehmung erzeugt über die gen relative Blendung durch zu hohen Kontrast
Unverwechselbarkeit der Gestaltung die Bil- hervorgerufen wird. Idealerweise überschreiten
Alle Faktoren, die das thermische Wohlbefin- dung einer Identität. Sind die für den Benutzer die Leuchtdichteverhältnisse für eine konkrete
den beeinflussen, wirken sich auch unmittel- notwendigen Informationen übersichtlich ver- Sehaufgabe, die unmittelbare Umgebung und
bar auf den Energieverbrauch von Gebäuden fügbar, erhöhen sich Wohlbefinden, Orientie- das fernere Umfeld nicht ein Verhältnis von
aus. Niedrige Strömungsgeschwindigkeiten rungsfähigkeit, Sicherheitsgefühl und Produk- 10 : 3 : 1. Helle Wand- und Deckenoberflächen
bei Lüftungsanlagen sparen Energie und tivität. erhöhen die Abstrahlung vom Umfeld und kön-
erhöhen das Wohlbefinden. Höhere Innen- Doch auch physikalische Rahmenbedin- nen durch eine gleichmäßigere Leuchtdichte-
Oberflächentemperaturen durch entsprechen- gungen des Sehens tragen maßgeblich zum verteilung die Gefahr relativer Blendung redu-
de Wärmeschutzmaßnahmen steigern das Wohlbefinden bei. Das menschliche Auge zieren (Abb. B 1.67).
Wohlbefinden und vermindern Transmissions- nimmt die elektromagnetische Strahlung des
wärmeverluste (Abb. B 1.53). Bei niedrigen Sonnenlichts in einem Wellenlängenbereich Lichtwinkel und Kontrast
U-Werten der Außenbauteile können die von ca. 380 nm (violettes Licht) bis etwa Je nach Auftreffen bzw. Reflexion des Lichts
Raumlufttemperaturen ohne Komforteinbußen 780 nm (rotes Licht) wahr. Vor allem der visu- beeinflussen Lichtfarbe, Farbwiedergabe,
abgesenkt werden; je 1 K Temperaturabsen- elle Cortex im Gehirn verarbeitet die vom Lichtrichtung und Farbigkeit von Oberflächen
kung reduziert sich der Heizwärmebedarf um Auge stammenden Erregungsmuster nach- die Raumwahrnehmung. Bei flach einfallendem
ca. 6 %. folgend zur Empfindung von Licht und Farbe. Licht lassen sich helle Materialien besonders
Aus aktuellen Untersuchungen geht hervor, Optimaler Sehkomfort für Arbeitsbereiche gut plastisch erfahren, während dunkle Ober-
dass auch die Art der Belüftung das Wohlbefin- besteht, wenn die Leuchtdichteverhältnisse flächen aufgrund des geringen Kontrasts eher
den erheblich mitbestimmt [15]. In Gebäuden der Arbeitsplatzumgebung (Umfeldleuchten- zweidimensional wirken. Durch ihren höheren
mit natürlicher Lüftung empfinden durchschnitt- dichte) auf die jeweilige Sehaufgabe (Infeld- Reflexionsgrad verbessern helle Oberflächen
lich 20 % der Nutzer das Raumklima als unbe- leuchtendichte) abgestimmt sind. Dies lässt die Lichtwirkung und optimieren gleichermaßen
haglich, in teilklimatisierten Gebäuden 34 % sich prinzipiell durch Tageslicht, künstliche den Tageslichteinfall sowie die Kunstlichtver-
und in vollklimatisierten Gebäuden sind sogar Beleuchtung oder eine Kombination beider sorgung.
54 % der Nutzer unzufrieden. Darüber hinaus Lichtquellen erreichen. Allerdings erzeugt
steigt bei Personen, die das Raumklima als natürliches Tageslicht komfortablere Bedin- Farbigkeit und -komposition
gesundheitsschädlich einschätzen, die Wahr- gungen, da es alle Spektralfarben umfasst. Die Farbigkeit von Raumoberflächen unterstützt
scheinlichkeit, am »Sick-Building-Syndrom« zu Visuelle Behaglichkeit steht im Zusammen- assoziative Bezüge. Warme Farben wirken
erkranken, um das 2,6-fache an. hang mit verschiedenen energierelevanten anregend und lassen eine Fassade, einen
Die Möglichkeit, das Raumklima zu beeinflus- Einflussgrößen. Raum oder ein Objekt kleiner erscheinen. Im
sen und auf die individuellen Bedürfnisse anzu- Gegensatz hierzu erzeugen kalte Farben
passen, stellt eine weitere bedeutende Ein- Beleuchtungsstärke Abstand und vergrößern den Raumeindruck.
flussgröße für die Zufriedenheit der Nutzer dar. Der Lichtstrom wird in der Maßeinheit Lumen Doch nehmen wir Farben nicht nur optisch
58
Grundlagen
50
70
unbehaglich
60 30 80
behaglich
50
40 20 70
Sporenkeimung
30
noch behaglich behaglich
unbehaglich
20 10 60
trocken
unbehaglich
10
0 0 50
12 14 16 18 20 22 24 26 28 12 14 16 18 20 22 24 26 28 10 20 30 40 50
Raumlufttemperatur tL [°C] Raumlufttemperatur tL [°C] Raumlufttemperatur [°C]
B 1.62 B 1.63 B 1.64
wahr, auch das subjektive Kälte- und Wärme- Schall B 1.59 Behaglichkeit in Abhängigkeit von Raumlufttem-
empfinden kann durch Farbgebung spürbar Schall breitet sich durch kleinste Druck- und peratur, mittlerer Raumumschließungstemperatur
und U-Wert der Gebäudehülle
beeinflusst werden. So wurde in Versuchen Dichteschwankungen in einem elastischen B 1.60 Behaglichkeit in Abhängigkeit von Raumluft- und
festgestellt, dass Räume, die mit einem kalten Medium (z. B. Luft, Festkörper) aus. Man Fußbodentemperatur
Farbton wie z. B. Blaugrün gestrichen waren, unterscheidet zwischen Infraschall (< 20 Hz), B 1.61 Behaglichkeit in Abhängigkeit von Raumluft- und
das Wärmeempfinden der Testpersonen um Hörschall (20 – 20 000 Hz), Ultraschall Deckentemperatur
B 1.62 Behaglichkeit in Abhängigkeit von Raumlufttem-
ca. 3 °C herabsetzten. Ein orangefarbener (20 Hz – 1 GHz) und Hyperschall (> 1 GHz),
peratur und relativer Luftfeuchte
Raum hingegen erhöhte die subjektiv empfun- wobei der Mensch das Spektrum von 1000 B 1.63 Behaglichkeit in Abhängigkeit von Raumlufttem-
dene Temperatur. Dies ist durch die physiolo- bis 5000 Hz innerhalb des Hörschall-Frequenz- peratur und Luftgeschwindigkeit in Körpernähe
gischen Auswirkungen des Farbtons auf den bereichs am besten wahrnehmen kann. Schall B 1.64 Wachstumsbereich von Schimmelpilzen
Organismus zu erklären, die eine leichte Erhö- überträgt sich, ähnlich wie Licht, in Form von B 1.65 zulässige Temperaturbereiche nach DIN 1946-2
für die Auslegung raumlufttechnischer Anlagen
hung der Pulsfrequenz und des Blutdrucks her- Absorption, Reflexion undDissipation (Um- B 1.66 empfohlenen Nachhallzeiten nach Raumfunktio-
beiführen. wandlung in Wärme). Zudem unterscheidet nen
Eine uniforme und monotone Farbgestaltung man zwischen Lärm und Geräusch. Lärm be- B 1.67 empfohlene Reflexionsgrade für Oberflächen
auf Grundlage vereinfachter, physiologischer zeichnet störend empfundenen Schall (z. B. nach EN 12464-1
Farbwirkung sollte jedoch vermieden werden. Straßenlärm), Geräusche hingegen können
Erst eine Komposition aus miteinander harmo- Assoziationen wecken und somit die akus-
nierenden Farbtönen leitet hin zu einem als tische Behaglichkeit positiv beeinflussen.
angenehm empfundenen Gesamteindruck.
Schallleistung/bewerteter Schalldruckpegel
Farbwiedergabe Der Schalldruckpegel [Lp] stellt ein logarithmi-
Die visuelle Wahrnehmung des Menschen ist sches Maß zur Beschreibung von Schallereig-
operative Raumtemperatur [°C]
28
auf natürliches Sonnenlicht geeicht. Das sich nissen dar und wird in Dezibel [dB] angege-
über den Tagesablauf verändernde Spektrum ben. Der messbare Schalldruckpegelbereich 26
des Lichts steuert u. a. den Tagesrhythmus reicht ca. von 0 bis 160 dB. Ein Schalldruckpe- kurzzeitig
sowie die Organfunktionen. Eine Verzerrung gel-Unterschied von 3 dB ist bei mittleren bzw. empfohlen
24
dieses Spektrums kann sich negativ auf Wahr- hohen Pegeln und Frequenzen deutlich wahr-
nehmung und Wohlbefinden auswirken. Daher nehmbar. Unterschiede von 10 dB bedeuten
sollte die vorherrschende Lichtfarbe bei norma- dann in der Wahrnehmung etwa eine Verdop- 22
bei Quelllüftung
len Tätigkeiten natürlich oder naturähnlich sein. pelung der Lautstärke. Um das menschliche
Das Frequenzmuster des Lichts sollte durch Lautheitsempfinden näherungsweise nachzu- 20
20 22 24 26 28 30 32
die Verglasung entsprechend möglichst wenig bilden, wird im Gegensatz zum unbewerteten
Außenlufttemperatur [°C]
verändert werden (siehe Material, S. 155, Pegel [dB] beim »bewerteten Schalldruckpe-
Abb. 5.25). gel« [dB(A)] der Sinneseindruck des Frequenz- B 1.65
gangs in Abhängigkeit zum Schalldruckpegel
Akustischer Komfort berücksichtigt. Je nach Nutzung werden spezi- Raumfunktion Nachhallzeit [ms]
Die auditive Wahrnehmung basiert auf Schwin- fische maximal dB(A)-Werte für Störgeräusche Büroraum 35
gungsübertragungen der Umgebungsluft (Luft- empfohlen. In Tonstudios oder Opernhäuser
Klassenzimmer 40 – 60
schall) oder von Festkörpern (Körperschall). liegen diese beispielsweise bei etwa 25 dB(A)
Lärmbelastungen können bereits bei niedrigen und für Büroräume bei ca. 35 dB(A). Oper 130 – 160
Schalldruckpegeln auftreten, Schlaf und Erho- Orgelmusik 250 – 300
lung beeinträchtigen sowie die Produktivität Nachhallzeiten B 1.66
mindern. Der akustische Komfort von Räumen Durch die Nachhallzeit werden die akustischen
bestimmt sich aus einer Vielzahl von Parame- Eigenschaften von Räumen beschrieben.
Bauteil Reflexionsgrad
tern: z. B. Schallpegel der Außenlautstärke, Eine möglichst kurze Nachhallzeit (bis 50 ms)
Schalldämmmaß der Gebäudehülle, Geräusch- sorgt dabei für eine Erhöhung der Sprachver- Decke 60 – 90 %
entwicklung der Gebäudetechnik, Form bzw. ständlichkeit. Bei Musik fördert eine mittlere Wand 30 – 80 %
Größe des Raumes sowie der Oberflächen- Nachhallzeit (ca. 80 ms) die Deutlichkeit, Arbeitsfläche 20 – 60 %
beschaffenheit von Umschließungsflächen und wohingegen Klangfülle durch lange Nachhall-
Boden 10 – 50 %
des Mobiliars. zeiten begünstigt wird (Abb. B 1.66).
B 1.67
59
Grundlagen
Temperaturkomfort herstellen Außentemperatur (-20 bis +40 °C) Heizen und Kühlen
Wärme
Helligkeitskomfort herstellen Helligkeit (0 – 100 000 Lux) Beleuchten
Luftqualität sichern Luftverbrauch (15 – 130 m3 / h Pers) Be- und Entlüften Kälte
60
Grundlagen
B 1.69
Hinsichtlich des Wärmehaushalts ist im Heiz- wird überwiegend durch die Bedürfnisse des Anmerkungen:
fall dafür zu sorgen, dass Wärme nicht verlo- Nutzers und die entsprechende Ausstattung an [1] Stand 2000
[2] Meadows, Donella; Meadows, Dennis; Zahn, Erich;
ren geht und somit möglichst lange erhalten elektrischen Geräten bestimmt. Im Planungs- Milling, Peter: Die Grenzen des Wachstums. Bericht
bleibt. Da trotz aller Bemühungen in vielen prozess kann jedoch deutlich Einfluss auf die des Club of Rome zur Lage der Menschheit. Stutt-
Fällen eine Wärmezufuhr erforderlich ist, anzustrebende Energieeffizienz ausgeübt wer- gart 1972
muss eine effiziente Erzeugung, Speicherung, den. Darüber hinaus besteht ein großes Poten- [3] Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC):
Fourth Assessment Report. Summary for Policy-
Verteilung und Übergabe von Wärme sicher- zial in der dezentralen Stromerzeugung durch
makers (AR4). 2007
gestellt werden. In allen diesen Bereichen, Kraft-Wärme-Kopplung und einer solaren Akti- [4] Schellnhuber, Joachim zitiert nach Lebert, Stephan:
insbesondere jedoch bei der Erzeugung, vierung der Gebäudehülle. Ein Mann läuft Sturm. In: Die Zeit 37/2005
besteht das Potenzial, durch Nutzung erneuer- [5] Stern, Nicolas: The Economics of Climate Change.
barer Energie ein CO2- minimiertes oder gar Technologieniveau Ein Bericht im Auftrag des britischen Schatzkanzlers.
2006
CO2-neutrales Gesamtkonzept zu realisieren. Die Frage, in welchem Umfang Energiedienst- [6] Nitsch, Joachim: Leitstudie 2007. Aktualisierung und
Zahlreiche Technologien zur Nutzung von leistungen durch technische Systeme bereitge- Neubewertung der Ausbaustrategie Erneuerbare
Biomasse, solarthermische Systeme und Wär- stellt werden müssen, hängt von der Nutzungs- Energien bis zu den Jahren 2020 und 2030 mit Aus-
mepumpen bieten eine Vielzahl von Möglich- art und dem Anforderungsniveau ab, ganz ent- blick bis 2050. Untersuchung im Auftrag des Bun-
desministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reak-
keiten. scheidend aber auch von der Gebäudeform,
torsicherheit. 2007
Im Bereich der Kälte besteht entsprechend der Gebäudehülle sowie der Materialwahl. [7] Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und
zunächst das Ziel, durch geplante bauliche Hierbei lassen sich zwei unterschiedliche Stra- Reaktorsicherheit: Umweltpolitik. Erneuerbare Ener-
und baukonstruktive Maßnahmen eine Überhit- tegien verfolgen. gien in Zahlen – nationale und internationale Ent-
zung der Nutzräume zu vermeiden. Ist den- Eine orientiert sich an den jeweiligen technolo- wicklung. 2007
[8] Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und
noch eine Kühlung erforderlich, gelten hier gischen Mittel, um eine optimale Funktionswei- Reaktorsicherheit: Erneuerbare Energien – Innovatio-
Anforderungen und Möglichkeiten analog zur se zu gewährleisten, wobei auch zahlreiche nen für die Zukunft. 2004, S. 15
Wärmeversorgung. Bei der Gebäudekühlung Energiesysteme, Klappen, Ventile, Sensoren [9] Lauer, Wilhelm: Klimatologie. Braunschweig 1995
bieten vor allem Systeme zur Nutzung des Käl- etc. ein adaptives Verhalten ermöglichen. [10] Schütze, Thorsten; Willkomm, Wolfgang: Klimage-
rechtes Bauen in Europa. Planungsinstrumente für
tepotenzials des Erdreichs und des Grundwas- Diese werden von einer komplexen Software
klimagerechte, energiesparende Gebäudekonzepte
sers sowie die solare Kühlung günstige Pers- gesteuert, die in Abhängigkeit von klimatischen in verschiedenen europäischen Klimazonen. For-
pektiven. Randbedingungen und Nutzerverhalten die schungsvorhaben der Fachhochschule Hamburg im
Zur Gewährleistung von angemessener Luft- optimale Regelstrategie sicherstellt. In nahezu fachbereichsübergreifenden Forschungsschwer-
qualität ist zunächst ein gut regelbarer natür- jedem Gebäude und an jedem beliebigen punkt »Planungsinstrumente für das umweltverträgli-
che Bauen« der Fachbereiche Architektur und Bau-
licher Luftwechsel erforderlich. Nutzungsbe- Standort sind durch optimierte technische ingenieurwesen, Abschlussbericht 2000
dingte Situationen und Maßnahmen zur Reduk- Gebäudeausrüstung behagliche Innenraum- [11] DIN 1946-2: Raumlufttechnische Anlagen in Arbeits-
tion des Heiz- und Kühlenergiebedarfs können bedingungen erreichbar. und Versammlungsräumen. 1994
jedoch eine maschinelle Unterstützung der Die andere Strategie zielt darauf ab, über [12] DIN EN 13779: Lüftung von Nichtwohngebäuden.
Allgemeine Grundlagen und Anforderungen an Lüf-
Frischluftzufuhr erforderlich machen. Beson- die städtebauliche Anordnung sowie eine
tungs- und Klimaanlagen. 2005
ders bei der Frischluftversorgung bietet eine energieoptimierte Gebäudeform und -hülle, [13] DIN EN ISO 7730: Ermittlung des PMV und des PPD
frühzeitige Abstimmung der Luftführung mit die Nutzungsverteilung und die Materialwahl und Beschreibung der Bedingungen für thermische
baulichen Maßnahmen (z. B. Abluft über Atrium das Gebäude so zu gestalten, dass die Behaglichkeit. 1995
oder Doppelfassade) Synergieeffekte. In vielen gewünschten Bedingungen – ggf. mit gerin- [14] CEN-Bericht CR 1752: Auslegungskriterien für
Innenräume. 1998
Fällen bergen technische Komponenten zur gen Abstrichen bezüglich des Optimums – [15] Hellwig, Runa Tabea: Thermische Behaglichkeit.
Wärmerückgewinnung ein erhebliches Einspar- mit einem Minimum an Technik erreicht wer- Unterschiede zwischen frei und mechanisch belüfte-
potenzial. den. ten Bürogebäuden aus Nutzersicht. Dissertation der
Beim Energiethema Licht steht eine verbesser- Für diese Strategien haben sich im allgemei- Technischen Universität München 2005
te Nutzung des Tageslichts im Vordergrund. nen Sprachgebrauch die Begriffe »Hightech«
Ergänzend ist eine technische Optimierung des und »Lowtech« etabliert. Da, wie in den meis-
Kunstlichts z. B. durch Differenzierung der ten Fällen, keine dieser reinen Lehren allein
Beleuchtungsstärken, Auswahl energiesparen- umsetzbar ist, erreicht ein abgestimmtes
der Leuchtmittel und bedarfsgerechte Rege- Zusammenspiel beider Strategien, das den
B 1.68 Randbedingungen, Anforderungen, Dienstleis-
lung anzustreben. so genannten passiven oder kybernetischen tungen und Energiethemen
Der Bedarf an elektrischer Energie, der über (selbstregelnden) Systemen den Vorrang lässt, B 1.69 die zehn Bausteine des energieoptimierten
das Kunstlicht und die Luftführung hinausgeht, meist das beste Ergebnis. Bauens nach Energiethemen
61
Stadtraum und Infrastruktur
B 2.1
Gebäude müssen immer in Zusammenhang mit Stadträume oder der so genannten Zwischen-
ihrem Umfeld betrachtet werden. Zahlreiche städte bieten nur erste Anhaltspunkte. Sinken-
Faktoren wie Klima, Landschaft, Topografie, de Bevölkerungszahlen und kleinere Haus-
bauliches Umfeld, Verkehr und Infrastruktur haltsgrößen bedingen andere Lebensmodelle
wirken auf jedes Bauwerk ein und bestimmen und erzeugen eine sich verändernde Bedarfs-
den städtebaulichen Kontext sowie das Ener- struktur.
gieangebot. Architektur ist zudem meist in ein
komplexes Netzwerk von Ver- und Entsorgungs- Geschichte der Flächennutzung
systemen eingebunden. Dabei umfasst die Ver- In der mittelalterlichen Stadt wurde das produ-
netzung nicht allein die technische Infrastruk- zierende Gewerbe in den ebenerdigen Etagen
tur, sondern auch soziale und kulturelle Ein- der Häuser untergebracht, in den darüberlie-
richtungen, um Mobilität, Kommunikation und genden Etagen gewohnt. Oft waren auch die
andere Dienstleistungen sicherzustellen. Dies das Umland bewirtschaftenden Landwirte in
entspricht der technischen und ökonomischen die Stadtstruktur integriert. Das Wachstum der
Vernunft sowie der Natur des Menschen als Städte vollzog sich dadurch, dass platzinten-
soziales Wesen, das auf Nachbarschaften, sive Nutzungen, z. B. Bauernhöfe und landwirt-
soziale und kulturelle Angebote angewiesen schaftliche Funktionsflächen, ausgelagert wur-
ist. Schließlich macht eine hoch arbeitsteilige den.
Beschäftigungsstruktur den Zugang zu Arbeits- Durch die Industrialisierung und das damit ver-
plätzen, Handel und Gewerbe notwendig. bundene Bevölkerungswachstum in den Städ-
Dichte städtische Strukturen sind für eine ener- ten entstand ein rapide ansteigender Flächen-
gieeffiziente, wirtschaftliche Bereitstellung von bedarf, der zu dichten Blockstrukturen führte,
Dienstleistungen und den Betrieb von Gebäu- die heute noch ganze Stadtteile prägen. Dabei
den in der Regel am besten geeignet. Neben wurden Freiräume und öffentliche Flächen auf
der standortgerechten Planung und der tech- ein Minimum reduziert. Diese kleinräumliche
nischen Infrastruktur ist eine effiziente Flächen- Flächeneffizienz brachte z. B. das Berliner Zim-
nutzung ausschlaggebend für eine energe- mer hervor: große Räume in den Ecken der
tische Optimierung von Baukörper und Stadt- Block-Hof-Strukturen, die jedoch nur über sehr
raum. geringen Lichteinfall verfügten. Die extrem ver-
dichtete Bebauung deckte zwar den Wohnbe-
darf, erfüllte jedoch kaum hygienische Notwen-
Flächennutzung digkeiten.
Der Wert von Freiraum und Erholungsfunktion
Der Umgang mit Landfläche als endliche Res- wurde offensichtlich. Als Idealbild des Lebens
source war schon immer geprägt von verschie- in der Landschaft entwickelten sich zunächst
denen Interessen und dem Gebot effizienter vor den eigentlichen Städten neu angelegte
Nutzung. Die Bebauung steht in Konkurrenz Gartenstädte, die erste Teilzentren in urbanen
zur Nahrungs- und Energieproduktion, zur Roh- Räumen schufen.
stoffversorgung, zur Erhaltung von Natur, Land- Als Antwort auf übervölkerte Strukturen,
schaft und Artenvielfalt sowie zu vielen anderen schlechte gesundheitliche Bedingungen und
B 2.1 scheinbare Raumerweiterung durch Spiegelung, Funktionen. fehlende Freiraumangebote proklamierten
Wohnhäuser als Nachverdichtung und Blockrand- Innerhalb bebauter Gebiete konkurrieren ande- Stadtplaner und Architekten in den 1920er-
schließung, Paris (F) 2000, Herzog & de Meuron
re Nutzungen und Belange um Raum. Gesteu- Jahren das Motto »Luft, Licht und Sonne«. Es
B 2.2 Entwicklung des Heizwärmebedarfs von Gebäu-
den nach Baujahr und Anteil im deutschen ert sind sie von sozialen Wertvorstellungen und wurden z. B. Abstände zwischen den Gebäu-
Bestand durch technische Vorgaben, durch die Öffent- den definiert, die eine Besonnung aller Wohn-
B 2.3 sektorbezogener Energieverbrauch in Deutsch- lichkeit oder wirtschaftliche Einzelinteressen. räume zuließen, und erste Blockstrukturen
land im Jahr 2005 Immer spielt dabei das Entwicklungsmuster der entkernt (Abb. B 2.29).
B 2.4 plakative Verbildlichung der Forderungen der
Charta von Athen 1929
Flächennutzung für die Effizienz eine zentrale Die Charta von Athen im Jahre 1929 versuchte,
B 2.5 Verhältnis von Bebauungsdichte und Energiever- Rolle. Die prototypischen Modelle monozent- das Problem durch eine umfassende Neustruk-
brauch ausgewählter Städte risch, polyzentrisch und sektoral organisierter turierung von Städten zu lösen. Besonders die
62
Stadtraum und Infrastruktur
Heizwärmebedarf [kWh / m2 a]
benden Freiraum ab, der für die Versorgung gen über einen bis zu Faktor acht reduzierten
mit Lebensmitteln, Natur und Energie lebens- Energieverbrauch. Ab 75 Personen pro Hektar Houston
notwendig ist. Diese Freiraumqualitäten stellen schwächt sich die Wirkung von Dichte auf den Phoenix
zugleich hohe Nutzungsqualitäten dar. Eine Energieverbrauch ab. Bei mehr als 150 Perso- Detroit
energetisch wie räumlich optimierte Flächenge- nen pro Hektar ist nur noch eine geringe Ein-
staltung sorgt für eine durch vielfältige Qualitä- sparung möglich (Abb. B 2.5). 60 000
Los Angeles
ten gleichzeitig nachhaltige Entwicklung des San Francisco
Raumes. Neubau und Energie Washington DC
Grundsätzlich ist daher eine verdichtete Bau- Chicago
Energie und Raum weise im Neubau zu fördern. Der Energiebe- New York
Biogene Energiequellen ermöglichen die Wie- darf eines Gebäudes wächst jedoch mit zuneh- 40 000
Melbourne
dergewinnung lokaler Arbeitsplätze im länd- mender Höhe. Gesteigerte statische Bedarfe Adelaide
lichen Raum, diversifizieren und stabilisieren verringern den nutzbaren Raum und erhöhen Sydney
ihn, schaffen zusätzliche Einkommensquellen die in den Baustoffen gebundene Energie. Toronto
und lassen die vielfältige Schließung von Stoff- Energetische Erschließungshilfen (z. B. Auf-
kreisläufen zu. Die Energieerzeugung reduziert züge) oder notwendige technische Lüftung
20 000
sich nicht mehr auf eine zentralistisch gesteuer- verbrauchen zusätzlich Raum und Energie. Paris
Zürich
Frankfurt
te Bedarfsdeckung, sondern erlaubt auf lokalen London
Begebenheiten basierende, spezifische Lösun- Bestand und Energie Amsterdam
Wien
Singapur
gen. Bestehende Gebäude sind die in urbanen Räu-
Die bisher übliche, häufig auf die Agglomera- men langfristig verfügbare Ressource, in die Hongkong
Moskau
tionen reduzierte Betrachtungsweise von länd- heute etwa 80 % der Bauinvestitionen fließen. 0
lichen und urbanen Räumen wird aufgebrochen. Im Zuge solcher Maßnahmen im Bestand ist es 0 50 100 150 200 250 300
Die strukturell und gestalterisch sehr unter- naheliegend, deren Energieverbrauch zu sen- Bebauungsdichte [Person/ ha]
B 2.5
63
Stadtraum und Infrastruktur
64
Stadtraum und Infrastruktur
Platzierung von Platzierung von optimales Platzierung massiver Verwendung von Atrien energetischer
Nebenflächen Bereichen mit Seitenverhältnis Gebäudeteile a als Solarfalle Gebrauchswert
solaren Gewinnen Länge: Breite b zur Belüftung und Kühlung für Atrien
kalt 1: 1 a a
gemäßigt 1: 1,6 a
trocken 1: 2 b b
tropisch 1: 3 b
B 2.12
65
Stadtraum und Infrastruktur
Tag Gegenströmung
Nacht
Gegenströmung
Mittag (Hangaufwind Mitte der Nacht (Hang-
und Talwind) abwind und Bergwind)
kühlere
Landluft
wärmere See-
oder Meeresluft Landwind
später Nachmittag früher Morgen, vor Sonnen-
(Talwind) aufgang (Talwind)
B 2.13 B 2.14 B 2.15
weitgehend unwirksam. Daher sind die her- tions- und Speicherfähigkeit der Oberfläche, bebauter Räume besitzt aufgrund der hohen
kömmlichen Bauweisen in den Tropen die sich besonders beim großräumigen »See- Rauigkeit geringere Windgeschwindigkeiten;
zumeist aufgeständerte Leichtbauten aus klima« an Meeresufern oder an großen Seen die Nutzung und die vorhandenen Oberflächen
Holz. Sie schützen einerseits vor eindringen- bemerkbar machen. Wasser weist ein sehr erhöhen den Staubanteil, der vermehrt Luft-
der Feuchtigkeit, andererseits ermöglichen geringes Albedo (Reflexionsanteil der Global- feuchte an sich bindet. Dadurch fällt in urbanen
sie kühlende Effekte durch einen hohen Luft- strahlung) von ca. 5 % auf, absorbiert also Räumen mehr Niederschlag als im Umland,
austausch. Die Dachformen sind als Regen- nahezu die gesamte auftreffende Energie (Abb. besonders in der Abwindfahne der Städte. Die
wie als Sonnenschutz ausladend und steil. B 2.18). Aufgrund seiner hohen Speichermasse Erhöhung des Niederschlags beträgt für mittel-
Geschlossene Wände würden die kühlende und entstehender Verdunstungskühle erwärmt europäische Städte ca. 10 %. Zusätzlich steigt
Luftzirkulation behindern und werden deshalb sich Wasser über den Tag nur gering. Land- das Risiko sommerlicher Gewitter.
häufig durch luftdurchlässige Öffnungen oder massen heizen sich deutlich schneller auf und Aufgrund der erhöhten, verfügbaren adiabaten
Flechtwerke ersetzt. erzeugen so durch die über dem Land als Kühlleistung müssten urbane Räume theore-
Thermik aufsteigende Luft einen Unterdruck; tisch kühler sein als das Umland. Faktisch
Auch wenn traditionelle Bautypologien oft nicht die über dem Meer abgekühlte Luft strömt haben Städte im Vergleich zum Umland aber
mehr in der Lage sind, heutige Anforderungen landeinwärts. Nachts sinkt die Temperatur auf messbar erhöhte Temperaturen. Diese entste-
zu erfüllen, liefern sie doch wertvolle gestalte- dem Land deutlich, nicht jedoch über dem hen zum einem durch im Verhältnis zum
rische Anregungen und Lösungsansätze. So Meer – der Prozess kehrt sich um (Abb. B 2.14). Umland höhere Absorptionsgrade städtischer
lassen sich für zeitgemäße Bauten typische Ähnliche Effekte lassen sich auf Landmassen Oberflächen und zum anderen dadurch, dass
Positionen für Erschließung, solar aktivierte Flä- bei unterschiedlichen Oberflächen nachwei- der Niederschlag, bevor er lokal verdunsten
chen, Orientierung, Speichermassen oder Atri- sen, allerdings weniger signifikant. Die erhöhte kann, über die Kanalisation aus dem Stadtraum
en herleiten (Abb. B 2.12). Rauigkeit der Oberflächen führt in Bodennähe abgeführt wird. Weil damit die Anreicherung
zu geringeren Windgeschwindigkeiten und von Grundwasser verringert wird, verfügen
Mesoklima erhöhten Windverwirbelungen (Abb. B 2.19). städtische Räume meist über abgesenkte
Unterschiedlich starke solare Besonnung sorgt Aufgrund der Topografie entstehen über die Grundwasserspiegel. Für urbane Räume sind
für lokale Temperaturunterschiede der Erd- verstärkte Besonnung und Beschattung ein- deshalb besonders die ungehinderte Frischluft-
oberfläche und der erdnahen Luftschichten. zelner Oberflächen z. B. Hang- und Talwinde zufuhr und die Bewahrung des Niederschlags-
Druckdifferenzen infolge von Temperaturunter- (Abb. B 2.15). Zusammen bilden diese Fakto- wassers im Stadtsystem bedeutsam.
schieden erzeugen Hoch- und Tiefdruckgebie- ren die zentralen Bestandteile des lokalen
te, die sich untereinander ausgleichen, indem Windsystems. Frischluftzufuhr
Luft vom Hochdruck zum Tiefdruck strömt. Es Die aus dem Umland in den Stadtraum boden-
entstehen Seewinde, topografisch bedingte Stadtklima nah zufließende kühlere Luft benötigt definierte
Strömungen oder lokale Thermik. Für die meisten Baumaßnahmen ist das Stadt- Fließräume, die über eine geringe Rauigkeit der
Bestimmende Faktoren sind die solare Absorp- klima relevant (Abb. B 2.17). Die Atmosphäre Oberflächen verfügen. Solche »Frischluft-
Stadtkern
Stadt Taunus
Wald
66
Stadtraum und Infrastruktur
Albedo [%]
Landklima Stadtklima Landklima 100
90
Hauptwindrichtung
80
frischer weißer
Staub erhöhter Schnee Anstrich
70
Niederschlag
Aufheizung
60
alter
Schnee
Verdunstung 50
Frischluft Frischluft
trockener
40
Sand Wände
Eis roter, brauner,
30
Wüste grüner Anstrich
Dächer
20
Wiesen Stadt
Grundwasserstand Straßen Wald
10
Wasser
0
B 2.17 B 2.18
schneisen« können z. B. Fluss- oder Bachläufe, Wasserkreislauf abzupuffern und zur Verbesserung der
Niederungen, Verkehrswege oder offene Frei- Bei starkem Niederschlag können Oberflächen- Böden beizutragen.
räume sein. Die Bebauung und die Freiraum- gewässer und Kanalisation den auftretenden
gestaltung definieren dabei das System der Wasserstrom – besonders von versiegelten Flä- • Entsiegelung:
Stadtdurchlüftung. Als besonders nützlich chen – nur bedingt aufnehmen. Dann werden Möglichst viele städtische Oberflächen soll-
haben sich um den Stadtkern gelegte Grün- größere Rohrquerschnitte und der Bau von auf- ten wasserdurchlässig sein. Dabei ist eine
gürtel (z. B. in London) oder auf den Stadtkern wendigen Regenwasserrückhaltebecken meist eventuelle Gefährdung der Grundwasser-
zulaufende Freiraumradialen (z. B. in Hamburg) als zwingend erforderlich erachtet. Durch eine qualität durch mitgeführte Schadstoffe
erwiesen (Abb B 2.16). Eine zum Stadtkern hin veränderte Gestaltung von Freiflächen und (Öle etc.) zu berücksichtigen. Der Grad
zunehmende Verdichtung unterstützt durch Gebäuden lassen sich jedoch solche kosten- der Durchlässigkeit wird über so genannte
erhöhten Auftrieb das lokale Windsystem. In intensiven technischen Anlagen weitgehend Abflussbeiwerte definiert (Abb. B 2.22).
einzelnen Städten treten verstärkt Inversions- vermeiden (Abb. B 2.20 und 21). Hierzu gehö- • Sickerflächen:
wetterlagen auf, d. h. eine kältere Luftschicht ren alle Maßnahmen, die den Wasserkreislauf Niederschlag, der nicht direkt über die Ober-
legt sich über die aufgeheizte Stadtatmosphäre des lokal gefallenen Niederschlags so wenig flächen in den Wasserkreislauf zurückgeführt
und lässt kaum Luftaustausch mit dem Umland wie möglich unterbrechen, seinen Abfluss ver- werden kann, sollte versickert werden. Die
zu. Dem kann durch unterschiedlich starke Ab- zögern, Wasser als Potenzial vor Ort erhalten Art der Sickerfläche ist abhängig vom jeweili-
sorptionsgrade von Flächen und somit durch und über erhöhte Verdunstung das Mikroklima gen Boden. Die Versickerung kann etwa über
die bewusste Erzeugung von thermischen Luft- in der Stadt positiv beeinflussen (Abb B 2.17): Mulden erfolgen, deren Größe überschlägig
bewegungen entgegengewirkt werden. 10 bis 20 % der zu entwässernden Fläche
Innerhalb des urbanen Systems bewirken auch • Wasserrückhaltung: betragen sollte. Häufig werden zusätzlich
große Parkflächen im Stadtgebiet einen posi- Rückhaltung von Wasser kann technisch hohlraumdurchzogene Rigolen aus Kies oder
tiven durchlüftenden Effekt (z. B. der Central oder naturnah, zentral in Rückhaltebecken Schotter eingesetzt. Sie verringern den Flä-
Park in New York, Abb. B 2.13), der durch ein oder dezentral in Zisternen erfolgen. Letzte- chenbedarf, erhöhen das kurzzeitige Spei-
Netz von Grünverbindungen noch unterstützt res ermöglicht durch Regenwassernutzung chervolumen und ermöglichen eine konstante
werden kann. Die frische Zuluft aus Umland gleichzeitig eine Reduktion des Trinkwasser- Versickerungsleistung (Abb. B 2.24 und 25).
oder aus Parks verfügt über einen erhöhten verbrauchs. Eine Pufferung der Wassermas- • Verdunstung:
Anteil biogener Schwebstoffe wie Blütenpollen. sen auf Gründächern oder in Oberflächenge- Oberflächengewässer und Vegetation tragen
Bei der Verknüpfung von Individualverkehr wässern verbessert das Mikroklima, vermei- in Stadträumen über ihre Verdunstungsleis-
und Frischluftzuführung entsteht durch Ver- det Temperaturspitzen und reduziert den tung zur Verringerung der Abwassermengen
kehrsabgase wie Stick- oder Schwefeloxide Staubanteil in der Luft. An Flüssen bieten und zu einer Temperaturabsenkung bei. Sie
eine Feinstaubproblematik, indem Abgase sich großdimensionierte Flutmulden die Möglich- dienen zugleich der Landschaftsgestaltung
an den Pollen anlagern und diese in Allergene keit, die Speicherkapazität des Oberflächen- und erhöhen damit die Aufenthaltsqualität
umwandeln. gewässer zu erhöhen, Hochwasserspitzen deutlich.
Höhe über Grund [m]
100 % 100 % 4 4 4 5
93% 93%
500
Erschließungsstr.
300 2
3b
100 % 93% 82% 72%
200 3a
67
Stadtraum und Infrastruktur
Oberfläche Abflussbei-
wert [-]
Dächer, Neigung ≥ 15 ° 1,0 1
Beton- und Asphaltflächen 0,9
Pflasterflächen 0,75
Kiesdächer, Höfe, Promenaden 0,5
Betonpflaster, versickerungsfähige Fugen 0,40 2 Entnahme
Filterkies
Granitpflaster, versickerungsfähige Fugen 0,33 2 Dränrohr
Dachgärten 0,3 Filtersand- Verfüll-
Spiel- und Sportplätze 0,25 substrat material
ggf. Geotextil Brauch-
Rasenfugenpflaster, Splittfugen 0,22 2
nichtbindiges wasser-
Vorgärten 0,15 Verfüllmaterial speicher
Schrebergärten 0,05
Parks und Anlagen an Gewässern 0
1
entspricht 100 % Wasserabfluss
2
nach Forschungsergebnissen
B 2.22 B 2.23 B 2.24
Mikroklima lässt sich durch Sonnenstandsmodelle nach- positiv aus. So entstehen z. B. über Gründä-
Innerhalb einer kleinräumigen, mikroklima- vollziehen. Damit können die Effizienz aktiver chern im Sommer Temperaturen von ca. 35 °C,
tischen Betrachtung ist besonders der lokal- wie passiver Sonnenenergienutzung ermittelt, über Kiesdächern jedoch bis zu 70 °C.
spezifische Schutz vor unerwünschten Klima- die Besonnung von Räumen und Freiflächen
wirkungen auf Gebäude von Bedeutung, aber geprüft und notwendige Verschattungsmaß- Erdreich
auch die Zugänglich- und Erschließbarkeit von nahmen eingeleitet werden. Das Erdreich absorbiert oberflächennah die
Umweltenergien. Über die Oberflächengestaltung im unmittel- einfallende Solarstrahlung. Masse und Wasser-
baren Umfeld des Gebäudes lässt sich die gehalt machen es zu einem effizienten Spei-
Solare Exponiertheit Strahlung am Gebäude verstärken, denn hohe cher. Bei mit zunehmender Tiefe gleichmäßi-
Eine hohe Globalstrahlung und eine lange Son- Anteile reflektierender Oberflächen tragen dazu gen Temperaturen über das Jahr ermöglicht
nenscheindauer deuten auf ein technisch gut bei, Strahlung und Tageslicht in das Gebäude das Erdreich ähnlich wie Grundwasser einen
erschließbares Potenzial zur Energiegewin- zu lenken. Geeignete Mittel sind helle Boden- konstanten Betrieb von Wärmepumpen bei
nung, aber auch auf die Möglichkeit der Über- beläge oder Wasserflächen, die eine einfalls- guter Effizienz, soweit unverschattete Oberflä-
hitzung von Gebäuden hin. Die Leistung der winkelabhängige Reflexion besitzen. Je flacher chen verfügbar sind.
Solarstrahlung auf horizontale Flächen liegt in die einfallende Strahlung, desto höher ist die
Deutschland im Mittel bei ca. 1000 W/m2. Der Reflexion. Windexponiertheit
Anteil der besonders gut nutzbaren direkten Besonders windexponierte Gebäude haben
Strahlung an der Globalstrahlung liegt in mittel- Wasser als »Mikroklimaregler« über ihre Gebäudehülle einen erhöhten Ener-
europäischen Breiten bei etwa 50 %, in Skandi- Wasser speichert den nicht reflektierten Anteil gieverlust. Typische Windrichtungen und
navien bei ca. 20 %. Den Klimazonen entspre- der solaren Strahlung. Als Bestandteil der - geschwindigkeiten können in einer Windana-
chend können diese Werte stark differieren Frischluftzuführung regulieren so z. B. vorgela- lyse ermittelt werden. Die auftretenden Wind-
(siehe Grundlagen, S. 54). gerte Teiche die Temperaturspitzen der Zuluft effekte lassen sich auch durch Strömungssimu-
Je nach Standort des Gebäudes im topografi- und können zu einem reduzierten Energiebe- lationen oder Windkanaltests eruieren. Zur Ver-
schen Umfeld, Vegetation und Nachbargebäu- darf des Gebäudes beitragen (Abb. B 2.23). ringerung der Windgeschwindigkeiten am
den verändern sich die mikroklimatischen Vor- Generell wirkt sich Wasserrückhaltung und Gebäude können Bäume, Hecken oder Wälle
aussetzungen für das Bauen (Abb B 2.27). Die - versickerung durch erhöhte adiabate Kühlleis- beitragen, die in gewisser Entfernung gegen
Fremd- und Eigenverschattung von Flächen tung und Speicherfähigkeit mikroklimatisch die vorherrschende Windrichtung stehen (Abb.
B 2.28). Eine direkte Fassadenbegrünung
Flächenversickerung Muldenversickerung
bewirkt hingegen nur eine geringe Einsparung
von ca. 0,5 % des Heizenergiebedarfs. Sie
senkt jedoch durch erhöhte adiabate Kühlleis-
tung die Umgebungstemperatur am Gebäude,
sodass dadurch in Bezug auf die sommerliche
Überhitzungsgefahr die Behaglichkeit steigt.
Über die Druckdifferenz an Fassaden ermög-
offene Rigolenversickerung Mulden-Rigolenversickerung licht Wind eine natürliche Gebäudelüftung.
Zusätzlich ergeben sich verschiedene kons-
truktive und technische Nutzungsmöglichkeiten
für Wind, z. B. Nachtluftspülung (siehe Gebäu-
dehülle, S. 101).
Baukörpergestaltung
Auch über die Baukörpergestaltung können
punktuelle Rigolenversickerung Mulden-Rigolenversickerung Energieverluste minimiert und Energiegewinne
maximiert werden. Art und Maß der Nutzung
definieren den entsprechenden Bedarf. So las-
sen sich z. B. für den Wohnungsbau die Räume
und Nutzungen entsprechend der erwünschten
solaren Einstrahlung und ihrem Lichtbedarf
nach Himmelsrichtungen optimiert anordnen
B 2.25
68
Stadtraum und Infrastruktur
B 2.22 Abflussbeiwerte nach DIN 1986 Süd Nord Süd / West Nord / Ost
B 2.23 Wasser als Reflexionsfläche, Büro- und Werk-
stattgebäude, Weidling (A) 2002, Architekturbüro
Reinberg
B 2.24 typischer Regenwasserspeicher mit nachge-
schalteter Versickerung an einem Wohnhaus
B 2.25 schematische Darstellung verschiedener Versi-
ckerungsarten
B 2.26 Prinzipien thermischer Baukörperzonierung:
a konzentrische Anordnung
b lineare Anordnung
c geschossweise Staffelung
B 2.27 Wirkungen unterschiedlicher topografischer a b c
Lagen auf mögliche solare Energiegewinne und
-verluste infolge von Wind B 2.26
B 2.28 mikroklimatisch wirksame Elemente und ihre
Wirkung auf den Baukörper
B 2.29 bevorzugte Nutzungsanordnung im Wohnungs- Windrichtung
bau N
Speichermassenpositionierung
Die Vorteile einer klimatischen Zonierung kön- Wohnterrasse
nen durch eine gezielte Anordnung der Spei-
Arbeitszimmer
chermassen weiter verbessert werden (Abb.
B 2.36). Besteht bei einem Gebäude aufgrund Gästezimmer
Kinderzimmer
von wechselnden externen Lasten Überhit- Wohnzimmer
Sommer Balkon
zungsgefahr, kann die Positionierung und
Aktivierung von Speichermassen (z. B. solar Winter
Garten
beschienene Böden) Temperaturspitzen wirk- Esszimmer
sam abpuffern. Ist ein Gebäude besonders
durch interne Lasten bestimmt (z. B. Bürobau-
Sonnenschutz
ten), kann Speichermasse über Konvektion
Wäschetrockenraum
auch sekundär aktiviert werden.
B 2.29
69
Stadtraum und Infrastruktur
Anteil [%]
[m/s] Grad
100 300
Spitzenlast
260
Windrichtung
16
80
15
Mittellast
Pumpstrom 12
Steinkohle 10 Windgeschwindigkeit
60
[kW]
Erdgas 500
450 Summenleistung der 16 Anlagen
Gas
40 40
Strom 35
Braunkohle
30
Wasser Grundlast 25
20 20
Abwasser
Kernenergie 15
Straßen Wasserkraft 10
0 Einzelleistungen von 16 Anlagen
5
0 2 4 6 8 10 12 6 12 18 24 10 20 30 40 50 60
Investitionskosten in 2004 [Mrd. Euro] Uhrzeit Zeit [s]
B 2.30 B 2.31 B 2.32
Die genaue Betrachtung äußerer Einflussgrö- Mit dem Bestreben nach effizienter Energie- Andererseits könnten sie mit zunehmendem
ßen und innerer Anforderungen hilft bekannte und Ressourcenversorgung verändern sich Einsatz regenerativer Energiequellen einen Teil
Gebäudetypologien kritisch zu prüfen und auch die Rahmenbedingungen für die Infra- ihrer Versorgungsfunktion zurückgewinnen.
neue zu entwickeln. Dabei lassen sich die struktur – auf der nutzenden wie auf der versor-
grundlegenden energetischen und nutzungs- genden Seite. Dies gilt nicht allein für steigen- Netzwerke
bezogenen Erwägungen sinnfällig zusammen- de, sondern in gleichem Umfang auch für ver- Auch wenn Gebäude in Zukunft weit weniger
führen (Abb. B 2.33). ringerte Anforderungen, denn Teilauslastung Ressourcen verbrauchen sollten, werden sie
von Infrastruktur kann zu einer geringeren weiterhin in der Regel abhängig von externen
Effizienz im System führen und »überdehnte Energie- und Ressourcenzuflüssen bleiben. Die
Infrastruktur und technische Erschließung Infrastrukturen« entstehen lassen. Der Rat für dafür notwendigen technischen Netze wurden
nachhaltige Entwicklung in Deutschland kommt bisher weitgehend als gerichtete, rein versor-
Gebäude stehen nicht isoliert; sie sind während daher zu der Feststellung: gende Strukturen errichtet (Abb. B 2.31).
des Betriebs eingebunden in Netze von über- »Erforderlich ist in Zukunft ein integriertes Mit zunehmender Dezentralisierung kann die
geordneten technischen Infrastrukturen. Neben Management der technischen Infrastruktur Infrastruktur nicht mehr als eine gerichtete,
Energie verbrauchen sie Trinkwasser, erzeu- inklusive der Bestandssicherung, der Investi- baumartig verzweigte Verteilstruktur angese-
gen Abwasser sowie Müll und benötigen eine tionen und des Rückbaus sowie der sozialen hen werden (Abb. B 2.40). Erst im Zusammen-
Verkehrsanbindung. Infrastruktur von der öffentlichen Verkehrs- spiel von Angebot und Bedarf – als ungerichte-
Der Flächenanteil der technischen Infrastruktur erschließung über die (...) Grundversorgung ter Fluss – kommt der technischen Infrastruktur
an der gesamten bebauten Fläche in Deutsch- und der Pflege und Erhaltung der natürlichen wirklich die Eigenschaft eines Netzwerks zu.
land beträgt zwischen 40 und 45 %, wobei der Ressourcen.« [3] Energie und Ressourcen fließen von einem
Hauptteil durch die Verkehrserschließung Dabei zeigt sich insbesondere die Wechselbe- Hoch zu einer Senke.
belegt wird. Für ihre Instandhaltung und Ver- ziehung zwischen urbanen und ländlichen Räu-
besserung werden jährlich 10 bis 15 % des men. Einerseits ist die Erschließung ländlicher Versorgungssicherheit
Bruttoinlandprodukts investiert (Abb. 2.30). Räume durch Infrastrukturen kostenintensiv. Erneuerbare Energiequellen wie Wind und
70
Stadtraum und Infrastruktur
71
Stadtraum und Infrastruktur
Gestehungskosten [ct / kWh]
16
12 100 %
26% 49%
8 27 % Strom
75 %
4
0 a 55 % Fernwärme
-4
-8
100 % 34% 53%
Biogas Biogas Biogas Biogas Biogas Biogas
Gülle Gülle Gülle NaWaRo NaWaRo NaWaRo 87 %
3
50 m / h 3
250 m /h 3
500 m /h 3
50 m / h 3
250 m / h 500 m3 / h 35 % Strom
Biogas (Substrat) Aufbereitungskosten DWW-Verfahren Einspeisung und Durchleitung
Biogas (Konversion) Bilanzkosten bei Brennstoffnutzung im BHKW inkl. Förderungsmittel in Dtschl. b 55 % Nahwärme
B 2.38 B 2.39
Kraftwerke mit Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) R = I / U. Erhöht man die Spannung und verrin- Eine längere Speicherung erfolgt zumeist durch
sind Biogasanlagen über die Einspeisevergü- gert die Stromstärke, lässt sich dieselbe Leis- Pumpspeicherwerke (siehe Technik, S. 145).
tung des Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) tung (P = I•U) bei reduziertem Widerstand über- Zur weiträumigen Verteilung auf europäischer
in Deutschland heute schon wirtschaftlich ein- tragen. Daher nutzt man hohe Spannungen für Ebene ist das 380- kV-Netz ausgebaut. Auf
setzbar (Abb. B 2.38). die Energieübertragung, niedrige Spannungen 100 km Leitung gehen etwa 1,5 % der trans-
werden für die sichere Energienutzung verwen- portierten Leistung verloren. Hochspannungs-
Netze von Energieformen det. An den Übergängen in die Verteilebenen Gleichstrom-Übertragungsnetze (HGÜ / HVDC)
Einmal erzeugt, lassen sich Energieformen im sind Umspannwerke erforderlich, die einen mit einer Stromspannung von 800 kV ermögli-
Gegensatz zu Energieträgern nur mit hohem erheblichen Flächenbedarf haben (Abb. chen geringere induzierte Ströme, weniger Ver-
Aufwand speichern. Daher sind Netze von B 2.40). Sie wandeln die elektrische Wechsel- luste (0,5 % Leistungsverlust auf 100 km) und
Energieformen gegenüber Energieträger stärker spannung mit Transformatoren um, wobei einen sinkenden Materialaufwand. Sie sind
durch die Notwendigkeit einer bedarfsgerech- erhöhte elektromagnetische Belastungen des Bestandteil einer geplanten Stromversorgung
ten Erzeugung von Energie geprägt. Die Tech- Umfelds entstehen. Auch durch Leitungsverlus- auch über die europäischen Grenzen hinaus
nologie der Kraft-Wärme-Kopplung erzwingt te werden elektromagnetische Wellen emittiert. (Abb. B 2.35).
dabei zusätzlich eine verknüpfte Betrachtung In Deutschland gilt nach DIN VDE 0848 der Der Trend hin zur dezentralen Stromerzeugung
von Strom- und Wärmebedarf (Abb B 2.39). ebenso durch die World Health Organisation bedeutet nach einer Studie der Deutschen
Strom eignet sich aufgrund vergleichsweise (WHO) empfohlene Maximalwert von 5 kV / m. Energieagentur (dena) einen vernachlässig-
geringer Verluste über größere Strecken zum Ein durch Baubiologen empfohlener optimierter baren zusätzlichen Leitungsbedarf in Deutsch-
großräumigen Verteilen von Energie. Wärme Wert von 2,5 kV / m bedeutet bei einer Nenn- land [4]. Durch die Anzahl der einspeisenden
hingegen hat hohe Leitungsverluste, kann spannungsoberleitung von 380 kV einen Min- Teilnehmer steigt jedoch der Bedarf an Rege-
jedoch den Wärmebedarf von Gebäuden mit destgebäudeabstand von 30 bis 60 m. Masse lung. Mittelfristig benötigt das Stromnetz einen
kostengünstiger Gebäudetechnik decken. verringert die Wirkung elektromagnetischer zusätzlichen Informationskanal, dessen Einsatz
Felder. Mittlerweile werden in Deutschland ca. in den »Grid Codes«, den Regeln eines Netz-
Stromnetz 71 % aller Netzleitungen unterirdisch geführt – werks, niedergelegt werden sollte. Ist dieser
Das Stromnetz besteht aus hierarchisch gestaf- mit steigender Tendenz. Kanal installiert, kann sich die Regelung mittel-
felten Verteilungsebenen, die sich zum Ver- Das Stromnetz besitzt nur geringe Speicherka- fristig so weit entwickeln, dass auch einzelne
braucher hin kaskadenartig verzweigen (Abb. pazitäten. Für Spitzenlasten werden zusätzliche Verbraucher (z. B. Waschmaschinen) über ein
B 2.40). Die Länge aller öffentlichen Stromlei- Kraftwerke bereitgehalten, deren Leistung bei »peer-to-peer-Netzwerk« ihren Bedarf anzei-
tungen in Deutschland beträgt etwa 1,6 Millio- Bedarf abgerufen werden kann. Bei kurzfris- gen und über dieses gesteuert ihren Betrieb
nen km. tigen Spannungsschwankungen oder zur aufnehmen.
Verluste entstehen infolge des Widerstands (R) dezentralen Aufrechterhaltung der Netzspan-
der elektrischen Leiter, der abhängig von der nung (< 1 Minute) eignen sich Schwungräder, Fern- und Nahwärmenetze
Stromstärke (I) und der Stromspannung (U) ist: wie z. B. die Rotoren von Windkraftanlagen. Im Jahr 2005 lag der Anteil der Wärmenetzver-
Höchstspannungsebene Haushalte
Kraftwerk Nichtwohngebäude 6%
220 / 380 kV Industrie
ca. 36 000 km
Hochspannungsebene
110 kV
ca. 75 000 km Ballungs- 50 % 44 %
Industrie Eisenbahn Regionen
zentren
Mittelspannungsebene
10 / 20 kV
ca. 490 000 km Industrie Gewerbe Städte Orte
angeschlossene Wärmeleistung
Niederspannungsebene
Jahr 2000 2001 2002 2003 2004 2005
230 / 400 V
[kWh] 53 606 51 649 52 162 52 112 52 264 52 729
> 1 000 000 km
Umspannwerk Haushalte Wohnhaus Gewerbe Industrie Verwaltung
B 2.40 B 2.41
72
Stadtraum und Infrastruktur
450
400 Netzlänge: 1,35 km (inkl. Hausanschlussleitungen)
Wärmeproduktion: k.A.
350 Netzverlust: k.A.
Vorlauftemperatur: 70 –90°C •
300 Spitzenleistung: ca. 1 MW, 610 kW Papierfabrik
251,1 245,0 Anschlussstellen: ca. 150 Wohneinheiten
250 168,2 ( Endausbau 2010)
200
27,2
150 41,9 41,3 40,9 39,6
100
50
134,8 127,7 124,8 122,7 118,9 •
0
2000 2005 2010 2015 2020
Bestand Anschlussverdichtung Netzerweiterung • Wärmequelle 0 50 m
B 2.43 B 2.44
73
Stadtraum und Infrastruktur
Wasser Nieder-
temperatur- thermischer
Strom, Kühlturm wärme Energiespeicher
Hilfsenergie Absorptions-
kältemaschinen
Kaltwasser-Tank-
Abwärme speicher
Wärme
Fernwärmenetz Abwärme Fernkältenetz
Kühlenergie
Strom, Kompressions-
Braunkohle Hilfsenergie kältemaschinen
Heizkraftwerk
B 2.45
Langzeitspeicher-Dimensionierung
bisherige Leitungslänge beträgt in Deutschland und Abwassermengen sollten daher durch
Heißwasser-Wärmespeicher 43 km [5]. Kältenetze funktionieren entweder geeignete bauliche und technische Maßnah-
• 1,5 – 2,25 m3 pro m2 Kollektorfläche als abgeschlossenes System oder als Sekun- men (z. B. wassersparende Amaturen)
Kies / Wasser-Wärmespeicher därnetz von Wärmenetzen. Sorptionskältema- begrenzt werden. Zusätzlich empfiehlt sich
• 2,5 – 4,0 m3 pro m2 Kollektorfläche schinen verknüpfen dabei die Energieerzeu- vielerorts die Nutzung von Regen- und Grau-
Erdsonden-Wärmespeicher gung von Wärme und Kälte. Sie ermöglichen wasser (einmal genutztes, nicht stark ver-
mittelfristig nicht nur hohe Effizienz in Kälte-, schmutztes Wasser).
• 8,0 – 10,0 m3 pro m2 Kollektorfläche
• Sondenabstand: 1,5 – 2,5 m, in Fels bis zu 3 m sondern auch in Wärmenetzen.
• Sondentiefe: 20 – 80 m Innerhalb der Netze können kurzzeitig hohe Wasseraufbereitung
Aquifer-Wärmespeicher Wärmelasten auftreten – z. B. bei Großveran- Der Trinkwasserverbrauch pro Kopf ist in den
staltungen –, die eine entsprechend starke letzten Jahren durch wassersparende Techno-
4,0 – 6,0 m3 pro m2 Kollektorfläche
B 2.46 Dimensionierung der Anlagentechnik voraus- logien sowie ein verändertes Nutzerverhalten
setzen. Die Integration von Kältespeichern im in Deutschland stetig gesunken, differiert lokal
Nahwärmenetz-Dimensionierung mit Langzeitspeicher
System reduziert diese Anforderungen deutlich aber deutlich. Auch international gibt es große
und kann zu einer besseren Auslastung der Unterschiede (Abb. B 2.51). Lag der tägliche
Mindestanzahl Wohneinheiten
Kältemaschinen beitragen. Pro-Kopf-Verbrauch in Deutschland im Jahr
• ca. 200 – 500 WE mit je 70 m2 Wohnfläche bzw. 1990 noch bei 147 l, wurden 2005 täglich nur
100 – 120 Einfamilienhäuser
Wasser noch 128 l Wasser genutzt.
Kollektorfläche Obwohl die Erdoberfläche zu ca. zwei Dritteln Rohwasser kann aus Grund-, Quell- und Ober-
• 0,14 – 0,20 m2 Kollektorfläche pro m 2 Wohnfläche von Wasser bedeckt ist, ist dieser Grundstoff flächenwasser, durch Auffangen von Nieder-
• 1,25 – 2,5 m2 Kollektorfläche pro MWh Jahresgesamt-
des Lebens eine wertvolle und als Trinkwasser schlag (z. B. Zisternen) oder in küstennahen
wärmebedarf (kleinere Werte gelten für sonnenreiche
Standorte und hocheffiziente Kollektoren) von Knappheit bedrohte Ressource. Gleichzei- Trockengebieten auch durch Meerwasserent-
• jährlicher solarer Energieertrag: 300 – 450 kWh / m2 a tig ist Wasser im Klimasystem ein entscheiden- salzung gewonnen werden. Zur Qualitätssiche-
Speichervolumen (Wasseräquivalent) der Energieträger. rung sind spezielle Grundwasserschutzgebiete
Das humide Klima mitteleuropäischer Breiten ausgewiesen. In Deutschland wird zur Trink-
• 1,5 – 2,25 m3 pro m2 Kollektorfläche (kleinere Werte
gelten für ein größeres Verhältnis zwischen Solar- bietet die Möglichkeit, Oberflächen- oder wassergewinnung am häufigsten Grundwasser
energieangebot und Heizwärmebedarf) Grundwasservorräte anzureichern und Trink- genutzt (65 %), gefolgt von Uferfiltrat, das aus
• Der Speichertyp hängt in erster Linie von den örtlichen wasser bereitzustellen – entsprechende Rah- Grund- und Oberflächenwasser besteht. Der
Gegebenheiten, insbesondere von den lokalen geolo- menbedingungen sind jedoch nicht überall sandige Uferbereich befördert die mechani-
gischen und hydrologischen Verhältnissen ab.
gegeben. Eine überhöhte Wasserentnahme sche Vorreinigung des Wassers.
solarer Deckungsanteil führt zu einer Absenkung des Grundwasser- Um aus Rohwasser Trinkwasser zu erzeugen,
• ca. 40 – 50 % am Jahreswärmebedarf spiegels, was lokale Ökosysteme erheblich wird es gemäß DIN 2000 zentral gereinigt und
• bis ca. 60 % bei Niedrigenergiehäusern
beeinträchtigen kann. Trinkwasserverbrauch sterilisiert, ggf. werden auch gelöste Ionen
B 2.47
Grauwasser
Toiletten-
(z.B. Wasch-, Dusch-,
Nahwärmenetz-Dimensionierung mit Kurzzeitspeicher spülung
Badewannenwasser)
Kollektorfläche
• 0,7 –1,0 m2 Kollektorfläche pro Person (ca. 0,02 – 0,03 m2
Kollektorfläche pro m2 Wohnfläche) Abmessungen h•b•t
• 0,4 – 0,5 m2 Kollektorfläche pro Person für solare [m] 1,5 • 1,1 • 0,6 UV-Licht
Vorwärmanlagen (solarer Deckungsanteil 25 – 40 %)
• jährlicher solarer Energieertrag: 300 – 450 kWh / m2 a Gewicht ca. 130 kg
Kapazität insgesamt Überlauf
Speichervolumen Trinkwasser-
500 l
• 0,05 – 0,06 m3 pro m2 Kollektorfläche (Flachkollektor) nachspeisung
• 0,06 – 0,08 m3 pro m2 Kollektorfläche (Vakuumröhren- Druck [bar] max. 4,7
kollektor) min. 1,7
B 2.48 B 2.49
74
Stadtraum und Infrastruktur
B 2.45 Schema eines Kältenetzes am Beispiel von Entfernung effizienteste Transportart Land Trinkwasserverbrauch
Chemnitz (D) von Energie aus Biogas pro Kopf und Tag
B 2.46 überschlägige Dimensionierung verschiedener [l]
Langzeitwärmespeicher
bis 1,5 km Nahwärmenetz Grundbedarf nach WHO 50
B 2.47 überschlägige Auslegung von solar unterstützten
Nahwärmenetzen mit Langzeitspeichern ab 1,5 km eigene Gasleitung Europa
B 2.48 überschlägige Auslegung von solar unterstützten über 5 km Gasaufbereitung, Einspeisung Belgien 122
Nahwärmenetzen mit Kurzzeitspeichern in das Gasnetz Deutschland 128
B 2.49 schematische Darstellung einer Grauwasser-
nutzungsanlage Österreich 145
B 2.50 alternative Lösungen für den Transport gewon- Frankreich 151
nener Energie aus Biogas nach Entfernung Schweden 188
B 2.51 Trinkwasserverbrauch pro Kopf und Tag im Jahr Italien 213
2005
Schweiz 237
B 2.52 Nutzungsmöglichkeiten verschiedener Gebäude-
wasserströme Indien 25
Japan 278
USA 295
B 2.50 B 2.51
(z. B. Eisen oder Salze) entfernt oder ergänzt. Grauwasser nutzt man insbesondere für die regen kann der Volumenstrom das 100-fache
Die Einstellung von pH-Wert und Leitfähigkeit Toilettenspülung. Da der tägliche Wasserver- der Schmutzwassermenge bei Trockenheit
sowie die Zugabe von Chlor bedingen sich brauch zum Baden und Duschen etwa dem ausmachen. Selten sind Kanalisationen und
neben der zu erreichenden Wasserqualität Wasserverbrauch zur Toilettenspülung ent- Kläranlagen in der Lage, solche großen Was-
auch durch die Qualität des vorhandenen spricht, kann der Wasserbedarf damit um ca. sermengen zu bewältigen, was dazu führen
Rohrleitungsnetzes. 30 % reduziert werden. Grauwasseranlagen fil- kann, dass das Abwasser dann nicht richtig
Um den Druck innerhalb des Leitungssystems tern und reinigen das Wasser, zusätzlich wird gereinigt wird. Deshalb wird in der Regel
aufrechterhalten zu können, werden Hochbe- es durch UV-Lichtbehandlung entkeimt. Die das so genannte Trennsystem genutzt, das
hälter, Pump- und Druckerhöhungsstationen Anlagen benötigen ein eigenes Grauwasserlei- Schmutz- und Regenwasser in zwei getrennten
genutzt, die wiederum einen hohen finanziellen tungsnetz innerhalb des Gebäudes und einen Rohrsystemen führt (Abb. B 2.72). Dadurch
und technischen Aufwand für Bau und Instand- Grauwasserspeicher (Abb. B 2.49). wird eine knappere Dimensionierung der Rohr-
haltung nach sich ziehen. Die Betreiber haben Neuartig sind technische Lösungen, die über leitungen möglich und der Betrieb von Kläran-
dabei einen ständigen Wasserdurchfluss im die Stoffstromanalyse nutzbare Teilströme des lagen optimiert.
Netz zu gewährleisten. Jedes Wassernetzwerk Wassers isolieren. Möglich ist etwa die Nut-
weist Undichtigkeiten auf; innerhalb der EU zung des Regenwassers innerhalb der Gebäu- Abwasserbehandlung
betragen die Verluste in der Wasserversor- detechnik, z. B. zur Kühlung, wobei ebenso Um das Abwasser zu reinigen, unterscheidet
gung zwischen 8 % in Deutschland und 27 % Low-Tech-Lösungen für offene Wasserflächen man drei Reinigungsstufen:
in Italien [6]. als auch High-Tech-Nutzungen für Klimaanla-
gen verfügbar sind. Ebenso auf der Stoffstrom- • mechanische Reinigung (erste Reinigungs-
Abwassernutzung betrachtung basieren Vakuumtoiletten, die stufe): Große Verunreinigungen werden
Um Wasser als vorhandene Ressource effi- konzentriertes Schwarzwasser sammeln – ggf. durch Rechen entfernt; im Sandfang und Vor-
zient nutzen zu können, kann es für einzelne getrennt in Braun- und Gelbwasser –, es in klärbecken lagern sich durch Verringerung
Bedarfe mehrfach verwendet werden (Abb. B Tanks speichern und als Rohstoff für weitere der Fließgeschwindigkeit zunächst schwere,
2.52). Aus Regenwasser kann z. B. zunächst Nutzungen bereitstellen (Abb. B 2.52). Damit später auch leichte Schwebstoffe ab.
Grauwasser und später Schwarzwasser (fäkal- wird auch Upcycling möglich. Solche Systeme • biologische Reinigung (zweite Reinigungs-
haltiges Wasser) werden, was einem verlang- können Gebäude nahezu oder sogar vollstän- stufe): Das Wasser wird zur Stickstoffelimi-
samten Downcycling-Prozess entspricht. dig abwasserlos gestalten. nation mit Mikroorganismen in Verbindung
Regenwasser eignet sich z. B. zur Toiletten- gebracht, die aufgrund des hohen Nährstoff-
spülung, zur Gartenpflege, aber auch als tech- Abwasserabführung angebots wachsen und selbst Schwebstoffe
nisches Betriebsmittel zu Kühlzwecken. Die Erfolgt der Abwassertransport durch eine bilden. Das Belebtschlammverfahren benö-
vor der Nutzung notwendige Filterung kann »Mischkanalisation«, werden alle Abwässer tigt dazu viel Sauerstoff. Der entstehende
durch eine Flächenbegrünung der Regenwas- in einem Kanalsystem gesammelt und der Klärschlamm wird im Nachgang wieder
sersammelflächen unterstützt werden. Abwasserbehandlung zugeführt. Bei Stark- mechanisch entfernt.
Stoffstrom Aufbereitung Nutzungsmöglichkeiten Weiternutzung
75
Stadtraum und Infrastruktur
76
Stadtraum und Infrastruktur
B 2.57 B 2.58
200 Einwohner. Die Klärung kann dabei hori- fährdende Stoffe (wie schwermetallhaltige Bat- und Gestaltung des Abfallplatzes als Kriterium
zontal wie vertikal erfolgen. terien oder Farben und Lacke) entzogen wer- herangezogen (Abb. B. 2.58). Einzelne Nut-
Bei einer horizontalen Pflanzenkläranlage wer- den. zungen können spezielle Abfallströme generie-
den bei 60 bis 80 cm tiefen Beeten 3 bis10 m2 Die getrennte Sammlung ermöglicht schon bei ren, die differenzierte Maßnahmen erfordern
pro Person für die Klärung benötigt, je nach- der abfallproduzierenden Stelle die Trennung (z. B. Gastronomie).
dem, ob nur Grauwasser oder das gesamte von Stoffströmen. Allerdings sind einzelne
Abwasser geklärt werden soll (Abb. B 2.55). Stoffströme anfällig für Verunreinigungen, die Abfallbehandlung
Die vertikale Pflanzenkläranlage erreicht eine durch Nachsortierung entfernt werden müs- Belastungen des Klimas entstehen vor allem
höhere wirksame Tiefe von 80 bis 120 cm sen, wodurch ein zusätzlicher Energiebedarf durch die anaerobe Zersetzung biologischer
bei gleichmäßigerer Volumenauslastung und für den Transport entsteht. Ob eine zentrale Anteile des abgelagerten Abfalls, bei der kli-
reduziert den Flächenbedarf. Dabei sind zwi- mechanische Sortierung oder eine lokale maschädliches Deponie- bzw. Methangas ent-
schen 1,5 und 5 m2 pro Person erforderlich Vorsortierung die energetisch vorteilhaftere steht. Dieses lässt sich jedoch sammeln und in
(Abb. B 2.56). Lösung darstellt, ist ortsabhängig. Blockheizkraftwerken energetisch nutzen.
Durch eine leicht zugängliche Lage und eine Um die Methanproduktion von Deponien zu
Abfälle aus Betrieb und Nutzung gute Gestaltung von Abfallsammelplätzen sind reduzieren, ist seit 2005 eine Behandlung des
Abfall gilt als Rohstoff. Daher ist eine möglichst die Funktionsfähigkeit und das Nutzerverhalten Mülls in Deutschland zwingend vorgeschrie-
hohe Recyclingquote erstrebenswert. Nach entscheidend beeinflussbar. ben: Die biologisch-mechanische Vorbehand-
dem Kreislaufwirtschaftsgesetz sollte Abfall Die Abfallsammlung im öffentlichen Raum eig- lung, auch »Kaltes Verfahren« genannt, bear-
möglichst verwertet, nur wenn unumgänglich net sich für hochwertige, masseintensive oder beitet den Abfall zunächst mechanisch, wobei
eine Beseitigung in Betracht gezogen werden. gesundheitlich bedenkliche Abfälle. Getrennte weiter verwendbare Rohstoffe abgetrennt wer-
Schon heute wird ein Großteil der in Deutsch- Sammelsysteme gibt es z. B. für Papier, Glas, den (Abb. B. 2.61). Die Mechanismen der Sor-
land anfallenden Abfälle recycelt; die Ablage- Biomasse, Kunststoffe, Textilien, Metalle, Elek- tierungsanlagen basieren z. B. auf Größe,
rungsquoten sind, bis auf Bauabfälle, stark trogeräte oder Altöl. Die Sammelstellen lassen Farbe, Magnetismus oder Gewicht des zu
rückläufig (Abb. B 2.59). Energetisch bietet sich ober- oder unterirdisch anordnen. Unterir- behandelnden Abfalls (Abb. B. 2.62). Die bio-
insbesondere die stoffliche Verwertung – Wie- dische Sammelstellen sind zwar teurer, dafür logischen Restmassen können kompostiert
der-, Weiterverwendung oder Wiederverwer- aber besser zu integrieren und verringern den oder wie Klärschlamm anaerob vergoren wer-
tung – das größte Einsparungspotenzial (siehe Flächenverbrauch. Andererseits besteht eine den, wobei zugleich eine Hygienisierung der
Material, S. 174). erhöhte Missbrauchs- und Vandalismusgefahr. Restmassen erfolgt und nutzbares Biogas ent-
Die Lage an nutzerbezogenen Wegen begüns- steht.
Abfallsammlung tigt die private Abfallsammlung. Die lokale Unter die thermische Behandlung fallen alle
Siedlungsabfall ist der heterogenste Abfalltyp. Bedeutung des Themas »Abfall« zeigt sich Arten der Verbrennung. Die dabei entstehende
Über gesonderte Schadstoffsammelstellen in der Immobilienbewertung: Dort wird zur Wärme wird über Generatoren in Strom umge-
können dem Abfall besonders gesundheitsge- Bewertung der Umfeldqualität auch die Lage wandelt oder kann für Nah- und Fernwärme-
Ablagerungsquote [%]
77
Stadtraum und Infrastruktur
78
Stadtraum und Infrastruktur
[1000EUR /a]
Grundstücks- und Mobilitätskosten 1
10
780 EUR
931 EUR
4225 EUR
gen und Folien per Luftdruck innerhalb einer 8
Sortieranlage
6
B 2.63 Kennwerte unterschiedlicher Transportmittel
B 2.64 Verkehrsaufkommen nach Nutzung in Deutsch- 4
land 2
B 2.65 beförderte Personen und Güter in Deutschland 0
im Jahr 2005
B 2.66 Anteile verschiedener Straßen am deutschen -2
Straßennetz im Jahr 2004 -4
B 2.67 Effizienz von Transportmitteln im Güterverkehr -6
mittlerer günstiger günstiger
B 2.68 Mehrkosten für die Finanzierung eines inner-
Grundst.-Preis, Grundst.-Preis, Grundst.-Preis,
städtischen Grundstücks sowie Einsparungen große Entf. sehr große Entf.
mittlere Entf.
durch geringeren Mobilitätsbedarf am Beispiel
von Hamburg Grundstückskosten2 Summe (Mehrkosten)
B 2.69 autofreies Quartier, Siedlung Thalmatt 1, Heren-
Mobilitätskosten
schwanden (CH) 1974, Atelier 5
B 2.70 serielle Straßenbahnhaltestellen, Hannover (D) 1
Grundstücksgröße: 200 m2, pro Haushalt je ein Auto
2
2000, Despang Architekten Kostendifferenz im Verhältnis zu einem innerstädtischen
Grundstück
B 2.68 B 2.69
Transportarten ist auch ihre Klimawirkung. Der Stadtverkehr und damit verbundenen Energieaufwand (Abb.
bei einer Verbrennung entstehende Wasser- Bezieht man in die Betrachtung der Mobilität B 2.69).
dampf ist z. B. in Bodennähe von geringer mit ein, dass Menschen ca. 90 % ihrer Zeit in In urbanen Räumen ist im Verhältnis zu länd-
Bedeutung, in hochgelegenen atmosphä- Gebäuden verbringen, so kann Verkehr als Be- lichen Siedlungen zum einen ein erhöhter
rischen Schichten ausgestoßen, trägt er wegung zwischen Bauten beschrieben wer- Anteil an öffentlichem Personennahverkehr,
jedoch deutlich zum Klimawandel bei. So ist den. zum anderen an rad- und fußläufiger Mobilität
der Flugverkehr die mit Abstand klimabelas- Einer der häufigsten Wege ist der zwischen zu verzeichnen. Anreizsysteme können eine
tendste Transportform. Wohnung und Arbeitsplatz (Abb. B 2.67). Am weitere Umschichtung des motorisierten Indivi-
Innerhalb des Stadtverkehrs wird zum Klima- Beispiel von Hamburg lässt sich nachweisen, dualverkehrs auf die öffentlichen Verkehrsmit-
schutz mitunter die Nutzung von Elektroautos dass eine innerstädtische Wohnlage trotz der tel leisten. Hierzu tragen insbesondere leichte
gefördert, da sie im Stadtbereich weitgehend bis zu siebenfach höheren Kosten für ein Zugänglichkeit, enge Taktraten und subjektiv
umweltneutral sind. Die Primärenergiebilanz Grundstück über eingesparte Mobilitätskosten erhöhtes Sicherheitsempfinden bei. Für Quar-
und damit die Umweltwirkung lässt sich jedoch wirtschaftlicher ist als eine gleichwertige tiere lassen sich je nach Zugänglichkeit durch
nur auf Basis der Energieerzeugung für den Wohnlage im Umland (Abb B 2.68). Dieser Individualverkehr unterschiedliche Quartiers-
Strom bewerten. Bezug kann als weitgehend allgemeingültig formen bilden, die den Nutzer in seinem Ver-
betrachtet werden. Hinzu treten Einsparungen halten mehr oder weniger stark einschränken
Mobilitätsbedarf durch eine ggf. geringere Anzahl zu betreiben- (Abb. B 2.73).
Täglich wendet ein Mensch durchschnittlich der Autos oder den Zeitgewinn (bis zu Faktor In der Standortwahl wird die gute ÖPNV-
75 – 85 Minuten für Mobilität auf, wobei uner- fünf). Im energetischen Vergleich ist so z. B. Anbindung zu einem entscheidenden Faktor.
heblich ist, zu welchen Verkehrsformen er ein Altbau mit einem Energieverbrauch von In der Raumgestaltung treten die Aspekte der
Zugang hat und in welchem nationalen oder 200 kWh / m2a und 150 m2 Nutzfläche in etwa Über- und Einsichtlichkeit der entsprechenden
regionalen Kontext er sich befindet [8]. einem Passivhaus zuzüglich 10 000 km / a indu- Verkehrsknotenpunkte für Nutzer hinzu. Grund-
Während der Zeitaufwand für Mobilität also ziertem motorisierten Individualverkehr gleich- sätzlich werden dabei ebenerdige Situationen
offensichtlich geringen Veränderungen unter- wertig. Die Energiebilanz einer Familie kann in durch den Menschen positiver eingeschätzt
liegt, vergrößern sich hingegen die Bewe- Städten bis zum Faktor vier geringer sein als (Abb. B 2.70 a – c). Eine helle Gestaltung der
gungs- bzw. Einzugsradien und damit die im ländlichen Raum. Räume insbesondere bei geringen Personen-
durch den Verkehr erreichbaren Ziele. Gleich- Damit ist die beste Vermeidungsstrategie von aufkommen und bei Nacht bieten für unter-
zeitig steigt das Verkehrsaufkommen. Beides Verkehr eine verdichtete Bauweise, gepaart irdische Standorte einen gewissen Ausgleich.
ist Ausdruck der immer stärkeren Flexibilisie- mit einem lokalen Angebot an interessanten Letztere reduzieren den Verbrauch an nutz-
rung unserer Lebensgewohnheiten [9]. Plätzen, vielfältigen räumlichen Situationen baren Flächen im Stadtraum, benötigen aller-
Der Mensch legt im Mittel 3,5 Wege pro Tag und der Nähe von Bedarf und Angebot. Kurze dings einen hohen Energieeinsatz für Belüf-
zurück. 50 % dieser Wege sind kürzer als Distanzen zu Einkauf, Schule, Arbeit, Erholung tung und Belichtung, soweit keine unmittel-
3 km. und anderen Funktionen ersparen Verkehr bare Licht- und Luftversorgung durch den
a b c B 2.70
79
Stadtraum und Infrastruktur
Regenwasser
Schmutzwasser
Strom, Straßen-
beleuchtung Regen- Straßen-
etc. wasserkanal wasser
Fern- Gas
heizung Hochdruck-
Telefon- und Datenleitungen
wasserleitung
Ferngasversorgung
Schmutzwasserkanal
mit Kontrollschacht
B 2.71 B 2.72
Außenraum herstellbar ist (Abb. B 2.71). potenziale darstellen. Die Sicherheit kann Am Gebäude entstehen unter Berücksichti-
Zur Erschließung der näheren Umgebung durch das Angleichen der verschiedenen gung von Ausrichtung und Zugänglichkeit
sollten attraktive Fuß- und Radwege mit einer Geschwindigkeiten oder die Trennung der Ver- des Objekts zum Straßenraum sowie zur
sicheren, vorrangigen Wegführung und leicht kehrsformen erhöht werden. Letzteres ist aller- Lage und Gestaltung der Eingangsbereiche
erreichbaren Fahrradabstellplätzen in einem dings mit erheblichem Flächenaufwand ver- Flächen für den ruhenden Verkehr. Die Ein-
Mobilitätskonzept vorgesehen werden. bunden und kann einen Verlust urbaner Quali- richtung von Fahrradstellplätzen, die möglichst
täten bewirken. kompakte Anordnung von Pkw-Stellplätzen
Straßenraum Durch entsprechende Gestaltungsmaßnahmen sowie die Reduktion von Parkplätzen zuguns-
Innerhalb von Siedlungsgebieten belegen wird bei Geschwindigkeitsübergängen eine ten einer Umlagerung auf ÖPNV unterstützen
öffentliche Verkehrsbauwerke durchschnittlich erhöhte Aufmerksamkeit des Verkehrsteilneh- den Wechsel auf energieeffiziente Formen der
39 % der Flächen. Angesichts dieses hohen mers erzielt. Die Entschleunigung des Raum- Fortbewegung. Hierzu tragen auch Anreiz-
Flächenaufwands erscheinen Maßnahmen zur verkehrs, z. B. eine verkehrsberuhigte Platzge- systeme wie z. B. integrierte ÖPNV-Tickets bei.
effizienten Flächennutzung, zur Verringerung staltung, trägt gleichzeitig zur Erhöhung der
des Flächenverbrauchs sowie zur Umwand- Aufenthaltsqualität im Straßenraum bei (Abb. Ruhender Verkehr
lung gering genutzter Verkehrsflächen sinnvoll B 2.73). Mobilität ist immer auch mit Stillstand ver-
(Abb. B 2.72). Schnell und dicht fließender Verkehr erzeugt knüpft. Ein Pkw wird im Durchschnitt nur zu
Durch verschiedene Verkehrsformen entstehen negative Wirkungen auf das soziale Umfeld. ca. 1 % seiner Lebensdauer bewegt [1]. Pkw
innerhalb des Straßenraums unterschiedliche Mit der Zunahme segregierender Verkehrs- erzeugen neben dem Bedarf an Mobilitätsinfra-
Bewegungsgeschwindigkeiten. Diese können ströme geht nachweislich die Abnahme lokaler struktur einen hohen Raumbedarf durch Park-
sich gegenseitig behindern oder Gefahren- Kontakte von Anwohnern einher. und Stellflächen. Der Flächenbedarf für Stell-
• angestrebte
Verdrängung von
Fremdverkehr
Verringerung der
Geschwindigkeit
Verdeutlichung
der Wohnfunktion
mehr Sicherheit für
Fußgänger und Kinder
mehr Bewegungsraum
für Fußgänger
Verringerung
von Verkehrslärm
Appell zur Rücksicht
»positive Motivation«
Kfz-Besitz Straßengestaltung
Wirkung
• wahrschein-
liche Wirkung
Abnahmne des KFZ-Besitzes
• • • •
Beispiel: Stadtrandgebiete und volle Bedarfsdeckung für Park-
Umland flächen, lokale Garagen
Schleifenstraße • •
Einbahnstraße • •
autoreduziertes Quartier verkehrsberuhigte Gestaltung
unterdurchschnittlicher Besitz von eingeschränkter MIV-Verkehr,
Detailgestaltung
KFZ pro Person, Anreize für Auto- Tempo 30 km / h, Wohn- und Materialwechsel •
freiheit (z. B. speziellen Zugang zu Spielstraßen bei Fahrbahnen
ÖPNV, Car-Sharing)
eingeschränkte Parkflächen, Profilverengung • • • •
Beispiel: Französisches Viertel, zentrale Parkeinrichtungen
Tübingen (D) (z. B. Tiefgaragen)
optische Umgestaltung • • • • • •
des Straßenraums
80
Stadtraum und Infrastruktur
Luftströmung
warme Luft
Solarstrahlung
B 2.71 natürliche Belichtung in der Stadtbahnstation Rat-
haus-Süd, Bochum (D) 2006, Pahl + Weber-Pahl
B 2.72 schematischer Schnitt durch einen Straßenraum
B 2.73 Abhängigkeiten von Kfz-Besitz, Stellplatzbedarf
und Nutzereinschränkung
B 2.74 Maßnahmen und Wirkungen im Straßenverkehr
B 2.75 schematische Darstellung der Tiefgaragen eines
Verwaltunggebäudes, Wiesbaden (D) 2001,
Thomas Herzog
B 2.76 Luftbild der Innenstadt von Houston, Texas (USA)
B 2.77 Flächenbedarf verschiedener Stellplatzsituationen
B 2.78 schematische Darstellung verschiedener Park-
systeme:
a Parksafe
b Flurparker
c Doppelparker
d Tripelparker
B 2.75 B 2.76
plätze aller in Deutschland angemeldeten Pkw kann. Da die Stellplätze keine Fahrerschlie-
entspricht etwa 20 % der deutschen Wohnflä- ßung benötigen, ergibt sich gegenüber direkt
che. Dies erzeugt bei ebenerdigen Parkmög- anfahrbaren Stellplätzen ein deutlich verrin-
lichkeiten Konflikte zwischen hochwertiger gerter Flächen- und Raumbedarf, allerdings
Nutzung und niederwertigem Parkraum (Abb. bei erhöhten Betriebskosten (Abb. B 2.78).
mögl. Stell- 34 40 68 80
B 2.76). Daher sind in diesem Zusammenhang
platzanzahl
besonders flächensparende Parkmöglichkei- Energetisch stellen parkende Autos unaus- auf 100
ten zu bedenken: gelastete Kraftwerke mit äußerst geringem Weglänge
Wirkungsgrad für die Fortbewegung (ca. 18 %) mögl. Stell- 4,4 3,2 4,4 5
• Parkflächen: dar. Der Deutsche Pkw-Bestand verfügt mit platzanzahl
Über die Anordnung der Stellplätze lässt ca. 46 Mio. Fahrzeugen und einer geschätzten auf 100 m 2
sich der notwendige Flächenbedarf um bis durchschnittlichen Motorleitung von 60 kW Fläche
zu 35 % reduzieren (Abb. B 2.77). Im Wohn- über eine mechanische Leistung von 2,8 Ter- Flächenbe- 22,5 30,8 22,5 20
bereich besteht über so genannte Doppel- rawatt. Als motorgetriebene Objekte beinhalten darf pro Stell-
platz inkl.
und Dreifachparker die Möglichkeit, die sie prinzipiell alle notwendigen Bestandteile Erschl. m 2
Stellplatzfläche zu reduzieren. Die höhenver- für eine dezentrale Kraft-Wärme-Kopplung. Bei
stellbaren Plattformen benötigen als Doppel- einer jährlichen Standzeit von ca. 8600 Stun- B 2.77
parker dazu eine Stellplatzhöhe von 3,50 bis den könnten damit 24 000 TWh Strom erzeugt
4,95 m. werden. Die Bruttostromerzeugung in Deutsch-
• Hochgaragen: land beträgt etwa 550 TWh, was ca. 2 % die-
Durch die Stapelung von Stellplatzflächen ses theoretischen Potenzials entspricht.
kann der Flächenbedarf im Stadtraum verrin- Zudem entstünde bei diesem Prozess Wärme-
gert werden. Die Fahrerschließung benötigt energie in Höhe von ca. 50 000 TWh, was dem
jedoch nochmals etwa die gleiche Fläche ca. 20-fachen des jährlichen Endenergiebe-
wie der Stellplatz selbst (Abb. B 2.78). darfs oder dem 575-fachen der jährlichen
In Wohngebieten tragen Quartiersgaragen in Fernwärmeerzeugung in Deutschland ent-
Form von Hoch- oder Tiefgaragen dazu bei, spricht.
den öffentlichen Raum vom Verkehr zu ent-
lasten, schaffen zusätzliche Treffpunkte in
Anmerkungen:
einem Quartier (soziale Wirkung) und bewir- [1] Knoflacher, Herrmann: Stehzeuge. Wien / Köln / Wei-
ken ein hohes Sicherheitsempfinden bei den mar 2001 a Querschnitt Längsschnitt
Nutzern. [2] Hauff, Volker: Unsere gemeinsame Zukunft. Der
• Tiefgaragen: Brundtland Bericht der Weltkommission für Umwelt
und Entwicklung. Greven 1987
Tiefgaragen sind in Bau und Betrieb beson-
[3] Mehr Wert für die Fläche: Das »Ziel-30-ha« für die
ders aufwendig. Mit dauerhaft notwendiger, Nachhaltigkeit in Stadt und Land. Rat für Nachhal-
künstlicher Belichtung und Belüftung kann tige Entwicklung (Hrsg.). Berlin 2004
ihr Energiebedarf über dem Heizwärmebe- [4] Energiewirtschaftliche Planung für die Netzintegra-
darf eines Gebäudes liegen. Natürliche tion von Windenergie in Deutschland an Land und
Offshore bis zum Jahr 2020 (denaNetzstudie). Deut-
Belichtung und Belüftung müssen daher ent- sche Energieagentur (Hrsg.). Köln 2005
sprechend berücksichtigt werden, zumal sie [5] Meyer, Franz: Kältespeicher in großen Kältenetzen.
zugleich das Sicherheitsempfinden der Benut- In: Projektinfo 10/05. Bine Informationsdienst 2005
[6] Wasser-Wissen, RWE AG b Querschnitt Längsschnitt
zer positiv beeinflussen (Abb. B 2.74). Im
[7] Steigerung der Energieeffizienz von Kläranlagen.
Gegenzug ermöglicht ihre unterirdische Lage
Vortrag zum BMU / UBA Fachgespräch Energieeffizi-
ein erhöhtes Angebot an hochwertigen, eben- enz auf Kläranlagen, Ingenieurberatung für Abwas-
erdigen Nutzflächen in dichter Bebauung. sertechnik Bernd Haberkern. Bonn 2007
• automatische Parksysteme: [8] Steierwald, Gerd: Stadtverkehrsplanung. Berlin / Hei-
Sie basieren auf dem Grundprinzip, Autos delberg / New York 2005
[9] Tully, Claus J.; Baier, Dirk: Mobiler Alltag – Mobilität
wie in einem Regal im Stadtraum mecha- zwischen Option und Zwang. Vom Zusammenspiel
nisch abzustellen, was oberirdisch, unter- biographischer Motive und sozialer Vorgaben. Wies-
irdisch oder gebäudeintegriert geschehen baden 2006 c Querschnitt d Querschnitt
B 2.78
81
Gebäudehülle
B 3.1
Die Hülle eines Gebäudes definiert die Tren- Nutzung
nung zwischen innen und außen, sie prägt Aufgabe der Gebäudehülle ist es, für die je-
das äußere Erscheinungsbild des Bauwerks weilige Nutzung sichere, gesunde und behag-
und kommuniziert mit ihrem Umfeld. In der liche Innenraumverhältnisse zu schaffen, wobei
Entwicklungsgeschichte der Gebäudehülle sich die Rahmenbedingungen zum Teil erheb-
stehen daher gestaltprägende Merkmale, lich unterscheiden. Für Wohngebäude beste-
Proportion, Materialität und kulturelle Bedeu- hen prinzipiell andere Anforderungen als für
tungen im Vordergrund. Ihr funktionaler Nutzen Büroräume oder Museen, Theaterräume und
besteht primär darin, das Bauwerk vor Wind, Produktionshallen. Allein aufgrund der Nutzung
Niederschlag und Sonneneinstrahlung zu können rechtliche Vorgaben, z. B. ein hoher
schützen. Mit zunehmenden Behaglichkeits- Luftaustausch oder Beleuchtungsstärken, eine
anforderungen übernimmt die Gebäudehülle entsprechende Ausbildung der Gebäudehülle
jedoch auch eine komplexere klimaregulie- bewirken.
rende Funktion. Die angestrebte Behaglichkeit umschreibt eine
Durch die steigende Bedeutung des Energie- subjektive Wahrnehmung, die von einer Viel-
verbrauchs von Bauwerken rückt die Gebäude- zahl unterschiedlicher Einflussfaktoren be-
hülle – und hierbei besonders die Fassade – stimmt wird (siehe Grundlagen, S. 55). Bei allen
verstärkt in den Mittelpunkt gestalterischer und Überlegungen zur Energieoptimierung von
technischer Überlegungen. Die Außenflächen Gebäudehüllen sind die nutzerspezifischen
eines Bauwerks prägen wesentlich dessen Anforderungen sowohl elementare Bedingung
energetisches Verhalten. Das gilt sowohl für die als auch zugleich Ziel. Ein tragfähiges Konzept
Optimierung des Wärmetransports zwischen beinhaltet die Synthese aller relevanten Para-
innen und außen als auch für die dezentrale meter und stellt den Nutzer in den Mittelpunkt
Energieerzeugung über die Gebäudehülle der Betrachtung. Gerade bei Gebäuden, deren
(Abb. B 3.1). Energiekonzept auf ein enges Zusammenwir-
Parallel hierzu nimmt das Bewusstsein einer ken mit den äußeren Einflüssen basiert, ist es
nachhaltigen Verwendung von Ressourcen zu. erforderlich und auch zulässig, die subjektiven
Die Wahl der Hüllmaterialien definiert in erheb- Anforderungen des Nutzers zu hinterfragen. So
lichem Maße sowohl den Energieaufwand für ist eine zeitlich begrenzte Abweichung von den
die Erstellung des Gebäudes als auch die Fol- idealen Kennwerten oftmals sinnvoll, wenn
geaufwendungen, z. B. für Betriebsenergie, dadurch die unterstützende Klimatechnik redu-
Reinigung oder Instandhaltung (siehe Material, ziert werden kann. Zudem stellen statische,
S. 165). Weitere Aspekte der Nachhaltigkeit unabhängig vom Wetter herrschende Innen-
sind Lärm- und Sichtschutz, die Dauerhaftigkeit raumbedingungen nicht zwingend ein Opti-
der Materialien und die Rückbaufähigkeit. mum für das menschliche Wohlbefinden dar.
82
Gebäudehülle
schen makro- und mikroklimatischen Bedin- Ein zunehmend wichtiger Aspekt ist die Inte- hier die Energieeinsparverordnung (EnEV), die
gungen. Neben Einsparungen bei technischen gration dezentraler Haustechnik in die Gebäu- auf dem Gesetz zur Einsparung von Energie in
Systemen und reduziertem Energiebedarf steht dehülle. Hier steht inzwischen eine umfangrei- Gebäuden (EnEG) basiert und konkrete Vorga-
insbesondere die erhöhte Behaglichkeit im Mit- che Auswahl zur Verfügung, die von Stellmoto- ben zum maximal zulässigen Primärenergiebe-
telpunkt. Die technischen und materialbezoge- ren für die automatische Nachtluftkühlung über darf von Gebäuden umfasst (siehe Strategien,
nen Eigenschaften der Außenflächen überneh- vollautomatisch regulierte Sonnenschutzsyste- S. 183). Die für die Gebäudehülle wesentlichen
men dabei eine Schlüsselfunktion. Eine genaue me bis hin zu Fassadenlüftungsgeräten und gesetzlichen Regelungen sind im Anhang auf-
Analyse der klimatischen Kennwerte ist daher aktiven Solarelementen reicht. Hierbei sind geführt (siehe S. 268)
eine wichtige Voraussetzung für die Entwick- unterschiedliche Dauerhaftigkeiten von Hüll-
lung einer standortgerechten Gebäudehülle. systemen und technischen Komponenten zu Historische Entwicklung
beachten. Eine nachträgliche Verbesserung In warmen Klimazonen wurden Bauten von
Konstruktion der energetischen Eigenschaften ist bei der Beginn an konstruktiv in Tragwerk (z. B. Holz-
Die Ausbildung der Hülle kann durch die Art Gebäudehülle zudem mit hohem Aufwand ver- stützen) und Gebäudehülle (z. B. Tierfelle) auf-
der Gebäudekonstruktion beeinflusst sein. bunden. Es macht deshalb Sinn, bei Neubau- geteilt. In den gemäßigten und kalten Klima-
Hierbei ist entscheidend, ob die Außenhaut wie Sanierungsmaßnahmen die weitere Ent- zonen überwogen demgegenüber massive
eine tragende Funktion übernimmt oder ob sie wicklung von Komfortansprüchen und der Außenwände, die zugleich statische Funktionen
frei von primären statischen Anforderungen ist. Energiebereitstellung abzuschätzen und mög- übernahmen (z. B. Mauerwerk). Diese beein-
Materialwahl und Konstruktion bedingen sich lichst entsprechend hohe Standards zu rea- flussten durch konstruktiv bedingte kleine Öff-
dementsprechend gegenseitig. Überwiegen lisieren. nungen und ihre hohe Speichermasse maß-
im Wohnungsbau weitgehend massive Außen- geblich das Innenraumklima.
wände mit klimaregulierender Wirkung, sind bei Rechtliche Anforderungen Insbesondere Naturwissenschaftler trugen im
vielen zeitgenössischen Verwaltungsgebäuden Die Planung wird zunehmend durch rechtliche 19. Jahrhundert über bauphysikalische Erklä-
Trag- und Hüllfunktion getrennt, oftmals in Ver- Grundlagen beeinflusst. Zahlreiche Dokumente rungen der Funktionsweise von Gebäudehüllen
bindung mit großflächiger Verwendung von beinhalten Vorgaben und Empfehlungen be- zur weiteren Entwicklung bei. Der Franzose
Glas. Transparente Flächen bedürfen beson- züglich der energetischen Eigenschaften der Jean Fourier stellte um 1820 eine Theorie über
derer Sorgfalt bei der Planung, weil sie in der Gebäudehülle. Die entsprechenden Gesetze die Wärmeleitung in festen Körpern auf und
Regel vielfältige Funktionen zu erfüllen haben werden von Bundes- oder Landesregierungen prägte mit den Begriffen »Wärmefluss«, »Tem-
und unerwünschte Nebenwirkungen entfalten erlassen und bilden oftmals die Grundlage für peraturgefälle« und »Wärmeleitfähigkeit« unse-
können. Um diese zu bewältigen, sind sie darauf aufbauende Verordnungen oder Richt- ren heutigen Sprachgebrauch. Im Jahre 1828
daher meist ergänzt durch unterstützende Sys- linien. Verordnungen dienen der Präzisierung führte dann der ebenfalls aus Frankreich stam-
teme wie öffenbare Elemente, Sonnenschutz, von Gesetzen und verweisen zudem auf zahl- mende Physiker Jean Claude Eugène Péclet
Blendschutz etc. reiche Normen. Ein Beispiel für Deutschland ist den k-Wert (heute U-Wert in W / m2K, siehe
83
Gebäudehülle
1800
Material, S. 150, Abb. B 5.12) als Koeffizient für ben nach großflächigen Verglasungen zur Opti-
• Einführung der Begriffe Wärmefluss, Tem- die Durchlässigkeit von Wärme eines Körpers mierung der Tageslichtverhältnisse im Innen-
peraturgefälle und Wärmeleitfähigkeit ein [1]. Im energetischen Sinn besteht die raum bewirkte aufgrund der damals unzurei-
• Einführung des k-Werts als Kennwert für die Gebäudehülle im einfachsten Fall aus sechs chenden physikalischen Eigenschaften der
Wärmeleitfähigkeit (heute U-Wert) Flächen. Diese sind entsprechend ihrer jewei- Verglasung jedoch überwiegend eine Ver-
ligen inneren und äußeren Anforderungen dif- schlechterung der thermischen Behaglichkeit.
ferenziert zu betrachten. Waren Dach und Zudem führten hohe Transmissionswärmever-
Bodenplatte fast ausschließlich funktional luste in der Heizperiode und übermäßige Wär-
1850
bestimmt, wurde die Fassade als »kommuni- meeintragungen im Sommer zu hohem Ener-
• Kristallpalast in London (GB)
zierendes« System schon immer auch unter gieverbrauch. Die unzureichend gedämmten
• Einführung des Begriffs Wärmeverlust durch gestalterischen Gesichtspunkten entwickelt. opaken Außenbauteile trugen zusätzlich zum
Transmission und Lüftung
Für die europäische Architektur waren in die- hohen Heizwärmedarf bei. Als Folge daraus
sem Zusammenhang vor allem die Entwick- wurde in den 1970er-Jahren in Deutschland
• Patent für Isolierverglasung
lungen in der Glastechnologie und Eisenher- das »Gesetz zur Einsparung von Energie in
• erste solare Luftkollektorfassade (USA) stellung von Bedeutung. Bereits Mitte des Gebäuden (EnEG)« verabschiedet. Dies war
19. Jahrhunderts entstand mit dem Kristallpa- die Grundlage für die 1977 inkraftgetretene
1900 • erste Doppelfassade: Produktionshalle Steiff (D) last in London einer der Höhepunkte der Glas- Wärmeschutzverordnung (WSVO), in der erst-
• Patent für Dämmelemente aus Kork architektur. Fast zeitgleich wurde in den USA mals verbindlich definierte maximale k-Werte
• erste vorgehängte Glasfassade das erste Patent für Isolierverglasungen erteilt. für Außenbauteile beheizter Gebäude gefordert
Halladie Building, San Francisco (USA) Auch vielfach unbeachtete Teile der Gebäude- wurden.
• Marktreife von Isolierglas hülle sind in diesem Zusammenhang von gro- Parallel hierzu rückte der Wunsch wieder ins
ßer Bedeutung: die Flächen gegen Erdreich. Blickfeld, die Energie der Sonne verstärkt für
• Erfindung des Sonnenschutzglases
Für die Außenwirkung unbedeutend, überneh- die Raumbeheizung heranzuziehen. Die ele-
men sie in der Wärmebilanz eines Bauwerks mentaren Regeln zur passiven Nutzung der
1950 • Entwicklung von mineralischen Dämmstoffen eine wichtige Funktion. Solarstrahlung mündeten im Wohnungsbau der
• Entwicklung Wärmedämmverbundsystem Im Sinne der thermischen Behaglichkeit wurde 1980er-Jahre in eine Epoche von Experimental-
• Einführung des Begriffs Bauphysik der Wärmeschutz über Außenwände schon im bauten, die, nach Süden orientiert und mit
19. Jahrhundert thematisiert. Die bauphysikali- hohem Verglasungsanteil und Speichermasse
• Entwicklung der Trombewand sche Funktion als Bauteilschutz wurde mit der ausgestattet, den Begriff »Solararchitektur«
Entwicklung mehrschichtiger Gebäudehüllen manifestierten. Es zeigte sich jedoch bald,
• Passivhaus aus unterschiedlichen Materialien relevant. Erst dass eine Maximierung der passiven Solarge-
• Plusenergiehaus später erhielten im Zusammenhang mit dem winne allein nicht die gewünschten Ergebnisse
2000 Energieverbrauch wirtschaftliche und dann erzielte. Deutlich größere Erfolge verzeichneten
B 3.3 auch ökologische Aspekte ihren heutigen Stel- Maßnahmen zur Minimierung der Wärmeverlus-
lenwert (Abb. B 3.3). te durch die Gebäudehülle, die schließlich den
Heizwärmebedarf zum kleinsten Posten in der
Das 20. Jahrhundert Nutzenergiebilanz schrumpfen ließen, wie es
Die Architekturentwicklung zu Beginn des z. B. beim ersten Passivhaus in Deutschland
20. Jahrhunderts war geprägt durch das Stre- bereits zu Beginn der 1990er-Jahre demons-
ben nach filigranen Konstruktionen und dem triert wurde (Abb. B 3.5).
großflächigen Einsatz von Glas, wie es z. B.
Walter Gropius bei den Fagus-Werken ein- Aktuelle Tendenzen
drucksvoll demonstrierte (Abb. B 3.4) und Lud- Parallel zu den realisierten Forschungsbauten
wig Mies van der Rohe in seiner Vision für ein wurden bereits seit den 1980er-Jahren Soft-
gläsernes Hochhaus in Berlin formulierte. Eine wareprogramme entwickelt, die von der Erstel-
differenzierte Betrachtung der Gebäudehülle lung einfacher Energiebilanzen bis zur komple-
wurde Anfang des 20. Jahrhunderts durch den xen Energie- und Strömungssimulation den
Ingenieur Ludwig Dietz ermöglicht, der für gesamten Entwicklungsprozess begleiten und
mehrschichtige und inhomogene Bauteile beeinflussen können. Wärmeleitung, -strahlung
einen mittleren k-Wert definierte [1]. Das Stre- und -konvektion sind dreidimensional und mit
84
Gebäudehülle
85
Gebäudehülle
250 Altbau Minimierung der Verluste und der Maximierung gegeben (»A / V-Verhältnis«, auch »Formfak-
der Solargewinne das Optimierungspotenzial tor«). In geometrischer Hinsicht stellt die Kugel
200 der Gebäudehülle. Als Zielgröße (oder Kenn- die Idealform dar, als orthogonale Struktur der
wert) zur Bewertung der passiven thermischen Würfel. Abweichungen von diesen optimalen
Leistungsfähigkeit des Gebäudes über seine Formen erzeugen Unterschiede hinsichtlich
150 Hülle kann der mittlere Wärmedurchlasswider- des Wärmebedarfs eines Gebäudes (Abb.
stand der wärmeübertragenden Umschlie- B 3.10).
EnEV ßungsflächen H'T in W / m2K dienen (Abb. B Unbeheizte Erschließungszonen, Abstell- und
100
3.9). Er gibt Aufschluss über die Größe der zu Lagerräume, Garagen etc. zählen nicht zum
erwartenden Transmissionswärmeverluste. beheizten Volumen und müssen daher ther-
50 Ergänzend stellt auch die Außenluftversorgung misch abgegrenzt werden. Aus energetischer
Passivhaus
bei niedrigen Lufttemperaturen einen Verlust- Sicht ist daher nicht die Kompaktheit des
faktor dar, der mit zunehmender Luftwechsel- »Bruttovolumens«, sondern des beheizten
0 rate an Bedeutung gewinnt. Schließlich doku- Gebäudevolumens relevant (Abb. B 3.11).
0,2 0,4 0,6 0,8 0,9 1,0
mentiert der Verglasungsanteil in Abhängigkeit Eine geringe Fassadenfläche wirkt sich auch
A/V-Verhältnis [1/m]
von der Orientierung das mögliche Potenzial auf die Baukosten positiv aus. Das Streben
B 3.10 für die passive Nutzung der Solarstrahlung. nach hoher Kompaktheit findet seine Gren-
Neben dem direkten thermischen Energiefluss ze, wo Tageslichtbedingungen und Sichtkon-
über die Gebäudehülle gewinnen zunehmend takte nach außen beeinträchtigt werden (siehe
aktive solarthermische Systeme zur Wärmever- S. 102).
sorgung an Bedeutung. Hierfür eignen sich Prinzipiell verbessert sich das Maß der Kom-
Bauteile der Gebäudehülle in besonderem paktheit mit zunehmendem Gesamtvolumen.
Maße (siehe S. 93). So entstehen bei großen Geschosswohnungs-
Zur Verbesserung des winterlichen Wärmever- bauten deutlich geringere Transmissionswär-
haltens der Gebäudehülle sind folgende Ele- meverluste als bei frei stehenden Einfamilien-
mente aufeinander abzustimmen: häusern mit gleicher Wohnfläche (siehe Stadt-
raum und Infrastruktur, S. 70, Abb. B 2.33).
• Flächenoptimierung und Hüllengeometrie
• Wärmedämmung opaker Bauteile Thermische Zonierung
• Wärmedämmung transparenter Bauteile Auch bei der Grundrissgestaltung lassen sich
• passive Nutzung der Solarstrahlung energetische Optimierungspotenziale über
• Minimierung der Lüftungswärmeverluste eine thermische Zonierung nutzen. Dies be-
Gebäudevolumen beheiztes Volumen • aktive solarthermische Energiegewinnung deutet, die Nutzflächen gezielt in Bereiche
B 3.11
86
Gebäudehülle
1 2 3
87
Gebäudehülle
Für eine bauphysikalisch ideale Schichtfolge Ebene statisch verbunden werden. Dies führt Dächer
sollte das wärmedämmende Material auf der zwangsläufig zu Durchstoßpunkten in der Wär- Das Dach ist insbesondere bei niedrigen Ge-
Außenseite massiver Außenwände (z. B. Mauer- medämmebene. Der Abstand zwischen den bäuden eine bedeutende Verlustfläche durch
werk, Betonwände) angebracht sein. Dadurch Schalen und damit die mögliche Dämmschicht- Wärmetransmission. Zu unterscheiden sind
ist die Wandkonstruktion im warmen Bereich dicke ist bei Standardsystemen auf ca. 150 mm Massivdecken, Sparren- bzw. Pfettendächer
und kann mit ihrer Masse das Innenraumklima begrenzt. Erhöhte Dämmstoffdicken erfordern und Leichtkonstruktionen. In Abb. B 3.24 bis 26
günstig beeinflussen. Ein weitverbreitetes Sonderlösungen. sind unterschiedliche Dachaufbauten beispiel-
System zur Wärmedämmung massiver Außen- Ist eine Außendämmung nicht möglich (z. B. haft gegenübergestellt.
wände ist das Wärmedämmverbundsystem bei der Sanierung von denkmalgeschützten
(WDVS, auch »Thermohaut«). Dieses Prinzip Fassaden), kann sie auch innenseitig ange- • Flachdächer sind meist als Massivdächer
ermöglicht eine effiziente und thermisch hoch- bracht werden (Abb. B 3.21). Hierbei wird ausgebildet und werden in der Regel als
wertige Optimierung von Außenwänden und jedoch die Speichermasse der Wand thermisch Betondecken ausgeführt. Sie sind hinsichtlich
kombiniert Wärme- und Witterungsschutz vom Innenraum entkoppelt. Zudem sind nach- der wärmetechnischen Optimierung ver-
(Abb. B 3.15 und 18). Wärmedämmverbund- trägliche Wandmontagen nur eingeschränkt gleichbar mit massiven Außenwänden. Bei
systeme werden flächig auf der massiven möglich, da die zum Raum gerichtete Schale in der Materialwahl von Dämmstoffen ist die
Wand verklebt und bei hohen statischen Anfor- der Regel weich ist und Durchdringungen der erhöhte Druckbelastung zu beachten, ins-
derungen zusätzlich verdübelt. Sie lassen sich dahinter meist zwingend anzubringenden besondere bei begehbaren Flächen oder
auf nahezu jedem Untergrund einsetzen und Dampfbremse bauphysikalisch problematisch Dachbegrünungen (Abb. B 3.24). Verwen-
eignen sich auch sehr gut für eine nachträg- sind. Große Sorgfalt ist bei der Innendämmung dung finden meist Hartschaumelemente, je
liche Dämmung bei der Gebäudesanierung. auf den Feuchteschutz zu legen. Mit zuneh- nach Dachaufbau als Warm- oder Kaltdach
Alternativ kann der Witterungsschutz losgelöst mender Innendämmung verringert sich die ausgeführt. Für U-Werte < 0,15 W / m2K sind
von der Dämmebene ausgeführt werden. Die Oberflächentemperatur der tragenden Wand- Dämmstärken von über 20 cm erforderlich.
äußere Schicht wird dabei hinterlüftet, um konstruktion auf der Innenseite. Um Kondensat- Der daraus resultierende Dachaufbau ist bei
Feuchtigkeit abzuleiten. Dieser Aufbau ermög- bildung zu vermeiden, ist bei der Planung dar- der Planung der Gebäudehöhe (Attika) zu
licht ein breites Spektrum an Fassadenmateria- auf zu achten, dass in Luft gelöster Wasser- beachten.
lien und Gestaltungsmöglichkeiten (Abb. B dampf an keiner Stelle – insbesondere in der • Geneigte Dächer werden im Wohnungsbau
3.20). Die Verankerung der äußeren Schicht an Dämmebene – die Taupunkttemperatur unter- meist als Sparren- bzw. Pfettendächer aus-
der tragenden Wand verursacht in der Regel schreitet. Die Dämmstärke der Innendämmung gebildet. Hier gelten prinzipiell die gleichen
eine Schwächung der Dämmebene, die bei der ist daher auf ca. 60 bis100 mm beschränkt. Bedingungen wie bei Holzständer-Wandkon-
Ermittlung des Wärmedurchgangskoeffizienten Zusätzlich ist eine Dampfsperre (wasserdampf- struktionen. Zu beachten ist insbesondere
zu berücksichtigen ist. undurchlässige Folie) auf der Innenseite der eine fehlerfreie Ausführung der Dampfsperre
Bei zweischalig-massivem Wandaufbau (bei- Dämmung anzubringen, um den Feuchtigkeits- auf der Innenseite. Zusätzlich zu einer durch-
spielsweise Sichtmauerwerk, Sichtbeton) be- transport vom Innenraum in die Dämmebene gehenden Dämmebene kann auch der Spar-
steht die Möglichkeit einer Kerndämmung zu verhindern. Alternativ können Dämmmateri- renzwischenraum für die Einbringungen von
(Abb. B 3.17). Die Wandkonstruktion wird in alien eingesetzt werden, die Wasserdampf in Dämmstoffen genutzt werden (Abb. B 3.25).
der Regel ohne Hinterlüftung ausgeführt. Als großen Mengen aufnehmen und wieder abge- Wird auf eine Zwischensparrendämmung
Dämmmaterial werden Mineralfaser und Hart- ben können (z. B. Mineralschaumplatten aus verzichtet (z. B. aus gestalterischen Gründen
schaumplatten oder auch Schüttstoffe verwen- Kalziumsilikat). Hier ist da-rauf zu achten, dass für eine sichtbare Konstruktion), ist die durch-
det. Die äußere Schale muss analog zur hinter- durch Luftaustausch im Innenraum die Feuch- gängige Dämmebene entsprechend stark
lüftete Fassade mit der inneren tragenden tigkeit abgeführt werden kann. auszubilden, was zu einem hohen Dachauf-
Bei der Skelettbauweise übernehmen stabför- bau führt. Bei hochgedämmten Konstruktio-
mige vertikale Elemente (Ständer bzw. Pfosten nen werden beide Prinzipien kombiniert, der
aus Holz oder Metall) die statische Funktion. Im hohe Dachaufbau ist bei der Gestaltung von
Wohnungsbau werden meist Holzständerkons- Überständen zu berücksichtigen.
truktionen eingesetzt. Diese ermöglichen eine • Bei Stahltragwerken werden vielfach beson-
Verflechtung von Trag- und Dämmebene in ders leichte Flächenelemente (z. B. Trapez-
einer Schicht und erreichen bei geringer Wand- blech) eingesetzt. Diese sind analog zu Mas-
stärke gute U-Werte (Abb. B 3.19). Durch den sivdächern mit außen liegender Dämmung
inhomogenen Wandaufbau ist der mittlere auszustatten (Abb. B 3.26). Alternativ zum
U-Wert entsprechend den Flächenverhältnis- schichtweisen Aufbau können gedämmte
sen von dämmenden und tragenden Bauteilen Sandwich-Kassettenelemente direkt auf der
B 3.16 Massivwand aus Porenbeton, Wohnhaus in Chur zu ermitteln (Abb. B 3.12). Im Nichtwohnungs- Tragkonstruktion befestigt werden.
(CH) 2003, Patrick Gartmann bau wird die statische Funktion meist durch
B 3.17 Sichtbeton mit Kerndämmung, Haus der Stille, Stahlbeton- oder Stahltragwerke realisiert. Bei Bauteile zu Räumen mit Temperaturdifferenz
Meschede (D) 2001, Peter Kulka mit Konstantin der davon losgelösten Gebäudehülle werden Auch Bauteile zu unbeheizten oder niedrig-
Pichler
B 3.18 Wärmedämmverbundsystem, Wohnhaus, Zwei-
überwiegend Pfosten-Riegel-Systeme einge- beheizten Räumen sind hinsichtlich der Wär-
brücken (D) 2006, dd1 Architekten setzt. Auf eine gute thermische Trennung des metransmission zu beachten. Dies betrifft z. B.
B 3.19 Holzständerwand, Wohnhaus, Seekirchen (A) Fassadensystems ist zu achten. Die Flächen- oberste Geschossdecken zu unbeheizten
2003, Ebner Grömer elemente können im opaken Bereich als Kalt- Dachräumen, Böden gegen Kellerräume,
B 3.20 hinterlüftete Metallfassade, Forschungszentrum,
fassade mit Dämmung massiver Bauteile (z. B. Decken oder Wände zu angrenzenden Gara-
Bonn (D) 2002, BMBW Architekten + Partner
B 3.21 Sanierung mit Innendämmung, Wohnhaus, Kon- Betonbrüstung) oder als hochgedämmte gen und unbeheizten Treppenhäusern. Auf-
stanz (D) 2003, Schaller + Sternagel Paneele ausgeführt werden (Abb. B 3.22). Mit grund der geringeren Temperaturdifferenzen
B 3.22 Pfosten-Riegel-Fassade mit Dämmpaneelen, der Verwendung von Vakuumisolationspanee- gelten hier reduzierte Anforderungen an den
Verwaltungsgebäude, Düsseldorf (D) 2005, len sind sehr gute Dämmwerte bereits bei Ele- Wärmeschutz. Bei der Altbausanierung erwei-
Gatermann + Schossig
B 3.23 Holzständer-Fassade mit Vakuumdämmpanee-
mentstärken zu erreichen, die nur geringfügig sen sich diese Dämmungen in der Regel als
len, Experimentierfassade, Würzburg (D)1999, über denen von Verglasungselementen liegen sehr wirtschaftlich, da mit geringem Aufwand
Michael Volz (Abb. B 3.23). ein hoher Einspareffekt zu erzielen ist.
88
Gebäudehülle
Stahlbeton
Kerndämmung
Dämmbeton Stahlbeton
B 3.16 B 3.17
Schalung
Luftschicht
Holzständerwand/
WDVS Dämmung
Massivwand Schalung
B 3.18 B 3.19
Fassadenpaneel Putz
Luftschicht Fachwerk
Dämmung Innendämmung
Massivwand Gipsplatte
B 3.20 B 3.21
Pfosten-Riegel-
Konstruktion/ Glaspaneel
Dämmpaneel Vakuumdämmung
Glas Hartfaserplatte
B 3.22 B 3.23
89
Gebäudehülle
Bauteile gegen Erdreich Hilfreich ist hierbei eine frühzeitige konzeptio- Wärmedämmung transparenter Bauteile
Bauteile mit direktem Kontakt zum Erdreich nelle Festlegung der Lage der Dämmschichten Bei der Planung transparenter Bauteile müssen
haben aufgrund dessen geringer Temperatur- und der wärmedämmenden Verglasungen. Bei zahlreiche Anforderungen wie Tageslichtnut-
schwankungen ein günstigeres thermisches Neubauten ist bei sorgfältiger Planung eine zung, Durchblick, Blendfreiheit etc. berücksich-
Verhalten als Bauteile gegen Außenluft. Die wärmebrückenfreie Ausführung realisierbar. tigt werden. Bei gut gedämmten Bauwerken
Wärmedämmung im Erdreich wird als Perime- Bei nicht zu vermeidenden Wärmebrücken und weisen transparente Flächen materialbedingt in
terdämmung bezeichnet und in der Regel insbesondere beim Bauen im Bestand sind die der Regel einen schlechteren Wärmeschutz auf
außerhalb der Bauwerksabdichtung angeord- entsprechenden Schwachstellen bauphysika- als opake Bauteile. Die Größe und Anordnung
net. Hierfür sind Materialien erforderlich, die für lisch kritisch zu bewerten und in der Berech- der Verglasungsanteile hat daher großen Ein-
hohe Feuchte- und Druckbeanspruchungen nung des Wärmebedarfs als Verlustquellen zu fluss auf die Transmissionswärmeverluste.
geeignet und verrottungsfrei sind (siehe Mate- berücksichtigen. Eine Analyse thermischer Diesbezüglich steigt die Bedeutung transpa-
rial, S. 151). Aufgrund der günstigeren Tempe- Schwachstellen kann durch Thermografieauf- renter Bauteile mit den Verglasungsanteilen.
ratur-Rahmenbedingungen genügen meist nahmen unterstützt werden. Die Ergebnisse Von einem hohen Verglasungsanteil spricht
geringere Dämmstärken als bei Wandelemen- solcher Bilder geben Informationen über die man bei einem transparenten Flächenanteil an
ten gegen Außenluft. Bei der Festlegung der Oberflächentemperaturen und lassen damit der Fassade von > 30 % bei Wohngebäuden
Dimensionen ist jedoch zu beachten, dass eine Rückschlüsse auf die Wärmeleitfähigkeit zu und > 50 % bei Gebäuden anderer Funktionen.
nachträgliche Verbesserung der thermischen (Abb. B 3.27). Die Berücksichtigung von Wär- Mit zunehmender Bauhöhe der Verglasungen
Qualität bei erdberührenden Bauteilen in der mebrücken kann in bestimmten Fällen über verstärkt sich generell der Kaltluftabfall entlang
Regel nicht mehr möglich ist. pauschale Zuschläge erfolgen oder über der kühleren Glasfläche nach unten und kann
detaillierte Berechnungen nachgewiesen wer- zu Zugerscheinungen führen. Dem muss dann
Wärmebrücken den [2]. Die Bedeutung von Wärmebrücken mit einer Wärmeabgabe über die Gebäude-
Bei der Wärmedämmung von Bauteilen ist der nimmt mit steigender energetischer Qualität technik entgegengewirkt werden.
Vermeidung von Wärmebrücken besondere der Gebäudehülle zu. Bei sehr gut gedämmten
Beachtung zu schenken. Dies sind lokale Stö- Bauten können auch geringe konstruktiv be- Glasqualität
rungen der thermischen Hülle, über die im Ver- dingte Wärmebrücken hohe Wärmeverluste Analog zu opaken Bauteilen gibt es auch bei
gleich zu umliegenden Flächen ein erhöhter verursachen. Zudem bewirken sie im Innenbe- Verglasungen große Unterschiede in der ther-
Wärmestrom an die Umgebung stattfindet, wie reich eine verminderte Oberflächentemperatur mischen Qualität. Je nach Klimazone und Nut-
z. B. bei auskragenden Balkonplatten, Wand- gegenüber den angrenzenden Bauteilen. Dies zung können Systeme von der Einfachvergla-
verankerungen oder Rolladenkästen (Abb. B birgt die Gefahr von Kondenswasserbildung sung bis hin zu hoch entwickelten Isolierglas-
3.29). Zu unterscheiden sind geometrische und mit entsprechenden Feuchteschäden. Eine elementen mit unterschiedlichen Beschichtun-
konstruktiv bedingte Wärmebrücken. Grund- sorgfältige Planung gefährdeter Bereiche ist gen und Gasen verwendet werden (siehe
sätzlich ist unter thermischen Aspekten eine daher vor allem im Sinne des Bauteilschutzes Material, S. 152 und 155). Als Standard werden
möglichst homogene Hüllfläche anzustreben. von großer Bedeutung. in gemäßigten Klimazonen heute überwiegend
1
1
1 2
2 3 2
4
3 5 3
6
7
4 4
5 5
6
6
1 Zinkblech
1 Gründach, Dachabdichtung 2 Trennlage 1 Photovoltaikmodule
2 Holzwerkstoffplatte 3 Schalung 2 Dachabdichtung, Holzwerkstoffplatte
3 Wärmedämmung 4 Wärmedämmung / Sparren 3 Wärmedämmung
4 Dampfbremse 5 Dampfbremse 4 Dampfbremse
5 Stahlbetondecke 6 Lattung 5 Trapezblech
6 Putz 7 Gipskartonplatte 6 Stahlträger
90
Gebäudehülle
1 Wärmedämm- 1 1 durchgängige
verbundsystem Dämmebene
1
2
2 vorgestellter Balkon 2 thermisch getrennte
2 Konstruktionen
Wärmebrückenzuschläge (z.B. Isokorb)
nach Energieausweis
bei Einhaltung von DIN 4108-6 3 3 außenliegende
WBZ = 0,05 W/m2K Funktionselemente
(z.B. Schiebeläden)
ohne Einhaltung von DIN 4108-6
WBZ = 0,1 W/m2K 3 Perimeterdämmung
bei Innendämmung 3 4 Dämmung unter 4 4 Perimeterdämmung
WBZ = 0,2 W/m2K 4 Kellerdecke
a b c B 3.29
91
Gebäudehülle
TWD Außenwand
Primärenergiebedarf [kWh/m2 a]
80 Verluste
Wärmegewinne
60 West 0,00 Ost
Ug =1,1
40 0,05
Ug =0,7
0,10
Ug =0,4 Reflexion
20 50 °C
• 0,15
0 0,20
0 20 40 60 80 100 • 20 °C Südwest Süd Südost
mittlerer U-Wert dynamisch [W/ m2K]
Verglasungsanteil der Fassade [%] 0 °C • mittlerer U-Wert statisch [W/m2K]
B 3.30 B 3.31 B 3.32
resultierenden »Passivität«) Grenzen gesetzt. Ausrichtung der für den Außenbezug und die möglichkeit verbunden sein (Abb. B 3.34).
So sind Energiebedarf und Energieangebot Tageslichtversorgung erforderlichen transpa- Neben Glas sind auch Folienkonstruktionen
in vielen Fällen gegenläufig. In diesem Zusam- renten Flächen in der Gebäudehülle. Zu beach- einsetzbar. In dreilagiger Ausführung erreichen
menhang spielen Sonnenschutz und Speicher- ten ist bei allen Ansätzen zur verstärkten Nut- diese U-Werte ≥ 1,7 W / m2K. Über spezielle
massen eine wichtige Rolle. Speichermassen zung der Solarstrahlung jedoch, dass die Vor- Ventile kann zudem die Lage der mittleren Folie
können kurzzeitige Schwankungen im Tag- teile während der kalten Jahreszeit nicht zu manuell verändert werden. Bei einer invertier-
und Nachtrhythmus effizient ausgleichen. negativen Konsequenzen in warmen Perioden ten Bedruckung der äußeren und der mittleren
Eine passive Nutzung der Solarstrahlung über führen dürfen (siehe S. 95). Das nutzbare Folien lässt sich damit der g-Wert des Folien-
Fensterflächen ist prinzipiell immer vorhanden, Solarpotenzial differiert zudem stark in Abhän- dachs je nach Anforderung in zwei Stufen vari-
selbst bei Nordausrichtung durch diffuse Solar- gigkeit von der Funktion des Gebäudes. So ist ieren (Abb. B 3.35).
strahlung. Der Wärmeeintrag durch die Vergla- z. B. in Wohngebäuden eine passive Solaropti- Im großen Maßstab bietet eine transparente
sungen wird bei der Wärmebedarfsberechnung mierung in der Regel sinnvoll, während bei Klimahülle neue Möglichkeiten der energeti-
als »solarer Gewinn« entsprechend berück- Bürobauten infolge der höheren internen Las- schen Optimierung, die zudem einen beson-
sichtigt. Der Umfang dieser Energieerträge ist ten meist die Überhitzungsproblematik im deren Raum entstehen lässt, der insbesondere
entscheidend beeinflussbar durch die Gestal- Sommer überwiegt. an kühlen Tagen große Aufenthaltsqualitäten
tung des Baukörpers sowie die Größe und gegenüber den Freiflächen außerhalb der
Anordnung der transparenten Flächen. Bei Solare Pufferräume Klimahülle schafft (siehe Beispiel 11). Die
transparenten Flächen spielt insbesondere die Neben der direkten Gewinnung der Solarstrah- Investitionen in die zusätzliche Hülle können
Ausrichtung der Bauteile zur Solarstrahlung lung ist ein weiterer konzeptioneller Ansatz die kompensiert werden durch geringere Anfor-
eine zentrale Rolle. Die thermische Wirkung Anordnung von sogenannten solaren Puffer- derungen an die Gebäudehüllen im Inneren.
einer Verglasung wird in der Heizperiode ermit- räumen. Ihre Palette reicht vom klassischen Auch bei der Sanierung von Bestandsgebäu-
telt als Differenz zwischen Transmissionswär- Wintergarten und verglasten Atrien bis zu kom- den kann dieser Ansatz eine interessante
meverlusten und solaren Gewinnen. Bei son- pletten Klimahüllen. Der Grundgedanke hierbei Alternative zur konventionellen energetischen
nenabgewandten Seiten überwiegen die Ver- ist stets, einen ausschließlich solar erwärmten Sanierung sein.
luste, während zur Sonne orientierte Verglasun- Zwischenraum zwischen innen und außen zu
gen in der Bilanz Wärmegewinne erzeugen schaffen, der höhere Temperaturen als die Transparente Wärmedämmung
können. Dementsprechend sollte zur energe- Außenluft aufweist. Dadurch lassen sich Trans- Für die Gebäudehülle wurden in den vergan-
tischen Optimierung sowohl der Verglasungs- missionswärmeverluste der Innenräume redu- genen Jahrzehnten verschiedene Materialien,
anteil als auch die thermische Qualität differen- zieren, was über Simulationsberechnungen Bauelemente und Fassadensysteme wie z. B.
ziert in Abhängigkeit von der Ausrichtung verifiziert werden muss. Die äußere Glashaut die transparente Wärmedämmung (TWD) ent-
bestimmt werden. Eine optimierte passive wird in der Regel als Einfachverglasung reali- wickelt, die unter bestimmten Voraussetzungen
Nutzung der Solarstrahlung beginnt damit bei siert. Der Pufferraum ist nicht beheizt, sollte eine Nutzung der Solarstrahlung auch über
der Bestimmung der Größe, Geometrie und jedoch immer mit einer erweiterten Nutzungs- opake Bauteile ermöglicht (Abb. B 3.31). Das
B 3.30 beispielhafter Einfluss von Verglasungsanteil und
Glasqualität auf den Primärenergiebedarf eines
Wohnhauses (S : W / O : N= 3 : 2 : 1)
B 3.31 Funktionsschema transparenter Wärmedämmung
B 3.32 dynamischer U-Wert einer Holzständerwand
(180 mm Dämmung und 50 mm TWD)
B 3.33 Klappläden als temporärer Sonnen- und Wärme-
schutz, Wohngebäude, Innsbruck (A) 2000,
Baumschlager & Eberle
B 3.34 Doppelfassade, Aschrott Altenheim, Kassel (D)
1931, Otto Haesler
B 3.35 Atriumüberdachung mit Folienelementen, Kinder-
tagesstätte, Wismar (D) 2005, Institut für Gebäu-
detechnik + Energie + Licht Planung (IGEL)
B 3.36 Lucido-Fassade, Wildhaus (CH) 1999, Architheke
B 3.37 massive Holzwand mit Glaselementen, Schreine-
rei, Ehrenkirchen (D) 1999, Pfeifer Kuhn
B 3.38 TWD-Element mit integrierter Speichermasse
B 3.39 TWD-Fassade, Alterswohnungen in Domat / Ems
(CH) 2004, Dietrich Schwarz
B 3.33 B 3.34
92
Gebäudehülle
B 3.38 B 3.39
93
Gebäudehülle
94
Gebäudehülle
1
2
3
4
5
1 1 Solarglas
2 2 Absorber
3 3 Kollektordämmung
4 4 Kollektorrückwand
5 Hinterlüftung
7
6 Wand
7 Dämmung
8 8 OSB-Platte
b
B 3.45 B 3.46
gen für die Luftansaugung (Abb. B 3.48). Überhitzung vermeiden
Die konstruktive und gestalterische Integration
von Vakuumröhrenkollektoren ist bislang von Wie beim winterlichen Wärmeschutz vor unbe-
untergeordneter Bedeutung. Sie besitzen zwar haglich niedrigen Temperaturen ist auch in
eine hohes ästhetisches Potenzial, die geomet- warmen Perioden ein Schutz vor zu hohen
rischen und gestalterischen Möglichkeiten sind Temperaturen in Gebäuden zu gewährleisten.
jedoch stark eingeschränkt. Abb. B 3.44 zeigt Angesichts der globalen Erwärmung, der gesi-
eine Variante, bei der Röhrenkollektoren zur cherten Erkenntnis über den Zusammenhang
Absturzsicherung eingesetzt wurden. Darüber von operativer Raumtemperatur und Leistungs-
hinaus sind Synergieeffekte im Bereich des fähigkeit sowie der erhöhten Ansprüche an den
Sonnenschutzes möglich. Klimakomfort gewinnt der sommerliche Wärme-
schutz zunehmend an Bedeutung. Die Abwei-
Solardächer chungen von der Idealtemperatur sind im Som-
Dächer eignen sich in den meisten Fällen sehr mer zwar in der Regel geringer als im Winter,
gut für eine solarthermische Aktivierung. Bei der Mensch kann sich jedoch wesentlich bes-
Flachdächern werden bislang Kollektoren meist ser gegen zu geringe als gegen zu hohe Tem-
aufgeständert, Vakuumröhrenkollektoren kön- peraturen schützen (Abb. B 3.50). Zudem ist B 3.47
nen bei entsprechender Ausrichtung des die Erzeugung von Wärme, physikalisch be-
Absorbers in der Röhre ohne Ertragsminderung trachtet, mit geringerem Aufwand verbunden
auch horizontal verlegt werden. Eine konstrukti- und kann auf ein breiteres technologisches
ve und gestalterische Integration der Flachkol- Spektrum zugreifen als die Kühlung, die letzt-
lektoren ist insbesondere bei Schrägdächern lich immer nur durch einen Wärmeabtransport
möglich. Diese können hier analog zur Fassa- erfolgen kann (siehe Technik, S. 128).
de die Funktion der Dachhaut übernehmen Gebäude müssen als klimatisch regulieren-
(Abb. B 3.46 und 47). Sie können für große des System auch im Sommer möglichst behag-
Dachflächen als komplette Dachelemente vor- liche Innenraumtemperaturen sicherstellen.
gefertigt werden. Prinzipiell gelten die techni- Im Mittelpunkt steht dabei die Gebäudehülle,
schen und bauphysikalischen Voraussetzun- deren Konstruktion und Materialien so abge-
gen wie bei solarthermischen Fassadenkollek- stimmt werden können, dass eine Überhitzung
toren. Eine konstruktive und gestalterische Inte- auch ohne aufwendige technische Systeme
gration von Vakuumröhrenkollektoren ist im vermieden wird. Bei Gebäuden mit einem
Dachbereich z. B. bei der Verwendung als Son- Fensterflächenanteil > 30 % wird in der Ener-
nenschutz möglich (Abb. B 3.49). gieeinsparverordnung ein Nachweis zum
Aufgrund unterschiedlicher Einstrahlungsver- sommerlichen Wärmeschutz gefordert. Dieser B 3.48
hältnisse unterscheiden sich Dach- und Fassa- basiert auf statisch ermittelten Sonnenein-
denkollektoren in ihren solaren Erträgen. Fas- tragskennwerten, die einen zulässigen Wert
sadenkollektoren müssen in Europa gegenüber nicht überschreiten dürfen (Abb. B 3.66). Bei
ideal ausgerichteten Dachkollektoren etwa 20 Gebäuden mit sehr hohem Verglasungsanteil
bis 25 % größer dimensioniert werden, um die ist es empfehlenswert, über eine dynamische
gleiche jährliche Energiemenge zu erzeugen. Simulation das thermische Verhalten hochbe-
Bei der thermischen Solarenergienutzung ist lasteter Räume detailliert zu untersuchen.
jedoch in erster Linie nicht der Jahresertrag Neben der Ermittlung der Kühllast und des
von Bedeutung, sondern der solare Deckungs- Kühlenergiebedarfs kann damit auch der
grad (siehe Technik, S.119). Dieser ist abhän- Temperaturverlauf im Tages- und Jahresgang
gig vom Nutzlastprofil. Werden Kollektoren zur ermittelt werden. Ein verbreiteter Kennwert
Heizwärmeerzeugung eingesetzt, kann eine zur Bewertung des sommerlichen Wärme-
vertikale Ausrichtung günstiger sein, da die schutzes ist eine sich hieraus ergebende Stun-
Erträge während der Heizperiode größer sind denanzahl, in der die maximal zulässige opera-
und die Gefahr der sommerlichen Überhitzung tive Raumtemperatur überschritten wird (Über-
der Kollektorflüssigkeit vermindert wird. temperatur).
B 3.49
95
Gebäudehülle
Sommertag
S
0,
40
96
Gebäudehülle
θ se θ si
U-Wert [W/m 2 K]
3,0
Verglasungsanteil [%]
Δt a b c 90 a b c
80
θ i,m 2,5
θ si, Amp 70
θ se, Amp t
2,0 60
50
θ a,m 1,5
t 40
1,0 30
Temperaturverlauf an Temperaturverlauf an 20
0,5
der Außenoberfläche der Innenoberfläche 10
θ si, Amp 0 0
TAV = 5 10 15 20 25 30 35 40 50 100 150 200 250 300
θ se, Amp Wärmeeintrag durch Transmission [W/ m 2Fassade] Wärmeeintrag durch Strahlung [W/m 2Fassade]
TAV = Temperaturamplitudenverhältnis Raumtemperatur: 24 C Verglasung g-Wert: 0,6
θ se = Oberflächentemperatur außen Außentemperatur: a: 28° b: 32° c: 36° Einstrahlung auf Fassade: 500 [W/m 2 ]
θ si = Oberflächentemperatur innen Abminderungsfaktor für Sonnenschutz fc:
B 3.54 B 3.55 b B 3.56
Sonnenbahnen und Solarstrahlungskennwerte Neigungswinkel können transparente Flächen sehr gute Werte, die mit außen liegendem Son-
für verschieden ausgerichtete Flächen der während der Sommermonate vor direkter Son- nenschutz nahezu vergleichbar sind. Gleich-
Gebäudehülle dargestellt. neneinstrahlung geschützt werden. Große hori- zeitig sind sie vor Verschmutzung und Wind
zontale und vertikale Laibungen haben sich geschützt. Solche Produkte stellen jedoch sehr
Verglasungsanteil z. B. für Südfassaden als »Brise Soleil« bewährt hohe Ansprüche an die Steifigkeit der Fassade,
Transparente Flächen bilden hinsichtlich des (Abb. B 3.60). Die baulichen Maßnahmen kön- zudem ist bei Funktionsstörungen ein Aus-
sommerlichen Wärmeschutzes immer eine nen sehr gut für extreme Sonnenstände opti- tausch der gesamten Glasscheibe erforderlich.
Schwachstelle. Auch bei optimiertem Sonnen- miert werden, eine eingeschränkte Wirkung Varianten dieses Prinzips können in mehrscha-
schutz ist der Wärmeeintrag gegenüber einer ergibt sich jedoch oftmals in den Übergangs- ligen Systemen (Kastenfenster) realisiert wer-
opaken Wand in der Regel um ein vielfaches zeiten. Um den Strahlungseintrag von Vergla- den, bei denen der Sonnenschutz zwischen
höher. Ein großer Verglasungsanteil bewirkt sungen zu reduzieren, können spezielle Son- äußerer und mittlerer Scheibe angebracht ist.
daher immer eine Erhöhung der Wärmelasten. nenschutzgläser eingesetzt werden (siehe Eine weitere Art des Sonnenschutzes über das
In Abb. B 3.56 sind für drei exemplarische Ver- Material, S. 157). Sie erreichen durch optimier- Verglasungssystem bieten in der Entwicklung
glasungsqualitäten die maximalen solaren Wär- te Beschichtungen oder Bedruckungen einen befindliche schaltbare Gläser, die über elektri-
meeinträge in Abhängigkeit vom Verglasungs- geringen Energiedurchlassgrad (g-Wert), bei sche oder chemische Prozesse unterschied-
anteil dargestellt. Die Planung transparenter dem im günstigsten Fall nur noch etwa 20 % liche g-Werte erreichen.
Flächen sollte aus energetischer Sicht in Bezug der einstrahlenden Wärmeenergie in den Neben konstruktiven Aspekten und speziellen
auf ihre Ausrichtung erfolgen. In Abwägung Innenraum abgegeben wird. Das hat jedoch Verglasungsprodukten stellen Sonnenschutz-
aller Funktionen der Verglasung wie passive einen erhöhten Reflexionsgrad und einen Ver- systeme die dritte Gruppe zur Optimierung des
Solarenergiegewinnung, Durchsicht, Tages- lust an Farbneutralität der Verglasung zur sommerlichen Wärmeschutzes dar. Das Spek-
lichtnutzung etc. haben sich für Südfassaden Folge, die Transparenz vermindert sich damit trum an verfügbaren Systemen ist sehr groß
Flächenanteile von maximal 50 % als sinnvoll (Abb. B 3.61). Dies gilt auch für Gläser, deren und kann nach verschiedenen Kriterien wie
erwiesen. Bei Ost- und Westfassaden gelten Zwischenraum mit reflektierenden oder absor- starr oder beweglich, einachsig oder zweiach-
bereits Anteile > 30 % als kritisch. Die Nordfas- bierenden Materialien gefüllt ist. Zudem führen sig nachführbar, opak oder transluzent, hori-
sade ist für den sommerlichen Wärmeschutz die fixen Kennwerte solcher Bauteile im Winter zontal oder vertikal etc. eingeteilt werden. Aus
von untergeordneter Bedeutung. zu reduzierten Solarenergiegewinnen. Energe- energetischer Sicht ist jedoch vor allem die
tisch zu bevorzugen ist daher ein Verglasungs- Lage des Sonnenschutzes von Bedeutung.
Sonnenschutz system, das flexibel auf unterschiedliche Ein- Hierbei wird unterschieden zwischen innen und
Zur Optimierung der thermischen Qualität von strahlungswerte und Innenraumbedingungen außen liegenden Systemen. Grundsätzlich bie-
transparenten Flächen gibt es zahlreiche Mög- reagieren kann, beispielsweise mit bewegli- ten außen liegende Verschattungssysteme die
lichkeiten (Abb. B 3.57). Eine erste Gruppe bil- chen Jalousien im Scheibenzwischenraum, höchste Sonnenschutzwirkung (Abb. B 3.62).
det die bauliche Fassadengestaltung. Durch die bereits bei Zweifach-Isolierverglasungen Von Vorteil ist zudem, dass sich Fenster auch
Überstände, Rücksprünge oder günstige angeboten werden. Diese Systeme erreichen bei aktiviertem Sonnenschutz nach innen öff-
Strahlungsintensität [W/m2]
1000
Strahlungsintensität [W/m2]
1000
97
Gebäudehülle
98
Gebäudehülle
Sonnenschutzsystem fc [%]
[W/m2]
[W/m2]
Energieeintrag
Energieeintrag
Energieeintrag
99
Gebäudehülle
Luftwechsel [1/ h]
a 1 2 3
0:00
[°C] 25 125
21:00 30 3:00 4
26 20 100
22
18 15 75
14
Energieverschwendung
W 18:00 6:00 O 10 50
ausreichende Lüftung
5 25
b
erforderlicher Bereich
0 0
2 4 6 8 10 12 4 8 12 16 20 24
15:00 9:00
Temperaturdifferenz zwischen Innen- und Außenluft [K] mittlere tägliche Lüftungsdauer [h]
cp =0,5
raumeigene Druck
Hannover (D) 1999, Herzog + Partner Querlüftung mit 2≈H 80 Thermik
B 3.75 Lüftungsklappen, Bürogebäude, Senden (D) Sog
Öffnungen in
2007, Gerken Architekten + Ingenieure, Braun- Außenwänden
Gerken und einem Schacht
B 2.76 Vertikallamellen, Verwaltungsgebäude, Kronberg
(D) 2000, Schneider + Schumacher H = Raumhöhe
B 3.71 B 3.72
100
Gebäudehülle
101
Gebäudehülle
102
Gebäudehülle
Temperaturerhöhung
typisch maximal
fassadennahe Luftschicht
ohne Wind 5K 10 K
fassadennahe Luftschicht
mit Wind 2K 5K
Zuluft Zuluft Zuluft Zuluft absorbierende Fassadenfläche 10 K 15 K
Kastenfenster 5 – 15 K 20 K
Kastenfenster schalloptimiert 5 – 20 K 30 K
unsegmentierte Doppelfassade 5 – 20 K 30 K
steuerbare Doppelfassade 5 – 10 K 20 K
Sonnenschutzlamellen 2–5 K 10 K
a b c d Markise 5 – 10 K 15 K
B 3.80 B 3.81
dem die Beleuchtungsanforderung ausschließ- situation. Die Tageslichtplanung beginnt damit gleichmäßigere Leuchtdichteverteilung (Abb. B
lich über Tageslicht sichergestellt ist. Obwohl bereits bei der Freiraumgestaltung. So erhöhen 3.87). Die Dimension des Atriums, die Ausbil-
allgemeingültig einsetzbar, findet dieser Quo- etwa helle bzw. reflektierende Oberflächen im dung der Dachkonstruktion und die Art der Ver-
tient fast nur im Bürobau Anwendung und Außenraum (z. B. Wasserflächen) das Licht- schattung können den Lichteintrag jedoch
bezieht sich dort auf die typische Arbeitszeit angebot an der Fassade. auch soweit verringern, dass der für Büronut-
(wochentags, 8–18 Uhr). Bürogebäude sollten Die wesentlichen Einflussgrößen für die geo- zung minimale Tageslichtquotient in den unte-
im Mittel über einen Tageslichtquotienten von metrische Tageslichtoptimierung lassen sich ren Räumen unterschritten wird.
3 % verfügen (ergibt ca. 50 % Tageslichtauto- in drei Bereiche gliedern: Baukörper, Raum Bei großflächigen, eingeschossigen Baukör-
nomie für Büroarbeitsplätze). Da für Wohnräu- und Verglasung. pern, wie z. B. Produktionsgebäuden oder
me keine definierten Vorgaben für Beleuch- Sporthallen, ist eine Belichtung über die Dach-
tungsstärken vorliegen, ist die Ermittlung einer Baukörper fläche möglich. Hier genügen zudem bereits
Tageslichtautonomie hierfür nicht möglich. Eine Die Form des Baukörpers beeinflusst wesent- geringe Öffnungsflächen, da in Mitteleuropa
ausreichende Beleuchtung liegt für einen ein- lich den Umfang der möglichen Tageslichtnut- die horizontale Beleuchtungsstärke etwa drei-
seitig belichteten Wohnraum dann vor, wenn zung. Vorteilhaft ist ein hoher Anteil an Hüllflä- mal so hoch ist wie bei vertikalen Flächen.
der Tageslichtquotient in der Raummitte und che im Verhältnis zum Bauvolumen. Die Tages-
1 m vor den beiden Seitenwänden im Mittel lichtoptimierung steht damit in direktem Ziel- Raum
mindestens 0,9 % erreicht. konflikt zum winterlichen Wärmeschutz, bei Auch die Raumanordnung und -geometrie
dem eine möglichst große Kompaktheit von beeinflusst das Tageslichtpotenzial. Räume mit
Geometrische Optimierung Vorteil ist. Eine geringe Kompaktheit bietet hin- hohem Beleuchtungsbedarf oder intensiver
Tageslicht ist aufgrund des Sonnenverlaufs gegen ein hohes Flächenpotenzial für transpa- Nutzung am Tag sind entsprechend fassaden-
sowohl im Tages- wie auch im Jahresgang eine rente bzw. transluzente Bauteile. Baukörper mit nah anzuordnen, Räume mit geringen Licht-
dynamische Größe. Die Gebäudeplanung ist kompakten Gesamtvolumen können durch die anforderungen im Inneren des Baukörpers.
entsprechend auf die ortsspezifische Situation Einbindung eines Innenhofs oder eines Atriums Bei der Raumform wirken sich große Raum-
abzustimmen. So ist eine Analyse des Sonnen- hinsichtlich der Tageslichtnutzung optimiert höhen und geringe Raumtiefen günstig aus.
laufs und der Abschattung durch umgebende werden. Diese Maßnahmen ermöglichen in Dies gilt ebenso für helle Oberflächen mit
Bebauung oder Vegetation eine wichtige vielen Fällen eine zweiseitige Belichtung der hohem Reflexionsanteil.
Grundlage. Zur Bewertung des Tageslichtpo- Räume, die für eine gleichmäßige Ausleuch- Eine natürliche Belichtung von Erschließungs-
tenzials eines Baukörpers lassen sich die drei tung von Vorteil ist. zonen kann über transparente bzw. transluzen-
geometrischen Kennwerte »Horizontwinkel«, Die Lichtintensität, die über das Atrium in te Innenwände, Türverglasungen oder Fenster-
»seitlicher Abschattungswinkel« und »Über- angrenzende Räume fällt, nimmt geschosswei- bänder in Innenwänden erfolgen.
hangwinkel« heranziehen (Abb. B 3.88). Auch se deutlich ab, zugleich steigt jedoch der pro-
die Oberflächenqualität der Nachbargebäude zentuale Anteil diffuser Strahlung. Fassaden Verglasung
und der Freiflächen beeinflusst die Tageslicht- der unteren Etagen verfügen daher über eine Entscheidend für die Tageslichtnutzung ist die
dezentrale Lüftungssysteme
Vorteile Nachteile
• geringerer Flächenbedarf für Schächte, Technikräume • spezifische Investitionskosten gleich oder leicht über
und abgehängte Decken Investitionskosten für eine zentrale Lüftungsanlage mit
• niedriger Energiebedarf für die Außenluftförderung konstantem Volumenstrom
(z. B. < 1Wel / (m3 / s) • keine Befeuchtung
• niedriger Energiebedarf für die Außenluft-Nachbe- • bei fehlender Entfeuchtung Kühlleistung durch Kon-
handlung durch bedarfsgerechte Lüftung (z. B. drei densatgrenze eingeschränkt
schaltbare, fest eingestellte Zuluftströme) • höhere Wartungskosten
• variable Zuluftströme • Nutzungskonflikt bei Wartung der Geräte im Büroraum
• Nachrüstbarkeit und hohe Anpassbarkeit an variable • erhöhte Betriebsgeräusche bei großen Zuluftströmen
Raumnutzung
• erhöhter Regelungsaufwand für Winddruckkompen-
• hohe Nutzerakzeptanz durch individuelle Bedien- sation, Begrenzung der Zulufttemperatur und Frost-
barkeit schutz
• Ansaugung an der Fassade führt ggf. zu erhöhten Luft-
temperaturen
B 3.82 B 3.83
103
Gebäudehülle
20
Kosten [£ / m2 a]
Sonstige
Gestaltung der Gebäudehülle. Sie definiert Raumeindruck erheblichen Einfluss auf die
Serverraum
durch den Verglasungsanteil prinzipiell das positive Raum- und Tageslichtwahrnehmung.
Arbeitshilfen
15 nutzbare Lichtpotenzial. Fensterflächenanteile Schließlich ist die Glasqualität von großer
Beleuchtung
und Tageslichtautonomie verhalten sich jedoch Bedeutung für die Tageslichtnutzung. Der
Lüftung
nicht linear zueinander. Ab etwa 50 % Vergla- wichtigste Kennwert zur Beurteilung von trans-
10 Kühlung
sungsanteil der Fassade sinken beispielsweise parenten Bauteilen ist der Lichttransmissions-
Catering-
strom die Auswirkungen auf die Tageslichtautomie grad (τ-Wert). Er beschreibt den prozentualen
5 Catering- erheblich. So bewirkt eine Erhöhung des Ver- Anteil des durchdringenden Lichts. Dieser Wert
gas glasungsanteils von 70 % auf 90 % keine nen- steht in engem Zusammenhang mit der Son-
Heizung und nenswerte Verbesserung der Tageslichtqua- nenschutzwirkung von Glas (g-Wert, siehe
0 Warmwasser
Typ 1 Typ 2 Typ 3 Typ 4
lität. Bei Wohngebäuden sind Fensterflächen- Material, S. 154) und hat einen nahezu linearen
anteile zwischen 20 und 30 % der Raumgrund- Einfluss auf den Tageslichtquotienten: Eine
Typ 1: natürlich belüftete Bürozellen fläche notwendig, um das Grundbedürfnis Verglasung mit einem τ-Wert von 0,4 erreicht
Typ 2: natürlich belüftetes durchgehendes Großraumbüro nach Licht und den Außenraumbezug sicher- über die gesamte Raumtiefe nur 50 % des
Typ 3: klimatisiert, Standard
zustellen. In DIN 5034 wird ein vereinfachtes Tageslichtquotienten einer Verglasung mit
Typ 3: klimatisiert, hoher Standard
Verfahren zur Bestimmung von Mindestfenster- τ-Wert 0,8.
B 3.84 größen für die einseitige Belichtung von Wohn- Allgemein gilt, dass bei einseitiger Beleuchtung
räumen beschrieben. Bürobauten zur Einhaltung der Anforderungen
100 Neben dem Verhältnis der Verglasungsfläche der Arbeitsstättenrichtlinie (300 / 500 lx) ohne
Tageslichtautonomie [%]
zum Raumvolumen ist ihre Ausrichtung von lichttechnische Systeme bis zu einer Raumtiefe
80 Bedeutung. In Mitteleuropa erhalten Südfassa- von 5 m2 natürlich belichtet werden können.
den hohe Beleuchtungsstärken, die durch steil
einfallendes Licht im fassadennahen Bereich Tageslichtsysteme
60
zu hohen Leuchtdichtedifferenzen führen kön- Lichtlenkende Systeme können das Tages-
nen. Bei Ost- und Westfassaden ist der niedri- lichtangebot erheblich verbessern. Sie bewir-
40 ge Sonnenstand mit flachen Einstrahlungswin- ken bei seitlicher Beleuchtung auch bei großer
keln zu berücksichtigen. In beiden Fällen muss Raumtiefe eine gleichmäßige und erhöhte
20 auf eine ausreichende Blendfreiheit geachtet Tageslichtausbeute. Einige Systeme ermögli-
Büro Flur werden. Günstig für die Tageslichtnutzung ist chen zudem bei sehr hohen oder engen Räu-
l min 500 Lux lmin 50 Lux
das fast ausschließlich diffuse Licht von Nord- men (z. B. Atrien) die Lichtlenkung über Dach-
0
0 1 2 3 4 5 6 7 fassaden. Als weiterer Aspekt ist zu beachten, verglasungen.
Abstand zur Fassade [m] in welcher Etage der Raum liegt. So ist z. B. bei Die Vielzahl der unterschiedlichen Lösungen
dichter und hoher Nachbarbebauung das kann in Bezug auf ihre Veränderbarkeit in stati-
Raumpotenzial Apertur
eff. Apertur Tageslichtangebot über die Fassadenhöhe sche und regelbare Systeme unterteilt werden
Raum mit Fassade
B 3.85 sehr unterschiedlich. Dies kann eine geschoss- (Abb B 3.93). Darüber hinaus unterscheidet
weise Anpassung des Verglasungsanteils zur man nach Einbausituation (Dach, Oberlicht,
Folge haben. Fenster und Brüstung) sowie der Lage zur Ver-
Darüber hinaus beeinflusst die Anordnung der glasung (außerhalb, im Scheibenzwischenraum
1,9:1
1,6:1
f : h=1,5:1
Verglasung die Effizienz der Tageslichtnut- oder raumseitig). Das Funktionsspektrum der
h f zung. Verglasungen im oberen Bereich der nachfolgend beschriebenen Lichtlenksysteme
A
B Fassade – im Idealfall auch im Sturzbereich – umfasst:
bewirken eine Verbesserung der Raumaus-
C leuchtung, verglaste Brüstungsflächen haben • Lichtstreuung: Licht wird diffus in den Raum
D hingegen kaum Auswirkungen auf den Tages- eingebracht und bewirkt eine gleichmäßige
D C B A lichtquotienten. Eine Aufteilung der Glasele- Ausleuchtung.
B 3.86
mente auf mehrere Einzelflächen verbessert • Lichtlenkung: Über reflektierende Oberflä-
die Raumausleuchtung gegenüber einer zen- chen wird Licht in die Raumtiefe gelenkt.
tralen Fläche. Sind Räume mehrseitig belichtet, • Lichttransport: Über lichtleitende Elemente
8
ist die Raumausleuchtung deutlich gleichmäßi- wird Licht in dunkle Außenbereiche oder fens-
ger, zudem hat der verbesserte subjektive terferne bzw. fensterlose Räume transportiert.
7
6 45
Verbauungs- süd ost / nord Überhang- süd ost / nord Seiten- süd ost / nord
5 winkel [°] west winkel [°] west winkel [°] west
4 0 1,00 1,00 1,00 0 1,00 1,00 1,00 0 1,00 1,00 1,00
3 10 0,94 0,92 0,99 30 0,93 0,91 0,91 30 0,94 0,91 0,99
2 20 0,68 0,75 0,95 45 0,80 0,79 0,80 45 0,86 0,83 0,99
30 0,49 0,62 0,92 60 0,60 0,61 0,65 60 0,74 0,75 0,99
1 > 45
40 0,40 0,56 0,89
7
Horizont-
6 winkel
5 Überhang-
4
3 winkel
Seiten-
2
1 winkel
B 3.87 B 3.88
104
Gebäudehülle
Tageslichtautonomie [%]
Strombedarf [%]
in Bürogebäuden (GB) Tageslicht
B 3.85 Einfluss der Fassadengestaltung auf die Tages- 80 80
lichtversorgung in einem Büroraum und die
anschließende Verkehrsfläche mit Glasoberlicht
B 3.86 Tageslichtangebot in Abhängigkeit von der Brüs- 60 60
tungshöhe geographische Lage
B 3.87 Tageslichtangebot für an ein Atrium grenzende 40 40
Räume in Abhängigkeit von der vertikalen Lage
B 3.88 Horizont-, Überhang- und Seitenwinkel
B 3.89 Einflussmöglichkeiten zur Tageslichtoptimierung 20 20
B 3.90 Zusammenhang zwischen Tageslichtautonomie, geometrische Bauteil-
Optimierung Optimierung
Tageslichtquotient und Strombedarf 0 0
B 3.91 Tageslichtquotient für verschiedene Dachver- 5 10 15 20 25 30
glasungen [%] Verbauung / Verschattung Art der Verglasung
Tageslichtquotient [%]
B 3.92 Lichtqualität im Büroraum: Orientierung Selektivität
a hoher Tageslichtquotient (3,8 %) Proportion des Raums Reflexionsgrade der Ober-
b niedriger Tageslichtquotient (1,6 %) Größe und Proportion des flächen im Inneren
Lichteinlasses Sonnenschutzsystem Tageslichtautonomie
Tageslichtsystem Strombedarf Kunstlicht
B 3.89 B 3.90
Lichtstreuende Gläser Lichtlenkende Gläser Lamellen
Lichtstreuende Gläser nutzen die Scheiben- Durch wartungsfrei integrierte Lichtlenkprofile Horizontale Lamellen und Jalousien dienen
oberfläche oder den Scheibenzwischenraum im Scheibenzwischenraum von Verglasungen primär dem Sonnenschutz, lassen sich jedoch
von Isolierverglasungen mit unterschiedlichen eignen sich lichtlenkende Gläser gleicherma- zugleich zur Tageslichtlenkung einsetzen.
Füllungen, um direkte Sonnenstrahlung zu ßen für Fassaden und Dächer. Bei Vertikalver- Aus der Vielzahl verfügbarer Systeme und
streuen und somit eine blendfreie Ausleuch- glasungen werden die flach einfallenden Son- Ausführungen (außerhalb oder im Scheiben-
tung zu ermöglichen (Abb. B 3.95 e und f). nenstrahlen an die Decke reflektiert, was eine zwischenraum starr, drehbar, raffbar, Jalousi-
Lichtstreuende Füllungen aus TWD (transluzen- erhöhte Lichttransmission ermöglicht, die mit en, Großlamellen, Aluminium- oder Glasprofile
te Wärmedämmung) erzielen eine ähnliche steigendem Einfallswinkel abnimmt. Horizontal etc.) sind insbesondere folgende Arten von
Wirkung. Auch sie gewährleisten eine gleich- eingebaut, wird direkte Strahlung reflektiert und Bedeutung:
mäßigere Lichtverteilung im Raum und weisen diffuse Strahlung transmittiert (Abb. B 3.95 c).
im Vergleich zur transparenten Verglasung • Einachsig verstellbare Lamellen im Oberlicht-
durch Absorption eine höhere Leuchtdichte an Light Shelves bereich vor Verglasungen blenden im Som-
der Fassade auf. Direkte Sonnenstrahlung kann mit Lichtschwer- mer die Direktstrahlung aus und reflektieren
tern, sogenannten Light Shelves, gegen die im Winter das Tageslicht in die Tiefe des
Holographisch-optische Elemente (HOE) Deckenunterseite von Räumen reflektiert Raums (Abb. B 3.96 c und d).
Transmissionshologramme können als trans- werden. (Abb. B 3.94 und 96 a). Sie sind • Raffbare Lamellenjalousien können im Über-
parente Folie in Verbundglas eingebettet im oberen Drittel außer- oder innerhalb von kopfbereich Licht an die Decke des Innen-
werden. Um bei der Tageslichtlenkung die transparenten Fassadenelementen montiert raums lenken und durch einen anderen
störende spektrale Farbzerlegung zu vermei- und schützen in Fensternähe gleichzeitig vor Anstellwinkel der Lamellen in Fenster- bzw.
den, verwendet man Weißlichthologramme, direkter Sonneneinstrahlung. Brüstungshöhe einen wirksamen Sonnen-
die diffuses Licht ungehindert passieren las- schutz gewährleisten (Abb. B 3.95 a).
sen, während sie direktes Sonnenlicht in Ab- Laser-Cut-Panels (LCP) • Spezielle Lichtlenklamellen (retroreflektie-
hängigkeit von der Wellenlänge beugen LCP bestehen aus Acrylglasscheiben mit dün- rende Lamellen) verfügen über selektive
und in die vorgegebene Richtung umlenken nen, parallelen Einschnitten oder Lufteinschlüs- Eigenschaften: Eine W-förmige Kantung
(Abb. B 3.96 b). sen (Abb. B 3.95 d). In Abhängigkeit vom Son- der Lamelle im nach außen orientierten
Der holographische Effekt ermöglicht aufgrund nenstand wird das Licht an den horizontalen Bereich blendet das steil einfallende Sonnen-
seiner vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten Einschnitten einfach oder mehrfach reflektiert licht aus, während die raumseitige Ausfor-
auch eine Kombination von Tageslichtlenkung, und an die Deckenunterseite gelenkt bzw. in mung das flach einfallende Licht an die
Sonnenschutz (Totalreflexion) und Energiege- die Raumtiefe gestreut. Da Laser-Cut-Panels Decke umlenkt. Die Jalousie ermöglicht
winnung (Konzentration und Umlenkung auf den Sichtkontakt nach außen einschränken, durch ihre Formgebung auch in der Sonnen-
PV-Module). kommen sie überwiegend bei Überkopfvergla- schutzfunktion die Sichtbeziehung nach
sungen und Oberlichtern zum Einsatz. außen (Abb. B 3.95 b).
10 10
5 5
0 0
10
10
5 5
0 0
10 10
5 5
0 0
B 3.91 a b B 3.92
105
Gebäudehülle
Tageslichtsysteme
a b c d
e f g h
B 3.94 B 3.95
106
Gebäudehülle
a b
c d
B 3.96 B 3.97 B 3.98
ertrag erheblich reduzieren (siehe Technik, Montage auf dem freiem Feld zu installieren. B 3.93 systematische Darstellung von Systemen zur
S. 140 Abb. B 4.113). Eine verschattungsfreie Dies erlaubt eine optimale Ausrichtung und Tageslichtlenkung
B 3.94 Lichtoptimierung mit Light Shelves, Verwal-
Fläche ist daher eine wesentliche Vorausset- damit hohe Effizienz der Module. Bei den tungsgebäude, Schweinfurt (D) 1998, Kuntz +
zung. Deshalb ist für die Planung eine genaue Solarstrahlungsbedingungen in Europa müs- Manz
Standort-und Gebäudeanalyse erforderlich sen jedoch aufgrund der starken gegensei- B 3.95 schematische Darstellung von lichtlenkenden
(Abb. B 3.103). tigen Abschattung diese mit entsprechend Verglasungselementen:
a raffbare Jalousien
Ergänzend dazu ist auch die Kabelführung großen Abständen verlegt werden, was die
b Lichtlenklamellen
sorgfältig zu planen. Dies ist vor allem bei zur Energiegewinnung verfügbare Dach- c Spiegelprofile
transparenten Bauteilen von Bedeutung und fläche erheblich reduziert. Die Module kön- d Laser-Cut-Panels
kann meist in entsprechenden Fassadenpro- nen daher auch flächendeckend mit sehr e, f lichtstreuende Gläser
filen erfolgen. Die Module müssen hier abwei- flachem Winkel nahezu horizontal angeordnet g, h elektrochrome Verglasung
B 3.96 schematische Darstellung von Lichtlenk-
chend von der üblichen rückseitigen Kabel- werden. Dadurch verringert sich zwar der systemen
dose mit einem seitlichen Kabelanschluss spezifische Ertrag der Module, die erzielbare a Light Shelves
versehen sein (siehe Technik, S. 140). Gesamtenergiemenge bezogen auf die b holographisch-optische Elemente
Zudem ist die Lage und Anordnung der Gebäudehüllfläche wird jedoch maximiert c, d einachsig verstellbare Lamellen
erforderlichen Wechselrichter in die Planung (Abb. B 3.99). B 3.97 Funktionsprinzip Heliostat
B 3.98 Funktionsprinzip Heliostat mit Lightpipe
einzubinden. Anzustreben sind kurze Wege Bei opaken Flachdächern können solar B 3.99 Solarertrag von Photovoltaiksystemen bei hori-
von den Photovoltaikmodulen zu den Wechsel- aktivierte Dachabdichtungselemente zum zontalen Flächen in Abhängigkeit vom Nei-
richtern, die für Wartungszwecke zugänglich Einsatz kommen. Auch gekrümmte Flächen gungswinkel (Standort: Frankfurt / Main)
sein müssen. Zu berücksichtigen ist bei der wie gebogene Metalldächer oder Membran- B 3.100 Photovoltaikmodule als Dachdeckung: Solar-
siedlung am Schlierberg, Freiburg (D) 2000,
Anordnung der Wechselrichter auch deren bauwerke lassen sich mit Photovoltaik aus- Rolf Disch
Wärmeentwicklung im Betrieb. statten. B 3.101 drehbar montierte Photovoltaiklamellen als Son-
nenschutz: Verwaltungsgebäude, Schwerin (D)
Photovoltaikdächer Photovoltaikfassaden 1999, Roland Schulz
Bei geneigten Dächern können Photovoltaik- Fassadenflächen stellen ein weiteres Poten-
module direkt als wasserführende Schicht zial für die aktive Solarenergienutzung dar.
verwendet werden und ersetzen dadurch Auf vertikale Flächen trifft zwar eine geringere
konventionelle Materialien wie z. B. Dachziegel Einstrahlung als auf geneigte. Im Gegenzug
(Abb. 3.100). Als besonders geeignet erwei- bieten sich bei Fassaden jedoch erhebliche
sen sich südgeneigte Pultdächer oder Shed- energetische und wirtschaftliche Potenziale,
dächer. wenn konventionelle hochwertige Bauteile
Bei Flachdächern besteht die Möglichkeit, wie beispielsweise Metallpaneele oder Natur-
eine Aufständerung der Module analog zur steine durch Photovoltaikelemente ersetzt
Neigung nutzbare spezifische nutzbare
Modulfläche Solarfläche Einstrahlung Einstrahlung
[°] [%] [ %] [%]
0 100 100 100
10 75 106 80
20 61 111 68
30 53 113 60
40 48 113 54
107
Gebäudehülle
108
Gebäudehülle
Solartechnik
Entflechtung Addition
Verflechtung Integration
Verschmelzung Adaption
Gebäudehülle Gestaltung
Architektur
B 3.110 B 3.111
109
Technik
B 4.1
Im Mittelpunkt des energieeffizienten Bauens der Technik. Neben der gebundenen Primär-
steht das Bemüh en, durch bauliche Maßnah- energie sind auch weitere ökologische Auswir-
men mit minimalem Energiebedarf eine komfor- kungen der verwendeten Materialien zu beach-
table Nutzung des Gebäudes zu erzielen. Dies ten. Nicht zuletzt induziert ein hoher Verbrauch
wird in erster Linie durch die klimaoptimierte an Energieträgern entsprechende logistische
Konzeption von Baukörper, Gebäudehülle und Aufwendungen, wie etwa bei der Nutzung von
Materialwahl erreicht. Der Gebäudebetrieb Biomasse.
erfordert darüber hinaus in vielen Klimaregio- Zum anderen prägt die Gebäudetechnik in vie-
nen eine regelbare Zufuhr von Energie. Die len Bereichen zugleich die Architektur. Sie
hierfür notwendigen Technologien beeinflussen interagiert mit dem Entwurf und sollte präzise
wesentlich den Nutzerkomfort, aber auch die auf die baulichen Randbedingungen und nut-
Umweltwirkungen des Objekts. Letztere kön- zerspezifischen Vorgaben eingehen. Unter
nen durch eine Energiebilanzierung aller wäh- nachhaltigen Gesichtspunkten ist sie nicht
rend des Betriebs anfallenden Bedarfsposten allein auf Basis von Gesetzen und Normen
ermittelt werden, wie sie inzwischen im Rah- unter Verwendung technischer Bauteile aus
men der EU-Richtlinie zur Gesamtenergieeffizi- dem Katalog zu bewältigen. Entsprechend kön-
enz von Gebäuden für Heizwärme, Trinkwarm- nen die Systemkomponenten nicht als additive
wasser, Kühlenergie, Lüftung, Beleuchtung so- Elemente betrachtet werden, die im Sinne des
wie für die jeweiligen Hilfsenergien gefordert »technischen Ausbaus« ein Gebäude nutzbar
wird. Durch die Erweiterung des Bilanzierungs- machen. Vielmehr wird zusammen mit dem
bereichs auf den Primärenergiebedarf werden Entwurf ein integriertes technisches Konzept
auch energieträgerspezifische und technolo- nötig, das für die spezifische Aufgabe den
gisch bedingte Umweltauswirkungen erfasst. optimalen Lösungsvorschlag bereithält. Ener-
Die Gebäudetechnik wird somit als integraler getische Gebäudesimulation ermöglicht eine
Bestandteil des energetischen Gesamtkonzepts technische Planung ohne überzogene Sicher-
eines Gebäudes verstanden. heitszuschläge, die zudem das Potenzial birgt,
wesentlicher Impulsgeber für den Entwurf zu
sein. Dies ist insbesondere bei der Photovoltaik
Nachhaltige Gebäudetechnik und Solarthermie bedeutsam. Zudem beein-
flusst die Technik das Nutzerverhalten. Weit-
Für eine nachhaltige Gebäudetechnik sind vor gehende Regelungsmöglichkeiten und eine in-
allem drei Aspekte entscheidend. Zum einen tuitive Steuerung fördern hier eine nachhaltige
gilt besondere Aufmerksamkeit den ökologi- Nutzung.
schen Folgewirkungen der technischen Syste- Letztlich bindet die Gebäudetechnik immer
me. Bei der Nutzung fossiler und atomarer auch Kapital. Dies trifft sowohl auf die Herstel-
Energiequellen müssen knappe Ressourcen lung als auch auf die Aufwendungen zu, die
möglichst schonend eingesetzt werden, um die sich aus dem Betrieb ergeben (Kosten für
durch ihren Gebrauch entstehenden Umwelt- Energieträger sowie Wartungs- bzw. Instand-
probleme zu minimieren. Es ist daher notwen- haltungskosten). Eine Optimierung kann daher
dig, neben der Gewährleistung hoher Energie- nur im Betrachtungsrahmen des Lebenszyklus
effizienz eine weitreichende Nutzung erneuer- erfolgen. Ein wesentlicher Aspekt ist hierbei die
barer Energiequellen für die Energieversor- sorgfältige Planung mit Bauteilen, deren techni-
B 4.1 solaraktive, holografisch-optische Verschattungs-
gung von Gebäuden zu erzielen. Im Idealfall sche Nutzungsdauern stark differieren können.
elemente, Reihenhaus, Stuttgart (D) 1993, Hegger
Hegger Schleiff erfolgt diese vollständig CO2-neutral, wobei die Bei technischen Komponenten ist deren einfa-
B 4.2 Beispiel für passive Luftführung und Verdunstungs- Bilanzierungsgrenze sowohl auf das Einzelge- che Austauschbarkeit ein wichtiges Planungs-
kühlung im arabischen Raum, 2. Jh. n. Chr. bäude, als auch auf das Gebäudeensemble, kriterium.
B 4.3 Hypokaustenheizung eines römischen Bads, Gemeinden bis hin zu regionalen oder landes- Erneuerbare Energiequellen versprechen eine
ca. 3. Jh. n. Chr.
B 4.4 Solarkraftwerk auf der Weltausstellung in Paris (F)
weiten Strukturen bezogen sein kann. Der Ein- umweltverträgliche Energienutzung. Bei einer
1878, Augustin Mouchot satz erneuerbarer Energiequellen erfordert vollständigen Energieversorgung mit erneuer-
B 4.5 Meilensteine der Gebäudeenergietechnik jedoch Aufwendungen für die Bereitstellung baren Quellen könnte man daher schlussfol-
110
Technik
1 3
2
111
Technik
112
Technik
Aktuelle Tendenzen
Spätestens seit den 1990er-Jahren hat sich bei fossile / atomare Brennwerttechnik,
den fossilen Brennstoffen in Europa das Erd- Energieträger Stromheizung
gas durchgesetzt. Hier ist die Brennwerttech-
nologie inzwischen als Standard etabliert. Die
Stückholz-, Hackschnitzel-,
wesentlichen Entwicklungen vollziehen sich Biomasse Holzpelletkessel
nun in den Technologien zur Nutzung erneuer-
barer Energie. Die thermische Nutzung von
Biomasse – allen voran in Form von Holzpellets Wärme gewinnen offene Absorber, Flach-,
– hat sich durch effiziente Techniken durchge- solare Wärme Luft-, Vakuumröhrenkollektor
und verteilen
setzt. Solarthermische Systeme zur Trinkwasser-
erwärmung und Heizungsunterstützung sind
inzwischen Standardprodukte, Photovoltaikmo- Außenluft-, Abwärme-, Erd-
Umgebungswärme reich-, Wasserwärmepumpe
dule können projektspezifisch hergestellt wer-
den. Wärmepumpen und die dezentrale Kraft-
Wärme-Kopplung sind marktgängig. sensible Speicher, Latent-,
Wärmespeicher,
In der aktuellen Entwicklung befinden sich ins- Verteilung und Übergabe Sorptionsspeicher, Flächen-
besondere neue Speichertechnologien, Kon- heizung, Konvektor
zepte für die Gebäudeautomation, die Brenn-
stoffzellen-Technik sowie Systeme zur solaren natürliche Erdreichwärmetauscher,
Kühlung und thermischen Stromerzeugung. Wärmesenken adiabate Kühlung,
Nachtluftspülung
In technischer Hinsicht stehen somit heute für
eine effiziente Energieverwendung und die Nut-
elektrische Kompressionskältemaschi-
zung erneuerbarer Energie eine große Anzahl ne, reversible Wärmepumpe
Kälteerzeugung
ausgereifter Technologien bereit. Durch den
Kälte gewinnen und
Einsatz von Biomasse, Systemen zur Kraft- Wärme abführen
Wärme-Kopplung, individuell gefertigten Photo- thermische Ab-, Adsorptionskältema-
voltaikmodulen, solarthermischen Kollektoren Kälteerzeugung schine, solare Kühlung
sowie effizienten Speichersystemen und Rege-
lungstechniken ist es inzwischen ohne großen Gebäudetechnik
Kältespeicher, Wasserspeicher, Eisspei-
Mehraufwand möglich, ein Gebäude CO2-neu- optimieren
Verteilung und Übergabe cher, Kühlsegel, Bauteil-
tral zu betreiben. Angelehnt an die zehn Bau- aktivierung
steine zur Energieoptimierung von Gebäuden
werden im Folgenden die einzelnen Techno- Heiz-, Kühlregister, Be-,
Anforderungen und
logien erläutert (siehe Grundlagen, S. 61). Abb. Entfeuchter, Luftkanal
Dimensionierung
B 4.11 gibt einen strukturierten Überblick über
die fünf Energiethemen und die prinzipiell nutz-
baren Systeme. Die einzelnen Techniken wer- maschinelle Lüftung Luftkanal, Quellluftauslass,
Luftführung und Antrieb Weitwurfdüse, Venturiflügel,
den in ihrer Funktionsweise erläutert und sollen optimieren
Solarkamin, Ventilator
mit Hinweisen zu relevanten Planungskriterien
als Grundlage für die Entwicklung eines Ge- Kreuz-, Gegenstrom, Rota-
Wärme-, Kälte und
samtenergiekonzepts dienen (siehe Strategien, tionswärmetauscher
Feuchterückgewinnung
S. 177).
Geräte, Leuchtmittel
Lichttechnik
Wärme erzeugen
113
Technik
Gebäudehülle (thermische Qualität) den einzelnen Räumen im ungünstigsten Fall sichtspunkten kritisch zu betrachtenden Um-
Nutzung (Raum-Solltemperatur)
zugeführt werden muss, um die geforderten weltwirkungen Schwächen wie etwa CO2-Emis-
Klima (z. B. minimale Lufttemperatur, Windanfall)
Innenraumtemperaturen gewährleisten zu kön- sionen auf, an deren Grundproblematik auch
nen (Abb. B 4.12). Die Berechnung basiert eine äußerst effiziente Umwandlung nichts
prinzipiell auf der gleichen Methode wie die ändert.
Transmissions- Lüftungs- Ermittlung des Jahresheizwärmebedarfs nach
wärmeverluste wärmeverluste
der Energieeinsparverordnung (EnEV). Wäh- Wärme aus elektrischer Energie
rend bei dieser jedoch die jährliche Energie- Ab der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts
menge ermittelt wird, ist für die Heizlast nur der wurde Strom als Energieträger verstärkt auch
Normheizlast [kW]
ungünstigste Fall relevant. Daher werden hier für die Wärmeversorgung von Gebäuden ein-
variable Energiegewinne wie interne Wärme- gesetzt. Bei kleinen Energiemengen (z. B. de-
B 4.12 quellen oder solare Einstrahlung nicht berück- zentrale Trinkwassererwärmung) dient hierzu
sichtigt. Mit zunehmender Optimierung der Ge- ein elektrischer Durchlauferhitzer; Wasserspei-
bäudehülle verringert sich nicht nur die Heiz- cher werden bei höherem Energiebedarf einge-
überschlägige Heizlastermittlung
last, auch die Dauer der Heizperiode verkürzt bunden. Dadurch ist ein zeitlicher Puffer mög-
Q [W] ~ Qspez · BGF beheizt · ftemp sich erheblich (Abb. B 4.14). Die Heizlast bildet lich, der den Strombezug vom Wärmebedarf
die Grundlage für die Dimensionierung der entkoppelt (z. B. für die Nutzung von günstigem
spezifische Heizlast Qspez [W/ m 2BGF beheizt ]
1,4 Kohle, Erdöl und Erdgas sichergestellt. Bereits ebenso wie die Sicherheitsproblematik (siehe
1,3 zu Beginn des »fossilen Zeitalters« wurde die Grundlagen, S. 45).
Endlichkeit dieser Energieressourcen richtig Bei hohen Umwandlungsverlusten in der Strom-
1,2 erkannt, nicht aber die ebenso schwerwiegen- erzeugung aus fossilen Energiequellen schlägt
1,1 de Problematik schädlicher Treibhausgase und sich eine direkte Wärmeerzeugung aus Strom
der daraus resultierenden globalen Klimaverän- besonders ungünstig in der Primärenergie-
1,0 derung beachtet (siehe Grundlagen, S. 39). bilanz eines Gebäudes nieder (Abb. B 4.15).
-18 -16 -14 -12 -10
Norm-Außentemperatur [°C] Das technologisch einfache Prinzip der Ver- Die Wärmeerzeugung aus Strom ist generell
brennung und seine Entwicklungszeit machen nur dann sinnvoll, wenn zum einen effiziente
sehr ausgereifte Heizsysteme für Gebäude ver- Systeme wie z. B. Wärmepumpen eingesetzt
Beispiele Norm-Außentemperatur / Jahresmittel fügbar. Die ursprünglich einfachen Heizkessel werden. Hier kann die Nutzung von Umge-
ermöglichen inzwischen durch Niedertempera- bungswärme gegenüber einer fossilen Wär-
Hamburg -12 °C / 8,5 °C Hof -18 °C / 3,0 °C turtechnik und elektronisch gesteuerte, modu- meerzeugung ökologische Vorteile erzielen
Berlin -14 °C / 9,5 °C Stuttgart -12 °C / 10,2 °C lierende Systeme eine sehr effiziente Verbren- (Abb. B 4.48). Zum anderen bietet sich Strom
Köln -10 °C / 8,1 °C München -16 °C / 7,9 °C nung. Durch die fortschrittliche Brennwerttech- an, wenn der Wärmebedarf äußerst gering ist,
B 4.13 nologie kann inzwischen der Energiegehalt von wie z. B. zur dezentralen Warmwasserbereitung
Erdöl oder Erdgas nahezu vollständig in nutz-
bare Wärme umgewandelt werden. Die Effizienz Erdöl
Heizleistung
114
Technik
Biomasseaufkommen für
eine energetische Nutzung
Brennwertkessel VL 55 °C Abgas
z.B. 4 0 °C
CO2 CO2
1. Wärmetauscher 1. WT 160 °C 2. WT
Brennwert Heizwert (100 %) Nutzwärme
(Verbrennungsenergie) 106 % (Öl)
111 % (Gas)
Wasser- π +6 % (Öl) RL 3 5 °C
dampf π +11 % (Gas)
Kondensat
Gas
2. Wärmetauscher Luft
Verrottung Biomasse Heizung Ventilator
Kondensation Abgas
(latente Wärme)
Kondensatablauf
B 4.17 a b B 4.18
115
Technik
12
11
1 Füllraum 1
2 Förderschnecke 11
3 Brennkammer
11
4 Brennteller 7
8
5 Elektrozündung
10 7
6 Aschenbox 3
9 5
7 Ventilator 2
3
8 Primärluft 2
9 Sekundärluft 4 4
10 Sekundärluftblende 6 6
11 Wärmetauscher 12 12 12
12 Revisionsöffnung
a b c B 4.19
der direkten Bewirtschaftung von Wäldern Biomasse durchläuft von der Entstehung bis die Möglichkeit, das Rapsöl über den Prozess
(Waldrestholz, Schwachholz), der Land- zur thermischen Nutzung mehrere Phasen. Der der Umesterung zu Rapsmetylester (RME) zu
schafts- und Straßenpflege sowie aus land- Anbau bildet zusammen mit der Ernte bzw. veredeln. Mit diesem als »Biodiesel« bekann-
wirtschaftlichen Nutzflächen als Rückstände Bergung die so genannte Phase der Produk- ten Energieträger lassen sich herkömmliche
anfallen. tions- und Verfügbarmachung. Anschließend Dieselmotoren betreiben. Von untergeordneter
• organische Nebenprodukte: Dabei handelt erfolgt die Bereitstellungsphase, die die Zeit- Bedeutung für die energetische Nutzung sind
es sich um Rückstände, die durch einen pri- spanne zwischen dem Anfall der Biomasse und in Europa bislang Alkohole, die meist aus zu-
mären Verarbeitungsprozess entstehen. der energetischen Verwertung überbrückt, in cker- oder stärkehaltigen Pflanzen (z. B. Zucker-
Typische Beispiele hierfür sind Resthölzer der Transport, Lagerungs- und vor allem Auf- rohr, Mais, Kartoffeln etc.) durch Gärungspro-
aus der industriellen Holzverarbeitung oder bereitungsprozesse stattfinden. Biogene Ener- zesse gewonnen werden. Neue Entwicklungen
Gülle aus der landwirtschaftlichen Nutztier- gieträger können wie folgt differenziert werden: sind vor allem durch das »Biomass-to-liquid-
haltung für eine Produktion von Biogas. Bei Festbrennstoffen unterscheidet man zwi- Verfahren« zu erwarten. Hier können vielfältige
• organische Abfälle: Als organische Abfälle schen holzartiger und halmgutartiger Biomas- Biomassearten zu einem sehr hochwertigen
werden biogene Sekundärenergieträger be- se. Die Produktionsorte und Bezugsmöglich- und universell einsetzbaren Öl umgewandelt
zeichnet, die nach einer Endnutzung als keiten für Holzbrennstoffe sind sehr vielfältig. werden, das in seinen Eigenschaften den be-
Rückstände übrig bleiben, z. B. Klärschlamm Typisch für biogene Festbrennstoffe sind Wald- kannten Erdöl-Produkten entspricht. Statt einer
oder Deponiegas. restholz, Be- und Verarbeitungsresthölzer so- direkten Verfeuerung über Ölkessel werden Öle
• Energiepflanzen: Das größte Potenzial einer wie Holz aus Kurzumtriebsplantagen. Die Auf- fast ausschließlich als Treibstoff für Motoren zur
energetischen Nutzung von Biomasse ist bereitung zur energetischen Nutzung erfolgt Kraft-Wärme-Kopplung und im Fahrzeugbe-
mit dem Anbau von Energiepflanzen zu erzie- primär durch Zersägen und Spalten von Stäm- reich eingesetzt (siehe S. 143).
len. Landwirtschaftliche Stilllegungsflächen men (Stückholz), mechanisches Zerhacken Durch Gärungsprozesse unter Luftabschluss
werden speziell bewirtschaftet und so aus- von Hölzern aller Art (Holzhackschnitzel) oder kann unter günstigen Randbedingungen aus
schließlich energetisch genutzt. Sie reichen hoch verdichtetes Pressen von Holzmehl (Holz- Biomasse Methangas gewonnen werden. Ge-
vom Anbau ölhaltiger Pflanzen (Raps, Son- pellets, Abb. B 4.20 und 26). eignete Substrate sind z. B. Gülle aus der Tier-
nenblume, Soja etc.) über schnell wachsen- Die wesentlichen flüssigen Energieträger aus haltung, organische Abfälle aus Industrie und
de Gräser mit hoher Zellulosemasse bis zu Biomasse sind Pflanzenöle und Alkohole. Bei Gewerbe, Bio-Hausmüll, Grünschnitt aus der
Hecken- und Baumgewächsen mit sehr den Pflanzenölen ist Soja und insbesondere Landschaftspflege oder Klärschlamm. Für eine
geringem Pflegebedarf. Raps von Bedeutung. Das Korn der Rapspflan- großmaßstäbliche Nutzung wird in Pilotprojek-
ze besitzt bei Vollreife einen Rohfettanteil von ten eine Einspeisung von Biogas in vorhandene
Bereitstellung biogener Energieträger etwa 44 % und kann über Pressung oder bei Versorgungsnetze erprobt.
Um Biomasse für die Wärmeversorgung von großtechnischen Verfahren durch zusätzliche
Gebäuden technisch nutzen zu können, ist ihre Extraktion als Energieträger (Rapsöl) bereitge- Verfeuerungssysteme für Gebäude
Aufbereitung zu Energieträgern erforderlich. stellt werden. In einem weiteren Schritt besteht Zur Verbrennung biogener Energieträger ste-
a b c B 4.20
116
Technik
max. 30 m bis
Befüllstutzen
zur Straße
DN 100
Absaugstutzen
Kessel Kessel Sacksilo DN 100
Lagerraum
Förderschnecke Saugrohr Anprallmatte
Kessel
a c
Saugrohr Saugrohr
Kessel Kessel
Lagerraum Erdtank
b d
B 4.21 B 4.22
hen in Abhängigkeit von der verwendeten Ener- und Beschickungsaufwands primär für größere
gieform eine Vielzahl von Feuerungsprinzipien Heizzentralen sinnvoll.
bereit, von denen die für eine dezentrale Ver- Die Verwendung von Holzpellets ermöglicht
sorgung von Gebäuden wichtigsten erläutert eine besonders hochwertige Verbrennung von
werden (Abb. B 4.19 und 23): Biomasse. Der Energieträger ist hinsichtlich
Die Verbrennung von Holz (Scheitholzfeuerung) seiner wesentlichen Eigenschaften, wie Länge
ist die älteste Technik zur energetischen Nut- und Durchmesser (Länge 40 mm, Durchmes-
zung von Biomasse. In Form einer offenen Feu- ser 6 mm), Dichte, Wasser- und Aschegehalt
erstelle werden allerdings nur sehr geringe etc. in DIN 51731 definiert. Dadurch ist eine
Wirkungsgrade erzielt; die unkontrollierte Zu- exakte Anpassung der Systemtechnik möglich,
luft bewirkt einen hohen Schadstoffgehalt der was zu Wirkungsgraden von deutlich über 90 %
Rauchgase. Inzwischen gibt es spezielle Scheit- bei sehr geringen Emissionen führt. Bei der
holzkessel, die einen automatisierten Verbren- Herstellung sind jedoch zusätzliche Arbeits-
nungsvorgang mit Wirkungsgraden von bis zu schritte erforderlich, deren Aufwand primär- B 4.19 Verfeuerungsanlagen für holzartige Energie-
90 % ermöglichen. Von Vorteil ist die einfache energetisch betrachtet 10 bis 20 % des Ener- träger (Auswahl):
Aufbereitung des Brennstoffs. Die Beschickung giegehalts ausmachen. Pelletanlagen gibt es a Stückholzkessel
b Hackgutkessel
erfolgt manuell. Eine regelmäßige Entaschung mit Handbeschickung oder automatischer
c Pelletkessel
des Kessels ist erforderlich. Pelletzuführung über Förderschnecken bzw. B 4.20 Energieträger aus Holz:
Mit der Aufbereitung des Holzes zu Hackschnit- Saugrohre. Die Lagerung ist auch über mehre- a Stückholz
zel wird die automatische Beschickung einer re Monate problemlos möglich, wodurch bei b Holzhackschnitzel
entsprechenden Heizanlage ermöglicht. Der geringen Heizleistungen (z. B. Einfamilien- c Holzpellets
B 4.21 Möglichkeiten der Lagerung von Biomasse-
Brennstoff darf aufgrund der Minimierung des haus) der Brennstoff einer kompletten Heizperi- schüttgut:
Feuchtegehalts (große Oberfläche) nicht zu ode gelagert werden kann (Abb. B 4.21 und a Lagerraum mit Förderschnecke
lange im Lager verbleiben, weshalb kurze Zu- B 4.25). Mit Ausnahme der Entaschung ist eine b Lagerraum mit Saugförderung
lieferungsintervalle – normalerweise zwei Wo- automatisch beschickte Pelletanlage hinsicht- c Sacksilo mit Saugförderung
d Erdtank mit Saugförderung
chen – angestrebt werden (Abb. B 4.24). lich Platzbedarf und Komfortanforderungen
B 4.22 typische Anordnung eines Holzpelletlageraums
Neben der entsprechenden Lagergröße ist eine vergleichbar mit einer konventionellen Ölhei- mit Schneckenaustragung
Logistikplanung für die Anlieferung notwendig, zung. Aufgrund der starken Verbreitung von B 4.23 Anbieterspektrum und typische Leistungsberei-
die in der Regel per Lkw mit Kipplader erfolgt. Pelletheizanlagen ist inzwischen eine wirt- che von Verfeuerungsanlagen für Biomasse
Der Einsatz von Hackschnitzelanlagen erreicht schaftliche Versorgung mit Holzpellets in Euro- B 4.24 Heizwert für holzartige Energieträger in Abhän-
gigkeit vom Wassergehalt
aufgrund des kostengünstigen Rohstoffs (ge- pa flächendeckend gewährleistet. Die Anliefe- B 4.25 Abschätzung des benötigten Lagervolumens bei
ringe Aufbereitung) gute ökonomische Kennwer- rung erfolgt analog zum Heizöl durch Tankwa- definiertem Jahresenergiebedarf
te. Er ist wegen des relativ hohen Wartungs- gen. Über ein Saugrohr können die Pellets bis B 4.26 Pelletiermaschine
Heizwert [kWh/ kg]
Hackschnitzel- 6 a b c d
1
kessel 2
Holzpellet- 4 3
kessel
Stückholz- 2
kessel
0 10 100 1000 0
Nennleistung [kW ] 10 20 30 40 50 60
Angebotsspektrum Wassergehalt [%]
1 Holzpellets
typischer Leistungsbereich 2 Stückholz a lufttrocken c feucht
3 Holzhackschnitzel b lagerbeständig d waldfrisch
B 4.24
Energieträger Einheit Heizwert
[kWh] überschlägige Dimensionierung
Erdöl 1 m3 = 1000 l 10 000 ¤pro 1 kW Heizlast = 0,9 m3 Raum (inkl. Leerraum)
Stückholz 1 m3 (Raummeter / Ster) 1700
¤nutzbarer Lagerraum = 2 / 3 des Lagerraumvolumens
Holzhackschnitzel 1 m3 (Schüttraummeter) 800
Holzpellets 1 m3 (Schüttraummeter) 3200 ¤1 m3 Pellets = 650 kg
B 4.23 B 4.25 B 4.26
117
Technik
transparente zu einer Länge von 30 m in den Lagerraum hat inzwischen einen hohen technologischen
Gebäudehülle geführt werden (Abb. B 4.21 und 22). Stand erreicht. Die Entwicklung ist durch ste-
tige Verbesserungen einzelner Komponenten
Wärmeabgabe
(unkontrolliert) Nutzung solarer Wärme und insbesondere durch optimierte Systemkon-
Die Umwandlung von Solarstrahlung in Wärme- zepte und elektronische Regelungsstrategien
Speicher- energie wird als »Solarthermie« bezeichnet. gekennzeichnet. Im Mittelpunkt der künftigen
masse Alle Körper, die einer Sonneneinstrahlung aus- Anwendung steht jedoch die konstruktive und
a
gesetzt sind, absorbieren diese in unterschied- gestalterische Integration von thermischen
lich hohem Grad und wandeln sie durch den Solarkollektoren in die Gebäudehülle (siehe
photothermischen Effekt in Wärmestrahlung um Gebäudehülle, S. 94).
Kollektor Wärmeabgabe (Abb. B 4.33). Dieser Effekt wird im Bauwesen
(kontrolliert) prinzipiell als »passive Solarenergienutzung« Funktionsweise
Speicher in die Planung einbezogen. Im Folgenden wird Das Grundprinzip der solarthermischen Nut-
(intern /extern)
die so genannte aktive Solarenergienutzung zung ist die Umwandlung von kurzwelliger
beschrieben; die Abgrenzung zur passiven Solar- in langwellige Wärmestrahlung. Dieser
Nutzung ist dabei nicht immer eindeutig mög- Prozess erfolgt beim Auftreffen von Licht auf
Kollektorkreis Heizkreis
b lich. Materie und ist bezüglich der Intensität abhän-
B 4.27 Aktive solarthermische Energiesysteme sind gig von der Absorptionsfähigkeit des Materials
dadurch gekennzeichnet, dass die Funktionen (siehe Material, S. 158). Beim idealen Absorber
Solarenergieabsorption, Umwandlung und sind Reflexion und Transmission minimiert,
Speicherung nicht ausschließlich durch das zugleich soll die absorbierte Wärmeenergie
Gebäude oder Bauteile übernommen werden nicht abgestrahlt, sondern möglichst weitge-
(Abb. B 4.27). Sie bestehen in der Regel aus hend über Wärmeleitung an das Trägermedi-
den Systemkomponenten Kollektor, Wärmeträ- um übertragen werden. Das führte zur Entwick-
germedium, Transporteinrichtung und Wärme- lung von selektiven Absorbermaterialien, die
speicher, sodass über eine Regelungstechnik technisch bedingt meist dunkelblau bis schwarz
maßgeblich Einfluss auf den Wärmefluss aus- sind. Auch andere Farben sind möglich, da-
geübt werden kann. Das Ziel der meisten ak- durch wird die Leistungsfähigkeit jedoch ver-
tiven Systeme zur Wärmeversorgung ist eine mindert (Abb. B 4.30). Die absorbierte Wärme-
möglichst weitreichende zeitliche Entkopplung leistung entspricht infolge verschiedener Ver-
Systemeffizienz der nutzbaren Wärmemenge von der Solar- lustströme nicht der gesamten auf den Absor-
strahlung (Abb. B 4.29). Hier kommt dem Spei- ber auftreffenden Globalstrahlung (Abb. B 4.31).
cher in Kombination mit der Regelungstechnik Um die konvektiven Verluste an die Umgebung
eine entscheidende Funktion im Gesamtsystem zu verringern, werden sie zu Kollektoren erwei-
zu (siehe S. 124). Die Effizienz einer Solaranla- tert, die auf der sonnenabgewandten Seite
Systemkosten ge wird neben dem Nutzlastprofil und der Kol- gedämmt und auf der sonnenzugewandten
lektorausrichtung hauptsächlich vom örtlichen Seite mit einer hochtransparenten Abdeckung
0 20 40 60 80 100
solarer Deckungsanteil [%]
Solarstrahlungsangebot beeinflusst. Dieses dif- aus speziellen Solargläsern versehen sind. Der
feriert in Europa erheblich und erreicht für hori- Kollektor wird von einem Wärmeträgermedium
B 4.28
zontale Flächen Werte von ca. 850 bis 1750 durchströmt, um die nutzbare Wärme abzu-
kWh / m2 a (siehe Grundlagen, S. 53). Da das führen. Die Differenz zwischen der Energie
solare Strahlungsangebot zeitlich begrenzt ist, des eintretenden und austretenden Trägerme-
für Heizzwecke Wärmebedarf wird ein entsprechend hoher Materialaufwand diums stellt dabei den abgeführten Wärme-
nicht nutzbare für die Anlagentechnik zur Energiewandlung strom dar. Ein wichtiges Kriterium für die Güte
Wärme
und -speicherung erforderlich. Emissionen ent- eines Kollektors ist der Wirkungsgrad, der sich
stehen bei solarthermischen Anlagen nur durch als Quotient aus dem vom Wärmeträgermedi-
Solarertrag
die Herstellung und den zum Betrieb nötigen um abgeführten Wärmestrom zu der auf den
Strombedarf für Pumpen (Hilfsenergie), sofern Kollektor eingestrahlten Globalstrahlung ergibt.
J F M A M J J A S O N D sie nicht mit dem Schwerkraftprinzip arbeiten. Er hängt stark von der Temperaturdifferenz
B 4.29 Die aktive solarthermische Wärmeerzeugung von Außenluft und Absorber ab (Abb. B 4.34).
Energieertrag [%]
90
7 % Reflexion
80
Glas 2 % Absorption
70
60
15 % 5 % Reflexion
Konvektion 8 % Wärmeabstrahlung 50
-20 -10 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90
60 % absorbierte Energie Neigungswinkel [°]
Absorber
vom Kollektorfeld an den Strahlung auf die
Speicher abgegebene Kollektorebene
Dämmung 3 % Wärmeleitung Energie [kWh/a] [kWh / m2a]
B 4.30 B 4.31 B 4.32
118
Technik
Prozesswärme
Heizung jährliche Solarstrahlung auf die Kollektorfläche
– + Anregen des Elektrons
Trinkwassererwärmung
durch Lichtenergie
Freibaderwärmung Umwand-
Umwandlung in Wärme Größe des lungsver-
Speichers
Wirkungsgrad [%]
100 luste
–
80 Leitung Leitungsverluste
– + angeregtes Elektron springt
auf ein höheres Energieniveau
60 Vakuumröhrenkollektor
Speiche- Qualität des Speicherverluste
rung Speichers
40
20
– – angeregtes Elektron kehrt
auf die Bahn mit niedrigem offener Absorber Flachkollektor
– + 0 solarer
Energieniveau zurück und
20 40 60 80 100 120 140 Deckungs- Jahresgesamtwärmebedarf
emittiert Wärmeenergie
Temperaturdifferenz Außenluft/Absorber [K] anteil
B 4.33 B 4.34 B 4.35
Neben der Kollektoreffizienz ist im Gesamt- Planung besondere Anforderungen, da die • Bei Vakuumröhrenkollektoren befindet sich
system insbesondere der »solare Deckungs- Ausrichtung der solarthermisch aktiven Flächen der flächige oder runde Absorber in einer
anteil« von Bedeutung, der den prozentualen einen hohen Einfluss auf die Effizienz hat (Abb. evakuierten Glasröhre (Abb. B 4.41).
Anteil der vom Solarsystem nutzbar abgegebe- B 4.32). In technischer Hinsicht werden solar- Dadurch werden Wärmeverluste durch Kon-
nen Energie zum gesamten Wärmeenergiebe- thermische Kollektoren in verschiedene Kate- vektion nahezu vollständig verhindert. Je
darf des Gebäudes darstellt. Er wird insbeson- gorien eingeteilt: nach Bauart kann bei Röhrenkollektoren
dere beeinflusst von der zeitlichen Diskrepanz durch integrierte oder externe Spiegelflä-
zwischen Solarstrahlungsangebot und Nutzen- • Offene Absorber stellen die einfachste Art chen der flächenbezogene Nutzungsgrad
ergienachfrage mit daraus resultierender nicht der solarthermischen Wandler dar. Aufgrund erhöht werden. Vakuumröhrenkollektoren
nutzbarer Solarstrahlung (Speicher auf Maxi- hoher Wärmeverluste bleibt ihr Wirkungsgrad erreichen die besten Wirkungsgrade und die
maltemperatur) sowie von Leitungs- und Spei- jedoch gering. Sie werden bei der solaren höchsten Betriebstemperaturen. Die einzel-
cherverlusten (Abb. B 4.35). Aufgrund der Schwimmbaderwärmung eingesetzt oder die- nen Röhren können bei vielen Produkten
oben beschriebenen Randbedingung gilt all- nen als Wärmequelle für Wärmepumpen. durch Drehung der solaren Einstrahlung an-
gemein, dass bei zunehmendem solaren • Bei Flachkollektoren wird der Absorber rück- gepasst werden, sodass der Kollektor auch
Deckungsanteil die Anlagengröße (Absorp- seitig gedämmt und erhält auf der sonnenzu- bei flachen oder sehr steilen Neigungswin-
tionsfläche und Speichervolumen) überpropor- gewandten Seite eine spezielle Solarglas- keln eine hohe Effizienz aufweist.
tional steigt, während die flächenspezifische abdeckung. Flachkollektoren sind die meist • Durch spezielle Linsen oder Spiegelflächen
Effizienz des Systems sinkt (Abb. B 4.28). verwendete Kollektorart für die Wärmeversor- können Kollektoren bei hoher Direktstrahlung
gung von Gebäuden. Durch ihren Aufbau sehr hohe Temperaturen (> 300 °C) errei-
Systemtechnische Komponenten lässt sich eine Integration in die Gebäudehül- chen. Konzentrierende Kollektoren werden
Ein solarthermisches System besteht aus meh- le sehr gut realisieren (Abb. B 4.37). Zur Ver- für die Wärmeversorgung von Produktions-
reren Komponenten, die sich aus den primären minderung der Konvektionswärmeverluste prozessen und zur solarthermischen Strom-
Funktionen Wärmeabsorption, Wärmetransport wird in seltenen Fällen der Luftraum mit Edel- erzeuung eingesetzt (siehe S. 144).
und Wärmespeicherung ergeben. gas gefüllt.
Die in der Regel als Kollektoren bezeichneten • Alternativ zum wasserdurchströmten Flach- Prinzipiell kommen als Wärmeträgermedien
solarthermischen Wandler sind das zentrale kollektor können in Kombination mit Luftheiz- Gase und Flüssigkeiten in Betracht. Verwendet
Element einer thermischen Solaranlage. In der systemen auch Luftkollektoren zur solaren werden meistens flüssigkeitsdurchströmte Sys-
Praxis kommen unterschiedliche Kollektortypen Vorerwärmung eingesetzt werden. Diese sind teme. Zur Vermeidung von Frostschäden wird
zum Einsatz, von denen in Abb. B 4.36 gängi- im Aufbau mit Flachkollektoren vergleichbar. der Kollektorkreis vom Nutzwasserkreis ge-
ge Varianten dargestellt sind. Das Kollektorfeld Die Aufnahme der absorbierten Wärme er- trennt und mit einem Wasser-Glykol-Gemisch
bildet im Gesamtsystem den äußerlich sichtba- folgt hier jedoch nicht über einen Flüssig- durchströmt. Kollektoren und Speicher werden
ren Teil der Gebäudetechnik ab. Die gestalte- keitskreislauf, sondern über die an den Ab- mit Leitungen verbunden, die das Wärmeträ-
rische und funktionale Integration stellt an die sorberblechen vorbeiströmende Luft. germedium transportieren; typische Materialien
B 4.27 solare Nutzung im Gebäude: Bezeichnung offener Absorber Luftkollektor Flachkollektor Vakuumröhrenkollektor
a passiv b aktiv Querschnitt
B 4.28 Zusammenhang zwischen Systemeffizienz und
Systemkosten in Abhängigkeit vom solaren
Deckungsanteil
B 4.29 Problematik von Angebot und Nachfrage bei Energieträgerfluss
solarthermischer Wärmenutzung in Wohnbauten
B 4.30 farbige selektive Lacke für solarthermische
Absorber
B 4.31 Verlustfaktoren bei der Wärmeabsorption am
Beispiel eines Flachkollektors
B 4.32 Einfluss des Neigungswinkels auf den Ertrag
einer typischen solarthermischen Anlage zur
Heizungsunterstützung bei Südorientierung in
Deutschland
B 4.33 Prinzip des photothermischen Effekts Wirkungsgrad 40 % 60–65 % 65–70 % 80–85 %
B 4.34 Wirkungsgradkennlinien von Kollektortypen typische Betriebstemperatur 30–40 °C 40–50 °C 60–90 °C 70–130 °C
B 4.35 wesentliche Verlustfaktoren bei solarthermischen typische Anwendung Freibadheizung Luftheizung Trinkwassererwärmung Trinkwassererwärmung
Systemen Wärmepumpe solare Kühlung Heizung, solare Kühlung Heizung, solare Kühlung,
B 4.36 typische Kollektorarten und Anwendungsgebiete Prozesswärme
B 4.36
119
Technik
120
Technik
solare Deckung [%]
100
5 m3
60 60
2 m3
40 40
1 m3
20 20
0 0
J F M A M J J A S O N D 10 15 20 25 30 40 50 60 70 80 90
6 m2 Kollektorfläche 4m2 Kollektorfläche Kollektorfläche [m2]
B 4.39 B 4.40 B 4.41
merhalbjahr und maximalem Wärmebedarf im Nutzung von Umgebungswärme über Wärmepumpen erschlossen wird
Winter kann über die saisonale Wärmespei- Der Begriff »Umgebungswärme« umfasst so- • Grundwasser oder Oberflächenwasser
cherung zu einem großen Teil (etwa 50 % so- wohl die erdnahe Atmosphärenschicht bis zu • Abwärme in Form von Kühlwasser, Abgasen,
lare Deckung vom Gesamtwärmebedarf) aus- einer Höhe von etwa 100 m als auch die ober- Abluft etc.
geglichen werden. Sinnvolle Größenordnun- flächennahen Erdschichten (Erdreich, Grund-
gen für ein solar unterstütztes Nahwärmenetz wasser und Oberflächenwasser) bis zu einer Die Außenluft steht jederzeit und unbegrenzt
mit Langzeitwärmespeicher sind Wohngebiete Tiefe von ca. 200 m. Beide Medien beziehen als Wärmequelle bereit. Über Ventilatoren wird
ab etwa 100 Wohneinheiten. Die in den Kollek- ihren Energiegehalt primär aus der Absorption sie entweder direkt zum Verdampfer der Wär-
toren gewonnene Wärme wird über entspre- der Solarstrahlung und stehen somit als Ener- mepumpe geführt oder über einen externen
chende Leitungen in die Heizzentrale trans- giespeicher für eine indirekte Nutzung der Son- Luftwärmetauscher indirekt auf ein flüssiges
portiert und bei Bedarf direkt an die Gebäude nenenergie zur Verfügung. Die dritte Art von Wärmeträgermedium übertragen. Die Außenluft
verteilt. Die sommerliche solare Überschuss- Umgebungswärme stellt Abwärme aus Produk- wird am Verdampfer um wenige Kelvin abge-
wärme wird in den Langzeitwärmespeicher tionsprozessen, Abwasser oder Fortluft dar. kühlt. Auch sehr kalter Luft (unter dem Gefrier-
eingespeist (siehe S. 125). In der Heizperiode Das Temperaturniveau dieser Wärmequellen ist punkt) kann auf diese Weise noch Wärme ent-
wird die Wärmeenergie dem Speicher wieder in der Regel für eine direkte Wärmeversorgung zogen werden. Die geringe Energiedichte er-
entnommen und je nach Bedarf durch einen von Gebäuden zu gering. Um den Energie- fordert einen hohen Luftumsatz, was zu einer
weiteren zentralen Wärmeerzeuger ergänzt. gehalt dennoch nutzen zu können, wird die deutlichen Abkühlung in der Umgebung des
Die Kollektorfelder können zentral angeordnet Umgebungswärme über das technische Hilfs- Luftwärmetauschers führt und die Gefahr birgt,
oder auf Gebäudedächer bzw. - fassaden auf- mittel der Wärmepumpe aufbereitet (Abb. dass sich störende Geräusche entwickeln. Ein
geteilt werden. Hier ist neben der Gebäude- B 4.42). Das Prinzip lässt sich sowohl physika- wesentlicher Nachteil der Außenluft als Wärme-
planung auch die städtebauliche Gestaltung lisch als auch technisch umkehren und kann quelle sind die starken tages- und jahreszeit-
des zu versorgenden Gebiets von Bedeutung. entsprechend auch zur Kühlung herangezogen lich bedingten Temperaturschwankungen. Ins-
Die Dimensionierung solcher Anlagen hängt werden (siehe S. 130). Trotz dieser doppelten besondere der gegenläufige Charakter von
von individuellen Gegebenheiten ab wie Ge- Anwendungsmöglichkeit spricht man im Allge- jahreszeitlichem Temperaturverlauf und Heiz-
samtgröße der Siedlung, spezifischer Wärme- meinen von der Wärmepumpe. wärmebedarf wirken sich ungünstig auf die
bedarf, Art des Langzeitwärmespeichers, energetische Effizienz des Gesamtsystems
Temperaturniveau etc. Als Anhaltspunkt kön- Wärmequellen aus. In den Phasen hohen Wärmebedarfs ist
nen etwa 1,5 m2 Kollektorfläche und 3 m3 Man unterscheidet bezüglich der technischen der Energiegehalt der Außenluft sehr gering,
Speichervolumen pro MWh jährlichem Heiz- Erschließung folgende Wärmequellen: während er in den Sommermonaten weitge-
wärmebedarf angesetzt werden. Weitere Hin- hend ungenutzt bleibt (Abb. B 4.43). Dieser
weise zur Dimensionierung sind im Kapitel • Außenluft in unmittelbarer Umgebung der Umstand hat zur Folge, dass Wärmepumpen
Stadtraum und Infrastruktur dokumentiert Wärmepumpe bzw. des Gebäudes mit dem Quellenmedium Luft in der Regel nur
(siehe S. 74). • Erdreich, das durch die bauliche Maßnahme im Bereich kleiner Leistung Verwendung fin-
den oder bivalent mit einem weiteren Wärme-
Temperatur
Temperatur [°C]
Exergie: 35 Außenluft
Hochtemperatur
erzeuger betrieben werden.
30 Zur Erschließung der Wärmequelle Erdreich
Strom
Kraftstoff 25 gibt es prinzipiell zwei praxisrelevante Ansät-
ze: Erdwärmekollektor und Erdsonde. Für den
20 Erdwärmekollektor werden in einer Tiefe von
15 Erdreich 5 m > 1,5 m horizontal soledurchflossene Rohr-
Nutzenergie: schlangen verlegt. Bei der aufgenommenen
Raumheizung 10 Wärme handelt es sich überwiegend um zwi-
Erdreich 50 m/
Trinkwasser-
5 Grundwasser schengespeicherte Sonnenenergie mit entspre-
erwärmung
chenden saisonalen Schwankungen, die aller-
0 dings weitaus geringer sind als bei der Außen-
Anergie: erforderliches
-5 luft (Abb. B 4.43). Der aus der Erde kommende
Luft Temperaturniveau Wärmebedarf
Wärmestrom ist in der Regel kleiner als 1 W pro
Erdreich -10
Wasser
Quadratmeter, die Entzugsleistungen variieren
Abwärme -15 in Abhängigkeit der Erdreichfeuchte von ca. 20
J F M A M J J A S O N D bis 40 W pro Quadratmeter Kollektorfläche.
B 4.42 B 4.43
121
Technik
Sole Heizung
Verfüllung 30 °C 40 °C
Doppel-U-Sonde
Kondensator
Kältemittel
flüssig
150–200 mm
45 °C 50 °C Energie
(z.B. Strom)
Expansions- Kompressor
ventil
Sondenabstand
Verdampfer
min. 6 m
Kältemittel
0 °C 5 °C
gasförmig
5 °C 10 °C
3m
thermisch Wärmequelle
aktivierter Bereich (z.B. Erdreich, Wasser, Luft)
B 4.44 B 4.45 B 4.46
Diese Erschließungsmethode lässt sich im Zu- Gewässern oder oberflächennahen Grundwas- wassernutzung bei großen Leistungen eine
ge von Neubaumaßnahmen kostengünstig serschichten kann das im Wasser gebundene sehr wirtschaftliche Methode. Zudem kann
umsetzen, erfordert allerdings große Flächen. Wärmepotenzial für den Betrieb von Wärme- das Grundwasser analog zu Erdsonden auch
Alternativ können die Wärmepotenziale tieferer pumpen herangezogen werden. Hierbei wird als leistungsstarke Wärmesenke im Kühlfall
Erdschichten über vertikal gebohrte Erdwärme- das Wasser über Brunnen direkt abgepumpt eingesetzt werden (siehe S. 128). Generell
sonden erschlossen werden. Im Erdreich ver- und somit selbst zum Wärmeträgermedium. ist bei der Nutzung von Grundwasser eine
ringern sich die jahreszeitlichen Temperatur- Bei der Grundwassernutzung werden über besondere Sorgfalt geboten, um Verunreini-
schwankungen mit zunehmender Entfernung einen Förderbrunnen (Tiefe ca. 15 m) entspre- gungen dieses wertvollen Grundnahrungs-
von der Erdoberfläche. Ab einer Tiefe von ca. chende Wassermengen zum Verdampfer der mittels zu vermeiden.
30 m herrscht ganzjährig eine annähernd kon- Wärmepumpe geleitet und über einen separa- Bei Produktionsprozessen entsteht vielfach Ab-
stante Temperatur, die der Jahresmitteltempe- ten Schluckbrunnen an anderer Stelle dem wärme, die für die Gebäudeheizung sinnvoll
ratur entspricht (in Mitteleuropa etwa 12 °C). Erdreich wieder zugeführt – vorausgesetzt es sein kann. Ist das Temperaturniveau für eine
Die Bohrungen für Wärmesonden werden üb- besteht eine kontinuierliche Grundwasserströ- direkte Einbindung in den Heizkreis zu gering,
licherweise in Tiefen von ca. 100 m ausgeführt. mung. Bei der direkten thermischen Nutzung kann das Energiepotenzial als Wärmequelle für
Die soledurchflossenen Kunststoffrohre in Dop- von Grundwasser kann es aufgrund von che- den Wärmepumpenprozess genutzt werden.
pel-U- oder Rohr-in-Rohr-Ausführung werden mischen und mikrobiologischen Prozessen zu Ein weiteres Einsatzgebiet für Abwärmenut-
über geeignetes Verfüllmaterial thermisch voll- ungünstigen Erscheinungen wie Korrosion von zung im kleinen Leistungsbereich bieten Sys-
flächig an das Erdreich angebunden (Abb. Anlagenteilen oder Ablagerungen im System teme zur kontrollierten Be- und Entlüftung mit
B 4.44). Die Entzugsleistungen variieren in kommen. Entsprechend müssen im Vorfeld der Wärmerückgewinnung. Bei sehr geringem
Abhängigkeit von der Erdreichbeschaffenheit Planung die geologischen Rahmenbedingun- Heizwärmebedarf – vor allem bei Passivhäu-
und dem Grundwasserfluss in Mitteleuropa zwi- gen und die Wasserqualität analysiert werden. sern – kann der Wärmebedarf des Gebäudes
schen ca. 40 und 80 W pro Meter Sondenlän- Das Grundwasser hat in Europa eine im Jah- durch eine in die Lüftungsanlage integrierte
ge. Der Sondenabstand sollte 6 m nicht unter- resverlauf relativ konstante Temperatur von ca. Wärmepumpe erfolgen (siehe S. 135). Hier wird
schreiten, um die Gefahr einer gegenseitigen 7 bis 12 °C, die Entzugsleistungen betragen in die Fortluft, die auch nach der Wärmerückge-
Beeinflussung zu minimieren. Eine Alternative der Heizperiode etwa 5 bis 6 kW pro Kubikme- winnung ein gegenüber der Außenluft erhöhtes
zu Erdsonden sind so genannte Massivabsor- ter Grundwasser und Stunde. Bei Oberflächen- Temperaturniveau hat, direkt als Wärmequelle
ber – in der Regel statisch erforderliche mas- gewässern kann das Wasser in der Regel für den Wärmepumpenprozess genutzt.
sive Betonelemente (z. B. Pfahlgründungen), direkt abgepumpt werden. Hier sind höhere
die über Rohrleitungen mit einem Solekreislauf Temperaturschwankungen von ca. 2 bis 25 °C Wärmepumpentechnologie
thermisch aktiviert werden. möglich. Die Entzugsleistungen betragen in Wärmepumpen ermöglichen unter dem Einsatz
Auch die in Wasservorkommen gespeicherte der Heizperiode typischerweise 3 bis 4 kW von Antriebsenergie (Exergie) über einen ther-
thermische Energie ist für die Gebäudeheizung pro Kubikmeter Wasser und Stunde. Aufgrund modynamischen Kreisprozess eine Tempera-
nutzbar. An geeigneten Standorten mit offenen des effektiven Wärmeentzugs ist eine Grund- turerhöhung der Wärmequelle (Abb. B 4.42).
Dadurch wird das als »Anergie« vorliegende
Energiepotenzial für die Gebäudeheizung nutz-
Erdwärme- Erdwärme- Grund- Luft Massiv- bar gemacht (siehe Grundlagen, S. 43). Aus
kollektor sonde wasser absorber technologischer Sicht gibt es prinzipiell zwei
Verfügbarkeit vorzugsweise überall nach örtlicher überall im Neubau Möglichkeiten, diesen Prozess umzusetzen:
bei Freiflächen Verfügbarkeit Bei Sorptionswärmepumpen wird der thermo-
Platzbedarf hoch gering gering gering gering
dynamische Prozess durch Zufuhr von Wärme-
energie angetrieben. Diese Technologie ist für
die Gebäudeheizung von untergeordneter Be-
Durchschnittstemp. - 5 bis +5 °C 0 bis 10 °C 8 bis 12 °C - 25 bis +15 °C - 3 bis +5 °C
im Winter
deutung und wird bei vorhandener Abwärme
(auch Fernwärme) oder bei der Kälteerzeu-
wasserrechtlich nein fast immer immer nein nein
gung genutzt (siehe S. 130). Alternativ zum
genehmigungs-
Sorptionsprozess kann über Kompression die
pflichtig
erforderliche Temperaturerhöhung erfolgen.
typische Jahres- 4,0 4,5 4,5 3,3 –
Als Antriebseinheit sind prinzipiell alle Arten
arbeitszahl ß der
von Motoren einsetzbar. Für die Wärmeversor-
Wärmepumpe
gung von Gebäuden werden fast ausschließ-
B 4.47
122
Technik
lich elektrisch betriebene Kompressionswärme- System. Neben einer geeigneten Wärmequelle B 4.44 Doppel-U-Sonden zur Erschließung der Erd-
pumpen verwendet. spielt daher auch die Vorlauftemperatur des wärme
B 4.45 Funktionsschema einer elektrisch betriebenen
Heizungssystems eine Rolle. Günstig wirken Kompressionswärmepumpe
Funktionsprinzip der Kompressionswärmepumpe sich hierbei Flächenheizungen wie z. B. Fuß- B 4.46 kaskadenartig gekoppelte Wärmepumpen für
Grundlage für den Wärmepumpenprozess ist boden- oder Wandheizungen aus, die nur nied- hohe Leistung und Grundwassernutzung
eine als Arbeits- oder Kältemittel bezeichnete rige Vorlauftemperaturen benötigen. Das we- B 4.47 Vergleich unterschiedlicher Wärmequellen für
Wärmepumpen
Flüssigkeit mit einem sehr niedrigen Siede- sentliche Kriterium zur ökologischen Beurtei-
B 4.48 Vergleich beispielhafter Energie- und CO2-Bilan-
punkt. Sie durchläuft während eines Kreislaufs lung von Wärmepumpensystemen ist die Höhe zen (Annahmen: Erdgas 0,2 kg / kWh, CO2-Emis-
vier Stufen (Abb. B 4.45): Im Verdampfer befin- einer möglichen Primärenergieeinsparung ge- sionen Strom 0,57 kg / kWh, Jahresarbeitszahl
det sich das Arbeitsmittel zunächst in flüssigem genüber fossil befeuerten Heizsystemen. Da- Wärmepumpe 3,5):
Zustand. Durch die Zuführung von Energie aus bei ist ausschlaggebend, aus welcher Quelle a Erdgasheizung mit Brennwerttechnik
b Kompressionswärmepumpe, mit konventionel-
der Wärmequelle steigt die Umgebungstempe- der Strom für die Antriebsenergie stammt. In lem Strom betrieben, FKW-haltiges Kältemittel
ratur des Verdampfers über die dem Druck ent- Abb. B 4.48 ist beispielhaft der Energiefluss c Kompressionswärmepumpe, mit regenerati-
sprechende Siedetemperatur des Arbeitsmit- eines Heizsystems mit Gasbrennwertkessel der vem Strom betrieben, FKW-freies Kältemittel
tels an. Die Wärmequelle wird dabei um ca. 4 einer Wärmepumpenanlage gegenübergestellt. B 4.49 Kennwerte für Wärmepumpen
bis 6 K abgekühlt. Das nun dampfförmige Ar- Beim Gaskessel treten durch Aufbereitung und
beitsmittel wird im nächsten Schritt über einen Transport des Energieträgers und den Jahres-
Kompressor verdichtet. Für diesen Prozess ist nutzungsgrad des Heizkessels nur geringe
eine erhebliche Energiemenge erforderlich, die prozentuale Verluste der eingesetzten Primär-
2 t CO2
dem System zugeführt werden muss. Bei elek- energie auf. Bei der Wärmepumpe hingegen
Erdgasheizung
trisch angetriebenen Kompressoren schlägt kommen zwar etwa 60 bis 80 % der Endener-
sich die dafür benötigte Strommenge in der Pri- gie aus der regenerativen Wärmequelle (z. B. 10 MWh 10 MWh
Primärenergie Heiz-
märenergiebilanz entsprechend nieder. Durch Erdwärme), die erforderliche elektrische An- (Erdgas) wärme
die enorme Druckerhöhung steigt auch die triebsenergie bewirkt jedoch z. B. in Deutsch-
a
Temperatur des Arbeitsmittels um bis zu 70 K. land durch den hohen Aufbereitungsaufwand
Das hochverdichtete und hochtemperierte Ar- von Strom einen entsprechend großen Primär-
beitsmittel gelangt nun zum Kondensator, wo energieverbrauch. Zusätzlich emittieren bei der 1,65 t CO2 0,65 t CO2
es über einen zweiten Wärmetauscher mit dem Verwendung von fluorkohlenwasserstoffhalti-
Kraftwerk 2,9 MWh 2,9 MWh Wärmepumpe
Wasserkreis für die Wärmeabgabe (Heizkreis) gen (FKW) Kältemittel CO2-äquivalente Stoffe. 7,6 MWh Elektrizität Elektrizität
10 MWh
in Kontakt gebracht wird. Die Temperatur die- Für eine deutliche CO2-Reduktion gegenüber Primärenergie
Heiz-
(Kohle, Gas,
ses Wasserstroms ist niedriger als die dem einem Gasbrennwertkessel müssen daher Uran) Kraftwerks-
wärme
Druck entsprechende Verflüssigungstempera- günstige Betriebsbedingungen vorausgesetzt abwärme
7,1 MWh
4,7 MWh
tur des Arbeitsmittels, wodurch es abgekühlt werden (z. B. eine hohe Jahresarbeitszahl). Es Umgebungswärme
wird und kondensiert. Die frei werdende Kon- bietet sich daher an, neben einem effizienten b
densationswärme wird dabei an den Heizwas- Wärmepumpensystem auch eine dezentrale
serkreis abgegeben. Damit der Kreislauf erneut regenerative Stromerzeugung in die Planung
0 t CO2 0 t CO2
durchgeführt werden kann, muss das Arbeits- einzubeziehen (siehe S. 138).
Sonne / Wind etc. 2,9 MWh 2,9 MWh Wärmepumpe
mittel über ein Expansionsventil druckentlastet Elektrizität Elektrizität
werden, wodurch die Temperatur wieder sinkt. Typische Anlagenkonzepte 10 MWh
Heiz-
Beim Wiedereintritt in den Verdampfer sind An- Die Leistung von Wärmepumpen reicht von wärme
fangsdruck und -temperatur wieder erreicht, Kleinstanlagen ab 1 kW bis zu mehreren hun-
7,1 MWh
der Prozess beginnt von Neuem. dert Kilowatt. Je nach Wärmequelle unterschei- Umgebungswärme
det sich das System bezüglich Art und Anord- c
Kenngrößen nung der Komponenten (Abb. B 4.52). Über B 4.48
Entsprechend den Wirkungsgraden von Heiz- 90 % der neu installierten Wärmepumpen be-
kesseln gibt es auch bei Wärmepumpen Kenn- finden sich bislang in Wohngebäuden, zuneh-
werte für die energetische Beurteilung (Abb. mend kommen sie auch in anderen Bauten
B 4.49). Die häufig durch Herstellerangaben do- zum Einsatz. Für größere Leistungsanforde-
kumentierte Leistungszahl einer Wärmepumpe rungen wie in Bürogebäuden können mehrere
bezeichnet das Verhältnis von der am Konden- Wärmepumpen gekoppelt betrieben werden.
sator abgegebenen Energie zu der aufgenom- Da sie sich auch für die Kälteerzeugung eig- Bedeutung Aussage
menen elektrischen Leistung des Antriebmo- nen, bieten sie gerade bei Gebäuden mit ho- Leistungs- Das Verhältnis von ange- Effizienz der
tors für die Verdichtung. Sie bewertet damit nur hem Kühlbedarf eine interessante Alternative. zahl ε gebener Wärmeleistung Wärmepumpe
zu aufgenommener, elektri- bei Prüfbe-
die Qualität des Wärmepumpenkreisprozesses Wärmepumpen können prinzipiell wie Heizkes-
scher Antriebsleistung zu dingungen
und ist jeweils auf eine bestimmte Betriebssitu- sel eingebunden werden, wobei in der Regel einem bestimmten Zeitpunkt
ation bezogen. Daher wird sie immer zusam- Pufferspeicher zum Einsatz kommen, um hohe und für bestimmte Tempera-
men mit den wesentlichen Randbedingungen Taktraten zu vermeiden und die Überbrückung turverhältnisse
genannt (z. B. S5W35 = Soletemperatur 5 °C, von Sperrzeiten bei speziellen Wärmepumpen- Jahres- Das Verhältnis der pro Jahr Effizienz der
Heizungsvorlauf 35 °C). Entscheidend für die tarifen für den Strombezug zu ermöglichen arbeits- gelieferten Heizwärme (Q) gesamten
Beurteilung des Gesamtsystems ist die Jahres- (siehe S. 125). Da keine besonderen Anforde- zahl β zur benötigten Antriebs- Wärmepum-
energie (W), u.a. zur Er- pen Heizungs-
arbeitszahl, bei der über ein ganzes Jahr die rungen an einen Heizraum bestehen, können mittlung betriebsbedingter anlage
komplette, zur Nutzung abgegebene Wärme- Wärmepumpen an beliebigen Orten aufgestellt Schwankungen.
energie im Verhältnis zur gesamten aufgenom- werden. Auch ein Kamin ist nicht erforderlich, Jahres- Der Kehrwert der Jahres- Effizienz der
menen elektrischen Energie bilanziert wird. zu beachten ist lediglich die Geräuschentwick- aufwands- arbeitszahl bezeichnet das gesamten WP-
Grundsätzlich gilt für Wärmepumpen: Je gerin- lung beim Betrieb. zahl Verhältnis der Antriebs- Anlage nach
ger die Temperaturdifferenz von Wärmequelle Für den Einsatz von Wärmepumpen zur Ge- energie zur gelieferten VDI 4650
Heizwärme.
und -nutzung, desto effizienter arbeitet das bäudeheizung und Trinkwassererwärmung gibt
B 4.49
123
Technik
Wärmespeicher
WP WP WP WP
Massivabsorber
Oberflächen- Abwärme
wasser
WP WP WP WP WP
B 4.52
124
Technik
Temperatur
Wärme Wärme
hohe Wasser- niedrige
Temperatur dampf Temperatur
Desorption Kondensation
latente Wärme
l
ibe
ns
se
solarer Tank-in-Tank-System
Trinkwasserspeicher
Vorlauf
Warm- Heizung
wasser Warm-
Wasserlangzeit- Kies-Wasser-Speicher
wasser
wärmespeicher
Nach- Nach-
heizung heizung
Warmwasser-
behälter
Solaranlage
Solaranlage
Kalt-
wasser
Kalt- Rücklauf
wasser Heizung
Erdsondenspeicher Aquiferspeicher
B 4.55 B 4.56 B 4.57
125
Technik
Vor- / Rücklauf-
temperatur
Differenz
B 4.58 Mehrfamilienhaus mit integriertem Langzeit-
wärmespeicher und hundertprozentiger solarer
Wärmeversorgung, Oberburg (CH) 2007, Fläche
Aeschlimann + Willen Niedertemperaturheizung Hochtempera-
B 4.59 Größe der Heizfläche in Abhängigkeit von der turheizung
Vorlauftemperatur
B 4.60 Funktionsweise verschiedener Wärmeübergabe-
systeme
B 4.61 Temperaturprofil im Raum in Abhängigkeit vom Temp. 50°C 90 °C
Wärmeübergabesystem
B 4.62 systematische Darstellung von Wärmeübergabe-
systemen Tm= 40°C Tm= 80°C
B 4.63 Prinzip der ganzjährigen Nutzung von Bauteil-
aktivierung
B 4.64 typische Konstruktionen für die thermische Temp. 30°C 70 °C
Aktivierung einer Massivdecke
B 4.58 B 4.59
und fließt zurück zum Wärmeerzeuger (Rück- gen der Heizungsverteilung gedämmt werden, die Absenkung der Raumtemperatur um weni-
lauf). um Wärmeverluste während des Transports zu ge Kelvin reduziert.
• Der Wärmebedarf eines Raums kann über minimieren. Für die horizontale und vertikale Drittens wird das Temperaturniveau der Wär-
die Zuluft eingebracht werden. Durch die Anordnung der Leitungen ist eine Verteilung meverteilung wesentlich durch die Konfigura-
geringe spezifische Wärmespeicherkapazität innerhalb der beheizten Hülle anzustreben, um tion des Gesamtsystems beeinflusst. Übliche
von Luft sind hierbei allerdings günstige bau- die unvermeidlichen Wärmeverluste nutzen zu Werte für Vor- und Rücklauf sind (in °C): 90 / 70
liche Voraussetzungen für minimierte Wärme- können. Das gilt auch für die Verteilung des (Altbau), 70 / 40, 50 / 30 und 35 / 28. Ein niedri-
verluste zu schaffen. Anderenfalls werden Trinkwarmwassers. In Wohngebäuden werden ges Temperaturniveau (Niedertemperaturhei-
hohe Temperaturen oder ein großer Luftvolu- häufig zusätzliche Zirkulationsleitungen instal- zung, maximal 50 / 30 °C) ermöglicht oft eine
menstrom erforderlich. Eine komplette Wär- liert, die eine Abkühlung des Warmwassers in höhere Effizienz bei der Wärmeerzeugung (z. B.
meverteilung über Luft kann sinnvoll sein, Phasen ohne Zapfleistung verhindern und da- Brennwerttechnik, Wärmepumpen, solare Wär-
wenn ohnehin eine raumlufttechnische Anla- durch die Wartezeit bei der erneuten Wasser- me). Zudem können die Leitungsverluste der
ge vorgesehen ist und durch geringe Heiz- entnahme verkürzen. Durch zusätzliche Lei- Rohrleitungen reduziert werden. Dabei ist je-
lasten niedrige Zulufttemperaturen realisiert tungsverluste und Pumpenleistung erhöht sich doch zu beachten, dass die wärmeübertragen-
werden können oder bei flexibler Nutzung jedoch auch der Energiebedarf. Dieser Nach- de Fläche mit abnehmender Vorlauftemperatur
eine schnelle Aufheizung – z. B. bei Industrie- teil muss dabei mit dem Vorteil abgewogen und geringer Temperaturspreizung bei gleicher
oder Sporthallen – erfolgen soll. In diesen werden, da sich der Wasserverbrauch bei vor- Heizleistung größer dimensioniert werden muss
Fällen wird die Zuluft über ein integriertes handener Zirkulationsleitung in der Regel ver- (Abb. B 4.59).
Heizregister erwärmt, das über einen Warm- ringert.
wasserkreis mit dem Wärmeerzeuger verbun- Zweitens werden für den bedarfsgesteuerten Wärmeübergabesysteme
den ist. Alternativ sind in speziellen Wand- Transport des Warmwassers elektrisch betrie- Für die Übergabe der Wärmeenergie an den
oder Deckenelementen mit Umluftventilation bene Pumpen eingesetzt. Die erforderliche Raum sind Heizkörper oder Heizflächen erfor-
Gasbrenner integriert. Leistung der Umwälzpumpe steigt mit dem zu derlich (Abb. B 4.60 und 62). Sie bilden die
• Wasserdampf als Wärmeträgermedium erbringenden Volumenstrom, der durch die Dif- Schnittstelle zwischen Gebäudetechnik und
ermöglicht den Transport von Wärmeener- ferenz zwischen Vor- und Rücklauf (Spreizung) Architektur. Art sowie Anordnung von Heizele-
gie auf sehr hohem Temperaturniveau bestimmt wird. Je größer die Speizung, desto menten beeinflussen die thermische Behaglich-
(> 100 °C). Angewendet wird dieses Verfah- geringer ist der Volumenstrom. Wichtig ist keit im Raum. Bei der Planung ist darauf zu
ren in der Regel in der Industrie bei Produk- neben der Nutzung effizienter Elektropumpen achten, dass in Abstimmung mit der Gebäude-
tionsprozessen (z. B. Beheizung von Säure- eine bedarfsgerecht modulierende Regelung. hülle möglichst homogene Oberflächentempe-
bädern). Eine weitere Möglichkeit bietet die automati- raturen entstehen (siehe Grundlagen, S. 56).
Für eine energetische Bewertung der Wärme- sche Nachtabsenkung des Heizbetriebs: Über Der Wärmeübergang findet immer parallel über
verteilung sind im Wesentlichen drei Aspekte eine Zeitschaltuhr werden während der Nacht- Wärmeleitung, -strahlung und -konvektion statt.
von Bedeutung: Erstens müssen die Rohrleitun- stunden Transmissionswärmeverluste durch Während die Wärmeleitung vernachlässigbar
126
Technik
Wärmeübergabesysteme
1,70 m
Heizkörper Flächenheizung
20 24 16 20 24 16 20 24 16 20 24 [°C]
B 4.61 B 4.62
ist, differieren die Verhältnisse von Strahlung Konvektoren stehen in verschiedenen Bauarten Zur thermischen Aktivierung des Fußbodens
und Konvektion je nach Wärmeübergabesystem zur Verfügung. Als Heizkörper können sie wie werden im Estrich Rohrleitungen – in der Regel
erheblich. Dabei unterscheidet man zwischen Radiatoren an den Außenwänden, Wandni- aus Kunststoff – verlegt, wodurch sich der Est-
Heizkörpern (Einzelelemente) und Flächenhei- schen (auch mit Verblendung) oder im Sockel- rich erwärmt. Durch die große Übertragungsflä-
zungen (bauteilintegriert). bereich angebracht werden. Durch ihren hohen che genügen bei der Fußbodenheizung sehr
Als Radiatoren werden Heizkörper bezeichnet, Konvektionsanteil eignen sie sich bei hohen, geringe Vorlauftemperaturen (meist 35 / 28 °C),
bei denen die Wärmeabgabe mit einem hohen bodentiefen Verglasungen und können – ins- um die Heizlast abzudecken. Über geringe
Anteil über Strahlung erfolgt (> 30 %). Der me- besondere bei niedrigen Wärmedämmqualitä- Rohrabstände kann die Leistungsfähigkeit ört-
tallische Hüllkörper wird vom warmen Wasser ten – einen möglichen Kaltluftabfall verhindern. lich (z. B. im Bereich von bodentiefen Vergla-
durchflossen und gibt über die Oberfläche Bei sehr hohen Verglasungen (z. B. Atrien, sungen) erhöht werden. Die große Speicher-
Wärme an den Raum ab. Radiatoren werden Schwimmhallen) können zusätzliche Konvekto- masse bewirkt jedoch, dass die Regulierung
meist als segmentierte Rippenheizkörper her- ren auf entsprechender Höhe in der Fassade träger als bei Heizkörpern ist. Aufgrund des
gestellt, deren Größe an die geforderte Leis- platziert werden. sehr hohen Strahlungsanteils und der Raum-
tung angepasst werden kann. Bei der Variante Eine Variante dieser Bauart ist der Unterflur- erwärmung von unten nach oben stellt sich ein
als Plattenheizkörper sind zwei flache, ebene konvektor. Er wird im Bereich großer Vergla- besonders behagliches Temperaturprofil im
Metallkörper mit dünnen Blechen verbunden. sungen flächenbündig mit dem Fußboden ver- Raum ein (Abb. B 4.61). Zu beachten ist, dass
Radiatoren zeigen über einen breiten Tempera- legt und ist auch in sehr niedriger Bauhöhe (ab die Materialien für den Bodenbelag den Wär-
turbereich gute Werte beim Wärmeübergang ca. 75 mm) erhältlich. Zur Erhöhung der Leis- meaustausch nicht behindern. Insbesondere
und lassen sich universell einsetzen. Sie wer- tung kann der Unterflurkonvektor mit einem elek- bei Holzoberflächen sind eine ausreichende
den in der Regel an Außenwänden in unmittel- trischen Umluftgebläse ergänzt werden. Hier Wärmeleitfähigkeit und Beständigkeit bei
barer Nähe von Verglasungen angeordnet, bei müssen allerdings die Geräuschentwicklung dynamischen Temperaturschwankungen (Riss-
guter Wärmedämmung der Gebäudehülle sind und der Hilfsenergiebedarf bei der Planung be- bildung) zu berücksichtigen.
auch andere Plätze möglich. rücksichtigt werden. Gebläseunterflurkonvekto- Analog zur Fußbodenheizung können auch
Bei Konvektoren erfolgt die Wärmeabgabe fast ren mit Außenluftanschluss können auch für ei- Wandflächen für die Wärmeübergabe heran-
ausschließlich durch Konvektion. Diese wird ne dezentrale Fassadenlüftung eingesetzt wer- gezogen werden. Warme Wandflächen werden
durch zahlreiche Blechlamellen erreicht, die mit den (siehe S. 132 und Gebäudehülle, S. 103). als besonders behaglich empfunden und be-
dem Heizungsrohr verbunden sind. Aufgrund Bei Deckenstrahlungselementen wird durch die nötigen ebenfalls nur sehr geringe Vorlauftem-
ihrer großen Oberfläche erwärmen sich die Luft- Anbindung von Rohrleitungen ein metallisches peraturen. Die (sehr dünnen) Rohrleitungen
zwischenräume und erzeugen einen thermi- Plattenelement thermisch aktiviert. Dieses wirkt aus Kunststoff werden im Putz verlegt oder
schen Auftrieb. Das System benötigt eine deut- im Raum als Wärmestrahler und kann mit weite- durch spezielle Wandelemente angebracht.
lich höhere Temperatur gegenüber der Raum- ren Funktionen (optische Gestaltung, Schall- Zu beachten ist die eingeschränke Nutzung,
luft. Daher sind Vorlauftemperaturen von min- schutz) in eine abgehängte Decke integriert da die Wandflächen nicht abgedeckt werden
destens 50 °C erforderlich. werden. dürfen (z. B. durch Schrankmöbel) und Wand-
Sommer Winter
Dämmung
+ 22°C +22 °C
Decke mit Bewehrung
B 4.63 B 4.64
127
Technik
Personen bohrungen praktisch ausgeschlossen sind. temperatur (z. B. für Bürogebäude 26 °C) ein
Eine Variante der Wandheizung ist die Fassa- wesentlicher Einflussfaktor. Durch abgeschwäch-
Beleuchtung 1 denheizung. Bei Systemen mit Pfosten- und te Anforderungen – z. B. Vereinbarung über
intern Riegel-Konstruktion können bei entsprechen- eine jährliche Stundenanzahl, in denen die
Arbeitshilfen der Modifikation die Hohlräume der Profile mit Maximaltemperatur überschritten werden darf –
Heizwasser durchströmt werden. Von Vorteil ist sind erhebliche Einsparungen der Systemleis-
Produktion
die nicht sichtbare Einbindung des Heizsys- tung möglich (Abb. B 4.68). Im Sinne einer
Wärmelast tems in ohnehin erforderliche Bauteile. Bei ge- nachhaltigen Entwicklung ist anzustreben,
ringer Dämmwirkung der Profile kann die Wär- diese Energiedienstleistung mit hoher Effizienz
Solarstrahlung 1
meabstrahlung nach außen jedoch sehr hoch unter weitestgehender Nutzung regenerativer
sein. Energiequellen bereitzustellen. Die hierfür zur
extern Transmission 1
Bei der Bauteilaktivierung (BTA) – auch »Beton- Verfügung stehenden Systeme und Konzepte
kernaktivierung« genannt – werden statisch werden im Folgenden erläutert (Abb. B 4.66).
1
großes Einflusspotenzial Außenluft
über die Gebäudehülle
erforderliche Massivbauteile (z. B. die Stahlbe-
tondecke) durch integrierte Rohrleitungen ther- Natürliche Wärmesenken
B 4.65 misch aktiviert (Abb. B 4.63 und 64). In Verbin- Im Idealfall kann die Wärmelast in Gebäuden
dung mit der hohen Speichermasse kann durch über natürlich vorkommende Kühlpotenziale
Außenluft dieses System eine Grundtemperierung wäh- bzw. Wärmesenken ohne aktive Kälteerzeu-
rend der Heizperiode mit Vorlauftemperaturen gung abgeführt werden. Hierbei bieten sich
natürliche
Erdreich erzielt werden, die nur gering über der Raum- günstige Temperaturniveaus in den Medien
Wärmesenken
solltemperatur liegen. Daher eignet sich die Luft, Erdreich und Wasser an.
Wasser
BTA sehr gut, um die Umgebungswärme zu
nutzen. Die hohe Trägheit und die geringe spe- Außenluft
zifische Wärmeleistung erfordern in der Regel In den meisten Fällen deckt sich der Kühlbe-
direkte adiabate ein ergänzendes, schnell regelbares Wärme- darf zeitlich mit hohen Außenlufttemperaturen.
Kühlung
Gebäude- Verdunstungs- übergabesystem (z. B. Konvektoren). Dabei Dennoch entstehen im Tages- und Jahresver-
kühlung kühlung
indirekte adiabate muss beachtet werden, dass die Bauteilober- lauf Situationen, bei denen die Außenluft als
Kühlung flächen in einem störungsfreien Austausch mit Wärmesenke in das Technikkonzept integriert
der Raumluft stehen. So wirken sich abgehäng- werden kann.
Kompressions- te Decken oder aufgeständerte Bodensysteme Zum einen entsteht bei bestimmten Nutzungen
kälte
Kälte- ungünstig auf die Leistungsfähigkeit aus. Ins- (z. B. Theatersaal) aufgrund hoher interner
maschine besondere bei der Deckengestaltung ist eine Wärmelasten auch bei geringen Außentempe-
Sorptions-
kälte thermische Aktivierung mit weiteren Funktionen raturen Kühlbedarf. In diesen Fällen kann die
B 4.66 wie z. B. der Raumakustik abzustimmen. Außenluft direkt (direkte Kühlung) oder über
flächenbezogene Wärmeleistung [W / m 2]
25
Personen einen Luftwärmetauscher (z. B. Rückkühlwerk)
Beleuchtung zur Abführung der Wärmelasten genutzt wer-
Arbeitshilfen
20 Kälte erzeugen den.
Zum anderen stehen in Zeiträumen mit hoher
Für die thermische Behaglichkeit in Gebäuden Außenlufttemperatur in den meisten Klimaregio-
15 ist neben der Wärmeversorgung auch die Be- nen während der Nachtzeit potenzielle Wärme-
grenzung hoher Temperaturen ein wichtiger senken zur Verfügung, die für eine thermische
Aspekt. Bei den unerwünschten Wärmequellen, Entspeicherung von Gebäuden nützlich sind
10 den so genannten Kühllasten, unterscheidet (Nachtluftkühlung, Abb. B 4.69); vorausgesetzt
man zwischen internen und externen Ursachen es gibt genügend thermisch aktivierbare Spei-
(Abb. B 4.65). Die wichtigsten internen Kühllas- chermasse, die eine zeitliche Phasenverschie-
5 ten werden durch Personen (hohe Belegungs- bung ermöglicht (Abb. B 4.70). Der Energie-
dichte), Beleuchtung und elektrische Arbeits- transport kann sowohl direkt über einen Luft-
hilfen (z. B. Computer) hervorgerufen. Die ex- austausch (natürlich oder maschinell) als auch
0 ternen Energiequellen lassen sich unterteilen in über ein wassergeführtes System (z. B. Bau-
6:00 12:00 18:00 24:00 Solarstrahlung, Wärmetransmission von außen teilaktivierung) mit freier Rückkühlung erfolgen.
B 4.67 nach innen sowie Wärmepotenziale, die über Eine rein natürliche Nachtlüftung ist sehr effizi-
100
erforderliche Kühlleistung [%]
den Luftaustausch den Innenraum belasten. ent, jedoch schwierig zu kontrollieren und aus
In den meisten Fällen können Gebäude vor al- Sicherheitsgründen oft nicht realisierbar. Je
80 lem in kalten und gemäßigten Zonen bei ener- höher die standortspezifische Spreizung zwi-
gieoptimierter Planung ohne aktive Kühlung schen Maximaltemperatur am Tag und Mini-
betrieben werden. Eine entsprechende Gestal- maltemperatur in der Nacht ist, umso höher ist
60 tung der Gebäudehülle hinsichtlich einer Mini- die erreichbare Kühlleistung. Für eine effektive
mierung externer Kühllasten hat daher erste Abkühlung durch Nachtluft sollte gewährleistet
Priorität (siehe Gebäudehülle, S. 195). Zum Teil sein, dass die maximal zulässige Raumtempe-
40 erfordern jedoch besondere Arbeitsprozesse, ratur in der Nacht für mehrere Stunden um min-
spezifische klimatische Randbedingungen destens 5 K unterschritten wird [3].
oder besonders hohe, nutzungsbedingte Kühl-
20
lasten eine Bereitstellung von »Kälteleistung«, Erdreich
physikalisch korrekt als »Wärmesenke« zu be- Das Temperaturniveau im Erdreich ist mit zu-
0
zeichnen. Die erforderliche Kälteleistung wird nehmender Tiefe konstant und entspricht ab
26 27 28 29 30 31 32 33 analog zur Heizlast für den ungünstigsten Fall einer Tiefe von ca. 30 m der mittleren Jahres-
zulässige Raumtemperatur [°C] ermittelt. Hier ist die maximal zulässige Raum- lufttemperatur. Zur Nutzung des Temperatur-
B 4.68
128
Technik
Temperatur [°C]
35
Temperatur [°C]
35
B 4.66 Möglichkeiten zur Gebäudekühlung
B 4.67 typisches Profil interner Wärmelasten eines Büro-
30 30 gebäudes im Tagesverlauf
B 4.68 beispielhafter Zusammenhang zwischen zuläs-
siger Raumtemperatur und erforderlicher Kühl-
25 25 leistung
B 4.69 qualitatives Potenzial für eine Nachtluftkühlung
B 4.70 Einfluss der Speichermasse auf die Temperatur-
amplitude der Raumluft bei Nachtluftkühlung
20 20 B 4.71 Funktionsprinzip eines Erdkanals
B 4.72 Einfluss der Jahresmitteltemperatur auf die Leis-
tung eines Erdkanals
15 15 B 4.73 Leistung eines Erdkanals in Abhängigkeit von
28.Juli 29. Juli 30. Juli 31.Juli 28.Juli 29.Juli 30.Juli 31.Juli Rohrlänge und -durchmesser
Speichermasse 200 kg/m2
Speichermasse 500 kg/m2
Kühlpotenzial der Nachtluft Speichermasse 1000 kg/m2
Außenlufttemperatur ta Außenlufttemperatur ta
B 4.69 B 4.70
niveaus des Erdreichs als Wärmesenke gibt es größeren Objekten sind entsprechend große Kühlung um nur wenige Kelvin unter der Raum-
im Wesentlichen zwei Konzepte. Bei Gebäuden Rohrquerschnitte oder eine Aufteilung in meh- temperatur erforderlich macht (z. B. Bauteil-
mit maschineller Zuluftführung kann die Außen- rere, parallel verlegte Leitungen erforderlich. aktivierung). Über einen Luft/Wasser-Wärme-
luft über ein Erdkanal (auch Erdregister) gelei- Empfehlenswert ist die Verwendung von Mate- tauscher kann der Solekreis auch in eine
tet werden. Dadurch wird die Luft um mehrere rialien mit glatten Oberflächen, um den Strö- Lüftungsanlage eingebunden werden. Die
Kelvin abgesenkt, wodurch in vielen Fällen auf mungswiderstand zu reduzieren und die hy- Kühlleistung von Erdsonden beträgt in Mittel-
eine weitere Kühlung verzichtet werden kann gienischen Verhältnisse zu optimieren. Ist der europa ca. 20 bis 40 W/m. In Fällen, in denen
(Abb. B 4.71). Durch den Erdkanal erfolgt zu- Erdwärmetauscher nicht begehbar, müssen die passive Kühlung nicht ausreicht, ist die
dem bei niedrigen Temperaturen im Heizfall geeignete Revisionsöffnungen eine Reinigung Wärmepumpe auch als aktives Kälteaggregat
eine Vortemperierung, wodurch das System ermöglichen. Aufgrund einer eventuellen Kon- einsetzbar (siehe S. 130). Die große Verbrei-
bei einer ganzjährigen Nutzung wirtschaftlich denswasserbildung sind ein entsprechendes tung erdgekoppelter Wärmepumpen in Nord-
betrieben werden kann. Das Prinzip der thermi- Gefälle und die Möglichkeit eines Abflusses amerika liegt in dieser Anwendungsmöglichkeit
schen Nutzung des Erdreichs für die Gebäude- empfehlenswert. Inzwischen gibt es zahlreiche begründet.
lüftung ist sehr alt. Ein »Verfahren zur Kühlung Erfahrungswerte mit Erdwärmetauschern. Es
und Vorerwärmung der Luft mit Hülfe der Erd- hat sich jedoch gezeigt, dass die Wirtschaft- Wasser
wärme« wurde bereits 1877 beim kaiserlichen lichkeit solcher Systeme (unter Berücksichti- Auch Wasservorkommen (Grundwasser, Ober-
Patentamt angemeldet [4]. Die Kühlleistung ist gung der Luftvorerwärmung in der Heizperio- flächenwasser) bieten neben der Nutzung als
abhängig von der Jahresmitteltemperatur und de) projektspezifisch nachgewiesen werden Wärmequelle für Wärmepumpen ein großes
der Dimensionierung des Erdkanals (Abb. B muss. In Kombination mit einer Nachtluftküh- Potenzial für die Kühlung von Gebäuden. Steht
4.72 und 73). Das Spektrum an Materialien und lung (Bypass, bei dem durch Umschalten der das Wasser in ausreichender Menge mit einem
Querschnitten ist dabei sehr breit und reicht Erdkanal umgangen wird) können auf passi- Temperaturniveau < 20 °C zur Verfügung, kann
von Kunststoffrohren mit einem Durchmesser vem Weg bereits hohe Wärmelasten abgeführt es direkt als Wärmesenke in das Technikkon-
von 150 mm bis zu begehbaren Betonröhren werden. zept integriert werden (Abb. B 4.74). Durch
und kompletten Untergeschossen, die über Alternativ zum Erdkanal sind analog zur Nut- die hohe Speicherkapazität von Wasser ist die
Wandscheiben als Luftlabyrinth ausgeführt zung als Wärmequelle Erdsonden bzw. als Leistungsdichte für eine thermische Entspei-
sind. Kunststoffrohre mit ca. 300 mm Durch- Wärmesenke im Erdreich installierte Massivab- cherung sehr hoch. Wird das Wasser auch als
messer bei einer Verlegetiefe von 2 bis 4 m sorber im Kühlfall einsetzbar. Diese Mehrfach- Wärmequelle für Wärmepumpen genutzt, lässt
haben sich als besonders wirtschaftlich erwie- nutzung beschleunigt die Regeneration des sich eine wirtschaftliche Energieversorgung für
sen [4]. Zur technischen Umsetzung eines Erd- Erdreichs und führt zu einer verbesserten Wirt- hohe Leistungsanforderungen realisieren.
wärmetauschers gibt es mehrere Möglichkei- schaftlichkeit des Gesamtsystems. Vorausset-
ten. Bei kleinen Luftvolumenströmen, wie z. B. zung hierfür ist ein flüssiges Wärmeträgerme- Verdunstungskühlung
für Einfamilienhäuser, erfolgt dies in der Regel dium mit entsprechenden Absorptionsflächen Die Kühlung durch Wasserverdunstung ist
über im Erdreich verlegte flexible Rohre. Bei und eine Wärmeübergabe im Raum, die eine ein sehr altes Prinzip – erfahrbar z. B. bei der
Außentemperatur [°C]
Sommerbetrieb: 14
Kühlleistung [W/ m]
1200
35 ¤Luftabkühlung Samedan ø 30cm
Extrem- ¤Klimaanlage 12
temperatur kann entfallen 1000
Sommer:
+35 °C 10
Gebäude- Kopenhagen ø 25cm
z.B. +22 °C 800
20 solltemperatur: Hamburg
+20 °C Zürich
+20 °C 8 London
Paris
600 ø 20cm
Heizen
6
z.B. +5 °C Rom
400 ø 15cm
0 4
Winterbetrieb: Luftmenge: 250 m3 Klima: Zürich
Extrem- Rohrdurchmesser: 0,2 m 200 Luftgeschwindigkeit: 2m /s
¤Luftvorwärmung 2
temperatur Rohrlänge: 30 m Verlegetiefe: 2,5m
¤Temperaturan-
Winter: Verlegetiefe: 2,5 m Bodentyp: naturfeucht
hebung über
-15 °C Bodentyp: Erde feucht
-15 den Nullpunkt 0 0
2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 10 20 30 40 50 60 70 80
Erdkanal Jahresmitteltemperatur tm [°C] Rohrlänge [m]
B 4.71 B 4.72 B 4.73
129
Technik
B 4.74 Gebäudekühlung über Grund- oder Ober- Transpiration über die Haut. Für den Übergang einen weiteren Wasserkreislauf durch Verduns-
flächenwasser vom flüssigen in den gasförmigen Zustand wird tungskühlung die Wärme direkt nach außen
B 4.75 indirekte adiabate Kühlung über eine raumluft-
technische Anlage
Energie benötigt, die der Umgebung entzogen abgeleitet wird. Daher müssen beide im freien
B 4.76 direkte adiabate Kühlung über Pflanzen in einem wird (adiabate Kühlung). Auf gleiche Weise ist Luftstrom angeordnet sein.
Atrium, Institutsgebäude, Wageningen (NL) auch eine Temperaturabsenkung der Zuluft
1998, Behnisch, Behnisch & Partner von Gebäuden direkt oder indirekt erzielbar. Reversible Wärmepumpe
B 4.77 zeitliche Übereinstimmung von Solarstrahlung
Bei der direkten adiabaten Kühlung wird die Wird für die Gebäudeheizung ein Wärmepum-
und Kühlbedarf aus externen Lasten
B 4.78 Schema einer solarthermischen Kühlung mit Zuluft direkt mit Feuchtigkeit angereichert, wo- pensystem eingesetzt, kann dieses gleich-
Sorptionskältemaschine durch sich die Lufttemperatur absenkt. Eine zeitig für die Kältebereitstellung verwendet
B 4.79 Simulation zur Dimensionierung einer solaren solche Kühlung lässt sich z. B. über offene werden, da es sich bei Wärmepumpen und
15 kW-Absorptionskältemschine für ein Büro- Wasserflächen und Pflanzen oder eine Sprüh- elektrischen Kältemaschinen im Prinzip um
gebäude in Madrid
B 4.80 solare Kühlung mit Sorptionsrad (DEC)
vernebelung von Wasser in der Zuluft erzielen dieselbe Technologie handelt. Die Doppelnut-
B 4.81 Kennwerte zur überschlägigen Ermittlung des (Abb. B 4.76). Generell sollte beachtet werden, zung als »reversible Wärmepumpe« kann eine
Platzbedarfs für elektrische Kompressionskälte- dass durch die Verdunstung immer auch die wirtschaftliche Lösung darstellen, sofern Wär-
maschinen Luftfeuchtigkeit steigt und eine zunehmende me- und Kälteenergie nicht parallel benötigt
B 4.82 Kennwerte für luft- und wassergeführte Kühlver-
Luftfeuchtigkeit auch einen Anstieg der »ge- werden.
teilung im Vergleich
fühlten« Temperatur bewirkt (siehe Grundla- Die elektrische Kälteerzeugung ist bereits aus-
gen, S. 57). Die direkte adiabate Kühlung ist gereift und in vielen Leistungsstufen einsetz-
daher vor allem in trocken-heißen Klimazonen bar; der Bedarf an Technikfläche für Kompres-
sinnvoll. sionskältemaschinen lässt sich über Kenn-
Um eine Temperaturabsenkung ohne Erhöhung werte abschätzen (Abb. B 4.81). Die erforder-
der Luftfeuchtigkeit zu erreichen, kann die adi- liche elektrische Energie schlägt sich in der
abate Kühlung indirekt über eine Befeuchtung Primärenergiebilanz eines Gebäudes bei die-
der Abluft umgesetzt werden (Abb. B 4.75). sen Technologien ungünstig nieder. Hinsicht-
Voraussetzung ist eine maschinelle Zu- und lich einer CO2-neutralen Energieversorgung ist
Abluftanlage mit Wärmerückgewinnung. Die deshalb beim Einsatz einer elektrischen Kälte-
Zuluft gibt dabei einen großen Teil des Wärme- erzeugung analog zur Wärmepumpe eine
potenzials über den Wärmetauscher an die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energie-
abgekühlte (und feuchte) Abluft ohne Verände- quellen erforderlich. In Kombination mit einer
rung der absoluten Feuchte ab. Die Leistungs- Photovoltaikanlage kann so z. B. eine solare
fähigkeit ist jedoch eingeschränkt und hängt Kühlung realisiert werden. Hohe solare Erträge
insbesondere vom Feuchtegehalt der Außen- bei gleichzeitig steigendem Kältebedarf durch
B 4.74 bzw. Abluft ab. Eine Steigerung der Leistungs- externe Lasten machen dieses Prinzip sinnvoll
fähigkeit durch Kombination von direkter und (Abb. B 4.77).
Wärme- bzw. Luftbefeuchtung
indirekter adiabater Kühlung ist durch die Ein-
Kälterückgewinnung bzw. Verdunstung bindung einer Zulufttrocknung möglich (Abb. Thermische Kälteerzeugung
B 4.80). Bei der Kälteerzeugung können wie bei Wär-
Wasser
mepumpen thermisch angetriebene Verfahren
Elektrische Kälteerzeugung eingesetzt werden. Dabei wird ein reversibler
Bei Gebäuden mit hohen Anforderungen an die chemischer Prozess genutzt.
Fortluft 30 °C 20 °C 26 °C
Leistungsfähigkeit bzw. Steuerbarkeit der Küh-
lung können Kältemaschinen eingesetzt wer- Sorptionskältemaschine
den. Je nach Technikkonzept sind sie entwe- Sorptionskältemaschinen sind, historisch be-
der über ein wassergeführtes Kühlsystem trachtet, älter als die heute überwiegend ge-
(Bauteilaktivierung, Kühlsegel etc.) oder über nutzten elektrischen Systeme. Zum Einsatz
Frischluft 32 °C 22 °C Kühlregister in Lüftungsanlagen eingebunden. kommen sie vor allem in der Industrie zur Nut-
Kältemaschinen können sehr niedrige Tempe- zung von Abwärme. In den USA und Japan
raturen erzeugen, wodurch bei Bedarf auch sind Sorptionskältemaschinen bereits weit ver-
Raum eine Entfeuchtung der Zuluft über Klimaan- breitet, um die sommerlichen freien Kapazitä-
B 4.75 lagen ermöglicht wird. ten des Gasnetzes zu nutzen. Zur Kaltwasser-
erzeugung in einem geschlossenen Kältemittel-
Kompressionskältemaschine umlauf gibt es Sorptionskältemaschinen, die
Die elektrisch betriebene Kompressionskälte- bei festen Sorptionsmitteln (z. B. Wasser / Silica-
maschine stellt die gebräuchlichste Form der gel) über das Prinzip der Adsorption (Anlage-
Kälteerzeugung dar. Sie wird vereinfacht als rung) oder bei flüssigen Sorptionsmitteln (z. B.
Kältemaschine bezeichnet und sowohl im klei- Ammoniak / Wasser) über das Prinzip der Ab-
nen Leistungsbereich (z. B. Kühlschrank, Ge- sorption (Vermischung) verfahren. Diese kön-
friertruhe etc.) wie auch zur Gebäudekühlung nen prinzipiell wie die stärker verbreiteten elek-
oder in der Industrie genutzt. Die Technologie trisch betriebenen Kompressionskältemaschi-
entspricht dem Prinzip der Wärmepumpe (sie- nen eingesetzt werden (Abb. B 4.78). Das we-
he S. 122). Aufgrund der umgekehrten Nutzung sentliche Qualitätsmerkmal von Sorptionskälte-
wird bei der Kältemaschine dem Gebäudekühl- prozessen ist das Verhältnis von erzielter Käl-
kreis über den Verdampfer Wärme entzogen. teenergie pro Einheit Wärmeenergie für den
Die am Kondensator entstehende Abwärme Antrieb (COP = Coeffizient of Performance).
muss entsprechend abgeführt werden. Dieser Typische Werte liegen zwischen 0,7 und 1,3.
Prozess erfolgt in der Regel über ein Rückkühl- Ein ökologischer Vorteil thermisch angetriebe-
werk oder einen Kühlturm, bei denen über ner Kühlprozesse gegenüber elektrischen Sys-
B 4.76
130
Technik
Kühlbedarf
Solarstrahlung
90
Kollektorfeld 80
70
0:00 4:00 8:00 12:00 16:00 20:00 24:00 Kühlelement
Wärme-
Speicher 60
erzeuger
Kühlbedarf
Solarstrahlung
50
Antriebs-
wärme
40
Sorptions- 40 50 60 70 80
Rück- Kollektorfläche [m 2]
kälte-
kühlung
maschine Beispiel für 20 MWh Kühlenergiebedarf
J F M A M J J A S O N D Raum Speichergröße: 2 m3 4 m3 8 m3
B 4.77 B 4.78 B 4.79
temen wird vor allem dann erreicht, wenn rege- Kühlung eignen sich alle Kollektorarten bis Sorptionsmittels wird Wärme benötigt, die
nerativ erzeugte Wärme direkt als Antriebsener- auf die offenen Absorber (siehe S. 119). Eine durch Solarstrahlung bereitgestellt werden
gie genutzt werden kann. pauschale Dimensionierung von Systemen zur kann (Abb. B 4.80). Die solarthermische Küh-
solaren Kühlung ist aufgrund geringer Erfah- lung befindet sich zurzeit in einem Stadium
Abwärmenutzung rungswerte nicht möglich; ökonomisch empfoh- der fortgeschrittenen technischen Entwicklung.
Ein interessantes Einsatzgebiet für Sorptions- lene solare Deckungsanteile liegen bei ca. 75 % Bislang wurden in Europa ca. 100 Anlagen
kältemaschinen ist die Abwärmenutzung bei der thermischen Antriebsenergie. gebaut. Standardisierte Auslegungsverfahren
dezentraler Kraft-Wärme-Kopplung über Block- Ein wichtiger Aspekt bei der solaren Kühlung und ausgereifte Regelungskonzepte werden
heizkraftwerke (BHKW) oder Fernwärmenut- ist die Deckung der erforderlichen Restwärme. derzeit in Pilotprojekten mit wissenschaftlicher
zung. Im Idealfall werden für die BHKWs als Wird diese mit fossilen Energieträgern bereit- Begleitforschung erarbeitet.
Treibstoff regenerative Energieträger (z. B. gestellt werden, ergibt sich ein ökologischer
Pflanzenöl) verwendet, dann spricht man von Vorteil gegenüber elektrischen Kompressions- Kältespeicher
einer regenerativen Kraft-Wärme-Kälte-Kopp- kältemaschinen – in Abhängigkeit des Primär- Analog zur Wärmeenergie ist auch potenzielle
lung. Die Kombination mit einer Kraft-Wärme- energiekennwerts für Strom – erst bei sehr Kälteleistung speicherbar. In Situationen mit
Kopplung mit zusätzlicher thermischer Kühlung hohen solaren Deckungsraten (z. B. Deutsch- hohem Kühlbedarf und stark schwankender
ermöglicht einen ökonomisch günstigen ganz- land > 70 %, Abb. B 4.79). Nachfrageleistung oder entsprechendem Käl-
jährigen Betrieb. Um Kühlleistung zu erzeugen, können alterna- teangebot kann das zu einer wesentlichen
tiv Verfahren mit offenem Kältemittelkreis ein- Optimierung des Gesamtsystems führen. Eine
Solare Kühlung gesetzt werden, bei denen in Kombination mit wichtige Größe für die Speicherdichte und
Wird die Antriebswärme überwiegend von so- einer raumlufttechnischen Anlage die Zuluft damit für die Wirtschaftlichkeit stellt die reali-
larthermischen Systemen erzeugt, spricht man direkt konditioniert wird. Bislang wurden vor sierbare Temperaturdifferenz zwischen Nutz-
von einer solaren Kühlung. Treten Kühllasten allem Systeme mit festem Sorptionsmittel (Sili- und Speichertemperatur dar. Bei Kaltwasser-
und solare Gewinne zeitgleich auf, lässt sich cagel) realisiert. Im Einsatz sind überwiegend speichern ist die Abkühlung auf minimal 0 °C
Kälte ohne hohen Speicherbedarf erzeugen. Anlagen mit rotierenden Sorptionsrädern, die begrenzt, was z. B. bei einer Kaltwasservorlauf-
Ein typisches Anlagenschema für eine solar nach dem Prinzip der sorptiven Luftentfeuch- temperatur für eine Klimaanlage von 6 °C ledig-
unterstützte Kühlung mit geschlossener tung und Verdunstungskühlung funktionieren lich eine Differenz von 6 K darstellt. Bewährt
Adsorptionskältemaschine ist in Abb. B 4.78 (Desiccant and Evaporative Cooling, DEC). haben sich daher Eisspeicher, bei denen
dargestellt. Künftig sollen auf diese Weise auch Sie stellen damit eine Weiterentwicklung der zusätzlich zur sensiblen Wärme die bei der Eis-
im kleinen Leistungsbereich (< 100 kW) und reinen Verdunstungskühlung dar, bei der die bildung entstehende latente Wärme gespei-
mit niedriger Antriebstemperatur (< 100 °C) Zuluft über das Sorptionsmittel zunächst ge- chert wird und die somit ca. zehnfach höhere
Kühlleistungen erbracht werden, um eine effi- trocknet wird. Dadurch kann die Zuluft neben Speicherdichten aufweisen. Die Einbindung in
ziente Nutzung der Solarstrahlung sicherzu- der Wärmerückgewinnung zusätzlich direkt das System erfolgt analog zum Wärmespeicher
stellen. Zur solaren Energieerzeugung für die befeuchtet werden. Zur Regeneration des über ein Kaltwassernetz.
Mindest-Platzbedarf bei
Luftwechsel Zuluftkühlung [ 1/h]
131
Technik
Kühlleistung [kW]
70
60
Abluft Zuluft
50
Fortluft 1 4 40
2
1 2 3 30
Außen-
luft
20
10
0
1 Filter
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12
2 Ventilator
Zeit [d]
3 Wärmetauscher
4 Heiz- / Kühlregister total Lüftung Bauteilkühlung
B 4.83 B 4.84
Verteilung Übergabe Bei geringen durch die Zuluft abzuführenden
Um die Raumtemperatur zu reduzieren oder Auch wenn physikalisch gesehen bei der Küh- Kühllasten (< 30 W / m2) kann auch eine Quell-
aufrecht zu erhalten, muss die im Raum vor- lung von Gebäuden Wärme abgeführt wird, lüftung eingesetzt werden. Diese Art der Zuluft-
handene Wärme abgeführt werden, was so- spricht man bei der Schnittstelle zum Raum einbringung ermöglicht die Einhaltung hoher
wohl über luft- als auch über wassergeführte von Kälteübergabe. Analog zur Wärmevertei- Behaglichkeitsanforderungen. Die Zuluft wird
Systeme möglich ist (Abb. B 4.82). lung ist darauf zu achten, dass keine großen hier in Bodennähe mit sehr geringer Geschwin-
Bei der Regulierung der Temperatur durch Strahlungsasymmetrien oder Zuglufterschei- digkeit (geringer Luftvolumenstrom) zugeführt.
einen gesteuerten Austausch der Raumluft nungen auftreten, die einen behaglichen Auf- Sie erwärmt sich aufgrund der Wärmelast im
wird in die raumlufttechnische Anlage ein enthalt beeinträchtigen. Die Kälteübergabe Raum und steigt sanft nach oben, wo sie abge-
Kühlregister integriert. Durch die Einbringung kann je nach Art der Verteilung durch Luft- saugt wird. Bei höheren Kühllasten ist die Quell-
gekühlter Zuluft und Absaugung der erwärm- oder Wasserkühlung erfolgen. luftkühlung mit wassergeführten Systemen
ten Abluft kann das Raumklima gesteuert wer- kombinierbar.
den. Dabei ist insbesondere bei hohen Kühl- Luftkühlung
lasten ein großer Luftvolumenstrom erforder- Beim Einbringen gekühlter Zuluft in den Raum Wasserkühlung
lich und zieht entsprechende Konsequenzen ist wegen möglicher Zugerscheinungen von Für wärmeübertragende Flächen bei der Was-
bei der Dimensionierung (Antriebsenergie, Kaltluft besondere Sorgfalt auf die Luftführung, serkühlung gelten prinzipiell die gleichen An-
Kosten und Platzbedarf) nach sich. -verteilung und -geschwindigkeit zu legen. Bei forderungen wie bei der Wärmeübergabe. Bei
Eine Luftkühlung ist sinnvoll, wenn aus hygie- der Luftkühlung haben sich vor allem zwei Kon- der Kühlung müssen die Oberflächentempera-
nischen Gründen ohnehin hohe Luftwech- zepte bewährt: Misch- und Quelllüftung (Abb. turen (ca. 15 –18 °C) immer über dem Taupunkt
selraten benötigt werden (z. B. Theaterraum). B 4.93). der Raumlufttemperatur liegen, um Kondensa-
Zudem ermöglicht die Einbindung von Kälte- Bei der Mischlüftung (auch Strahllüftung) wird tion zu vermeiden. Dadurch ist die mögliche
leistung in die Luftführung eine Entfeuchtung die Zuluft über hochinduktive Lufteinlässe (z. B. Kälteleistung eingeschränkt. Folgende gängige
der Zuluft sowie die Nutzung von adiabater Deckenauslässe, Weitwurfdüsen) in den Raum Kälteübergabesysteme gibt es:
Kälteerzeugung. eingebracht, wo sie durch hohe Eintrittsge-
Alternativ oder ergänzend kann die Kältever- schwindigkeiten mit der vorhandenen Raumluft • Kühlsegel
teilung über ein wassergeführtes Rohrsystem durchmischt wird. Anordnung und Einblasele- • Gebläsekonvektoren
erfolgen, wie es auch für die Heizwärme ver- mente sind so zu wählen, dass über sanfte Luft- • Fußbodenheizung
wendet wird. Die Rohrleitungen müssen eben- verwirbelungen die gesamte Raumluft bewegt • Bauteilaktivierung
falls gedämmt werden, um Kondensatbildung wird, ohne dass es zu unangenehmen Zuger-
durch niedrige Temperaturen zu verhindern. scheinungen kommt. Die Absaugung erfolgt Kühlsegel werden sehr häufig zur Abführung
Dieses System ist vor allem bei Büro- und meist in Bodennähe. Bei diesem System sind von Kühllasten über wassergeführte Leitungen
Verwaltungsgebäuden üblich. sehr hohe Kühlleistungen von über 60 W / m2 eingesetzt. Sie bestehen meist aus flächigen
möglich. Metallplatten, die mit dem Kaltwasserrohrnetz
Nutzung Beispiel Außenluftstrom Nutzung Luftwechsel [1 / h]
pro Pers. pro m2 Büroräume 4–8
[m3 / h] [m3 / h] EDV-Zentralen > 30
Gaststätten - Raucher 6 – 12
Luftbehandlung Arbeitsräume Einzelbüro 40 4 - Nichtraucher 4–8
reduzieren Großraumbüro 60 6 Hallenbäder - Schwimmhalle 3–6
- Duschräume 10 – 15
Versammlungs- Konzertsaal
Luftmengen - Umkleideräume 8 – 10
räume Theater 20 10 – 20
minimieren Hörsäle, Vortragsräume 6–8
Konferenzraum
Kantinen 6–8
Wohnräume Wohnungen k. A. k. A. Kinos, Theater 4–8
maschinelle Lüftung Luftführung
Hotelzimmer k. A. k. A. Krankenhäuser - Krankenzimmer 3–5
optimieren optimieren
- OP-Saal 5 – 20
Unterrichts- Klassenzimmer 30 15
Küchen (gewerblich) 15 – 30
Luftantrieb räume Hörsaal 30 15
Läden, Verkaufsräume 4–8
optimieren Lesesaal 20 12
Museen 4–6
Räume mit Verkaufsraum 20 3 – 12 Schulen (Klassenzimmer) 4–5
Wärme (Kälte) Publikums- Gaststätte 30 8 Sporthallen 2–3
rückgewinnen verkehr Wohnräume 0,5
B 4.85 B 4.86 B 4.87
132
Technik
Luftgeschwindigkeiten in Kanälen
1
Die höheren Werte für den Flächenbedarf gelten, wenn nur ein d2 · π
A= Niederdruck- Luftgeschwindigkeit w [m / s] 4
Gerät im Raum steht; bei mehreren Geräten in einem gemein- d
4 anlagen Komfortanlagen Industrieanlagen
samen Raum gelten die niedrigeren Werte.
2
H =Heizen; K = Kühlen; B =Befeuchten Außenluft 2– 3 4–6
3
O = ohne thermodynamische Luftbehandlung Hauptkanäle 4– 8 8 –12
4
verwendete Bezeichnungen für die Luftgeschwindigkeiten: h A=b·h Abzweigkanäle 3– 5 5–8
im Raum: v [m / s], im Kanal: w [m / s] Abluft- / Umluftgitter 2–3 3–4
b
B 4.90
133
Technik
Wind
Außenluftvolumenstrom erfolgen (Abb. B 4.86). Luftführung und Antrieb
Die stündlich auszutauschende Luftmenge Ein wesentliches Merkmal maschineller Lüftung
Unterdruck bezieht sich auf die Anzahl der Personen bzw. ist die vorgegebene Luftführung, die in geeig-
auf die Nutzfläche. Alternativ kann ein auf das neten Kanälen erfolgt. Prinzipiell muss durch
Raumvolumen bezogener stündlicher Luft- das System ein festgelegter Luftwechsel sicher-
wechsel angegeben werden (Abb. B 4.87). Es gestellt werden, was auf verschiedene Arten
handelt sich hierbei nicht um Vorgaben, son- mit unterschiedlichem technischen und bau-
dern um Erfahrungswerte, die sich als sinnvoll lichem Aufwand geschehen kann.
erwiesen haben. Ein weiteres Kriterium zur Im einfachsten Fall wird eine reine Abluftanlage
Bestimmung des Volumenstroms ist die emp- installiert, bei der über den entstehenden Un-
fundene Luftqualität in decipol bzw. die Schad- terdruck im Gebäude durch Nachströmöffnun-
stoffkonzentration der Raumluft (AGW-Werte). gen in der Fassade der Luftwechsel sicherge-
Durch eine gezielte Planung der Innenflächen stellt ist (z. B. Badentlüftung). Durch sinnvoll
und Ausstattungsgegenstände kann der erfor- geplante Nachströmöffnungen in der Fassade
derliche Luftvolumenstrom reduziert werden. kann bei Abluftanlagen eine gute Luftverteilung
Windlüftung Ebenso ist der CO2-Gehalt der Raumluft ein gewährleistet werden, eine Vortemperierung
wichtiger Kennwert für den Luftvolumenstrom. der Zuluft z. B. durch Erdkanal ist jedoch nicht
Insbesondere bei flexibler Nutzung mit hoher möglich. Umgekehrt ist auch eine reine Zuluft-
Personendichte (z. B. bei Schulräumen) kann anlage denkbar, bei der der Luftaustausch
eine CO2-abhängige Lüftungsregelung sinnvoll durch einen Überdruck erzeugt wird, wie etwa
sein. bei der PKW-Lüftung. Bei Konzepten mit ma-
Mit zunehmender Leistungsfähigkeit der Lüf- schineller Zuluftführung ist der Einbau von Fil-
tungsanlage steigt auch der Platzbedarf. Eine tern möglich, was zu einer verbesserten Luft-
überschlägige Dimensionierung der aus dem qualität führt, aber eine regelmäßige Wartung
Luftvolumenstrom resultierenden Kanalquer- und Filterreinigung bzw. einen Filterwechsel
schnitte und der Platzbedarf für die Lüftungs- erfordert.
zentrale lässt sich über Kennwerte abschätzen In den meisten Fällen wird eine kontrollierte
(Abb. B 4.90). Zu- und Abluftanlage installiert. In Wohngebäu-
den wird bei diesen Systemen die Zuluft nur in
Konditionierung die Aufenthaltsräume (Wohnen, Schlafen, Ar-
Eine RLT-Anlage kann neben dem Luftaus- beiten etc.) eingebracht (Abb. B 4.89). Die Luft
tausch auch zur Einhaltung von Grenzwerten strömt über Tür- oder Wandöffnungen in die
bezüglich Temperatur und Feuchtigkeit einge- Sanitär- und Küchenbereiche, wo die Abluft
B 4.91 setzt werden. Die daraus abgeleitete Dimen- entzogen wird. Lüftungsgeräte für Wohnungen
sionierung ergibt sich über die zu erbringen- oder kleine Einfamilienhäuser können in Wand-
de Heiz- bzw. Kühlleistung. Unter Berücksich- schrankelementen oder unter einer abgehäng-
thermischer Auftrieb tigung der spezifischen Wärmespeicherka- ten Decke im Flurbereich untergebracht wer-
pazität von Luft wird aus den thermischen den. In Mehrfamiliengebäuden lassen sich
Anforderungen der benötigte Luftvolumen- unterschiedliche Konzepte bezüglich Anzahl
strom ermittelt. Dies kann je nach Anforde- und Lage der Lüftungsgeräte realisieren (Abb.
rung zu einem sehr hohen Luftvolumenstrom B 4.88).
führen, was sich in der Größe der Anlagen- Bei Nichtwohngebäuden gibt es zahlreiche
technik und dem entsprechenden Energie- Möglichkeiten zur Luftführung, die sich über
verbrauch niederschlägt. Daher sollte eine ein breites Spektrum von zentralen Einzelanla-
Minimierung des Luftvolumenstroms auf gen bis hin zu dezentralen Fassadensystemen
das hygienisch erforderliche Maß angestrebt erstrecken (Abb. B 4.93). Für die Entschei-
werden. Hiermit nicht abzudeckende Heiz- dungsfindung spielen neben den Nutzungsan-
und Kühllasten sind dann über ergänzende forderungen auch konzeptionelle Rahmenbe-
Systeme zu leisten (z. B. Heizkörper, Kühl- dingungen wie Gebäudetiefe, Atrium oder Dop-
Solarkamin segel etc.). pelfassade eine große Rolle (siehe Gebäude-
134
Technik
Energie-
einsparung
1 1 8 9
Hilfsenergie 2
Lüftung 12
3 4 10 11
Lüftung Lüftung
1 Lüfter
5 2 Luftkondensator
3 Verdampfer
7 4 Kompressor
Transmission Transmission 5 Zusatzheizung
6 Wasserkondensator
7 Spirale (Wärmetauscher)
8 Fortluft
9 Abluft
10 Außenluft
Fensterlüftung maschinelle Lüftung 6 11 Zuluft
mit WRG 12 Luftwärmetauscher
B 4.94 B 4.95 B 4.96
hülle, S. 101). Ein dezentrales Lüftungskonzept Bei hohen Gebäuden kann die natürliche Wind- deutlich unterscheiden: Radial- bzw. Tangen-
über die Fassade minimiert z. B. den Aufwand bewegung für die Gebäudelüftung genutzt tial-, Axial- und Querstromventilatoren. Am
für die Luftführung. Ein dadurch möglicher Ver- werden. Erforderlich ist ein geeigneter Baukör- gebräuchlichsten ist der Radialventialtor, der
zicht auf vertikale Luftschächte kann vor allem per oder die Ausformung von Elementen, die mit hoher Effizienz eine hohe Leistungsfähigkeit
bei hohen Gebäuden zu einer deutlich erhöh- einen Unterdruck durch Windsog erzeugen. und vielfältige Anschlussmöglichkeiten bietet.
ten Flächeneffizienz führen. Werden horizontale Hierfür haben sich verschiedene Prinzipien Einen großen Einfluss auf die erforderliche
Luftkanäle vermieden, sind u. U. bei gleicher bewährt, z. B. Windtürme oder Venturiflügel Ventilatorleistung haben die strömungstechni-
Gebäudehöhe zusätzliche Geschosse möglich. (Abb. B 4.91). schen Eigenschaften des Kanalsystems.
Ungünstig wirkt sich hingegen eine hohe An- Die Nutzung des thermischen Auftriebs ist eine Große, möglichst runde Querschnitte, glatte
zahl an Einzelgeräten und der damit verbunde- historisch betrachtet sehr alte Methode, um Oberflächen und wenige Richtungsänderungen
ne Wartungsaufwand aus. Ebenso kann bei eine Luftbewegung umzusetzen. Durch Druck- lassen einen geringen Strömungswiderstand
dezentralen Systemen kein Erdwärmetauscher unterschiede von kalter und warmer Luft kommt zu. Der Energiebedarf für die Ventilation kann
eingebunden werden. Die Anordnung der es zu einer Ausgleichsströmung, die gezielt einen erheblichen Faktor in der Gesamtbilanz
Außenluftansaugung erfordert eine sorgfältige für die Gebäudelüftung genutzt werden kann. darstellen, da die Volllaststunden einer Lüf-
Planung. Sie sollte in Bereichen mit dauerhaft Der Effekt verstärkt sich mit zunehmendem tungsanlage hohe Werte erzielen. Die Ver-
guter Luftqualität erfolgen und zur Minimierung Temperaturgefälle und Höhe. Für eine effektive wendung effizienter Motoren, Bypassschaltun-
solarer Kühllasten im Sommer verschattet sein. Nutzung des thermischen Auftriebs eignen gen und eine bedarfsgerechte Steuerung
Ebenso ist beim Fortluftauslass zu beachten, sich hohe Räume, wie z. B. Atrien oder Doppel- sind daher wichtige Optimierungsparameter.
dass Geräusch- und Geruchsbelästigungen fassaden, in denen im oberen Bereich hohe
vermieden werden und ein strömungstechni- Lufttemperaturen entstehen können. Die Ein- Wärme-, Kälte- und Feuchterückgewinnung
scher Kurzschluss zur Luftansaugung unter- bindung in ein Luftkanalsystem erfordert In der Energiebilanz von Gebäuden stellen
bunden wird. einen hohen, konstanten Unterdruck, der Lüftungswärmeverluste meist einen bedeuten-
z. B. mit Solarkaminen erreicht wird (Abb. den Posten dar. Bei Fensterlüftung oder Abluft-
Lüftungsantrieb B 4.92). Die Integration von Speichermassen anlagen gehen in der Heizperiode über die
Zur Induzierung eines Luftstroms können ver- ermöglicht auch eine zeitliche Phasenver- Fortluft hohe Wärmepotenziale verloren; bei
schiedene Antriebsarten eingesetzt werden, schiebung von Solarstrahlung zu thermischem hoch gedämmten Gebäuden stellen sie in
die sich bezüglich Energiebedarf und archi- Auftrieb und damit eine verlängerte Nutzungs- der Regel den überwiegenden Anteil der Ver-
tektonischer Konsequenzen erheblich unter- dauer. luste dar (Abb. B 4.94). Daher bedingt eine
scheiden: Um eine konstante und voll steuerbare Luft- energieeffiziente Lüftung eine kontrollierte
bewegung sicherzustellen, werden im Allge- Zu- und Abluftanlage mit integriertem Wärme-
• Wind meinen elektrisch betriebene Ventilatoren ver- tauscher (Abb. B 4.96). Mit Wirkungsgraden
• thermischer Auftrieb wendet. Hier sind mehrere Arten einsetzbar, bis über 90 % können die Lüftungswärmever-
• Ventilation die sich hinsichtlich der Effizienz zum Teil luste fast vollständig vermieden werden. In
Bezeichnung Kreuzstrom- Gegenstrom- Kreisverbund- Rotationswärme-
wärmetauscher wärmetauscher wärmetauscher tauscher mit und
ohne hygroskopische
Speichermasse B 4.91 Nutzung von Windenergie für die Gebäude-
lüftung, Bürogebäude, Hertfordshire (GB) 1996,
Aufbau
Feilden Clegg Architects
B 4.92 fassadenintegrierte Solarkamine für die Gebäu-
delüftung, Oeste de San Fermin, Madrid (E)
2003, Mario Muelas Jimenez y Agustin Mateo
Ortega
B 4.93 maschinelle Lüftungsarten für Büroräume
B 4.94 Einsparpotenzial durch Wärmerückgewinnung
bei Wohngebäuden
B 4.95 Kompaktlüftungsgerät für Wohngebäude mit
Wärmerückgewinnung, integrierter Luftwärme-
Wärmerück- bis 60 % bis 90 % bis 50 % bis 80 % pumpe und Trinkwasserspeicher
gewinnung B 4.96 Zu- und Abluftgerät mit Kreuzstromwärme-
tauscher
Feuchterück- kein Feuchte- kein Feuchte- kein Feuchte- bis 70 %
B 4.97 Prinzipien der Wärmerückgewinnung bei
gewinnung austausch austausch austausch
Lüftungsanlagen
B 4.97
135
Technik
B 4.98 B 4.99
Nichtwohngebäuden ist bei hohen Luftwechsel- chermasse, die sich abwechselnd in den Beleuchtungstechnik
zahlen eine Wärmerückgewinnung besonders Zuluft- und Fortluftkanal dreht. Bei Verwen- Die menschliche Wahrnehmung erfolgt über-
wichtig. Im Kühlfall übernimmt sie auch eine dung hygroskopischer Materialien ist bei wiegend auf visuellem Weg und wird ideal
»Kälterückgewinnung« aus der Abluft. Zur diesem System auch eine Feuchterückge- durch das Sonnenlicht unterstützt. Die Beleuch-
technischen Umsetzung einer Wärmerückge- winnung möglich. tungstechnik verfolgt daher das Ziel, diese
winnung gibt es verschiedene Möglichkeiten Qualität so weit wie möglich nachzubilden, in-
(Abb. B 4.97): dem elektrische Energie in elektromagnetische
Kunstlicht optimieren Schwingungen umgewandelt wird, die beim
• Beim Kreuzstromwärmetauscher werden Auftreffen auf die Materie über die Reflexion
Zu- und Fortluft durch ein spezielles Kanal- Das Ziel der Lichtplanung ist, durch eine kon- zum menschlichen Auge als Licht wahrnehm-
system mit großer Oberfläche aneinander zeptionelle Optimierung des Gebäudes eine bar ist.
vorbeigeführt. Dadurch kommt es zu einem möglichst hohe Tageslichtautonomie zu errei-
Wärmefluss von der kalten zur warmen chen (siehe Gebäudehülle, S. 102). Darüber Kennwerte
Luftströmung, ohne dass diese sich ver- hinaus muss eine Gebäudenutzung unabhän- Zur Beschreibung und Bewertung von Beleuch-
mischen. gig vom Tageslichtangebot gewährleistet sein. tungssystemen sind insbesondere folgende
• Im Wirkungsgrad etwas höher ist der Gegen- In manchen Fällen ist eine Tageslichtnutzung Kennwerte von Bedeutung (Abb. B 4.99):
stromwärmetauscher, da über größere Be- gar nicht möglich oder nicht erwünscht. Hier
rührungsflächen ein längerer Wärmeaus- besteht auf technischer Seite der Anspruch, • Der Lichtstrom beschreibt die Effektivität
tausch zustande kommt. eine funktionsadäquate künstliche Beleuchtung einer Lichtquelle und gibt die gesamte, in alle
• Lässt sich eine Zusammenführung von Zu- mit möglichst geringem Energieverbrauch um- Richtungen abstrahlende Lichtleistung an.
und Fortluft nicht realisieren, kann das Wär- zusetzen (Abb. B 4.98). Dieser Wert bildet die Basis für alle weiteren
mepotenzial der Abluft auch indirekt über Für die Planung stehen zahlreiche Softwarepro- Kennwerte.
einen Kreisverbundwärmetauscher oder eine gramme zur Verfügung, mit denen die Tages- • Die Lichtausbeute gibt das Verhältnis des
Abluftwärmepumpe zurückgewonnen wer- und Kunstlichtverhältnisse im Gebäude mit gro- Lichtstroms zur aufgewendeten elektrischen
den. Alternativ kann der Wärmetransport ßer Genauigkeit simuliert werden können. Leistung wieder und beschreibt somit die
mittels eines zusätzlichen Solekreislaufs über Wichtig ist in diesem Zusammenhang auch die Effizienz der Lichtquelle.
große Distanzen erfolgen. Der Wirkungsgrad Berücksichtigung der Farbneutralität, der Blend- • Die Lichtmenge stellt den über einen definier-
ist jedoch aufgrund der doppelten Wärme- freiheit sowie guter Kontrastverhältnisse (siehe ten Zeitraum abgegebenen Lichtstrom dar.
tauscher (Luft / Sole bzw. Sole / Luft) deutlich Grundlagen, S. 58). Zur energetischen Optimie- • Die Beleuchtungsstärke gibt den auf eine
geringer als bei einer direkten Wärmerück- rung des Beleuchtungskonzepts sind im We- definierte Fläche (z. B. Schreibtischplatte)
gewinnung. sentlichen drei Planungsebenen relevant: Be- auftreffenden Lichtstrom an.
• Beim Rotationswärmetauscher erfolgt der leuchtungstechnik und -konzept sowie Auto- • Die Lichtstärke ist der anteilige, winkelabhän-
Wärmetransport über eine rotierende Spei- matisierung der Beleuchtung. gige Lichtstrom bezogen auf eine definierte
Raumnutzung, Tätigkeit Em [lx] Raumnutzung, Tätigkeit Em [lx]
Glühbirne
Verkehrszonen und allgemeine Bereiche Verkaufsräume
innerhalb von Gebäuden Verkaufsbereich 300 NV-Halogen
Verkehrflächen und Flure 100 öffentliche Bereiche
Kantinen, Teeküchen 200 Park- / Abstellflächen 75 HV-Halogen
Sanitärräume 500 Eingangshallen 100
Vorrats- und Lagerräume 100 Leuchtstoff-
Küchen 500
lampen 26 mm
Büronutzung Konferenzräume 500
Ablegen und Kopieren, Verkehrszonen 300 Leuchtstoff-
Ausbildungseinrichtungen lampen 16 mm
Schreiben, Lesen, Datenverarbeitung 500 Spielzimmer, Krippenräume 300
technisches Zeichnen 750 Kompakt-LL
Unterrichtsräume in Grund- und 300
(Stecksockel)
Büroräume weiterführenden Schulen Kompakt-LL
Lagerräume 50 – 200 Hörsäle, Unterrichtsräume für Abendklassen 500 (Energiespar-
Büroräume, tageslichtorientiert 300 und Erwachsenenbildung lampe)
Büroräume, standard 500 Bibliotheken: Bücherregale 200 LED (weiß)
Großraumbüros 750 – 1000 Bibliotheken: Lesebereiche 500
0 20 40 60 80 100 120 0 10 20 30 40 50 60
Lichtausbeute [lm / W] Lebensdauer [1000 h]
B 4.100 B 4.101
136
Technik
Strahlungsrichtung. Er hängt daher vom lierte Lichtleistung einen hohen Einfluss auf B 4.98 Einflussgrößen auf den Energiebedarf für
Aufbau der Lichtquelle und ggf. von beein- den Energiebedarf. Eine Minimierung auf das Kunstlicht
B 4.99 Kennwerte der Beleuchtungstechnik
flussenden Schichten (z. B. Lichtlenkung zwingend erforderliche Maß verringert nicht B 4.100 empfohlene Beleuchtungsstärken für unter-
etc.) ab. Zur Beurteilung kann die Leucht- nur den Energieverbrauch, sondern auch schiedliche Nutzungen nach DIN EN 12 464-1
stärkenverteilung einer Lichtquelle, grafisch die Baukosten. Hierbei ist zu differenzieren B 4.101 Lichtausbeute und Lebensdauer verschiedener
auf eine Fläche projiziert, herangezogen zwischen: Lampen im Vergleich
B 4.102 Schema zur überschlägigen Ermittlung der Voll-
werden.
laststunden für die Beleuchtung von Büroge-
• Die Leuchtdichte beschreibt als Kennwert • Flächenbeleuchtung für eine homogene bäuden
den Helligkeitseindruck des Betrachters Ausleuchtung von Nutzungsbereichen ohne B 4.103 beispielhafte Messergebnisse zum Einfluss der
von einer Lichtquelle bzw. beleuchteten besondere Anforderung (z. B. Erschließungs- Automatisierung der Beleuchtung auf den Ener-
Fläche. Er wird ermittelt als flächenbezo- bereiche, Grundbeleuchtung für variabel gieverbrauch
B 4.104 Bürosituation mit indirekter Raumausleuchtung
gener Quotient der Lichtstärke. genutzte Flächen) und direkter Lichtquelle für den Arbeitsplatz,
• Zonenbeleuchtung bei spezifischer Raum- Bürogebäude, Stockholm (S) 1998, Jakob
Lampen nutzung mit definierten Anforderungen (z. B. Zeilon Architekten
Künstliche Lichtquellen werden als Lampen Arbeitsplätze)
(auch Leuchtmittel) bezeichnet. Die Wahl der • Akzentbeleuchtung, die oftmals keine licht-
Leuchtmittel hat einen entscheidenden Einfluss technisch notwendige Lichtleistung erbringt,
Fenster- zu Bodenfläche [%] Nutzungsstunden pro Tag [h]
auf den Strombedarf. Die Effizienz (Lichtaus- sondern zur Beeinflussung der Raumstim-
0 10 20 30 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 22
beute) in Lumen pro Watt Anschlussleistung mung oder zur Betonung von Einzelberei-
unterscheidet sich zum Teil erheblich (Abb. chen eingesetzt wird.
B 4.101). Hinzu kommt, dass eine geringe
Lichtausbeute zugleich eine große Wärme- Direkte und indirekte Beleuchtung
entwicklung mit entsprechendem Einfluss auf Bei der Beleuchtungsart wird zwischen direk-
die internen Wärmelasten eines Gebäudes ter und indirekter Beleuchtung sowie einer
zur Folge hat. Des Weiteren ist für eine ökolo- Kombination aus beiden unterschieden. Die
gische und ökonomische Bewertung die tech- indirekten Beleuchtung hat eine positive räum-
nische Nutzungsdauer von Bedeutung. liche Wirkung und wird häufig als angenehm
empfunden, da eine Lichtsituation mit gerin-
Leuchten gem Schattenwurf und Blendung entsteht.
0 4 8 12 16 20 24
Als Leuchten werden Systeme bezeichnet, Dabei ist, um die gewünschte Beleuchtungs- Volllaststunden pro Tag [h]
die zur Aufnahme von Lampen konzipiert sind. stärke zu erreichen, jedoch eine deutlich grö-
Neben ihrer Funktion als elektrische Schnitt- ßere installierte Lichtleistung erforderlich als manuelle Steuerung mit Präsenzmelder: -20 % 750
Tageslichtregelung Arbeitstage pro Jahr: 200 h/a
stelle beeinflussen Leuchten zum Teil erheblich bei direkter Beleuchtung, was zu einem ent-
die lichttechnischen Eigenschaften der Lampe. sprechend höheren Energieverbrauch führt. B 4.102
Für komplette Leuchtsysteme gibt es bislang An Arbeitsplätzen kann daher eine Aufteilung
Wandschalter (Referenz)
keine genormten Energieeffizienzklassen. Zur in indirekte Raumbeleuchtung und dezentrale
Bewertung dient der Leuchteneffizienzfaktor. direkte Arbeitsplatzbeleuchtung sinnvoll sein
Wandschalter mit
Er gibt analog zur Lichtausbeute bei Leuchten (Abb. B 4.104). Dadurch wird zudem eine abschaltenden
an, welchen Lichtstrom (in Lumen) das Ge- spannungsvolle Lichtsituation geschaffen Anwesenheitssensoren
samtsystem pro Watt elektrischer Leistung und die mit gleichförmiger Ausleuchtung ver-
ab gibt. Alternativ kann der Leuchtenbetriebs- bundenen Ermüdungserscheinungen reduziert. ein/aus
Anwesenheitssensor
wirkungsgrad zur Bewertung herangezogen
werden, der ein Indiz für die energetische Raumoberflächen Wandschalter mit
Qualität einer Leuchte ist und Lampe, Elektro- Eine Gestaltung der Innenräume mit hellen tageslichtabhängiger
Dimmung
nik, Fassung, Reflektoren sowie Gehäude- und / oder reflektierenden Oberflächen unter-
Wandschalter mit
eigenschaften umfasst. Die Aussagekraft ist stützt die Beleuchtungssituation der Innenräu- tageslichtabhängiger
jedoch dahingehend eingeschränkt, dass die me. Der Anteil an Reflexion bzw. der Verlust Dimmung und
Richtung der Lichtstrahlung nicht berücksich- an Leuchtdichte durch Absorption der Ober- Anwesenheitssensor
tigt wird. Eine Lampe mit hohem Leuchtenbe- flächen variiert sehr stark in Abhängigkeit von 0 25 50 75 100 125
triebswirkungsgrad kann z. B. bei rein indirekter Material und Farbe. Durch entsprechende jährlicher Beleuchtungsenergiebedarf [%]
Beleuchtung energetisch ineffizient sein. Um Planung kann die erforderliche Beleuchtungs- B 4.103
dies zu bewerten, sollte der Quotient der instal- stärke mit geringerer installierter Lichtleistung
lierten Leistung mit der Beleuchtungsstärke erreicht werden, was insbesondere bei einem
verglichen werden. hohen Anteil an indirektem Licht von Bedeu-
tung ist.
Beleuchtungskonzept
Die Beleuchtung von Gebäuden hat einen Nutzungsspezifische Beleuchtung
großen Einfluss auf die Behaglichkeit in Räu- Ein differenziertes Kunstlichtangebot mit Berei-
men (Abb. B 4.100). Insbesondere bei Arbeits- chen unterschiedlicher Beleuchtungsstärke
plätzen wirkt sich ein gutes Beleuchtungs- wird vielfach als nutzungsadäquat und in sei-
niveau positv auf die Sehschärfe und die ner Wirkung als weniger ermüdend empfunden.
Leistungsfähigkeit aus. Ein wichtiger Kenn- Eine nutzungsspezifische Lichtplanung ermög-
wert für den Energiebedarf der künstlichen licht zudem eine Minimierung der zu installie-
Beleuchtung ist die installierte Lichtleistung renden Lichtleistung und beeinflusst damit
im Bezug zur Nutzfläche (in W / m2). Hier gibt den Energieverbrauch. Die hohe Spezifikation
es in der Praxis deutliche Unterschiede. Durch sollte dabei aber mit den Anforderungen zur
die meist hohen Volllaststunden hat die instal- Nutzungsflexibilität abgestimmt werden.
B 4.104
137
Technik
300
250 Helligkeitsbezogene Automation bäudeplanung stehen mit der Photovoltaik und
Alternativ oder ergänzend kann die Lichtsteu- der Kraft-Wärme-Kopplung ausgereifte Syste-
200
erung in Abhängigkeit von der Tageslichtsitu- me bereit. Daneben gibt es weitere, wichtige
150 ation automatisiert werden. Die Lichtleistung Technologien, die zwar bislang in Gebäude
100 kann hierbei sowohl absolut (An / Aus-Schal- noch nicht integriert wurden, aber für die künf-
50 tung) als auch gleitend (Dimmung, Tageslicht- tige Entwicklung über wertvolle Potenziale ver-
ergänzungsbeleuchtung) geregelt werden. fügen (siehe S. 144).
0
Standard optimiert Standard optimiert Bei Arbeitsplätzen mit sehr hohem Tageslicht-
Wohngebäude Bürogebäude anteil und in Bereichen ohne Tageslicht ist die Photovoltaik
Strom, Geräte Strom, TGA Wärme Wirkung stark eingeschränkt, bei solchen mit Photovoltaik bezeichnet den Vorgang einer
mittlerem Tageslichtangebot jedoch sehr hoch. direkten Stromerzeugung aus Sonnenlicht.
B 4.106
Der Begriff leitet sich von dem griechischen
Wort phos, photos (dt.: Licht) und dem italie-
Strom erzeugen nischen Physiker Alessandro Graf von Volta,
Stromerzeugung
Stromverbrauch
dem Namensgeber für die Einheit der elek-
Strom ist physikalisch gesehen die hochwer- trischen Spannung, ab. Die Entdeckung des
tigste Energieform, da er in alle anderen Ener- »photovoltaischen Effekts« reicht bis in das
gieformen (Kraft, Wärme etc.) umgewandelt 19. Jahrhundert zu den Arbeiten des Physikers
werden kann. Seine vielfältige Anwendung Alexandre Edmond Becquerel zurück. Den-
macht ihn heute in nahezu allen Bereichen des noch wurden erst Mitte des 20. Jahrhunderts
Lebens unentbehrlich. Dies gilt in besonderem anwendungsreife Photovoltaiksysteme ent-
Maß für den Gebäudebetrieb (Abb. B 4.106). wickelt, die zunächst für den Einsatz im Welt-
Sein rationeller Einsatz wird in Europa durch raum konzipiert waren. In den 1970er-Jahren
die Ermittlung der Gesamtenergieeffizienz wurden die ersten terrestrischen Pilotanlagen
eines Gebäudes überprüft – bislang bei Wohn- installiert. Im Mittelpunkt der Photovoltaikan-
gebäuden als Hilfsenergie für die Wärmebereit- wendung im Gebäudekontext steht die bau-
a b stellung, bei Nichtwohngebäuden auch für Be- konstruktive und gestalterische Integration
B 4.107 leuchtung, Lüftung und Kühlung (siehe Strate- in die Gebäudehülle. Ziel der Entwicklung
gien, S. 184). sind harmonische Gesamtkonzepte, bei
Die Stromerzeugung wird weltweit fast vollstän- denen der nach außen verlagerte Teil der
dig über zentrale Kraftwerke realisiert, die mit Gebäudetechnik (Photovoltaikmodul) als
–
fossilen und atomaren Energiequellen betrie- Bauelement wichtige funktionale und ästhe-
ben werden. Die Verteilung erfolgt über ent- tische Funktionen übernimmt (siehe Gebäu-
Vorderseiten-
sprechende Netze mit unterschiedlichen Span- dehülle, S. 108).
kontakt + nungsniveaus. Die Stromwirtschaft befindet
P / N- N-Zone sich vor allem in Europa in einem Wandel, der Funktionsprinzip
Übergang im Sinne einer nachhaltigen Energieerzeugung Die photovoltaische Stromerzeugung basiert
Rückseiten- P-Zone den Ausbau erneuerbarer Energien vorantreibt. auf dem so genannten Photoeffekt. Darunter
kontakt
Neben der Wasserkraft hat sich die Windener- versteht man die Übertragung der Energie,
B 4.108
138
Technik
Solarzellen
monokristallines Silizium polykristallines Silizium amorphes Silizium Kupfer-Indium-Selen (CIS) Cadmium-Tellurid (CdTe)
B 4.110
139
Technik
+
1 m2 P [Watt] + – ohne
– Abschattungs-
verluste
+
2 m2 2 P [Watt]
ohne Bypass-Dioden
–
+ – ca. 90 %
West 85 Ost Abschattungs-
verluste
+
500 Watt P [Watt] mit Bypass-Dioden
Süd
–
+ – ca. 2 0 %
+ Abschattungs-
1000 Watt 2 P [Watt] verluste
–
B 4.111 B 4.112 B 4.113
gie aufgrund des geringen Materialbedarfs und liche Energie, um den Bandabstand zu über- Temperatur zu geringeren Wirkungsgraden
des hohen Kosteneinsparpotenzials verstärkt winden, während andere Photonen über mehr führt.
an Bedeutung gewinnen wird (Abb. B 4.114 Energiepotenziale als nötig verfügen, die Da Solarzellen immer zu entsprechend leis-
und 116). dann ebenfalls ungenutzt bleiben. Es kann tungsstarken Modulen zusammengefasst sind,
also aus physikalischen Gründen nicht die zählt in der Praxis nur der Modulwirkungsgrad.
Kennzahlen gesamte Sonnenenergie in Strom umgewan- Dieser hängt wiederum neben der Zellentech-
Ein wesentliches Auswahlkriterium für Solar- delt werden. Je nach Zellenmaterial und nologie insbesondere von der Belegungsdichte
zellen ist ihr elektrischer Wirkungsgrad, der Bandabständen ergeben sich theoretische mit Zellen ab. Zur Beurteilung des Gesamtsys-
angibt, wie viel Prozent der auf die Solarzelle maximale Wirkungsgrade, bei Silizium z. B. tems wird der »Performance Ratio« angege-
auftreffenden Sonnenenergie in elektrischen ca. 30 %. Bei einem mehrschichtigen Aufbau ben, bei dem die erzeugte Energie ins Verhält-
Strom umgewandelt wird. Der Wirkungsgrad sind auch höhere Wirkungsgrade erreichbar. nis zur einstrahlungsspezifischen Nennleistung
ist stark abhängig vom Material und Zellen- Handelsübliche Solarzellen erzielen Werte der Module gesetzt wird.
struktur. Da sich die Energieinhalte der Photo- von etwa 8 % (amorphes Silizium) bis zu 17 %
nen im Spektrum des Sonnenlichts in Abhän- (monokristallines Silizium). Der Wirkungsgrad Photovoltaikmodule
gigkeit von der Frequenz stark unterscheiden, im Betrieb ist zudem abhängig von der Tem- Die Leistung einer einzelnen Solarzelle ist für
besitzen manche Photonen nicht die erforder- peratur der Solarzellen, wobei eine erhöhte die meisten Anwendungen zu gering. Um pra-
xisrelevante Größenordnungen zu erhalten,
werden sie – analog zu Batterien – seriell und
parallel verschaltet sowie zur Überbrückung
eventuell (teil-)abgeschatteter Bereiche mit so
genannten Bypass-Dioden ausgestattet. Zum
Schutz vor mechanischer Beschädigung und
Witterungseinflüssen werden die Solarzellen
zwischen einer vorder- und rückseitigen Ab-
deckung eingebettet (Abb. B 4.109). Dieser
Glas-Glas- oder Glas-Kunststoff-Verbund wird
dann als Photovoltaikmodul bezeichnet. Ent-
sprechend der Herstellungsverfahren unter-
scheiden sich die Solarzellen in ihrer Hand-
habung: Kristalline Zellen können als einzelne
Scheiben nahezu beliebig im Modul angeord-
net werden. Aus Isolationsgründen müssen sie
mit einem Mindestabstand zueinander verlegt
B 4.114 B 4.115 werden. Dünnschichtzellen sind produktions-
bedingt fest mit dem Trägermaterial verbunden
und vom optischen Erscheinungsbild in der
Regel vollflächig angeordnet. Die notwendige
Zellenstruktur und die elektrische Verschaltung
erfolgt direkt beim Beschichtungsprozess.
Die meisten Modulhersteller fertigen Standard-
module in Größen von etwa 0,5 bis 1,5 m2 mit
jeweils festen Abmessungen und Leistungsda-
ten, welche auf maximale Energieausbeute pro
Fläche konzipiert sind. Allerdings eignen sie sich
für eine Verwendung als Bauteil in Gebäude-
hüllen aufgrund der festgelegten Abmessungen
und Gestalt nur bedingt. Für anspruchsvolle
architektonische Integrationen bieten spezia-
lisierte Firmen Module an, die nach geometri-
schen und gestalterischen Vorgaben des
B 4.116 B 4.117
140
Technik
141
Technik
B 4.120 B 4.121
frühzeitig festgelegt werden, um ihre spätere die Photovoltaikanlage mehr Energie als im pro Quadratmeter und Jahr möglich. Die Ver-
Zugänglichkeit für Wartung und Austausch zu Gebäude benötigt, fließt der überschüssige lustkette eines photovoltaischen Systems und
gewährleisten. Strom in das Netz. Das Gebäude wird dann Kennwerte für eine überschlägige Ermittlung
zum Energielieferanten. Im Bedarfsfall wird des Solarertrags zeigt Abb. B 4.119. Einen
Anlagenkonzepte die benötigte Stromdifferenz wie üblich vom besonders hohen Stellenwert hat neben der
Für die Anlagenkonzeption spielt es eine we- Netz bezogen. Die Versorgungssicherheit ist Ausrichtung die Verschattungsfreiheit der
sentliche Rolle, ob das Gebäude an die öffent- somit jederzeit gewährleistet. In Fällen hoher Module. Durch die serielle Verschaltung von
liche Stromversorgung angeschlossen ist. Nach finanzieller Vergütung für solarerzeugten Strom Solarzellen und Modulen kommt es auch bei
diesem Kriterium unterscheidet man zwischen (z. B. in Deutschland durch das Erneuerbare- Teilabschattung in der Regel immer zu einer
Inselsystemen und netzgekoppelten Systemen. Energien-Gesetz) wird meist der gesamte Strom- überproportionalen Ertragsminderung (Abb.
Während das Inselsystem ganzjährig eine aut- ertrag eingespeist. Die Dimensionierung der B 4.113).
arke Stromversorgung gewährleisten sollte, wird Photovoltaikanlage muss dann nicht unbedingt
das Gebäude beim netzgekoppelten System an den Verbrauch des Gebäudes angepasst Ökologische Aspekte
zusätzlich aus dem öffentlichen Stromnetz ver- werden, sondern kann auch nach geometri- Da die Herstellung von Photovoltaikelementen
sorgt. Je nach System unterscheiden sich die schen, wirtschaftlichen oder gestalterischen einen hohen Energiebedarf erfordert, ist die
benötigten Anlagenteile und der Planungsauf- Kriterien erfolgen. Ein Vergleich von Erzeugung energetische Amortisationszeit ein wichtiges
wand. In einem Inselsystem ist zur Gewährleis- und Verbrauch – und damit die erzielbare sola- ökologisches Kriterium. Den dominierenden
tung der Versorgungssicherheit eine Speiche- re Deckungsrate – erfolgt hier nicht physika- Anteil an Materialien zur Herstellung von Mo-
rung des zeitlich schwankenden Energieertrags lisch, sondern über eine Jahresbilanzierung dulen mit Zellen aus Silizium bilden Glas und
und -vebrauchs nötig. Zudem muss die Photo- (Abb. B 4.118). Quarzsand, wobei Anlagen mit kristallinen Zel-
voltaikanlage eventuell durch weitere Energie- len bei gleicher Energieerzeugung wesentlich
erzeuger ergänzt werden. Erträge mehr benötigen als Dünnschichtmodule. Kunst-
Ist ein öffentliches Stromnetz vorhanden, kann Der flächenbezogene Ertrag hängt in erster stoffe spielen bislang eine untergeordnete Rol-
eine Speicherung entfallen. Der solar erzeugte Linie von der Einstrahlung (Standort und Aus- le. Die eingesetzten Materialien lassen sich
Strom wird dann in das Netz eingespeist und richtung der Module) und dem Systemwir- aufgrund der Verbundbauweise insgesamt
vergütet, der Verbrauchsstrom wie üblich vom kungsgrad der Photovoltaikanlage ab. Je nach nur mit sehr hohem Aufwand recyceln. Bei
Netz bezogen. In Europa werden fast aus- Zellentypologie und Belegungsdichte ergeben der Energiebilanzierung wird der kumulierte
schließlich netzgekoppelte Photovoltaikanlagen sich in Mitteleuropa spezifische Erträge bei Energieaufwand für Herstellung und Betrieb
installiert, wodurch sich der Systemaufbau auf verschattungsfreier Installation mit idealer Aus- den nutzbaren Energieerträgen von Anlagen
zwei Komponenten vereinfacht: Generatorfeld richtung von etwa 40 kWh pro Quadratmeter gegenübergestellt. Hier ergeben sich in
(= Summe der Photovoltaikmodule) und Wech- und Jahr bei semitransparenten Dünnschicht- Abhängigkeit der Zellentypologie, der Ein-
selrichter, um die erzeugte Energie in netzkon- modulen. Bei monokristallinen Zellen mit maxi- bausituation und dem Standort energetische
formen Wechselstrom umzuwandeln. Erzeugt maler Belegungsdichte sind bis zu 130 kWh Amortisationszeiten von sechs Monaten
gedämmtes Gehäuse
BHKW 62 kWh Wärme
100 kWh Schall-
ηth = 62 %
28 kWh Strom dämpfer
ηel = 28 %
Abgas-
10 kWh Verluste wärme-
Vorlauf
tauscher Heizungs-
wärme-
tauscher
73 kWh Heizkessel Rücklauf
62 kWh Wärme Kraftstoff Motor Gene-
ηth = 85 % rator
153 kWh
11 kWh Verluste
142
Technik
Luftzufuhr Abgas
thermische Leistung [%]
100
H2O / CO2
Haus-
80 zentrale
Brennstoff- Steuerung
zelle
Spitzenlast-Wärmeerzeuger Spitzen-
60
brenner
Vorreformer
40
Wärme-
speicher Befeuchter Strom-
20
= netz
+
BHKW 2 –
Erdgas
Entschwefler ~
BHKW 1
0
Erdgas Luft
2 000 4000 6000 8000 kaltes Wasser Wärme
Benutzungsstunden [h/a] warmes Wasser Abgas
B 4.125 a b B 4.126
(Dünnschichttechnologie, hohe Erträge) bis Technologien zur Verfügung (Abb. B 4.121). werke mit hohen Investitionen verbunden sind,
zu 48 Monaten (kristalline Technologie, mittlere Aus ökologischer Sicht sollten möglichst erneu- sind lange jährliche Betriebszeiten anzustre-
Erträge). Emissionen entstehen bei photovol- erbare Energiequellen verwendet werden, z. B. ben. Aus diesem Grund werden sie meist nicht
taischen Anlagen nur durch die Herstellung. Biomasse, Wasserstoff oder Abwärme bzw. als alleiniger Erzeuger auf die Spitzenlast aus-
Bei einer Integration von Photovoltaikmodulen Solarstrahlung. gelegt, sondern als Grundlast-Wärmeerzeuger.
in die Gebäudehülle kann die Herstellungsen- Sie benötigen dann einen weiteren Wärmeer-
ergie der ersetzten Materialien als energetische Strom aus Biomasse zeuger, der flexibel auf Lastschwankungen rea-
»Gutschrift« berücksichtigt werden. Für die dezentrale Kraft-Wärme-Kopplung mit gieren kann (Abb. B 4.125). Aufgrund ihrer
Biomasse werden überwiegend Strom erzeu- Funktionsweise als Stromerzeuger kann in
Kraft-Wärme-Kopplung gende Geräte mit einem motorisch betriebe- manchen Fällen durch ein BHKW ein aus
Die Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) verbindet nen Generator eingesetzt. Die dabei entstehen- sicherheitstechnischen Gründen erforderliches
Strom- und Wärmeerzeugung in einem Vor- de Wärme ist über einen Wärmetauscher in Notstromaggregat ersetzt werden, was die
gang (Abb. B 4.120 und 122). Entwickelt hat den Heizkreis eingebunden (Abb. B 4.123). Wirtschaftlichkeit erheblich verbessert.
sich dieses Prinzip aus der Stromerzeugung, Diese Geräte werden als Blockheizkraftwerke
bei der durch den Umwandlungsprozess (BHKW) bezeichnet. Bei kleiner Leistungs- Strom aus Wasserstoff
zwangsläufig große Mengen an Abwärme frei- größe (< 50 kWel) spricht man von »Mini- Neben den aus der Automobilindustrie ent-
gesetzt werden. Diese können in Großkraftwer- BHKW« (Abb. B 4.124). Als Antrieb sind sowohl lehnten Motoren wird künftig die Brennstoff-
ken nur selten genutzt werden und erzeugen Otto-, Diesel- als auch Gasmotoren einsetzbar. zelle als System zur Kraft-Wärme-Kopplung an
zusätzlichen Kühlbedarf mit entsprechenden Für den Einsatz von Biomasse haben sich bis- Bedeutung gewinnen. Sie erzeugt über einen
ökologischen Negativauswirkungen wie Auf- lang Raps- und Sojaöl als Treibstoff für modi- elektrochemischen Prozess aus dem Energie-
heizung von Flüssen etc. Nur unter günstigen fizierte Dieselmotoren etabliert. Ein wichtiger träger Wasserstoff Strom. Die dadurch ent-
Rahmenbedingungen kann eine Einspeisung Kennwert ist bei der Kraft-Wärme-Kopplung stehende Wärme lässt sich beim dezentralen
der Wärme in ein Fernwärmenetz erfolgen. neben dem Gesamtwirkungsgrad die so Einsatz analog zum Blockheizkraftwerk in den
Alternativ wird derzeit das Ziel verfolgt, die genannte Stromkennzahl. Sie gibt an, welcher Heizkreislauf einbinden. Zum Betrieb einer
Stromerzeugung dezentral direkt beim Ver- Anteil elektrischer Energie pro abgegebener Brennstoffzelle ist Wasserstoff erforderlich,
braucher zu realisieren. Auf diese Weise lässt Kilowattstunde Wärme erzeugt wird. Typische der im Idealfall aus erneuerbaren Energien
sich die Strom- und Wärmeproduktion direkt Werte dezentraler BHKWs liegen bei 0,5, d. h. erzeugt wird und gespeichert werden muss.
in das Energiekonzept des Gebäudes oder pro Kilowattstunde Wärme werden 0,5 kWh Da hierfür noch keine geeignete Infrastruktur
einer Nachbarschaft integrieren. Nicht benötig- Strom produziert. Prinzipiell kann ein BHKW zur Verfügung steht, werden Brennstoffzellen
ter Strom wird analog zur Photovoltaik in das strom- oder wärmegeführt eingebunden wer- bislang überwiegend mit aus Erdgas gewonne-
öffentliche Stromnetz eingespeist. Für eine den. Um den Gesamtwirkungsgrad zu erhöhen, nem Wasserstoff betrieben (Abb. B 4.126).
dezentrale Kraft-Wärme-Kopplung stehen auf wird meist eine Regelung umgesetzt, die sich Die Wirkungskette ist bei der Wasserstoffpro-
unterschiedlichen Energieträgern basierende am Wärmebedarf orientiert. Da Blockheizkraft- duktion, -speicherung und -verwendung zudem
B 4.120 Prinzip der Kraft-Wärme-Kopplung
B 4.121 marktgängige Systeme zur Kraft-Wärme- 1
0,58 kWh 1,3 kWh
Kopplung Abwärme am Abwärme am
B 4.122 dezentrale Kraft-Wärme-Kopplung und Kühlturm Rückkühler
getrennte Energieerzeugung im Vergleich
0,3 kWh 1 kWh
B 4.123 Einbindung dezentraler KWK in die Gebäude- 0,9 kWh PE Strom elektr. Nutzkälte
Kraft-
heizung werk KM
B 4.124 Mini-BHKW für den Betrieb mit Pflanzenöl
B 4.125 beispielhafte Einbindung dezentraler KWK zur a
Deckung der Grundlast
B 4.126 Brennstoffzellenheizgerät
a Funktionsschema 0,2 kWh 2,5 kWh
b Prototyp mit Erdgasreformer Abgasverlust Abwärme am
Kühlturm
B 4.127 Heizkessel mit integriertem Stirlingmotor
B 4.128 dezentrale Kraft-Wärme-Kälte-Kopplung und 3,0 kWh PE (Strom) 1,6 kWh 1 kWh
getrennte Energieerzeugung im Vergleich Wärme therm. Nutzkälte
2,7 kWh PE (Gas) BHKW
a Energiefluss bei elektrischer Kälte- KM
erzeugung
b Energiefluss bei thermischer Kälteerzeugung 1 Stirlingmotor 2 KM: Kältemaschine
mit BHKW und Absorptionskältemaschine 2 Holzpelletkessel b BHKW: Blockheizkraftwerk
B 4.127 B 4.128
143
Technik
a Receiver / b Absorberrohr
Motor Turm
500 –1000 m
Receiver B 4.129 Möglichkeiten der Konzentrierung von Solar-
Parabolrinne strahlung für die Stromerzeugung:
a Dish-Konzentrator
b Parabolrinnenkollektor
c Zentral-Receiver-System
B 4.130 Funktionsschema eines Aufwindkraftwerks
B 4.131 Dish-Konzentratorsystem
Stromgenerator B 4.132 Solarkraftwerk mit Parabolrinnenkollektoren
Glasabdeckung
c B 4.133 Kleinwasserkraftwerk Jacobi, Sarmigstein (A)
Heliostaten 2005, Designstudio Juland
B 4.134 Kenndaten unterschiedlicher Stromspeicher
B 4.129 B 4.130
mit sehr hohen Verlusten behaftet. Brennstoff- verbesserte Auslastung des Blockheizkraft- • Beim so genannten Dish-Konzentrator wird
zellenheizgeräte zeigen ein sehr gutes Teillast- werks möglich, was seine Wirtschaftlichkeit ein ideal konzentrierendes, parabolförmiges
verhalten. Bisher sind aber lediglich Prototypen erheblich erhöht. Aus energetischer Sicht zeigt Element zur punktgenauen Fokussierung auf
im Einsatz, eine Markteinführung wird in den die Kraft-Wärme-Kälte-Kopplung gegenüber einem Empfänger (Absorber) eingesetzt
nächsten Jahren erwartet. einer elektrischen Kälteerzeugung erhebliche (Abb. B 4.131). Dieses System muss komplett
Vorteile (Abb. B 4.128). zweiachsig der Sonne nachgeführt werden.
Strom aus Abwärme / Solarstrom • Alternativ kann zur Realisierung großer Leis-
Eine weitere Möglichkeit zur dezentralen Kraft- Sonstige Technologien zur Stromerzeugung tungen ein zentraler Empfänger (Receiver)
Wärme-Kopplung bietet der Stirlingmotor, der Zur Nutzung erneuerbarer Energiequellen für installiert werden, auf den zahlreiche Helio-
ein Wärmepotenzial in Strom umwandeln kann. die Stromerzeugung gibt es neben der Photo- staten konzentrisch fokussiert sind. Durch die
Da die Wärmebereitstellung extern erfolgen voltaik und der dezentralen Kraft-Wärme-Kopp- bis zu 1000-fache Konzentration entstehen
kann, ist die Kombination mit unterschiedlichen lung zahlreiche weitere Technologien. Ein Temperaturen bis weit über 1000 °C.
Wärmeerzeugern möglich. Für eine regenera- direkter Zusammenhang mit der Gebäudepla- • Eine einfachere Bauform ist der Parabolrin-
tive Kraft-Wärme-Kopplung bieten sich Biomas- nung oder gar eine architektonische Integration nenkollektor. Er kann durch eine etwa 100-
sesysteme an, deren Abwärme durch die Kopp- ist bei diesen Systemen meist nicht gegeben. fache Konzentration des Sonnenlichts Tem-
lung mit einem Stirlingmotor zusätzlich energe- Dennoch bieten die Technologien interessante peraturen bis ca. 400 °C erzielen (Abb. B
tisch nutzbar wird (Abb. B 4.127). Alternativ Aspekte für die künftige Entwicklung. 4.132), was für den Betrieb von Dampfkraft-
kann auch die Solarstrahlung als Antriebswär- werken zur Erzeugung von solarem Strom
me eingesetzt werden. Da sinnvolle Wirkungs- Solarthermische Stromerzeugung ausreicht. Dieses System wird bereits seit
grade ein hohes Temperaturniveau erfordern Neben der photovoltaischen Stromerzeugung über 20 Jahren in der kommerziellen Strom-
(> 600 °C), sind allerdings nur konzentrierende ist es möglich, über eine thermische Nutzung erzeugung eingesetzt.
thermische Systeme an Standorten mit hoher der Solarstrahlung elektrische Energie zu er-
Solarstrahlung verwendbar. zeugen. Um sinnvolle Wirkungsgrade zu errei- Die Wirtschaftlichkeit der einzelnen Konzepte
chen, sind sehr hohe Temperaturen erforder- muss individuell ermittelt werden und hängt
Kraft-Wärme-Kälte-Kopplung lich. Bislang wurden vor allem konzentrierende entscheidend vom Standort ab. Das Potenzial
Wird die Kraft-Wärme-Kopplung durch eine Solarsysteme und das Aufwindkraftwerk tech- für die weltweite Stromerzeugung ist enorm
Maschine ergänzt, die aus Abwärme Kälte er- nisch realisiert. und der relativ geringe Materialaufwand führt
zeugen kann, so spricht man von einer Kraft- An Standorten mit sehr hoher Direktstrahlung im Verhältnis zur Energieleistung zu besonders
Wärme-Kälte-Kopplung. Hier werden in der Re- erreichen konzentrierende Solarkollektoren guten Kennwerten.
gel Sorptionskältemaschinen wie bei der sola- über Linsen oder Spiegel sehr hohe Betriebs-
ren Kühlung verwendet (siehe S. 130). Durch temperaturen. Insgesamt haben sich drei Kon- Aufwindkraftwerk
die Ergänzung des Systems mit einem Wärme- zepte zur Konzentrierung der Solarstrahlung Ein Aufwindkraftwerk wurde bereits 1989 erst-
abnehmer außerhalb der Heizperiode ist eine bewährt (Abb. B 4.129): mals im Süden Spaniens als Forschungsprojekt
144
Technik
145
Material
B 5.1
Gebaute Welt ist materielle Welt. Sie bindet zu verbauen. Viele namhafte Architekten ha-
einen Großteil erneuerbarer wie nicht erneuer- ben hierzu ihren eigenen Standpunkt entwi-
barer Ressourcen, die der Erde zum Wohl des- ckelt. Alvar Aalto, Carlo Scarpa oder Peter
Menschen entnommen werden. Bei heute üb- Zumthor, um nur einige zu nennen, prägen
lichen Bauweisen geht man davon aus, dass über den Umgang mit Material entscheidend
ein Kubikmeter umbauter Raum im Massivbau ihre Architektur.
etwa 650 kg Material erfordert, ein Leichtbau
immer noch ca. 450 kg. So verwundert es Geschichtliche Entwicklung
nicht, dass das Bauwesen weltweit den höchs- Historische, autochthone Bauweisen jenseits
ten Ressourcenverbrauch aller Sektoren hat repräsentativer und kultureller Baumaßnahmen
(siehe Die Dinge richtig tun – über Effizienz und waren immer auf einen effizienten Umgang mit
Nachhaltigkeit, S. 27). dem knappen Energie- und Ressourcenange-
Die Entscheidung für bestimmte Materialien ist bot angewiesen. Neben dem verantwortungs-
von vielen Gesichtspunkten abhängig (Abb. bewussten Umgang mit dem typischen, örtlich
B 5.5). Zum großen Teil tragen objektiv be- verfügbaren Materialangebot (z. B. Naturstein
schreibbare Aspekte, wie z. B. physikalische oder Holz) war zumeist Knappheit die Voraus-
oder chemische Eigenschaften, Maße oder setzung für den bewussten Umgang mit Ma-
Kosten zur Entscheidungsfindung bei. Die terial.
Wahrnehmung von Material geschieht jedoch Der entscheidende Umbruch ereignete sich
im Wesentlichen individuell und subjektiv. Ma- mit der industriellen Revolution, Energie und
terial interagiert über seine Oberfläche mit dem Rohstoffe schienen nun unbegrenzt verfügbar.
Betrachter und wird jeweils auf ganz eigene Architektur löste sich daraufhin im Sinne von
Weise erfahren und bewertet (Abb. B 5.1). Hier »alles ist machbar« zusehends von natürlichen
steht der Mensch und sein Wohlbefinden im Gegebenheiten und Einflüssen ab. Anderer-
Mittelpunkt der Betrachtung (siehe Grundla- seits brachte der technologische Fortschritt
gen, S. 55). auch Neuerungen, z. B. in der Materialentwick-
Technisch-funktionale Leistungen bestimmen lung oder in der konstruktiven und baupro-
hingegen, ob der Materialeinsatz tatsächlich zessbezogenen Optimierung des Bauens. Die
die gestellten Ansprüche sowie die Forderung volle Leistungsfähigkeit des Materials wurde
nach einer sicheren und dauerhaften Nutzung zunächst bei Ingenieurbauwerken genutzt, wie
erfüllt. Die notwendigen Eigenschaften eines z. B. bei Bahnhöfen und im Brückenbau. Der
Baustoffs ergeben sich etwa aus den Anforde- technisch bis ins Detail optimierte Kristallpalast
rungen an Brand-, Schall- oder Feuchteschutz von Joseph Paxton läutet eine Revolution des
als Teil der Bauphysik, bei tragenden Bauteilen Bauens ein (Abb. B 5.4). Ingenieurtechnische
aus der Statik. Oft kann ein Material allein nicht und materialbezogene Innovation in der Archi-
alle an ein Bauteil gestellten Anforderungen tektur vollzieht sich nun auf breiter Basis, be-
leisten; dann kommen mehrlagige Aufbauten sonders gut sichtbar in den schnell wachsen-
zum Einsatz, deren einzelne Schichten jeweils den Städten Nordamerikas. Hier gewinnt Stahl
besondere Funktionen übernehmen. als Konstruktionswerkstoff eine zentrale Be-
Im Laufe der Lebensdauer können weitere, bei deutung, der hohe Materialleistungen mit
der Planung noch nicht absehbare Anforde- schnellen Bauzeiten vereint.
rungen hinzukommen. Zunehmend wird aner- Zu Beginn der Moderne ist im Bauwesen zur
kannt, dass Materialentscheidungen gesund- Befriedigung eines erheblichen Neubaube-
heitliche Rahmenbedingungen für die Nutzer darfs, aber auch durch das Streben nach
B 5.1 Experimental House, Muuratsalo (FIN) 1954, definieren, erhebliche Auswirkungen auf den Transparenz, Licht, Luft und Sonne, ein Ent-
Alvar Aalto Energiebedarf und die Umwelt haben sowie wicklungsschub in der Materialforschung zu
B 5.2 Handzeichnung Le Corbusiers zum »Brise-Soleil« eine Nachnutzung behindern oder unterstützen verzeichnen. Sie mündet in Ideen der kon-
B 5.3 Prototyp »Dymaxion-Haus«, 1928, Richard Buck-
minster Fuller
können. Bei vielen Nutzungen geht es darum, struktiven Vorfertigung, wie etwa in Le Corbu-
B 5.4 Glaspalast, London (GB) 1851, Joseph Paxton für den Lebenszyklus eines Gebäudes Varian- siers »System Domino« von 1917. Le Corbu-
B 5.5 Aspekte der Materialwahl ten offenzuhalten und Optionen nicht unnötig sier integriert in den 1930er-Jahren durch
146
Material
technisch-funktionale
Wahrnehmung Material im Lebenszyklus
Leistungen
Materialkreislauf-
olfaktorisch Wärmeschutz
gerechtigkeit
Feuchteschutz
B 5.5
147
Material
Wärmeleitfähigkeit ¬ [W/mK]
B 5.6 Wärmeleitfähigkeit verschiedener Baustoffe in 10 Ablagerungsgesteine Erstarrungsgesteine
Bezug zur Rohdichte
Sand, Kies, Ziegel
B 5.7 Palazetto dello Sport, Rom (I) 1958, Pier Luigi
Nervi Eis
B 5.8 »Eden Project«, St. Austell (GB) 2001, Nicholas
Grimshaw & Partners
1
B 5.9 Wohnungserweiterung »Symbiont Friedrich«, lose Füllstoffe, Wasser Fensterglas
Merzig (D) 2004, FloSundK Architektur + Urba- Bimskies, Schlacke
nistik Leichtbeton
B 5.10 Strategien zur Senkung der Wärmeleitfähigkeit
glasfaserverstärkter Kunststoff
und jeweils geeignete Materialien
a Korkdämmplatte faserige Isolierstoffe, mineralisierte Holzwolle, Holzwolle, Wärmedämmziegel
0,1
b Vakuumisolationspaneel (VIP)
c infrarotreflektierendes Polystyrol Kunstharzschaumstoffe, Korkplatten, Polystyrolschaum
d transparente Wärmedämmung (TWD) (Luft)
B 5.11 Wirkung von Dämmstoffen in Abhängigkeit von mikroporöse Kieselsäure
der Schichtdicke
0,01
500 1000 1500 2000 2500 3000
Rohdichte ρ [kg/ m3]
B 5.6
(siehe Solare Architektur, S. 28). Der experimen- rung bei geringerer Umweltwirkung, erzielt
telle Umgang mit Baustoffen schafft die Grund- und die Effizienz des Gebäudes gesteigert
lagen für industrielle Holz- und Holzwerkstoff- werden.
verwendung, Speichermassenkonzepte sowie • Herstellung, Instandhaltung oder Rückbau
viele Low-Tech-Materiallösungen. des Materials binden Energie, die als »graue
Als besonders materialeffiziente Interpretation Energie« bezeichnet und in Form des Primär-
dieser Strömung gilt z. B. das »Eden Project« energieinhalts (PEI) quantifiziert wird. Beson-
– materialsparend konstruierte Leichtbauten, ders die Herstellung hat eine Vielzahl von irre-
deren Hülle aus pneumatisch stabilisierten, versiblen Umweltwirkungen zur Folge. Es ist
mehrlagigen Kunststofffolien besteht. Für die möglich etwa durch rationelle Materialverwen-
dreilagigen Luftkissen werden extrem dünne, dung oder die Bildung von Materialkreisläu-
dennoch langlebige, leichte und transparente fen diese zu reduzieren.
ETFE-Folien eingesetzt. Mehr und mehr ver- • Letztlich können Materialien während der
schwimmen dabei die Grenzen zwischen Tech- Nutzung, besonders durch ihre Pflege, sekun-
nik und Architektur (Abb. B 5.8). däre energetische Prozesse auslösen, die
Des Weiteren entstehen neue Lösungen zur über die gesamte Lebensdauer erhebliche
B 5.7 Vorfertigung von Bauteilen. Insbesondere der energetische, ökologische und wirtschaftliche
Holzbau macht mit Rahmen- und Tafelbauwei- Auswirkungen haben. Sie lassen sich erst
sen einen großen Entwicklungsschub. Über dann analysieren, wenn eine Materialbetrach-
neue, leichte Bautechniken erschließen sich tung nicht, wie bisher üblich, in Bezug auf den
neue Bauplätze wie z. B. bestehende Dachland- Einbauzustand, sondern über den ganzen
schaften (Abb. B 5.9). Lebenszyklus des Gebäudes erfolgt.
• Baustoffe minimieren den Wärmefluss. So er- Von zentraler Bedeutung für die Reduktion des
möglichen sie eine deutliche Reduktion des Energiebedarfs eines Gebäudes ist der Wärme-
Energieverbrauchs des Gesamtgebäudes, schutz. Je besser der Wärmeschutz, desto ge-
sparen Betriebsenergie und tragen zu erhöh- ringer sind die Energieverluste bei Temperatur-
ter Wirtschaftlichkeit bei. Energieverbrauch differenzen zwischen innen und außen und
geht meist mit ökologischen Folgen einher, desto stärker nähern sich die jeweilige Ober-
z. B. mit dem Ausstoß von CO2, saurem Re- flächen- und Lufttemperatur einander an. Ne-
gen, Überdüngung oder Sommersmog. Re- ben der Reduzierung der Transmissionswär-
duzierter Verbrauch verringert diese Umwelt- meverluste im Winter dient der Wärmeschutz
wirkungen. Weiterhin reguliert das Material durch das Material weiterhin:
den Wärmefluss, überträgt oder speichert
Energie. Es erhält Energie, wo sie gebraucht • als Wärmeschutz im Sommer
wird, oder führt sie bei einem Energieüber- • zum Schutz der Baukonstruktion vor Konden-
schuss ab. Dadurch können ökonomische satfeuchte und Frost
wie ökologische Vorteile, z. B. Geldeinspa- • ggf. auch zum Schallschutz
B 5.9
148
Material
geringe Wärmeleitfähigkeit
geringe Rohdichte rahlung
amorphe Materialstruktur Wärmest
itung
Wärmele
tion
Konvek
a
Wärmedurchlasswiderstand 1 / ◊LZR[m2K / W]
0,7 4
Reduktion der Wärmeleitung in einer Dämmung
0,4
5
b 0,3
149
Material
1 1 1 • 0,004 W / mK dampfdicht (< 5 mbar Gas- dass ihre dämmende Wirkung nicht über den
U= + + druck) Materialkennwert λ, sondern über den Wärme-
Rsi sn · λn Rse • 0,01 W / mK mit geringer Druckdifferenz durchgangskoeffizienten bzw. den U-Wert
(< 100 mbar Gasdruck) (U = Unit of Heat Transfer) der gesamten Kons-
U Wärmedurchgangskoeffizient [W / m2K] • 0,025 W / mK ohne Druckdifferenz truktion beschrieben wird (Abb. B 5.12). Sie
Rsi Wärmeübergangswiderstand innen [W / m2K] werden nach ihrem Funktionsprinzip in drei
sn Schichtdicke Material [m] Am Ende des Prozesses bleibt immer noch Kategorien unterteilt:
λn Wärmeleitfähigkeit Material [W / mK] eine geringere Wärmeleitfähigkeit als bei kon-
Rse Wärmeübergangswiderstand außen [W / m2K] ventionellen Dämmstoffen erhalten. Nach heu- • Direktgewinnsysteme:
B 5.12 tigem Standard – bei Verwendung von Alumi- Fenster und in die Fassade integrierte TWD-
nium oder mehrlagigen, metallbedampften Elemente lassen das Tageslicht in den Raum,
Kunststofffolien – nimmt man für VIP eine Dau- verteilen die Energie in die Raumtiefe und
Bauteil max. min. Dämm-
U-Wert schichtdicke 1
erhaftigkeit von 30 bis 50 Jahren an. aktivieren dort vorhandene Speichermassen.
[W / m²K] [mm] • Massivwandsysteme:
Außenwand 0,45 82
Wärmestrahlung Sie kombinieren das Direktgewinnsystem mit
Erneuerung Außenwand 2 0,35 106 Über die Verringerung des Infrarotstrahlungs- einer dahinter liegenden Speichermasse. Die-
Fenster 1,70 20 durchgangs, der so genannten Emissivität, se zur Erhöhung des Wirkungsgrads meist
Steildach 0,30 126 lässt sich der Strahlungsdurchgang beeinflus- dunkel gestaltete Fläche absorbiert die auf-
Flachdach 0,25 152 sen. Dazu werden selektiv reflektierende Schich- treffende Energie und gibt sie phasenver-
Decken und Wände gegen
unbeheizt oder Erdreich 0,40 94 ten auf Materialien aufgebracht – meist aufge- schoben als Wärme an den Raum ab. Je
dampfte, unsichtbar dünne Metallschichten. nach Ausrichtung und System lassen sich so
1
Annahme einer Wärmeleitfähigkeit des Dämmmaterials Die Wirkung bleibt dabei unabhängig vom energetische Gewinne von 50 bis 150 W / m2a
von ¬ = 0,04 W / mK bei alleiniger energetischer Wirk- sichtbaren Strahlungsanteil und eignet sich erreichen. (Abb. B 5.15)
samkeit der Dämmschicht
2
verschiedene Ausnahmen nach EnEV Anhang 3 möglich
besonders für transparente Bauteile. Die Tech- • gekoppelte / schaltbare Systeme:
nik stammt aus der Glasindustrie und hat dort Direkt- und Massivwandsysteme besitzen
B 5.13
zu einer Verbesserung der U-Werte um etwa den Nachteil, dass sie dauerhaft Energie
25 % geführt. Da sie weitgehend unabhängig eindringen lassen – auch dann, wenn das
vom Trägermaterial funktioniert, findet diese Gebäude eigentlich Wärme abführen soll.
Bauteil erforderliche Baustoffklasse nach
DIN 4102 1
Technologie auch Eingang in die Standard- Deshalb werden gerade gekoppelte oder
dämmstoffproduktion, etwa in Form eines mo- schaltbare Dämmungen entwickelt, die den
Gebäudetypus 1 – 2 Ge- mehr als 2 ab 22 m
schosse Geschosse Höhe
difizierten expandierten Polystyrols (EPS), das Wärmestrom zwischen TWD-Element und
bis 22 m Höhe gegenüber normalem EPS mit λ = 0,04 W / mK Speichermasse über Wasser oder Luft als
eine Wärmeleitfähigkeit von 0,032 W / mK auf- Trägermedium sowie ggf. über weitere funk-
Vorhangfassade B2 B1 A
weist (Abb. B 5.10 c). tionale Schichten regulieren sollen. Sie schaf-
Unterkonstruktion B2 B1 B1
Verankerung A A A fen im Dämmzustand einen U-Wert von 0,2
Wärmedämmung B2 B2 B1 Solare Gewinnsysteme bis 0,3 W / m2K, können jedoch im »Abwärme-
Über die drei beschriebenen Reduktionsmög- betrieb«, z. B. zur nächtlichen Gebäudeaus-
1
gemäß Musterbauordnung Deutschland; Abweichungen lichkeiten lässt sich die Wärmeleitfähigkeit auf kühlung, einen U-Wert von bis zu 10 W / m2K
länderspezifischer Regelungen sowie neue Normierun-
gen sind zu beachten; anderweitige Lösungen bedingen
sehr geringe Werte absenken. Berücksichtigt erlangen.
eine Prüfung im Einzelfall man auch die Solarstrahlung, so kann die
Dämmwirkung bei opaken wie bei transparen- Dämmende opake Bauteile
B 5.14
ten Bauteilen bis hin zu temporären Gewinnen Nach DIN 4108 gelten Baustoffe mit einer Wär-
B 5.12 Ermittlung des U- Werts einer Konstruktion nach steigen. Für die Maximierung solarer Gewinne meleitfähigkeit < 0,1 W / mK als Dämmstoffe.
DIN 4108
bedarf es transparenter Materialien mit einem Damit können auch leichte Vollhölzer in die
B 5.13 Anforderungen der EnEV an den U-Wert eines
Bauteils und daraus theoretisch resultierende hohen Gesamtenergiedurchlasskoeffizienten g Gruppe der Dämmstoffe fallen, z. B. Fichten-
Mindestdämmschichtdicken [%], der z. B. bei speziellen Gläsern wie Quarz- holz. Insgesamt steht dem Planer eine Vielzahl
B 5.14 erforderliche Baustoffklassen (Brandschutz) von glas oder transparenter Wärmedämmung (TWD) an Materialien zur Verfügung. Abb. B 5.16 zeigt
Fassadenteilen nach Musterbauordnung gegeben ist. Die g-Werte von Kunststoffen und eine Auswahl mit typischen Kennwerten. Diese
B 5.15 schematischer Wandaufbau einer transparenten
Wärmedämmung als Massivwandsystem
typischem Floatglas entsprechen sich weitge- müssen in der Praxis mit den tatsächlichen Pro-
B 5.16 physikalische Kennwerte ausgewählter Dämm- hend; eine Polycarbonatplatte liegt bei 87 bis duktkennwerten abgeglichen werden.
stoffe 89 %. Transluzente Kunststoffe (z. B. PMMA,
Polycarbonat) sind jedoch mit einer deutlich Produktbezeichnung von Dämmstoffen
0 °C
50 °C
20 °C
150
Material
klasse (Abb. B 5.14) einen Dämmstandard vor, der bei einer Wärme- teverlaufs im Bauteil. Meist führt dies zu einer
• Schallschutz: dynamische Steifigkeit, Strö- leitfähigkeit von 0,04 W / m K des Dämmstoffs innen liegenden Dampfsperre, die auch wäh-
mungswiderstand einer Schichtdicke von 82 mm entsprechen rend der Nutzungsphase nicht in ihrer Funktion
• Gesundheits- und Umweltschutz: Volatile würde. beeinträchtigt werden darf.
Organic Compounds (VOC) und künstliche Bei der Berechnung nach EnEV fließen zusätz- Neue innen liegend anwendbare Dämmstoffe
mineralische Fasern (KMF) (Abb. B 5.83) lich auch die Wärmebrücken – d. h. leitende, aus Kalzium-Silikat können eine Dampfsperre
• Dauerhaftigkeit: Alterungsbeständigkeit, meist konstruktiv bedingte Bauteile – in den vermeiden. Ihr hohes Feuchteabsorptionsver-
UV-Beständigkeit U-Wert mit ein (siehe Gebäudehülle, Abb. mögen lässt eine kurzfristige Speicherung der
• Wirtschaftlichkeit B 3.29). Dabei gilt: Feuchtigkeit im Bauteil zu, allerdings liegen
noch keine dauerhaften Erfahrungen zur Ver-
Die Produktbezeichnungen der Dämmstoffe • bei Verwendung der Regeldetails nach wendung vor.
nach DIN 4108-10 beziehen sich auf die Pro- DIN 4108 Beiblatt 2: +0,05 W / m2K Energetische Probleme entstehen bei inhomo-
dukteigenschaften sowie auf die Anwendungs- • bei nicht dem Stand der Technik entspre- genen Bauteilen wie etwa einer mit Dämmstoff
gebiete (Abb. B 5.20 und 22). chenden Konstruktionen: +0,1 W / m2K ausgefachten Holzwand. Die Wärmeleitfähig-
• bei innen liegender Dämmung: +0,2 W / m2K keit differiert innerhalb des Bauteils, denn die
Anforderungen an dämmende Bauteile konstruktiven Baustoffe erzeugen einen ver-
Die thermischen Mindestanforderungen für Konstruktion des Wärmeschutzes stärkten Energieverlust; zusätzlich kann der
Deutschland sind in der Energieeinsparverord- Um einen Tauwasserausfall innerhalb der Kon- Feuchteverlauf innerhalb des Materials negativ
nung (EnEV) und in DIN 4108 - 9 geregelt (Abb. struktion zu vermeiden, sollte er durch einen beeinflusst werden. Die Berechnung eines zu-
B 5.13). Sie beziehen sich auf komplette Bau- Dampfdiffusionsnachweis geprüft werden und sammengefassten U-Werts einer solchen Kon-
teile und nicht auf einzelne Dämmstoffschich- der Wärmeschutz auf der Kaltseite einer Kon- struktion erfolgt nach DIN EN ISO 6946 (siehe
ten. In Abb. B 5.12 wird der Wärmedurch- struktion angebracht sein. Nicht immer, wie z. B. Gebäudehülle, Abb. B 3.31). Konstruktionen
gangskoeffizient, die abfließende Wärmemen- bei der energetischen Sanierung von Altbau- aus Holzwerkstoffen können, etwa über die Ver-
ge durch ein Bauteil auf einer Fläche von 1 m2 ten, ist konstruktiv eine außen liegende Dämm- wendung eines Å-Profils oder innen gedämm-
bei einem Temperaturunterschied von 1 K in- schicht möglich. Hier kommen innen liegende ten Kastenprofils, den Wärmedurchgang redu-
klusive der Verluste für den Übergang der Ener- Dämmungen zum Einsatz, die allerdings mit zieren. Sie ermöglichen gleichzeitig höhere
gie in die umgebende Luft [W / m2K], definiert. einem deutlichen Raumverlust einhergehen. Spannweiten bei Deckenträgern bzw. einen
Ein geringer Wärmestrom durch das Bauteil Unvermeidlich auftretende Wärmebrücken et- geringeren Materialverbrauch.
drückt sich dabei durch einen niedrigen U-Wert wa bei Decken- und Wandanschlüssen redu- Die Leistungsfähigkeit des Wärmeschutzes
aus. Die vorgegebenen U-Werte lassen sich zieren den erreichbaren U-Wert zusätzlich um bietet Komfort- und Raumgewinn bei geringem
für die Dämmstoffe in entsprechende Mindest- 30 bis 50 % und beeinträchtigen die Behag- Materialeinsatz. Eine verbesserte Wärmeleit-
schichtdicken umrechnen. Standardmäßig lichkeit. Die erhöhte Gefahr des Tauwasseraus- fähigkeit der Dämmung reduziert die notwendi-
schreibt die EnEV für Fassaden in Neubauten falls bedingt eine sorgfältige Analyse des Feuch- ge Schichtdicke und damit auch den Flächen-
organisch
2
Polyesterfaser 15 – 45 0,035 – 0,045 1 B1–2 / bis B Vlies
Polystyrol-Hartschaum (EPS) 15 – 30 0,035 – 0,040 20 / 100 B1 / bis B DIN EN 13163 Platte
Polystyrol-Extruderschaum (XPS) 25 – 45 0,030 – 0,040 80 / 250 B1 / bis B DIN EN 13164 Platte
Polyurethan-Hartschaum (PUR) ≥ 30 0,020 – 0,035 30 / 100 B1 – 2 /bis B DIN EN 13165 Platte, Ortschaum
2
Baumwolle 20 – 60 0,040 – 0,045 1/2 B1 / bis B Matte, Filz, Stopfwolle, Einblasware
2
Flachs 25 0,040 – 0,045 1/2 B1 / bis B Platte, Matte, Filz, Stopfwolle
2
Hanffasern 20 – 70 0,040 – 0,045 1/2 B2 / bis D Platte
Holzfaserdämmplatte (WF) 45 – 450 0,040 – 0,070 1/5 B2 / bis D DIN EN 13171 Platte
Holzwollplatte (WW) 360 – 570 0,065 – 0,090 2/5 B1 / bis B DIN EN 13168 Platte
Kokosfaser 50 – 140 0,045 – 0,050 1/2 B1– B2 / bis B DIN 18165-1/-2 Matte, Filz, Stopfwolle
expandierter Kork (ICB) 80 – 500 0,040 – 0,055 5 / 10 B1– B2 / bis B DIN EN 13170 Schüttung, Platte
2
Schafwolle 20 – 80 0,035 – 0,040 1/2 B1– B2 / bis B Matte, Filz, Stopfwolle
2
Zellulosefaser 30 – 100 0,035 – 0,040 1/2 B1– B2 / bis B Einblasware, Platte
»innovative« Dämmstoffe
IR-Absorber-modifiziertes EPS 15 – 30 0,032 20 / 100 B1/ bis B DIN EN 13163 Platte
4
transparente Wärmedämmung (TWD) 0,02 – 0,13 prakt. dampfdicht 4 2
Paneel
Vakuumisolationspaneel (VIP) 150 – 300 0,004 – 0,008 prakt. dampfdicht B2 2 2
Paneel
1
Die angegebenen Brennbarkeitsklassen stellen Richtwerte dar. Sie sind mit den tatsächlichen Produktdaten abzugleichen.
2
bauaufsichtlich zugelassen
3
Das Dämmmaterial nutzt die statische Dämmwirkung sowie solare Gewinne. Die hier dargestellten Werte sind inklusive solaren Gewinnen über eine Heizperiode in Deutschland
gemittelt. Es kann je nach Klima und Ausrichtung der Dämmung zu deutlichen Unterschieden kommen.
4
stark produktabhängig
B 5.16
151
Material
6
Kosten [EUR /m2a]
100
Heizenergie 2 Holzfaserdämmplatte 22 mm
75 bezogen auf die Wandfläche 3 Vakuumdämmung 40 mm
50 4 Kompriband umlaufend
5 Lattung Schichtholz 40/45 mm
25 6 Holzfaserdämmplatte 22 mm
0 7 Dreischichtplatte 22 mm
100 200 300 400 500 600 U-Wert: 0,14 W / m2K
Dämmstoffdicke [mm] Gesamtdicke Konstruktion: 190 mm
B 5.17 B 5.18 B 5.19
verbrauch. Zum Erreichen des Passivhaus- schicht, zu nicht wärmegedämmten Hohlräu- EnEV geforderte Materialeinsatz für den Neu-
standards sind U-Werte von ≤ 0,15 W / m2K men führen, die daher nachträglich zugäng- bau das Minimum wirtschaftlicher Dämmstär-
erforderlich, die mit Standarddämmstoffen Ge- lich sein sollten. ken dar. Danach ergeben sich in der Regel
samtwandstärken von über 500 mm ergeben. • punktuelle mechanische Befestigung: Die Schichtstärken von Standarddämmstoffen
Demgegenüber erzielen Vakuumisolationspa- vlies- oder plattenartigen Dämmstoffe wer- (Wärmeleitfähigkeit λ = 0,04 W / mK) von 12 bis
neele (VIP) ähnliche Leistungen mit nur 190 mm den genagelt, geschraubt, gedübelt oder 16 cm. Geht man davon aus, dass bei einer
(Abb. B 5.18). Ihre Anwendung hat bei dem in punktuell geklebt. Insbesondere durchdrin- energetischen Sanierung Gerüstbau- und Ar-
Abb. B 5.19 gezeigten Wohnhaus das Rauman- gende Metallteile, z. B. Befestigungen einer beitsaufwendungen den Großteil der entste-
gebot bei gleichbleibendem Bauvolumen um Vorsatzschale, wirken sich hier negativ aus. henden Kosten ausmachen, sollte auch hier
etwa 5 % erhöht. Auch im Altbaubestand kann Anhang D der DIN EN ISO 6946 regelt die eine Lösung mit Neubaustandard in Betracht
der Einsatz von VIP sinnvoll sein, z. B. um bei genaue Berechnung des dadurch entstehen- gezogen werden.
der Dämmung der Bodenplatte eine nutzbare den Wärmeverlusts.
Raumhöhe von Kellerräumen zu erhalten. • flächige mechanische Befestigung: Die vlies- Wärmeschutzgläser
oder plattenartigen Dämmstoffe werden voll- Mit dem Einsatz lichtdurchlässiger Bauteile ver-
Befestigung flächig und kraftschlüssig mit dem Unter- bindet sich der Wunsch nach Tageslichtnut-
Die notwendige Befestigung trägt zur Wärme- grund verbunden, z. B. durch Klebemörtel zung, Energieeintrag in das Gebäude und Au-
leitung bei und stellt somit eine konstruktive oder Bitumen. ßenraumbezug. Daher sind lichtdurchlässige
Wärmebrücke dar. Produktformabhängig las- Bauteile überwiegend transparent und aus Glas
sen sich drei Befestigungsarten unterscheiden Amortisation oder Kunststoff, seltener transluzent.
(Abb. B 5.16): Selbst sehr energieaufwendige Dämmstoffe Die Glasindustrie hat ihre Produkte in den letz-
wie Schaumglas amortisieren sich innerhalb ten Jahrzehnten enorm verbessert. Seit den
• keine mechanische Befestigung: Die losen weniger Jahre, biologische Dämmstoffe wie 1970er-Jahren haben sich die U-Werte verfüg-
Dämmstoffe werden geschüttet, gestopft Stroh oder auch mineralische Faserdämmstoffe barer Isoliergläser von etwa 3,6 W / m2K um den
oder eingeblasen. Sie benötigen eine feste meist nach weniger als zwölf Monaten. Ausge- Faktor zehn verbessert.
Auflage oder ein zu beiden Seiten abge- hend von dieser Amortisationsrechnung wer- Rechnet man die solaren Gewinne von Glasflä-
schlossenes Volumen. Diese Verlegeart ver- den Forderungen von Dämmstärken bis zu chen mit ein, so verfügen Wärmeschutzisolier-
meidet konstruktive Wärmebrücken, kann 500 mm für Deutschland erhoben (Abb. B 5.17). gläser bei energiebewusstem Einsatz über
aber, z. B. durch Stauchung der Dämm- Zur wirtschaftlichen Amortisation stellt der nach gleichwertige oder sogar bessere Dämmqua-
schalltechnische Eigenschaften sk keine Anforderungen an schalltechnische Eigenschaften alle Anwendungen ohne schalltechnische Anforderungen
sg Trittschalldämmung, geringe Zusammendrückbarkeit schwimmender Estrich, Haustrennwände
sm mittlere Zusammendrückbarkeit schwimmender Estrich, Haustrennwände
sh Trittschalldämmung, erhöhte Zusammendrückbarkeit schwimmender Estrich, Haustrennwände
152
Material
Decke, Dach DAD Außendämmung von Dach oder Decke, vor Bewitterung geschützt, Dämmung unter Deckungen
DAA Außendämmung von Dach oder Decke, vor Bewitterung geschützt, Dämmung unter Abdichtungen
DUK Außendämmung des Daches, der Bewitterung ausgesetzt (Umkehrdach)
DZ Zwischensparrendämmung, zweischaliges Dach, nicht begehbare aber zugängliche oberste Geschossdecken
DI Innendämmung der Decke (unterseitig) oder des Daches, Dämmung unter Sparren / Tragkonstruktion, abgehängte Decke usw.
DEO Innendämmung der Decke oder Bodenplatte (oberseitig) unter Estrich ohne Schallschutzanforderungen
DES Innendämmung der Decke oder Bodenplatte (oberseitig) unter Estrich mit Schallschutzanforderungen
Perimeter PW außen liegende Wärmedämmung von Wänden gegen Erdreich (außerhalb der Abdichtung)
PB außen liegende Wärmedämmung unter Bodenplatte gegen Erdreich (außerhalb der Abdichtung)
B 5.22
153
Material
konvektiver Wärmedurchlass-
koeffizient h [W/m2K]
außen Lichtdurchlässigkeit innen 5 ˙ Minimumpositionen Glasrandlänge
12 3 21 Luft
a b [mm] [W / mK] [W / m2K]
Argon
4 1,0 m 2,0 m
Krypton
Xenon Aluminium frei 0,5 0,115 0,999 0,883
Transmission
Stahl 0,5 0,112 0,991 0,879
3
Edelstahl 0,5 0,105 0,973 0,867
g-Wert Edelstahl 0,2 0,2 0,096 0,950 0,853
Reflexion
2 Kunststoff frei 1,0 0,068 0,877 0,808
Abstrahlung ˙ Aluminium PU10 0,5 0,056 0,846 0,789
+ Konvektion Edelstahl 0,2 PU10 0,2 0,049 0,827 0,778
˙
1 ˙ ˙ Aluminium PU30 0,5 0,035 0,791 0,756
Abstrahlung
+ Konvektion 90 % Edelstahl 0,2 PU30 0,2 0,031 0,781 0,749
Emissivität Kunststoff PU30 1,0 0,024 0,762 0,738
1 Glasscheibe 2a Low-E-Besch. Wärmeschutz 0 5 10 15 20 25 Der Wärmebrückenkoeffizient (WBK) wird auf die Glas-
3 Gaszwischenraum 2b Low-E-Besch. Sonnenschutz Abstand Glasscheiben ds [mm] verbandlänge der Wärmebrücke bezogen.
B 5.23 B 5.24 B 5.25
B 5.23 schematische Darstellung des Strahlungsdurch-
gangs durch eine Verglasung nahekommen. Die im Verhältnis zu anderen gabe Ra nach DIN EN 410 angegeben. Bei der
B 5.24 Wärmedurchlasskoeffizienten verschiedener Verglasungen erhöhte Wärmeabstrahlung der prozentualen Größe bedeuten Werte > 90 %
Füllgase von Scheibenzwischenräumen Oberfläche ergibt so einen höheren Wohn- eine sehr gute, Werte > 80 % eine gute Farb-
B 5.25 verfügbare Randverbundsysteme sowie ihre komfort. wiedergabe. Allerdings kann es auch bei Wer-
Auswirkungen auf den U-Wert einer Verglasung
ten über 90 % aufgrund der erhöhten Lichtbre-
B 5.26 Ug-Wert in Abhängigkeit vom g-Wert einer Ver-
glasung Optimierung des Strahlungsdurchgangs chung an Kanten des Glases zu Farbverfäl-
B 5.27 Verglasung mit pyrogener Kieselsäurefüllung, Transparenz ist, wie auch bei einigen Kunststof- schungen kommen. Bei Sondernutzungen wie
Bürogebäude, München (D) 1994, Herzog + fen, die herausragende Eigenschaft von Glas. etwa tagesbelichteten Museen sollte die Farb-
Partner Wie alle Materialien absorbiert es Strahlung. wiedergabe über 97 % liegen (Abb. B 5.28).
B 5.28 Kennwerte des Lichtdurchlasses verschiedener
Verglasungen
Diese Absorption findet jedoch im für den Men- Der Gesamtenergiedurchlassgrad g bezeich-
B 5.29 Darstellung des dynamischen U-Werts verschie- schen nicht sichtbaren Bereich statt. Die drei net die Summe aus direkter Transmission, so-
dener Verglasungen nach Ausrichtung Koeffizienten Absorption (A), Reflexion (R) und larer Strahlung und Wärmeabgabe ins Innere
B 5.30 Kennwerte ausgewählter transparenter Bauteile Transmission (T) treten in einen materialspe- durch Strahlung und Konvektion. Einfaches
zifischen Zusammenhang und ergeben in der Floatglas verfügt über einen Transmissions-
Summe 100 %. Wichtige Kennwerte sind in die- grad von ca. 90 % und hat einen g-Wert von
U-Wert [ W/m2 K] sem Zusammenhang (Abb. B 5.23): 85 bis 87 % (Abb. B 5.30). Steigt die Anzahl
0 1 2 3 4 5 6
der Scheiben, reduziert sich der g-Wert ent-
1-fach Verglasung
(Floatglas) • Transmissionsgrad τ sprechend. Dreifach-Isoliergläser verfügen so
U-Wert
2-fach Verglasung • Gesamtenergiedurchlassgrad g nur über Energiedurchlassgrade von 40 bis
(Luft)
2-fach Verglasung • Emissivität ε 50 %. Gleichzeitig sinkt jedoch der Ug-Wert
(Luft /IR) Tages- (Abb. B 5.26).
licht-
2-fach Verglasung trans- Bei der Absorption wird die Strahlung in Wärme Neben dem Energieeintrag von außen findet
(Argon / IR) mission
2-fach Verglasung g-Wert umgewandelt und in der Materialstruktur wei- an der Verglasung auch ein Energiefluss in
(Krypton / IR) tergeleitet. Die Materialoberfläche gibt sie dann umgekehrter Richtung statt. Der Teil der phy-
3-fach Verglasung
(Krypton / IR) wieder als langwellige Strahlung ab. Bei der sikalischen Transmission, der sich im Spek-
90 80 70 60 50 40 30
TL bzw. g-Wert[ %]
Reflexion wird die Strahlung an der Oberfläche tralbereich der Infrarotstrahlung (Wärme) be-
zurückgeworfen. Je flacher dabei der Einfalls- wegt, wird in Form der Emissivität ε gemessen.
B 5.26
winkel der Strahlung, desto höher ist der reflek- Sie beschreibt das Verhältnis der den Körper
tierte Anteil – bei Glas meist ab etwa 60 ° signi- durchdringenden thermischen Strahlung zur
fikant. auftreffenden Wärmestrahlung. Bei einfachen
Ein Großteil der Strahlung durchquert das Mate- Floatglasscheiben liegt die Emissivität bei 89 %.
rial ohne physikalische Veränderung. Dieser Metallische Glasbeschichtungen aus Silber oder
Prozess entspricht der Transmission (T), die mit Titan reduzieren die Emissivität einer Vergla-
dem Transmissionsgrad τ angegeben wird; sie sung. Als Bedampfungen hauchdünn aufge-
lässt das Glas besonders transparent wirken. bracht, werfen sie einen Großteil der aus dem
Im Gegensatz zum Verständnis der Wärmelehre Gebäudeinneren abgestrahlten Infrarotstrah-
bezeichnet der Transmissionsgrad hier also die lung wieder ins Innere zurück. Diese selektiven
Strahlungsdurchlässigkeit und nicht den Ener- und gerichteten Schichten haben nur einen
gieübergang mittels Wärmeleitung. geringen Einfluss auf den g-Wert, sie verringern
Bei Sondergläsern (z. B. für Solarmodule) kann jedoch die Emissivität deutlich, je nach Produkt
der Transmissionsgrad bis zu 98 % betragen. bis auf 2 %. Silberbeschichtete Wärmeschutz-
Auch bei Fensterglas wird versucht, Absorption gläser werden daher auch als Low-E-Gläser
und Reflexion gering zu halten und die Trans- (Low-Emissivity = niedrige Emissivität) bezeich-
mission zu erhöhen. Hier spielen jedoch weitere net und stellen den heutigen Stand der Technik
Faktoren wie die Farbwiedergabe eine zusätz- dar. Sie können praktisch farbneutral herge-
liche Rolle. Glas ist nicht in jedem Spektralbe- stellt werden. Eine Low-E-Beschichtung redu-
reich gleich transparent. Natürlicher Lichteinfall ziert den U-Wert einer Zweifachverglasung von
und - farbe bedingen jedoch Raumwirkung und 3,0 auf etwa 1,6 W / m2K. Da die Lage der Be-
Behaglichkeit. Daher wird für Gläser neben der schichtung die Wirkung der Isolierverglasungen
Tageslichttransmission TL auch die Farbwieder- beeinflusst, sollte bei ihrem Einbau auf die Aus-
B 5.27
154
Material
155
Material
156
Material
Ueq = Ug - (g · S)
Ag · Ug + U · Ψ + Af · Uf
Uw = Ug U-Wert der Verglasung [W / m2K]
bei UScheibenmitte [W / m2K]
Ag + Af g g-Wert der Verglasung [-]
1,3 0,9 0,4
S Strahlungsgewinne in Abhängigkeit von der
Orientierung: Maße Material Uw-Wert inkl.
Uw Gesamtwärmedurchgangskoeffizient der Verglasung Abstandhalter Randverbund
[W / m2K] Süd 2,4 W / m2K
2 Ost / West 1,8 W / m2K 0,6 ≈ 0,6 m Aluminium 1,61 1,27 0,76
Ag Fläche der Verglasung [m ] thermisch getrennt 1,48 1,12 0,58
Nord 1,2 W / m2K
2
Ug U-Wert der Verglasung [W / m K] 1,0 ≈ 1,0 m Aluminium 1,56 1,21 0,70
U Umfang der Glasfläche [m] Ueq = Ug - (g · S · Fh· Fo · Ff) thermisch getrennt 1,45 1,08 0,55
Ψ linearer Wärmedurchlasskoeffizient des Randverbun- 2,0 ≈ 2,0 m Aluminium 1,46 1,09 0,58
des [W / mK] Fh Teilbeschattungsbeiwert Horizontwinkel thermisch getrennt 1,39 1,01 0,49
Af Fläche des Rahmens [m2] Fo Teilbeschattungsbeiwert Überhangwinkel 3,0 ≈ 3,0 m Aluminium 1,41 1,03 0,53
thermisch getrennt 1,36 0,98 0,46
Uf U-Wert des Rahmens [W / m2K] Fs Teilbeschattungsbeiwert Seitenwinkel
B 5.34 B 5.35 B 5.36
soren verhindert. Als einfache Konstruktion er- temen auch Sonnenschutzgläser zur Verfügung etwa 1 mm starken Polymerfolie, die durch An-
höhen mattierte Gläser die diffuse Abstrahlung (siehe Gebäudehülle, S. 98, Abb. B 3.61). legen einer elektrischen Spannung den Ge-
des Lichts im Raum. Kammerstrukturen, wie sie Einfache Konstruktionen nutzen Emaillierung samtenergiedurchlass des Glases reguliert.
bei transparenter Wärmedämmung verwendet oder Bedruckung der Glasflächen zur Verrin- Das Glas wechselt dabei zwischen transparen-
werden, erzeugen einen ähnlichen Effekt. gerung des Energieeintrags. Reflektierende tem und tiefblauem Zustand. Durch die Schicht
Eine gezielte Lichtlenkung kann die Ausleuch- Beschichtungen der äußeren Scheibe können ist eine Reduzierung des Energiedurchlasses
tung des Raums ebensfalls verbessern. Pris- ebenso zum Sonnenschutz eines Gebäudes auf maximal 20 % erzielbar. Elektrochrome Glä-
menplatten aus Acryl innerhalb des Scheiben- beitragen. Damit geht jedoch die transparente ser eignen sich daher als Sonnen- und Blend-
zwischenraums nutzen die materialbedingt hö- Wirkung der Verglasung verloren (Abb. B 5.38). schutz (Abb. B 5.39).
here Winkelselektivität. Die direkte Einstrahlung Selektive Beschichtungen, z. B. nach außen Ähnlich verhalten sich Schichten aus mikrover-
reflektiert in Abhängigkeit vom Einstrahlungs- wirkende Low-E-Beschichtungen, ermöglichen kapselten Flüssigkristallen (Liquid Crystal, LC).
winkel entweder nach außen oder an die Raum- die Eingrenzung des Energieeintrags ohne Ver- Sie variieren die Transmission zwischen 76 %
decke; die diffuse Strahlung kann jedoch unge- lust der Transparenz. Wie aus Abb. B 5.28 her- im transparenten und 48 % im diffus streuen-
hindert passieren. Für eine bessere Sichtbezie- vorgeht, ist jedoch gerade bei der Verwendung den Zustand, in dem sie milchig wirken.
hung nach außen bei gleichzeitig reduziertem von Sonnenschutzbeschichtungen die Farbwie- Gasochrome Verglasungen verfärben sich
Blendschutz sorgt die Verkleinerung der Pris- dergabe der Gläser zu prüfen. durch Einlagerung von katalytisch erzeugtem
men. Sie sind als »Laser Cut Panels« (LCP) auf Wasserstoff blau und entfärben sich, wenn Luft
dem Markt erhältlich und müssen spezifisch für Adaptive Verglasungen zugeführt wird. Die Lichttransmissionswerte dif-
den Einsatzort und den Einstrahlungswinkel Gläser mit veränderbaren Eigenschaften er- ferieren dabei zwischen 15 und 60 %. Für de-
hergestellt werden. schließen neue Anwendungsbereiche. Die ren Steuerung ist pro 10 m2 Fläche ein regulie-
Optische Linsen lenken Licht gezielt in die Tie- wichtigsten Produkte sind: rendes Gasversorgungsgerät notwendig.
fe des Raums. Da solche Bauteile teuer und – Ohne Steuerung kommen photo- und thermo-
soweit beweglich – wartungsanfällig sind, kön- • elektrochrome Gläser trope Gläser aus. Die Veränderung phototroper
nen an ihrer Stelle »holografisch-optische Ele- • Flüssigkristallgläser Gläser basiert auf Metallionen (z. B. Silber-
mente« (HOE) eingesetzt werden, die sich ne- • gasochrome Gläser ionen), die Regulation findet in Abhängigkeit
ben der Lichtlenkung auch für den Einsatz als • photo- oder thermotrope Gläser von der UV-Strahlung statt. Thermotrope Gläser
Sonnenschutz oder oder zur Lichtkonzentration basieren auf einer Zweistoffschicht, die sich
für PV-Module eignen (Abb. B 5.37; siehe auch Selbstständig oder durch Steuerung reagieren ab einer bestimmten Temperatur entmischt.
Gebäudehülle, S. 104). die so beschichteten Verglasungen auf Umwelt- Das Glas streut dann diffus die einfallende
einflüsse und wechseln vom licht- und strah- Lichtstrahlung und erscheint transluzent.
Sonnenschutzgläser lungsdurchlässigen in einen lichtstreuenden,
Um den Energieeintrag über die Glasflächen verdunkelnden oder reflektierenden Zustand. Regulierung des Wärmeflusses
zu reduzieren, stehen neben Sonnenschutzsys- Elektrochrome Schichten bestehen aus einer Überwärmungseffekte entstehen entweder
157
Material
Wärmestrom [W m 2]
Oberfläche Wärmeabsorptionsgrad 12 1 Dämmung
1
[%]
i a
Aluminium, poliert 0,20 10
2
Asphalt 0,93
Blätter, grün 0,71 − 0,79 8 3 2 Putz, Dämmung
Dachpappe, schwarz 0,82 4 Mauerwerk, Putz
Eisen, verzinkt 0,38 i a
Eisen, rau 0,75 6
Gold, poliert 0,29
3 Putz, Mauerwerk
Kupfer, poliert 0,18 4 Dämmung, Luftraum
Kupfer, oxidiert 0,70 i a
Mauerwerk, Putz
Marmor, weiß 0,46
Schiefer 0,88 2
Schnee, sauber 0,20 − 0,35 4 Putz, Hochlochziegel, Putz
Silber, poliert 0,13 0
i a
Ziegel, rot 0,75
Zink, weiß 0,22
-2
4 8 12 16 20 24
Tageszeit [h]
B 5.40 B 5.41
infolge von hohem Energieeintrag durch Trans- Die darüber erzielbare Energieeinsparung kann gang von Baustoffen (fest zu flüssig bzw. flüs-
mission und Lüftung oder durch hohe innere in mitteleuropäischen Breiten bis zu 8 % des sig zu gasförmig) in chemische Energie umge-
Wärmelasten. Grundsätzlich wird der sommer- Heizenergiebedarfs betragen. Ist ein Energie- wandelt. Das Material verändert dabei seine
liche Wärmeschutz durch DIN 4108-2 raumwei- eintrag nicht gewünscht, sind die Oberflächen innere Struktur. Die so erzeugte erhöhte Spei-
se geregelt (siehe Gebäudehülle, S. 95). möglichst hell zu gestalten, wie z. B. im Mittel- cherfähigkeit steht allerdings nur am Phasen-
Materialien bieten über die drei physikalischen meerraum üblich. übergang und damit in einem begrenzten Tem-
Prozesse Absorption, Wärmespeicherfähigkeit peraturspektrum zur Verfügung. Paraffin, ein
und Phasenverschiebung die Möglichkeit, den Wärmespeicherfähigkeit langkettiger Kohlenstoff, ist der Grundstoff für
Wärmefluss zu regulieren. Sie können so zur Je geringer die Speichermasse eines Gebäu- die meisten im Bauwesen verwendeten Latent-
Glättung der Temperaturamplitude beitragen, des ist, desto eher stellt sich ein »Baracken- speichermaterialien (Abb. B 5.42). Er verhin-
was eine erhöhte thermische Behaglichkeit im klima« ein – ein Innenraumklima mit hohen dert insbesondere sommerliche Überhitzung,
Innenraum bedeutet (Abb. B 5.41). Temperatur- und Feuchteschwankungen, das kann aber bei spezifischer Einstellung der Tem-
Je nach Nutzungstypus kann es jedoch auch oft als unbehaglich empfunden wird. Materia- peratur des Phasenübergangs auch das kurz-
sinnvoll sein, Speichermassen zu reduzieren. lien mit hoher Wärmespeicherfähigkeit ermög- zeitige Auskühlen eines Gebäudes vermeiden.
Die entsprechende Leistung ist dann mit tech- lichen, Überwärmungseffekte zeitweise abzu- PCM kann als eigenes Volumen in ein Gebäu-
nischen Systemen bereitzustellen. Diese Strate- puffern. Die Wärmespeicherfähigkeit hängt von de eingebracht werden. Meist wird es jedoch
gie kann etwa bei Versammlungsräumen mit der spezifischen Wärmekapazität und der Roh- mikroverkapselt als Zuschlag anderer Bau-
hohen und schnell auftretenden internen Las- dichte des Bauteils ab. Nach DIN V 4108-6 stoffe verwendet, z. B. von Gips- oder Holz-
ten sinnvoll sein. kann die wirksame Wärmespeicherfähigkeit faserplatten.
berechnet werden (Abb. B 5.46).
Absorption und Reflexion Schwere Materialien wie Naturstein oder Beton Phasenverschiebung
Über Absorption nimmt das Material Wärme- besitzen aufgrund ihrer hohen Rohdichte gute Gespeicherte Wärme wird nach einer gewis-
energie auf; der Rest wird in den Raum reflek- Speichereigenschaften, aber auch Holz bietet sen Zeit vom Material weitgehend in Form von
tiert. Je dunkler die Farbe des Materials, desto sich zur Speicherung von Wärme an. Organi- Strahlungswärme emittiert. Als Bestandteil der
stärker absorbiert und emittiert es Strahlungs- sche Materialien verfügen über eine höhere gefühlten Temperatur ermöglicht dies u. U. eine
wärme. Je nach Farbwahl verändern sich so spezifische Wärmekapazität als massive mine- Senkung der Raumlufttemperatur.
die Geschwindigkeiten der Energieaufnahme ralische Baustoffe, d. h. sie können in der Der Zeitraum zwischen Energieabsorption und
und -abgabe. Auf einen definierten Zeitraum Regel pro Kilogramm Gewicht mehr Wärme- -emission wird als Phasenverschiebung be-
bezogen steigt hierdurch die aufnehmbare energie aufnehmen. (Abb. B 5.49). zeichnet. Insbesondere dort, wo die Energie-
Wärmemenge, die im Baustoff gebunden wer- Weitgehend unabhängig von der Masse kann bilanz vor allem durch äußere Einflüsse (z. B.
den kann. So lassen sich Oberflächen über eine erhöhte Speicherfähigkeit durch Integrati- im Wohnungsbau) bestimmt wird, lässt sich die
ihren Absorptionsgrad und damit auch ihre Far- on von »Phase Change Material« (PCM) erzielt Phasenverschiebung durch das Material gut
bigkeit energetisch optimieren (Abb. B 5.40). werden. In PCM wird Wärme am Phasenüber- nutzen. Bauteile wie massive Wände oder De-
B 5.40 Wärmeabsorptionsgrade verschiedener Ober-
flächen
B 5.41 Wärmestrom durch verschiedene Wandaufbau-
ten
B 5.42 PCM-Fassade, Altenwohnanlage, Domat / Ems
(CH) 2004, Dietrich Schwarz
B 5.43 Lehmspeicherwand, Informationszentrum, Wan-
gelin (D) 2002, Günter zur Nieden
B 5.44 Feuchteabsorption verschiedener Wandbe-
schichtungen bei einem Feuchtesprung von
50 % auf 80 %
B 5.45 Wasserdampfadsorptionspotenzial unterschied-
licher Lehmputze in Abhängigkeit ihrer Schicht-
dicke
B 5.46 Berechnung der wirksamen Wärmespeicherfä-
higkeit nach DIN V 4108-6
B 5.47 »ökologische Rucksäcke« (durch Material
erzeugte Stoffströme) verschiedener Materialien
B 5.48 Berechnung der Temperaturleitzahl
B 5.49 technischer Vergleich speichernder Baustoffe
B 5.42 B 5.43
158
Material
Wasserdampfadsorption [g / m2]
70 60
Lehmputz 25mm Cwirk = Σ (ci · ρi · di · Ai)
60
50 50
Cwirk wirksame Speicherfähigkeit
40
c spez. Wärmespeicherkapazität [J / kgK]
40
30 Lehmputz 15mm
ρ Rohdichte [kg / m3]
20 d Schichtdicke [m]
30
10 A Fläche des Bauteils zum Raum [m2]
0 Lehmputz 5mm
2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 22 24 20
i beinhaltet alle Schichten mit der Schichtdicke d bis zu
Zeit [h] 10 cm Gesamtdicke über die Fläche A, die nicht durch
stark sorbierender Lehmputz,
Putz auf Lehmbauplatte (20 mm) 10 eine Dämmschicht (¬ < 0,1 W / mK und R ≥ 0,25 m2K / W)
Mittelwert aus 7 unter- Kalziumsilikat-Platte Lehmputz 2mm vom Raum getrennt sind.
suchten Lehmputzen Kalkputz Von beiden Seiten aktivierte Bauteile werden zur Hälfte
gering sorbierender Maschinengipsputz 0 angerechnet.
Lehmputz (3 mm) gipsgebundener 2 4 6 8 10 12
Kalkzementputz Haftputz Zeit [h]
B 5.44 B 5.45 B 5.46
cken leisten die Aufnahme und zeitversetzte Stunden bis zum Erreichen der Gleichgewichts- 1:0,65
Abgabe solarer Energie an den Raum und er- feuchte, eine Schicht von 15 mm kann hinge-
möglichen das Konzept der Nachtauskühlung gen über 12 Stunden regulierend wirken (Abb. 10Mrd. t
Sand und Kies 1: 1,2 1: 6
(Abb. B 5.43). B 5.45).
1 : 0,1 1: 11
Die Phasenverschiebung ist besonders hoch, Natur- Stein-
Erdöl
steine kohle
wenn ein Material über eine hohe wirksame Gebundene Energie
Speicherfähigkeit bei gleichzeitig geringer Wär- 1000Mio. t 1: 2 Braun-
meleitung verfügt. Eine geringe Temperatur- Um den Gebäudebetrieb vor zu hohem Ener- Zement kohle
1: 14
leitzahl zeigt dabei eine hohe Phasenverschie- gieverbrauch zu schützen oder den Wärme- 1:0,3 Eisen 1: 10
bung des Materials an (Abb. B 5.48). Dämm- fluss zu regulieren, bedarf es Materie. Sie wird, Phosphat Tonsteine,
und Speicherwirkung in einem Material schlie- unter Verwendung von Energie, in einen Bau- 1: 34 Steinsalz
Lehme 100 Mio. t
ßen sich jedoch weitgehend aus. Eine Ausnah- stoff oder ein Bauteil umgewandelt. Die Bau- Gips
Bauxit 1:0,9
me bilden Holzfaserdämmplatten. Diese bieten stoffherstellung und der Bau binden einen er- Schwefel
sich entsprechend für die Dämmung zwischen heblichen Anteil am Gesamtenergiebedarf Manganerz
Kalisalze Kaolin
temperierten und energiegewinnenden Gebäu- eines Gebäudes (siehe Strategien, S. 187, Abb.
10Mio. t 1 : 420 Magnesit
dezonen z. B. Atrien oder Wintergärten an. Des B 6.29). Auch wenn das Bauwesen in der Regel Kupfer
Chromit Talk, Pyrophyllit
Weiteren können sie in Bereichen mit geringen langlebige Produkte erzeugt, bleibt es dennoch Zink
Bentonit Baryt
Produktion [t] im Jahr 1983
vorhandenen Speichermassen eingesetzt wer- der mit Abstand größte Ressourcenverbrau- Asbest Fluorit
Feldspat
Titandioxid
den, wie z. B. in ausgebauten Dachgeschossen. cher. In diesem Zusammenhang drängen sich Blei 1: 19
Fragen nach einer geeigneten Materialwahl 1Mio. t
Sorptionsfähigkeit unter Gesichtspunkten des Energieverbrauchs
Je nach Material wird nicht nur der Wärmestrom und der Umweltwirkungen auf. Damit verbun- Rohstoffe
1 :7500
beeinflusst, sondern auch der Feuchtehaushalt den sein sollte eine deutliche Verringerung der Silber Rucksäcke
Gold
reguliert. Da die Luftfeuchte Auswirkungen auf Materialmengen und damit der Massenströme Platin 1 : 350 000
die gefühlte Raumtemperatur des Menschen für das Bauen. B 5.47
hat – im Behaglichkeitsbereich erhöht sich mit
je 10 % höherer Luftfeuchte die gefühlte Raum- Entropie
temperatur um 0,3 °C –, spielt die Sorption auch Die Entropie stellt die Schnittstelle zwischen
energetisch eine Rolle. Ihr Hauptnutzen liegt Ressourcen- und Energieverbrauch dar. Sie a = λ/ρ⋅c
jedoch in der höheren Behaglichkeit. entsteht, wenn sich Rohstoffkomponenten und
Jeder Baustoff verfügt über eine eigene Gleich- Stoffströme während der Produktionsprozesse a Temperaturleitzahl
gewichtsfeuchte, die in Abhängigkeit von Tem- vermengen und nur mit hohem Energieaufwand λ Wärmeleitfähigkeit [W / mK]
peratur und Luftfeuchte üblicherweise über wieder voneinander getrennt werden können ρ Rohdichte [kg]
Sorptionsisothermen dargestellt wird. Die Sorp- (siehe Grundlagen, S. 43). c spez. Wärmespeicherkapazität [J / kgK]
tion von Wasserdampf aus der Luft ist bei ei- Ziel ist daher, wenige Stoffströme zu generie-
B 5.48
nem Baustoff besonders ausgeprägt, wenn die- ren und sie im Sinne einer geringen Entropie
ser eine große innere Oberfläche, d. h. einen möglichst wenig miteinander zu vermischen.
hohen Anteil von sehr feinen Poren aufweist Zur Herstellung von Aluminium beispielsweise,
(Abb.B 5.44). einer der energiereichsten Baustoffe, ist neben
Der Prozess der Adsorption kann bei Lehm, einem hohen Energie- auch ein hoher Wasser- Werkstoff Roh- Wärme-
Holz oder Gips fließend in Kapillarprozesse verbrauch zur Aufbereitung und Anreicherung dichte ρ kapazität c
3
[kg / m ] [kJ / kgK]
übergehen, die auch tiefere Baustoffschichten des Bauxits notwendig. Das Abwasser enthält
zur Sorption aktivieren (Abb. B 5.44). Die Aus- wiederum stark toxische Schwermetalle. Ande- Naturstein 2700 1,0
rerseits verfügt Aluminium über eine hohe Dau- Beton 2300 1,0
wahl sorptiver Materialien sollte klimatische
Holzbeton 1100 1,2
(z. B. typische Klimaumschwünge) und nut- erhaftigkeit und lässt sich gut recyceln. Konstruktionsholz 500 1,6
zungsbedingte Faktoren (z. B. ein stoßartiger Innerhalb der Produktion gibt es verschiedene PCM – mikroverkapselter Wachs ca. 6001 2,12
Feuchteeintrag durch große Menschenmengen) Möglichkeiten, die Entropie zu verringern: Wasser, flüssig 1000 4,2
berücksichtigen. So benötigt eine Lehmputz- 1
Schüttdichte (Rohdichte ca. 1000 kg / m3)
schicht von 2 mm bei einer Erhöhung der relati- • lokale Gewinnung oder Verarbeitung 2
zzgl. Schmelzenthalpie 110 kJ / kg in einem Temperatur-
ven Luftfeuchte von 50 auf 80 % nur etwa zwei • Wiederverwertung von Altmaterial oder Her- bereich von 3 – 4 °C
B 5.49
159
Material
Werkstoffauswahl
Lebensdauer maximieren
Werkstoffmenge minimieren
Werkstoffe mit günstiger Ökobilanz
homogen, unbehandelt
Stoffflüsse minimieren
Konstruktive Gestaltung
Werkstoffdeklarationen
Differenzierung nach Lebensdauer
B 5.50 Themenfelder der lebenszyklusgerechten Pla- Standardmaße
nung zur Reduktion der grauen Energie Integration von Revisionsmöglichkeiten Weiterverwendbarkeit
B 5.51 Primärenergieinhalt verschiedener Transport- ermöglichen
arten
B 5.52 Primärenergieinhalt von Konstruktionswerk- Ausführung
stoffen in Abhängigkeit von verschiedenen Last- reversible Verbindungen
fällen konstruktive Fugen Rückbaumöglichkeit
B 5.53 energetische Kennwerte typischer im Bauwesen Vorfabrikation maximieren
verwendeter Materialien
B 5.50
stellungsabfällen gieverbrauch über die gesamte Lebensdauer gieinhalt liefert der Produkttransport (Abb.
• klare Trennung von Prozessketten, etwa des Gebäudes steigt jedoch erheblich. Bei B 5.51).
durch Produktion von recycelbaren, sorten- einem Passivhaus bleibt in den Materialien,
reinen Nebenprodukten über 50 Jahre betrachtet, bis zu 50 % des ge- Funktionsäquivalent
• minimierte Verpackung samten Energieverbrauchs gebunden (siehe Hinsichtlich des Primärenergieinhalts muss
• kurze Transportwege Strategien, S. 187, Abb. B 6.29). Der Effizienz- stets beachtet werden, dass Baustoffe unter-
steigerung im Gebäudebetrieb muss daher schiedliche Leistungsfähigkeiten besitzen.
Auch die Art des Materialeinsatzes bzw. der immer eine Effizienzsteigerung im Materialein- Polytetrafluorethylen (PTFE), auch Teflon ge-
Baukonstruktion beeinflusst die Entropie. Bei satz folgen (Abb. B 5.50). nannt, ist einer der energieaufwendigsten
heutigen Wärmedämmverbundsystemen ist Kunststoffe. Er wird wegen seiner Oberflächen-
häufig die dämmende Schicht mit dem Unter- Primärenergieinhalt von Baustoffen beschaffenheit als Dichtstoff und Beschich-
grund verklebt und wird durch eine ebenso Der Primärenergieinhalt (PEI) weist die graue tung, etwa alternativ für eine deutlich energie-
vollflächige, kraftschlüssige Oberflächenbe- Energie eines Baustoffs aus (siehe Grundlagen, ärmere Bitumenbahn, genutzt. Der hohe Ener-
schichtung geschützt. Die sortenreine Tren- S. 50). Diese Kenngröße, die für verschiedene gieeinsatz relativiert sich jedoch aufgrund der
nung der einzelnen Materialschichten ist da- Bezugsgrößen angegeben wird (typischerwei- geringeren Materialstärke, die im Verhältnis zu
durch nicht mehr möglich. se in kg oder m3), unterscheidet zwischen er- anderen Baustoffen erforderlich ist. Das Funk-
neuerbarem und nicht erneuerbarem Energiever- tionsäquivalent erleichtert die Vergleichbarkeit
Graue Energie brauch. Die Einheit ist Megajoule [MJ]; 100 MJ von Baustoffen, da es die Materialschichtdicke
Die innerhalb der Herstellung verwendete und entsprechen einem Heizwert von 2,8 l Öl und bei gleicher Leistungsfähigkeit angibt (siehe
damit im Material gebundene Energie bezeich- 3,6 MJ einer Kilowattstunde. Anhang, S. 262).
net man auch als »graue Energie«. Sie definiert Der für die Herstellung eines Baustoffs notwen- Ein besonders gutes Beispiel für die Betrach-
die Energiemenge, die für Herstellung, Trans- dige Energieverbrauch kann sich, auf das Ge- tung des Funktionsäquivalents bieten die typi-
port, Lagerung sowie Entsorgung eines Pro- wicht eines Materials bezogen, um mehr als schen Konstruktionswerkstoffe Holz, Beton,
dukts benötigt wird. den Faktor 2000 unterscheiden. Energieauf- Stahl und Aluminium. Sie werden dimensioniert
Absolut betrachtet, entspricht die im Gebäu- wendige Materialien sind z. B. Metalle, Glas nach den Kräften im Bauteil; die Aufnahme-
debestand in Deutschland gebundene graue oder Kunststoffe; als energiearm gelten bei- fähigkeit von Druck- oder Zugkräften sowie das
Energie – grob geschätzt – dem 20-fachen spielsweise Lehm oder Gips. E-Modul stellen somit die maßgebliche Dimen-
des für den Gebäudebetrieb notwendigen, Der Architekt kann auf Basis der Informationen sionierungsgrundlage dar (Abb. B 5.52).
jährlichen Energieeinsatzes. Mit fortschreiten- zum Primärenergieinhalt Baustoffalternativen
der energetischer Verbesserung der Gebäu- prüfen und bei gleicher Leistungsfähigkeit be- Environmental Product Declaration (EPD)
dehülle und -technik steigt die Menge der im vorzugt solche mit geringem Anteil an grauer Daten zum Primärenergieinhalt eines Produkts
Material vorhandenen grauen Energie nur ge- Energie einsetzen. Einen variablen und nicht zu werden künftig als Teil der Typ-III-Umweltde-
ring an. Ihr prozentualer Anteil am Gesamtener- unterschätzenden Beitrag zum Primärener- klarationen (Environmental Product Declaration,
Werkstoff PEI PEI / Druck PEI / Zug PEI / E-Modul
[MJ / m3] [J / kNm] [%] [J / kNm] [%] [J / kNm] [%]
Beton
C 35 / 40 Beton 1764 50 83 % 551 100 % 0,05 76 %
Stahlbeton (2 % Stahlanteil) 4098 60 100 % 551 100 % 0,07 100 %
Transportart PEI PEI Ziegel, Werksteine
nicht ern. ern. Kalksandstein 2030 169 280 % – – – –
[MJ / t km] [MJ / t km] Mauerziegel 1663 139 229 % – – – –
LKW, 22 t zul. GGW, Holz
14,5 t Nutzlast, Konstruktionsholz, Kiefer 609 72 118 % 87 16 % 0,06 80 %
85 % Auslastung 1,50 0,00031 Brettschichtholz 3578 358 592 % 421 76 % 0,33 469 %
Binnenschiff, ca. 1250 dwt, Metalle
ohne Strömung 0,47 0,001 Stahl (FE 360 B) 188 400 554 916 % 554 101 % 0,89 1281 %
Güterzug 0,40 0,053 wetterfester Stahl (WT St 27-2) 204 100 454 750 % 498 90 % 0,96 1388 %
Edelstahl (V2A) 411 840 824 1362 % 824 149 % 1,96 2827 %
Containerschiff,
Aluminium (EN AW-7022) 753 380 1838 3038 % 1838 333 % 10,76 15 513 %
ca. 27 500 dwt,
Hochsee 0,17 0,00004 Floatglas 35 000 50 83 % 1167 212 % 0,50 721 %
B 5.51 B 5.52
160
Material
161
Material
Primärenergieinhalt [MJ/m2EBFO ]
120 6000 2000
100
80 5000 10% Haustechnik 1600
60 20% Ausbau
4000
40
1200
20 14% Fassade
3000
0
Rohbau 800
-20
2000
-40 56%
-60 400
1000
-80
-100 0 0
Wand- / Decken-
Beschichtungen
Mosaik- 10-mm- Stab- Mehr- Massiv- Holz-
massive Wände
Haustechnik Außenwände
Abdichtungen
bekleidungen
bekleidungen
Bodenbeläge
parkett Massiv- parkett schicht- holz- pflaster
Putze / WDVS
Dämmungen
transparente
Außenwand-
Dachbeläge
Ausbau Decke
parkett parkett diele
Innenwände Stützen
Bauteile
Estriche
Holzwachstum Renovierung Dächer Untergeschoss
Produktion thermische Verwertung Fenster Aushub
Einbau Bilanzwert Glasfassaden
B 5.54 B 5.55 B 5.56
beigeführten Trocknungsprozess. So werden denbekleidung kann z. B. ohne die Berücksich- • Wand- und Deckenbekleidungen
Lagerzeiten reduziert und mikroökonomisch die tigung ihrer Befestigung und der notwendigen • Putze
Ressourcenproduktivitäten erhöht. Der dadurch Unterkonstruktion nicht entsprechend bewertet • Beschichtungen
erzeugte CO2-Ausstoß kann die positive Wir- werden. Im Gegensatz zur baustoffbezogenen
kung in der Gesamtbilanz aufheben (Abb. Betrachtung lassen sich bei der funktionalen Ohne Einschränkungen des ästhetischen Er-
B 5.54). Der energetische Wert nachwachsen- Betrachtung pro Quadratmeter »nur noch« Dif- scheinungsbildes bestehen Optimierungspo-
der Rohstoffe steigt durch rohstoffnahe Pro- ferenzen bis zu einem Faktor 100 ausmachen. tenziale, sobald der Materialbedarf reduziert
duktformen und wenige technische Bearbei- Grundsätzlich werden funktionale Schichten in wird. Auf den Einbauzustand bezogen, bilden
tungsschritte. zwei Gruppen unterteilt: nicht sichtbare Bautei- hier zumeist funktionale Bestandteile der Schicht
Das Problem der Verfügbarkeit und der Bewer- le, die aufgrund spezifischer Anforderungen in wie z. B. Befestigungsmittel die größten Opti-
tung der Rohstoffgewinnung bleibt jedoch be- das Gebäude eingebracht werden müssen, mierungschancen.
stehen und wird bei Holz, Holzwerkstoffen oder und sichtbare Bauteile, die neben den funktio- Beispielhaft lässt sich dies an Bodenbelägen
Zellulose besonders deutlich. Man geht davon nalen Anforderungen auch die Ästhetik und die veranschaulichen, bei denen der Verzicht auf
aus, dass diese nachwachsenden Rohstoffe wahrgenommene Wertigkeit des Objekts beein- eine Verklebung mit dem Untergrund entschei-
dauerhaft neu generiert werden können. In Be- flussen. Nicht sichtbare funktionale Schichten dende energetische Einsparungen bringt (Abb.
zug auf gemäßigte Klimata wie in Mitteleuropa sind durch eine vergleichende Primärenergie- B 5.60).
ist dieser Schluss richtig, weil humides Klima betrachtung optimierbar. Dazu gehören im
eine hohe Produktivität an Biomasse pro Fläche Bereich des Ausbaus: Bauteilgruppen
ermöglicht. Aber selbst bei nachwachsenden Die verschiedenen Bauteilgruppen eines Ge-
Rohstoffen ergibt sich eine maximale Produk- • Dämmungen bäudes binden unterschiedlich viel Primär-
tionsgeschwindigkeit, die das Marktangebot • massive Wände energie (Abb. B 5.56; siehe auch Anhang,
begrenzt. Sie ist besonders relevant bei gering • Estriche S. 262). Bei nahezu allen Bauten ist der Primär-
vorkommenden oder langsam wachsenden • Dachabdichtungen energieinhalt für die Tragkonstruktion am größ-
Bioressourcen, wie z. B. die stark ausgebeute- • Abdichtungen ten. Als weitere große Bauteilgruppen folgen
ten Vorkommen der Red Cedar in Nordamerika Fassaden und Innenausbau. Diese Aussage
belegen. Aber auch bei sichtbaren Bauteilen wie etwa lässt sich am »Forum Chriesbach« verdeutli-
Fassaden bestehen erschließbare Potenziale. chen (siehe Beispiel 15, S. 240 ff.): Hier bindet
Primärenergieinhalt von Bauteilen Solche Bauteile sind: der Rohbau 56 % der grauen Energie, 14 %
Baustoffe stehen immer in einem funktionalen werden für die Erstellung von Fassaden und
Zusammenhang. Sie werden gefügt und viel- • Außenwandbekleidungen 20 % für den Innenausbau benötigt (Abb.
fach kraftschlüssig verbunden. Dadurch bilden • transparente Bauteile B 5.55).
sich funktionale Schichten, die untereinander • Dachdeckungen Die Konstruktionsoptimierung wirkt sich beson-
eine Vergleichbarkeit ermöglichen. Eine Fassa- • Bodenbeläge ders positiv auf die Reduzierung der grauen
162
Material
Energie aus. Langlebige leichte Bauweisen Wert bezieht sich auf optimierte Planungs- und
sind in der Regel massiven vorzuziehen. Jedes Nutzungszusammenhänge.
zusätzliche Kilogramm eingesetzten Baustoffs
erhöht den Ressourcenbedarf, die damit ver- Sägezahnmodell
bundene Umweltbelastung sowie den Energie- Eine Darstellungsform für die Dauerhaftigkeit
verbrauch. von Baustoffen und Bauteilen bietet das so
genannte Sägezahnmodell, das die unter-
Primärenergieinhalt im Lebenszyklus schiedlichen Dauerhaftigkeiten von Bauteilen
Innerhalb des Lebenszyklus verändert sich die abbildet. Das Modell geht davon aus, dass
Gewichtung der Bauteile hinsichtlich des Ener- Bauteile jeweils bis zum Ende ihrer Dauerhaf-
gieaufwands, weil sie unterschiedlich lange im tigkeit verwendet und erst dann ausgetauscht
Gebäude verbleiben, also unterschiedliche werden. Der dazu notwendige Aufwand wird
Lebensdauern besitzen. Die notwendigen Aus- zusätzlich kumuliert (Abb. B 5.57 a). Erreichen
tauschprozesse ziehen während der Nutzungs- die Bauteile in ihrer Nutzung eine höhere Dau-
phase erneut energetische Aufwendungen erhaftigkeit und können so länger im Gebäude
nach sich. verbleiben, reduziert sich der kumulierte Auf-
Abb. B 5.61 zeigt den Primärenergieaufwand wand deutlich (Abb. B 5.57 b). Verwendet man B 5.58
Schadens-
häufigkeit [ n ]
eines exemplarischen Deckenaufbaus. Im Ein- weniger unterschiedliche Baustoffe, zieht dies
bauzustand sind 37 % der grauen Energie in zumeist eine bessere Gesamtbilanz nach sich,
der Konstruktion gebunden, 40 % im Boden- da hier häufiger die materialbedingten Aus-
belag. Betrachtet man das Bauteil jedoch über tauschzyklen übereinstimmen.
einen definierten Zeitraum von 100 Jahren, wie Das Sägezahnmodell legt so das energetische
er als Lebensdauer für ein Gebäude durchaus wie wirtschaftliche Potenzial von Materialopti- 50 %
üblich sein kann, so wird der Bodenbelag im mierungen in Bezug auf die Dauerhaftigkeit 90 %
Bauteilwert [%]
100
Gegensatz zur tragenden Konstruktion über offen. Es gibt drei generelle Aussagen zur Ge-
diesen Zeitraum mehrfach ausgetauscht. Die staltung und Planung: 75
kumulierten Aufwendungen des Bodenbelags
über 100 Jahre machen daher ein Vielfaches • Schichtentrennung nach Dauerhaftigkeit 50
der Aufwendungen des Ersteinbaus aus. Er • Materialsynergie
bindet über den Lebenszyklus etwa 80 % der • Wartungszugriff 25
gesamten aufgewendeten grauen Energie. Je 0
häufiger der Austausch eines Bauteils notwen- Erstens sollten technische, funktionale Bauteile 20 40 60 80
dig wird, desto signifikanter ist sein Beitrag zur oder Ausbauschichten unterschiedlicher Le- Zeit [a ]
grauen Energie des gesamten Gebäudes. bensdauern so gefügt sein, dass ihr Austausch B 5.59
Dies stellt einen Ansatzpunkt für geringere ohne Beeinträchtigung und Beschädigung
Energieaufwendungen im Lebenszyklus dar. benachbarter Bauteile möglich bleibt. Solche 70 GWP 100 (Global Warming Potential) [kg CO2eq]
AP (Acidification Potential) [g SO2eq]
Art und Ablauf des Lebenszyklus nehmen so Konstruktionen verringern in der Regel den Pri- 60
PEI nicht erneuerbar [MJ]
neben den Materialeigenschaften hinsichtlich märenergieinhalt; beispielhaft belegt an einem
50
der Optimierung der Materialwahl eine zentrale Vergleich von Bodenbelägen (Abb. B 5.60 und
Rolle ein. Ziel ist es, die Materialwahl und das 62). Daher sind die besonders dauerhaften 40
konstruktive Gefüge auf die geplante Lebens- Schichten im Inneren der Konstruktion anzu- 30
dauer, die Nutzungsart und die zu erwartenden ordnen. Moderne Fassadenkonstruktionen ver-
Nutzungsprozesse abzustimmen. Energetische deutlichen die Problematik der Schichtentren- 20
Optimierungsprozesse gehen dann meist mit nung. Nicht immer ist es möglich, alle Schich-
10
finanziellen Einsparungen einher. ten nach gestaffelter Dauerhaftigkeit auszufüh-
ren. So können Dämmebenen im Verhältnis zur 0
kleber lösemittel-
lösemittelfrei
Theoretisch beschreibt die Dauerhaftigkeit als Dauerhaftigkeit aufweisen. Diese sollten dann
Polyurethan
arm (< 5%)
Stahlnagel
Klebstoff
Potenzial den Zeitraum, in dem ein Baustoff entsprechend leicht zugänglich bleiben. Für
(> 30%)
Kleber
kleber
seine ihm zugeordnete Funktion aufrechterhal- einzelne Schichten wie verklebte Dampf- und 4cm
ten kann. Windsperren sind bisher keine zuverlässigen
Zur Ermittlung der Dauerhaftigkeit wird der Dauerhaftigkeitswerte verfügbar. Hier lassen B 5.60
Zeitraum, den Bauteile in einem definierten lösbare Verbindungen Revision und ggf. Aus-
Nutzungszusammenhang unbeschadet über- tausch der Schichten zu.
stehen, miteinander verglichen. Dieser ist z. B Zweitens können einzelne Bauteile u. U. nicht
von spezifischen Risikopotenzialen oder vom nur die ihnen zugedachte Leistung, sondern B 5.54 CO2-Bilanz verschiedener Holzbeläge über den
Gebäudekontext abhängig. Als Ergebnis ent- auch Teilleistungen anderer Schichten erfüllen; Lebenszyklus
steht eine Gauß’sche Kurve, die bei Wahr- so kann der Primärenergieinhalt weiter gesenkt B 5.55 Primärenergieinhalt des »Forum Chriesbach«
scheinlichkeiten von 50 bis 90 % in Zeitfenster werden (Abb. B 5.57 c). Ein Bitumenheißestrich nach Bauteilgruppen
B 5.56 Primärenergieinhalt verschiedener funktionaler
unterteilt und so die unteren sowie die oberen lässt sich etwa auch als Terrazzoestrich aus-
Schichten
Grenzen eines üblichen Nutzungszeitraums führen und gewährleistet dabei zusätzlich eine B 5.57 Dauerhaftigkeiten verschiedener funktionaler
abbildet (Abb. B 5.59). sehr dauerhafte Nutzoberfläche. Reduziert sich Schichten als Sägezahnmodell
Entsprechend der Nutzungseinflüsse und zu- die Anzahl der notwendigen Schichten, erge- B 5.58 Wohnhaus aus Holz, Bregenzerwald (A) 1999,
geordneten Risikofaktoren wird die Dauerhaf- ben sich meist energetische und wirtschaftliche Dietrich Untertrifaller
B 5.59 Ermittlung von Dauerhaftigkeiten aus der Wahr-
tigkeit deshalb als Zeitspanne angegeben. Der Vorteile. Abb. B 5.66 zeigt das ESO-Hotel in scheinlichkeit eines Materialschadens
niedrigere Wert beschreibt die Dauerhaftigkeit Chile – ein Gebäude, dessen Nutzoberflächen B 5.60 energetische Kennwerte verschiedener Boden-
bei üblicher Planung und Nutzung, der höhere als qualifizierter Rohbau weitgehend aus der belagsbefestigungen
163
Material
100
Treibhauseffekt – GWP [%]
Austausch [ % ]
Teppich Teppich
90 PVC
Zementestrich Fliesen
80 40% 2000 80
Linoleum
Mineralwolle
70 Naturstein
Beton
60 80 % 1500 60
Gipsputz
50
40 1000 40
30
20 37% 500 20
10 7%
0 0 0
Einbauzustand nach 100 Jahren 20 40 60 80 100 20 40 60 80 100
Zeit [a] Zeit [a]
B 5.61 B 5.62 B 5.63
Tragkonstruktion besteht. dort als grobe Zielrichtungen formuliert und stimmten Zyklen, die einen Zeitgeschmack
Drittens müssen wartungsintensive Bauteile – anschließend konkret in nationales Recht um- ausdrücken: Über die Analyse der Anzahl von
besonders auch Technikelemente – leicht zu- gesetzt. Ein Überblick über aktuelle Tenden- Austauschprozessen eines WCs lässt sich etwa
gänglich sein (Abb. B 5.88). Folgt die Technik zen, insbesondere die technische Ausrüstung nachweisen, dass ein Austausch nach 25 Jah-
als offene Leitungsführung, ist eine optimale und energetische Qualität von Gebäuden be- ren primär aus modischen Gründen und erst
Zugänglichkeit gegeben. Ansonsten ermög- treffend, ist nützlich, um Planungen zukunfts- nach ca. 55 bis 70 Jahren primär aus funktio-
lichen Schächte, eine systematische Trassie- fähig zu machen. nalen Gründen erfolgt (Abb. B 5.63).
rung und raumzonenbezogene Übergaben Die Nutzungsintensität ist planerisch nicht im- Der Austausch vieler Bauteile ergibt sich aus
eine unkomplizierte Montage neuer Technolo- mer vorab definierbar und kann deutlich gerin- der Notwendigkeit einer Modernisierung. Diese
gieträger und bieten die notwendige Flexibilität. ger oder höher sein als vorhergesehen. Gerade wird weniger lebenszyklusbedingt als durch
Häufig wird die Lebensdauer der technischen bei öffentlichen Nutzungen empfiehlt es sich Sanierungs- und Förderprogramme, Nutzer-
Gebäudeausrüstung überschätzt und über- daher, auf robuste Konstruktionen und erhöhte wechsel, Vermarktungsprobleme oder andere
sehen, dass Nachrüstung und technologische Bauteilqualitäten zu achten. Ereignisse hervorgerufen. Dabei werden in der
Runderneuerung innerhalb weniger Jahre er- Marktnachfrage und Trend waren und sind Regel einzelne Maßnahmen an Bauteilen unter-
forderlich werden können. Alte technische Bau- Grundlage der Bautätigkeit. Planer befriedigen schiedlicher Lebensdauder zu größeren Moder-
teile verlieren dann häufig ihren Nutzen, kön- nicht allein die Nachfrage, sondern erzeugen nisierungspaketen zusammengefasst.
nen aber ggf. auch in einem neuen Kontext in über ihre Tätigkeit Bedarf, setzen Trends und
die Gebäudetechnik eingebunden werden, wie bilden Stile aus. Die Bewertung ist dabei stark Das erwähnte Sägezahnmodell veranschaulicht
etwa alte, nicht mehr genutzte Schornsteine in zeitabhängig. Soll die hohe Dauerhaftigkeit von als theoretisches Modell die Austauschprozes-
Altbauten zur Steigleitungsführung neuer Elek- Bauteilen tatsächlich genutzt werden, kann se von Baustoffen und -teilen, liefert aber nur
tro- oder Heiztechnik. eine allzu modische, trendgerechte Gestaltung geringe Aussagen über sinnvolle Vorgehens-
leicht zu einem vorzeitigen Austausch der Bau- weisen zur Instandhaltung und -setzung. Es
»Störfaktoren« des Sägezahnmodells teile schon vor Ablauf ihrer technischen Lebens- sollte hier lösbare Verbindungen und eine kla-
Nicht immer lösen technische oder material- dauer wegen »optischen Verschleißes« führen. re Trennung von Bauteilschichten geben, die
bedingte Mängel Austauschprozesse aus. Oft Andererseits genießt eine klare und qualitätvol- einen möglichst zerstörungsfreien Austausch
sind es auch technische, sicherheitstechnische le, dennoch zeitgebundene architektonische gewährleisten.
und ästhetische Faktoren oder der Funktions- Aussage auf Dauer hohe Wertschätzung. So
wechsel, die einen Austausch notwendig ma- erfreut sich etwa der von 1973 bis 1985 errich- Optimierung der Instandsetzungszyklen
chen. tete Wohnpark Alt-Erlaa in Wien trotz seiner Um die Instandsetzung zu optimieren, lassen
Veränderungen bei Gesetzen und Vorschriften heute vielfach als kritisch bewerteten Entste- sich zwei gegensätzliche Strategien heraus-
sowie technischer Fortschritt lassen sich nur hungszeit bei seinen derzeitigen Bewohnern arbeiten. Die Instandsetzung kann über lange
bedingt vorhersehen. Für Europa ist die EU- großer Beliebtheit (Abb. B 5.64). Auch auf Bau- Zyklen mit möglichst großen einmaligen Maß-
Gesetzgebung richtungsweisend. Sie werden teilebene unterliegt die Lebensdauer oft be- nahmen oder über kurze Zyklen mit vielfältigen
164
Material
B 5.67 B 5.68
kleinen Maßnahmen erfolgen. mehrt langanhaltender Raumbedarf, wie meist daraus Wettbewerbsvorteile ab. Ohne neue
Wenige Bauteile zusammenfassende Austausch- bei Wohnbauten, so ist eine hohe Dauerhaftig- brancheninterne Impulse, Neuentwicklungen
zyklen bedeuten zu definierten Zeiten einen keit meist in Verbindung mit kleineren Maß- oder Selbstverpflichtungen wird eine politische
vorausplanbaren hohen Investitions- und Ener- nahmepaketen sinnvoll. Hier hebt der Ausstat- Einforderung ähnlicher Ziele im Bauwesen wohl
giebedarf. Dabei werden innerhalb der Instand- tungsgrad und die kleinteilige Nutzung den nur noch eine Frage der Zeit sein. Um Material
setzung auch Umbaumaßnahmen im Sinne Material- und Energieaufwand zusätzlich an dauerhaft bereitzustellen, sind offene Stoffket-
einer Anpassung an bereits bekannte und ab- (Abb. B 5.68). ten, insbesondere für nicht nachwachsende
sehbare Anforderungen möglich. Bei Gebäuden mit variablerem Bedarf, wach- Rohstoffe, in weitestgehend geschlossene um-
Eine kurzfristig angelegte Strategie der Instand- senden Nutzungsanforderungen und entspre- zuwandeln.
setzung kann ggf. zu einer höheren Wirtschaft- chend hoher technischer Ausstattung werden
lichkeit des Gebäudes über den Lebenszyklus lange Dauerhaftigkeiten nicht ausgenutzt. Hier Lebenszyklusbetrachtung
beitragen. Die Dauerhaftigkeit der verwendeten sollte die Planung Austauschprozesse und ggf. Die Lebenszyklusbetrachtung von Materialien
Materialien wird dann z. B. für den Innenausbau Folgenutzungen für Bauteile und Materialien ist eine neue und teilweise noch nicht umfas-
gering gehalten, um Anpassungen auch markt- berücksichtigen (Abb. B 5.67). send definierte Sichtweise. Sie führt Wissen
gerecht realisieren zu können. aus verschiedenen gesellschaftlichen und wirt-
Nutz- und Marktwert des Gebäudes werden schaftlichen Bereichen zusammen. Der gesam-
durch die Strategie allerdings beeinflusst und Materialien im Lebenszyklus te Lebenszyklus lässt sich jedoch nicht in vol-
verhalten sich zyklisch. Einer Investitionsphase lem Umfang vorhersehen und planen. Oft gilt
folgt eine langsame Abnutzung bzw. ein Verfall Die Betrachtung des Primärenergieinhalts von es daher, Optionen, etwa ein Anpassen an den
der Bauteile, was sich auch im Gebäudewert Materialien macht die Bedeutung des Lebens- tatsächlichen Nutzungsverlauf, zu gewährleis-
oder der Mieterzusammensetzung abzeichnet. zyklusmodells deutlich. Neben dem Energie- ten. Hierzu eignen sich »Flexibilisierungsstrate-
Umfangreiche Modernisierungen sichern die verbrauch löst jeder Materialeinsatz durch den gien«: Eine erhöhte Dauerhaftigkeit verlängert
dauerhafte Nutzbarkeit, ggf. auch durch die resultierenden Ressourcenstrom Umweltwir- den potenziellen Nutzungszeitraum, ein leichter
Änderung der Nutzung. kungen aus. Diese lassen sich ausgehend von Innenausbau ermöglicht Änderungen im Raum-
Zeitlich versetzte, auf kleinteilige Funktionszo- einem notwendigen Gebäudebedarf nur redu- gefüge, reversible Verbindungen der Bauteile
nen abgestimmte Austauschzyklen machen es zieren (Abb. B 5.70). lassen einen vereinfachten Rückbau und den
hingegen möglich, graue Energie einzusparen Rückgewinn der Materialien für den Baustoff-
und ökologische Folgen zu reduzieren, da die- Ressourcenverbrauch kreislauf zu.
se genauer an den jeweiligen Instandsetzungs- Die Verfügbarkeit von Rohstoffen war ausschlag- Schon über die Primärenergiebetrachtung be-
bedarf des Bauteils angepasst werden können gebend für die Entwicklung von Wohlstand in steht die Möglichkeit, grundsätzlich eine Re-
(Abb. B 5.68). Der Wert eines Objekts bleibt so den Industrieländern. Ihre Ausbeutung und Ver- duktion des Materialeinsatzes zu forcieren
auf konstantem Niveau, was auch eine gleich- arbeitung hat die industrielle Prosperität erst (Abb. B 5.50). Das Einhalten des konstruktiv
bleibende Rendite des Objekts sichert. Die ermöglicht. Notwendigen, etwa durch umfassende Nut-
Bauteile können dazu auf besonders lange Die Verknappung von Ressourcen machen zung der Materialleistung, leichte Konstruktio-
Dauerhaftigkeiten optimiert und in jeweils klei- diese entsprechend den Regeln des Marktes nen, Anpassung der Dauerhaftigkeit, sowie der
nen Maßnahmepaketen instandgesetzt werden. teuer; für andere ist die Zugänglichkeit nicht Einsatz erneuerbarer Materialien führen zu
Der so entstehende dauerhafte Austausch ver- dauerhaft gesichert, wie heute schon Ausein- einem deutlich reduzierten Energie- wie Res-
ringert jedoch die Nutzungsflexibilität eines Ge- andersetzungen um Gas, Öl und Wasser be- sourcenverbrauch.
bäudes. Bei einem umfassenden Nutzungs- legen. Innerhalb der Lebenszyklusbetrachtung treten
wechsel müssen auch eine Vielzahl eigentlich Gebäude verbrauchen in Erstellung und Betrieb jedoch weitere Faktoren hinzu – etwa sekundä-
noch tauglicher Bauteile ausgetauscht werden. global etwa 50 % aller Ressourcen. Sie stellen re Emissionen durch Pflege oder Veränderung
Setzt die Bauaufgabe für die Planung ein defi- den maßgeblichen Faktor für die Ressourcen- der Raumluft durch Ausdünstungen aus dem
niertes, kurzes Zeitfenster voraus, wie bei tem- verknappung und Umweltprobleme dar. Ande- Material. Viele dieser Faktoren lassen sich nur
porären Bauten oder Innenausbauten von Ge- rerseits sind Baustoffe aufgrund ihres meist als Potenziale erfassen und beschreiben. Sie
schäften, lässt sich die Dauerhaftigkeit der Ma- niedrigen technischen Entwicklungsstands und müssen nicht zwangsläufig negativ ausgelöst
terialien an die beabsichtigte Lebensdauer des ihres hohen Materialverbrauchs für erhebliche oder positiv genutzt werden, sind jedoch zen-
Objekts anpassen (Abb. B 5.65). Effizienzsteigerungen prädestiniert. Andere traler Bestandteil für eine tragfähige, zukunfts-
Je länger die zu erwartende Nutzungsdauer Branchen, wie die Automobil- oder Elektronik- sichernde Planung. Gerade hierin liegt das In-
eines Gebäudes ist, desto wichtiger wird die industrie, haben sich zu Ressourcenschonung novationspotenzial, das eine Vorplanung des
Betrachtung der Nutzungsphase. Besteht ver- und Effizienzsteigerung verpflichtet und leiten Lebenszykus erschließt.
165
Material
B 5.69
Methoden der Lebenszyklusanalyse sich so über die Zeit Baustoffeim Bauwesen. • In der Sachbilanz wird ermittelt, welche
Das Mittel zur Bewertung der komplexen Ein- Dadurch werden weitgehend in sich geschlos- Stoff- und Energieumwandlungsprozesse
flüsse ist die Lebenszyklusanalyse. Sie bilan- sene Kreisläufe realisierbar und die Kreislauf- für das Produkt und seine Herstellung erfor-
ziert den gesamten Lebensweg eines Bau- wirtschaft unterstützt. derlich sind. Die Grenzen für die Bilanzie-
stoffs, Bauelements oder Gebäudes. Dazu wer- Die Stoffstromanalyse verfügt allerdings nur rung, die so genannten Abschneidekriterien,
den die Stadien von der Rohstoffgewinnung, begrenzt über Optionen, nachteilige Umwelt- setzt man üblicherweise bei mindestens
Herstellung, Verarbeitung über Transport, Nut- wirkungen einzelner Prozesse auszuweisen. 1 % Stoffmasse und Primärenergiever-
zung, Nachnutzung und Entsorgung beurteilt. Sie trennt nicht nach unterschiedlichen Aus- brauch an. Für ökologisch bedenkliche
Grundsätzlich gibt es zwei unterschiedliche wirkungen wie etwa Klimawandel, Reduktion Stoffe (z. B. Weichmacher in Kunststoffen)
Betrachtungsweisen: Entweder wird der benö- der Biodiversität oder Humantoxizität. sind diese Abschneidekriterien im Einzelfall
tigte Material-Input oder die daraus resultieren- zu prüfen.
den Umweltwirkungen bilanziert (Abb. B 5.71). Ökobilanzierung • Die Wirkungsbilanz erfasst die Emissionen
Die im Jahr 2000 eingeführte DIN EN ISO aller Stoff- und Energieumwandlungsschritte.
Stoffstromanalyse 14040-44 definiert die Ökobilanzierung »Life Zur Auswertung werden die verschiedenen
Das im Jahr 1994 durch Friedrich Schmidt- Cycle Assessment« (LCA). Auf Basis der Ma- Emissionen zu Gruppen mit gleicher Umwelt-
Bleek eingeführte MIPS-Konzept (Material-Input terialströme rechnet sie diese in Auswirkungen wirkung (z. B. Beitrag zum Treibhauseffekt)
Pro Serviceeinheit) summiert den zur Herstel- (z. B. Emissionen) um. Sie bezieht sich zu- zusammengefasst und als Äquivalente eines
lung und Verwendung eines Produkts oder nächst nicht nur auf Bauprodukte, sondern maßgeblich an der Wirkung beteiligten
Bauteils aufgewendeten Material-Input. Alle kann auf jeden Prozess, etwa auch auf Dienst- Schadstoffs ausgewiesen (Abb. B 5.73).
Naturmaterialien, die für die Herstellung not- leistungen, Produktionsverläufe oder eine Wirt- • Die Auswertung gliedert sich in die Schritte
wendig sind, werden als »Materialintensitäten« schaftseinheit wie ein Unternehmen allgemein, Ermittlung der Kernaussagen sowie Bewer-
zusammengefasst. Sie bilden den auf das Ei- angewendet werden. Eine Ökobilanz umfasst tung und Ergebnisdarstellung. Auch nicht
gengewicht des Materials bezogenen MateriaI- generell drei Teile, die über definierte Iterati- bilanzierte, relevante Daten wie z. B. Aus-
Input, gemessen in Kilogramm Input pro Kilo- onsschleifen aneinander gekoppelt sind (Abb. gasungen in der Nutzungsphase oder
gramm Output. Bei Energie wird die Einheit B 5.69): Dauerhaftigkeit lassen sich darstellen.
Kilogramm pro Megajoule [kg / MJ] verwendet.
Nach den Ressourcenquellen unterteilen sich
die Materialintensitäten in: Betrieb Rückbau Projektentwicklung
166
Material
Input Output
Zusätzlich werden Empfehlungen für die (Abb. B 5.78). Darüber hinaus lassen sich auf-
Produktnutzung abgeleitet. grund der Ökobilanz etwa Konstruktions- und Stoff aus Emissionen
Rohstoffgewinnung
Materialentscheidungen treffen. Ressourcen in Luft
Der »Runde Tisch nachhaltiges Bauen«, initi-
iert durch das Deutsche Bundesministerium für Material und Herstellung Naturraum Aufbereitung Emissionen
Verkehr, Bauwesen und Stadtentwicklung Bis 2020 soll in Deutschland die Energie- und in Wasser
(Vor-)Produkte
(BMVBS), hat für den Nachweis von baustoff- Ressourcenproduktivität so weit erhöht werden, Produktherstellung
Emissionen
bedingten Umweltwirkungen in Deutschland dass der heutige Lebensstandard ohne zusätz- Hilfs- und
Betriebsstoffe in den Boden
allgemein folgende Kategorien festgelegt: lichen Naturverbrauch auch zukünftig gesichert
Nutzung
ist. Neben der Erhöhung des Anteils nach- Nebenprodukte
Energieträger
• Primärenergieinhalt erneuerbar / nicht erneu- wachsender Rohstoffe im Bauwesen kann zur
erbar, PEI [MJ] herstellungsorientierten Optimierung zwischen Strom Recycling / Entsorgung Abfälle
• Treibhauspotenzial (Global Warming Poten- zwei Strategien unterschieden werden:
Berechnung des Berechnung
tial – GWP 100) [kg CO2 eq] Zum einen bietet die Nutzung lokal produzierter
Ressourcen- der Emissionen
• Ozonzerstörungspotenzial (Ozone Depletion Materialien den Vorteil der Schaffung von loka- verbrauchs (MIPS) (Ökobilanz)
Potential – ODP) len Arbeitsplätzen, erzeugt aber mitunter höhe-
[kg CCL3F eq] re Kosten. Die Reduktion von Transportwegen B 5.71
Berechnung eines MIPS
• Versauerungspotenzial (Acidification Poten- und die meist bessere Kontrollierbarkeit der
tial – AP) [kg SO2 eq] Umweltauswirkungen kann zu einer hohen Res- Σ (Mi ·MIMi) =MI=MIPS · S
• Entrophierungspotenzial (Entrophication sourceneffizienz beitragen und zu einer gerin-
Potential – EP) [kg PO43- eq] geren Schadstoffbelastung führen.
• photochemisches Oxidanzienbildungspo- Zum anderen stehen bei Verwendung von Ma- eingesetzte Material- Gesamt- Material- Service-
tenzial (»Sommersmogpotenzial«, Photo- terialien aus dem globalen Baustoffmarkt nicht Materialien intensität material- inputs per einheit
(z.B. Stahl, der Mate- input Serviceunit
chemical Ozone Creation Potential – POCP) einzelne Konstruktionen, sondern die Steige- Glas) rialien
[kg C2H4 eq] rung der Leistungsfähigkeit der verwendeten (Rucksäcke)
Materialien im Vordergrund. Diese sollten dann
Die Ergebnisse der Ökobilanz eines Baustoffs in besonders optimierte, ressourcenschonende M1 · MIM1 z.B. Stahl plus Rucksack
werden künftig in der Typ-III-Umweltdeklaration Konstruktionsweisen münden. Ihr verbesserter + M2 · MIM2 z.B. Glas plus Rucksack
(European Product Declaration – EPD) als Ar- Einsatz müsste dann die erhöhte Umweltbelas-
+ M3 · MIM3 z.B. PVC plus Rucksack
beitshilfen ausgewiesen (siehe S. 161). Im Ge- tung, z. B. durch Transporte, mindestens auf-
gensatz zum MIPS-Konzept lassen sich jedoch wiegen. + ...
die Wirkungen der einzelnen Kategorien nicht
allgemeingültig zu einem Gesamtwert kumulie- Rohstoffgewinnung Endprodukt (1 Einheit z. B. ein Auto)
ren. Daher ergibt sich allgemein das Problem Die Abbaustätten von mineralischen und metal- B 5.72
Treib- Verweil- Zunahme der
der Gewichtung der Einzelkennwerte; eine zu- lischen Rohstoffen erzeugen Landschaftsver- hauswirk- dauer in Konzentration
sammenfassende Interpretation ist nur schwer brauch oder Setzungen, deren negative ökono- samkeit- der Atmo- seit Industria-
möglich. Einige europäische Länder haben mische wie ökologische Folgewirkungen mög- [CO2-eq] sphäre [a] lisierung
Standards entwickelt, die die Auswertung von lichst gering gehalten werden sollten. Die Zu- Kohlendi- 1 50 – 200 28 %
Ökobilanzen in einem zusammengefassten sammenhänge lassen sich besonders deutlich oxyd (CO2)
Kennwert ermöglichen. Die Modellbildung und im Tagebau aufdecken, z. B. anhand der Stein- Methan 21 9 – 15 146 %
die Gewichtung der Kenngrößen sind hierbei brüche von Carrara. Aber auch der tiefste deut- (CH4)
politisch festgelegt und somit nicht zwangsläu- sche Braunkohletagebau in Hambach zeigt Lachgas 310 120 13 %
fig naturwissenschaftlich präzise (Abb. B 5.74). beispielhaft die ökologischen Folgewirkungen: (N2O)
Für Deutschland hat das Umweltbundesamt Dort besteht ein Verhältnis des bewegten Bo- FKW 6500 50 000 von 0 ppt 2
eine Methode zur Einordnung und Rangbil- denmaterials zu gewonnener Kohle von 7,2 zu (CF4 u. a.) auf 72 ppt
dung der Wirkungskategorien entwickelt. 1. Für den Abbau im Tagebau ist eine Absen- H–FKW 11 700 264 k. A.
Dabei werden die Dimension der Wirkung (glo- kung des Grundwasserspiegels erforderlich. (CHF3 u. a.)
bal – lokal; dauerhaft – temporär), der derzei- Auf 1 t Braunkohle kommen 4 bis 7 t Wasser. Schwefelhexa- 23 900 3200 von 0 ppt
tige Umweltzustand im Bereich der Wirkungs- Im Mittel müssen so für 1 t Braunkohle 11 t Ma- fluorid (SF6) auf 3 – 4 ppt
2
kategorie (bedrohlich – unbedenklich) sowie terial bewegt werden. In der Nähe des Abbau- ppt = parts per trillion
der Beitrag der Wirkungskategorie an der gebiets verändern sich Flora und Fauna, eben- B 5.73
Gesamtbelastung in Deutschland (groß – klein) so wird die Standsicherheit des Bodens, insbe-
zur Bewertung herangezogen. sondere von Böschungen, beeinträchtigt. Ecoindikator NL Ökopunkte CH
Je nach gewählter Bilanzgrenze verändern Die Bewertung solcher Folgen ist ökologisch
sich die Ergebnisse einer Lebenszyklusanaly- wie ökonomisch zwiespältig. So bieten offene
se sowie die Schlussfolgerungen, die daraus Kiesgruben z. B. seltenen Tieren neue Lebens- »Resources« Emissionen
gezogen werden können. Der schon beschrie- räume. Ganze Landstriche erhalten durch den Luft
bene Primärenergieinhalt ist dabei ein zentraler Abbau ein neues Gesicht, wie die ehemalige
Bestandteil der Lebenszyklusanalyse. Hier Industrielandschaft innerhalb der IBA Fürst-
Ressourcen
ergeben sich drei Betrachtungsebenen: Bau- Pückler-Land in der Niederlausitz. Allerdings Emissionen
»Ecosystems« Oberflächen-
stoffe, funktionale Schichten und Gebäude- sollte für eine Abbaufläche die Nachnutzbarkeit gewässer
elemente. immer sichergestellt werden und darüber hin-
Fasst man die Aussagen der Ökobilanz zu- aus ein Konzept für die Rekultivierung und Re-
sammen, zeigt sich, welche Bauteile die größ- naturierung vorliegen. Emissionen
ten Emissionen verursachen. Es werden die Nur die Ökobilanz erfasst sekundäre Schad- »Human Health« Boden
Felder deutlich, in denen planerisches Handeln stoffemissionen und ihre Umweltrelevanz –
besonders große Wirksamkeit entfalten kann z. B. schwermetallhaltige Schlämme beim Bau-
B 5.74
167
Material
xitabbau mit daraus folgender Anreicherung besitzen spezifische Vor- und Nachteile, die
im Wasser- und im Nahrungskreislauf. Sie eine generelle Vorabentscheidung nicht zulas-
bewertet also nicht nur den Abbau selbst, sen. Massivbauten benötigen etwa 20 % mehr
sondern auch die Art der Abbaumethode. Bei graue Energie als Leichtbauten (Abb. B 5.77).
Naturstein ist der ökologische Rucksack nach Aber auch die Gebäudeform spielt dabei
MIPS mit einem Verhältnis von 1:1,2 gering eine Rolle (siehe Stadtraum und Infrastruktur,
(Abb. B 5.47). Eine Ökobilanz kommt zu einem S. 69).
ähnlichen Ergebnis, allerdings nur, wenn Um die Vorteile beider Konstruktionsarten zu
mechanische Prinzipien wie Sägen zur Gewin- nutzen, bieten sich zuweilen Mischbauweisen
nung des Steins (z. B. bei den meisten Kalkstei- an – z. B. ein Holztragwerk mit massiven, aus-
nen) genutzt werden können. Muss ein Natur- steifenden Betonkernen.
stein (z. B. Granit) abgesprengt werden, so ent- Für nahezu jeden Baustoff gilt: Je weniger
steht durch den Sprengstoff ein hoher Energie- davon bei definiertem Leistungsstandard ein-
einsatz, dessen Emissionen kaum kontrollierbar gesetzt werden muss, desto geringer ist die
sind (Abb. B 5.75). Aus Sicht der Ökobilanz ist gebundene graue Energie über den gesamten
daher die Verwendung von Kalkstein nicht mit Lebenszyklus. Einsparungspotenziale liegen
B 5.75 Granit vergleichbar, da letzterer etwa das Vier- häufig auch in überzogenen Sicherheitsauf-
fache der Umweltwirkungen erzeugt (siehe schlägen weit oberhalb der ohnehin hohen
Anhang, S. 262). rechtlichen Anforderungen. Bautechnisches
Denken und gestalterische Kreativität können
Produktionsprozesse dazu beitragen, Bauten Gewicht und damit
Baustoffe entstehen in der Regel über lange vielfach auch optische Behäbigkeit zu nehmen.
Prozessketten. Im Sinne einer geringen Entro- Die Ressourceneffizienz einer Konstruktion
pie versucht man daher die Herstellung mög- steigt meist mit dem Grad der Vorfertigung. Die
lichst effizient zu gestalten. Bei Glas entstehen Produktion von Bauteilen im Werk ermöglicht
z. B. aus nahezu 100 % des zu verarbeitenden geringere Bautoleranzen, schlankere Dimensio-
Rohstoffs am Ende Halbzeuge. Fehlerhaftes nierung von Bauteilen, höhere Qualität und grö-
Material wird in den Herstellungskreislauf ßere Mängelfreiheit für das Gebäude. Durch
zurückgeführt, wodurch sich die notwendige die sorgfältigere Planung und bessere Qua-
Herstellungsenergie um bis zu 25 % reduziert. litätskontrolle ergeben sich deutlich weniger
Der ökologisch bedingten Forderung der En- Produktionsfehler und geringere Produktions-
tropieverringerung stehen zuweilen noch wirt- abfälle (Abb. B 5.79). Auf diese Weise sind
schaftliche Aspekte wie hohe Lohndifferenzen z. B. auch energetisch unerwünschte Wärme-
B 5.76 zwischen einzelnen Ländern sowie unter- brücken zuverlässiger vermeidbar (siehe Ge-
schiedliche nationale Umweltauflagen entge- bäudehülle, S. 90). Die höhere Präzision der
gen. Arbeitsintensive Innenausbaumaterialien Bauteile reduziert im Lebenszyklus die not-
werden vielfach in Billiglohnländern produziert. wendigen Prozesse zur Pflege und Wartung
Einem marktgängigen Produktpreis stehen hier und kann zu einer verlängerten Lebensdauer
B 5.75 Sprengung von Naturstein
B 5.76 Wohnhaus, Moledo (P) 2000, Eduardo Souto de
allerdings deutlich erhöhte Emissionen durch führen.
Moura den zusätzlichen Transportaufwand gegenüber Gelingt es, Details möglichst einfach, bauphy-
B 5.77 Vergleich der grauen Energie von kompakten (Abb. B 5.51). sikalisch regelgerecht und funktional zu gestal-
und nicht kompakten Passivhäusern Die Ressourceneffizienz ist in hohem Maße ab- ten, so ergibt sich neben verringerten Betriebs-
B 5.78 Einzel- und Gesamtbewertung der über den
hängig von der Produktionsweise des Bauens. kosten über die architektonische Gestaltung
Lebenszyklus relevanten Planungsfelder sowie
ihre Bearbeitungsmöglichkeit in Bezug auf die Sie beeinflusst – wesentlich mitbestimmt durch eine Werterhaltung, die in der Architektur ab-
Leistungsphasen des Architekten die Qualität der Planung und der Arbeitsvorbe- lesbar ist (Abb. B 5.82). Positiv wirkt sich dabei
B 5.79 typische Schadensfälle im Bauwesen in reitung – einen intelligenten Materialeinsatz, aus, wenn die Anforderungen an Material und
Deutschland und ihre Ursachen den Umfang, die Lebensdauer und Weiterver- Detail klar definiert und die Anzahl der dabei zu
B 5.80 Abfallschlüssel nach Gewerbeabfallverordnung
B 5.81 Abfallfraktionen nach Kreislaufwirtschaftsgesetz
wendbarkeit von Baustoffen, aber auch den erbringenden Leistungen limitiert sind. Eine re-
B 5.82 Aussichtsplattform, Helsinki (FIN) 2002, Helsinki bewussten Umgang mit Materialien im Baupro- duzierte Materialvielfalt hat ebenfalls oft einen
University of Technology, Prof. Jan Söderlund zess, um Fehler, Abfall und Verschnitt zu mini- positiven Effekt – ökologisch wie für den Ge-
mieren. Heutige Methoden ermöglichen neben bäudeentwurf selbst. Der Verzicht auf Bauteile
der Großserienproduktion auch die »Custo- und Bauteilschichten reduziert nicht zuletzt die
mised Production«, d. h. die individualisierte Notwendigkeit komplexer und aufwendiger
Produktion von Baukomponenten entspre- Bauunterhaltungsprozesse. Auch der Nutzer
kompakt, nicht kompakt, chend den Vorgaben der Planung, die auf be- empfindet einfach konstruierte Minimallösun-
8 Einheiten 8 Einheiten
sondere Rahmenbedingungen des Grund- gen häufig als im Wortsinn »entlastend«.
+30% stücks, der Geometrie von Bestandsbauten Wenngleich bisher kaum üblich, erscheint es
oder auf andere Anforderungen reagieren sinnvoll, schon werkseitig gewerkeübergreifend
Leichtbau 20 kWh/ m2EBFa 26kWh/m2EBFa kann. Das Spektrum der Vorfertigung reicht zu produzieren. Kleinteilig gestückelt und an
von einzelnen Materialien über Komponenten Gewerkegrenzen orientiert, verursachen ver-
+15 % +19% bis hin zu Bausystemen und kompletten Bau- schiedene Bauprozesse viele Transportwege,
werken. die einen zusätzlichen Ressourcenverbrauch
+52% nach sich ziehen.
23 kWh/ m2EBFa 31 kWh/m2EBFa
Konstruktionsweisen
Massivbau
Die Diskussion um Leicht- oder Massivbau- Bauprozess und Verarbeitung
+35% weisen wird gerade im Wohnungsbau immer Eine materialgerechte, effiziente Verarbeitung
wieder aufgeworfen. Beide Konstruktionsarten reduziert die anfallenden Abfälle. Durch eine
B 5.77
168
Material
Ausführungsplanung
350
Abdichtung Ausführung
Gebäudetechnik,
Gebäudetechnik,
Gebäudetechnik,
Ausschreibung
300
nicht tragende
Innenausbau
Konstruktion
Vorentwurf 250
Fassade
Entwurf
Wärme
Sanitär
Elektro
Dach
200
150
Herstellung + + + o ++ + + -
100
Bau - o o + - - - -
50
Nutzung + o ++ - - ++ ++ o
0
Sicherh.-
+
Feuchte-
++ + -
schaden
Instandhaltung o ++ - -
Passge-
bildung
mangel
nauigk.
optisch
Verfor-
Fugen
mung
Riss-
Nachnutzung - ++ + + + - - -
B 5.78 B 5.79
passgenaue Produktion – etwa mit Fertigteilen, schaffen Materialien den besonderen Orts- an Kanten ausbruchsfest sein, anfallenden
durch Rückgriffe auf materialbedingte Raster- bezug und unterstützen die Identifikation des Flüssigkeiten aus Reinigung oder Nutzung
maße oder durch sich vor Ort anpassende Ma- Nutzers und Betrachters. Der gezielte Einsatz widerstehen, farbecht sein und vieles mehr.
terialien wie eingeblasene Dämmstoffe – ver- von Baustoffen kann das Gebäude mit seiner Eine hohe Dauerhaftigkeit bedeutet langfristig
ringert sich der Verschnitt. Umgebung verschmelzen (Abb. B 5.76) – oder einen geringen Wartungsaufwand – vorausge-
Zur Reduktion der »inerten Massen« kann es herausheben und vom Ort ablösen. Die setzt, dass mit den gewählten Materialien auch
nicht kontaminierter Bauaushub auf dem Gestaltungsabsicht kann sich jedoch nicht frei eine gewisse Unabhängigkeit von kurzzeitigen
Grundstück etwa zur Terraingestaltung wieder- machen von Aspekten der Nachhaltigkeit der Modetrends und / oder eine hohe gestalteri-
verwendet werden, wobei die Verdichtungs- verwendeten Materialien, ihrer Langlebigkeit sche Qualität erreichbar sind / ist. Sie wird
fähigkeit weitgehend die weitere Nutzbarkeit und Wartungsfreundlichkeit, des Energieein- unterstützt durch eine klare Trennung zwi-
bestimmt. Die Kosten sinken, da die Abfälle satzes, der Umweltwirkungen und der gesund- schen langlebiger Konstruktion, kurzlebigem
nicht in Deponien gelagert werden müssen; heitlichen Auswirkungen auf ihre Benutzer. Ausbau und nachrüstbarer Technik.
Emissionen aufgrund von Transportprozessen Baustoffe stellen physisch die beabsichtigte Wie Moden sind auch Anforderungen einem
entfallen zusätzlich. Nutzung sicher und sind dabei häufig hohen zeitlichen Wandel unterworfen – etwa durch
Damit Abfall zu neuen Rohstoffen oder Energie Beanspruchungen ausgesetzt. Aus den Nut- sich ändernde Vorschriften zum Wärme-
werden kann, ist eine erhöhte Sorgfalt gefor- zungsanforderungen leiten sich für Baustoffe schutz und Energieeinsparung. Weitsichtige
dert. Seit Februar 2007 müssen nach dem komplexe Leistungsprofile ab, die konstruktive, Planung kann zuweilen erhöhte Anforderun-
Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrW / AbfG) alle funktionale, physikalische und gestalterische gen wie z. B. zur Energieeinsparung und
Abfälle recycelt werden, sofern dies wirtschaft- Dimensionen berühren. Materialien erbringen zum Klimaschutz vorwegnehmen. In anderen
lich tragbar ist (siehe S. 174). dazu technische wie funktionale Leistungen, Fällen lassen sich jedoch Änderungen nicht
Die Aktion »Saubere Baustelle« stützt sich auf um dauerhaft sicheren menschlichen Lebens- vorhersehen; hier unterstützen die leichte
die Gewerbeabfallverordnung (GewAbfV). Um raum zu schaffen sowie Gebäude als Wert Austauschbarkeit von Elementen und die
eine möglichst hochwertige Verwertung zu ge- oder als Kulturgut zu erhalten. Die unter- klare Trennung von Gebäude-Subsystemen
währleisten, müssen Erzeuger und Besitzer schiedlichen Anforderungen lassen sich dabei unterschiedlicher Lebensdauer und Funktion
von Bau- bzw. Abbruchabfällen Abfallfraktio- nicht immer von einem Baustoff allein erfüllen. auch unvorhersehbare Veränderungen. Im
nen, soweit diese getrennt anfallen, auch je- Die physikalischen Eigenschaften des Bau- Folgenden werden die wichtigsten Anforde-
weils getrennt halten, lagern, einsammeln, stoffs bestimmen, ob dieser schwerpunktmä- rungen an Baustoffe zur Sicherstellung der
befördern und einer Wiederverwertung zu- ßig nur einer Anforderung genügt oder gleich- Nutzung beschrieben.
führen (Abb. B 5.80 und 81). zeitig mehrere Anforderungen wie etwa Schall-,
Brand- und Wärmeschutz erfüllen kann. Gesundheitliche Unbedenklichkeit
Material und Gebäudenutzung Bodenbeläge müssen z. B. eine auf die zu Während der Herstellungs-, Einbau-, Nut-
Ein Gebäude wird in der Regel auf einen spe- erwartende Frequentierung des Gebäudes zungs- und Nachnutzungsphase können Bau-
zifischen Nutzer und Ort zugeschnitten. Dabei abgestimmte Abriebfestigkeit gewährleisten, stoffe Schadstoffe emittieren. Ihre gesundheit-
Materialgruppen mit Beispiel Abfallschlüssel Gruppe Definition nach Kreislaufwirtschaftsgesetz
Beton, Ziegel, Fliesen, Keramik 17 01 Q1 nachstehend nicht näher beschriebene Produk-
• Beton 17 01 01 tions- oder Verbrauchsrückstände
Holz, Glas, Kunststoff 17 02 Q2 nicht den Normen entsprechende Produkte
• Kunststoff 17 02 03 Q5 infolge absichtlicher Tätigkeiten kontaminierte
Bitumengemische, Kohlenteer und oder verschmutzte Stoffe (z. B. Reinigungsrück-
teerhaltige Produkte 17 03 stände, usw.)
• kohlenteerhaltige Bitumengemische 17 01 01 Q6 nicht verwendbare Elemente (z. B. verbrauchte
Metalle (einschl. Legierungen) 17 04 Batterien, Katalysatoren usw.)
• Eisen, Stahl 17 04 05 Q7 unverwendbar gewordene Stoffe (z. B. kontami-
Boden, Steine, Baggergut 17 05 nierte Säuren, Lösungsmittel, Härtesalze usw.)
• kontaminierter Boden, Steine 17 05 01 Q10 bei maschineller und spannender Formgebung
Dämmmaterialien und asbest- anfallende Rückstände (z. B. Fräsespäne usw.)
haltige Baustoffe 17 06 Q12 kontaminierte Stoffe (z. B. mit PCB verschmutz-
• Dämmaterial, das Asbest enthält 17 06 01 tes Öl usw.)
Baustoffe auf Gipsbasis 17 08 Q13 Stoffe oder Produkte aller Art, deren Verwen-
• verunreinigte Stoffe auf Gipsbasis 17 08 01 dung gesetzlich verboten ist
sonstige Baustoffe 17 09 Q15 kontaminierte Stoffe oder Produkte, die bei der
• Abfälle, die Quecksilber enthalten 17 09 01 Sanierung von Böden anfallen
B 5.80 B 5.81 B 5.82
169
Material
Substanz typischer Auf- Wirkungsart typischer typische empfehlenswerte Grenz- oder Richtwerte
nahmeweg des Verwendungs- Emissionsquellen Maßnahmen
Menschen zeitraum
Asbest Atemluft fibrogen (Narbenbildung), bis 1980 (D) Bauplatten, Rohre und Formstücke, Austausch vorläufige Maßnahmen1:
kanzerogen Mörtel und Putze, Dämmstoffe, 1000 F / m3 (EU); Sanie-
Dichtstoffe, Bodenbeläge, Textilien rung1: 500 F / m3 (EU)
künstliche mineralische Atemluft fibrogen (Narbenbildung), bis 1995 (D) mineralische Dämmstoffe (Stein- oder Austausch, luft- k. A.
Fasern (KMF) kanzerogen, hautreizend Glaswolle ohne Gütezeichen) dichter Abschluss
Dichlordiphenyl- Nahrung, organ- und nervensystem- bis 1972 (D) Holzschutzmittel Entfernung 10 μg / kg (WHO)2
trichlorethan Hausstaub schädigend 1 μg / kg (D)2
(DDT) 0,5 μg / kg (USA)2
Dioxine, Furane Nahrung kanzerogen – Brandrückstände, Schlacken Entfernung k. A.
3
Flammschutzmittel k. A. k. A. bis heute
Formaldehyd Atemluft Augen- und Schleimhaut- Begrenzung Holzwerkstoffplatten Entfernung, 0,1 mg / m3 (WHO)1
reizungen, Kopfschmerzen seit 1996 (D) Kunstharze, Beschichtungen luftdichter Abschluss 0,12 mg / m3 (D)1
kanzerogen chem. Zusätze (z. B. von Fließestrich) chem. Bindung Sanierungszielwert:
0,06 mg / m3 (D)1
Total Volatile Organic Atemluft Augen- und Schleimhaut- bis heute Lacke, Kleber und Abbeizer, Kunststoff- luftdichter Abschluss 0,3 mg / m3 (D)4
Compounds reizungen, neurotoxisch, produkte, Holzwerkstoffe, Teppiche, von Quellen, Ent-
(TVOC) (Sick-Buildung-Syndrome) Textilien fernung
1
Richtwerte für Raumluft
2
pro kg Körpergewicht und Tag
3
differenziert zu betrachten (z. B. nach UBA-Text 25 / 01): Verzicht insbesondere auf Decabromdiphenylether und Tetrabrombisphenol A, additiv; Minderung von Tetrabrombis-
phenol A, reaktiv und Tris(chlorpropyl)phospat
4
In Neubauten sollte die TVOC Konzentration im ersten Jahr 1 – 2 mg / m3 nicht überschreiten. Ausgenommen werden dabei solche Stoffe (z. B. Formaldehyd), für die spezifische
Regelungen vorliegen.
B 5.83
170
Material
Lebenszykluskosten [CHF/m2GF a]
Abfall
wesen (Auswahl) Betrieb
B 5.84 Auswahl der in Deutschland verfügbaren Typ-I- 250 Rückbaukosten
Umweltdeklarationen (Baustofflabel)
Kapitalkosten
B 5.85 typische Kostenverteilung im Lebenszyklus (CH)
200 Instandhaltung
B 5.86 zerstörte Strommasten nach extremer Wetterlage
Bau
(D) 2004
Instandhaltung
150
Haustechnik
Reinigungskosten
100 Stromversorgung
Heizgas / Heizöl /
50 Meteorgebühren
Wasser, Abwasser
0 Verwaltungskosten
Verwaltungs-
Pflegeheim
gebäude
Wohnge-
gebäude
bäude
Schul-
B 5.85 B 5.86
liche Unbedenklichkeit ist daher eine grund- zieht sich auf den gesamten Bauprodukt- Betriebssicherheit
sätzliche Anforderung. markt. Es empfiehlt sich deshalb, die zer- Die Baustoffwahl wird weiterhin begrenzt
Von den ca. 20 000 Stoffen, die in Deutschland tifizierten Produktgruppen, die untersuchten durch verschiedene Sicherheitserwägungen
standardmäßig verwendet werden (d. h. Jah- Sachverhalte und die Vorgehensweise der für den Gebäudebetrieb. Diese leiten sich
resproduktion > 1 t), sind bei nur wenigen die zertifizierenden Stelle bei Analyse und Ver- großenteils aus rechtlichen Anforderungen und
Wirkungen auf den Menschen umfassend be- gabe des Labels genau zu prüfen (Abb. Vorschriften ab. Hier sind in jedem Einzelfall
kannt. Für eine Vielzahl von Materialien werden B 5.84). Die ermittelten Eigenschaften des Aspekte der Betriebssicherheit und des Nut-
negative Folgen vermutet, diese sind jedoch Materials können dann bei der Ausschrei- zungskomforts mit energetischen und ökolo-
nicht belegt. Solche potenziellen Schadstoffe bung als Anforderung deklariert werden. gischen Eigenschaften von Materialien in Ein-
werden ggf. von öffentlichen Stellen schon als Als Typ-II-Umweltdeklaration (DIN EN ISO klang zu bringen.
problematisch klassifiziert. Hinzu kommt, dass 14 021) geben Hersteller solche Informatio-
Schadstoffe untereinander in Wechselwirkung nen auch selbst heraus. Hierbei gibt es • Standsicherheit:
treten und sich in der Wirkung gegenseitig ver- allerdings weder eine feste Deklarationsvor- Die Sicherung und Erhaltung der Tragfähig-
stärken können. schrift noch eine definierte Untersuchungs- keit ist seit Vitruv eine der drei Säulen der
Sind Schadstoffe in ein Gebäude eingebracht, methodik. Architektur (lt.: firmitas). Die statische Be-
steigen die Folgekosten für die spätere Besei- • Schadenspotenzialermittlung über Konstruk- rechnung integriert Sicherheiten, die auch
tigung meist unverhältnismäßig hoch an. Einer tionen (bei schon verbauten Baustoffen): einer möglichen Überlastung, etwa aus un-
groben Ermittlung zufolge betragen z. B. die Meist finden sich im Altbaubestand in ihrer sachgemäßer Nutzung, Rechnung tragen.
Kosten für die bis 2002 durchgeführte Asbest- Wirkung bekannte Schadstoffe. Dazu ist Mit dem einsetzenden Klimawandel können
sanierung des Palasts der Republik in Berlin es nützlich, den zur Bauzeit eines Gebäu- sich besonders die klimatischen Anforderun-
35 bis 40 % eines gleichwertigen Neubaus. des aktuellen Stand der Technik im ent- gen wie Windlasten, Niederschlagsmengen
Für die nachhaltige Baustoffwahl ist deshalb sprechenden Land zu kennen. Häufig treten von Starkregen oder Schneelasten verschär-
zu prüfen, inwieweit sie allergische oder toxi- Schadstoffe länder- und bauzeitspezifisch fen (Abb. B 5.86).
kologische Folgewirkungen bei Mensch und auf, z. B. Phenole oder Kresole, die in den • Brandschutz:
Umwelt auslösen können. Ländern des ehemaligen Ostblocks als Baulicher Brandschutz dient dazu, im Notfall
Schadstoffe haben dabei sehr unterschied- Reststoffe der chemischen Industrie zu Leben zu retten und die Bausubstanz als
liche Wirkungen. Einige, z. B. Schwermetalle, Bindemitteln von Bodenbeschichtungen Wirtschafts- und Kulturgut zu erhalten. Re-
reichern sich über Haut oder Nahrung auch und Leichtestrichen verarbeitet wurden. geln zum Brandschutz sind im Bundesge-
bei geringen Belastungen im menschlichen Weitere Beispiele sind Asbest und künst- setzbuch (BGB), im Strafgesetzbuch (StGB),
Körper an. Andere sind flüchtig, beeinträch- liche mineralische Fasern (KMF), Schwer- durch Verordnungen wie die Bau- oder Ge-
tigen aber dauerhaft das Nervensystem. Wei- metalle wie Blei oder Arsen, polychlorierte werbeordnung (BauO, GewO), durch Nor-
tere sind nicht abbaubar, lungengängig und Biphenyle (PCB), Biozide wie Dichlordiphe- men wie DIN EN 18 230 oder DIN 4102 und
wirken dort kanzerogen. Über den Aufnahme- nyltrichlorethan (DDT) oder polyzyklische Feuerversicherungen erlassen. Der vorbeu-
weg des Stoffes durch den Menschen lässt aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) gende Brandschutz begrenzt die Wahl ge-
sich ermitteln, ob über lokale Maßnahmen (Abb. B 5.83). eigneter Baustoffe und beschränkt damit in
ein Schutz des Menschen möglich ist oder • Schadstoffpotenziale nach Anwendung vielen Fällen auch die Auswahl unter energe-
der Baustoff generell ausgetauscht werden (bei neuen Baustoffen): tischen wie ökologischen Aspekten. Grund-
muss. Dabei sind immer die länderspezifi- Bestimmten Baustoffgruppen wird ein lage ist die Bauteilklassifizierung nach DIN
schen Richtlinien für die Bewertung und erhöhtes Schadstoffpotenzial zugeschrie- 4102 in Form von Feuerwiderstandsklassen
Beseitigung zu beachten. Im Notfall sollte ben. Darunter fallen besonders Beschich- (F für tragende Bauteile, W für nicht tragen-
ein Sachverständiger hinzugezogen werden. tungen, Klebstoffe, Abbeizer, Holzschutz- de Bauteile) oder der europäischen Norm
Die Untersuchung des Schadstoffpotenzials mittel, Teppiche, elastische Bodenbeläge DIN EN 13 501.
kann durch drei Vorgehensweisen erfolgen: und Dämmstoffe. Innerhalb der Ausschrei- • Schallschutz:
bung lassen sich hier präzise Material- Schallschutz dient dem Erhalt der Privat-
• Umweltkennzeichnung und Label: anforderungen – maximale Emissionsvor- sphäre, Gesundheit und Leistungsfähigkeit
Nach DIN EN ISO 14024 sind Typ-I-Umwelt- gaben oder Label – formulieren. Ein Ver- des Menschen. Regeln zum Schallschutz
deklarationen verfügbar, die Label an Pro- weis auf mögliche Abschlussmessungen sind u. a. in DIN 4109 und DIN EN 12 354
dukte bei Einhaltung definierter Anforderun- zu Prüfzwecken verbunden mit Hinweisen festgelegt. Vielfach wird davon ausgegan-
gen vergeben. Nicht jedes Label steht für zu entsprechenden Vorgehensweisen bei gen, dass sich wirksamer Schallschutz, ins-
eine umfassende Qualitätsprüfung oder be- Überschreitung von Zielwerten ist anzuraten. besondere gegen Luftschall, nur durch Ein-
171
Material
satz von Masse bewerkstelligen lässt. Über und Hygiene, Werterhaltung, Gebrauchseigen- Türen, Innenwände und Bekleidungen hohe
leichte, mehrschichtige und schwingungs- schaften (Schalldämpfung, Rutschhemmung Kosten (Abb. B 5.88). In Ländern mit hohen
entkoppelte Konstruktionen lässt sich Luft- bei Bodenbelägen etc.) und Erscheinungsbild. Personalkosten (z. B. in Deutschland) stehen
schallschutz jedoch ebenso bewältigen. Hierbei ist vor allem ein effizienter Einsatz daher Reinigungskosten beim Gebäude-
Schalldämpfende Materialien, speziell leich- finanzieller Mittel für Reinigungstechnik und betrieb oft noch vor den Heizkosten (siehe
te und poröse Absorber, bekämpfen uner- Organisation zu verfolgen. Der Pflegeaufwand Planen und Bauen in Lebenszyklen, S. 33,
wünschte Schallwirkungen lokal. berührt jedoch auch Aspekte des Energiever- Abb. A 6.3). Wirtschaftliche Gestaltung be-
• Feuchteschutz: brauchs, des Umweltschutzes und des gesun- deutet u. a., Oberflächen leicht und mit ma-
Die in Materialien oder der Luft gebundene den Raumklimas. schinell unterstützten Reinigungsarten be-
Feuchte beeinflusst die thermische Behag- arbeiten zu können. Hier sind besonders
lichkeit des Menschen und damit die wahr- Schmutzeintrag glatte, fugenfreie und an ihrer Oberfläche
nehmbare Gebäudequalität erheblich (sie- Abrasive Partikel wie Gestein, Sand oder unempfindliche Baustoffe empfehlenswert
he Grundlagen, S. 55). Die relative Luft- Glassplitter wirken sich negativ auf die Wert- (Abb. B 5.87).
feuchte sollte ganzjährig etwa zwischen erhaltung von Nutzoberflächen aus. Haupt- Dauerhafte Beschichtungen wirken den an
40 und 60 % betragen. Deutlich erhöhte eintragsquelle in das Gebäude ist an Schuhen der Oberfläche stattfindenden pysikalischen
Luftfeuchte kann Probleme nach sich haftender Schmutz, erst in zweiter Linie und chemischen Prozessen entgegen und
ziehen, insbesondere aber Schimmelbil- Schwebstoffe aus der Luft. Pflegeaufwands- können den Wartungsaufwand verringern.
dung, wenn Feuchtigkeit durch Bauteile orientierte Planung beginnt daher mit der Sie dienen u. a. zur besseren Schmutz- und
hindurchdiffundiert und sich dabei nieder- Verminderung des Partikeleintrags aus dem Wasserableitung (z. B. Lotuseffekt, selbst-
schlägt. Dampfbremsen, Dämmstoffe und Außenraum durch entsprechende Ober- reinigendes Glas), als Katalysator (z. B.
sorptionsfähige Materialien tragen zum flächengestaltung. Barrierefreies Bauen Raumluftverbesserung, Zersetzung organi-
Feuchteschutz bei. erleichtert die Reinigung, da Bewegungs- scher Stoffe) oder als Träger chemischer
räume von Reinigungsmaschinen und Roll- Stoffe (z. B. Biozide zum Fassadenschutz).
Pflege und Instandhaltung stühlen ähnlich dimensioniert sind. Beschichtungen können jedoch nach Ab-
Für Architekten besteht eine allgemeine Ver- Positiv wirkt sich die klare Trennung von Flä- schluss ihrer Lebensdauer nur selten vom
pflichtung, wirtschaftlich zu planen. Der Werk- chen mit hohem und niedrigem Reinigungs- Untergrund getrennt oder zurückgewonnen
vertrag des Architekten bedingt als Zielfin- aufkommen aus (Abb. B 5.90). Der Reini- werden. Reduzierte Kosten in Betrieb, War-
dungsvertrag die Abstimmung der Leistung gungsbedarf reduziert sich deutlich, z. B. tung und Instandhaltung stehen ggf. erhöhten
mit dem Bauherrn – nicht nur in Bezug auf bei Gitterrosten, Sauberlaufzonen im Ein- Kosten in der Instandsetzung gegenüber.
die Baukosten, sondern auch auf die Folge- gangsbereich oder in der Vorzone eines Die Reinigung kann durch spezielle Material-
kosten. Letztere können die Baukosten ein- Gebäudes. Etwa zehn Schrittmaße führen eigenschaften unterstützt werden, wie etwa
zelner Bauteile um ein Vielfaches übersteigen zu einer Senkung des Schmutzeintrags um die antibakterielle Wirkung von Edelstahl in
(Abb. B 5.85). Dem Architekten fällt somit 80 % (Abb. B 5.89). Küchen.
die Aufgabe zu, sie in seine Betrachtung mit- Ökologisch betrachtet bedeutet pflegeleicht,
einzubeziehen und Lösungen für ihre Redu- Pflegeleichte Oberflächen dass die Reinigung effizient und ressourcen-
zierung zu benennen. Der Aufwand während Reinigung und Pflege sind arbeitsintensiv. schonend erfolgt. In aufsteigender Folge las-
der Nutzungsphase basiert auf dauerhaft zu Neben technischen Anlagen verursachen sen sich Reinigungsarten nach Aufwand wie
erfüllenden Ansprüchen bezüglich Sauberkeit insbesondere Bodenbeläge, Fenster und folgt sortieren:
172
Material
173
Material
Bauschutt 54,5
74,5 % recycelt 40,6
42,5 Mio.t
Bodenaushub 163,6
6,8 % recycelt 11,2 126,5
sonstige Zwecke
0 40 80 120 160 Erdbau nicht tragender Rohbau Ausbau, Gebäudetechnik
Menge [Mio. t] Betonzuschlag
Straßenbau
B 5.92 B 5.93 B 5.94
Nachnutzung Wiederverwendung bezeichnet die Nachnut- »neuen Materialien« besitzen – zeichnet sich
Jeder Materialeinsatz sollte in einen geschlos- zung kompletter Bauprodukte, die dazu nicht ihre Herstellung deutlich ab – eine ganz eige-
senen Materialkreislauf münden, also Abfälle oder nur geringfügig – etwa mechanisch ge- ne Ästhetik und zeigen so die Umsetzung der
wiederverwertet werden. Das Bauwesen ist säubert – verändert werden. Da die schad- zeitgemäßen Aufgabenstellung (Abb. B 5.97),
davon jedoch noch weit entfernt. Ansätze haften Bauteile in der vorangehenden Nutzung etwa als »altglasbewehrter Beton«. Die Pro-
sind z. B. in der Metall verarbeitenden Indus- bereits ausgetauscht wurden und somit eine duktion neuer Baustoffe bietet immer auch die
trie vorhanden, allerdings auf wenige Metalle Optimierung des Produkts stattgefunden hat, herstellerbezogene Gewährleistung, die die
und dort nur auf einzelne Metalllegierungen steigt bei wiederverwendeten Bauteilen die Nutzung solcher Produkte erleichtert (Abb. B
beschränkt. durchschnittliche Materialqualität. Im ersten 5.95).
Anwendungszyklus laufend durchreparierte Auch die Kompostierung ist eine Art der Wie-
Abfallbehandlung Bauteile, wie z. B. geneigte Dachdeckungen derverwertung. Hier werden organische Bau-
Seit Februar 2007 müssen durch das Kreis- aus Dachziegeln, können daher durchaus eine stoffe wieder zu Humus und gelangen damit
laufwirtschaftsgesetz (KrW / AbfG) bei wirt- höhere Dauerhaftigkeit besitzen als neu produ- als Rohstoff zurück in die Produktionskette
schaftlicher Tragbarkeit alle Abfälle wieder- zierte. Eine hohe Dauerhaftigkeit bei einfacher organischer Naturprodukte.
verwertet werden (Abb. B 5.81). Die Wirt- Demontage fördert die Wiederverwendung, Bei der Weiterverwendung isoliert man die
schaftlichkeit definiert sich neben der Art der z. B. bei Natursteinpflaster. Grundlage für die Grundstoffe des Materials aus den Produkten
Verwertung und dem daraus resultierenden Möglichkeit der Nachnutzung gesamter Bau- und nutzt sie für die Herstellung neuer. Vor-
Produkt auch aus dem Abfallmanagement, teile ist ein weiterer Bedarf am Bauteil. Stan- ausgesetzt ist, dass die Inhaltsstoffe bekannt,
das z. B. notwendige Transportprozesse dardisierte Produkte erhöhen dabei die Vor- die Abfälle in sortenreinen Chargen vorliegen
berücksichtigt. planbarkeit, u. U. verfügbare Bauelemente zu und schadstofffrei sind. Solches stoffliches
Der Architekt gibt durch die Materialwahl die integrieren. Eine wirtschaftliche, bauteilbezo- Recycling eignet sich besonders bei standar-
Grundstoffe vor, die dem Abfallmanagement gene Nachnutzung sollte deshalb insbesonde- disierten Materialzusammensetzungen, einer
später einmal zur Verfügung stehen. Er kann re in Bezug auf schon industriell produzierte großindustriellen Produktion und einer heute
damit mittelfristig auf die Ausbildung von Mate- Bauteile durchführbar sein. Ein Beispiel sind schon wirtschaftlichen Verwertung des Bau-
rialkreisläufen einwirken oder durch bewusstes die Plattenbauten der DDR-Zeit. Aus nicht stoffs, z. B. bei Kunststoffen und Metallen, die
Einsetzen wiederverwerteter Produkte beste- mehr benötigten Bauplatten ließen sich neue mit hohem Energieeinsatz hergestellt wurden
hende Kreisläufe stärken (siehe Stadtraum Gebäude mit geringen Baukosten und ener- und knappe Rohstoffe verbrauchen (Abb.
und Infrastruktur, Abb. B 2.61). Nicht jeder getischen Folgewirkungen erstellen (Abb. B 5.96). Bei der energetischen Verwertung
Kreislauf ist gleichwertig, daher beschreiben B. 5.99). Ein Bauteil kann allerdings nur dann werden organische Baustoffe verbrannt und
die Begriffe »Downcycling«, »Recycling« und wiederverwendet werden, wenn es nicht zu ihr Energieinhalt in Form des Heizwerts [MJ]
»Upcycling« die Art der Rückführung in den stark auf seinen ersten Lebenszyklus optimiert genutzt. Als Emission entsteht insbesondere
Stoffkreislauf. Recycling bedeutet dabei im wurde, sondern über eine gewisse technisch- Kohlendioxid. Mit diesem Prozess wird der
Gegensatz zu Downcycling, dass theoretisch funktionale Neutralität verfügt. Halbzeuge, positive CO2-bindende Effekt erneuerbarer
ein dauerhafter Kreislauf über die vollständige aber auch standardisierte Baustoffe wie Ziegel Materialien wieder aufgehoben. Man spricht
Wiederverwertung ermöglicht wird. Upcycling oder Bauplatten, lassen ebenfalls eine Wieder- auch von »thermischem Recycling«, aller-
heißt, dass das Material im nächsten Zyklus verwendung zu. Da die Kosten für den materi- dings handelt es sich im Wortsinn nicht um
optimiert, z. B. sortenreiner, wird. algerechten Rückbau den Produktwert deutlich einen Recyclingprozess, da der Materialkreis-
übersteigen können, Rückbau häufig in engen lauf nicht weitergeführt wird. Mit dem aktuel-
Verwertungsarten Zeitfenstern durchgeführt wird und gebrauchte len Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz
Das Vorgehen bei der Verwertung ist Produkte Probleme bei der Gewährleistung ist für Deutschland aufgrund des begrenzt
ausschlaggebend für den ökologischen Wert, bedingen, findet eine Wiederverwendung aller- zur Verfügung stehenden Deponierungs-
den Erhalt des Grundstoffs und der im Material dings oft nicht statt. Bei Bauteilen mit hohem volumens für alle Bauteile aus organischen
gespeicherten Energie. Unabhängig von den oder historischem Wert wird das Verfahren Rohstoffen mindestens die thermische Ver-
oben genannten Rückführungsmöglichkeiten häufiger angewendet (Abb. B 5.98). wertung vorgeschrieben. Eine weitere typi-
unterscheidet man nach der Art der Verwer- Als Wiederverwertung wird die Wiedergewin- sche Form der Weiterverwendung ist der
tung (Abb. B 5.93): nung chemischer Grundstoffe zur Neuproduk- heute bereits weitverbreitete Umgang mit
tion desselben Materials bezeichnet, die auch mineralischen Baurestmassen. Sie werden
• Wiederverwendung ein Upcycling ermöglicht. Produkte mit nied- zu etwa 75 % über Downcycling als Straßen-
• Wiederverwertung riger Wertigkeit werden zu hochwertigen baumaterial oder Füllmasse verwendet (Abb.
• Weiterverwendung Produkten umgearbeitet. Die entstandenen B 5.93).
174
Material
B 5.95 B 5.96
Deponierung unmöglich gemacht (siehe Stadtraum und In- die Recyclingtechnologien einem Wandel.
Die generellen positiven Einflüsse einer frastruktur, S. 77). Eine Optimierung auf heute vorhandene Tech-
Verwertung lassen sich durch die Stoff- nologien erscheint daher aufwendiger und
stromanalyse darlegen. Nur wenn eine Ver- Rücknahmeverpflichtung weniger sinnvoll als eine möglichst umfassen-
wertung nicht möglich ist, erfolgt die Depo- Die EU-Gesetzgebung bereitet die generelle de Trennbarkeit und Sortenreinheit aller
nierung. und umfassende Rücknahmeverpflichtung für Schichten. Die Materialzusammensetzung
Die zur Ablagerung bereitstehenden Flächen Bauprodukte vor. Eine solche Verpflichtung sollte zudem bekannt und nachvollziehbar
sind in Deutschland, wie in fast allen Indus- soll sich zunächst auf Produkt- oder Gebäude- dokumentiert sein. Sind, wie beim Betonbau,
trieländern, stark begrenzt. Diese Form der hersteller beschränken. Die Qualität der Pla- Bauteile miteinander vergossen, lassen sie
Abfallbehandlung ist daher ebenso kosten- nung und die Betrachtung von alternativen sich nach Beendigung des Lebenszyklus nur
wie flächenintensiv; außerdem beeinträch- Austausch- und Abbruchprozessen wird durch Zerstörung voneinander trennen. Zwar
tigt sie Landschaftsbild und -nutzung. Bei jedoch die Möglichkeiten und die notwendigen lässt sich die sortenreine Wiedergewinnung
unsachgemäßer Handhabung können Schad- Aufwendungen für eine Rücknahme bestim- der Grundmaterialien durchführen, der
stoffe unkontrolliert in die Umwelt gelangen, men oder zumindest beeinflussen. Die daraus energieaufwendige Formgebungsprozess
Luft-, Wasser- und Bodenkontaminationen resultierenden rechtlichen Folgen für Architek- des Bauteils geht jedoch unwiederbringlich
verursachen und sich in der Nahrungskette ten und Bauherrn sind zurzeit noch unklar. verloren.
anreichern. Hinzu kommt die Gefahr der Eine vorausschauende Planung nimmt daher Daher sind gerade bei energiereichen Trag-
»wilden Deponierung« von Abfallstoffen, schon heute Bezug auf zu erwartende Ver- werkskonstruktionen die Möglichkeiten der
insbesondere bei mangelnder Überwachung. änderungen im Umgang mit Baustoffen und Nachnutzung zu beachten. Hier mündet die
Seit 2005 dürfen abgelagerte Abfälle in Bauteilen, etwa durch eine reversible Bauteil- Betrachtung industrieller Vorfertigungstech-
Deutschland aus Sicherheitsgründen nicht struktur. niken direkt in die Gestaltung demontage-
mehr »reaktiv« sein, d. h. sie dürfen sich in gerechter Konstruktionen. (Teil)demontage
ihrer Struktur nicht mehr verändern. Damit Materialkreislaufgerechte Konstruktionen und eine folgende Transformation können an
soll verhindert werden, dass innerhalb von Sind alle Möglichkeiten für die weitere Nutzung vielen Stellen wertvolle Bausubstanz oder Bau-
Deponien unkontrollierte chemische Prozesse eines Gebäudes ausgeschöpft, wird ein Ab- teile erhalten und durch planerische Leistung
ablaufen. Dies erfordert jedoch in den meisten bruch notwendig. Dann sollten die eingeführ- u. U. einen weiteren Nutzungszyklus ermög-
Fällen eine thermische Vorbehandlung des - ten Materialkreisläufe wieder getrennt werden lichen, sofern er nicht schon durch eine
Abfalls, die einen zusätzlichen Ressourcen- können. Dazu muss jede funktionale Schicht nutzungsneutrale Grundstruktur gegeben
verbrauch nach sich zieht. Der zuvor häufig und jedes Bauelement voneinander lösbar sein ist. Der Erhalt und der kreative Umgang mit
energie- wie ressourcentechnisch hochwer- (Abb. B 5.94). Eine Mindestanforderung be- dem Bestand sichert in aller Regel den lang-
tige, jedoch unsortierte Abfall wird dabei ver- steht in der Trennung von Materialschichten, fristig schonenden Umgang mit grauer Ener-
schmolzen. Eine spätere Rückgewinnung die für unterschiedliche Verwertungsarten gie und schafft für das Bauwesen eine
der Ressourcen wird damit erschwert oder vorgesehen sind. Allerdings unterliegen auch erhöhte Umweltverträglichkeit.
175
Strategien
B 6.1
Architekten und Planer sind der Qualität unse- Der Fortschrittsglaube der Moderne, die Bereit-
rer Umwelt in besonderer Weise verpflichtet. stellung komfortabler Lebensbedingungen
Kaum ein anderer Berufszweig greift so tief in durch beinahe beliebig großen Energie- und
die Sinnes- und Lebenswelt der Menschen und Ressourceneinsatz zu gewährleisten – unab-
zugleich in die weltweiten Energie- und Stoff- hängig von äußeren Bedingungen und inneren
ströme ein. Daher tragen Architekten in der Anforderungen –, hat zuweilen isolierte, von
Entwicklung nachhaltigen Wirtschaftens eine den vielfältigen Wechselbeziehungen abge-
entscheidende Verantwortung. löste Architekturen mit enormem Energiever-
Von der Notwendigkeit höherer Energie- und brauch hervorgebracht. Vor diesem Hinter-
Ressourceneffizienz sowie dem ganzheitlichen grund proklamierte Reyner Banham bereits
Denkansatz einer nachhaltigen Entwicklung 1967 die Notwendigkeit einer neuen Denkweise
werden voraussichtlich ähnlich wirksame in der Architektur, da die herkömmlichen Her-
Impulse ausgehen wie von den sozialpolitisch angehensweisen nicht ausreichen, um die
motivierten Veränderungen der Moderne. Diese zunehmenden Umweltprobleme zu lösen. Am
könnten eine Neudefinition von Architektur und Vergleich zwischen Motorboot und Segelboot
Bauen bewirken, sodass auch dieser Wirt- verdeutlicht er gegensätzliche Entwurfskonzep-
schaftszweig den erforderlichen Beitrag für te: »Mit einem Motor lässt sich praktisch jedes
eine nachhaltige und zukunftsfähige Entwick- schwimmende Objekt in ein steuerbares Schiff
lung liefern kann. verwandeln. Ein kleines, konzentriertes Maschi-
nenpaket verwandelt ein undifferenziertes
Bestehende Leitbilder hinterfragen Gebilde in einen Gegenstand mit Funktion und
Städtebau und Architektur entwickelten sich Zweck« [1]. Banham zufolge sollten Architekten
aus dem Kontext lokaler Klimabedingungen ein Haus nicht mehr als ein mit technischen
sowie vorhandener Material- und Energieres- Apparaturen ausgestattetes Gehäuse auffas-
sourcen. Erst seit wenigen Generationen hat sen, sondern zu einem »Klimagerät« weiterent-
sich das Bauen durch die Möglichkeit der Nut- wickeln, das wie ein Segelboot dynamisch auf
zung fossiler Energieträger von diesen Rah- die Umwelteinflüsse reagiert und sich durch
menbedingungen gelöst (Abb. B 6.6). In der die Ausnutzung des lokalen Energieangebots
Folge betrachtete man einen hohen Energie- versorgt (Abb. B 6.1).
verbrauch als Ausdruck überlegener Kultur.
Statistiken verwiesen auf die Fähigkeit entwi- Vision 2000-Watt-Gesellschaft
ckelter Länder, mehr Energie erzeugen und Während noch vor wenigen Jahrzehnten dis-
verbrauchen zu können als andere. kutiert wurde, Materie und Architektur weit-
Ökologie
(CO2-Belastung)
Klima Minimierung des
Energiebedarfs
Ökonomie
Nutzung (Lebenszykluskosten)
Recht Gesellschaft
(Akzeptanz)
B 6.2
176
Strategien
177
Strategien
Mensch
Sonne Luft
Behag-
lichkeit
Nutz Minimierung
Bedarfshin-
u
terfragung/
Ausla ng Klim
a
Bedürfnis/
stun des Bedarfs
g Ort
Bedarf
und t
Baub gie- gebo
edar
f Ener urcenan
o
Ress
Syne
und rgien
gie- darf
Ener urcenbe
erneuerbar/
Wasser Flora / Fauna o
Ress
nicht ern.
deckung
Bedarfs-
Akze
klus it pt
Optimierung der Image anz
nszy e
Lebe haftlichk
c Bedarfsdeckung
Wärme Wirts
Effizienz
Umwelt-
wirkung
Kälte
Strom
Erdreich Grundwasser
B 6.7 B 6.8
thermischen Qualität der Gebäudehülle. Die raum), an sommerlichen Wärmeschutz (z. B. Gasanschluss, Anschlusszwang etc.) sowie
Temperaturdifferenz zwischen Tag- und Nacht- inBüroräumen maximale Temperaturen) oder sich aus der Nutzung ergebende rechtliche
lufttemperaturen gibt Auskunft über das Poten- an die Luftqualität (z. B. Luftwechselrate in Forderungen (z. B. Lüftung bei Konzertsälen)
zial einer passiven, freien Kühlung über die einem Klassenraum) wichtige Randbedingun- weitere wichtige Einflussgrößen.
Nachtluft. Die Jahresdurchschnittstemperatur gen für die Entwicklung eines Energiekon-
beeinflusst das Temperaturniveau des oberflä- zepts vor. Gestalterische Randbedingungen
chennahen Erdreichs und damit die mögliche Bei der Entwicklung von Energiekonzepten bil-
Nutzung der oberflächennahen Geothermie. Technische und rechtliche Randbedingungen den die lokal verfügbaren Umweltenergiepo-
Die Luftfeuchtigkeit bildet die Grundlage für die Vorgaben des Bauplanungs- und Bauord- tenziale – und somit die vielfältigen Wechsel-
Festlegung der Be- und Entfeuchtung und zeigt nungsrechts (z. B. Bebauungsplan, Gestal- beziehungen zwischen dem Gebäude und sei-
die Möglichkeiten direkter adiabater Kühlung tungssatzung etc.) sowie zur Energieeinspa- ner unmittelbaren Umgebung – wesentliche
auf. Jahreszeitlich vorherrschende Windge- rung bilden ein immer dichter geflochtenes gestalterische Randbedingungen (Abb. B 6.7).
schwindigkeiten und -richtungen geben Hin- Regelwerk. Daraus leiten sich Bebauungsdich- Aus dem jeweiligen solaren Strahlungsangebot
weise zur natürlichen Be- und Entlüftung oder te, Kubatur, Dachformen, Materialvorgaben unterschiedlicher Himmelsrichtungen resultie-
zur Stromerzeugung aus Windkraft. Nieder- etc. ab. Ergänzend bieten Informationen zur ren z. B. spezifische Anforderungen an trans-
schlagsmengen und ihre Verteilung stellen das technischen Infrastruktur (z. B. Fernwärme, parente Außenwandflächen oder an Sonnen-
Potenzial einer Verdunstungskühlung über
RLT-Anlagen dar. Eine genaue Kenntnis der
geologischen Randbedingungen ist erforder- Randbedingung Information Handlungsfeld
lich für Maßnahmen zur Nutzung des Erdreichs Klima Temperatur Extremwerte thermische Qualität der Gebäudehülle
bzw. des Grundwassers für die Gebäudehei- Temperaturdifferenz Tag / Nacht Potenzial für freie Kühlung durch Nachtluft
Jahresmitteltemperatur Leistungspotenzial für Luft-Erdregister
zung oder -kühlung. Die solare Strahlungsleis- relative Luftfeuchtigkeit Sommer / Winter Möglichkeit für direkte adiabate Kühlung
tung auf die Gebäudehülle und die Analyse der mittlere Windgeschwindigkeiten Stromerzeugung durch Windenergie
Sonnenbahnen bilden die Grundlage für die Verteilung der Windrichtungen natürliche Be- und Entlüftung durch Windbewegung
passive Solarnutzung, den sommerlichen Wär- Niederschlagsmenge und -verteilung technischer Einsatz von Verdunstungskühlung
geologische Erdschichten Erschließung des Erdreichs über Erdsonden
meschutz sowie die Ermittlung der Effizienz
Grund- und Oberflächenwasser Nutzung als Wärmequelle und für passive Kühlung
solarthermischer Systeme und photovoltaischer Energiemenge Solarstrahlung passive und aktive solare Wärme- und Stromerzeugung
Anlagen. Sonnenbahnverlauf Optimierung des sommerlichen Wärmeschutzes
Nutzung Anforderung an beheizte Flächen minimale und maximale Temperatur
Nutzungsspezifische Randbedingungen Zielvorgaben für sommerlichen Raumtemperatur und Temperaturspreizung
Die erforderlichen Energiedienstleistungen Wärmeschutz (z. B. 22 °C ± 2 °C; 21 – 28 °C)
ergeben sich aus der Analyse der nutzungs- Anforderung an Luftqualität AGW-Werte; CO2-max.-Werte
Anforderung an Luftfeuchtigkeit relative Luftfeuchte und Spreizung (z. B. 50 % ± 10 %)
spezifischen Randbedingungen, die in vielen Anforderung an Beleuchtung – Luxwerte Sonnen- und Blendschutzsystem
Fällen aus der Gebäudenutzung entstehen. Sie
Recht B-Plan Optimierung der Flächennutzung bis maximal
werden jedoch auch durch die individuellen zulässiger Bebauungsdichte
Vorstellungen des Bauherrn bzw. Nutzers EnEV maximaler Primärenergieverbrauch
beeinflusst. So geben die Anforderungen an DIN 18599 Wärmequellen und -senken
Raumtemperaturen (z. B. Wohn-, Schlaf-, Büro- Anschlusszwang Infrastrukturnutzung und Erhöhung der Auslastung
wasserrechtliche Vorgaben Nutzung des Erdreichs und des Grundwassers als
Energieträger
rechtliche Vorgaben aus Nutzung z. B. Wärmerückgewinnung bei erforderlicher
B 6.7 schematische Darstellung lokaler Energiepoten- maschineller Lüftung
ziale Denkmalschutz Erhaltung der Raumwirkung z. B. durch Innendämmung
B 6.8 Prozessschema zur Entwicklung von Energie-
Gestaltung umgebende Bebauung und mikro- architektonische Gestaltung in Verbindung mit der
konzepten
klimatische Randbedingung Nutzung von Umweltenergien
B 6.9 Randbedingungen und Handlungsfelder zur Ent-
Verhältnis von Grundstücksgröße Nutzbarkeit primärer und sekundärer Solarenergie
wicklung von Energiekonzepten
zu Bauvolumen -
B 6.10 Möglichkeiten zur Abstimmung von Energie-
Verhältnis Nutzfläche zu pot. Solarfläche Anteil transparenter Wandflächen nach Himmels-
angebot und -bedarf
richtungen
B 6.11 Bauteile und ihre energetische Nutzbarkeit
B 6.9
178
Strategien
Außenbereich funktionale Erschließung, Stellplatz- Erdreich als Wärmetauscher, mikroklimatische Verbesserung durch gezielte Bepflanzung und Wasserflächen, Son-
fläche, Erholungsfläche nenschutz, Windschutz, minimierte Versiegelung, Regenwassernutzung
Fundamente Gründung des Gebäudes Speichermasse als durchlüftete Konstruktion zur Frischluftkonditionierung, Pfahlgründung zur geothermischen
Energienutzung
Bodenplatte Abdichtung und Statik, unterer hohe thermische Qualität durch hoch belastbare, multifunktionale Dämmmaterialien, integrierte Installation von
Bauwerksabschluss, Gründung Wärmeträgermedien (Luft / Wasser)
Außenwände Schutzfunktion gegenüber Witterung, hohe Wärmedämmqualität und Luftdichtheit zur Reduktion der technischen Anlagen für Heizen und Kühlen, Inte-
Schall, Wärme und Kälte gration von Lufteinlässen, Integration solarer Energiegewinnsysteme für Strom und Wärme
Fenster natürliche Raumbeleuchtung und hohe Wärmedämmqualität und Luftdichtheit zur Reduktion der technischen Anlagen zum Heizen, Tageslicht- und
Belüftung, Außenbezug Energieoptimierung durch Anordnung, Größe und Selektivität von Verglasungen, solare Kontrolle mit Sonnen- und
Blendschutz für minimale Kühllasten, Integration von Lufteinlässen, verglasungsintegrierte Solarstromanlagen
Dach Schutzfunktion gegen Witterung, hohe Wärmedämmqualität und Luftdichtheit zur Reduktion der technischen Anlagen für Heizen und Kühlen, mikro-
Regenentwässerung, klimatische Wirkung bei Gründächern, Temperaturamplitudendämpfung, Tageslichtversorgung, Integration solarer
oberer Gebäudeabschluss Energiesysteme
Atrium witterungsgeschützter Nutz- Wärmequelle oder Wärmesenke im Rahmen passiver Heiz- / Kühlstrategien für angegliederte Räume, Klimapuffer,
raum, interne Erschließung Tageslichtversorgung bei entsprechender Optimierung, Bestandteil von Lüftungskonzepten als Luftverteiler oder
Luftsammler (freier Auftrieb), Synergie von Abluft- und RWA-Klappen
Innenwand Grundrissorganisation, Raumtrennung, Erhöhung der thermischen Speicherkapazität zur Temperaturamplitudendämpfung, Materialwahl (transparent / opak)
Brandschutz, Statik und Oberflächeneigenschaften (Absorption / Reflexion) in Abstimmung mit der Tageslichtoptimierung und der
Akustik, Integration von Überströmöffnungen zur Lüftung und zur nächtlichen Erwärmung der Speichermassen
Decke Verkehrslast, Trittschallschutz, Akustik, Nutzung der thermischen Pufferwirkung zur Temperaturamplitudendämpfung durch Verzicht auf Deckenabhängung,
Aufnahme elektrischer Leuchten, Oberflächeneigenschaften in Abstimmung mit Tageslichtoptimierung (Lichtreflexion) und Akustik, thermische Bau-
Installationsraum teilaktivierung zum Heizen und Kühlen über bauteilintegrierte Rohrregister
Fußboden Nutzflächen mit entsprechendem Boden- Heizen und Kühlen im Niedertemperaturbereich, Optimierung thermischer und akustischer Anforderungen
belag, Hohlraum für Installationsleitungen
B 6.11
179
Strategien
180
Strategien
Gesellschaftliche Bewertung
Bei der Beurteilung von Energiekonzepten
müssen insbesondere die Auswirkungen auf
die Nutzer berücksichtigt werden, denn die
Nutzerakzeptanz ist für das Wohlbefinden und
für einen planungsgemäßen Betrieb letztlich
die entscheidende Vorausetzung. Neben dem
thermischen Komfort beeinflussen vor allem
der visuelle, akustische und olfaktorische Kom-
fort (z. B. Empfindungstemperatur, Raumluft-
feuchte und Luftbewegung) das Behaglich-
keitsempfinden. Zudem stellen die Möglichkei-
ten, auf das Raumklima einwirken zu können
(z. B. öffenbare Fenster, individuell regelbarer
Sonnen- bzw. Blendschutz etc.), weitere B 6.15 B 6.16
181
Strategien
EnEV 2007
Wohnbau
EnEV 2007
Nichtwohnbau
Passivhaus
»Ökobilanz-
haus«1
Gewinnung Rohstoffe •
Herstellung Baustoffe •
Herstellung Gebäude •
Heizwärme • • • •
Trinkwasserwärme • • • •
Lüftung • • • •
Kühlung • •
Beleuchtung • •
Haushaltsstrom • •
elektr. Arbeitshilfen •
Aufwand Rückbau •
Aufwand Entsorgung •
1
möglicher Bilanzierungsumfang
B 6.17 B 6.18 B 6.19
bei Bedarf Fremdenergie zu beziehen. Im die Leistungsfähigkeit eines Gebäudes zu unterscheidet man statische und dynamische
Idealfall wird in jedem Gebäude in der Jah- optimieren und damit eine maximale Behag- Berechnungsmethoden.
resbilanz die Menge Energie erzeugt, die lichkeit bei minimalem Energiebedarf zu errei- Statische Simulationen setzen einfache Berech-
auch verbraucht wird. chen. Für den gesamten Entwicklungsprozess nungsalgorithmen um. Sie dienen zur punktuel-
• Energieerzeugung und Energieverbrauch eines Energiekonzepts stehen unterstützende len Berechnung von Extremwerten (z. B. Heiz-
eines Gebäudes sind in einem Netzverbund Softwaresysteme zur Verfügung. Umfangreiche und Kühllast) oder zur vereinfachten Ermittlung
zusammengefasst. Die gebäudespezifische thermodynamische Prozesse innerhalb eines von Jahresenergiesummen (z. B. Heizwärme-
Energieerzeugung ist vollständig vom Ver- Gebäudes werden im Zusammenspiel mit den bedarf nach Passivhausprojektierung oder Jah-
brauch entkoppelt, der Energiebedarf wird dynamischen Umweltbedingungen als virtuel- resprimärenergiebedarf nach EnEV).
durch geeignete externe Energiequellen les Modell abgebildet. Das ermöglicht, sowohl Dynamische Simulationen dagegen bilden die
abgedeckt (z. B. »Ökostrom«). Es erfolgt eine den spezifischen Energiebedarf von Gebäuden Energieströme in Gebäuden unter den verän-
Gesamtbilanzierung über einen definierten als auch die energetischen Auswirkungen alter- derlichen inneren und äußeren Lasten realitäts-
Raum (z. B. Stadt, Region, Land). Die Ener- nativer Planungsentscheidungen im architekto- nah nach. Unter Einfluss variabler Parameter
giebilanz des Gebäudes wird über formale nischen Entwurf quantitativ zu ermitteln (Abb. ermitteln sie in definierten Zeitschritten den
Hilfsmittel (z. B. Zertifikate) erstellt und B 6.17 und 18). Energiefluss und berücksichtigen so z. B. die
ermöglicht beispielsweise eine direkte Die Vielzahl der verfügbaren Softwareprogram- Speicherfähigkeit von Bauteilen, ein sich
Anrechnung von Windenergieerträgen auf me bietet für alle energetisch relevanten Frage- änderndes Nutzerprofil oder den Tages- und
den Energieverbrauch eines räumlich ent- stellungen spezialisierte Anwendungen (Abb. Jahresverlauf der Solarstrahlung. Neben Analy-
fernten Objekts. B 6.20), z. B. Analyse des Energiebedarfs, sen zum thermischen Verhalten des Gebäudes
Komfortbetrachtungen in Innenräumen, strö- können über dynamische Simulationen auch
Planungshilfen mungstechnische Berechnungen oder Ertrags- die Beleuchtungssituation und Luftbewegun-
Simulationsprogramme unterstützen das Ziel, prognosen technischer Systeme. Prinzipiell gen in Räumen simuliert werden.
Auslegung
Bewertung
Nachweis
CAD-Ver-
knüpfung
bildgebend
filmgebend
Berechnung / Simulation Anwendung Ergebnisse
statische Planungshilfen
Heizlast Ermittlung der maximalen Heizleistung im ungünstigsten Fall zur Normheizlast [W] • •
Dimensionierung der Nutzenübergabe und Wärmeerzeugung
Kühllast Ermittlung der maximalen Kühllast im ungünstigsten Fall zur Kühllast [W] • •
Dimensionierung der Nutzenübergabe und Kälteerzeugung
Jahresenergiebedarf Ermittlung der Jahresenergiemengen für verschiedene Heizwärmebedarf [kWh / m2 a] • • •
Energiedienstleistungen nach definierten Rechenmethoden Primärenergiebedarf [kWh / m2 a] für Heizung,
Trinkwarmwasser, Lüftung, Beleuchtung, Kühlung
dynamische Planungshilfen
thermische Simulation Ermittlung des thermodynamischen Verhaltens von Bauteilen und Heizlast [W], Kühllast [W] • • • •
Gebäuden zur Bewertung von Komfortbedingungen, Lufttemperaturen [°C]
Jahresenergiemengen und Energieleistungen Oberflächentemperaturen [°C]
Tageslichtsimulation Ermittlung der Beleuchtungssituation von Räumen und Verschattungs- / Besonnungsdauer • • • •
Gebäuden zur Tages- und Kunstlichtoptimierung Leuchtdichteverteilung
Beleuchtungsstärken
Strömungssimulation Ermittlung der Raum- und Gebäudedurchströmung zur lokale Luftgeschwindigkeiten • • • •
Bewertung von Komfortbedingungen, d. h. Schadstoff- dynamische Luftwechselraten
konzentrationen und Luftgeschwindigkeiten
Anlagensimulation Ermittlung des Energieertrags der Gebäudetechnik zur Stromertrag von Photovoltaikanlagen • •
energetischen Bewertung und Auslegung der Komponenten Erträge von solarthermischen Anlagen
sowie zur Optimierung der Regelungstechnik Effizienz von Wärmepumpen
Effizienz von Kraft-Wärme-Kopplung
Verschattungssimulation Ermittlung der Fremd- und Eigenverschattung in Stadträumen Licht- und Schattenverläufe im Tages- und • • •
für Einzelgebäude und Innenräume Jahresverlauf
B 6.20
182
Strategien
1 Kombispeicher
2 Wärmepumpe
3 Lüftungsgerät mit UD= 0,15 W / m2 K natürliche
Wärmerückgewinnung taik Lüftung
Photovol Zuluft
außenliegender
F
Sonnenschutz
akademie, Herne (D) 1999, Jourda et Perraudin,
Solarthermie
Hegger Hegger Schleiff U = 0,2 W /m2 K
AW
B 6.18 thermische Simulation und Strömungssimulation,
Wettbewerbsstand (Querschnitt), Fortbildungs-
akademie, Herne (D) 1999, Jourda et Perraudin, Fort- Außen-
Fußboden-
Hegger Hegger Schleiff Heizwärmebedarf Q = 40 kWh / m2 a (8000 kWh /a) luft luft
H heizung
B 6.19 Bilanzierungsumfang verschiedener Gebäude- Trinkwasserwärmebedarf QTWW= 12,5 kWh / m2 a (2500 kWh /a )
energiestandards Haushaltsstrombedarf = 2800 kWh el
B 6.20 Übersicht Planungshilfen Erdkollektor
B 6.21 beispielhafte Darstellung eines Gebäude- 2
UKW= 0,3 W / m K 1
energiekonzepts 2
UB= 0,3 W / m K
B 6.22 beispielhafte Darstellung eines Energiefluss- 2 3 Erdkanal
diagramms
B 6.21
Beim Einsatz dieser Planungshilfen steigt die quellen nachvollziebar darstellen (Abb. B 6.21 EU-Gebäuderichtlinie über die Gesamtenergie
Aussagekraft der Ergebnisse mit zunehmen- und 22). Die Dokumentation kann zudem Vor- effizienz von Gebäuden
dem Detaillierungsgrad der Randbedingungen, aussetzungen für eine kontinuierliche Erfas- Im Zuge der europäischen Harmonisierung von
was im Planungsprozess einen entsprechen- sung und Auswertung der Energieflüsse im Normen verpflichteten sich die EU-Mitglieds-
den Informationsstand erfordert. Statische Gebäude schaffen. staaten die Anforderungen der Richtlinie
Simulationen ermöglichen über pauschale 2002 / 91 / EG des Europäischen Parlaments
Angaben einen schnellen Einstieg und eine über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäu-
grobe Abschätzung des energetischen Verhal- Politik, Gesetze und Verordnungen den bis Januar 2006 in nationales Recht umzu-
tens. Bei konkreten Fragestellungen können setzen. Diese EU-Richtlinie – häufig auch mit
dann dynamische Simulationen eingesetzt wer- Berichte und Dokumente zu den Themenkom- EPBD (Energy Performance of Building Directi-
den: z. B. Verschattungsanalyse durch umge- plexen Energie und Materialien beziehen sich ve) abgekürzt – verfolgt insbesondere folgende
bende Bebauung, Einfluss der Öffnungsgrößen auch auf internationaler Ebene zunehmend Ziele:
auf die Tageslichtnutzung, Einfluss des Son- auf den Schlüsselbegriff »Nachhaltigkeit«.
nenschutzes auf die Kühllast, Einfluss der Kühl- 1987 veröffentlichte die Brundtland-Kommis- • eine ganzheitliche Beurteilung der Energie-
leistung auf die sommerliche Raumtemperatur, sion in ihrem Abschlussbericht erstmals eine effizienz von Gebäuden
Temperaturschichtung in einem Atrium etc. umfassende Definition dieses Begriffs in Ver- • die Forcierung der energetischen Moderni-
Je nach Fragestellung und Berechnungsme- bindung mit dem neuen Leitbild der »nach- sierungsmaßnahmen bei Bestandsbauten
thode werden Simulationsprogramme für die haltigen Entwicklung«. Die Kommission • transparente Informationen hinsichtlich der
Bewertung von Einzelbauteilen, Gebäuden und bezeichnet damit eine Entwicklung, »die den Energieeffizienz von Gebäuden für Verbrau-
Planungsalternativen eingesetzt. Darüber hin- Bedürfnissen der heutigen Generation ent- cher
aus dienen die Ergebnisse der Auslegung bzw. spricht, ohne die Möglichkeiten künftiger Gene- • energetische Verbesserung der Anlagen-
Dimensionierung von Komponenten der Ge- rationen zu gefährden, ihre eigenen Bedürfnis- technik
bäudetechnik oder auch der Erstellung von se zu befriedigen und ihren Lebensstil zu wäh-
Nachweisen. len« [4]. Ursprünglich stammt dieser Begriff Ein Großteil dieser Anforderungen – wie z. B.
Die Anwenderfreundlichkeit von Simulations- aus der Forstwirtschaft und bedeutet, dass die nationalen Energiestandards für Neu- und
programmen wird wesentlich durch die Ober- dem Wald nicht mehr Holz entnommen werden Bestandsbauten, die ganzheitliche Bewertung
flächenstruktur und Dateneingabe bestimmt. darf als nachwächst. der Gebäudehülle und Anlagentechnik sowie
Insbesondere die Einbindung in CAD-Systeme Aspekte des Leitbilds Nachhaltigkeit sind auf die Außerbetriebnahme alter Heizanlagen – ist
bietet Synergiepotenziale. Die Datenausgabe europäischer oder nationaler Ebene erst ver- in der deutschen Energieeinsparverordnung
ermöglicht unterschiedliche Kennwertausga- einzelt in normativen Regelungen umgesetzt (EnEV) umgesetzt. Die Forderungen nach
ben (z. B. Heizlast, Kühllast, Jahresprimärener- worden. Bestehende Gesetze und Verordnun- regelmäßigen Inspektionen von Heizkesseln
giebedarf etc.), grafische Ergebnisdarstellun- gen konzentrieren sich derzeit noch überwie- werden durch das erste Bundesimmissions-
gen (z. B. Tagesverlauf der Raumtemperatur, gend auf die Dimension Umwelt (Abb. B 6.23). schutzgesetz (BImSchG) erfüllt. Da die EU-
Jahresverlauf der solaren Energieerzeugung
Quelle Energietechnik Übergabe Energiedienst-
etc.) und bildhafte Ergebnisdarstellung (z. B. und Verteilung leistung
Leuchtdichteverteilung an den Oberflächen, Netzstrom 2800 kWhel Haushaltsstrom
Temperaturschichtung im Raum, Isothermen- 2800 kWhel
verlauf in Bauteilen, lokale Luftgeschwindig-
keiten im Raum etc.).
Sonne Photovoltaik Fußboden- Raumheizung
50 m2 heizung 8000 kWhth
Dokumentation
Eine aussagekräftige Dokumentation bildet die
Solarthermie Kombispeicher Trinkwarmwas-
Grundlage für die Kommunikation unter den 10 m2 1000 l ser 2500 kWhth
Planungsbeteiligten und dient der Information
für Externe. Anstelle reduzierter Systemskizzen,
abstrakter Berechnungen und Tabellen treten Erdreich Erdkollektor Wärmepumpe
210 m2 7 kW
zunehmend selbsterklärende grafische Doku-
mentationen, die sowohl das Maßnahmenkon-
zept erläutern als auch den Weg von den Außenluft Erdkanal Lüftungsgerät
Luftkanal
Außenluftversor-
30 m mit Wärmerückgew. gung 250 m3 / h
Energiedienstleistungen bis zu den Energie-
B 6.22
183
Strategien
Gebäuderichtlinie jedoch in einigen Punkten spielraum, die vorgeschriebenen Effizienzziele Transport der Energieträger unterschiedliche
über die bisherigen Verordnungen in Deutsch- zu erreichen. Zudem bietet die EnEV den Nut- Werte auf. In Deutschland beträgt derzeit
land hinausging, trat 2005 die Novellierung des zern bezüglich der prognostizierten Energie- beispielsweise der Primärenergiefaktor fp für
Energieeinsparungsgesetz (EnEG) mit folgen- aufwendungen eine größere Transparenz. Strom 3,0 (dieser Faktor wird allerdings in den
den Änderungen in Kraft: Die EnEV begrenzt für alle neu zu errichtenden kommenden Jahren aufgrund der steigenden
Gebäude mit normalen Innenraumtemperatu- Einspeisung erneuerbarerer Energie bei der
• Einbeziehung des Energiebedarfs für ren in Abhängigkeit vom A / Ve-Verhältnis den Stromerzeugung sinken), für Öl bzw. Gas 1,1
Beleuchtung, Raumlufttechnik und Klima- maximal zulässigen Jahres-Primärenergiebe- und Holzpellets 0,2. Des Weiteren definiert die
anlagen bei Nichtwohngebäuden darf Qp. Sie erweitert die bisherige Bilanzierung EnEV durch eine Nebenanforderung einen
• Einführung von Energieausweisen bei Ver- um folgende Einflussfaktoren (Abb. B 6.26): »Mindestwärmedämmstandard«, nämlich den
mietung und Verkauf von Bestandsbauten spezifischen, auf die wärmeübertragende
oder Wohnungen • Verluste in der Vorkette bei Förderung, Umfassungsfläche bezogenen Transmissions-
• Aushang von Energieausweisen in öffent- Umwandlung und Transport der Energie- wärmeverlust H'T. Dieser Wert bildet den
lichen und stark frequentierten Gebäuden träger mittleren U-Wert aller Hüllbauteile unter Berück-
• regelmäßige Inspektion von Klimaanlagen • Wärmebedarf für die Warmwasserbereitung sichtigung von Wärmebrückenverlusten ab.
(pauschal) Dabei gibt es für Neu- bzw. Altbauten unter-
Während gegenüber der bis dato gültigen • Verluste der Anlagentechnik bei der Wärme- schiedliche Berechnungsverfahren und Anfor-
EnEV für Wohngebäude nur wenig Änderungs- bereitstellung derungen:
bedarf besteht, wurde für Nichtwohngebäude • elektrischer Hilfsenergiebedarf der Anlagen-
die neue DIN 18 599 »Energetische Bewertung technik (z. B. Pumpen, Brenner, Regler) • Neubauten mit normalen Innentemperaturen
von Gebäuden« entwickelt, um die wesentlich • Energiebedarf von mechanischen Lüftungs- ≥19 °C müssen nach dem Monatsbilanzver-
umfangreicheren Berechnungs- und Bilanzie- anlagen fahren Höchstwerte für Qp und H'T einhalten.
rungsverfahren abzubilden. • Nutzung erneuerbarer Energien (z. B. Solar- • Neubauten mit normalen Innentemperaturen
kollektoren) ≥19 °C mit einem Fensterflächenanteil ≤ 30 %
Energieeinsparverordnung können nach dem so genannten vereinfach-
Bei Einführung der EnEV wurden die vorherige Der Jahresprimärenergiebedarf eines Gebäu- ten Verfahren für Wohngebäude berechnet
Wärmeschutz- und die Heizanlagenverordnung des berücksichtigt mit der Wahl des Energie- werden.
zusammengefasst, um die erhöhten Anforde- trägers (z. B. Erdgas, Biomasse etc.) dessen • Bei Neubauten mit niedrigen Innentempera-
rungen an den baulichen Wärmeschutz bzw. Umweltbelastungen und die vorgelagerten Pro- turen ≤ 19 °C oder kleinen Gebäudevolumen
die Anlagentechnik mit einem gemeinsamen zessketten durch so genannte Primärenergie- ≤ 100 m3 ist lediglich die Einhaltung der
Nachweisverfahren und einer Nachweisgröße faktoren. In den EU-Ländern weisen diese Pri- Höchstwerte für H'T zu gewährleisten, zudem
abzubilden. Diese ganzheitliche Betrachtung märenergiefaktoren entsprechend den Aufwen- gelten hierbei geringere Anforderungen.
erlaubt Planern einen erweiterten Gestaltungs- dungen für Förderung, Umwandlung und • Altbauten, bei denen Sanierungsmaßnahmen
2004 2004
Verwaltungsvorschrift zu §13
2005 EnEV
2006 2007
Energieeinsparverordnung
2007 (EnEV)
2008
2008 / 2009
2009 Energieausweise
2010
B 6.23
184
Strategien
220
Qp = Primärenergiebedarf
B 6.23 zeitliche Entwicklung der Anforderungen zur Qh = Energiebedarf Heizung Primärenergiefaktor erneuerbare Energieträger
Nachhaltigkeit und Energieeffizienz von Gebäu- Qi = interne Wärmegwinne Holz: 0,2
Qs = solare Wärmegewinne Wind: 0
den
Qw = Energiebedarf Warmwasser Wasser: 0
B 6.24 durchschnittliche Werte für den Heizwärme- Sonne: 0
bedarf ep = Anlagenaufwandszahl
B 6.25 Bilanzierungsumfang der DIN 18 599 HT = Transmissionswärmeverlust
B 6.26 Bilanzierungsumfang der EnEV HV = Lüftungswärmeverlust 1
nach EnEV 2007
B 6.26
185
Strategien
Steuerung der Energienachfrage zu entwickeln. für ein Standardklima und die Nutzungsbedin- sie jedes Gebäude gemäß den neuen energeti-
Die EU-Gebäuderichtlinie (EPBD) erweitert gungen (z. B. Raumtemperatur 19 °C, Länge schen Anforderungen zu planen. Aufgrund des
infolgedessen die klassischen Instrumente der der Heizperiode, durchschnittlicher Luftwech- ganzheitlichen Bilanzierungsverfahrens und
Politik um eine marktorientierte Strategie. Sie sel) und wird daher auch als »rechnerischer der Verrechnungsmöglichkeit zwischen opti-
verpflichtet zur verbindlichen Einführung von Verbrauch« bezeichnet. Verbrauchsorientierte mierter Gebäudeform, baulichen Wärmedämm-
Energieausweisen bei Errichtung, Verkauf oder Energieausweise basieren hingegen auf der maßnahmen und energetischer Qualität der
Neuvermietung von Gebäuden, Wohnungen Heizkostenabrechnung und bilden somit neben Anlagentechnik ist die architektonische Gestal-
bzw. sonstigen Nutzungseinheiten. Bei Gebäu- der energetischen Qualität des Gebäudes vor tung des Gebäudes im Zusammenhang mit der
den mit einer Gesamtnutzfläche von über allem das individuelle Nutzerverhalten sowie energetischen Effizienz zu betrachten.
1000 m2, die von Behörden oder Einrichtungen ggf. extreme Klimaeinflüsse ab. Da diese Ein- Nehmen Architekten diese Aufgabe an, können
mit öffentlichem Publikumsverkehr genutzt wer- flüsse die tatsächliche energetische Qualität sie mit ihren planerischen Mitteln ganz wesent-
den, müssen diese Ausweise an gut sichtbarer deutlich überlagern können (im Extrem hätte ein lich den Energiebedarf sowie Bau- und
Stelle ausgehängt werden. leer stehendes Haus die höchste Energieeffizi- Betriebskosten reduzieren. Für kleinere Projek-
Die Energieausweise sollen die Markttranspa- enz), lässt sich die Energieeffizienz von Gebäu- te können Architekten die Aufgaben mit ent-
renz sowie das Verbraucherbewusstsein hin- de auf Grundlage von Bedarfsrechnungen aus- sprechenden Softwareprogrammen überneh-
sichtlich des Energieverbrauchs von Gebäu- sagekräftiger beurteilen und vergleichen. men und damit ihr Handlungsfeld erweitern.
den erhöhen und somit Innovations- und Inves- Die Umsetzung der EU-Gebäuderichtlinie in Bei komplexeren Bauaufgaben werden sie
titionsanreize für Neubau und Bestand auslö- Deutschland wird durch die Novellierung der diese meist in Zusammenarbeit mit einem Inge-
sen. Folgende Regelungen sind zu beachten: EnEV 2007 geregelt. Die verbindliche Einfüh- nieur für Gebäudetechnik oder einem Energie-
rung von Energieausweisen ist wie folgt vor- berater lösen. Sie sollten jedoch über ausrei-
• Die Energieausweise müssen einen Kenn- gesehen: chende Kenntnisse auf diesem Gebiet verfü-
wert angeben, der die Gesamtenergieeffizi- gen, um das fachliche Potenzial der Fachpla-
enz des Gebäudes repräsentiert. Dabei sind • für Wohngebäude der Baujahre vor 1965 ab ner sowie die technischen und gestalterischen
zur besseren Transparenz auch Vergleichs- 1.07.2008 Möglichkeiten voll ausschöpfen zu können.
kennwerte anzugeben. • für später errichtete Wohngebäude ab Aufgrund der politisch initiierten Marktanreizpro-
• Zusätzlich sind Empfehlungen zur kosten- 1.01.2009 gramme (z. B. Energiepass) geht die Deutsche
günstigen Verbesserung der Energieeffizienz • für Nichtwohngebäude ab 1.07.2009 Energie Agentur (dena) davon aus, dass sich
beizufügen. bei konsequenter Ausschöpfung aller wirtschaft-
• Die Gültigkeitsdauer darf zehn Jahre nicht Prinzipiell besteht die Wahlmöglichkeit, ver- lichen Einsparpotenziale im Wohngebäudesek-
überschreiten. brauchs- oder bedarfsorientierte Ausweise aus- tor bis 2020 das jährliche Investitionsvolumen im
• Die Energieausweise dienen lediglich der zustellen. Lediglich Wohngebäude mit bis zu Bereich der energetischen Gebäudesanierung
Information, es besteht kein einklagbarer vier Wohneinheiten, die vor Inkrafttreten der etwa verdreifachen wird. Die Ausstellung von
Rechtsanspruch oder Sanierungsverpflich- ersten Wärmeschutzverordnung von 1977 Energieausweisen könnte bei rund 30 % der pri-
tungen. errichtet wurden, müssen bedarfsorientierte vaten Immobilieneigentümer Sanierungsmaß-
• Es ist den EU-Ländern freigestellt, ob Aus- Energieausweise vorweisen. nahmen auslösen [5]. Die Schaffung von Inno-
weise auf Bedarfsberechnungen oder Ver- vations- und Investitionsanreizen zur Effizienz-
brauchsmessungen basieren. Neue Tätigkeitsfelder für Architekten steigerung für Neubau und Bestand vermag
Mit der EU-Gebäuderichtlinie und den daraus somit einen bedeutenden Beitrag zur Sicherung
Der Informationsgehalt und die Aussagekraft entwickelten Instrumentarien kommt auf Archi- von Beschäftigung im Bauwesen sowie den ver-
von bedarfs- oder verbrauchsorientierten tekten nicht nur ein erweitertes Wirkungsfeld, wandten Planungsberufen zu leisten.
Energieausweisen sind nicht identisch. Die sondern auch neue Verantwortung zu. Als
Bedarfsberechnung trifft normative Annahmen Schlüsselfiguren im Planungsprozess haben
Planungsprozess
Bilanzierungsschritte DIN 18599
Die Anforderungen an Gebäude nehmen an
Zonierung des Gebäudes nach Nutzung, Anlagentechnik und Gebäudehülle Teil 1
Komplexität zu. Neben steigenden Ansprüchen
Bestimmung der nutzungsabhängigen Randbedingungen und der notwendigen Eingangsdaten Teil 1 und 10
an Komfort, Energieeffizienz und Umweltfreund-
für die Bilanzierung
lichkeit stellen Sicherheitsanforderungen und
Ermittlung der Wärmequellen und -senken der einzelnen Zonen und überschlägige Bilanzierung des Teil 2
Nutzenergiebedarfs für Wärme und Kälte
allgemein erhöhte technische Standards neue
Herausforderungen dar, die von Projektbeginn
Ermittlung des notwendigen Eintrags von Wärme und Kälte durch die Anlagentechnik auf Basis des Teil 2
überschlägigen Bedarfs in der Zone
an die Kooperation mit Spezialisten vorausset-
zen. Nutzer erwarten ein schadstofffreies
Ermittlung des Nutzenergiebedarfs für die energetische Luftaufbereitung Teil 3
Raumklima, gute Belichtungs- und Belüftungs-
endgültige Bilanzierung des Nutzenergiebedarfs für Wärme und Kälte sowie Zuteilung zu den Teil 2 bis 8 konzepte, einen angemessenen Außenraum-
verschiedenen Übergabesystemen
bezug sowie anpassungsfähige und flexible
Ermittlung der Verluste für Übergabe, Verteilung und Speicherung für Grundrisse bei gleichzeitig niedrigen Betriebs-
• die Heizungsanlage Teil 5
• das luftführende System Teil 6 kosten. Bauherrn bzw. Investoren verlangen
• die Kälteversorgung Teil 7 zuverlässige Kostenpläne für Bau und Betrieb
• die Trinkwarmwasserbereitung Teil 8 und streben an, schon in der Planungsphase
Aufteilung der notwendigen Wärme- und Kälteabgabe auf die verschiedenen Erzeugungssysteme Teil 5 bis 8 einen reibungslosen Gebäudebetrieb sicherzu-
und Ermittlung der absoluten Verluste stellen. Behörden haben Anspruch auf Sicher-
Ermittlung des Nutz- und Endenergiebedarfs für die Beleuchtung Teil 4 heits- und Umweltschutznachweise. All diese
Ermittlung der notwendigen Hilfsenergie, Zusammenstellung der Endenergie nach Energieträger Teil 5 bis 9 Anforderungen sollen möglichst innerhalb kür-
und Berechnung des Primärenergieaufwands zester Zeit und unter Einhaltung des Kostenrah-
Anwendung der Gutschriftenmethode für den Stromertrag aus KWK Teil 9 mens mit oftmals im Planungsprozess unvoll-
Soll-Ist-Vergleich des Gesamtprimärenergiebedarfs im Referenzgebäudeverfahren Teil 10
ständigen oder sich ändernden Rahmenbedin-
gungen in hoher Architektur- und Bauqualität
B 6.27
186
Strategien
Gesamtkosten [%]
Grad der Beeinflussung der
Erst- und Folgekosten [%]
500 100 100
Lebenszykluskosten [%]
de
e
user
äde
ud
B 6.28 lineare, iterative und integrative Planungsabläufe
bäu
bä
ge
lenb
ä
B 6.29 Lebenszykluskosten unterschiedlicher Nutzun-
ge
80 80
kenh
ro
gen 400 Bü
ns
Beeinflussbarkeit
Hal
tio
B 6.30 Verlauf und Beeinflussbarkeit der Gesamtkosten
Kran
der Kosten
uk
60 60
od
Pr
300
40 40
Kosten-
verlauf
linear 200 aus)
assivh 20 20
ebä ude (P
Wohng
Betrieb 0 0
iterativ 100
Bedarfsplanung
Ausschreibung
Projektplanung
Ausführung
Erstellung
Abbruch
Nutzung
Bau
integrativ 0
10 20 30 40 50 60
Jahre
B 6.28 B 6.29 B 6.30
umgesetzt werden. Dazu ist es erforderlich, Fachdisziplinen sowie die Betrachtung des typischen Zielkonflikte bestehen können. Die
nicht wie bisher üblich »nur« das Objekt, son- Gebäudes und seiner Eigenschaften über die konsequente Analyse trägt dazu bei, die
dern auch verstärkt den Prozess zu planen. gesamte Lebensdauer gleichermaßen einbe- Schnittstellenprobleme zu minimieren und
Darüber hinaus wird den Bauherrn bzw. Nut- zogen werden. Zusammenfassend liegen der die Planungsziele zu konkretisieren [8].
zern zunehmend bewusst, dass die Kosten für Integralen Planung folgende Potenziale und Integrale Planung bedingt eine frühzeitige Ver-
den Betrieb und Unterhalt von Gebäuden für Vorteile zugrunde [7]: tragsbindung der erforderlichen Akteure (Abb.
die Gesamtwirtschaftlichkeit von Objekten eine B. 6.32). Denn die ganzheitliche Lösung von
zentrale Rolle spielen und je nach Nutzung • Integration: Ingenieurwissen und Spezialisten- Nachhaltigkeitsanforderungen gelingt wirksam
schon innerhalb weniger Jahre die Investitions- erfahrung fließen bereits mit Planungsbeginn nur in den ersten Planungsphasen. Sie ist ein
kosten übersteigen können (Abb. B 6.29). Nur in das Projekt ein. arbeitsteiliger sozialer Prozess. Die Projektbe-
in der frühen Phase von Projektentwicklungen • Komplexität: Aspekte des nachhaltigen Bau- teiligten handeln und entscheiden dabei nicht
kann darauf wirksam Einfluss genommen wer- ens werden umfassend betrachtet. isoliert, sondern im Rahmen sozialer Interakti-
den (Abb. B 6.30). Daher ist von Projektbeginn • Iteration: Entwurfsoptionen bleiben so lange on. Sie sind geprägt durch verschiedene Inter-
an die Zusammenarbeit eines kompetenten offen, bis die optimale Lösung durch inter- essen und Motivationen, spezifische Fach-
und vollständigen Planungsteams mit einem disziplinäre Entwicklung und Bewertung von kenntnisse, aber auch durch eingeschliffene
hohen Bewusstsein um seine Verantwortung Alternativen gefunden ist. Wahrnehmungsmuster. Diese im Sinne eines
von entscheidender Bedeutung. • Optionen: Bauherrn treffen Festlegungen lernenden Systems aufzulösen und zu einem
nicht nur aufgrund primär visueller Lösungs- gemeinsamen Ganzen zu führen, ist die große
Prinzipien Integraler Planung vorschläge. Chance der Integralen Planung.
Integrale Planung (lt. integer: ein Ganzes bil- • Teamwork: Architekten sind verantwortlich
dend, vollständig) zielt auf eine ganzheitliche für die Leitung des Planungsteams, jedoch Projektkonstellation
Betrachtung einzelner, für sich bestehende Pla- nicht die alleinigen Impulsgeber während Das durch den Bauherrn vertraglich bestimmte
nungsaspekte (Abb. B 6.28). Architekt Niklaus der Entwurfsplanung. Beziehungsgefüge prägt die Projektstruktur.
Kohler zufolge erlaubt Integrale Planung • lernendes System: Fachplaner erhalten Ein- Die traditionelle Einzelbeauftragung von Pla-
»sowohl eine horizontale (fachübergreifende), blick in die Komplexität des architektoni- nern und Baufirmen hat sich bei unterschied-
als auch eine vertikale (lebenszyklusbezogene) schen Entwurfs. Architekten gewinnen lichen Projektgrößen bewährt – erfordert aller-
Integration. Es wird dadurch möglich, neue zusätzliche Anregungen für den Gebäude- dings einen hohen organisatorischen Aufwand
Kenntnisse und Anforderungen von Anfang entwurf aus wachsenden Kompetenzen in und verstärktes Engagement des Bauherrn. Die
an in den Planungsprozess einzubringen und technischen Planungsdisziplinen. Auftragsvergabe an Generalplaner und Gene-
leistungsfähige Optimierungstechniken (Rück- • Konflikte: Transparenz von Entscheidungen ralunternehmer oder Totalunternehmer redu-
kopplungen, Simulation von Varianten etc.) und die rechtzeitige Einbindung der Akteure ziert die Koordinations- und Managementleis-
einzusetzen« [6]. minimieren Spannungen und Reibungsver- tungen des Auftraggebers. Allerdings erfordert
Um Synergien einzelner Anforderungen und luste. dies ein frühzeitiges Einfrieren der Planung;
Planungsaspekte frühzeitig zu erkennen und Änderungen sind nur unter Inkaufnahme erhöh-
aufeinander abzustimmen, reicht es künftig Der gestiegene Komplexitätsgrad sowie die ter Kosten möglich. Die primär wirtschaftlichen
nicht aus, Raumklima, Energie und Masse als Spezialisierung in allen technischen Sparten Interessen von General- oder Totalunterneh-
rein physikalische Größen zu betrachten: Sie des Bauwesens fordert heute die Einbindung mern können dazu führen, dass die ökologi-
stellen vielmehr Dimensionen dar, die im von Experten verschiedener Fachrichtungen in schen und gesellschaftlichen Dimensionen des
Zusammenhang mit den klassischen Mitteln den Entwurfsprozess; diese Spezialisierung nachhaltigen Bauens unzureichend Berück-
der Architektur (z. B. Form, Textur, Transparenz bietet Potenziale für immer leistungsfähigere sichtigung finden.
etc.) zu gestalten sind und bei geschickter Gebäude. Übergeordnete Zielsetzungen,
Nutzung eben dieser Mittel Technik ersparen Zusammenarbeit und Kommunikation sind Integrales Bauen und Betreiben
können. Quantifizierbare Größen wie z. B. Ener- erforderlich, um das Wissen zusammenzufüh- Um öffentliche Bauvorhaben wirtschaftlicher zu
giebedarf, Temperaturniveau oder Investitions- ren und neue Lösungen zu entwickeln. Zielkon- gestalten, etablieren sich seit einiger Zeit Pro-
kosten können eindeutig definiert werden. Sie flikte lassen sich dabei nicht vermeiden. Für jektkonstellationen, bei denen die öffentliche
sind jedoch oft eng verknüpft mit qualitativen den Projekterfolg ist es daher von entscheiden- Hand und die private Wirtschaft bei Finanzie-
Aspekten wie etwa Gestaltung, Wohlbefinden der Bedeutung, Hemmnisse früh zu erkennen rung, Planung, Erstellung, Betreiben oder Ver-
oder Imagewert. Der integrale Planungspro- und sie im Sinne eines qualitätsvollen und wertung von Gebäuden partnerschaftlich ko-
zess soll sicherstellen, dass quantitative wie nachhaltigkeitsorientierten Gesamtkonzepts zu operieren. Bei der so genannten Public Private
qualitative Aspekte, die Beiträge verschiedener lösen. Aus Abb. B 6.31 geht hervor, welche Partnership (PPP) werden bislang staatliche
187
Strategien
Leistungen der Immobilienbereitstellung (z. B. Akteure scheidend in Bezug auf den Energieverbrauch
Schulen, Krankenhäuser etc.) von privaten Die im Planungsteam zusammengeführten Dis- und ihre Nachhaltigkeit. Stadtplaner gehen ver-
Bauherrn bzw. Betreibern erbracht und über ziplinen und viele weitere Akteure tragen die mehrt dazu über, im Rahmen von Bauleitpla-
einen definierten Zeitraum zu Beginn des Le- Gesamtverantwortung für das Bauen und damit nungen auch Energie- und Nachhaltigkeits-
benszyklus, meist 15 bis 30 Jahre, betreut. Der für den Erfolg energieeffizienten und nachhal- standards festzuschreiben. Über weitere Maß-
Auftraggeber zahlt als Nutzer über diesen Zeit- tigen Wirtschaftens im Bauwesen. Im Folgen- gaben der Bauleitplanung wie Dachneigung,
raum ein Nutzungsentgeld für die Gesamt- den werden diese Akteure und ihre Aufgaben Abstandsflächen oder Ausrichtung definieren
aufwendungen (Planungs-, Errichtungs-, Be- beschrieben. sie die Möglichkeiten von Architekten, lokale
triebs- und Instandhaltungskosten). Dies macht Umweltenergien (z. B. Solarstrahlung) für
eine ganzheitliche Betrachtung aller Kostenele- Politiker Gebäude nutzen zu können und über gute
mente über den Vertragszeitraum zwingend er- Legislative und Exekutive haben ein zuneh- Besonnung zugleich angenehme Lebensbe-
forderlich und führt zwangsläufig zu veränder- mendes Problembewusstsein in Bezug auf die dingungen zu schaffen.
ten Anforderungen an die Planung, die die lau- hohen Umweltwirkungen von Gebäuden ent-
fenden Kosten und damit auch einen niedrigen wickelt, auch im Hinblick auf übergeordnete Finanzierungsträger und Banken
Energieverbrauch in den Mittelpunkt der Be- Nachhaltigkeitsziele. Allerdings mangelt es Die Interessen von Banken an Projektentwick-
trachtung stellt. Die prognostizierten Kostenvor- trotz Kyoto-Protokoll an verbindlichen globalen lungen sind ausschließlich auf wirtschaftliche
teile von 10 bis 25 % ergeben sich also durch Zielen. Positiv zu bewerten sind die Zielsetzun- Aspekte ausgerichtet. Projektbeurteilungen
eine umfassende Untersuchung aller Phasen gen der EU; ihre rechtliche Umsetzung erfolgt beziehen aber zunehmend Nachhaltigkeits-
und Prozesse, insbesondere jedoch der Be- jedoch in vielen Ländern äußerst zögerlich. aspekte in ihre Betrachtungen ein, weil erkannt
triebsphase. Das wachsende Bewusstsein um die Not- wird, dass eine dauerhaft gesicherte höhere
Unabhängig vom PPP-Modell wird die Gesamt- wendigkeit, definierte Schutzziele zu erreichen, Wertschöpfung von nachhaltigkeitsorientierten
betrachtung der Lebenszyklusanalyse zu und um die positiven ökonomischen Wirkun- Immobilien auch eine bessere ökonomische
einem Instrument, das nachhaltiges Bauen för- gen nachhaltigen Wirtschaftens verändert das Performance von Gebäuden bedeutet.
dert und die wirtschaftlichen Risiken deutlich Handeln dieser Akteurgruppe.
senkt. Sie trägt auch dazu bei, die ökologi- Bauherrn / Betreiber
schen Risiken des Bauens zu minimieren und Stadt- und Regionalplaner Der Bauherr als Einzelperson wird insbesonde-
die Gesamtqualität des Objekts zu steigern. Stadt- und Regionalplaner beeinflussen mit re bei größeren Projekten durch Institutionen
Voraussetzung dafür ist, das übliche Investor- ihren Planungen maßgeblich den Verbrauch oder Bauherrnvertretungen ersetzt. Als
Nutzer-Dilemma, die Trennung der Welten der von Siedlungs- und Verkehrsflächen. Sie »Kunde« löst der Auftraggeber den Prozess
Errichtung und des Betriebs von Gebäuden, zu bestimmen zudem Dichte, Nutzungsmischung, der Bautätigkeit aus und kann entsprechend
lösen. Lebenszyklusgerechte Prinzipien setzen Integration und Durchmischung, Mobilität die Ausrichtung eines nachhaltigkeitsorientier-
integrale Planungsansätze und eine intensive sowie die technische und soziale Infrastruktur ten Planungs- und Bauprozesses einfordern.
Zusammenarbeit aller Akteure voraus. von Räumen und beeinflussen sie damit ent- Übernimmt der Bauherr nicht allein die Aufga-
Zielkonflikt Erläuterung Akteur
Bauherr
Nutzer
Architekt
Energieberater
Fachingenieur TGA
Lichtplaner
Tragwerksplaner
Akustikplaner
Brandschutzplaner
Facility Manager
Kompaktheit versus Tages- Die Baukörperform ist unter Abwägung der Kompaktheit, die sich maßgeblich auf den Heizwärmebedarf und die • • • •
lichtnutzung und freie Lüftung Investitionskosten auswirkt, sowie einer guten Tageslichtversorgung und freier Lüftung zu entwickeln.
Nutzungsdynamik versus Gebäudebereiche mit veränderlicher oder nicht vorausbestimmbarer Nutzung (z. B. Atrien) können durch Nutzungs- • • •
Energiekonzept änderungen und somit vom Energiekonzept abweichenden Komfortanforderungen (z. B. Heizen oder Kühlen) einen
deutlich höheren Energieverbrauch auslösen.
passive Kühlung versus Auf aktive Kühlung zu verzichten, reduziert den Energieverbrauch in der Betriebsphase erheblich, erfordert aller- • • •
Normkomfortanforderungen dings im Sommer einen temporären Komfortverzicht durch zeitweilige Raumtemperaturen über 26 °C.
freie Lüftung und passive Freie Taglüftung und passive Kühlung durch Nachtlüftung erfordern oftmals eine entsprechende Grundrisszo- • • • •
Kühlung versus nierung. Um eine technische Nachrüstung bei veränderten Nutzungsanforderungen zu vermeiden, sind flexible
Grundrissflexibilität Grundrissvarianten bereits in der Planung zu berücksichtigen.
Tageslichtnutzung und Eine anforderungsgerechte Systemwahl und Kombination von Sonnen- und Blendschutz kann Fehlfunktionen • • •
Ausblick versus Sonnen- ausschließen und einen (partiellen) Außenraumbezug gewährleisten.
und Blendschutz
freie Lüftung versus Überströmöffnungen zwischen unterschiedlichen Nutzungsbereichen müssen bei freien Lüftungskonzepten unter • • • • • •
Schall- und Brandschutz Berücksichtigung von Schallschutz- und Brandschutzanforderungen entwickelt werden.
Nutzung von Speichermas- Die Nutzung von thermischen Speichermassen zur Dämpfung von Temperaturspitzen erfordert eine enge Abstim- • • • • •
sen versus Raumakustik mung mit Schalldämpfungs- bzw. Akustikmaßnahmen.
hochgedämmte Gebäude- Thermisch hochgedämmte Gebäudehüllen reduzieren die Nutzfläche aufgrund der dicken Wandaufbauten und be- • • •
hülle versus Transparenz schränken den Anteil transparenter Flächen. Nutzungsqualität, Bezug zum Außenraum, Flächeneffizienz und Ener-
und Flächeneffizienz gieverbrauch sind durch das Entwurfs- und Energiekonzept in ein ausgewogenes Verhältnis zu bringen.
Gebäudeautomation versus Hochautomatisierte Gebäuderegelungssysteme, Einzelraum- bzw. Zonenregelungen oder manuell regulierbare Sys- • • • • • •
Individualität und teme sind unter Abwägung von Investitions-, Wartungs-, und Betriebskosten sowie der Nutzerakzeptanz zu ent-
Nutzerakzeptanz wickeln.
innovatives Planungsteam Routinierte Projektbeteiligte sind in die Abläufe und Anforderungen einer Integralen Planung einzubinden. Die Ziele • • • • • • • •
versus Umsetzungsroutinier eines nachhaltigkeitsorientierten Bauvorhabens (z. B. Komfort, Energieeffizienz) sollten in den Vorbemerkungen
von Ausschreibungen für die jeweiligen Gewerke enthalten sein. Besondere Nachweise wie Materialdeklarationen,
Test- oder Prüfungsverfahren müssen eindeutig beschrieben und eingefordert werden.
B 6.31
188
Strategien
Grundlagen- Vorentwurfs- Entwurfs- Genehmi- Aus- Aus- Objekt- Nutzung Moderni- B 6.31 typische Zielkonflikte energieoptimierter Planung
ermittlung planung planung gungs- führungs- schreibung über- Wartung sierung B 6.32 Akteure im Planungs- und Nutzungsprozess,
Bedarfs- planung planung und Vergabe wachung Betrieb Umnutzung heute und zukünftig
planung Betrieb
Architekt
Nutzer
Bauherr
Facility Management
Energiekonzept
heute zukünftig
B 6.32
be der Errichtung und Weiterveräußerung eines lich zur Verbesserung des Mikrokimas (z. B. Forderungen nach erweiterten Formen der
Objekts, wird er ein unmittelbares Interesse an Wasserflächen, Regenwasser, Verschattung, Partizipation gingen in den vergangenen
einer nachhaltigen Gebäudeentwicklung zei- Reflexion und Temperaturen von Oberflächen) zehn Jahren von verschiedenen Dokumenten
gen. Für Betreiber sind Kriterien wie Langlebig- beitragen. zur nachhaltigen Entwicklung aus (z. B. Agen-
keit, Anpassungsfähigkeit sowie geringe lau- da 21, Habitat II). Die Berücksichtigung der
fende Betriebskosten von zentraler Bedeutung. Fachingenieure spezifischen Bedürfnisse unterschiedlich
Vielen Bauherrn ist bewusst, dass ein nachhal- Ingenieure verfügen als Spezialisten über ein Betroffener und insbesondere die Einbezie-
tiges Gebäude, über die Lebensdauer betrach- hohes Fachwissen zu Einzelthemen des nach- hung der Interessen benachteiligter Bevölke-
tet, nicht nur umweltbezogene und soziale Vor- haltigen Bauens. Richtig verknüpft kann dieses rungsgruppen stehen für das Ideal der Verant-
züge aufweist, sondern darüber hinaus über spezialisierte Wissen ganz wesentlich zur wortungsteilhabe der Zivilgesellschaft am
handfeste ökonomische Vorteile verfügt (Abb. Lösungsfindung beitragen und die Kreativität Gemeinwesen. Sie gilt demnach als eine der
B. 6.33). bezüglich material- und energieeffizienter Kon- zentralen Voraussetzung zur Implementierung
zepte fördern. Eine enge Vernetzung der ein- von Nachhaltigkeit [9].
Architekten zelnen Disziplinen gelingt am besten im engen Während die klassische Bürgerbeteiligung sich
Aufgrund der wachsenden Anforderungen Diskurs aller Beteiligten zu Beginn des Pla- überwiegend auf Informations- und Erörte-
und der steigenden Nachfrage an ganzheit- nungsprozesses. rungstermine beschränkt, beabsichtigt die
lichen Gebäudekonzepten wandelt sich das erweiterte Partizipation, die Selbstregulierung
Berufsbild des Architekten zunehmend vom Baufirmen und Ausführende von Prozessen durch ein vielseitiges Metho-
Universalisten zum koordinierenden Team- Baufirmen und Handwerker sind bei gewerke- denangebot zu fördern. Dazu zählen beispiels-
leiter. Da der Architekt bei den meisten pla- weiser Vergabe nur für Teilleistungen von Bau- weise: runde Tische, Mediation, Zukunftswerk-
nungsrelevanten Aspekten unmittelbar betei- projekten beauftragt. Der Bauprozess löst sich stätten oder Planungszellen. Aufgrund der
ligt ist, kann er den Bauherrn maßgeblich auf in verschiedene Einzelaufträge; entspre- Vielzahl an Beteiligungsformen ist zunächst
unterstützen, die richtigen Entscheidungen chend der jeweiligen Gewerke verfügen die zu klären, wann, zu welchem Thema, mit wel-
zum richtigen Zeitpunkt zu treffen. Ein allge- Akteure über ein teilweise stark detailbezoge- chem Ziel und mit welchem Verfahren die
meines Bewusstsein zur Notwendigkeit inte- nes Problembewusstsein. Dieses Wissen kann, Partizipation erfolgen soll. Die relevanten Pha-
gralen und nachhaltigkeitsorientierten Bauens positiv entwickelt und eingesetzt, die Nachhal- sen diskursiver Projekte stellen sich für kommu-
ist bei vielen Planern vorhanden, es mangelt tigkeit von Bauten günstig beeinflussen. nale Planungen und Hochbauprojekte gleicher-
allerdings oft an handlungsrelevantem Detail- Gleichzeitig ist allerdings auch die Betrachtung maßen dar:
wissen und manchmal auch an Durchsetzungs- des Ganzen und der Schnittstellen zu den
vermögen. Ein Gestaltungsprimat behindert Nachbargewerken erforderlich. • Projektierungs- und Konzeptionierungsphase
zuweilen den unverstellten Zugang zum Thema • Verhandlungsphase des Diskursangebots
»Nachhaltigkeit«, dessen gestalterisches Inno- Facility Management • Diskursphase
vationspotenzial derzeit erst in Ansätzen Mit steigenden Energiepreisen und dem Ziel • Transferphase
erkannt wird. einer nachhaltigen Gebäudebewirtschaftung
verbreitet sich auch das Steuerungsinstru- Partizipation kann maßgeblich dazu beitragen,
Landschaftsarchitekten und Ökologen ment Facility Management. Aufgrund der die Legitimation und Akzeptanz von Planungs-
Das nachhaltige Wirtschaften hat seinen Ur- engen Beziehung zum Gebäudenutzer und vorhaben zu steigern, Widerstände abzubauen
sprung in der Forstwirtschaft. Es sollte ent- somit der Kenntnis über seine Anforderun- sowie die Qualität von Entscheidungen zu
sprechend in den verwandten Disziplinen Öko- gen und Bedürfnisse lassen sich durch eine erhöhen.
logie und Landschaftsarchitektur verankert umfassende Betrachtung aller betrieblichen Der Nutzer übt zudem durch seine Komfort-
sein. In vielen Themenbereichen (z. B. Altlas- Abläufe die Nutzungskosten dauerhaft sen- ansprüche sowie sein Benutzerverhalten
tenbewältigung, Regenwassermanagement, ken sowie der Wert von Immobilien langfristig hinsichtlich Innenraumtemperatur, Warm-
Oberflächengestaltung) sind noch erhebliche erhalten. wasserbedarf, Lüftungsverhalten und interne
Entwicklungsreserven in Richtung auf eine bzw. solare Gewinne maßgeblichen Einfluss
nachhaltige und energieeffiziente Landschafts- Nutzer und Betroffene auf den Energiebedarf von Gebäuden aus.
planung festzustellen. Darüber hinaus müssen Bei der Stadt- und Landschaftsplanung sowie Dabei kann der durchschnittliche Verbrauch
neue Themen wie lokale Bioenergiewirtschaft bei Großprojekten gehört die Beteiligung je nach Nutzerprofil rund 15 % unterhalb
und Energiegewinnung aus Wind und Sonne von Bürgern an relevanten Planungs- und (»Extremsparer«) oder etwa 60 % überhalb
besetzt werden. Auf der Ebene der Gebäude- Entscheidungsprozessen bereits seit einigen (»Extremverschwender«) der Richtwerte nach
planung können Landschaftsarchitekten erheb- Jahrzehnten zur gängigen Planungspraxis. EnEV liegen (Abb. B 6.34).
189
Strategien
Extremsparer 17,0 °C 5,0 kW / m2a 0,4 / h -14,5 % 10 kWh / m2a 2,3 kWh / m2a
10 %-Quantil
Sparer 18,5 °C 10,1 kW / m2a 0,6 / h -2,5 % 15 kWh / m2a 3,4 kWh / m2a
30 %-Quantil
Durchschnitt 19,5 °C 15,1 kW / m2a 1,1 / h 14,2 % 20 kWh / m2a 4,5 kWh / m2a
50 %-Quantil
Verschwender 21,0 °C 25,2 kW / m2a 1,5 / h 34,7 % 30 kWh / m2a 6,8 kWh / m2a
70 %-Quantil
Extremverschwender 23,0 °C 35,3 kW / m2a 2,0 / h 59,4 % 40 kWh / m2a 9,0 kWh / m2a
90 %-Quantil
1
Abweichungen bei einem Niedrigenergiegebäude (An = 363,52 m2) mit einem Jahresprimärenergiebedarf von 63,1 kWh / m2a
B 6.34
190
Strategien
191
Strategien
Sicherheit Licht
soziale Kontakte Grundversorgung/Nutzungsmischung
Material und Ressourcen, Innenraum und
Zugänglichkeit und Nutzbarkeit für alle Integration, Durchmischung Luftqualität sowie Innovation und Planungs-
individuelle Gestaltung / Personalisierung sommerlicher Wärmeschutz prozess.
räumliche Identität / Wiedererkennung Gesellschaft
Raumluft Langsamverkehr und öffentlicher Verkehr
MINERGIE-ECO
Lärm / Erschütterungen Strahlung
In Abstimmung mit den Kriterien der SIA-
Partizipation Empfehlung 112/1 »Nachhaltiges Bauen –
Solidarität / Gerechtigkeit Hochbau« wird in der Schweiz seit 2006 das
Nachweisverfahren MINERGIE-ECO für Ver-
Freianlagen
Schadstoffe waltungsbauten, Schulen und Mehrfamilien-
häuser angewandt. Eine Erweiterung für
Umweltbelastung Einfamilienhäuser und Sanierungen ist in
Gebäudestruktur / Ausbau Deckung Energiebedarf
Vorbereitung. Das Gebäudelabel ergänzt
Grundstücksfläche
Standort Mobilität den vorherigen MINERGIE-Standard mit
Lebenszykluskosten Ökonomie Ökologie Wasser dem Schwerpunkt Komfort und Energieeffi-
externe Kosten zienz um die Themen Gesundheit und Bau-
Bausubstanz Wärme (Kälte) für Raumklima ökologie. Zu den Beurteilungskriterien gehö-
Wärme für Warmwasser
Finanzierung Elektrizität
ren Licht, Lärm, Raumluft, Rohstoffe, Her-
Abfälle aus Betrieb und Nutzung stellung und Rückbau. Zudem wird in Bezug
Betrieb und Instandhaltung Rohstoffe: Verfügbarkeit auf die Energieeffizienz vorgegeben, dass
Instandsetzung Rückbau der Energieverbrauch des Gebäudes um
B 6.36 mindestens 25 % und der fossile Energiever-
brauch um mindestens 50 % unter dem durch-
schnittlichen Stand der Technik liegen muss.
Typologie Instrument (Beispiele) Land Lph (HOAI) Um den Anforderungen des Labels zu ge-
Betrachtungsgegenstand nügen, müssen Gebäude Ausschlusskriterien
Produktdeklaration • Typ I-III Umweltdeklaration (siehe Material, S. 171) D 5–7 für Einzelanforderungen erfüllen (z. B. Verzicht
Bauprodukte und -hilfsstoffe auf Biozide und Holzschutzmittel in Innen-
Empfehlungs- und Ausschlusskriterien • Schwarz, Jutta: Ökologie im Bau. Bern, Stuttgart, 5–7 räumen) und Mindesterfüllungsgrade er-
Bauprodukte und -hilfsstoffe Wien 1998 reichen. In der Summe der Ergebnisse müs-
Elementkataloge • SIA D 0123: Hochbaukonstruktionen nach CH 2–5 sen mindestens zwei Drittel der Kriterien den
Bauteile (Funktionseinheiten) im ökologischen Gesichtspunkten Vorgaben entsprechen.
eingebauten Zustand
Ausschreibungshilfen • ECOBIS / WINGIS: Ökologische Baustoff-/ D 3–7
ökologisch orientierte Leistungs- Gefahrstoff-Informationssysteme Diagnosesystem Nachhaltige Gebäude-
beschreibung • BKP: Merkblätter nach Baukostenplan für CH 3–7
qualität (DNQ)
Ausschreibungen
• ECO-DEVIS: Ökologische Leistungs- CH 5–7
beschreibungen Auf der Grundlage der zuvor beschriebenen
Energieausweise • Energieausweis und Energiebedarfsausweis D 2–8 Bewertungssysteme wurde im Rahmen der
Beschreibung (und Bewertung) der nach EnEV Bearbeitung des Energie Atlas ein System
Energieeffizienz von Gebäuden zur Beurteilung der Nachhaltigkeit von Ge-
Checklisten • Preisig, Hansruedi (u. a.): Der ökologische CH / D 2–8 bäuden entwickelt. Das Diagnosesystem
entsprechend Verwendungszweck Bauauftrag. München, 2001 soll anstelle der bislang üblichen Beschrei-
(z. B. energiesparendes Bauen etc.) • Checklisten für energiegerechtes, ökologisches CH 2–8
bung von Teilaspekten eine nachvollzieh-
Planen und Bauen des Schweizerischen
Bundesamts für Energiewirtschaft bare und alle wesentlichen Parameter von
Nachhaltigkeit umfassende Darstellung treten
Objektbeispiel (best practice) • SolarBau: MONITOR: Projektdatenbank D 2–4
Gebäude mit vorbildlichen Lösungen »Energie-optimiertes Bauen« des Bundes- [15].
ministeriums für Wirtschaft und Technologie Das Diagnosesystem orientiert sich in seiner
Wettbewerbe (best practice) • SIA D 0200 / SNARC: Systematik zur Beurteilung CH 1–2 hierarchischen Struktur, seinen Themenfel-
Entwürfe mit Energie- und der Nachhaltigkeit von Architekturprojekten dern und Erläuterungen an den Vorgaben
Nachhaltigkeitsbewertungen für den Bereich Umwelt der SIAEmpfehlung 112/1. Es ordnet jedoch
Leitlinien • Leitfaden Nachhaltiges Bauen D 1–9 die Themen neu, erweitert die Erläuterungen
Formulierung von Zielen, Grundsätzen • SIA D 0216: SIA Effizienzpfad Energie CH 1–8 und bezieht zusätzliche Kriterien und Indi-
und Leitbildern • SIA E 112 / 1: Nachhaltiges Bauen – Hochbau CH 1–8 katoren ein. Darüber hinaus sind den Kriteri-
ganzheitliche Planungs- und • LEGEP: Lebenszyklusbezogene Planung und D 2–6 en jeweils Indikatoren, qualitative Merkmale
Bewertungshilfsmittel (Tools) ökologisch-ökonomische Bewertung
und Quellenangaben zugeordnet, die das
interaktive Werkzeuge zur Entscheidungs- • OGIP: Planungswerkzeug für die Optimierung CH 2–6
findung für unterschiedliche Anwendungs- von Kosten, Energieverbrauch und Umwelt- Erfassen und Bewerten erleichtern.
gebiete (z. B. Wettbewerbe, Ökobilan- belastung von Bauten Eine wesentliche Änderung erfolgte in der
zierung etc.), teilweise mit Datenbank- • VITRUVIUS: Kostenplanung, Immobilien- CH 2–9 Gliederung der Themen nach Bereichen.
verknüpfung bewertung, Projektentwicklung, Portfolio- Während die SIA-Empfehlung 112/1 wie
management
auch andere Quellen die Nachhaltigkeits-
Gebäudelabel, -evaluationen bzw. • BREEAM: Building Research Establishment GB 2–8 aspekte gemäß Drei-Säulen-Modell unter
-zertifikate Environmental Assessment Method
Gebäudebewertung • GBC (GBTool): Green Building Challenge CAN 2–8
den Überschriften »Gesellschaft«, »Wirt-
• LEED: Leadership in Energy USA 2–8 schaft« und »Umwelt« gliedern, ordnet das
and Environmental Design Diagnosesystem Nachhaltige Gebäude-
• MINERGIE-ECO: Nachweisverfahren CH 2–8 qualität (DNQ) nach den planungsbezogenen
• TQB: Total Quality Building A 2–8
Kategorien Standort-, Objekt- und Prozess-
B 6.37
192
Strategien
qualität (Abb. B 6.38). Zum einen soll dies Anmerkungen: [8] Löhnert, Günter (u. a.): Zielkonflikte. In: Bürogebäude
den Zugang für Architekten und Planer [1] Banham, Reyner, zit. nach Oswalt, Phillip: Wohltem- mit Zukunft. Köln 2005, S. 154f.
perierte Architektur: neue Techniken des energie- [9] Jörissen, Juliane (u. a.): Zukunftsfähiges Wohnen
erleichtern; zum anderen vermeidet diese
sparenden Bauens. Heidelberg 1995, S. 9 und Bauen. Herausforderungen, Defizite, Strategien.
Gliederung Zuordnungsprobleme von Kriterien, [2] BUND/Misereor (Hrsg.): Zukunftsfähiges Deutsch- Berlin 2005, S. 195f.
die alle drei Nachhaltigkeitssäulen berühren, land. Ein Beitrag zu einer global nachhaltigen Ent- [10] Lützkendorf, Thomas (u. a.): Nachhaltigkeitsorientier-
wie z. B. Umweltbelastung oder Standort wicklung (Wuppertalstudie). Basel, Boston, Berlin te Investments im Immobilienbereich. Trends, Theo-
(Abb. B 6.36). 1996 rie und Typologie. 2005, S. 11f.
[3] Preisig, Hansruedi; Pfäffli, Katrin (u. a.); Schweizeri- [11] Bundesamt für Verkehr, Bauen und Wohnen (Hrsg.):
Dass DNQ zunächst als System zur Beur- scher Ingenieur- und Architektenverein (Hrsg.): SIA Leitfaden Nachhaltiges Bauen. 2001
teilung der Nachhaltigkeit fertiggestellter D 0216. SIA Effizienzpfad Energie. Zürich 2006 [12] Schweizerischer Ingenieur- und Architektenverein
Gebäude entwickelt wurde, resultierte primär [4] Hauff, Volker: Unsere gemeinsame Zukunft. Der (Hrsg.): Empfehlung SIA 112/1. Nachhaltiges Bauen
aus dem Ziel, die in Teil C vorgestellten, Brundtland Bericht der Weltkommission für Umwelt – Hochbau. Zürich 2006
und Entwicklung. Greven 1987 [13] Lützkendorf, Thomas (et al.): Nachhaltiges Planen,
gebauten Beispiele einer für den Leser ver-
[5] Gruber, Edelgard (u. a.): Energiepass für Gebäude. Bauen und Bewirtschaften von Bauwerken. Ziele,
gleichbaren Beurteilung unterziehen zu kön- Evaluation des Feldversuchs. Untersuchung im Auf- Grundlagen, Stand und Trends. Bewertungsmetho-
nen. Über diese Erstanwendung hinaus trag der Deutschen Energie-Agentur. 2005 den und -hilfsmittel. Kurzstudie für das BMVBW.
eignet sich das Diagnosesystem auch zur [6] Kohler, Niklaus: Zit. n. Forgber, Uwe: Teamorientierte 2002
ganzheitlichen Gebäudebeurteilung. Es ver- Bauplanung. Die Vernetzung von Kompetenzdomai- [14] Steiger, Peter: Der kritische Weg zur nachhaltigen
nen in virtuellen Projekträumen. Dissertation der Uni- Bauweise. In: Baustoff Atlas. München 2005, S. 19
mittelt einen verdichteten und umfassenden versität Karlsruhe 1999 [15] Die Entwicklung des Diagnosesystems Nachhaltige
Eindruck der Nachhaltigkeit von Gebäuden. [7] Löhnert, Günter: Der integrale Planungsprozess, Gebäudequalität (DNQ) wurde von der Deutschen
Die mit den Kriterien verbundenen Zieldefini- Teil I Grundlagen. In: EnergieEffizientes Bauen Bundesstiftung Umwelt (DBU) gefördert.
tionen und die Erläuterungen können dabei 01/2002, S. 31f.
ebenso gut auch als Planungsinstrument
und zur vergleichenden Beurteilung von Pla-
nungen dienen.
Mit DNQ tritt neben die bislang übliche,
Bereich Thema Kriterium
nicht formalisierte verbale Beschreibung
und die grafisch-visuelle Veranschaulichung Standortqualität Energieangebot
Grundverorgung / Nutzungsmischung
von Objekten eine objektivierende und Ver- Integration / Durchmischung
gleichbarkeit herstellende Beurteilung. Dabei Solidarität / Gerechtigkeit
sind zwei Kategorien von Kriterien zu unter- Nutzung
scheiden: Mobilität
Lärm / Erschütterungen
Strahlung
• Die qualitativen Kriterien als umfassendes
»Rückgrat« des Diagnosesystems sprechen Objektqualität Erschließung / Kommunikation Verkehr
soziale Kontakte
alle Bereiche und Themen der Nachhaltigkeit Zugänglichkeit und Nutzbarkeit
an. Auf der Grundlage der Kriterien und der
Grundstück Grundstücksfläche
Erläuterungen hierzu sind sie stichwortartig Freiflächen
beschrieben und weitestgehend objektiv
Gestaltung Baukultur
nachvollziehbar. Personalisierung
• Ergänzend hierzu sind quantifizierte Indi-
Wohlbefinden / Gesundheit Sicherheit
katoren hinterlegt (z. B. Primärenergiebedarf Schall
in KWh/m2a), soweit diese verfügbar sind. Licht
Raumluft
Da wichtige Indikatoren zurzeit selbst für Raumklima
Modellprojekte kaum abrufbar sind, ist zu- Gebäudesubstanz Bausubstanz
künftig eine bessere Verfügbarkeit dieser Gebäudestruktur / Ausbau
Kennwerte wünschenswert, die als Planungs- Baukosten Investitionskosten
daten und/oder durch Monitoring verifizierte Finanzierung
Objektdaten Aufschluss über Energie- und Betriebs- und Unterhaltskosten Betrieb und Instandhaltung
Materialeffizienz von Gebäuden geben. Sie Instandsetzung
können ganz wesentlich dazu beitragen, die Baustoffe Rohstoffe / Verfügbarkeit
laufende fachliche Diskussion zu objektivieren Umweltbelastung
Schadstoffe
und Anreize zu mehr Sorgfalt im Umgang Rückbau
mit Ressourcen und Energie im Bauwesen
Betriebsenergie Gebäudeheizung
schaffen. Rechtlich verbindliche Energie- Gebäudekühlung
und Nachhaltigkeitsnachweise, wie sie z. B. Warmwasserbereitung
durch die EnEV, den Energieausweis oder Luftförderung
die Ökobilanzierung verlangt werden, schaffen Beleuchtung
mittelfristig die notwendige Datengrundlage. sonstige elektrische Verbraucher
Energiebedarfsdeckung
Infrastruktur Abfälle aus Betrieb und Nutzung
Wasser
B 6.36 Überschneidungen der Nachhaltigkeitskriterien
Prozessqualität nachhaltiges Bauen
nach »Empfehlung SIA 112/1, Nachhaltiges
Bautradition
Bauen – Hochbau«
Partizipation
B 6.37 Instrumente zur Bewertung der Nachhaltigkeit
integrale Planung
von Planungen und Gebäuden
Analysen
B 6.38 Kriterien des nachhaltigen Bauens nach
Monitoring
»Diagnosesystem Nachhaltige Gebäudequalität«
Facility Management
(DNQ)
B 6.38
193
Strategien
Standortqualität
Energieangebot: Eine dauerhaft zukunftsfähige Energieversorgung mit hoher Versorgungssicherheit in Angaben des ört- standortspezifi- ¤Globalstrah-
lokal verfügbare Energie- der Betriebsphase erfordert die effiziente Nutzung des lokal verfügbaren Energie- lichen Energie- sches Energie- lung [kWh / m2a]
träger und Umweltenergien angebots. Hierzu ist sowohl die technische Infrastruktur vor Ort (z. B. Gasanschluss, versorgers, Klima- angebot ¤standortrele-
effizient nutzen Fernwärme, BHKW) als auch das Angebot an Umweltenergien (z. B. Globalstrahlung, daten vante Klima-
Grundwasser, Windgeschwindigkeiten) auf ihre Eignung hinsichtlich einer nach- daten
haltigen und effizienten Gestaltung des Energiekonzepts zu analysieren.
Grundversorgung / Nutzungs- Die Förderung des Quartierslebens sowie eine stete Nahversorgung im urbanen Raum Bebauungsplan, Nutzungsmischung, ¤Dichte
mischung: sind notwendige Voraussetzungen einer nachhaltigen Stadtentwicklung. Gemischte Strukturkonzepte Maßnahmen für [EW / km2]
kurze Distanzen, attraktive Nutzungen tragen dazu bei, Verkehr (und somit die »induzierte Energie«) zu redu- flexible Strukturen
Nutzungsmischung im Quar- zieren.
tier erreichen
Integration / Durchmischung: Sozial, ethnisch und demografisch durchmischte Quartiere erweisen sich als beson- Entwicklungs- Politische und pla-
optimale Voraussetzungen ders stabil und anpassungsfähig. Geeignete bauliche Maßnahmen können die Inte- pläne, Bebau- nerische Maßnah-
für soziale, kulturelle und gration verschiedener Bevölkerungsgruppen unterstützen. Dazu zählen: vielfältiges ungsplan men zur sozio-
altersmäßige Integration und Wohnungsangebot, unterschiedliche Wohnungsgrößen und Ausbaustandards, Mehr- demografischen
Durchmischung schaffen zweck- und Gemeinschaftsräume, zumietbare Wohn- und Arbeitsräume, gemeinsam Durchmischung
nutzbare Infrastrukturen.
Solidarität / Gerechtigkeit: Eine gerechte und solidarische Gesellschaft setzt voraus, dass die räumlichen Bedürf- unmittelbare An- Vitalität des Quar-
benachteiligte Personen nisse von sozial oder finanziell schwächer Gestellten verstärkt wahrgenommen werden schauung, tiers, Durchmi-
unterstützen und in die Planung einfließen. Programme, schung
Statistiken
Nutzung: Der Standort sollte den Interessen von Bauherrn bzw. Investoren und Nutzern glei- Stadtkarte, Standort und
eine langfristige, dem Stand- chermaßen entgegenkommen. Zu berücksichtigen sind Faktoren wie Image, land- Lageplan, Standortentwick-
ort entsprechende wirtschaft- wirtschaftliche Qualität und Zugang zu Freiräumen, Erreichbarkeit mit öffentlichen Objektbeschrei- lung im Zusam-
liche Nutzung gewährleisten Verkehrsmitteln, Nähe zu Bildungs-, Versorgungs- und Kultureinrichtungen. bung menhang mit dem
Nutzungskonzept
Mobilität: Bauliche Maßnahmen und Anreizsysteme tragen dazu bei, den Individualverkehr auf Lageplan mit Maßnahmen zur ¤Entfernung
Mobilität umweltverträglich öffentliche Verkehrsmittel (ÖPNV) zu verlagern. Die Reduktion und kompakte An- ÖPNV-Anbindung umweltverträgli- ÖPNV (Ver-
gestalten ordnung von PKW-Stellplätzen im öffentlichen Raum sowie die Förderung des ÖPNV chen Abwicklung kehrsmittel)
unterstützen diese Entwicklung. der Mobilität [m]
Lärm / Erschütterungen: Beeinträchtigungen durch Außenlärm und Erschütterungen lassen sich durch Anord- Baubeschreibung, Schallschutzmaß-
vor Immissionen durch Lärm nung der Räume, Ausrichtung der Fenster und geeignete technische Schallschutz- Schallschutzgut- nahmen im Außen-
und Erschütterungen schüt- maßnahmen minimieren. achten raum und am Ge-
zen bäude
Strahlung: In Radongebieten sind geeignete bautechnische Maßnahmen zu treffen. Hohe Inten- Radonkarte, Bau- standortspezifische
vor Immissionen durch ioni- sität von nicht ionisierender Strahlung (Elektrosmog) erfordert im Sinne der Vorsorge, beschreibung, Belastungen sowie
sierende und nicht ionisie- empfohlene Maximalwerte (z. B. World Health Organisation: 5 kV / m) einzuhalten. Messungen Strahlenschutzmaß-
rende Strahlung schützen nahmen
Objektqualität
Erschließung / Kommunikation
Verkehr: Das Wege- und Verkehrsnetz setzt den Rahmen zur Entwicklung des Gebäude- und Erschließungskon- Erschließungs- ¤Fahrradab-
gute und sichere Erreichbar- Erschließungskonzepts. Eine gute Wegevernetzung mit der Nachbarschaft, gute und zept, Lageplan, konzept, Stellplatz- stellplätze [m2]
keit und Vernetzung ermög- unverwechselbare Orientierungsmöglichkeiten sowie Übersichtlichkeit schaffen indivi- Erdgeschoss- organisation, Fuß-
lichen duelle und kollektive Sicherheit. grundriss, Außen- weganbindung,
raumplanung mit Lage und Gestaltung
Fahrradabstell- der Eingangs-
plätzen bereiche
Soziale Kontakte: Die Pflege von sozialen Kontakten unterstützt Verantwortungsbewusstsein, Kreativität Lageplan, Außen- Qualität der Erschlie-
kommunikationsfördernde und den Aufbau sozialer Netze. Dies wird gefördert durch halböffentliche Bereiche, raumplanung, ßungszonen, Ge-
Begegnungsorte schaffen kommunikationsfördernde Erschließungs- und Begegnungsflächen sowie ein gut Grundrisse meinschafts- und
abgestimmtes Zusammenwirken der privaten, halböffentlichen und öffentlichen Außenräume
Bereiche von Gebäuden und ihrem Umfeld.
Zugänglichkeit und Nutzbar- Gute Zugänglichkeit und übersichtliche Gestaltung sind wertvoll und attraktiv für Baubeschreibung, Barrierefreiheit ¤barrierefrei
keit: alle – besonders diejenigen, die in ihrer Bewegungsfreiheit dauerhaft oder zeitweilig Erschließungskon- (Gebäude und (ja / nein)
Gebäude und Umgebung eingeschränkt sind. Barrierefreie Gestaltung verbessert die Kommunikation im zept, Lageplan, Außenanlagen),
übersichtlich und barrierefrei Gebäude und erhöht – richtig eingesetzt – die räumlichen Qualitäten von Architektur Grundrisse, Nutzbarkeit (z. B.
gestalten und Freiraum. Schnitte, Leit- automatische Türen,
system Behinderten-WCs
etc.)
Grundstück
Grundstücksfläche: Der Verzicht auf Nutzung unbebauter Fläche durch Flächenrecycling, wirtschaftliche Baubeschreibung planerische Maß- ¤GFZzul., GFZvorh.
Bedarf an Grundstücksfläche Grundstücksausnutzung und bauliche Verdichtung ermöglicht einen sinnvollen Um- Lageplan, Grund- nahmen zur Reduk- ¤BGF Be-
gering halten gang mit der knappen Ressource Boden. Die Weiternutzung bestehender Bauten hat risse tion des Grund- stand / BGF
Vorrang vor Neubaumaßnahmen. flächenbedarfs Neubau [m2]
Freifläche: Bei der Außenraumgestaltung ist die Erhaltung bzw. Schaffung natürlicher Lebens- Baubeschreibung Maßnahmen zur Er- • unvers. Fläche
Versiegelung minimieren, räume (extensive Wiesen und Rasenflächen, roh belassene unversiegelte Flächen, Lageplan, Außen- haltung bzw. Schaf- [% Grundstück]
Artenvielfalt sichern Retentionsflächen und Biotope, Bäume und Hecken, Dach- und Fassadenbegrünung) raumplanung fung natürlicher • Dachbe-
anzustreben. Dachbegrünung schafft Ersatz für baulich versiegelte Flächen. Lebensräume grünung
[% überbaute Fläche]
194
Strategien
Gestaltung
Baukultur: Wiedererkennung von gebauten Strukturen und von Landschaften dient der mensch- Entwurfskonzept, räumliche Struktu- ¤Wettbewerb
Orientierung und räumliche lichen Orientierung im Raum und vermittelt das Gefühl von Sicherheit, Zugehörigkeit Baubeschrei- ren, spezifische (ja / nein)
Identität durch Wiedererken- und Geborgenheit. Räumliche Identität fördert die Verantwortung gegenüber Umwelt bung, Lageplan, Identität des Orts
nung verbessern und Mitmenschen. Gute Architektur schafft den besonderen Bezug zum Ort, hohe Ge- Ansichten
staltqualität, eine spezifische Identität und sinnfällige Wechselbeziehungen zwischen
Gebäude und seiner Umgebung.
Personalisierung: Der Mensch benötigt Identifikation und Markierungen seines Territoriums. Architektur Entwurfskonzept, Innovation, Gestal-
Identifikation herstellen, per- und Freiraum leisten dabei den entscheidenden Beitrag. Innovation ist notwendig zur Baubeschreibung, tungsspielräume
sönliche Gestaltungsmög- Schaffung der Unverwechselbarkeit des Orts und zur Lösung aktueller gesellschaftli- Lageplan, und Möglichkeiten
lichkeiten eröffnen cher Fragestellungen. Als Beitrag zur Baukultur sollten jedoch gleichzeitig Gestaltungs- Grundrisse zur Personalisierung
spielräume zur Selbstdarstellung und Identifikationsbildung belassen bleiben.
Wohlbefinden / Gesundheit
Sicherheit: Sicherheit trägt zur sozialen und wirtschaftlichen Stabilität bei. Benutzer sollen sich so- Baubeschreibung, Schutz vor Natur-
Gefahrenpotenziale vermin- wohl im Gebäude selbst (Unfall, Einbruch, Brand, Arbeitssicherheit), als auch in dessen Brandschutzkon- gefahren, Brand-
dern, Sicherheitsempfinden Umgebung (Überfall, Naturgefahren) sicher fühlen und weitestgehend abgesichert zept, Lageplan, schutz, Absturz-
fördern sein. Entsprechend sind objektive Gefahrenpotenziale (z. B. standortspezifische Natur- Außenanlagen, sicherung, Rutsch-
gefahren, Rutschsicherheit, Stolperfallen, Brand etc.) möglichst auszuschalten, Beiträ- Grundrisse, An- sicherheit, Beleuch-
ge zum subjektiven Sicherheitsempfinden (z. B. Übersichtlichkeit, gute Beleuchtung, sichten, Schnitte, tung, Übersicht-
soziale Kontrolle, Belebung, gute Sichtverbindung etc.) sind zu leisten. Nutzerbefragung lichkeit, soziale
Kontrolle, Belebung,
Sichtverbindung
Schall: Unerwünschte Schallbelästigungen und akustische Verhältnisse beeinflussen das Wohl- raumakustisches bauliche Schall- ¤Schallschutz
angenehme akustische Be- befinden und können die Gesundheit beeinträchtigen. Lärmbelästigungen zwischen Gutachten schutzmaßnahmen, [dB (A)]
dingungen schaffen Nutzungseinheiten ( z. B. Luft- und Trittschall ) sowie Störungen (Immissionen haustech- raumakustische ¤Nachhallzeit [s]
nischer Anlagen, ungünstige Raumakustik ) sind durch entsprechende bauphysik- Maßnahmen
alische und raumakustische Vorkehrungen zu vermeiden.
Licht: Tageslicht beeinflusst über den Tagesgang des Lichts den Hormonhaushalt und syn- Baubeschreibung passive und tech- ¤Tageslicht-
optimale Tageslichtverhält- chronisiert unsere »innere Uhr«. Dementsprechend sind Tageslichtstrategie, Ausrich- (ggf. Tageslicht- nische Maßnahmen autonomie
nisse, gute Beleuchtung her- tung des Gebäudes, Fensterflächenanteil, Raumtiefe, Blendschutz, die Gestaltung von simulation), zur optimalen Ta- [%]
stellen Reflexionsflächen und die Farbgebung der umschließenden Bauteile (Boden, Wand, Schnitte, Grund- geslichtnutzung,
Decke) zu gestalten. risse, Ansichten, Blendschutz
Fassadenschnitt
Raumluft: Schlechtes Raumklima kann zahlreiche körperliche Symptome und Leistungsminde- Baubeschreibung, Lüftungskonzept ¤Lüftung:
hohe Raumluftqualität an- rung zur Folge haben. Eine möglichst geringe Belastung der Raumluft (z. B. CO2- Be- Lüftungskonzept, und sonstige Maß- natürlich
streben lastung, Reinigungsmittel, Tabakrauch, Schimmelpilze und Milben etc.) ist durch ein Nutzerbefragung, nahmen zur [%NF],
geeignetes Lüftungskonzept und unterstützendes Nutzerverhalten sicherzustellen. Raumluft- Sicherstellung der maschinell
messungen Raumluftqualität [%NF]
Raumklima: Die thermische Behaglichkeit beeinflusst wesentlich den menschlichen Wärmehaushalt Baubeschreibung, Beschreibung der ¤U -Werte
hohe thermische Behag- und wirkt sich unmittelbar auf den Energieverbrauch von Gebäuden aus. Sie ist mög- Entwurfspläne, Maßnahmen zur Gebäudehülle
lichkeit gewährleisten lichst weitgehend durch bauliche, passive Maßnahmen zu optimieren: z. B. allgemein Sonnenschutz, Optimierung des [W / m2K]
durch Bauweise, Wärmeschutz, Feuchteregulierung, abgestimmter Fensterflächenanteil Grundrisse, An- Raumklimas ¤Betriebsstun-
und speicherfähigeBauteile; gegen Überwärmung durch Sonnenschutzvorrichtungen sichten, Detail- den [h über
und Möglichkeiten zur Nachtkühlung. pläne 26 ˚C / a]
¤wirks. Spei-
cherkapazi-
tät [Wh / m2NF]
Gebäudesubstanz
Bausubstanz: Bauliche Standards und Ressourceneinsatz sollten auf die beabsichtigte wirtschaftliche Baubeschreibung, Maßnahmen zum ¤projektierte
auf die Lebensdauer bezo- Lebensdauer Bezug nehmen. Die Qualität der Bausubstanz und ihre sachgemäße Detailpläne mit Erreichen einer auf wirtschaftli-
gene Wert- und Qualitäts- Erhaltung sind entscheidend für den Erhalt des wirtschaftlichen Werts eines Bauwerks Materialangaben die Lebensdauer che Nutzungs-
beständigkeit erreichen und seiner Lebensdauer. bezogenen Wert- dauer [a]
und Qualitäts- ¤Dauerhaftig-
beständigkeit keit von Bau-
teilen [a]
Gebäudestruktur / Ausbau: Ausbau- bzw. Anpassungsmöglichkeiten steigern die Werthaltigkeit von Gebäuden, Baubeschreibung, Nutzungskonzept ¤alternative
hohe Flexibilität für verschie- um diese mit geringem Aufwand wandelnden Bedürfnissen entsprechend gestalten zu Nutzungskonzept, unter Einbeziehung Nutzungs-
dene Raum- und Nutzungs- können. Das Raumprogramm sollte über die Bildung standardisierter Flächenmodule Raumprogramm, der Anpassungs- konzepte
bedürfnisse sicherstellen sowie neutraler Grundstrukturen Veränderungen erleichtern und ggf. alternative Nut- Grundrisse, Detail- und Ausbaufähig- (ja / nein)
zungsszenarien vorsehen. Bei der Detailplanung ist das Prinzip einer möglichst weitrei- pläne keit, anpassungs-
chenden Trennung von Tragsystem und Ausbau anzustreben. fähige Installationen,
Trennung von Trag-
struktur und Ausbau
Baukosten
Investitionskosten: Niedrige Investitionskosten können die Zugänglichkeit baulicher Angebote für breite Baukostenermitt- Maßnahmen zur ¤Baukosten (KG
Investition unter Berücksich- Bevölkerungsschichten verbessern, dürfen bei langlebigen Gebäuden allerdings nicht lung, Lebens- Reduktion der In- 300 – 400)[EUR]
tigung der Lebenszyklus- auf Kosten der Dauerhaftigkeit, Wartungsfreundlichkeit und des Energiebedarfs im zykluskosten- vestitionskosten, ¤Verhältnis
kosten tätigen Betrieb gehen. berechnung Vertragsverhältnis KG 300 / 400
Investor / Nutzer ¤Baukosten
(Mieter, Selbst- [EUR / m2BGF]
nutzer etc.)
195
Strategien
Baukosten
Finanzierung: Das Kostengerüst sollte eine dauerhafte Finanzierung von Liegenschaften bis zu Kostenermittlung, Investitions-, In-
langfristig Finanzierung von ihrem Rückbau sicherstellen. Es sind für Instandhaltung, Instandsetzung und Rück- Verträge standsetzungs-
Betriebs-, Instandsetzungs- führung in den Stoffkreislauf angemessene Rücklagen zu bilden. Gebäude müssen und Rückbau-
und Rückbaukosten sichern sich über ihre Nutzungsdauer amortisieren, damit am Ende die Mittel zur Verfügung kosten, Förder-
stehen, um die Immobilie einem neuen Lebenszyklus zuführen bzw. sie ersetzen zu programme
können.
Betriebs- und Unterhaltskosten
Betrieb und Instandhaltung: Über die Lebensdauer eines Gebäudes betrachtet übersteigen die Betriebs- und Baubeschreibung, Maßnahmen zur ¤Betriebskosten
niedrige Instandhaltungskos- Instandhaltungskosten meist die Investitionskosten. Sorgfältige Planung, die Wahl Materialkonzept, Reduktion der Be- [EUR / m 2NFa]
ten durch frühzeitige Planung langlebiger und unterhaltsfreundlicher Materialien und Konstruktionen sowie Maß- Benchmarks, triebs- und Instand- ¤Bauunterhalt
und kontinuierliche Instand- nahmen zur Senkung des Energieverbrauchs können zur Verringerung der Betriebs- Lebenszyklus- haltungskosten [EUR / m2NFa]
haltung sichern kosten beitragen. Die Lebenszykluskostenbetrachtung unterstützt die integrale Be- kostenberechnung ¤Energiekosten
trachtung aller Kostenelemente und kann zu niedrigen Betriebs- und Unterhaltskosten [EUR / m 2NFa]
beitragen.
Instandsetzung: Die Qualität und die Lebensdauer der einzelnen Bauteile sind möglichst auf die beab- Grundrisse, Zugänglichkeit und
niedrige Instandsetzungs- sichtigte Nutzungsdauer abzustimmen. Bauteile, Haustechniksysteme, Fügungen und Fassadenschnitt, Austauschbarkeit
kosten durch gute Zugäng- Anschlussdetails sollten eine gute Zugänglichkeit und einfache Austauschbarkeit bei Detailpläne, von Bauteilen,
lichkeit und Qualität gewähr- späteren Instandsetzungsmaßnahmen ermöglichen. Installationspläne Reparaturfreund-
leisten lichkeit, Fügungen
und Anschluss-
details
Baustoffe
Rohstoffe / Verfügbarkeit: Bei der Auswahl von Baustoffen sollten vermehrt gut verfügbare, bevorzugt nachwach- Baubeschrei- Materialkonzept • Anteil nach-
gut verfügbare Primärroh- sende Rohstoffe (z. B. Holz), gut recycelbare Stoffe und Bauteile sowie Sekundärroh- bung, Material- sender Roh-
stoffe, vornehmlich jedoch stoffe (recycelte Baustoffe) berücksichtigt werden. konzept, Aus- stoffe [Vol.-%]
nachwachsende und Se- schreibung • Anteil Sekun-
kundärrohstoffe einsetzen därrohstoffe
[Vol.-%]
Umweltbelastung: Die Herstellung von Baustoffen sollte mit möglichst geringen Umweltwirkungen erfolgen. Baubeschreibung, Maßnahmen zur • PEI Rohbau
geringe Umweltbelastung Dies betrifft die einzusetzende graue Energie, die CO2-Belastung aber auch viele an- Materialkonzept, Gewährleistung [MJ / m2 NF]
bei der Herstellung anstre- dere Faktoren (z. B. Ozonabbau, Versauerung, Überdüngung, Sommersmog), die Ge- Ökobilanzierung, geringer Umwelt-
ben genstand der Ökobilanzierung sind. Ausschreibung belastungen bei
der Herstellung
Schadstoffe: Durch eine sorgfältige Auswahl von emissionsarmen bzw. -freien Baustoffen und Baubeschreibung, Maßnahmen zur • emissionsarme
auf geringe Schadstoffge- Einrichtungen lässt sich die Schadstoffbelastung in Innenräumen wie in Außen- Materialkonzept, Reduktion von bzw. -freie Bau-
halte in Baustoffen achten bereichen deutlich reduzieren. Insbesondere Anstrichstoffe, Fugendichtstoffe, Holz- Ausschreibung, Schadstoffemis- stoffwahl
werkstoffplatten, Klebstoffe und Metalle bedürfen erhöhter Aufmerksamkeit. Nutzerbefragung, sionen aus Bau- (ja / nein)
Raumluftmessun- stoffen • Baustoffka-
gen taster (ja / nein)
• Raumluft-
messung
(ja / nein)
Rückbau: Die Wiederverwendung und -verwertung (Recycling) von Baustoffen spart Rohmaterial Baubeschreibung, Baustoffauswahl • Rückbau-
einfach trennbare Verbund- und Energie. Recycling setzt voraus, dass sich die Konstruktionen und Systeme in ihre Materialkonzept, Recycelbarkeit konzept
stoffe und Konstruktionen ursprünglichen Komponenten auftrennen lassen. Fügungen sollten unter dem Aspekt Detailpläne Ausführung von (ja / nein)
zur Wiederverwendung bzw. von guter Auswechselbarkeit, guter Trennbarkeit und guter Recycelbarkeit geplant Fügungen und
-verwertung einsetzen sein. Konstruktionen mit mechanischer Befestigung sind Verbundkonstruktionen vorzu- Konstuktionen
ziehen.
Betriebsenergie
Gebäudeheizung: Der Heizwärmebedarf lässt sich durch passive Maßnahmen (Kompaktheit, Gebäude- Baubeschreibung, passive und tech- • Heizwärme-
minimierten Heizenergie- geometrie, Gebäudetiefe, Ausrichtung, Minimierung der Verschattung, luftdichte Ge- Haustechnikkon- nische Maßnahmen bedarf
bedarf anstreben bäudehülle, Wärmedämmung etc.) und effiziente Gebäudetechnik maßgeblich zept, Grundrisse, zur Reduzierung [kWh / m2a]
reduzieren. Ansichten, Detail- des Heizenergie- • Primärener-
schnitte der Hüll- bedarfs giebedarf
bauteile mit [kWh / m2a]
U-Werten • Endenergie-
verbrauch
[kWh / m2a]
Gebäudekühlung: Durch passive Maßnahmen (z. B. Speichermassen, abgestimmter Fensterflächenanteil, Baubeschreibung, Beschreibung • Primärener-
technischen Kältebedarf Bauweise, Speicherfähigkeit von Innenbauteilen etc.) und baulich-technische Vorkeh- Haustechnikkon- der passiven und giebedarf
durch bauliche und haustech- rungen (z.B. Sonnenschutzvorrichtungen, Nachtauskühlung etc.) kann einer Überhitzung zept, Sonnen- technischen Maß- [kWh / m2 a]
nische Maßnahmen vermei- des Gebäudes vermieden werden. Eine aktive Kühlung sollte bei Gebäuden mit ge- schutzkonzept, nahmen zur Re- • Endenergie-
den oder minimieren ringen inneren Wärmelasten möglichst vermieden werden. Ist sie erforderlich, sollte sie Ansichten duzierung des verbrauch
möglichst effizient erfolgen. Kältebedarfs [kWh / m2a]
Warmwasserbereitung: Ein geringer Energiebedarf für Warmwasser lässt sich durch mengenbegrenzende Ar- Baubeschreibung, Maßnahmen zur • Primärener-
Wärme- und Energiebedarf maturen, konzeptionelle Maßnahmen wie konzentrierte Nasszonenbereiche und mini- Haustechnikkon- Reduzierung des giebedarf
senken mierte Leitungsführung erreichen. Der tatsächliche Verbrauch wird maßgeblich durch zept, Installations- Warmwasserbe- [kWh / m2a]
das Nutzerverhalten beeinflusst. pläne darfs • Endenergie-
verbrauch
[kWh / m2a]
196
Strategien
Betriebsenergie
Luftförderung: Als optimierte Lüftungsstrategie ist eine natürliche Lüftung zu bevorzugen. Wird eine Baubeschreibung, bauliche und • Primärener-
Strombedarf für Luftförderung maschinelle Luftförderung erforderlich, sollte diese mit Wärme - bzw. Kälterückge- Haustechnikkon- technische Maß- giebedarf
minimieren winnung, günstigen Kanalquerschnitten und energieeffizienten Motoren ausgestattet zept, Installations- nahmen zur Re- [kWh / m2a]
sein. pläne duzierung des • Endenergie-
Strombedarfs verbrauch
[kWh / m2a]
Beleuchtung: Durch eine tageslichtoptimierte Gebäudeplanung lässt sich der Energiebedarf für Kunst- Baubeschreibung, bauliche und • Primärener-
Strombedarf für Beleuchtung licht minimieren. Darüber hinaus sollten energieeffiziente Beleuchtungssysteme, auf die Beleuchtungs- technische Maß- giebedarf
gering halten Tätigkeit abgestimmte Beleuchtungskonzepte sowie tageslicht - und präsenzabhängige konzept nahmen zur Re- [kWh / m2a]
Steuerungstechnik eingesetzt werden. duzierung des • Endenergie-
Strombedarfs verbrauch
[kWh / m2a]
Sonstige elektr. Verbraucher: Wichtige Faktoren sind sinnvolle Komfortansprüche, eine angemessene Ausstattung Baubeschreibung Auswahl energie- • Primärener-
geringen Elektrizitätsbedarf mit Betriebseinrichtungen sowie energieeffiziente Geräte und Anlagen. effizienter Geräte giebedarf
durch konzeptionelle und be- und Anlagen Verbraucher
triebliche Vorkehrungen ver- [kWh / m2a]
folgen • Endenergie-
verbrauch
[kWh / m2a]
Energiebedarfsdeckung: Zur Deckung des Energiebedarfs sollte ein möglichst hoher Anteil an erneuerbarer Ener- Baubeschreibung, Energiekonzept, • Deckungsrate
Anteil an erneuerbarer Ener- gie genutzt werden. Möglichkeiten zur Nutzung von lokal verfügbaren erneuerbaren Energiekonzept Nutzung erneuer- erneuerbare
gie für die Bedarfsdeckung Ressourcen (z. B. Geothermie) sowie zur Integration von Solartechnik in die Gebäude- barer Energien Energien [%]
steigern hülle sind bereits in der Vorplanung zu berücksichtigen. • Solarfläche:
Solarthermie
[m2], PV [m2]
Infrastruktur
Abfälle aus Betrieb und Bauliche Vorkehrungen bilden die Voraussetzung, um durch getrenntes Sammeln und Baubeschreibung, Qualitäten der Infra-
Nutzung: Verwerten von Betriebs- und Haushaltsabfällen Stoffkreisläufe zu schließen. Neben der Grundrisse struktur für Abfall-
Infrastruktur für Abfall- funktionalen Qualität von Entsorgungssystemen und einer geregelten Betreuung übt trennung
trennung herstellen das Nutzerverhalten maßgeblichen Einfluss aus.
Wasser: Absenkung des Grundwasserspiegels kann Ökosysteme einschneidend verändern. Sanitärplanung, Maßnahmen für ge- • Wasserver-
Trinkwasserverbrauch Die Aufbereitung von Trink- und Abwasser macht hohe Aufwendungen erforderlich. Außenraum- ringen Trinkwasser- brauch
senken Durch geeignete Maßnahmen z. B. wassersparende Armarturen, Haushaltsgeräte und planung verbrauch und ge- [m3 / Person • a]
WCs, Nutzung von Regen- und Grauwasser und verändertes Nutzerverhalten sind er- ringe Abwasser- • Regen- / Grau-
hebliche Verminderungen der Umweltwirkung erzielbar. mengen wassernutzung
(ja / nein)
Prozessqualität
Nachhaltiges Bauen: Jedes Gebäude, ob neu erreichtet oder saniert, kann durch seine besonderen Eigen- Programmatik, Maßnahmen zur • nachhaltig-
Beitrag zur nachhaltigen Ent- schaften und seine Ausstrahlung zur Verbreitung des nachhaltigen Wirtschaftens bei- Veröffentlich- Umsetzung eines keitsorientier-
wicklung und zur Stärkung tragen. Auf diese Weise sollte sich eine neue Planungskultur entwickeln. Ihre besonde- ungen nachhaltigkeits- te Bench-
des öffentlichen Bewusst- ren Eigenschaften und ihre Erfolge sollten öffentlich kommuniziert werden. orientierten marks (ja / nein)
seins leisten Planungsprozesses
Bautradition: Zeugnisse guter Baukultur, handwerkliche Traditionen und intelligente Bauweisen sind Baubeschreibung Maßnahmen zum
Arbeit, Wissen und Baukultur im Zuge der Planung zu pflegen und weiterzuentwickeln. Die Bewahrung gestalteri- Detailpläne, eige- Erhalt des kulturel-
erhalten scher oder geschichtlicher Werte von Gebäuden trägt zum Erhalt und zur Fortentwick- ne Anschauung len Erbes
lung der regionalen Baukunst bei.
Partizipation: Die Mitwirkung von Nutzern und Betroffenen im Planungsprozess unterstützt die Ak- Erfahrungs- Partizipations- • Partizipations-
hohes Maß an Akzeptanz zeptanz und kann die Nutzungsqualität von Baumaßnahmen verbessern. Die kritisch berichte konzept konzept
durch Partizipation anstreben begleitete Berücksichtigung von Wünschen und Bedürfnissen späterer Nutzer kann (ja / nein)
soziale wie finanzielle Vorteile erzeugen. Ziele, Methoden, Umfang und Zeitpunkt der
Partizipation von Interessengruppen sind frühzeitig festzulegen.
Integrale Planung: Die frühzeitige Bildung eines integralen Planungsteams und seine Ausrichtung auf Baubeschreibung, Projektbeteiligte und
projektspezifische Nachhal- nachhaltigkeitsorientierte Planungsgrundsätze tragen wesentlich zur Sicherung des Liste der Projekt- ihre Aufgabenberei-
tigkeitspotenziale optimieren Projekterfolgs bei. Die rechtzeitige und kollegiale Einbeziehung von Fachplanern beteiligten, Bench- che, Beschreibung
sowie integrale Planungsgrundsätze sind zwischen Bauherr und Architekt abzu- marks des integralen Pla-
stimmen. Bereits in der Vorplanung sind entsprechende Benchmarks und Zielvor- nungsprozesses
gaben zu definieren.
Analysen: Stoffstromanalysen und Gebäudesimulationen können maßgeblich zur Senkung von Gebäudebeschrei- Simulationsver- • Simulations-
Stoffströme, Energieaufwen- Umweltwirkungen und der Betriebskosten beitragen. Die Gesamt- und Detailanalyse bung, Simulations- fahren, Optimie- verfahren
dungen und Betriebskosten müssen frühzeitig mit geeigneten Simulationstools bewertet und entsprechend weiter- ergebnisse rungsebenen ja / nein)
verringern entwickelt werden.
Monitoring: Beim Gebäudemonitoring unterliegen raumklimatische Einflüsse und technische Monitoringkonzept Monitoringkonzept • Monitoring
Gebäudeüberwachung und Systeme einer kontinuierlichen Überwachung, um die Wirksamkeit geplanter Systeme (z. B. Messgrößen (ja / nein)
-optimierung einplanen zu prüfen und daraus Schlüsse für weitere Planungen ziehen zu können. Monitoring und Monitoring-
trägt dazu bei, Störeinflüsse frühzeitig zu erkennen und somit die Betriebskosten zu dauer)
reduzieren.
Facility Management: Als Steuerungselement für den Gebäudebetrieb trägt Facility Management (FM) dazu FM-Konzept Konzept zur Opti- • FM-Konzept
den Betrieb vorausplanen bei, betriebliche Aufwendungen und den Energiebedarf zu minimieren, Wartungs- und FM-Vertrag mierung der Auf- (ja / nein)
und organisieren Instandhaltungsprozesse zu steuern sowie das Gebäude sich wandelnden Anfor- wendungen wäh-
derungen der Nutzung anzupassen. Damit sorgt FM für einen wirtschaftlichen Betrieb, rend der Nutzungs-
die Langlebigkeit des Gebäudes und seine nachhaltige Nutzbarkeit. phase
197
Teil C Gebaute Beispiele im Detail
199
Beispiel 01
Wohnhaus
Architekten:
Buzzi e Buzzi, Locarno
Britta Buzzi-Huppert, Francesco Buzzi
Mitarbeiter:
Gabriella Beusch
Tragwerksplanung:
Genazzi & Stoffel e Giacomazzi, Locarno
º A+U 05 / 2001
db 09 / 2001
DBZ 01/ 2002
200
Wohnhaus
Grundriss Erdgeschoss
Schnitt 1
Maßstab 1:200
Vertikalschnitt
Maßstab 1:20
1 Ziegeldeckung
Konterlattung 30/50 mm
Lattung 50/50 mm
Unterdachbahn diffusionsoffen,
fugenlos verklebt
Schalung Nut und Kamm 18 mm
Sparren 60/240 mm, Firstgelenk
mit seitlichen Laschen biegesteif
verbunden, dazwischen Wärme-
dämmung Steinwolle 2≈ 120 mm
Dampfbremse PE-Folie,
fugenlos verklebt
Verkleidung Gipsfaserplatte
2≈ 12,5 mm
2 Schalung Dreischichtplatte Lärche
20 mm
Holzrahmenelement Fichte / Tanne
120 mm, dazwischen Wärme-
dämmung Steinwolle 120 mm
PE-Folie
OSB-Platte 12 mm,
Installationshohlraum 62 mm
Gipsfaserplatte 12,5 mm bb
201
Beispiel 02
Wohnhaus
Satteins, A 2002
Architekt:
Walter Unterrainer, Feldkirch
Mitarbeiter:
Sabine Tschohl
Tragwerksplanung:
Merz Kaufmann, Dornbirn
202
Wohnhaus
A 4 5 6
Schnitt • Grundrisse
1 Maßstab 1:250
Horizontalschnitt Kollektorfassade
Vertikalschnitte
Maßstab 1:20
bb cc
203
Beispiel 02
204
Wohnbebauung
Wohnbebauung
Trondheim, N 2004
Architekten:
Brendeland & Kristoffersen arkitekter,
Trondheim
Geir Brendeland, Olav Kristoffersen
Tragwerksplanung:
Reinertsen Engineering, Trondheim
2 3
º Arch+ 167 / 177, 2006 5
5
5 4
Architectural Review 12 / 2005
Japan Design 06 / 2005
2 4
a a b Schnitte • Grundrisse
Maßstab 1:500
3
1 Eingang
2 2 Privatbereich
3 Gemeinschaftsbereich
4 Küchenzone
1 5 Studio-Wohnung
6 Gewerbenutzung
205
Beispiel 03
1 Dachaufbau:
1 Schalung Kernholz Kiefer,
unbehandelt 22/148 mm
bzw. 22/73 mm
Lattung 36/48 mm
Bitumenpappe
Konterlattung 23/36 mm
Sperrholzplatte 22 mm
Hinterlüftung 40 mm
Abdichtung
Holzsparren 48/198 mm,
dazwischen Mineralwolle
Fertigteil Massivholz 208 mm
2 Bodenaufbau:
Bretterboden 22 mm
Zementspanplatte 20 mm
Holzbalken 48/125 mm,
dazwischen Mineralwolle 125 mm
Massivholzdecke 218 mm
3 Isolierverglasung, U = 1,1 W/m2K
4 Fassadenaufbau:
Schalung Kernholz Kiefer,
unbehandelt 22/148 mm
bzw. 22/73 mm
Konterlattung 36/48 mm
Lattung 26/36 mm
Dichtung
Gipskartonplatte 9 mm
Dichtung
Holzständer 48/200 mm,
dawischen Mineralwolle 200 mm
Dampfsperre
Wandelement Massivholz 144 mm
206
Wohnbebauung
207
Beispiel 04
Berlin, D 2003
Architekt:
Thomas Hillig, Berlin
Mitarbeiter:
Thomas Kaiser
Tragwerksplanung:
Michael Grimm, Bischofsgrün / Berlin
208
Sanierung eines Wohnhauses
209
Beispiel 05
Schutzhütte
Architekten:
pos architekten, Wien
Treberspurg und Partner Architekten, Wien
Mitarbeiter:
Florian Dorninger, Jutta Leitner, Fritz Oettl,
Marie Rezac, Christian Wolfert
Tragwerksplanung:
Robert Salzer, Hohenberg
Gerald Gallasch, Wien
Energiekonzept und Bauphysik:
Wilhelm Hofbauer, Wien
210
Schutzhütte
13
14
17
15
211
Beispiel 05
50,0 1200
45,0
A Messdaten November 2006
1100
40,0 B Raumzonen passiv solar
1000
35,0 C Warmwasser, Strom
900 D Lüftung / Wärmerückgewinnung
Einstrahlung [W/m²]
30,0
Temperatur [°C]
25,0 8 00
20,0 700 1 solare Energie
15,0
600 2 Warmwasserspeicher
10,0
500 3 BHKW Rapsöl
5,0
0,0 4 00 4 Batterie
-5,0 300
5 Abluft
-10,0 6 Zuluft 20°
2 00
-15,0 7 Fortluft
-20,0 1 00
8 Frischluft
-25,0 0
9 Passivhaus-Lüftungsgerät mit
Abluftwärme-Rückgewinnung
06
06
06
06
06
06
06
20
20
20
20
20
20
20
ov
ov
ov
ov
ov
ov
ov
.N
.N
.N
.N
.N
.N
.N
21
22
23
24
25
26
27
A
1
5
6
5 8
6
2 3 9
B C D
212
Fernheizwerk
Fernheizwerk
Sexten, I 2005
Architekt:
Siegfried Delueg, Brixen
Mitarbeiter:
Thomas Malknecht, Igor Comploi
Tragwerksplanung:
Team 4, Bruneck
213
Beispiel 06
1 1
2
2
Vertikalschnitte • Horizontalschnitt
Maßstab 1:20
214
Fernheizwerk
215
Beispiel 07
Strohhaus
Eschenz, CH 2005
Architekt:
Felix Jerusalem, Zürich
Tragwerksplanung:
SJB.Kempter.Fitze, Frauenfeld
Konstruktionsplanung:
Création Holz, Herisau
º Detail 06 / 2006
Werk, Bauen und Wohnen 11/ 2006
b
3
6
4
7 8 a
1 2
6 a
5
216
Strohhaus
9
14
15 10
16 11
13 17 12
18 19
217
Beispiel 07
Horizontalschnitt
Maßstab 1:20
218
Altenwohn- und Pflegeheim
Steinfeld, A 2005
Architekt:
Dietger Wissounig, Graz
Tragwerksplanung:
Kurt Pock, Gerolf Urban, Spittal / Drau
219
Beispiel 08
8 3
Vertikalschnitt
Maßstab 1:20
Energieschema
A Winter: passive Wärmegewinnung
B Sommer: Lüftung / Kühlung
11
20°
-10°
10 13 12
15 14
11
25°
30°
10 12
bb
220
Altenwohn- und Pflegeheim
1 Dachaufbau:
Kies 50 mm
Dichtungsbahn 5 mm
Wärmedämmung PUR 2≈ 110 mm
Dampfsperre 2 mm
OSB-Platte 18 mm
Gefällekeil Holz 20 –175 mm
Brettstapeldecke 140 mm
2 Bodenaufbau Einzelzimmer:
Parkett Eiche 22 mm
Heizestrich 70 mm
Trennlage PE-Folie
Trittschalldämmung 25 mm
Schüttung 63 mm
Trennlage PE-Folie
Brettstapeldecke 140 mm
3 Glaswand Flur ESG 20 mm,
eingespannt in BSH Lärche 75/170 m
4 Führungsschiene Stahlprofil fi 30/30 mm
5 Schiebeelelement:
Lamellen Lärche vertikal 80/20 mm,
an Rahmen Aluminiumrohr ¡ 25/100/2 mm
6 Vorhangschiene
7 Brüstung / Regal Lärche 50/255 mm
8 Isolierverglasung, U = 0,9 W/m2K
9 Wandaufbau:
Nut- und Federschalung
Lärche vertikal 80/20 mm
Konterlattung 35/50 mm
Dichtung diffusionsoffen
Lattung 35/50 mm,
dazwischen Wärmedämmung 35 mm
Holzfaserplatte 36 mm
Wärmedämmung Steinwolle 50 mm
10 Frischluft Erdregister
11 Frischluftspeicher
12 Quelllüftung
13 Fortluft mit Wärmerückgewinnung
14 Sonnenschutz
15 natürliche Entlüftung / Abluft
221
Beispiel 09
Mehrgenerationenhaus
Darmstadt, D 2003
Architekten:
Kränzle + Fischer-Wasels, Karlsruhe
Klotz + Knecht, Darmstadt
Jürgen Ludwik, Reinheim (Bauleitung)
Tragwerksplanung:
ISG Gesellschaft für Ingenieurbau und
Systementwicklung, Darmstadt
222
Mehrgenerationenhaus
Schnitt • Grundrisse
Maßstab 1:500
Vertikalschnitt
Maßstab 1:20
10
1 Wohnung
2 Gemeinschaftsbereich
3 Luftraum
4 Terrasse / Balkon
12 9 8
bb
223
Beispiel 09
224
Sporthalle
Sporthalle
Tübingen, D 2004
Architekten:
Allmann Sattler Wappner, München
Mitarbeiter:
Dirk Bauer, Birgit Bader, Eva Hartl, Kai Homm,
Christof Kilius, Thomas Meusburger, Martin
Plock, Ulf Rössler, Steffen Schwarz
Tragwerksplanung:
Werner Sobek Ingenieure, Stuttgart
Energiekonzept:
Transsolar Energietechnik, Stuttgart
225
Beispiel 10
226
Sporthalle
5
8
9
227
Beispiel 11
Fortbildungsakademie
Herne, D 1999
Architekten:
Jourda et Perraudin, Lyon / Paris
Hegger Hegger Schleiff, Kassel
Tragwerksplanung:
Ove Arup and Partners, London
Schlaich Bergermann und Partner, Stuttgart
Energiekonzept:
Ove Arup and Partners, London
HL-Technik, München
228
Fortbildungsakademie
10
11
12
13
14
14
15
16
17
18
18
bb
229
Beispiel 11
aa
230
Schule
Schule
Architekten:
Arup Associates, London
Tragwerksplanung:
Arup & Arup Associates, London
Energiekonzept:
Arup & Arup Associates, London
231
Beispiel 12
c
8
1
1
9 10
12
6 4
12 11
13 11 13
3
14 14
a
5 b b
14 14
16
a 6
2 14 14
15 15
aa bb
232
Schule
30
Klassenzimmer Grundrisse • Schnitte
25
Schule, Internat
20 Maßstab 1:500
15 Schnitt Wasch- und
10
Toilettenanlage
Maßstab 1:100
5
Außenraum
Temperaturdiagramm
0ºC Klassenraum
-5
Tag 1 2 3 4 5 6 7
Uhrzeit 9h/16h 9h/16h 9h/16h 9h/16h 9h/16h 9h/16h 9h/16h
1 Zugang
2 Unterrichtsraum im Freien
3 Spielplatz mit Brunnen
4 Kinderkrippe
5 Kindergarten
6 Klassenraum
7 Lehrerzimmer
8 Wasch- und Toilettenräume
17 9 Luftschleuse mit
Schließfächern
21 10 beheizter Ruheraum
11 Eingangsbereich
18 12 Wohnraum
13 Schlafzimmer Lehrer
14 Schlafzimmer Schüler
15 Waschraum
17 16 Innenhof
19
17 Stahlblech verzinkt,
dunkel gestrichen
18 Waschrinne
20 19 Trockengrube
20 Sickerfläche
cc 21 Lüftungsschacht
233
Beispiel 13
Architekten:
Lapointe Magne & Ædifica, Montreal
Michel Lapointe, Robert Magne
Mitarbeiter:
Guy Favreau, Jean-Luc Vadeboncoeur
Tragwerksplanung:
Les Consultants Géniplus, Montreal
234
Hotel- und Tourismusinstitut
18 19
20 29
21 35
30
26 36
37
24 27 31
23
22 25
28 33 38
32
bb
b b
20 24 26 29 31 32 33 35
34 34
28
25
27
235
Beispiel 13
Energieschema Doppelfassade
A Sockelgebäude Winter / Sommer
B Turmgebäude Winter / Sommer
236
Institutsgebäude
Institutsgebäude
Freiburg, D 2006
Architekten:
pfeifer. kuhn. architekten, Freiburg
Mitarbeiter: Alwin Neuss (Projektleitung),
Achim Schneider, Wolfgang Stocker, Johannes
Abele, Bendix Pallesen-Mustikai, Dominic Ikic,
Marcus Hannemann, Sebastian Fiedler
Tragwerksplanung:
Mohnke Bauingenieure, Denzlingen
Energiekonzept:
Ingenieurbüro Kuder, Flein (technische
Gebäudeausrüstung),
Delzer Kybernetik, Lörrach (Simulation)
237
Beispiel 14
2
1
12
13
7
8
10
4 4
bb
1 Dachaufbau: 4 Deckenaufbau:
Vegetationsschicht 100 mm Beschichtung PU–Harz 2 mm
5
Filtervlies, Drainschicht Verbundstrich 50 mm 6
Speichermatte, Wurzelschutz Stahlbeton 350 mm mit
Abdichtung Polymerbitumenbahn, Betonkernaktivierung
zweilagig 5 Bodenaufbau:
Wärmedämmung Schaumglas 200 mm Beschichtung PU–Harz 2 mm
Bitumenvoranstrich Estrich auf Trennlage 50 mm
Stahlbetondecke 300 mm Bodenplatte Stahlbeton 250 mm 9
2 Lüftungsklappe Dämmung 100 mm
3 Wandaufbau: Filterkies 4/8 Ø 100 mm 10
Pfosten-Riegel-Konstruktion mit 6 Lüftungsgitter (Insektenschutz)
ESG 8 mm 7 Blende Dreischichtplatte 15 mm
Zwischenraum für Luftströmung 260 mm 8 Lüftungsklappe (mit Stellmotor)
11
Brettstapelwand 180 mm 9 Lüftungsklappe
OSB-Platte 12 mm 10 Konvektor
Zwischenraum für Luftströmung 210 mm 11 Filter
Metallständerkonstruktion 50 mm 12 Holz-Aluminium-Fenster
Aufhängung 25 mm Isolierverglasung 2≈ ESG 4 mm
Dreischichtplatte 20 mm 13 Dreischichtplatte geschlitzt cc
238
Institutsgebäude
2
A
Vertikalschnitte
Maßstab 1:20
Energieschema
A Sommer
3 B Winter
1 Wärmetauscher
2 Erdregister
3 Kollektorfassade
2
B
239
Beispiel 15
Institutsgebäude
Dübendorf, CH 2006
Architekten:
Bob Gysin + Partner, Zürich
Mitarbeiter:
Rudolf Trachsel, Marco Giuliani,
Daniel Leuthold, Reto Vincenz
Tragwerksplanung:
Henauer Gugler, Zürich
Energiekonzept:
3-Plan Haustechnik, Winterthur
240
Institutsgebäude
Schnitt • Grundrisse
Erdgeschoss
1. Obergeschoss
Maßstab 1:750
Vertikalschnitt
Maßstab 1:20
1 Bodenaufbau:
5 Hartsteinholz 10–12 mm
Zementüberzug mit
Glasfaserarmierung 70–68 mm
Trittschalldämmung 20 mm
Stahlbetondecke schlaff armiert
360 mm
2 Wandaufbau, U = 0,114 W/m2K:
Faserzementplatte 8 mm
Lattung 40/60 mm
Konterlattung 40/60 mm / Hinterlüftung 40 mm
Dichtungsbahn diffusionsoffen
Wärmedämmung Mineralwolle 180 mm
Holzfaserplatte diffusionsoffen 15 mm
Dämmung Mineralwolle 120 mm
Gipsfaserplatte 15 mm
Dampfbremse PE-Folie
Mineralfaserdämmplatte 30 mm
Akustikplatte MDF-Platte gerillt 17 mm
3 Fensterelemente:
Holzrahmen Fichte
Isolierverglasung Float 6 + SZR 12 + ESG 5+
SZR 12 + Float 4 mm, U = 0,5 W/m2K
4 Flachstahl ¡ 150/10 mm feuerverzinkt
5 Glaslamelle mit Siebdruck
6 Photovoltaikelement
3
1
241
Beispiel 15
1
2
242
Bürogebäude
Bürogebäude
Landshut, D 2003
Architekten:
Hascher Jehle Architektur, Berlin
Mitarbeiter:
Thomas Weber, Thomas Breunig, Carsten
Burghardt, Andreas Dalhoff, Matthias Rempen,
Friedrich Rohdich, Ulrike von Schenk
Tragwerksplanung:
Seeberger, Friedl und Partner, München
Energiekonzept:
Climaplan GmbH, München
º AIT 12 / 2003
db 04 / 2005
aa
243
Beispiel 16
9
3 8
2
7
10
11
Vertikalschnitte
Maßstab 1:20
13
14
244
Bürogebäude
245
Beispiel 17
Verwaltungsgebäude
Architekten:
Behnisch, Behnisch & Partner,
Stuttgart / Venice
Mitarbeiter:
Martin Werminghausen (Projektleitung),
Maik Neumann; Tim Krebs, Claus Mihm,
Sarah Straubenmueller
Tragwerks- und Haustechnikplanung:
Buro Happold, Bath / New York
Lichtplaner:
Bartenbach Lichtlabor, Aldrans
246
Verwaltungsgebäude
11
Schnitt
Maßstab 1:500
Schnitt Atriumdach 12
Maßstab 1:250
Grundrisse
1. Obergeschoss
4. Obergeschoss 13
Maßstab 1:1000
14
4
8 6
4 7
10 6 4
5
4 9
6 3
4 6 4
2 a
a
1
6
6
6
247
Beispiel 17
Lichtlenklamellen
Maßstab 1:20
248
Konferenz- und Ausstellungsgebäude
Osnabrück, D 2001
Architekten:
Herzog + Partner, München
Thomas Herzog + Hanns Jörg Schrade
Mitarbeiter:
Stefan Sinning, Kirsten Braun, Patrick Bröll,
Peter Gotsch, Matthias Lettau, Sybille Fries
Gebäudetechnik:
NEK Ingenieurgruppe, Braunschweig
Energietechnik:
ZAE Bayern, Garching
a
Für das Konferenz- und Ausstellungsgebäude
der Deutschen Bundesstiftung Umwelt waren
neben optimaler Tageslichtnutzung ein nach-
haltiges und Ressourcen schonendes Energie-
konzept, flexible Nutzbarkeit und die Verwen-
dung naturnaher Materialien entwurfsbestim-
mende Kriterien. Den Mittelpunkt des als Holz-
skelett konstruierten Gebäudes bildet der
6,50 m hohe Konferenzraum, an den sich ein
Bürotrakt sowie Verkehrs- und Ausstellungs-
flächen anschließen. Ein dreigeschossiger,
aussteifender Stahlbetonkern, auf dem eine
Photovoltaikanlage und Vakuumröhrenkollek-
toren installiert sind, enthält die sanitären und Grundrisse
technischen Einrichtungen. a Maßstab 1:1000
Das transparente, durchlüftete Membrandach
bildet den äußeren Wetterschutz. Die einlagige,
vorgespannte ETFE-Folie ist vollständig wie-
derverwendbar und durch ihre antiadhäsiven
Eigenschaften selbstreinigend. Jedes Dachfeld
kann durch den mehrlagigen Aufbau den kli-
matischen Anforderungen an die darunterlie-
gende Raumnutzung angepasst werden. Wäh-
rend über Bürobereich und Lager die innen
liegende Schicht aus einer stark gedämmten
opaken Ebene besteht, ist der Aufbau über
Konferenz- und Ausstellungsräumen translu-
zent. Durch die Ausleuchtung mit Zenitlicht
wird eine erheblich höhere Leuchtdichte im
Vergleich zu Seitenlicht erzielt. Sonnenschutz,
Verdunklung und Tageslichtsteuerung erfol-
gen über lenkbare Lamellen, die zwischen
Membran und Verglasung angeordnet sind.
Der Dachaufbau trägt nicht nur wesentlich zur
Einsparung elektrischer Beleuchtungsenergie
bei, sondern ermöglicht auch einen hohen pas-
siven Wärmeeintrag. Trotzdem entsteht im
Sommer aufgrund effektiver Verschattungs-
möglichkeiten kein großer Kühlenergiebedarf.
Im Winter versorgt ein Blockheizkraftwerk den
Neubau und das bestehende Verwaltungsge-
bäude mit Heizenergie. Im Sommer senkt eine
mit der Fußbodenheizung kombinierte Grund-
wasserkühlung die Raumtemperaturen. Ein
Wärmetauscher kühlt die über die Lüftungs-
anlage einströmende Außenluft bzw. erwärmt
sie in der Heizperiode.
º Archicreation 06 / 2003
Rassegna 12 / 2006
249
Beispiel 18
aa
26 °C
16 °C
B
250
Konferenz- und Ausstellungsgebäude
4 6
3
Lüftung Teil des großen Volumens muss konditioniert werden. Die die direkte Sonneneinstrahlung auf die Fassade und vor
Neben der individuellen Lüftung über Fenster gibt es für Anlage dient im Brandfall zur Entrauchung. Die Zuluftrate allem das Dach. Durch effektive Verschattungsmöglich-
die Büros, Konferenz- und Ausstellungsräume eine entspricht der hygienisch notwendigen Frischluftmenge, keiten entsteht im Sommer kaum Bedarf an Kühlenergie.
mechanische Lüftungsanlage. Ein Wärmetauscher senkt die Zuluft wird zentral gefiltert. Umluftbetrieb und Be- und Eine Grundwasserkühlung erbringt die nötige Kühlleis-
mithilfe der Grundwasserkühlung auch an heißen Tagen Entfeuchtung erfolgen nicht. Technischer Aufwand und tung: Wasser wird durch Schläuche im oberflächennahen
die zugeführte Außenluft auf ca. 23 °C ab. Über lange Zeit Energiebedarf sind dadurch gering, allerdings entspricht Grundwasser unterhalb der Sohlplatte gepumpt und über
des Jahres ermöglicht ein kombinierter Zu- und Abluftka- so die relative Luftfeuchte im Innern derjenigen der die Rohrleitungen der Fußbodenheizung im Gebäude ver-
nal eine Wärmerückgewinnungsrate von über 80 %. In die Außenluft – im Winter ist sie sehr niedrig, im Sommer rela- teilt. Wassertemperaturen um 20 °C kühlen die Raumluft-
Konferenz- und Ausstellungsräume wird die Zuluft mit tiv hoch. temperatur auf ca. 26 °C ab. Bei der nächtlichen Wärme-
geringer Geschwindigkeit von unten eingeblasen. Über abfuhr müssen im Vergleich zu einer Luftkühlung wesent-
dem Boden befindet sich so immer frische, im Sommer Heizung und Kühlung lich geringere Volumenströme bewegt werden, auch in
auch relativ kühle Luft. Verbrauchte, erwärmte Luft steigt Ein Blockheizkraftwerk beheizt Neubau und bestehendes längeren Hitzeperioden können die Raumtemperaturen
auf und wird unter der Decke abgesaugt – nur der untere Verwaltungsgebäude; erhebliche Wärmegewinne bringt relativ niedrig gehalten werden.
251
Beispiel 19
London, GB 2002
Architekten:
Bill Dunster architects, ZEDfactory, Surrey
Tragwerksplanung:
Ellis & Moore, London
Energiekonzept:
Ove Arup & Partners, London
aa
252
Wohn- und Büroanlage
7
6
Schnitt Gesamtanlage
Maßstab 1:500 bb
Grundriss Erdgeschoss
Maßstab 1:1000
Schnitte Reihenhaus
Maßstab 1:200
1 Kindergarten
2 Sportzentrum
3 Cafè
4 Büro
5 Dachaufbau:
extensive Begrünung
Substrat
Drainage- und Filtermatte
Abdichtung Elastomerbitumen
Wärmedämmung Hartschaum 300 mm
Dampfsperre Elastomerbitumen
Betonfertigteil 225 mm
Anstrich
6 Wandaufbau:
Blendmauerwerk 102 mm
Wärmedämmung Steinwolle 300 mm
Betonwerkstein 100 mm
Innenputz 15 mm
7 Bodenaufbau:
Bodenbelag, Estrich 60 mm
Bodenplatte Stahlbeton 200 mm cc
Wärmedämmung Hartschaum 300 mm
253
Beispiel 19
1 4
B
Energieschema
A Technik Elektroautos
B Lüftung / Kühlung 3 natürliche Ventilation mit
1 Sammelstelle Regenwasser Wäremrückgewinnung
2 Photovoltaikelemente für 4 Blockheizkraftwerk
254
Umweltbundesamt
Umweltbundesamt
Dessau, D 2005
Architekten:
sauerbruch hutton, Berlin
Matthias Sauerbruch, Louisa Hutton,
Jens Ludloff, Juan Lucas Young
Projektleiter:
Andrew Kiel, René Lotz
Tragwerksplanung:
Krebs und Kiefer, Berlin
Energiekonzept:
Zibell, Willner & Prtner, Köln / Berlin
255
Beispiel 20
c c
9
13
6 15
8 12
7 11
14
10 3
4
cc
256
Umweltbundesamt
Schnitte Außenfassade
Maßstab 1:20
Raumluftschema
A Sommetag
B Wintertag
257
Glossar: Kennwerte
Übergeordnete Energiebegriffe Der Endenergiebedarf Qe ist dabei ein nach EnEV rech- Wärmedurchgangskoeffizient U (U-Wert) [W / m2K]
nerisch ermittelter Wert. Berücksichtigt werden Verluste Der U-Wert ist ein Maß für den Wärmestrom durch ein
Energieträger / Energiequelle bei Übergabe, Verteilung, Speicherung und Umwandlung Bauteil. Er gibt den Wärmestrom an, der bei einem Tem-
Der Begriff Energieträger umfasst im eigentlichen Sinn im Gebäude. Er wird für genormte Bedingungen (z. B. peraturunterschied von 1 K je Sekunde durch eine 1m2
Rohstoffe der Natur, die aufgrund ihrer gespeicherten, definiertes Nutzerverhalten, Innenraumtemperatur etc.) große Fläche des Bauteils von der einen zur anderen
chemisch oder nuklear umsetzbaren Energie zur Energie- ermittelt und getrennt nach verwendeten Energieträgern Seite fließt. Der U-Wert berücksichtigt dabei die Wärme-
gewinnung einsetzbar sind (Biomasse, fossile und nukle- angegeben. Sie wird an der Systemgrenze des betrach- leitfähigkeiten und Schichtdicken der Baustoffe sowie die
are Brennstoffe). Im Sprachgebrauch werden aber auch teten Gebäudes bestimmt. Wärmeübergangswiderstände zwischen Bauteil und Luft.
Energiequellen wie Solarenergie, Geothermie, Wind- oder Bei inhomogenen Bauteilen sind je nach Aufbau einzelne
Wasserkraft dazugerechnet, die physikalisch Träger ther- Endenergieverbrauch [kWh / a] U-Werte zu errechnen und diese flächenproportional zu
mischer, potenzieller oder kinetischer Energie sind. Der Endenergieverbrauch bezeichnet im Gegensatz zum mitteln. Je niedriger der U-Wert, desto geringer ist der
Endenergiebedarf Qe eine tatsächliche, am Gebäude Transmissionswärmeverlust.
Primärenergie [J] gemessene Energiemenge. Er berücksichtigt z. B. auch
Primärenergie ist die in den auf der Erde natürlich vor- das Nutzerverhalten und klimatische Schwankungen. Ug-Wert der Verglasung [W / m2K]
kommenden Energieträgern enthaltene Energie. Zu die- Physikalisch gesehen ist jedoch dieser Begriff nicht kor- Der Ug-Wert bezeichnet als spezifischer U-Wert den Wär-
sen Energieträgern gehören die fossilen Brennstoffe wie rekt. Nach dem Energieerhaltungssatz kann Energie in mestrom durch eine Verglasung (g = »glazing«). Dabei
Kohle, Erdöl, Erdgas oder Mineralien wie Uranerz und die einem geschlossenen System nicht verbraucht, sondern werden Anzahl der Scheiben, Art und Anzahl der Glasbe-
regenerativen Energieträger wie Sonne, Wind, Wasser, nur in eine andere Energieform umgewandelt werden. schichtungen sowie die Füllung des Scheibenzwischen-
Biomasse und Geothermie. Durch Transformation von raums (z. B. Edelgas) berücksichtigt.
Primärenergie in die vom Verbraucher letztlich verwen- Nutzenergie [J]
dete Nutzenergie treten Verluste durch Umwandlungs- Die Nutzenergie ist die vom Endverbraucher letztendlich Uf-Wert des Fensterrahmens [W / m2K]
und Übertragungsprozesse auf. genutzte Energie. Dazu muss die Endenergie meist ver- Neben dem Ug-Wert steht als spezifischer U-Wert für
lustbehaftet umgewandelt werden. Formen der Nutzener- Fensterrahmen der Uf-Wert zur Verfügung (f = »frame«). In
Primärenergiefaktor fp [-] gie sind Wärme, Kälte, Licht, Bewegung oder Schall- der Regel sind die Wärmeschutzeigenschaften des Fens-
Der Primärenergiefaktor drückt das Verhältnis von einge- wellen. Die Nutzenergie definiert die Grundlage für die terrahmens schlechter als die der Verglasung. Durch die
setzter nicht erneuerbarer Primärenergie (inklusive der Berechnung des Primärenergiebedarfs nach EnEV. Wahl der Werkstoffe, der Materialstärken und die Qualität
bei Erzeugung, Verteilung und Speicherung entstehen- der Dichtungen kann der Uf-Wert verbessert werden.
den Verluste) zu abgegebener Endenergie aus. Typische Heizwärmebedarf QH [kWh / a]
Primärenergiefaktoren sind z. B. bei Heizöl und Erdgas Der Heizwärmebedarf ist die rechnerisch ermittelte Ener- UW-Wert von Fenstern [W / m2K]
1,1, bei Strom 2,7 oder bei Holz 0,2. Je niedriger der Pri- giemenge, die in der Heizperiode dem Gebäude zuge- Kennwert zur Beurteilung des Wärmedurchgangs durch
märenergiefaktor, desto effizienter ist die Energieerzeu- führt werden muss, um bei der geforderten Innenraum- ein Fenster ist der Uw-Wert (w = »window«). Er setzt sich
gung auf Basis der entsprechenden Primärenergieträger. temperatur die Wärmeverluste zu decken. Sie ergibt sich flächenproportional aus Ug- und Uf-Wert sowie den Ver-
aus den Transmissions- und Lüftungswärmeverlusten Qv lusten infolge des Randverbunds der Verglasung und der
Primärenergiebedarf Qp [kWh / a] abzüglich der solaren und internen Gewinne. Fensteranschlüsse zusammen.
Bei der Berechnung des Primärenergiebedarfs eines
Gebäudes nach EnEV wird zunächst der Endenergiebe- Energieausweis spezifischer Transmissionswärmeverlust HT [W / K]
darf ermittelt. Die Umwandlungsverluste finden durch den Nach EnEV 2007 besteht ab Juli 2008 in Deutschland Transmissionswärmeverluste entstehen infolge von Wär-
Primärenergiefaktor fp Berücksichtigung. Der Zusammen- die Pflicht für Hausbesitzer, neuen Mietern und Eigen- meleitung durch die Umschließungsflächen beheizter
hang zwischen Endenergiebedarf Qe, Primärenergiebe- tümern Energieausweise für ihr Bestandsgebäude vorzu- Räume (Dach, Außenwände, Fenster, Türen und Keller-
darf Qp und Primärenergiefaktor fp ist Qp = Qe • fp. legen. Der verbrauchsorientierte Ausweis bezieht sich auf decke) sowie aufgrund von Wärmebrücken. Dieser Wert
den gemessenen Energieverbrauch, der vom Verhalten beschreibt somit die energetische Qualität der thermi-
Sekundärenergie [J] des jeweiligen Nutzers und von Klimaschwankungen schen Hülle. Die Geometrie des Baukörpers und die U-
Sekundärenergie ist die nach der Umwandlung der Pri- abhängig ist. Der bedarfsorientierte Ausweis basiert auf Werte der Bauteile beeinflussen maßgeblich die Höhe der
märenergieträger in sogenannte Nutzenergieträger wie einem berechneten, theoretischen Energiebedarf, um Transmissionswärmeverluste.
Strom, Heizöl, Fernwärme oder Holzpellets verbleibende somit objektive und vergleichbare Aussagen zur Qualität
Energie. Sie bezieht sich auf den Entstehungsort des und Energieeffizienz von Gebäuden und ihrer Anlagen- Spezifischer Transmissionswärmeverlust H'T[W / m2K]
Nutzenergieträgers. technik machen zu können. Der Energieausweis bleibt – Die EnEV definiert mit H'T einen über alle Gebäudehüll-
außer bei vorgenommenen Sanierungen – zehn Jahre flächen gemittelten und auf 1 m2 Hüllfläche bezogenen
Endenergie [J] gültig. Wert für Transmissionswärmeverluste. In Abhängigkeit
Durch den Transport der Sekundärenergie zum Verbrau- von der Kubatur des Gebäudes wird dabei auch ein
cher entstehen Verluste. Die Endenergie bezeichnet die maximal zulässiger Wert ausgewiesen.
Energiemenge, die nach Abzug aller Umwandlungs- Dämmung und Dichtung
und Verteilungsverluste dem Endverbraucher am Ver- Lüftungswärmeverluste Qv [kWh / a]
brauchsort zur Verfügung steht, z. B. in Form von Strom, Wärmeleitfähigkeit λ [W / mK] Wird warme Raumluft gegen kältere Außenluft ausge-
Holzpellets, Heizöl oder Fernwärme. Die Endenergie ist Die Wärmeleitfähigkeit gibt als materialspezifischer Kenn- tauscht, entstehen Lüftungswärmeverluste. Dieser
zumeist die Basis für die Energiekostenabrechnung. wert die Wärmemenge an, die bei einer Temperaturdiffe- Luftaustausch ist aus hygienischen Gründen erforderlich,
renz von 1 K pro Sekunde durch einen 1 m3 großen Wür- um die verbrauchte Raumluft abzuführen. Durch undichte
Endenergiebedarf Qe [kWh / a] fel des Materials strömt. Niedrige Werte zeigen hohe Bauteil- und Anschlussfugen können zusätzlich unkontrol-
Der Endenergiebedarf ist die erforderliche Energiemenge Wärmedämmeigenschaften des Materials an. Da Feuch- lierte Lüftungswärmeverluste den Heizenergiebedarf
zur Bereitstellung der Nutzenergie (z. B. Beheizung, Trink- tigkeit einen negativen Einfluss auf die Wärmeleitung hat, deutlich erhöhen. Kontrollierte Lüftung und Wärmerück-
wassererwärmung, Beleuchtung etc.) eines Gebäudes. bezieht sich der Kennwert auf trockene Baustoffe. gewinnung kann die Lüftungswärmeverluste reduzieren.
258
Glossar: Kennwerte
SI - Vorsätze Zeichen Faktor wird Strahlung teilweise an den Grenzflächen reflektiert, verwendet. Bezogen auf den Wärmepumpenprozess
transmittiert oder beim Durchgang absorbiert. Der Licht- beschreibt der Wert das Verhältnis von abgegebener
nano n 10-9 transmissionsgrad gibt das Verhältnis von auftreffendem nutzbarer Wärmeleistung zur aufgewendeten (z. B. elek-
Licht der Wellenlängen 380 – 780 nm zum durchgelasse- trischen) Antriebsleistung inklusive Hilfsenergie unter
mikro μ 10-6
nen Licht an. Je höher der Wert, desto mehr Tageslicht genormten Bedingungen. Ein COP von 2,0 bedeutet,
milli m 10-3 steht im Inneren zur Verfügung. Er ist u. a. abhängig von dass doppelt soviel Nutzenergie zur Verfügung gestellt
zenti c 10-2 Material, Materialstärke und Beschichtungssystemen. wird wie Antriebsenergie eingesetzt werden muss. Der
dezi d 10-1 Wert ist nur als Bewertung der Effizienz des Geräts zu
deka da 10 Tageslichtautonomie [%] verstehen. Eine energetische Betrachtung der Gesamt-
Die Tageslichtautonomie gibt den prozentualen Anteil der anlage ist damit nicht möglich.
hekto h 102
Nutzungszeit eines Raums an, in der das zur Verfügung
kilo k 103 stehende Tageslicht im Innenraum die Beleuchtungsan- Jahresarbeitszahl β [-]
mega M 106 forderungen für die vorgesehene Nutzung vollständig Zur Bewertung der Energieeffizienz von Wärmepumpen
giga G 109 erfüllt. In dieser Zeit ist, z. B. für die Ausleuchtung eines wird die Jahresarbeitszahl herangezogen. Sie beschreibt
tera T 1012 Arbeitsplatzes, kein Kunstlicht erforderlich. Raumgeo- das Verhältnis von abgegebener Kälte- bzw. Wärmeleis-
metrie, Anteil an opaken und transparenten Fassadenflä- tung (Heizwärme) zur aufgewendeten Antriebsleistung
peta P 1015 chen, Rahmenanteile der Fenster und auch die Glasart (z. B. elektrische Energie) einer Wärmepumpe innerhalb
exa E 1018 beeinflussen die Tageslichtautonomie. eines Jahres. Somit ist die Jahresarbeitszahl ein Maßstab
zetta Z 1021 für den Gesamtwirkungsgrad einer Wärmepumpe über
einen Jahreszyklus.
Speicherung
Einstrahlung und Licht Anlagenaufwandszahl ep [-]
Spezifische Wärmespeicherkapazität c [J / kgK] Die Anlagenaufwandszahl ist ein Kennwert für die
Globalstrahlung [W / m²hor] Die Wärmespeicherkapazität ist eine materialspezifische Gesamteffizienz von gebäudetechnischen Anlagen
Die Globalstrahlung ist die Menge solarer Energie, die Größe. Sie bezeichnet die Wärmemenge, die benötigt (z. B. Heizsystem). Sie weist das Verhältnis von Nutzener-
bezogen auf eine horizontale Fläche auf die Erdoberflä- wird, um 1 kg Material um 1 K zu erwärmen. Die spezi- gie zur aufzuwendenden Primärenergie aus. Da in die
che trifft. Sie besteht aus direkter und diffuser, ungerich- fische Wärmespeicherkapazität ist insbesondere abhän- Errechnung des Werts erneuerbare Energieträger mit
teter Strahlung und ist abhängig vom Sonnenstand (je gig von der Struktur eines Stoffes. ihren entsprechenden Primärenergiefaktoren einfließen,
nach Breitengrad und Jahreszeit) und von atmosphäri- kann die Anlagenaufwandszahl unter 1 sinken.
schen Störungen (Bewölkung, Partikel). An stark bewölk- Wärmespeicherfähigkeit Qsp [Wh / m2K]
ten Tagen erreicht nahezu nur der diffuse Anteil die Erd- Die Wärmespeicherfähigkeit bezeichnet die Wärmespei-
oberfläche. Die Globalstrahlung sinkt dann in Mitteleuro- cherkapazität eines im Gebäude eingebauten Bauteils. Materialkennwerte
pa unter 100 W / m2. Bei wolkenlosem Himmel werden Sie errechnet sich aus dem Produkt der spezifische Wär-
etwa 700 W / m2 erreicht. Die Gobalstrahlung kann auch mespeicherfähigkeit, der Rohdichte ρ und der Schicht- Primärenergieinhalt PEI [MJ]
als Jahressumme angegeben werden [kWh / m2hora]. Sie dicke d des betrachteten Bauteils: Qsp= c • ρ • d. Der Primärenergieinhalt, auch als »Graue Energie«
eignet sich dann z. B. zur Berechnung von Energieerträ- bezeichnet, umfasst den Energieaufwand, der zur Her-
gen aktiver Solartechnik. In Deutschland liegt die Jahres- Schmelzenthalpie [kJ / kg] stellung und Nutzung eines Produkts aufgewendet wer-
summe zwischen 900 und 1200 kWh / m2a. Die Schmelzenthalpie bezeichnet die Wärmemenge, die den muss. Dabei werden alle Energiemengen eingerech-
benötigt wird, damit ein Stoff von einem festen in einen net, die für Herstellung, Transport und Lagerung (inklusive
Gesamtenergiedurchlassgrad g (g-Wert) [-] flüssigen Aggregatszustand übergehen kann. Die aller Vorprodukte) notwendig sind. Er dient als Indikator
Der Gesamtenergiedurchlassgrad ist das Maß für den Schmelzenthalpie wird durch Phase Change Materials für eine mögliche Umweltbelastung durch das Produkts
Energiefluss durch transparente Bauteile. Er bezieht sich (PCM) genutzt, die beim Wechsel zwischen den Aggre- sowie zur Beurteilung der technischen und ökologischen
auf das gesamte Strahlungsspektrum, d. h. den Wellen- gatszuständen Energie ohne eigene Temperaturände- Effizienz des Herstellungs- und Nutzungsprozesses. Je
längenbereich zwischen 300 und 2500 nm. Trifft Strah- rung speichern können. Die potenzielle Energieaufnahme kleiner der Wert, desto besser ist das betrachtete Mate-
lung auf ein transparentes Bauteil, dringt ein Teil der durch Schmelzenthalpie entspricht in einem Temperatur- rial ökologisch zu bewerten. Der PEI wird gemäß den zur
Energie durch Transmission unmittelbar in den Innen- bereich von 4 °C z. B. 90 kg PCM einem 1 m3 Beton. Herstellung genutzten Energiequellen getrennt nach
raum ein (primärer Energiedurchlass). Ein weiterer Teil erneuerbaren und nicht erneuerbaren Energieträgern
wird vom Bauteil absorbiert und in der Folge als Infrarot- angegeben. Er kann für Materialien auf Gewicht oder
strahlung emittiert (sekundärer Energiedurchlass). Der Gebäudetechnik Volumen bezogen ausgewiesen werden, sich jedoch
g-Wert ergibt sich aus der Addition des primären und auch auf Bauteile oder komplette Gebäude beziehen.
sekundären Energiedurchlasses. Bei der Kombination Heizlast φhl [kW]
von Verglasung und Sonnenschutzsystemen müssen zum Die Heizlast ist die Leistung, die gebäudespezifisch zur Treibhauspotenzial (Global Warming Potential – GWP
Teil gegenseitige Einflüsse berücksichtigt werden. Aufrechterhaltung der geforderten Innenraumtemperatur 100) [kg CO2-eq]
unter ungünstigsten Bedingungen notwendig ist. Die Die Anreicherung von Treibhausgasen in der Troposphä-
Solare Gewinne Qs [kWh / a] Berechnung der Heizlast wird in der Regel für jeden re führt über eine erhöhte Reflexion der Infrarotstrahlung
Wärmemengen, die aufgrund der Einstrahlung von Solar- Raum des Gebäudes einzeln vorgenommen. Hierfür wer- zur Erderwärmung. Das Treibhauspotenzial fasst alle
energie auf transparente und opake Gebäudeteile zur den der Transmissionswärmebedarf (Verluste über die Treibhausgase im Verhältnis zur Wirkung von CO2 zusam-
Erwärmung des Gebäudeinneren und zur Reduzierung Umfassungsflächen des Gebäudes) und der Lüftungs- men. Da die schädlichen Gase unterschiedlich lange in
des Heizwärmebedarfs beitragen, werden als solare wärmebedarf ermittelt. Interne und solare Wärmegewinne der Troposphäre bleiben, muss der betrachtete Zeithori-
Gewinne bezeichnet. Standort des Gebäudes, Orientie- bleiben rechnerisch unberücksichtigt. Die Heizlast ist die zont mit ausgewiesen werden; üblicherweise wird ein
rung, Neigung und Größe der Bauteile und die Strah- Grundlage für die Dimensionierung der Heizkörper und Zeitraum von 100 Jahren betrachtet.
lungsabsorption des Fassadenmaterials beeinflussen die- Wärmeerzeuger.
sen Energieeintrag. Solare Gewinne entstehen an allen Dauerhaftigkeit von Bauteilen [a]
Bauteilen. Bei transparenten Bauteilen sind sie im Ver- Wirkungsgrad [-] Die Dauerhaftigkeit beschreibt als Potenzial den Zeit-
hältnis zu anderen Bauteilen um ein Vielfaches höher. Der Wirkungsgrad bezeichnet das Verhältnis von abge- raum, in dem ein Baustoff bei der ihm zugeordneten Nut-
Hohe solare Gewinne können wesentlich zur Reduktion gebener Leistung (Nutzen) zu zugeführter Leistung (Auf- zung seine Funktion aufrechterhalten kann, z. B. tragfähig
des Heizwärmebedarfs QH beitragen, im Sommer wand) unter genormten Bedingungen. Der Wirkungsgrad und gebrauchstauglich bleibt. Meist wird eine Zeitspanne
aber auch zur Überwärmung des Gebäudes führen. ist somit das Maß für die Effizienz von Energieumwand- angegeben, in der der niedrigere Wert die Dauerhaftig-
lung und Energieübertragungen und gibt für Energie- keit bei üblicher Nutzung angibt, der höhere eine opti-
Äquivalenter U-Wert von Fenstern [W / m2K] erzeugungsanlagen das Verhältnis zwischen nutzbarer mierte Planung voraussetzt.
Solare Energiegewinne während der Heizperiode werden und aufgewendeter Energie wieder. Während theoretisch
bei der energetischen Beurteilung von Fenstern durch nur Wirkungsgrade unter 100 % möglich sind, werden in Heizwert [J / kg oder J / m³]
den sogenannten äquivalenten U-Wert einbezogen. Dabei der Praxis, z. B. bei Brennwertkesseln, Wirkungsgrade Der Heizwert ist die Maßeinheit für die bei der Verbren-
wird der g-Wert der Verglasung und der Strahlungsge- über 100 % ausgewiesen. Die zugeführte Leistung wird nung eines Stoffs freigesetzte Wärmeenergie. Dabei wird
winn in Abhängigkeit von der Orientierung berücksichtigt. auf den Heizwert des Brennstoffs bezogen; zusätzlich nur die nutzbare Wärmemenge berücksichtigt, d. h. ohne
Bei Wärmeschutzverglasungen ist ein äquivalenter wird die Kondensationswärme des Abgasstroms (Brenn- die Kondensationswärme des entstehenden Wasser-
U-Wert im negativen Bereich möglich, d. h. im Tagesmittel wert) beim Umwandlungsprozess genutzt. dampfs. Zum Vergleich mit den Heizwerten von Baustof-
wird mehr Energie durch solare Einstrahlung in den Innen- fen können folgende Werte von Brennstoffen dienen: Holz
raum eingetragen als durch Transmission verloren geht. Leistungszahl / Coefficient of Performance COP [-] 7 – 16 MJ / kg, Braunkohlekoks 29,9 MJ / kg, Erdöl (bei 25
Der COP ist analog zum Wirkungsgrad ein Kennwert zur °C) 42,8 MJ / kg und Erdgas (bei 25 °C) 35 – 45 MJ / m3.
Lichttransmissionsgrad τ [-] Bewertung der Effizienz bei der Energieumwandlung und Wird die Kondensationswärme hinzugerechnet, ergibt
Je nach Stoffeigenschaften eines transparenten Bauteils wird vor allem bei Wärmepumpen und Kältemaschinen sich der »Brennwert« eines Stoffs.
259
Glossar: Klimadaten
Klimadaten
• Berlin
• Chicago
• Tokio
• Kairo
• Dakar
Äquator
• Jakarta
• Rio de Janeiro
feucht-warm
trocken-heiß • Sydney
gemäßigt
kalt
Niederschlag [mm]
30 125
Lufttemperatur [°C] - 3,3 Jan 27,3 Jul 10,5
mittlere tägliche Höchsttemperatur [°C] 0 Jan 27,2 Jul 13,9
20 100 mittlere tägliche Tiefsttemperatur [°C] - 7,7 Jan 18,9 Jul 5,6
absolute Höchsttemperatur [°C] 18,3 Jan 40,6 Jul 40,6
absolute Tiefsttemperatur [°C] - 30,6 Dez 9,4 Jul - 30,6
10 75 mittlere relative Luftfeuchtigkeit [%] 66,0 Mai 76,0 Dez 71,0
mittlerer Niederschlag [mm] 41,0 Feb 103,0 Jun 843,0
max. Niederschlag [mm] 85,0 Feb 228,0 Jul k.A.
0 50 min. Niederschlag [mm] 8,0 Feb 34,0 Jul k.A.
max. täglicher Niederschlag [mm] 39,0 Feb 159,0 Jul 159,0
Niederschlagstage [d] 7,0 Okt 13,0 Apr 120,0
Verdunstung [mm] 118,0 Dez 333,0 Jul 2611,0
-10 25
mittlere Sonnenscheindauer [h] 76,0 Dez 473,0 Jul 273,0
Strahlung 1 [Wh / m2d] 884,0 Dez 5501,0 Jul 3175,0
mittlere Windgeschwindigkeit [m / s] 3,0 Jul, Aug 5,0 Nov – Mai 4,0
-20 0
J F M A M J J A S O N D 1
Jahreseinstrahlungssumme horizontal 1158 kWh / m2a
Niederschlag [mm]
30 125
Lufttemperatur [°C] 21,3 Jan 28,0 Okt 24,7
mittlere tägliche Höchsttemperatur [°C] 26,0 Jan 32,0 Okt 29,0
20 100 mittlere tägliche Tiefsttemperatur [°C] 17,0 Feb 26,0 Mai 21,0
absolute Höchsttemperatur [°C] 37,0 Jul 43,0 Mär 43,0
absolute Tiefsttemperatur [°C] 12,0 Dez 21,0 Jul 12,0
10 75 mittlere relative Luftfeuchtigkeit [%] 64,0 Dez 82,0 Sep 76,0
mittlerer Niederschlag [mm] < 1,0 Apr 254,0 Aug 540,0
max. Niederschlag [mm] 6,0 Mär 476,0 Aug 901,0
0 50 min. Niederschlag [mm] 0 Jan 56,0 Sep 273,0
max. täglicher Niederschlag [mm] 2,0 Jan 213,0 Aug 213,0
Niederschlagstage [d] 0 Jan 13,0 Aug 38,0
Verdunstung [mm] 58,0 Jan 164,0 Jul 1370,0
-10 25
mittlere Sonnenscheindauer [h] 181,0 Aug 295,0 Apr 2719,0
Strahlung 1 [Wh / m2d] 4931,0 Dez 7164,0 Apr 5815,0
mittlere Windgeschwindigkeit [m / s] 1,9 Jan 6,1 Apr 3,9
-20 0
J F M A M J J A S O N D 1
Jahreseinstrahlungssumme horizontal 2122 kWh / m2a
Niederschlag [mm]
30 125
Lufttemperatur [°C] 26,1 Jan 27,2 Mai 26,8
mittlere tägliche Höchsttemperatur [°C] 28,9 Jan, Feb 31,1 Sep 30,0
20 100 mittlere tägliche Tiefsttemperatur [°C] 22,8 Jul, Aug 23,9 Apr, Mai 23,3
absolute Höchsttemperatur [°C] 33,3 Feb, Mär, Jul 36,7 Okt 36,7
absolute Tiefsttemperatur [°C] 18,9 Sep 20,6 Jan 18,9
10 75 mittlere relative Luftfeuchtigkeit [%] 71,0 Sep 85,0 Jan 80,0
mittlerer Niederschlag [mm] 43,0 Aug 300,0 Jan 1799,0
max. Niederschlag [mm] 135,0 Jul 779,0 Jan k. A.
min. Niederschlag [mm] 0 Jun – Sep 91,0 Feb k. A.
0 50
max. täglicher Niederschlag [mm] 20,0 Aug 71,0 Feb 71,0
Niederschlagstage [d] 4,0 Aug 18,0 Jan 125,0
Verdunstung [mm] 115,0 Feb 144,0 Okt 1590,0
-10 25 mittlere Sonnenscheindauer [h] 182,0 Feb 295,0 Aug 2975,0
Strahlung [Wh / m2d] k. A. k. A. k. A. k. A. k. A.
mittlere Windgeschwindigkeit [m / s] 1,5 Mär 1,8 Jul 1,6
-20 0
J F M A M J J A S O N D
260
Glossar: Klimadaten
Niederschlag [mm]
Temperatur [°C]
30 125
Lufttemperatur [°C] 20,2 Jul 25,6 Feb 22,7
mittlere tägliche Höchsttemperatur [°C] 23,9 Jul, Sep 29,4 Feb 26,1
20 100 mittlere tägliche Tiefsttemperatur [°C] 17,2 Jul 22,8 Jan, Feb 20,0
absolute Höchsttemperatur [°C] 32,6 Jun 39,1 Jan 39,1
absolute Tiefsttemperatur [°C] 10,2 Sep 17,6 Mär 10,2
10 75 mittlere relative Luftfeuchtigkeit [%] 75,0 Aug 81,0 Mär 78,0
mittlerer Niederschlag [mm] 40,0 Aug 157,0 Jan 1039,0
max. Niederschlag [mm] 91,0 Jul 318,0 Jan k. A.
0 50 min. Niederschlag [mm] 2,0 Aug 41,0 Nov, Dez k. A.
max. täglicher Niederschlag [mm] 51,0 Aug 223,0 Apr 223,0
Niederschlagstage [d] 7,0 Jul 14,0 Nov, Dez 131,0
Verdunstung [mm] 61,0 Jul 137,0 Jan 1130,0
-10 25
mittlere Sonnenscheindauer [h] 151,0 Okt 222,0 Jan 2350,0
Strahlung 1 [Wh / m2d] k. A. k. A. k. A. k. A. 4630,0
mittlere Windgeschwindigkeit [m / s] 2,7 Apr, Jun, Jul 3,9 Okt 3,2
-20 0
J F M A M J J A S O N D 1
Jahresseinstrahlungssumme horizontal 1690 kWh / m2a
Niederschlag [mm]
30 125
Lufttemperatur [°C] 11,8 Jul 22,0 Jan 17,4
mittlere tägliche Höchsttemperatur [°C] 15,6 Jul 25,6 Jan, Feb 21,1
20 100 mittlere tägliche Tiefsttemperatur [°C] 7,8 Jul 18,3 Jan, Feb 13,3
absolute Höchsttemperatur [°C] 25,7 Jul 45,3 Jan 45,3
absolute Tiefsttemperatur [°C] 2,1 Jun 10,6 Jan 2,1
10 75 mittlere relative Luftfeuchtigkeit [%] 62,0 Okt 76,0 Jun 69,0
mittlerer Niederschlag [mm] 72,0 Sep 141,0 Jun 1205,0
max. Niederschlag [mm] 282,0 Okt 643,0 Jun 2102,0
0 50 min. Niederschlag [mm] 1,0 Aug 11,0 Mär 546,0
max. täglicher Niederschlag [mm] 121,0 Dez 281,0 Mär 281,0
Niederschlagstage [d] 11,0 Aug 14,0 Jan, Mär, Apr 152,0
Verdunstung [mm] 25,0 Jul 122,0 Jan 838,0
-10 25
mittlere Sonnenscheindauer [h] 180,0 Mai 229,0 Okt, Dez 2463,0
Strahlung 1 [Wh / m2d] 2919,0 Jul 6792,0 Nov 4675,0
mittlere Windgeschwindigkeit [m / s] 3,2 Apr, Mai 4,1 Jan 3,7
-20 0
J F M A M J J A S O N D 1
Jahresseinstrahlungssumme horizontal 1706 kWh / m2a
Niederschlag [mm]
30 125
Lufttemperatur [°C] 3,7 Jan 26,4 Aug 14,7
mittlere tägliche Höchsttemperatur [°C] 8,3 Jan 30,0 Aug 18,9
20 100 mittlere tägliche Tiefsttemperatur [°C] - 1,7 Jan 22,2 Aug 10,0
absolute Höchsttemperatur [°C] 21,3 Jul 38,4 Aug 38,4
absolute Tiefsttemperatur [°C] - 9,2 Dez, Jan 15,4 Aug - 9,2
10 75 mittlere relative Luftfeuchtigkeit [%] 60,0 Feb 80,0 Jul, Sep 72,0
mittlerer Niederschlag [mm] 48,0 Jan 217,0 Sep 1562,0
max. Niederschlag [mm] k. A. k. A. k. A. k. A. k. A.
0 50 min. Niederschlag [mm] k. A. k. A. k. A. k. A. k. A.
max. täglicher Niederschlag [mm] 48,0 Jan 393,0 Sep 393,0
Niederschlagstage [d] 5,0 Dez 13,0 Sep 115,0
Verdunstung [mm] 4,0 Jan 161,0 Jul 809,0
-10 25
mittlere Sonnenscheindauer [h] 136,0 Sep, Okt 204,0 Aug 2020,0
Strahlung [Wh / m2d] k. A. k. A. k. A. k. A. k. A.
mittlere Windgeschwindigkeit [m / s] 3,0 Dez 4,3 Mär, Apr 3,7
-20 0
J F M A M J J A S O N D
261
Glossar: Ökobilanzdaten
Kunststoff
Stegplatten 1099 63 52 25
Dreikammer-Stegplatte Polycarbonat, 40 mm
Klemmpressprofil Aluminium, EPDM-Dichtung
262
Glossar: Ökobilanzdaten
Putze und WDVS pro m2 PEI PEI GWP Dauer- Putze und WDVS
Schichtaufbau Primärenergie Primärenergie Klimagase haftigkeit
n. erneuerbar erneuerbar Putze und Wärmedämmverbundsysteme (WDVS) stellen
[MJ] [MJ] [kg CO2eq] [a] eine Sondergruppe der Außenwandbekleidungen dar. Je
nach Anforderungen können sie eine Vielzahl an Einzel-
Kalkzementputz innen, zweilagig 110 1,8 7,2 80 schichten umfassen.
Kalkzementmörtel P II gerieben, 15 mm Putze sind eine effiziente Alternative zu Außenwandbe-
Grundierung kleidungen. Dämmputze und Wärmedämmverbundsyste-
me erfüllen die Funktion von Außenwandbekleidung und
Gipsputz innen, zweilagig 97 1,5 5,9 80 Dämmung in einem Bauteil. Sie lassen sich durch die
Gipsputz glatt, 15 mm Addition beider Schichten mit anderen Aufbauten verglei-
Grundierung chen. Hinsichtlich Revisionsfähigkeit weisen sie jedoch
wegen ihrer Verbundeigenschaften gewisse Nachteile auf.
Wärmedämmputz 237 3,4 16 60
Kalkzementputz mit Blähperlitezuschlag, 50 mm
Grundierung
Wärmedämmverbundsystem (WDVS) 561 24 31 30
Kalkzementputz mit Glasvliesarmierung, 3 mm
EPS, ¬ = 0,035 W / m2K, ρ = 30 kg / m3, 100 mm
Kleber UF-Basis, 3,2 mm
Lehmputz innen, zweilagig 61 0,9 3,8 80
Grundlehmputz, 10 mm
Feinlehmputz, 5 mm
Vliese
Mineralwollevlies 74 1,4 5,4 30 – 50
Mineralwollevlies, ¬ = 0,04 W / mK, ρ = 20 kg / m3, 120 mm
Tellerdübel Polyamid
Schüttungen
Perliteschüttung 187 2,1 11 k. A.
Blähperlite, ¬ = 0,065 W / mK, ρ = 100 kg / m3, 160 mm
(auf Bodenplatte)
Zelluloseschüttung 33 1,7 1,8 35 – 50
Zellulose, ¬ = 0,04 W / mK, ρ = 50 kg / m3, 120 mm
(zwischen TJI-Holzträgern)
263
Glossar: Ökobilanzdaten
Dachabdichtungen
Bitumenbahn, bekiest 1355 38 40 25 – 30
Kies, 50 mm
Polyestervlies (PES), 2 mm
Dachabdichtung Bitumenbahn (PYE PY200 S5), 5 mm
Dachabdichtung Bitumenbahn (G200 S4), 4 mm
EPDM, bekiest 394 28 17 25 – 35
Kies, 50 mm
Dachabdichtung EPDM-Bahn, 1,2 mm
Lochglasvliesbahn, 3 mm, Dampfsperre PE-HD 0,4 mm
Wände
Wände pro m2 PEI PEI GWP Dauer-
Die funktionale Schicht der Wände betrachtet die Wand Schichtaufbau Primärenergie Primärenergie Klimagase haftigkeit
ohne ihre Oberflächengestaltung. Auf die Gesamtbilanz n. erneuerbar erneuerbar
bezogen binden Wände nach dem Tragwerk zumeist den [MJ] [MJ] [kg CO2eq] [a]
zweithöchsten Anteil der grauen Energie (siehe Material, Massive Wände
S. 162, Abb. B 5.55). Die Primärenergieaufwendungen
Stahlbeton 650 83 45 70 – 100
korrespondieren weitgehend mit dem in das Gebäude
eingebrachten Gewicht. Leichte Konstruktionen sollten Stahlbeton (C 25 / 35),
bevorzugt werden, soweit dies die weiteren Anforderun- 2 % Stahlanteil (FE 360 B), 200 mm
gen an die Wand (z. B. Schallschutz) zulassen.
Lehmstein 96 1,2 4,2 70 – 90
Holz- und Metallständerwände bieten dabei neben gerin-
ger gebunderer Energie auch leichtere Austauschmög- Lehmstein luftgetrocknet, ρ = 1400 kg / m3, 240 mm
lichkeiten und gestatten eine einfache Technikintegration. Lehmmörtel
Metallständerwände verfügen dabei im Vergleich zu
Porenbetonstein 410 14 65 70 – 90
Holzständerwänden über einen geringeren Primärener-
gieinhalt (320 MJ / m2), der jedoch zu großen Teilen aus Porenbetonstein (PPW 4-0,6 NuF), 240 mm
nicht erneuerbaren Quellen gedeckt wird (307 MJ / m2). Mauermörtel MG III
Holzständerwände binden demgegenüber CO2.
Bims-Leichtbetonstein 247 5,1 26 80 – 90
Bims-Leichtbetonstein (VBL 2), 240 mm
Mauermörtel MG III
Kalksandstein 517 14 56 90 – 100
Kalksandstein (KSL 12 / 1,4), 240 mm
Mauermörtel MG II
Gipsdiele 186 2,5 8,9 90
Gipsdiele, 100 mm
Gipsmörtel MG IV
264
Glossar: Ökobilanzdaten
Ständerwände
Holzständerwand 182 179 - 5,9 40 – 60
Gipsplatte (Typ A), 12,5 mm
Holzständer, 80 / 40 mm, Mineralwolle, 40 mm
Gipsplatte (Typ A), 12,5 mm
Holzbekleidungen
Holzverschalung 40 281 - 26 50 – 90
Holzverschalung (Fichte NuF), 19,5 mm
geschraubt
Furniersperrholz 177 540 - 23 50 – 90
Furniersperrholz, 22 mm
geschraubt
Spanplatte (vergleichbar zu OSB) 40 87 - 9,7 50 – 60
Spanplatte P1, 19 mm
geschraubt
Kalziumsilikatplatte, 20 mm
Unterkonstruktion U-Profile Stahl, 50 mm
Gipsfaserplatte 97 50 1,2 40 – 60
Gipsfaserplatte, 12,5 mm
Unterkonstruktion Holzlattung, 24 mm
Putzdecke 56 0,8 3,3 80
Gipsputz, 15 mm
Unterkonstruktion Schilfrohrmatte, 5 mm
Paneeldecke, Stahl 375 14 22 40 – 70
Stahlblechkassette gelocht, 0,88 mm
Stahlträger U-Profil Bandraster 840 mm, 7,5 mm
Mineralfaserplatte, 40 mm
kaschierte PE-Folie
265
Glossar: Ökobilanzdaten
Trockenestriche
Gipsfaserplatte 138 10 8,2 k. A. 1
Gipsfaserplatte, zweilagig, 20 mm
Mineralfaserdämmung, 25 / 20 mm
Spanplatte 71 88 - 8,3 k. A. 1
Spanplatte (P1) verleimt, 19 mm
Mineralfaserdämmung, 20 / 15 mm
Polyethylenvlies (PE), 1 mm
1
Die Dauerhaftigkeit von Trittschalldämmungen liegt bei 50 Jahren
Bodenbeläge
Bodenbeläge pro m2 PEI PEI GWP Dauer-
Bodenbeläge bestehen aus der eigentlichen Nutzschicht Schichtaufbau Primärenergie Primärenergie Klimagase haftigkeit
sowie ihrer Befestigung am Untergrund. Starke Bean- n. erneuerbar erneuerbar
spruchung und häufige Reinigungsprozesse (siehe Mate- [MJ] [MJ] [kg CO2eq] [a]
rial, S. 172) belasten die Bodenbeläge intensiv und kön- Platten
nen einen hohen Primärenergieverbrauch bewirken. Aber
Kalkstein 16 0,7 1 70 – 100
auch der Primärenergieinhalt der Bodenbeläge selbst dif-
feriert stark, zudem kann er sich über geringe Dauerhaf- Kalksteinplatten 305 / 305 mm, verfugt MG III, 10 mm
tigkeiten schnell kumulieren. Natursteinbeläge bieten die Dünnbettmörtel, 3 mm
höchsten Dauerhaftigkeiten bei gleichzeitig niedrigem
Schiefer 43 1,1 3,5 70 – 100
Primärenergieinhalt.
Die Befestigungsart der Bodenbeläge innerhalb des Schieferplatten 300 / 300 mm, verfugt MG III, 20 mm
Gebäudes ist dabei mit ausschlaggebend für den Primär- Mörtelbett MG II, 12 mm
energieinhalt. Dies zeigt sich insbesondere bei elasti- Cotto 137 3,2 14 40 – 80
schen Bodenbelägen und Teppichen, bei denen Kaut-
schuk als synthetisches Produkt einen sehr hohen Primär- Cotto-Platten geölt 300 / 300 mm, verfugt MG III, 15 mm
energieinhalt besitzt. Mörtelbett MG II, 12 mm
Bei Vollholzprodukten (z. B. Langstabparkett oder Mosaik-
parkett) zeigt sich, dass sich eine Vielzahl von Arbeits- Vollholzprodukte und Holzwerkstoffe
schritten und ein damit verbundener erhöhter Verschnitt Langstabparkett 66 447 - 42 20 – 50
deutlich auf die CO2-Bilanz auswirken.
Langstabparkett Buche geölt, 22 mm
Kleber Alkydharzbasis
Mosaikparkett 79 174 - 13 20 – 50
Mosaikparkett Eiche versiegelt, 8 mm
Kleber Alkydharzbasis
Fertigparkett 74 311 - 27 20 – 50
Fertigparkett Buche, 15 mm
Kleber PUR-Basis
Laminat 91 54 - 2,6 10 – 15
Laminat Melaminharzbeschichtung, 8 mm
Kleber PUR-Basis
Polyethylenvlies
Elastische Bodenbeläge
Linoleum 24 29 - 0,4 15 – 40
Linoleumbahn, 2,5 mm
Kleber Polyvinylacetat (PVAC)
Kautschuk 702 15 21 15 – 40
Kautschukbahn ohne Einlage synthetisch, 4,5 mm
Kleber PUR-Basis
266
Glossar: Ökobilanzdaten
Textile Bodenbeläge
Teppich, Sisal natur 164 33 3,3 5 – 15
Teppich Sisal natur, Naturlatexrücken, 6 mm
Kleber Alkydharzbasis
Teppich, Schurwolle 39 27 - 1,1 5 – 12
Teppich Schurwolle, Schlinge, 6 mm
Jutefilz
Kleber Polyvinylacetat (PVAC)
Teppich, vollsynthetisch 225 5,2 7,3 5 – 12
Teppich Schnittflor, Schaumrücken, 7 mm
Mörtelbett MG II, 12 mm
267
Verordnungen, Richtlinien, Normen
268
Verordnungen, Richtlinien, Normen / Literatur
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Abbildungsnachweis
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Abbildungsnachweis Extreme Houses. München / Berlin / London / B 3.111 Constantin Meyer, Köln
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B 2.1 Margherita Spiluttini, Wien B 4.9 Richard Schenkirz, Leonberg
B 2.4 TU Darmstadt, Bildarchiv GTA B 4.10 triolog, Freiburg
B 2.9 W. Willi Engel, Berlin B 4.20 a – c Jenni Energietechnik AG, CH-Oberburg
B 2.10 Eduard Hueber, New York B 4.26 Westerwälder Holzpellets GmbH, Langenbach
B 2.11 Oliver Heissner, Hamburg B 4.30 Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme,
Allen, die durch Überlassung ihrer Bildvorlagen, durch B 2.13 fabuloussavers.com Freiburg
Erteilung von Reproduktionserlaubnis und durch Auskünf- B 2.21 Hervé Abbadie, Paris B 4.37 Matthias Weissengruber, A-Kennelbach
te am Zustandekommen des Buches mitgewirkt haben, B 2.23 Rupert Steiner, Wien B 4.41 Viessmann Werke GmbH & Co. KG, Allendorf
sagen die Autoren und der Verlag aufrichtigen Dank. B 2.37 Isbrand Penner, Ettlingen B 4.46 Viessmann Werke GmbH & Co. KG, Allendorf
Sämtliche Zeichnungen in diesem Werk sind eigens B 2.57 TU Darmstadt, Bildarchiv FG EE B 4.55 Wagner & Co Solartechnik GmbH, Cölbe
angefertigt. Fotos, zu denen kein Fotograf genannt ist, B 2.58 Thomas Ott, Mühltal B 4.76 Christian Kandzia, Stuttgart
sind Architektenaufnahmen, Werkfotos oder stammen aus B 2.62 Der Grüne Punkt B 4.91 Denis Gilbert / VIEW / artur, Essen
dem Archiv der Zeitschrift DETAIL. Trotz intensiven B 2.69 Atelier 5, Bern B 4.92 TU Darmstadt, Bildarchiv FG EE
Bemühens konnten wir einige Urheber der Abbildungen B 2.70 a – c Jan Gerrit Schäfer, Hannover B 4.96 Wolf GmbH, Mainburg
nicht ermitteln, die Urheberrechte sind jedoch gewahrt. B 2.71 Stefan Schilling, Köln B 4.104 Thomas Mayer / www.erco.com, Lüdenscheid
Wir bitten in diesen Fällen um entsprechende Nachricht. B 2.76 Alex S. MacLean, US-Cambridge B 4.105 Sunways AG, Konstanz
Die Zahlen beziehen sich auf die Abbildungsnummern. B 4.110 a – b Nigel Young, London
B 4.110 c SCHOTT Solar GmbH, Alzenau
Gebäudehülle
B 4.110 d Zentrum für Sonnenergie- und Wasserstoff-
B 3.1 Sunways AG, Konstanz
Forschung Baden Würtemberg
B 3.4 Frank Kaltenbach, München
Fotos B 3.5 H. G. Esch, Hennef
B 4.110 e First Solar GmbH, Berlin
B 4.114 United Solar Ovonic, Michigan
B 3.6 Ruedi Walti, Basel
B 4.115 – 117 Michael Bender, Darmstadt
Teil A Positionen B 3.16 Thomas Dix / archenova, Düsseldorf
B 4.118 Andreas Keller, Altdorf
B 3.17 Lukas Roth, Köln
B 4.124 SenerTec GmbH, Schweinfurt
A NASA, US-Houston B 3.18 Corinne Rose, Berlin
B 4.126 Viessmann Werke GmbH & Co. KG, Allendorf
B 3.19 Roger Frei, Zürich
B 4.131 Volker Quaschning, Berlin
Globaler Wandel B 3.20 Christian Richters, Münster
B 4.132 Kramer Junction, USA
A 1.2 Keren Su / corbis B 3.21 Thomas Dix, Grenzach-Wyhlen
B 4.133 Peter Grell, CH-Rheinfelden
A 1.5 Barry Howe / corbis B 3.22 Jens Willebrand, Düsseldorf
B 3.23 Dieter Leistner / artur, Essen
Energiewende B 3.24 Delugan-Meissl, Wien Material
A 2.1 Curtis Morton, AUS-Adelaide B 3.25 Christian Richters, Münster B 5.1 Alvar Aalto Museum, FIN-Jyväskylä
A 2.5 Till Leeser, Hamburg B 3.26 Roland Halbe / artur, Essen B 5.2 aus: Curtis, William J.R.: Le Corbusier – Ideen
B 3.27 Greenpeace und Formen. Stuttgart 1987, S.135
Architektur und Nachhaltigkeit – eine schwierige B 3.28 Ibewert, Tröstau B 5.3 The Estate of R. Buckminster Fuller, Santa
Beziehung B 3.33 Eduard Hueber, New York Babara
A 3.2 Jan Bitter, Berlin B 3.34 Manfred Hegger, Kassel B 5.4 aus: Werner, Ernst: der Kristallpalast zu London.
A 3.3 Damjan Gale, Ljubljana B 3.35 Institut für Gebäude + Energie + Licht Planung, 1851, Düsseldorf 1970
A 3.4 Frank Kaltenbach, München Wismar B 5.7 Francis Jonckheere, Brüssel
A 3.5 Paul Ott, Graz B 3.36 Toni Küng, Herisau B 5.8 James Thornett, Birmingham
A 3.6 Jörg von Bruchhausen, Berlin B 3.37 Francesca Giovannelli, Zürich B 5.9 Anne Bousema, Rotterdam
A 3.7 Stefan Müller-Naumann, München B 3.39 Gaston Wicky, Zürich B 5.10 a – c Frank Kaltenbach, München
A 3.8 Frank Kaltenbach, München B 3.40 Jens Willebrand, Köln B 5.19 Wolfgang Wittmann, München
B 3.42 Margherita Spiluttini, Wien B 5.27 Peter Bonfig, München
Die Dinge richtig tun – über Effizienz und Nach- B 3.43 Hinrich Reyelts, Karlsruhe B 5.37 Andreas Keller, Kirchentellinsfurt
haltigkeit B 3.44 Beat Kämpfen, Zürich B 5.38 Hugo Jehle, Stuttgart
A 4.1 a Burgess / SPL / Agentur Focus, Hamburg B 3.46 Frank Dierks, Darmstadt B 5.39 Gesimat GmbH, Berlin
A 4.3 a Eye Of Science / Agentur Focus, Hamburg B 3.47 EGS-plan, Stuttgart B 5.42 Gaston Wicky, Zürich
A 4.3 b Constantin Meyer, Köln B 3.48 Ivar Mjell, Århus B 5.43 Foto Claytec, Duisburg
A 4.5 a Tobias Bindhammer, Ulm B 3.49 Jörg Lange, Freiburg B 5.58 Ignacio Martinez, A-Hard
B 3.60 Klaus Frahm / artur, Essen B 5.64 Herbert Schwingenschlögl, Wien
Solare Architektur B 3.61 Waltraud Krase, Frankfurt B 5.65 Christian Schittich, München
A 5.1 Dieter Leistner / artur, Essen B 3.62 Christian Kandzia, Stuttgart B 5.66 Roland Halbe / artur, Essen
A 5.5 Dieter Leistner / artur, Essen B 3.63 Martin Duckek, Ulm B 5.67 Duccio Malagamba, Barcelona
A 5.6 Robertino Nikolic / artur, Essen B 3.73 Jan Bitter, Berlin B 5.68 David Joseph, New York
A 5.7 Dieter Leistner / artur, Essen B 3.74 Thomas Gerken, Ulm B 5.75 Naoya Hatakeyama, Tokio, aus: Berg, Stephan:
A 5.8 Robertino Nikolic / artur, Essen B 3.75 Moritz Korn / artur, Essen Naoya Hatakeyama, Ostfildern-Ruit 2002, S. 56
B 3.76 Jörg Hempel, Aachen B 5.76 Luis Ferreira Alves, Porto
Planen und Bauen in Lebenszyklen B 3.77 Peter Cook / view / artur, Essen B 5.82 Jussi Tiainen, Helsinki
A 6.1 Tomas Riehle / artur, Köln B 3.78 Dieter Leistner / artur, Essen B 5.86 Peter Kasper, Gundelfingen
A 6.4 Tomas Riehle / artur, Köln B 3.79 Peter Hübner, Neckartenzlingen B 5.89 Serge Brison, Brüssel
A 6.6 Tomas Riehle / artur, Köln B 3.83 Rainer Rehfeld, Köln B 5.90 Hélène Binet, London
B 3.92 a – b fbta, Universität Karlsruhe B 5.96 – 97 Christiane Sauer, Berlin
B 3.94 Oliver Schuster, Stuttgart B 5.99 Torsten Seidel, Berlin
Teil B Planung B 3.100 Georg Nemec, Freiburg
B 3.101 ARS, Schwerin Strategien
B IKONOS satellite / GeoEye, US-Thornton B 3.104 Schaudt Architekten, Konstanz B 6.1 Reuters / corbis
B 3.105 Jens Passoth, Berlin B 6.6 Frei Otto, Leonberg-Warmbronn
Grundlagen B 3.106 Jürgen Schmidt, Köln B 6.12 HHS-AG, Kassel
B 1.1 NASA, US-Houston B 3.107 Ferit Kuyas / Sunways AG, Konstanz B 6.15 aus: Field, Marcus: Future Systems. Wien 1999,
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Abbildungsnachweis
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B 4.128 siehe B 3.85, S. 143
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B 3.68 – 69 Hausladen, Gerhard: ClimaSkin. Konzepte 4/2002. Bonn 2002, S. 2 Material
für Gebäudehüllen, die mit weniger Energie B 4.54 in Anlehnung an BINE Informationsdienst B 5.6 in Anlehnung an Zürcher, Christoph; Frank,
mehr leisten. München 2006, S. 41 und 56 (Hrsg.): Projektinfo – Thermochemische Spei- Thomas: Bauphysik – Bau und Energie. Zürich
B 3.70 siehe B 2.26, L 38 cher, 2/2001. Bonn 2001, S. 2 2004
B 3.71 in Anlehnung an Arbeitsstätten-Richtlinien B 4.56 BINE Informationsdienst (Hrsg.): Profi-Info – B 5.11 siehe B 5.6
ASR 5: Lüftung. Berlin 1979 Langzeit-Wärmespeicher und solare Nahwär- B 5.12 DIN 4108 Wärmeschutz und Energie-Einspa-
B 3.81 siehe B 1.46 me, 1/2001. Bonn 2001 rung in Gebäuden. Berlin 2003
274
Abbildungsnachweis
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B 5.15 Hegger, Manfred u. a.: Baustoff Atlas. drhein-Westfalen. Umweltzeichen für Baupro-
München 2005, S. 140 dukte. Bauprodukte gezielt auswählen – eine
B 5.16 siehe B 3.14 Entscheidungshilfe. Düsseldorf 2004
B 5.17 Gieseler, U.; Heidt, F.D.: Bewertung der Ener- B 5.85 nach Daten von Sigg, René; Kälin, Werner;
gieeffizienz verschiedener Maßnahmen für Plattner, Hugo: LUKRETIA – Lebenszyklus –
Gebäude mit sehr geringem Energiebedarf. Ressourcen – Technisierung. Zürich 2006
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sparung in Gebäuden – Anwendungsbezogene B 5.88 siehe B 5.85
Anforderungen an Wärmedämmstoffe – Teil 10: B 5.91 siehe B 5.87
Werkmäßig hergestellte Wärmedämmstoffe. B 5.92 – 93 siehe B 1.47
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B 5.22 siehe B 5.20 Strategien
B 5.23 siehe B 3.14 B 6.3 – 5 in Anlehnung an den Schweizerischen Ingeni-
B 5.24 – 25 in Anlehnung an Schittich, Christian u. a.: eur- und Architektenverein (Hrsg.): SIA D 0216.
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B 5.28 siehe B 3.14 B 6.11 Voss, Karsten u. a.: Bürogebäude mit Zukunft.
B 5.29 – 30 siehe B 5.24 Konzepte, Analysen, Erfahrungen. Berlin 2006,
B 5.33 – 36 siehe B 5.24 S. 40
B 5.40 nach Daten von Sukopp, Herbert (Hrsg.); B 6.28 Löhnert, Günter: Der Integrale Planungspro-
Blume, Hans-Peter: Stadtökologie. Stuttgart / zess. Eine Serie in vier Teilen. Teil I: Grund-
Jena / New York 1998 lagen. Berlin 2007, S. 2
B 5.41 siehe B 5.6 B 6.30 in Anlehnung an Diederichs, Claus Jürgen;
B 5.44 – 45 Ziegert, Christof: In Balance – Das Feuchte- Getto, Petra; Streck, Stefanie: Entwicklung
absorptionsvermögen von Lehmbaustoffen. eines Bewertungssystems für ökonomisches
Viersen-Boisheim 2004 und ökologisches Bauen und gesundes Woh-
B 5.46 DIN 4108-6 Wärmeschutz und Energie-Einspa- nen. Stuttgart 2003
rung in Gebäuden – Teil 6: Berechnung des B 6.31– 32 siehe B 6.11, S. 154 und 164
Jahresheizwärme- und des Jahresheizenergie- B 6.33 Lützkendorf, Thomas u. a.: Nachhaltigkeitsorien-
bedarfs. Berlin 2003 tierte Investments im Immobilienbereich.
B 5.47 Schmidt-Bleek, Friedrich: Wieviel Umwelt Trends, Theorie und Typologie. Karlsruhe 2005
braucht der Mensch? Faktor 10 – das Maß für B 6.34 nach Daten von Renner, Alexander: Energie-
ökologisches Wirtschaften. 1997 und Ökoeffizienz von Wohngebäuden. Entwick-
B 5.49 siehe B 3.14 lung eines Verfahrens zur lebenszyklusorientier-
B 5.50 in Anlehnung an Kohler, Nikolaus; u. a.: Büroge- ten Bewertung der Umweltwirkungen unter
bäude mit Zukunft. Konzepte, Analysen, Erfah- besonderer Berücksichtigung der Nutzungs-
rungen. Berlin 2006 phase. Darmstadt 2007
B 5.52 – 53 nach Daten von Hegger, Manfred; Fuchs, B 6.35 Schweizerischer Ingenieur- und Architektenver-
Matthias; Zeumer, Martin: Forschungsbericht ein (Hrsg.): Empfehlung SIA 112/1. Nachhalti-
Vergleichende Nachhaltigkeitskennwerte von ges Bauen – Hochbau. Zürich 2006
Baustoffen und Bauteilschichten. Darmstadt B 6.37 Lützkendorf, Thomas u. a.: Nachhaltiges Pla-
2005 nen, Bauen und Bewirtschaften von Bauwerken.
B 5.54 in Anlehnung an Nebel, Barbara: Ökobilanzie- Ziele, Grundlagen, Stand und Trends. Bewer-
rung von Holzfußböden. Eine repräsentative tungsmethoden und -hilfsmittel. Kurzstudie für
Studie nach ISO 14040-14043 für die deutsche das BMVBW. Karlsruhe 2002
Holzfußbodenindustrie. München 2003
B 5.55 in Anlehnung an die EAWAG: Forum Chries-
bach – Ein Neubau für die Wasserforschung.
Dübendorf 2006 Der Fachbereich Architektur der Technischen Universität
B 5.56 siehe B 5.52 Darmstadt ist um Richtigkeit und Aktualität der im Energie
B 5.57 siehe B 3.14 Atlas bereitgestellten Informationen bemüht. Die Inhalte
B 5.59 Gesellschaft für ökologische Bautechnik mbh: des Energie Atlas wurden mit größter Sorgfalt erstellt.
Instrumente für eine qualitätsabhängige Trotzdem können Fehler und Unklarheiten nicht vollstän-
Abschätzung der Dauerhaftigkeit von Materia- dig ausgeschlossen werden. Der Fachbereich Architektur
lien und Konstruktionen. Berlin 2005 der Technischen Universität Darmstadt übernimmt des-
B 5.60 in Anlehnung an das Österreichische Institut für halb keine Gewähr für die Aktualität, Richtigkeit, Vollstän-
Baubiologie und -ökologie (IBO): IBO-Daten- digkeit oder Qualität der bereitgestellten Informationen.
bank. Wien 2005 Für Schäden materieller oder immaterieller Art, die durch
B 5.61 nach Daten von Graubner, Carl-Alexander; die Nutzung oder Nichtnutzung der dargebotenen Infor-
Hüske, Katja: Nachhaltigkeit im Bauwesen. mationen bzw. durch die Nutzung fehlerhafter und unvoll-
Berlin 2003 ständiger Informationen unmittelbar oder mittelbar verur-
B 5.63 nach Daten der TU Darmstadt, Fachgebiet Ent- sacht werden, haftet der Fachbereich Architektur der
werfen und Energieeffizientes Bauen: e-life – Technischen Universität Darmstadt nicht, sofern ihr nicht
Lebenszyklusbetrachtung und Optimierung von vorsätzliches oder grob fahrlässiges Verschulden nach-
Instandsetzungsprozessen im Wohnungsbau. gewiesen werden kann.
Darmstadt 2007
B 5.72 siehe B 5.47
B 5.77 in Anlehnung an Preisig, Hansruedi: Massiv-
oder Leichtbauweise? Zürich 2002
B 5.78 siehe B 1.47 Autoren und Verlag danken den nachfolgend genannten
B 5.79 siehe B 5.59 Personen für ihre fachliche Beratung und Unterstützung:
B 5.80 Gewerbeabfallverordnung (GewAbfV). 2003
B 5.81 Kreislaufwirtschaftsgesetz KrW / AbfG. 1996 Jens Hornung, Darmstadt
B 5.83 nach Daten von Zwiener, Gerd; Mötzl, Hilde- Martin Huber, Stuttgart
gund: Ökologisches Baustoff-Lexikon. Baupro- Verena Klar, Tübingen
dukte, Chemikalien, Schadstoffe, Ökologie, Jörg Lange, Freiburg
Innenraum. Heidelberg 2006 Dirk Mangold, Stuttgart
B 5.84 nach Daten des Ministeriums für Umwelt und Thomas Rühle, München
Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucher- Jürgen Schreiber, Ulm
275
Sachregister
276
Sachregister
Fassadenkollektor ∫ 94f. in Gebäuden (EnEG) ∫ 84 Instandsetzung ∫ 164f., 173, 196 Kühlsegel ∫ 132
Fassadenlüftung ∫ 102 gespeicherte Solarenergie ∫ 115 Instandsetzungszyklen ∫ 33 Kühlturm ∫ 130
Fassadenlüftungsgerät ∫ 102, 133 Gesundheit ∫ 39 Intensivreinigung ∫ 172f. Kunstlicht ∫ 102, 136
Feinstaub ∫ 67, 115 gesundheitliche Unbedenklichkeit intelligente Gebäude ∫ 29 künstliche mineralische Fasern
Fensterflächenanteil ∫ 95, 104 ∫ 171 Integrale Planung ∫ 187, 197 (KMF) ∫ 170
Fensterlüftung ∫ 93, 100, 135 Gezeiten ∫ 48 Integration ∫ 65, 109, 194 Kupfer-Indium-Selen (CIS) ∫ 139
Fensterrahmen ∫ 156 Gezeitenkraftwerk ∫ 48 interne Wärmelast ∫ 96 Kurzzeitspeicher ∫ 75
Fernkältenetz ∫ 74 Gewerbeabfallverordnung ∫ 169 Inversionswetterlage ∫ 67 Kurzzeitwärmespeicher ∫ 125
Fernwärme ∫ 73f. Glas ∫ Investitionskosten ∫ 22, 32, 180 kybernetisches System ∫ 61
Fernwärmenetz ∫ 73f. lichtlenkend ∫ 157 IPPC-Bericht ∫ 39f. Kyoto-Protokoll ∫ 42
Feuchteabsorption ∫ 151 phototrop ∫ 157 Isolierverglasung ∫ 152f., 155 L
Feuchterückgewinnung ∫ 135 schaltbar ∫ 106 J Label ∫ 171
Feuchteschaden ∫ 90 thermotrop ∫ 157 Jahresarbeitszahl ∫ 123 Lamellen ∫ 105
Feuchteschutz ∫ 172 Glasfalztiefe ∫ 156 Jahresaufwandszahl ∫ 123 Lamellenjalousien ∫ 98, 105
Feuerwiderstandsklasse ∫ 172 Glasqualität ∫ 90 Jahresbilanz ∫ 182 Lampe ∫ 137
Finanzierung ∫ 196 Glaszwischenraum ∫ 155 Jahresheizwärmebedarf ∫ 114 ländlicher Raum ∫ 63ff.
Finanzierungsträger ∫ 188 Glaswolle ∫ 151 Jalousien ∫ 97, 105 Lärm ∫ 194
Flachheizkörper ∫ 127 Gleichgewichtsfeuchte ∫ 159 K Landschaftsarchitekt ∫ 189
Flachkollektor ∫ 94, 119 globale Erwärmung ∫ 38 Kälteerzeugung ∫ 130f., 143 Landverbrauch ∫ 31, 167
Flächenheizung ∫ 123, 127 Global Governance ∫ 10, 12 Kälteleistung ∫ 128 Langzeitspeicher ∫ 74f.
Flächennutzung ∫ 62ff. Globalstrahlung ∫ 47, 51, 53, 68 Kältemittel ∫ 123 Langzeitwärmespeicher ∫ 73f., 121,
Flächenoptimierung ∫ 86 Graue Energie ∫ 148, 160 Kältemittelkreis ∫ 131 125
Flächenverbrauch ∫ 31, 63 Grauwasser ∫ 75 Kältenetz ∫ 73f. Laser-Cut-Panels (LCP) ∫ 105, 157
Flammschutzmittel ∫ 170 Gravitation ∫ 43 Kälterückgewinnung ∫ 136 Latentspeichermaterial ∫ 158
Flexibiltät ∫ 27 Großklima ∫ 52 Kältespeicher ∫ 131 latente Wärmespeicher ∫ 93
Flexibilisierunsstrategien ∫ 165 Grubengas ∫ 71 kaltes Verfahren ∫ 77 Laufwasser ∫ 48
Flugverkehr ∫ 79 Grüngürtel ∫ 67 Kälteübergabe ∫ 132 Lebensdauer ∫ 27, 32ff., 160
Förderschnecke ∫ 117 Grundlagenermittlung ∫ 180 Kälteverteilung ∫ 132 Lebenszyklus ∫ 20, 27, 32ff., 163, 165ff.
Folgekosten ∫ 18, 32, 34 Grundrisszonierung ∫ 69f. Kaltwasserspeicher ∫ 131 Lebenszyklusanalyse ∫ 166, 188
Formaldehyd ∫ 170 Grundstück ∫ 27 Kastenfenster ∫ 91, 97, 155 Lebenszyklusbetrachtung ∫ 165
Formfaktor ∫ 86 Grundstücksfläche ∫ 194 Kaverne ∫ 71 lebenszyklusgerechtes Planen ∫ 32f.
fossile Energie ∫ 30 Grundversorgung ∫ 194 Kerndämmung ∫ 87ff. Lebenszykluskostenberechnung ∫ 32
fossile Energiewirtschaft ∫ 41 Grundwasser ∫ 66, 129 Kernenergie ∫ 45, 114 LEED ∫ 191
fossile Rohstoffe ∫ 41 Grundwassernutzung ∫ 122 Kernfusion ∫ 45 Leichtbauweise ∫ 168
Freianlage ∫ 194 Grundwasserspiegel ∫ 66, 167 Kies-Wasser-Speicher ∫ 75ff. Leistungszahl ∫ 123
freie Lüftung ∫ 93, 99f. Güterverkehr ∫ 78 Kläranlage ∫ 75ff. Leitfaden Nachhaltiges Bauen ∫ 190
Freiraum ∫ 62 g-Wert ∫ 28, 92, 97f. Klima ∫ 51ff., 65 Leitkriterien ∫ 190
Frischluftzufuhr ∫ 67 H Klimadaten ∫ 54 Leitungsverlust ∫ 126
Frischluftschneise ∫ 67 Halbwertszeit ∫ 45 Klimaanlage ∫ 133 Leuchten ∫ 137
ESC Zertifikat ∫ 170 Halbzeuge ∫ 174 Klimaelemente ∫ 52 Leuchtenbetriebswirkungsgrad ∫ 137
funktionale Schichten ∫ 162 Hackschnitzelanlage ∫ 117 Klimafaktoren ∫ 52 Leuchteneffizienzfaktor ∫ 137
Funktionsäquivalent ∫ 160 Handwerker ∫ 189 Klimahülle ∫ 52 Leuchtdichte ∫ 105, 137
Furan ∫ 170 Hard-Coating ∫ 155 Klimakomfort ∫ 25, 57 Leuchtdichteverhältnis ∫ 58
Fußbodenheizung ∫ 127, 132 Heat-Pipe-Prinzip ∫ 120 Klimaschutz ∫ 38 Leuchtdichteverteilung ∫ 103
G Heizanlagenverordung ∫ 184 Klimaschutzpolitik ∫ 42 Leuchtmittel ∫ 137
Gartenstadt ∫ 62 Heizfläche ∫ 126 Klimawandel ∫ 18, 39ff., 171 Licht ∫ 195
Gasnetz ∫ 71f. Heizkessel ∫ 39 Klimazonen ∫ 52f., 65ff. Lichtausbeute ∫ 137
gasochrome Beschichtung ∫ 157 Heizkörper ∫ 126f. Kohlendioxidsequestierung ∫ 45 Lichtdurchlass ∫ 154
gasochrome Verglasung ∫ 157 Heizkosten ∫ 39 Kollektor ∫ 93f. Lichtfarbe ∫ 59
Gebäudeausrichtung ∫ 180 Heizlast ∫ 114 Kollektorkreis ∫ 120 Lichtleistung ∫ 137
Gebäudebestand ∫ 26 Heizperiode ∫ 114 Komfort ∫ 39, 51, 56ff. lichtlenkende Systeme ∫ 104
Gebäudeheizung ∫ 196 Heizregister ∫ 102, 126 Kompaktheit ∫ 86, 103 Lichtlenklamellen ∫ 105
Gebäudehülle ∫ 83ff. Heiztechnik ∫ 180 Kompaktlüftungsgerät ∫ 135 Lichtlenkung ∫ 104ff.
Gebäudelabel ∫ 191 Heizwärmebedarf ∫ 84, 86 Komplexität ∫ 19 Lichtplanung ∫ 136
Gebäudeleittechnik ∫ 28 Heizwert ∫ 117 Kompostierung ∫ 174 Lichtschwert ∫ 105
Gebäudekühlung ∫ 196 Heliostat ∫ 106 Kompressionskältemaschine ∫ 74, 130 Lichtstreuung ∫ 104, 106
Gebäudesanierung ∫ 88 Herstellungskreislauf ∫ 168 Kompressionswärmepumpe ∫ 123 Lichtstrom ∫ 137
Gebäudestruktur ∫ 195 Hightech ∫ 61 Kondensator ∫ 130 Lichttransmission ∫ 59
Gebäudesubstanz ∫ 195 Hochgarage ∫ 81 Konditionierung ∫ 134 Lichttransmissionsgrad ∫ 104
Gebäudetechnik ∫ 28, 110 Hochspannung ∫ 72 Kondratieff-Zyklen ∫ 25 Lichttransport ∫ 105f.
Gebäudetypologie ∫ 70 holographisch-optische Elemente Konsistenz ∫ 50 Lightpipe ∫ 106
Gebläsekonvektor ∫ 132 (HOE) ∫ 105, 156 kontrollierte Be- und Entlüftung ∫ 122 Light Shelve ∫ 105
Gegenstromwärmetauscher ∫ 136 Holzgas ∫ 71 Konvektion ∫ 149 Life Cycle Assessment (LCA) ∫ 166ff.
gekoppelte Systeme ∫ 150 Holzhackschnitzel ∫ 117 Konvektor ∫ 127 Life Cycle Costing (LCC) ∫ 27, 32
Gelbwasser ∫ 75 Holzpellet ∫ 117 Konversion ∫ 64 Liquid Crystal ∫ 157
gemäßigte Zone ∫ 52, 65 Holzwolleplatte ∫ 151 konzentrierende Solarkollektoren ∫ 144 Lizenzgeber ∫ 170
Gemeinschaft ∫ 194 Horizontwinkel ∫ 103 Konzeptentwicklung ∫ 176, 179 lösbare Verbindungen ∫ 33
Genehmigungsplanung ∫ 180 Hüllgeometrie ∫ 86 Körperschall ∫ 59 Lokalklima ∫ 52, 66
Gerechtigkeit ∫ 194 I Korklogo ∫ 170 Low-E-Beschichtung ∫ 153, 155, 157
Geruchssinn ∫ 60 IBR-Prüfsiegel ∫ 170 Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) ∫ 72f., Low-E-Glas ∫ 154
Gesamtenergie ∫ 43 Identifikation ∫ 169 81, 116, 131, 143 Lowtech ∫ 61
Gesamtenergiedurchlassgrad Identitätsbildung ∫ 64 Kraft-Wärme-Kälte-Kopplung ∫ 131, Luftaustausch ∫ 99
∫ 28, 153f. Indikator ∫ 193 143f. Luftbewegung ∫ 57f.
Gesamtenergiedurchlasskoeffizient Industriealisierung ∫ 26 Kreislaufwirtschaft ∫ 23 Luftdichtheit ∫ 93
∫ 150 Industrielandschaft ∫ 168 Kreislaufwirtschaftsgesetz ∫ 169, 174 Lüften ∫ 99f.
Gesamtenergieeffizienz ∫ 183 Infeldleuchtendichte ∫ 58 Kreisverbundwärmetauscher ∫ 136 Luftfeuchte ∫ 54, 172
Gesamtkosten ∫ 33 inerte Masse ∫ 169 Kreuzstromwärmetauscher ∫ 136 Luftfeuchtigkeit ∫ 133
Gesamtwärmedurchgangskoeffizient Infrastruktur ∫ 197 kristalline Solarzelle ∫ 139 Luftfilter ∫ 102
∫ 156 Infrastrukturkosten ∫ 31 Krypton ∫ 155 Luftförderung ∫ 197
Gestaltqualität ∫ 194 inhomogener Wandaufbau ∫ 88 Kühlbedarf ∫ 128 Luftführung ∫ 99, 134
Gestaltung ∫ 194 Innendämmung ∫ 87ff. Kühlenergiebedarf ∫ 95 Luftgeschwindigkeit ∫ 133
Gesellschaft ∫ 191f., Instandhaltung ∫ 172f., 196 Kühllast ∫ 95, 128 Luftheizung ∫ 94, 120
Gesetz zur Einsparung von Energie Instandhaltungskosten ∫ 33 Kühlregister ∫ 102, 132 Luftkollektor ∫ 94, 119
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Sachregister
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Sachregister
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Die Erarbeitung des Diagnosesystems Nachhaltige Gebäudequalität (DNQ) war nur durch eine Unterstützung der Deutschen Bundesstiftung Umwelt möglich.
Autoren und Verlag danken den folgenden Sponsoren für die Förderung der Publikation:
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