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6.1 Einführung
Die grundsätzliche Aufgabe eines Triebwerks ist, für den Vortrieb des
Flugzeuges zu sorgen. Hierzu muss der Schub bzw. die Leistung des
Triebwerks die auf das Flugzeug wirkende Widerstandskraft überwinden.
Als sekundäre Aufgabe können alle Aufgaben und Leistungen
zusammengefasst, die nichts mit dem direkten Vortrieb des Flugzeuges zu
tun haben.
x Bereitstellung von elektrischer und hydraulischer Leistung
x Bereitstellung von pneumatischer Leistung für die Druckkabine.
x Bereitstellung von heißer Luft (Zapfluft bzw. Bleed Air) für die
Enteisungsanlagen.
Turbinentriebwerke werden in drei Varianten unterschieden:
Dieses Kapitel befasst sich nur mit dem Strahltriebwerk in Form des ZTL-
Triebwerks.
78 6 Strahltriebwerke
Eine der ersten Strahltriebwerke war die Whittle Engine, benannt nach
ihrem Erbauer Sir Frank Whittle, die in den 30er Jahren gebaut wurde.
Während die ersten Triebwerke noch Radialturbinen aufwiesen, setzte sich
im Laufe der Zeit immer mehr die Axialturbine durch. Das erste im
kommerziellen Passagierluftverkehr eingesetzte Strahltriebwerk war eine
Einwellenaxialturbine (single-spool axial flow turbojet). Der Terminus
single-spool bezieht sich auf die Welle, die den Kompressor mit der
Turbine direkt verband.
Eine Weiterentwicklung nach den Einwellentriebwerken war die
Einführung von Zweiwellentriebwerken (twin-spool turbojet engines), wie
sie auch heute teilweise noch verwendet werden. Durch eine zweite Welle
hatte das Triebwerk nun zwei unabhängige Verdichterstufen, die von zwei
unabhängigen Turbinen angetrieben wurden. Dies verbesserte die
Effizienz des Triebwerks.
Die erste Verdichterstufe ist ein mit niedriger Geschwindigkeit
drehender Rotor. Die zweite Verdichterstufe ist ein mit hoher
Geschwindigkeit drehender Rotor. Im Cockpit werden die
Geschwindigkeiten der Verdichterstufen in % angegeben und sind als N1-
und N2-Rotor bekannt. Die Drehzahl kann über den Schubhebel direkt
beeinflusst werden.
Ein weiterer Meilenstein in der Triebwerksentwicklung war die
Einführung des sogenannten Turbofans (twin-spool bypass turbojet
engine). Hierbei übernimmt ein von der Niederdruckturbine angetriebener
„schaufelradartiger Propeller“, der sogenannte Fan, einen großen Anteil
der Schuberzeugung, indem er eine große Luftmenge beschleunigt und am
eigentlichen Verbrennungsprozess vorbeileitet. Dies verbessert nicht nur
die Treibstoffeffizienz, sondern verringert auch die Lärmemissionen. Denn
der Nebenstrom wirkt wie ein schalldämpfender „Mantel“ um den
austretenden primären Luftstrom.
Während die ersten Fantriebwerke ein niedriges Bypass Verhältnis (low
bypass ratio) hatten, haben moderne Turbofans Nebenstromverhältnisse
von 5:1 und mehr. Das bedeutet, dass 80 % des Schubs und mehr aus dem
Nebenstrom gewonnen werden.
Neben den Zweiwellenturbinentriebwerken gibt es auch die
Dreiwellenturbinentriebwerke (triple-spool turbofan engines). Der
Triebwerkshersteller Rolls-Royce produziert diese bereits seit 40 Jahren.
So war der Erstlauf der RB211-22B für die Lockheed L1011 Tristar im
6.3 Funktionsweise und allgemeine Schubgleichung 79
Jahre 1969. Das Ziel dieser Weiterentwicklungen ist in erster Linie die
Steigerung der Effizienz durch eine optimierte Anpassung und
Abstimmung der Luftströmung an Verdichter und Kompressor.
Die komplexe Dreiwellenarchitektur, mit drei voneinander
unabhängigen Rotoren, kann jedoch nicht unbegrenzt auf kleinere
Triebwerke skaliert werden. So hat gerade bei niedrigeren Schubklassen
das Zweiwellentriebwerk durch das erheblich niedrigere
Triebwerksgewicht einen wesentlichen Vorteil gegenüber dem
„Dreiweller“.
Bewegt man sich entlang des full rated thrust in Richtung niedrigerer
Temperatur (TAT), bleibt die Austrittstemperatur (EGT) zunächst
konstant. Erst im Bereich des flat rated thrust fällt die EGT dann mit
weiter abnehmender TAT.
6.4.2 Fluggeschwindigkeit
Wie zuvor bereits im Rahmen der Schubgleichung erläutert, wirkt sich die
Fluggeschwindigkeit zum einen auf die Differenz ein- und ausströmender
Luft aus und zum anderen auch auf den Druckunterschied.
Durch eine Erhöhung der Fluggeschwindigkeit kommt es durch die höhere
Einströmgeschwindigkeit zu einem Kompressionseffekt am Lufteinlauf
des Triebwerks. Dieser Effekt wird Staueffekt (ram effect) genannt.
82 6 Strahltriebwerke
6.5 Triebwerksleistungsstufen
Der maximale Startschub ist der höchste zur Verfügung stehende Schub
und wird nur für den Start angewendet. Aufgrund der hohen Triebwerks-
belastung bei diesem Schubniveau existiert hierfür eine zeitliche Ein-
schränkung. In aller Regel sind dies 5 Minuten. Für den Fall eines
Triebwerksausfalles können diese 5 Minuten auch je nach Triebwerkstyp
auf 10 Minuten ausgedehnt werden1. Die Werte für Maximum Take-off
Thrust befinden sich im AFM und heißen dort auch – je nach
Flugzeughersteller – normal take-off thrust.
Die tabellarisch aufgelisteten Werte werden für unterschiedliche
Konfigurationen der Zapfluftanlage geliefert. So gibt es Unterschiede, ob
die Klimaanlage von den Triebwerken oder der Hilfsturbine versorgt wird,
oder ob die Enteisungsanlage zugeschaltet wird. Die folgende Tabelle
zeigt beispielhaft den maximum take-off thrust eines generischen
Verkehrsflugzeugs.
1 So beträgt das Zeitlimit beim CRJ 100 beispielsweise 5 Minuten, beim CRJ 700
und 900 aber 10 Minuten.
84 6 Strahltriebwerke
Tabelle 6.1 Maximum Take-off Thrust Setting (All Engines Operating), %N1
(CAP 698 © by Civil Aviation Authority)
Der go-around thrust wird häufig auch als inflight Take-off Thrust
bezeichnet. Grundsätzlich ist der Schub in seinem Betrag identisch mit
dem Maximum Take-off Thrust. Bei einem Durchstartmanöver hat das
Flugzeug jedoch bereits eine gewisse Geschwindigkeit. Dies bewirkt
andere Schubeinstellungen für %N1 und EPR. Das Zeitlimit für dieses
zertifizierte Thrust Rating ist identisch mit dem Maximum Take-off Thrust
Limit.
Diese Thrust Ratings sind ein Schubniveau für den „normalen“ Steigflug
bzw. Reiseflug, die jeweils die Obergrenze des Schubes für die
entsprechende Flugphase darstellen. Sie unterliegen keinem Zeitlimit. Je
nach Triebwerkshersteller kann der MCLT auch dem MCT entsprechen.
Da es kein zertifiziertes Schubniveau ist, findet man die Werte auch nicht
im ebenfalls zertifizierten AFM, sondern in anderen flugzeugbezogenen
Handbüchern, die dem Flugzeugbetreiber mit der Auslieferung übergeben
werden. Da diese Bücher den einzelnen Piloten nicht immer zugänglich
sind, werden sie in den entsprechenden Kapiteln der Flugbetriebs-
handbücher veröffentlicht.
6.6 Treibstoffverbrauch
- Pr = benötigte Schwebeleistung
- Hi = Heizwert des Treibstoffs
Durch Umstellen nach FF erhält man
Tr TAS (6.6)
FF
H i K p