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Wie gesund sind Erwachsene

in verschiedenen Lebens-
Inhalt
phasen? Quer durch diese
Broschüre geben illustrierte
Steckbriefe Einblick in die
typische gesundheitliche
Situation von Männern
Einführung 4
und Frauen im Alter von
Die Epidemiologin Bärbel-Maria Kurth über die Bedeutung von DEGS
20, 40, 60 und 75 Jahren
und das Gesundheitsmonitoring in Deutschland
(Seiten 6, 18, 26, 38).

Gesundheit in der älter werdenden Gesellschaft 8


Verschiedenste Erkrankungen häufen sich im höheren Alter – dennoch
bleibt vielen auch in späteren Jahren eine gute Gesundheit erhalten

„Deutliche Einschränkungen sind überraschend selten“ 13


Die Gesundheitsforscherin Judith Fuchs über die körperliche
Funktionstüchtigkeit älterer Menschen

Hintergrund
Erkundungsfahrt durch Deutschland 14
Drei Jahre tourten zwei Untersuchungsteams für die DEGS-Studie
durch die Republik – nun steht ein einzigartiger Datensatz bereit

Fit bleiben 20
Die Erwachsenen sind sportlich aktiver geworden und rauchen
weniger – Alkohol wird jedoch weiter viel getrunken
8152
„Die sozialen Lebensbedingungen sind mit entscheidend 24 Männer und Frauen
für Gesundheit und Krankheit“ bundesweit beteiligten sich
Der Soziologe Thomas Lampert über den Zusammenhang an der ersten Erhebungs-
von Gesundheit und Gesellschaft welle von DEGS.

Gesundheitliche Lebensqualität in der modernen Welt 28


Das Wohlbefinden der Erwachsenen ist insgesamt hoch – gleichwohl
erleben viele zumindest zeitweilige seelische Belastungen

„Die Gesellschaft ist sensibler für psychische 33


Probleme geworden“
Der Psychologe Ulfert Hapke über die Bedeutung emotionaler
Beeinträchtigungen in der heutigen Zeit

Die Deutschen beim Arzt 34


Die meisten Erwachsenen gehen regelmäßig zum Arzt und nehmen
Medikamente – doch auch die Prävention besitzt hohe Bedeutung

Impressum 40
Einführung

Liebe Teilnehmerinnen und Teilnehmer


von DEGS, liebe Leserinnen und Leser!

Haben Sie sich schon einmal ge- Rolle spielen. Aus den regulären
fragt, wie gesund wir alle eigentlich Krankheitsstatistiken lassen sie sich
sind? Die Frage mag einfach klin- aber kaum ableiten.
gen. Aber sie ist von beträchtlicher Um diese Wissenslücken zu schlie-
Bedeutung – und keineswegs leicht ßen, ist die Studie zur Gesundheit
zu beantworten. Erwachsener in Deutschland (DEGS)
Denn zwar gibt es in Deutschland ein hervorragendes Instrument.
zahlreiche Krankheitsstatis­tiken DEGS bietet ein umfassendes und
und -register, beispielsweise von repräsentatives Bild der gesund-
Kranken­kassen, Gesundheitsämtern, heitlichen Lage von Männern und
statistischen Ämtern. Aber diese Frauen zwischen 18 und 79 Jahren
Daten geben weder Auskunft über – und ist damit Teil der Aktivitäten
die Lebensbedingungen der er- des Robert Koch-Instituts (RKI), die
krankten Menschen noch über die Gesundheit der in Deutschland le-
Gesundheitsrisiken, denen sie aus- benden Bevölkerung langfristig zu
gesetzt waren oder sind. beobachten, Entwicklungstrends
zu erkennen und die Öffentlichkeit
Wie geht es den Erwachsenen, zu informieren.
die von gängigen Krankheits­ Seit 1984 führt das RKI Studien zur
statistiken nicht erfasst werden? gesundheitlichen Lage der Bevölke-
rung durch. Mit dem Bundes-Ge-
Und wie steht es überhaupt um die sundheitssurvey von 1998 (BGS98)
große Zahl der gesunden Erwachse- konnte dabei erstmals eine reprä-
nen, die von Krankheitsstatistiken sentative gesamtdeutsche Erhe-
naturgemäß nicht erfasst werden? bung erfolgen. Eine analoge Studie
Wie viele von ihnen rauchen, trei- wurde 2003 bis 2006 mit fast
ben Sport oder trinken Alkohol? 18.000 Kindern und Jugendlichen
Wie zufrieden sind etwa ältere von null bis 17 Jahren in ganz
Menschen mit ihrer gesundheit­ Deutschland durchgeführt. So ent-
lichen Situation? Gibt es heute wickelte sich die Vision eines nach-
wirklich mehr Übergewichtige als haltigen Gesundheitsmonitorings
früher oder nehmen Stress und am RKI, das seit 2008 mit finanzieller
seelische Belastungen zu? Unterstützung des Bundesministe-
Längst ist unstrittig, dass solche riums für Gesundheit Realität ge-
Aspekte des Lebensstils und der worden ist. DEGS ist Bestandteil
Lebensqualität für die Entstehung dieses auch international durchaus
vieler Krankheiten einerseits und einzigartigen Monitoringsystems.
die Erhaltung der Gesundheit Die nun vorgelegten ersten Er­
andererseits eine entscheidende gebnisse von DEGS bieten hoch­

4 | Einführung
interessante Aufschlüsse zur Ge- Entwicklung der gesundheitlichen
sundheit von erwachsenen Frauen Lage hierzulande erlauben. Nicht
und Männern. 8.152 Menschen bun- zuletzt ist das RKI mit seiner Ex-
desweit beteiligten sich an der ers- pertise in den Aufbau eines EU-
ten DEGS-Erhebungswelle. Sie ga- weiten Gesundheitsmonitorings
ben detailliert Auskunft über ihren eingebunden.
Gesundheitszustand und fanden
sich großteils auch für Untersu- Das Gesundheitsmonitoring
chungen und Labortests in einem ist auch im internationalen
der Studienzentren ein. Da fast die Vergleich durchaus einzigartig.
Hälfte der DEGS-Teilnehmer be-
reits beim BGS98 eingebunden All das haben Sie, liebe Studienteil-
war, lassen sich sogar individuelle nehmer, durch Ihre Teilnahme an
gesundheitliche Veränderungen DEGS mit ermöglicht. Durch den
über mehr als eine Dekade doku- ärztlichen Befundungsbrief, den
mentieren. Sie nach Ihrem Besuch im Studien-
Wem ist es beispielsweise gelungen, zentrum von uns erhalten haben, Dr. Bärbel-Maria Kurth leitet die
sich das Rauchen abzugewöhnen wissen Sie, wie es um Ihre eigene Abteilung für Epidemiologie und
Gesundheitsberichterstattung
oder Übergewicht zu reduzieren? Gesundheit bestellt ist. Mit dieser am Robert Koch-Institut.
Gibt es Schutzfaktoren, die dazu Broschüre wollen wir Ihnen auf all-
beitragen, dass Menschen über ei- gemein verständliche, hoffentlich
nen langen Zeitraum gesund blei- auch unterhaltsame Art zeigen,
ben? Die Antworten auf solche welches Bild sich aus der Summe
Fragen sind von hoher Bedeutung all dieser Einzelbefunde vom Ge-
für zukünftige Aufklärungskampa- sundheitszustand der in Deutsch-
gnen und Präventionsprogramme, land lebenden Erwachsenen ins­
aber auch für die Analyse der Wirk- gesamt ergeben hat. Wir wollen
samkeit zurückliegender gesund- damit unserem Dank an Sie und
heitspolitischer Maßnahmen. unserer Hoffnung Ausdruck geben,
Für die nächsten zehn Jahre sind dass Sie uns auch künftig behilflich
zwei weitere DEGS-Erhebungs­ sein werden bei der Beantwortung
wellen geplant. Dadurch wird der Frage: Wie gesund sind wir
DEGS langfristige Gesundheits- eigentlich in Deutschland?
trends ebenso wie Veränderungen
des medizinischen Versorgungs­
bedarfs erkennen lassen und in
Kombination mit Modellen des
demografischen Wandels sogar
Zukunftsprognosen zur weiteren

Einführung | 5
Was ist typisch
im Alter von 20?

Die typische Frau um die 20


bewertet ihre Gesundheit als gut oder sehr gut
fühlt sich meistens oder immer voller Energie
schläft durchschnittlich sieben Stunden pro Nacht
hat normales Körpergewicht
raucht zumindest gelegentlich oder hat früher einmal geraucht
trinkt nie oder nur moderat viel Alkohol
ist weniger als zwei Stunden pro Woche sportlich aktiv
trinkt nicht täglich Kaffee
nimmt die Pille
hat im Schnitt einen Sexualpartner oder eine Sexualpartnerin gehabt
könnte sich bei ernsten persönlichen Problemen auf mindestens
drei nahestehende Personen verlassen
hat einen Hausarzt
geht durchschnittlich zweimal im Jahr zum Frauenarzt
sucht im Mittel zehnmal pro Jahr einen
niedergelassenen Arzt auf
ist erwerbstätig
ist im Durchschnitt jährlich zehn
Tage krank
Was heißt hier „typisch“?
Es ist nie einfach, das Typische in einer
Bevölkerung zu definieren – doch der Versuch lohnt
immer. Die Aussagen, die hier (und in den folgenden
Steckbriefen) anhand der DEGS-Daten gemacht werden,
treffen jeweils auf mehr als die Hälfte der Frauen
beziehungsweise Männer im genannten Alter zu oder
stellen einen Durchschnittswert dar. „Um die 20“ steht
dabei für den Altersbereich von 18 bis 22 Jahren, „um die
40“ für die Spanne von 38 bis 42 (und so weiter). Die
Chance ist nicht ganz klein, eine Frau oder einen Mann
mit zumindest einigen dieser Eigenschaften zufällig auf
der Straße zu treffen – oder im eigenen
Freundeskreis bereits zu kennen.

Machen Sie die Probe


aufs Exempel!

Der typische Mann um die 20


bewertet seine Gesundheit als gut oder sehr gut
fühlt sich meistens oder immer voller Energie
schläft durchschnittlich sieben Stunden pro Nacht
hat normales Körpergewicht
raucht nicht oder nicht mehr
trinkt riskant viel Alkohol
ist mehr als zwei Stunden pro Woche sportlich aktiv
bereitet mindestens dreimal wöchentlich eine warme Mahlzeit zu
verwendet beim Geschlechtsverkehr Kondome
hat im Schnitt zwei Sexualpartnerinnen oder -partner gehabt
könnte sich bei ernsten persönlichen Problemen auf mindestens
drei nahestehende Personen verlassen
hat keinen Hausarzt
geht regelmäßig zur zahnärztlichen Kontrolle
sucht im Mittel siebenmal pro Jahr einen
niedergelassenen Arzt auf
lebt noch zu Hause bei den Eltern
ist erwerbstätig
ist im Jahr durchschnittlich acht Tage krank
Die Zahl der Menschen mit guter Gesundheit
ist seit den Neunzigerjahren gestiegen

100 %

80 %

60 %

40 %

20 %

Jahre
unter 20 20-29 30-39 40-49 50-59 60-69 70-79

BGS98 DEGS

Prozent­anteil der Erwachsenen, die ihre Gesundheit als „gut“ oder


„sehr gut“ bezeichnen: In allen Altersgruppen liegen die Werte
heute höher als beim Bundes-Gesundheits­survey von 1998 (BGS98).
Gesundheit in der älter
werdenden Gesellschaft
Verschiedenste Erkrankungen häufen sich natürlicherweise im höheren
Alter – und gewinnen durch den demografischen Wandel verstärkt an
Bedeutung. Gleichwohl bleibt einer großen Zahl von Menschen auch in
späteren Jahren eine gute Gesundheit erhalten.

Ob Herz-Kreislauf-Leiden oder sklerose) zurück und besitzen in


Gelenkbeschwerden, Übergewicht, der ersten Lebenshälfte noch

31 %
Bluthochdruck oder Diabetes – kaum Bedeutung. „Bei Menschen
viele chronische Erkrankungen und unter 40 Jahren liegt etwa die Ver-
Gesundheitsrisiken häufen sich breitung von Schlaganfällen bei
natürlicherweise mit steigendem deutlich weniger als einem Pro-
Alter. Sie sind nicht zuletzt Aus- zent“, verdeutlicht Markus Busch, der 70- bis 79-jährigen
druck des körperlichen Verschlei- der mit seinen Kollegen am Robert Männer weisen verengte
ßes über ein Leben hinweg. Koch-Institut (RKI) die Daten der Herzgefäße auf.
Allerdings spielen Verhaltens­ DEGS-Erhebung zu Herz-Kreislauf-
weisen und Lebensverhältnisse, Krankheiten auswertet.
Behandlungsstandards und Prä-
ventionsmöglichkeiten für Entste- Höheres Alter und männliches
hung und Vermeidung vieler Geschlecht bilden eine riskante
Krankheiten – und die Erhaltung Kombination für das Herz.
der Gesundheit – eine beträcht­
liche Rolle. Schicksalhaft sind ge- Außer den Hirnschlägen wurden
sundheitliche Risiken oft nicht. dabei vier weitere Erkrankungen
Doch was bedeutet dies unter erfasst: die koronare Herzkrank- Der Anteil der Erwachsenen mit
dem Strich für die insgesamt älter heit (Herzgefäßverkalkung) und Herz-Kreislauf-Erkrankungen
werdende moderne Gesellschaft? der Infarkt, die Herzinsuffizienz Frauen Männer
Wird sie zunehmend gebrechlich, und Durchblutungsstörungen an
40-49 Jahre 3,6 % 6,5 %
oder lassen sich vielmehr Lebens- den Beinen (periphere arterielle
50-59 Jahre 5,8 % 12,8 %
qualität und Autonomie auch im Verschlusskrankheit). Das Resultat
höheren Alter bewahren? der Analyse: Jeder sechste Erwach- 60-69 Jahre 21,1 % 29,2 %
Typisches Beispiel für den Zusam- sene zwischen 40 und 79 Jahren 70-79 Jahre 30,2 % 42,4 %
menhang von Lebensalter und (16 Prozent) weist zumindest eine Gesamt 13,2 % 19,2 %
Erkrankungsrisiko sind die Leiden dieser fünf Erkrankungen auf. Vor
des Herz-Kreislauf-Systems. Sie ge- allem jenseits der sechzig nimmt
hen großteils auf langfristige Krank­ ihre Verbreitung rasch zu.
heitsprozesse, insbesondere eine Neben einem höheren Lebensalter
Verkalkung der Arterien (Arterio- steigert indes auch ein männliches

Gesundheit in der älter werdenden Gesellschaft | 9


Diabetes ist vor allem eine Erkrankung des Alters Männer
25 %
Frauen

20 %

15 %

10 %

5%

Jahre
18-39 40-49 50-59 60-69 70-79

Mit steigendem Lebensalter Geschlecht das Risiko – gerade was von 1998 (BGS98) insgesamt zu­
wächst der prozentuale Anteil der Verengungen an den Herzgefäßen genommen haben.
Diabetikerinnen und Diabetiker in betrifft. So findet sich unter den
der Bevölkerung. Da es auch 70- bis 79-Jährigen bei fast jedem Die Zuckerkrankheit nimmt zu –
während einer Schwanger­schaft zu dritten Mann, aber nur bei jeder und wird auch stärker beachtet
einem – meist vorüber­gehenden – sechsten Frau die Diagnose einer Für eine andere Erkrankung lässt
Diabetes kommen kann, sind koronaren Herzkrankheit oder ei- sich dies bereits sagen: Diabetes.
Frauen im jüngeren und mittleren nes früheren Infarkts. Laut DEGS leben in Deutschland
Alter leicht vermehrt betroffen. derzeit rund 4,6 Millionen Men-
Lebensstil und Lebensumstände schen von 18 bis 79 Jahren, bei
spielen bei vielen chronischen denen im Laufe des Lebens bereits
Krankheiten hinein. eine Zuckerkrankheit festgestellt
worden ist – bei schätzungsweise
„Dahinter stehen möglicherweise gut einer weiteren Million dürfte
schützende Einflüsse der weiblichen das Leiden noch unerkannt sein.
Geschlechtshormone, aber auch die Die im Erwachsenenalter vorherr-
niedrigeren Raucherquoten bei schende Form wird auch als Typ-
Body-Mass-Index (BMI) Frauen und andere Unterschiede 2-Diabetes bezeichnet. Vergleicht
Der BMI ist ein Indikator für den in den Verhaltensweisen und Le- man die DEGS-Daten mit dem
Körperfettanteil und wird aus dem bensverhältnissen“, kommentiert BGS98, hat sich der Diabetikeran­
Körpergewicht und der Körpergröße Busch. Zusammenhänge mit Le- teil in der Bevölkerung von 5,2 auf
zum Quadrat errechnet. Für einen bensstil und Lebensumständen 7,2 Prozent erhöht.
2-Meter-Mann mit 100 Kilo Gewicht könnten auch erklären helfen, „Der Anstieg ist zwar deutlich“,
heißt das zum Beispiel: warum die Herz- und Gefäßleiden bekräftigt Christa Scheidt-Nave,
– unabhängig vom Geschlecht – in die mit ihrem Team die Analysen
BMI = = = 25. Bevölkerungsgruppen mit niedri- am RKI betreut. „Doch muss man
gerem sozioökonomischem Status genau hinschauen, was hinter die-
Ab einem Wert von 25 spricht man von erheblich häufiger sind. In einem ser Entwicklung steht.“
Übergewicht, ab 30 von Adipositas. nächsten Schritt wollen Busch und So geht gut ein Drittel des Zuwach-
Kollegen analysieren, ob die Herz- ses auf einen demografischen Alte-
Kreislauf-Krankheiten gegenüber rungseffekt zurück – ein simples
dem Bundes- Gesundheitssurvey und bei vielen chronischen Erkran-

10 | Gesundheit in der älter werdenden Gesellschaft


kungen zu beobachtendes Phäno- Nave. Solche Einflüsse leisteten Die Verteilung der Gewichts­
men: Da die Zuckerkrankheit vor- neuen Erkenntnissen zufolge der kategorien in der Bevölkerung
wiegend im Alter auftritt und der Zuckerkrankheit Vorschub.
Anteil älterer Menschen heute 23,3 %
höher liegt als Ende der Neunziger- Wandel der Alltagskultur: 43,8 %
jahre, finden sich allein deshalb in Grund für Adipositas bei Jüngeren?
der Bevölkerung mehr Diabetike- Ein genereller Risikofaktor – nicht
rinnen und Diabetiker. Rechnet allein für Diabetes, sondern etwa Männer
man die gesellschaftliche Alterung auch für Herzkrankheiten, Blut- 32,2 %
0,7 %
heraus – Fachleute sprechen von hochdruck oder die im Alter weit
Altersstandardisierung – fällt der verbreitete Arthrose – besteht im
„echte“ Zuwachs entsprechend Übergewicht. Dabei liegt das Risi-
29,1 % 23,9 %
niedriger aus. ko von langfristigen Folgeerkran-
Zudem könnten die gestiegenen kungen umso höher, desto ausge-
Krankheitszahlen teils darauf beru- prägter das Übergewicht ist. Ärzte
2,3 %
hen, dass der Diabetes zunehmend unterscheiden deshalb mittels des
ins Bewusstsein der Öffentlich­­keit sogenannten Body-Mass-Index Frauen
gerückt ist und daher von Patienten die leich­teren Gewichtserhöhun- 44,7 %
stärker beachtet und von Ärzten gen vom starken Über­gewicht, der
Untergewicht
auch systematischer diagnostiziert Adipositas.
Normalgewicht
wird. Erstaunliches Ergebnis von DEGS:
leichteres Übergewicht
Der Gesamtanteil der übergewich-
starkes Übergewicht (Adipositas)
Der Anteil der Übergewichtigen tigen Erwachsenen in Deutschland
ist exakt genauso groß wie ist exakt genauso groß wie Ende
Ende der Neunzigerjahre. der Neunzigerjahre. Er liegt für
Männer bei 67 und für Frauen bei
Gleichwohl weisen die DEGS-Ana- 53 Prozent. Allerdings lässt sich in-
lysen auf weitere, tiefer liegende nerhalb dieser Gruppe eine Ver- Kritischer Blick: Aus Gewicht und
Zusammenhänge hin. So variiert schiebung hin zu höheren Ge- Körpergröße lässt sich auf den
die Verbreitung von Diabetes, wie- wichtsklassen feststellen, weshalb Körperfettanteil schließen.
derum ähnlich wie bei vielen an-
deren chronischen Krankheiten,
je nach sozialer Lage und Bildungs­
hintergrund. Dies könnte einer-
­
seits daran liegen, dass sich eine
geringere Bildung abträglich auf
die Er­nährungsgewohnheiten aus-
wirkt. Andererseits gehe ein einfa-
cher Bildungsabschluss oder eine
schlechtere soziale Situation häu-
fig mit ungünstigeren Wohn- und
Arbeitsverhältnissen, etwa mit
Schicht- oder Nachtarbeit und
dadurch unterbrochenen Schlaf­
zyklen einher, schildert Scheidt-

Gesundheit in der älter werdenden Gesellschaft | 11


die Adipositas heute häufiger ist die bereits beim BGS98 partizipiert
als im BGS98. hatten und damals ein zu hohes Kör-
„Besonders bei jungen Männern pergewicht aufwiesen, haben seit-

53 %
und Frauen unter 35 Jahren ist der her ihr Übergewicht reduziert oder
Anteil der Adipösen überproporti- sind sogar wieder normalgewich-
onal gewachsen“, beobachtet der tig geworden. Bekanntermaßen
RKI-Experte Gert Mensink. Dieser lassen sich dadurch selbst bereits
der über 70-Jährigen
Trend lasse sich auch in anderen bestehende Erkrankungen, etwa ein
bewerten ihre Gesundheit
Industriestaaten ausmachen und Diabetes, in einem Teil der Fälle wie-
als gut oder sehr gut.
gehe vermutlich auf kulturell ver- der rückgängig machen.
änderte Verhaltensweisen zurück. Doch noch einen weiteren Schluss
So schlage gerade im jüngeren erlaubt DEGS: Dass zahlreichen
Erwachsenenalter ein zunehmen- Menschen – ganz ungeachtet des
des Sitzen am Computer während mit dem Alter durchaus steigen-
Arbeit und Freizeit, aber auch der den Erkrankungs­risikos – sehr lan-
Konsum von Fast Food und gesüß- ge eine hohe Vitalität erhalten
ten Getränken zu Buche, argu- bleibt. So schätzt in der Gruppe
Selbsteinschätzung der Gesundheit
mentiert Mensink. Dies werde der über 70-Jährigen gut die Hälf-
Die Selbstwahrnehmung der Gesund-
dann durch Sport und körperliche te der Männer und Frauen ihren
heit lässt sich mit einer einfachen
Aktivität nicht immer wett­ Gesundheitszustand als gut oder
Frage erfassen, etwa: „Wie ist Ihr
gemacht, sodass das Erkrankungs- sehr gut ein; unter den jüngeren
Gesundheitszustand im Allgemeinen?“
risiko durch die Adipositas über Erwachsenen gilt dies sogar für
Antwortmöglichkeiten sind meist
Jahrzehnte hinweg bis ins Alter rund 90 Prozent. Man weiß, dass
„sehr gut“, „gut“, „mittelmäßig“,
besteht. solche Selbsteinschätzungen der
„schlecht“ und „sehr schlecht“.
Gesundheit zuverlässig Auskunft
Die Einschätzungen sind ein zuver-
Eine hohe Vitalität bleibt oft über das Allgemeinbefinden ge-
lässiges Maß für die tatsächliche
auch im Alter bestehen ben und sogar die Lebenserwartung
gesundheitliche Situation und sagen
Allerdings zeigen die DEGS-Ergeb- teilweise vorhersagen. Bemerkens-
teilweise die Lebenserwartung
nisse auch, dass diese Entwicklung werterweise fielen in der DEGS-
vorher (siehe auch Grafik Seite 8).
im biografischen Verlauf keines- Studie die Bewertungen in allen
wegs unumkehrbar sein muss: Altersklassen positiver aus als Ende
Manche der Studienteil­ nehmer, der Neunzigerjahre.

Laut DEGS sind heute mehr


ältere Menschen sportlich aktiv
als Ende der Neunzigerjahre.

12 | Gesundheit in der älter werdenden Gesellschaft


„Deutliche Einschränkungen
sind überraschend selten“
Viele ältere Menschen fühlen sich fit und in der Lage, ihren
Alltag zu meistern. Mit einfachen Tests lässt sich dies objektiv
messen, wie Judith Fuchs im Interview erläutert.
Dr. Judith Fuchs analysiert am Robert
Koch-Institut die DEGS-Daten zum
Frau Fuchs, ist ein gesundes Älter- durchaus neue positive Dinge ein- Funktionsniveau älterer Menschen.
werden möglich? stellen können, etwa die Tatsache,
Auf jeden Fall. Wenn man ältere dass man nicht mehr arbeiten muss Worum ging es dabei?
Menschen fragt, wie sie ihre Ge- oder Zeit für die Enkelkinder hat. Wir haben die älteren DEGS-
sundheit selbst einschätzen, dann Teilnehmer gebeten, in ihrem
antworten viele mit „gut“ oder Das ist sozusagen die subjektive normalen Tempo von einem Stuhl
„sehr gut“ – diese Selbsteinschät- Seite des Altwerdens. Wie steht aufzustehen, einige Meter zu
zung war Teil der Erhebung bei es um das reine körperliche Funkti- gehen, zurückzukommen und sich
DEGS. Auch haben wir die DEGS- onieren? wieder hinzusetzen. Die gestoppte
Teilnehmer in den Studienzentren Keineswegs schlecht. Das können Zeit, die jemand hierfür benötigt,
im Schnitt drei bis vier Stunden wir auch mit objektiven Messungen ist ein gutes Maß für die Mobilität
befragt und untersucht. Dabei hat belegen. Die DEGS-Studie bietet unter Alltagsbedingungen. Die
sich in der Tat gezeigt, dass die hierzu einzigartige Daten für ganz Resultate belegen, dass sich auch
meisten Leute auch im späteren Le- Deutschland. bei Menschen über siebzig, selbst
ben gut im Alltag zurechtkommen. wenn sie häufig nicht mehr so
Was genau haben Sie gemessen? schnell sind wie Jüngere, doch
Widerspricht dem nicht, dass viele Wir haben zum Beispiel die Greif- nur in fünf bis sechs Prozent der
ältere Personen eine oder manch- kraft bei allen Personen ab 65 Jah- Fälle eindeutige Behinderungen
mal sogar mehrere chronische ren gemessen – ein simpler, aber der Mobilität finden. Wenn man
Krankheiten haben? sehr aussagekräftiger Test. Die bedenkt, dass unter den 70- bis
Nicht jedes chronische Leiden Greifkraft ist nicht nur für viele 79-Jährigen jede zweite Frau und
muss gleich zur Gebrechlichkeit Alltagstätigkeiten wichtig, son- jeder dritte Mann Arthrose hat,
führen. Auch Menschen mit einer dern spiegelt auch die allgemeine sind deutliche Einschränkungen
chronischen Krankheit sagen oft: körperliche Fitness. Sinkt die Kraft überraschend selten.
Ich stehe mit beiden Beinen im der Hände deutlich ab, ist dies
Leben. Für diese positive Wahr- ein Indiz für einen drohenden Ver- Sind alte Menschen heute womög-
nehmung spielt natürlich auch lust der Selbstständigkeit und lich insgesamt weniger gebrechlich
eine Rolle, wie man mit Erkran­ weist sogar auf ein erhöhtes als in früheren Zeiten?
kungen oder beispielsweise dem Sterberisiko hin. Unsere Ergebnis- Für solche langfristigen Vergleiche
Nachlassen der Sehkraft oder des se zeigen nun, dass die Greif­­ - wissen wir einfach noch zu wenig
Hörvermögens im Alter umgeht. Ein kraft zwar im Laufe der Jahre über die Gesundheit im Alter.
75-Jähriger wird seine Leistungs­ geringer wird, bei einem Großteil Klar ist aber, dass höheres Alter
fähigkeit kaum mit der eines der Älteren aber immer noch in nicht automatisch den Verlust
20-Jährigen messen wollen – und einem unproblematischen Bereich der körperlichen Unabhängigkeit
das muss er auch gar nicht. Denn liegt. Auch unsere Messungen bedeutet. Man kann heute sehr
er steht in einem ganz anderen zur Mobilität deuten in diese alt werden und dabei lange selbst-
Lebenszusammenhang, in dem sich Richtung. bestimmt leben.

Gesundheit in der älter werdenden Gesellschaft | 13


Hintergrund

Erkundungsfahrt
durch Deutschland
Die DEGS-Studie zählt zu den international aussagekräftigsten
Gesundheitserhebungen – und kam in ihrer Durchführung einer
Herkulesaufgabe gleich. Drei Jahre lang tourten zwei Untersuchungs­
teams durch die Republik, nun steht ein einzigartiger Datensatz
zur gesundheitlichen Lage der Bevölkerung bereit.
Porträt eines bemerkenswerten Projekts.

Ein Herbstmorgen im Jahr 2008, urteilt Panagiotis Kamtsiuris, der


irgendwo in Deutschland: Die Ge- mit seinem Team am Robert Koch-
rätschaften stehen gerade bereit, Institut das Design von DEGS ent-
die Tischdecke am Buffet ist wickelt hat. Drei Jahre lang, von
schnell zurechtgezupft, da kommt Ende 2008 bis Ende 2011, tourten
schon der erste Untersuchungs- zwei vierköpfige Erhebungsteams
teilnehmer durch die Tür und steht durch Deutschland, um an 180 ver-
mitten im Raum. Es könnte Herr schiedenen Orten mit jeweils rund
Meier sein; oder Frau Müller. Die 40 Teilnehmenden ein umfassen-
Namen der Teilnehmenden wer- des Befragungs- und Untersuchungs-
den hinterher für Wissenschaft programm zu absolvieren.
und Öffentlichkeit unsichtbar blei- Während ähnlich aufwendige Er-
ben – ihr Engagement aber zählt. hebungen in Europa beispielsweise
Denn jeder und jede Einzelne der bereits auch in Finnland, England
über 7.000 Männer und Frauen, oder Italien durchgeführt worden
die sich an diesem und an Hunder- seien, liege ein herausragendes
ten anderen Tagen quer durchs Merkmal der DEGS-Studie in ihrer
Land, von Rostock bis Konstanz, be- langfristigen Ausrichtung, unter-
fragen, wiegen, messen und auf streicht Kamtsiuris.
Herz und Nieren prüfen lassen
werden, trägt mit detaillierten Sogar individuelle Lebens­
Auskünften und Messdaten zu verläufe lassen sich mithilfe
einem bemerkenswerten Gesamt- der DEGS-Daten untersuchen.
bild bei: einer Lagebeschreibung
der allgemeinen gesundheitlichen So liefert DEGS nicht nur einen
Situation hierzulande. Schnappschuss der gesundheit­
Die „Studie zur Gesundheit Er- lichen Lage in Deutschland, son-
wachsener in Deutschland“ (DEGS) dern wird durch eine in den nächs-
zählt zu den international aussage- ten zehn Jahren folgende zweite
kräftigsten Gesundheitserhebun- und dritte Erhebungswelle auch
gen überhaupt. „Im europäischen langfristige Trendanalysen erlau-
Vergleich gehört DEGS zu den bes- ben. Darüber hinaus lassen sich
ten Untersuchungen dieser Art“, bereits jetzt vielfältige Vergleiche

14 | Erkundungsfahrt durch Deutschland


Regionales Raster: An 180 Orten
bundes­weit absolvierten jeweils rund
40 Männer und Frauen das umfang­
reiche DEGS-Untersuchungsprogramm.
120 Stationen (blaue Punkte) waren
bereits beim Bundes-Gesundheits­
survey von 1998 einbezogen worden,
60 zufällig neu ausgewählte (grün)
kamen für die DEGS-Erhebung hinzu.

mit einer früheren Erhebung –


dem Bundes-Gesundheitssurvey aus
dem Jahr 1998 (BGS98) – anstellen.
Da fast die Hälfte der DEGS-Teil-
nehmer bereits beim BGS98 ein-
gebunden war, können dabei
sogar Veränderungen im individu­
ellen Lebensverlauf seit den Neun­
zigerjahren untersucht werden.

Logistik der Forschung: Wo nimmt


man 180 Studienzentren her?
„Freilich sind solche Gesundheits-
surveys eine Herkulesaufgabe“, aus einem Arzt oder einer Ärztin,
gesteht Kamtsiuris. Ein nur schein- einer Studienschwester, einer MTA
bar banales Problem: die Suche und einer Organisationskraft –
nach geeigneten Räumen. „Wenn an jedem Ort. Pro Erhebungstag
ich an 180 Orten jeweils 40 Men- kamen acht bis zehn Studienteil-
schen für je drei Stunden befragen nehmer zur Untersuchung, die
und untersuchen will, heißt das, meisten nüchtern, für ein kleines
dass ich 180 Mal geeignete, halb- Buffet war daher stets gesorgt.
wegs hübsche und zudem kosten- So groß die Bandbreite der Teil-
günstige Räumlichkeiten finden nehmenden – die jüngsten unter
muss“, schildert Kamtsiuris’ Kollegin ihnen 18, die ältesten 91 Jahre alt –,
Antje Gößwald, die die Feldarbeit so unterschiedlich war auch ihre
bei DEGS geleitet hat. Dement- Lebenssituation. „Mitunter kamen
sprechend befanden sich die Stu- Mütter mit Kindern, die wir wäh-
dienzentren in Gesundheitsämtern rend der Untersuchungszeit mit
wie in Rathäusern, in Schulen, betreut haben“, erzählt Gößwald,
Gemeinderäumen, Bürogebäuden „bei älteren Menschen haben wir
oder bisweilen in Kasernen. dagegen die Fragebögen manch-
Eine knappe Woche gastierte das mal auch vorgelesen.“ Die Ge­
Untersuchungsteam – bestehend spräche hätten dabei zwischen

Erkundungsfahrt durch Deutschland | 15


Hannoveraner Hochdeutsch und in eines der Untersuchungszent-
vorpommer­schem Platt, Hambur- ren, weitere rund 900 Personen
gisch und Schwäbisch changiert. beteiligten sich telefonisch und
„Ganz unmittelbar haben die Unter- per Post an der Befragung.
suchungs­
­ teams die sozialen und Durchweg wurden beispielsweise
regionalen Verschiedenheiten er- Erkrankungen und Risikofaktoren,
lebt“, sagt Gößwald. subjektive Gesundheit und Lebens-
qualität, persönliche Verhaltens-
So groß die Bandbreite der weisen und soziale Lebensverhält-
Teilnehmenden, so verschieden nisse erfasst. Bei den Männern und
war ihre Lebenssituation. Frauen, die eines der Studien­­­
zentren besuchten, maß das DEGS-
Ein Hauptwohnsitz in Deutsch- Team Blutdruck, Körpergröße und
land und ausreichende Deutsch- Gewicht und bestimmte per Ultra-
kenntnisse, nicht jedoch die deut- schall das Schild­drüsen­volumen.
sche Staatsangehörigkeit waren Bei Personen unter 65 Jahren
Voraussetzung für die Teilnahme wurde die Herz-Kreislauf-Fitness
an DEGS. Manche der Beteiligten mit einer Fahr­­rad­­ergometrie und
partizipierten aus schierem Inter- einem Laktat­­ test geprüft, bei
esse oder weil sie bereits im BGS98 älteren Menschen die körperliche
gute Erfahrungen gemacht hatten, und kognitive Funktionstüchtig-
andere schätzten die Möglichkeit keit ermittelt. Generell erfolgte
eines medizinischen Check-ups. eine Laboranalyse von Blut und
Von den insgesamt mehr als 17.000 Urin. Nicht zuletzt wurden rund
schriftlich eingeladenen Erwachse- drei Viertel der Untersuchungs­
nen – neben ehemaligen Teilneh- teilnehmer im Rahmen einer
mern des BGS98 auch eine neue eigens konzipierten Zusatzerhe-
über die Einwohnermeldeämter bung („Modulstudie“) zur psychi-
ermittelte Zufallsstich­probe – ka- schen Gesundheit standardisiert
men gut 7.200 Männer und Frauen interviewt.

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer von DEGS nach Alter


Alter Wiederholt Erstmalig
in Jahren Teilnehmende* Teilnehmende Gesamt

18-29 19 1054 1073


30-39 427 587 1014
40-49 901 638 1539
50-59 928 664 1592
60-69 867 670 1537
* Männer und Frauen, 70-79 653 580 1233
die bereits beim Bundes- 80-91 164 0 164
Gesundheitssurvey von
1998 teilgenommen hatten 18-91 3959 4193 8152

16 | Erkundungsfahrt durch Deutschland


Viele Millionen einzelne Einträge
umfasst die DEGS-Datenbank über
alle Studienteilnehmer und erho-
benen Parameter hinweg. Dabei
versteht es sich keineswegs von
selbst, dass aus einer derartigen
Datenfülle ein repräsentatives Bild
für ganz Deutschland entsteht.
Der Grund: Eine Studienstichprobe
(ob bei DEGS oder anderen Erhe-
bungen) besitzt praktisch nie genau
dieselbe Struktur wie die Bevölke-
rung insgesamt. Daher ist bei der Aussagen über die Gesamtheit der Gemessen und geprüft: Neben
Analyse der Daten stets eine sorg- Erwachsenen hierzulande geht, un- Taillenumfang, Körpergröße und
fältige statistische Nachbearbei- terstreicht Kamtsiuris. Gewicht wurden bei den DEGS-
tung notwendig. Auch für das Geschlecht, die Staats- Teilnehmern beispielsweise der
„Natürlich müssen wir unseren angehörigkeit und den Bildungs­ Blutdruck und das Schilddrüsen­
Zahlen einerseits vertrauen – sonst hintergrund der Studienteilnehmer volumen bestimmt, die Herz-
bräuchten wir einen solchen Survey sowie die Größe der Untersu- Kreislauf-Fitness ermittelt sowie
ja gar nicht zu machen“, kommen- chungsorte haben Kamtsiuris und Blut und Urin analysiert.
tiert Kamtsiuris. „Andererseits dür- sein Team sta­ tistische Gewich-
fen wir ihnen allerdings auch nicht tungsfaktoren errechnet – um auf
blind vertrauen.“ diese Weise ein möglichst wirklich-
keitsgetreues Ab­­bild, quasi ein
Vertrauen ist gut – Modell in Miniatur, von der
statistische Sorgfalt ist besser Gesundheit der Erwachsenen in
Ein simples Beispiel ist die Alters- Deutschland zu erhalten. Tatsäch-
verteilung. So haben sich an DEGS lich sind die DEGS-Daten für
genauso viele Personen zwischen Männer und Frauen von 18 bis 79
40 und 49 wie zwischen 60 und Jahren repräsentativ, für Men-
69 Jahren beteiligt. Dies ist für schen ab 80 Jahren geben sie
eine wissenschaftliche Erhebung immerhin wertvolle Hinweise zur
durchaus wünschenswert, da sich gesundheitlichen Situation.
so für verschiedene Altersgruppen Längst sei das Interesse an den
ähnlich zuverlässige Berechnun- Daten groß, ergänzt Kamtsiuris.
gen anstellen lassen. Jedoch ent- Voraussichtlich ab 2014 sollen sie
spricht die gleichmäßige Alters- für externe Wissenschaftlerinnen
verteilung nicht der Realität – in und Wissenschaftler zugänglich
Deutschland gibt es deutlich mehr werden. Kamtsiuris: „Mit den Da-
Männer und Frauen in den Vierzi- ten, die wir jetzt gesammelt haben,
gern als Menschen in den Sechzi- lässt sich viele Jahre richtung­ s­
gern. Die Daten der 40- bis 49-jäh- weisende Forschung betreiben.“
rigen DEGS-Teilnehmer müssten
deswegen statistisch stärker be-
rücksichtigt werden, wenn es um

Erkundungsfahrt durch Deutschland | 17


Was ist typisch
im Alter von 40?

Die typische Frau um die 40


bewertet ihre Gesundheit als gut oder sehr gut
fühlt sich meistens oder immer voller Energie
hat normales Körpergewicht
hat nie geraucht
trinkt moderat viel Alkohol
ist weniger als zwei Stunden pro Woche sportlich aktiv
trinkt täglich Kaffee
ist im Jahr durchschnittlich neun Tage krank
geht im Schnitt neunmal pro Jahr zu einem
niedergelassenen Arzt
hat in den letzten zwei Jahren keinen Gesundheits-Check-up
in Anspruch genommen
nimmt die Pille
lebt mit dem Ehepartner zusammen
wohnt in der eigenen Wohnung oder im eigenen Haus
lebt mit ein bis zwei Kindern im Haushalt
ist erwerbstätig
Der typische Mann um die 40
bewertet seine Gesundheit als gut oder sehr gut
fühlt sich meistens oder immer voller Energie
hat Übergewicht
raucht nicht oder nicht mehr
trinkt moderat viel Alkohol
ist weniger als zwei Stunden pro Woche sportlich aktiv
trinkt täglich Kaffee
ist im Jahr durchschnittlich sieben Tage krank
geht im Schnitt sechsmal pro Jahr zu einem
niedergelassenen Arzt
hat in den letzten zwei Jahren keinen Gesundheits-Check-up
in Anspruch genommen
benutzt beim Geschlechtsverkehr keine Kondome
lebt mit der Ehepartnerin zusammen
wohnt in der eigenen Wohnung oder im eigenen Haus
lebt mit ein bis zwei Kindern im Haushalt
ist erwerbstätig
51 %
der Männer und Frauen sind
mindestens eine Stunde
pro Woche sportlich
aktiv.
Fit bleiben
Die Männer und Frauen in Deutschland sind seit den Neunzigerjahren
quer durch alle Altersgruppen sportlich aktiver geworden. Zudem
gehen die Raucherquoten zurück. Allerdings findet sich gerade bei
jüngeren Erwachsenen häufig ein riskanter Alkoholkonsum.

Bewegung, so sagen Ärzte ihren von Sportvereinen vielseitiger und


Patienten oft, sei die beste Medizin. attraktiver geworden und gezielt
Sie ist aber auch eines der ein- auch auf Ältere zugeschnitten. Im
fachsten Mittel, von vornherein EU-Vergleich nimmt Deutschland
gesund zu bleiben. Man weiß, dass in puncto Bewegung einen der
körperliche Aktivität vielfältige vorderen Plätze ein.
positive Einflüsse beispielsweise
auf das Herz-Kreislauf-System, „Der Trend zu mehr sportlicher
den Stoff­wechsel oder die Immun- Aktivität macht sich vor allem
abwehr besitzt – und zudem die im höheren Alter bemerkbar.“
emotionale Ausgeglichenheit und
Antriebskraft fördert. Trotz der fraglos positiven Ent-
Die erfreuliche Botschaft von wicklung gebe es weiteren Verbes-
DEGS: Die Erwachsenen hierzulande serungsbedarf, ergänzt Krug. So
sind seit den Neunzigerjahren ist derzeit nur ein begrenzter Teil
sportlich durchweg aktiver gewor- der Erwachsenen – jeder vierte
den. „Der Trend macht sich vor Mann und jede sechste Frau –
allem in den höheren Altersgrup- zweieinhalb Stunden oder mehr
pen deutlich bemerkbar“, be- pro Woche körperlich mit mäßiger
schreibt Susanne Krug, die am Anstrengung aktiv. Dies gilt nach Empfohlene körperliche Aktivität
Robert Koch-Institut (RKI) mit internationalen Studien als Richt- Laut Empfehlungen der Welt­
ihrem Team die DEGS-Daten zur wert, um das Risiko chronischer gesundheitsorganisation sollten
körperlichen Aktivität analysiert. Krankheiten auf Dauer mindern sich Erwachsene zweieinhalb
So stieg im Vergleich mit dem Bun- und die Lebenserwartung steigern Stunden pro Woche (zum Beispiel
des-Gesundheitssurvey von 1998 zu können. Entscheidend sei dabei fünfmal eine halbe Stunde beim
der Anteil der 70- bis 79-jährigen nicht unbedingt, einen spezifischen raschen Zufußgehen) mit mittlerer
Männer und Frauen, die mindes- Sport zu betreiben, unterstreicht Anstrengung körperlich bewegen.
tens eine Stunde pro Woche sport- Krug. Vielmehr komme es darauf Dies senkt das Risiko bedeutender
lich aktiv sind, jeweils von unter 20 an, im Alltag regelmäßig ins chronischer Erkrankungen, darunter
auf über 40 Prozent. Schwitzen oder außer Atem zu ge- Herzleiden, Diabetes, Dickdarm-
Einerseits gehöre Sport in der heu- raten – zum Beispiel beim Fahrrad- und Brustkrebs.
tigen Gesellschaft stärker zu den fahren zur Arbeit, beim Erledigen
allgemeinen Lebensgewohnheiten von Einkäufen, bei Haus- und
dazu, erläutert Krug. Andererseits Gartenarbeiten oder beim Spielen
seien die Angebote beispielsweise mit Kindern.

Fit bleiben | 21
Der Anteil der sportlich Aktiven nimmt zu
100 % Frauen
Männer

80 %
Zuwächse
seit BGS98
60 %

40 %

20 %

Jahre
18-29 30-39 40-49 50-59 60-69 70-79

Erwachsene, die mindestens eine Studien aus so verschiedenen Län- das Alkoholtrinken. „Obwohl der
Stunde wöchentlich Sport treiben, dern wie etwa Australien, Belgien, Alkoholkonsum pro Kopf heute nicht
sind in allen Altersgruppen Deutschland oder Kolumbien haben mehr so hoch liegt wie Anfang der
zahlreicher geworden – der mittlerweile gezeigt, dass ein sol- Neunzigerjahre, zählt Deutschland
obere Teil der Säulen markiert ches wünschenswertes Aktivitäts- doch zu den Hochkonsumländern“,
jeweils den Zuwachs seit dem niveau in der Bevölkerung nicht betont Ulfert Hapke, der mit sei-
Bundes-Gesundheitssurvey nur vom Willen der Einzelnen, ner Arbeitsgruppe die Ergebnisse
von 1998 (BGS98). sondern beispielsweise auch von von DEGS zum Thema Alkohol aus-
der Gestaltung städtischer Wohn- wertet. Wie sich bei der Befragung
und Lebensumfelder abhängt. Be- zeigte, trinken eine von vier Frauen
kannt ist, dass etwa das Anlegen (26 Prozent) und zwei von fünf
von Fahrradwegen und Bolzplät- Männern (42 Prozent) riskant viel
zen die Bewegungsfreudigkeit stei- Alkohol – was langfristig mit ver-
gert. Einen Anstoß zur Bewegung mehrten Folgeerkrankungen, wie
kann auch ein sonntägliches Schlie- etwa Leberschäden oder Krebs,
Rauschtrinken
ßen städtischer Straßen für Autos und einem erhöhten Abhängig-
Als Rauschtrinken gilt der Konsum
geben, die dann zum Joggen, Ska- keitspotenzial einhergehen kann.
von mehr als sechs alkoholischen
ten oder Radfahren offen stehen.
Getränken hintereinander (zum
Sogar eine gute Straßenbeleuch- „Beim Alkoholkonsum zählt
Beispiel mehr als sechs Glas Bier
tung und ein ansprechendes Stra- Deutschland weiterhin zu den
à 0,33 Liter etwa auf einer Party).
ßenbild wirken sich nachweislich Hochkonsumländern.“
Bei mindestens einmal pro Monat
positiv aus. „Solche Ansätze sollten
vorkommendem Rauschtrinken
konsequent weiter verfolgt wer- Auch das gelegentlich exzessive
spricht man auch von Rausch­
den, um körperliche Aktivität noch Trinken („Rauschtrinken“) schlage
konsum. Er geht mit einer erhöhten
stärker im Alltag zu integrieren“, durchaus zu Buche, sagt Hapke. So
Erkrankungs- und Abhängigkeits­
plädiert Krug. konsumierten rund elf Prozent der
rate sowie einer gesteigerten
18- bis 79-jährigen Frauen und so-
Unfallgefahr einher.
Ausgeprägt trinkfreudig: Männer gar 31 Prozent der Männer mindes-
und Frauen unter 30 Jahren tens einmal im Monat mehr als
Nicht minder bedeutsam und laut sechs alkoholische Getränke bei
DEGS in vielen Fällen tatsächlich einer Gelegenheit. Unabhängig
nicht unproblematisch ist eine vom Geschlecht findet sich, so-
weitere Verhaltensangewohnheit: wohl was den Risikokonsum als

22 | Fit bleiben
48 %
der 18- bis 29-jährigen
Männer haben mindestens
einmal im Monat einen
Rausch.

auch das Rauschtrinken angeht, Eine plausible Erklärung für diese


ein überproportional hoher Ver- Entwicklung liegt neben verschie-
brauch bei jüngeren Erwachsenen denen Aufklärungskampagnen vor
zwischen 18 und 29 Jahren. Tat- allem in den gebündelten Maß-
sächlich hat jeder zweite Mann in nahmen zur Tabakpolitik in den Tabakkonsum in Deutschland
dieser Altersgruppe (48 Prozent) letzten zehn Jahren, darunter die
einmal alle vier Wochen oder öfter mehrstufige Erhöhung der Tabak-
33,7 % 26,1 %
einen Rausch. steuer, ein weitgehendes Verbot
von Tabakwerbung sowie die seit
Fast jeder dritte Erwachsene dem Jahr 2007 erlassenen Gesetze
raucht zumindest gelegentlich zum Nicht­­raucherschutz, die das 6,5 %
Ein zumindest von der Tendenz Rauchen in öffentlichen Gebäuden, Männer
deutlich positiveres Bild lässt sich Verkehrsmitteln und vielen gastro- 33,7 %
hingegen von den Rauchgewohn- nomischen Betrieben verbieten.
heiten hierzulande zeichnen. Zwar
wird auch heute in Deutschland In den jüngeren Altersgruppen 50,2 % 21,4 %
nicht wenig geraucht: Laut DEGS scheint das Image des Zigaretten­
greifen rund 24 Prozent der Er- rauchens zu schwinden. 5,6 %
wachsenen täglich, weitere sechs
Prozent zumindest gelegentlich zur Bemerkenswert ist auch, dass der
Zigarette. „Doch spätestens seit Rückgang beim Rauchen in erster Frauen
22,8 %
dem Jahr 2003 sind die Raucher- Linie Männer und Frauen im
quoten bei beiden Geschlechtern jüngeren und mittleren Erwachse-
täglich
klar rückläufig“, kommentiert nenalter unter 45 Jahren betrifft –
gelegentlich
der RKI-Experte Thomas Lampert. was nicht zuletzt mit einem
nicht mehr
Besonders deutlich sei der Anteil generell schwindenden Image des
nie
der starken Raucherinnen und Zigarettenkonsums in den jüngeren
Raucher zurückgegangen. Mit Altersgruppen zu tun haben dürfte.
Blick auf die Frauen, unter denen Setzt sich dieser Trend zukünftig
der Raucheranteil im Verlauf der fort, käme für einen wachsenden
Neunzigerjahre noch deutlich an- Anteil der Bevölkerung eines der
gestiegen war, lasse sich von einer bedeutendsten Gesundheitsrisiken
echten Trendwende sprechen. nicht mehr zum Tragen.

Fit bleiben | 23
„Die sozialen Lebensbedingungen sind mit
entscheidend für Gesundheit und Krankheit“
Bildung, Einkommen und berufliche Stellung gehören zu den wichtigsten gesundheitlichen
Einflussfaktoren. Doch auch die Wohnumgebung, soziale Beziehungen und selbst politische
Verhältnisse wirken sich auf die Gesundheit aus, wie Thomas Lampert im Gespräch unterstreicht.

Herr Lampert, laut DEGS sind Wird eine solche Dreiteilung Probleme besser geschützt, ganz
Menschen mit geringem Sozialsta- der Gesellschaft den individuellen unabhängig von seinem Verdienst.
tus beispielsweise öfter von einer Lebenswirklichkeiten gerecht? Auch können Einkommen, Berufs-
Herz-Kreislauf- oder Zuckerkrank- Das Schichtenmodell ist seit Langem prestige und Bildungsniveau durch-
heit und auch häufiger von nicht nur in der Soziologie, son- aus auseinanderfallen – ein in-
Depressionen betroffen als der dern ebenso im Alltagsdenken ver- zwischen recht häufiges, als
Schnitt. Ist Gesundheit Ergebnis ankert – und das nicht zu Unrecht. Status-Inkonsistenz bezeichnetes
der sozialen Verhältnisse? Natürlich lässt sich die konkrete Phänomen. Nehmen Sie zum
Zumindest sehen wir in vielen Berei-
chen den Einfluss des Sozialen. Das
betrifft nicht allein die Krankheits­
„Wer im Beruf Anerkennung erhält, ist
raten. Auch bei der gesundheits­ gegen manche Probleme besser geschützt.“
bezogenen Lebensqualität schnei­
den Menschen mit geringerem Lebenssituation etwa einer allein- Beispiel den Taxifahrer mit Hoch-
sozioökonomischem Status statis- erziehenden Mutter mit Universi- schulabschluss oder aber den
tisch schlechter ab. Zudem haben tätsabschluss oder eines jungen Besitzer von einer gut gehenden
sie oft weniger Möglichkeiten, um Facharbeiters mit Teilzeitjob nicht Imbissbude. Bei Untersuchungen
eingetretene Gesundheitsprobleme durch einen standardisierten Index zum Sozialstatus müssen wir
zu bewältigen. Insofern sind die beschreiben. Dennoch können daher prinzipiell alle drei Einfluss-
sozialen Lebensbedingungen tat- wir mit Einkommen, Beruf und Bil- größen in Rechnung stellen. Bemer-
sächlich mit entscheidend für dung erstaunlich viele soziale Ein- kenswert ist allerdings, dass dabei
Gesundheit und Krankheit. flüsse auf den Gesundheitszustand gerade die Bildung eine besondere
erklären. Bedeutung für viele gesundheit­
Wie ist der soziale Status – bei der liche Aspekte zu besitzen scheint.
DEGS-Studie wurde er ja bei allen Sind Menschen, die viel Geld ver-
Teilnehmerinnen und Teilnehmern dienen, generell gesünder? Wie erklärt sich das?
bestimmt – eigentlich definiert? Für sich allein spielt das Einkom- Eine höhere Bildung ist oft mit
Wir haben einen speziellen Index men nicht die Hauptrolle. Wenn einem größeren Wissen über die
entwickelt, in den das Haushalts- man zum Beispiel die psychische Ursachen von Gesundheit und
nettoeinkommen, die berufliche Gesundheit betrachtet, so besitzen Krankheit und einem stärkeren
Stellung und das Bildungsniveau der ausgeübte Beruf und das damit Beachten von Gesundheitsproble-
einfließen. Typischerweise unter- verbundene gesellschaftliche Anse- men verknüpft. Gleichzeitig geht
scheidet man anhand dieses Index hen einen vielleicht noch größeren Bildung mit einer intensiveren
zwischen niedrigem, mittlerem Effekt. Ein Richter oder Professor, Teilnahme am gesellschaftlichen
und hohem Sozialstatus, also ge- der durch seine Tätigkeit viel sozia- und kulturellen Leben einher und
wissermaßen zwischen drei ge- le Anerkennung erhält, ist allein da- eröffnet eine andere Lebenspers-
sellschaftlichen Schichten. durch gegen manche psychischen pektive. Bekannt ist, dass sich

24 | „Die sozialen Lebensbedingungen sind mit entscheidend für Gesundheit und Krankheit“
Menschen mit guter Ausbildung Rauchen aufzugeben. Wer arbeits-
den Dingen weniger schicksalhaft los ist, kann Zukunftsängsten und
ausgeliefert fühlen und eher über- psychischem Stress kaum entge-
zeugt sind, dass sie selbst etwas hen. Und wer aus finanziellen
für ihre Gesundheit tun können. Gründen in einer schlechteren Dr. Thomas Lampert ist Soziologe und
Wohngegend lebt, muss oft eine stellvertretender Leiter der Gesundheits-
berichterstattung am Robert Koch-Institut.
Führt Bildung demnach zu einem höhere Luftverschmutzung oder
gesünderen Verhalten? Lärmbelastung hinnehmen.
Was etwa das Rauchen oder starkes
Übergewicht angeht, scheint das Wirkt sich das Wohnumfeld auch kollegen liegt ein großes soziales
so zu sein. Wir wissen, dass die auf das Gesundheitsverhalten aus? Kapital, wie Soziologen sagen.
Adipositas in höheren Bildungs- Wir wissen, dass beispielsweise
schichten deutlich seltener vor- Spielplätze, Parks oder Erholungs- In diese unmittelbare Lebenssphäre
kommt, was wohl zumindest teil- gebiete nicht nur das subjektive spielen größere gesellschaftliche
weise mit einer gesünderen Gesundheitsempfinden verbessern, Zusammenhänge stets hinein. Ist
Er­nährung und häufigerer körper- sondern auch einen Anreiz schaf- Gesundheit auch ein Produkt der
licher Aktivität zusammenhängt. fen, um etwa körperlich aktiver sozialen und politischen Verhält-
Auch rauchen die gut Ausgebilde- zu werden. Hier liegt ein echtes nisse insgesamt?
ten mittlerweile weitaus weniger. Präventionspotenzial auf städte- Ja, ein gutes Beispiel dafür ist die
Allerdings gibt es Gegenbeispiele. planerischer Ebene. Angleichung der gesundheitlichen
So trinken Frauen mit hohem Sozi-
alstatus häufiger Alkohol als Frau- „Ein gutes Netz sozialer Beziehungen
en mit niedrigerem Status.
scheint ein Garant der Gesundheit zu sein.“
Zeigen diese Beispiele nicht, dass
es ganz unabhängig von der sozia- Wie wichtig ist neben solchen Situation im Osten und Westen
len Position vor allem auf ein äußeren Lebensbedingungen das Deutschlands seit der Wieder­
verantwortliches Verhalten des Netz der sozialen Beziehungen? vereinigung. Heute sehen wir in-
Einzelnen ankommt? Nach allem, was wir wissen, ist des neue gesellschaftliche Heraus-
Ganz ohne Zweifel trägt jeder es enorm wichtig. Eine gute soziale forderungen. So ist die Anbindung
Mensch für seinen Lebensstil eine Integration scheint quer durch alle an den Arbeitsmarkt für viele
Verantwortung. Jedoch entspricht Sozialschichten ein Garant der Menschen schwieriger geworden,
es eben auch der Lebenserfahrung, Gesundheit zu sein. Ein altbekann- und die Unsicherheit nimmt
dass wir in unseren Entscheidun- tes Beispiel ist, dass insbesondere auch angesichts der fortgesetzten
gen nicht immer völlig frei sind. Männer in einer stabilen Partner- Finanzkrise zu. Gute sozialstaatli-
Verhaltensweisen werden oft schon schaft länger leben. Auch verbes- che Sicherungsmecha­nismen sind
in der frühen Kindheit gelernt, und sert sich der Gesundheitszustand, hier auf jeden Fall gefragt. Denn
auch später bestimmt das soziale wenn Menschen ein vertrauens- die gesundheitliche Lage der
Umfeld mit darüber, wie gesund volles Verhältnis zu ihren Nach- Gesellschaft hängt nicht zuletzt
wir tatsächlich leben. Wer in der barn besitzen. In einem guten davon ab, mit welcher Perspektive
Gastronomie arbeitet, hat es wo- Umfeld aus Familie, Freunden, wir in die Zukunft blicken.
möglich deutlich schwerer, das Nachbarn oder auch Betriebs­

„Die sozialen Lebensbedingungen sind mit entscheidend für Gesundheit und Krankheit“ | 25
Was ist typisch Die typische Frau um die 60
bewertet ihre Gesundheit als gut oder sehr gut
im Alter von 60? fühlt sich meistens oder immer voller Energie
hat Übergewicht
hat einen moderaten Alkoholkonsum
ist weniger als zwei Stunden pro Woche sportlich aktiv
geht durchschnittlich einmal jährlich zum Frauenarzt
sucht im Schnitt zwölfmal pro Jahr einen
niedergelassenen Arzt auf
hat in den letzten zwei Jahren einen Gesundheits-
Check-up in Anspruch genommen
hat im vergangenen Jahr zumindest gelegentlich
Gelenkschmerzen gehabt
nimmt im Durchschnitt vier verschiedene Arznei-
oder Nahrungsergänzungsmittel ein
trägt Brille oder Kontaktlinsen
könnte sich bei ernsten persönlichen Problemen auf
mindestens drei nahestehende Personen verlassen
lebt mit dem Ehepartner in einem Zweipersonen-
haushalt zusammen
wohnt in der eigenen Wohnung oder im eigenen Haus
ist erwerbstätig
Der typische Mann um die 60
bewertet seine Gesundheit als gut oder sehr gut
fühlt sich meistens oder immer voller Energie
ist Exraucher
hat einen moderaten bis riskanten Alkoholkonsum
ist weniger als zwei Stunden pro Woche sportlich aktiv
geht regelmäßig zur zahnärztlichen Kontrolle
sucht durchschnittlich elfmal pro Jahr einen
niedergelassenen Arzt auf
hat in den letzten zwei Jahren einen Gesundheits-
Check-up in Anspruch genommen
hat im vergangenen Jahr zumindest gelegentlich
Gelenkschmerzen gehabt
nimmt im Schnitt drei verschiedene Arznei- oder
Nahrungsergänzungsmittel ein
trägt Brille oder Kontaktlinsen
könnte sich bei ernsten persönlichen Problemen auf
mindestens drei nahestehende Personen verlassen
lebt mit der Ehepartnerin in einem Zweipersonenhaushalt
zusammen
wohnt in der eigenen Wohnung oder im eigenen Haus
ist erwerbstätig
67 %
der 18- bis 79-Jährigen
fühlen sich meistens oder
immer glücklich.
Gesundheitliche
Lebensqualität in der
modernen Welt
Das körperliche wie psychische Wohlbefinden der Erwachsenen in
Deutschland rangiert auf hohem Niveau. Nichtsdestotrotz erfahren
viele Menschen zumindest zeitweilig im Laufe ihres Lebens die
Folgen von Stress oder seelischen Störungen.

Die Frage ist so einfach wie weit- Lebensqualität bei allen Teilnehme­
reichend: Was macht ein gutes rinnen und Teilnehmern erhoben.
und gesundes Leben aus? Und wie Das Resultat: Den Deutschen geht
zufrieden leben wir tatsächlich in es insgesamt gut. „Auch inter­
der modernen Welt? nationale Untersuchungen belegen,
Zumindest für einige Aspekte dass das körperliche und psychische
kann die Wissenschaft eine recht Allgemeinbefinden hierzulande auf Gesundheitsbezogene
konkrete Antwort geben: Leichtig- sehr hohem Niveau liegt“, sagt die Lebensqualität
keit beim Gehen zum Beispiel, Lebens­­qualitäts­forscherin Ute Ellert Die gesundheitsbezogene Lebens­
ein schmerzfreier Alltag, Energie vom Robert Koch-Institut. qualität ist ein umfassendes Maß
und Gelassenheit, funktionierende des Wohlbefindens und besitzt
Sozialkontakte – all dieses trägt Das physische Wohlbefinden war körper­liche, psychische und soziale
zu dem bei, was Fachleute als so groß wie bei den Italienern Aspekte. Dazu zählen etwa die
hohe gesundheitsbezogene Lebens­ So zeigte eine Studie aus dem Jahr Fähigkeit zur Verrichtung von
­­­qualität bezeichnen. 2004 zur gesundheitsbezogenen Alltagstätigkeiten, das Empfinden
Um sie zu messen, genügen meist Lebensqualität in acht Staaten – von Lebensenergie und die unbehin-
simple Fragen: Können Sie Ein- neben Deutschland, Dänemark, derte Ausgestaltung von sozialen
kaufstaschen tragen und Treppen Norwegen und den Niederlanden Kontakten. Die Lebensqualität wird
steigen? Wie oft fühlten Sie sich in auch Frankreich und Italien sowie oft mit einem standardisierten
den letzten vier Wochen er- Japan und den USA –, dass unter Fragebogen (SF-36-Fragebogen)
schöpft, nervös oder glücklich? Die den gesunden Erwachsenen die gemesssen, der internationale
Antworten ergeben dabei nicht Deutschen und Italiener das größte Vergleiche erlaubt.
allein ein aussagekräftiges Bild körperliche Wohlbefinden auf­
des körperlichen und psychischen weisen und bei der psychischen
Wohlbefindens, sondern lassen Lebensqualität Deutschland nach
zudem das Erkrankungsrisiko und den Niederlanden und Norwegen
die Lebenserwartung teilweise ab- an dritter Stelle rangiert.
schätzen. Auch bei der DEGS-Studie Wie die DEGS-Daten deutlich ma-
wurde die gesundheitsbezogene chen, nimmt zwar die körperliche

Gesundheitliche Lebensqualität in der modernen Welt | 29


Funktionstüchtigkeit im Laufe des Teilnehmern von 18 bis 64 Jahren
Lebens ab, das seelische Befinden wurde mit einem speziellen Stress-
bleibt aber ungefähr gleich – oder Fragebogen gemessen, ob sie sich
Der Zusammenhang von verbessert sich sogar noch. Der unter Druck fühlen – etwa weil ihnen
Stress und psychischen 79-Jährige fühlt sich unterm Strich Arbeit und private Verpflichtungen
Beeinträchtigungen emotional ähnlich gut wie sein über den Kopf wachsen, sie keine
18-jähriger Enkel. „Womöglich legen Anerkennung erhalten oder von
Chronischer Stress kann mit
ältere Menschen andere Bewer- Sorgen umgetrieben werden.
Schlafstörungen, depressiven
tungsmaßstäbe an und sind des-
Symptomen und Burn-out
halb sehr zufrieden“, vermutet Frauen unter 30 haben
einhergehen. Gering gestresste
Ellert. Zudem berge eben auch das tendenziell den stärksten Stress
Menschen berichten eher selten
jüngere Erwachsenenalter spezifi- Je nach Alter und Geschlecht be-
von diesen Belastungen, während
sche psychische Probleme. richteten fünf bis 16 Prozent der
sich bei Personen mit starkem
Interviewten von einer starken
Stress häufig eine oder sogar
Das emotionale Befinden ist im Stress­belastung im Vierteljahr vor
mehrere psychische Beeinträchti-
Alter so gut wie in der Jugend der Befragung – vermehrt betrof-
gungen finden.
– oder sogar noch besser. fen waren Frauen. „Die genauen
Gründe hierfür sind noch unklar“,
1,5 %
15,4 % Ganz unabhängig vom Alter sticht kommentiert Ulfert Hapke, der mit
0,1 % indes hervor, dass Männer im seinem Team die DEGS-Daten zur
Schnitt höhere Werte bei der ge- psychischen Gesundheit auswer-
sundheitsbezogenen Lebensquali- tet. Möglicherweise seien Frauen
tät erreichen als Frauen. Das erst durch Doppelbelastungen in Beruf
teilweise verstandene Phänomen und Familie oder auch eine geringe-
habe eventuell damit zu tun, dass re Anerkennung ihrer Arbeit ten-
Personen mit 83 %
geringem Stress
Frauen anders und sensibler als denziell stärker gestresst.
gleichaltrige Männer auf gesund- Dass gerade jüngere Erwachsene
heitliche Störungen reagierten, vergleichsweise häufig starken
30,6 % 27,5 %
sagt Ellert. Stress empfinden, dürfte hingegen
Viele weitere Einflüsse wirken sich mit ihrer oft noch unsichereren
auf die individuelle Lebensqualität Lebenssituation zusammenhängen.
3 % aus. So haben Menschen mit ho- „Bei jüngeren Menschen ist die ge-
hem sozio­öko­nomischem Status samte Persönlichkeit noch nicht
Personen mit 38,9 % oft ein beschwerdefreieres Leben. so stabil, und Stressbelastungen
starkem Stress Chronische Krankheiten dagegen werden oft drastischer erlebt und
dämpfen das körperliche, aber geschildert“, verdeutlicht Hapke.
auch seelische Befinden. Beispiels- Negativ auf Gesundheit und
Anzahl der Belastungen
weise kann eine Arthrose mit Lebensqualität indes wirkt sich
keine psychische Beeinträchtigung
ausgeprägten Gelenkschmerzen Stress vor allem dann aus, wenn er
1 Beeinträchtigung
einhergehen und die Lebensqualität nicht mehr durch Erholungs­
2 Beeinträchtigungen
dadurch beeinträchtigen. phasen ausreichend kompensiert
3 Beeinträchtigungen
Besondere Bedeutung kommt dar- wird. Bekannt ist, dass Stress mit-
über hinaus den psychischen Be- unter zu Schlafstörungen führt –
lastungen zu. Ein Beispiel dafür ist was wiederum den Stress verstärkt.
chronischer Stress. Bei allen DEGS- Tatsächlich berichten Erwachsene

30 | Gesundheitliche Lebensqualität in der modernen Welt


mit ausgeprägtem Stress oft zu- herausfordernden Helferberufen,
sätzlich von gestörtem Schlaf, de- etwa der Pflege, gemeint. Als eigen-
pressiven Symptomen oder einem ständige psychische Störung gilt
Burn-out-Syndrom. Burn-out nicht, allerdings wird der
Insbesondere das Burn-out wird Begriff von Ärzten immer häufiger
inzwischen in der Öffentlichkeit verwendet. Burn-out
breit diskutiert und dabei meist DEGS zufolge sind es vor allem Das Burn-out-Syndrom zeichnet
mit einer erhöhten Belastung in manche Erwachsene in den mitt- sich durch anhaltende Erschöpfung,
den flexibilisierten Arbeitswelten leren Jahren, bei denen bereits innere Distanz zur eigenen Arbeit
in Verbindung gebracht. Allerdings einmal ein Burn-out festgestellt und ein Gefühl der Ineffizienz und
ist nicht einfach zu sagen, in wel- wurde. Ähnlich wie beim chroni- des Versagens aus. Häufig sind
chem Maße moderne Arbeitsbe- schen Stress handelt es sich häufi- Schlaf­störungen und depressive
dingungen Beschwerden wie dem ger um Frauen als Männer. Symptome (Erschöpfungsdepression).
Burn-out wirklich Vorschub leisten. Weit bedeutender noch als das Burn-out ist zu einer populären
„Generell scheint es beim Burn- Burn-out ist indes die Depression. Bezeichnung für chronische Stress­
out weniger auf die Länge der Ar- „Depressive Erkrankungen zählen belastungen geworden, gilt nach
beitszeit per se anzukommen als zu den häufigsten seelischen Stö- der internationalen Krankheits­
auf die Stimmung am Arbeitsplatz, rungen überhaupt“, kommentiert klassifikation (ICD) aber nicht als
die Häufigkeit von Unterbrechun- Hapkes Kollege Markus Busch. eigenständige psychische Störung.
gen und das Gefühl von Autonomie Laut DEGS werde jährlich bei rund
beim Arbeiten“, hebt Hapke hervor. sechs Prozent der Erwachsenen
eine depressive Episode diagnosti-
Das Burn-out tritt vorwiegend im ziert. Unabhängig von diesen ärzt-
mittleren Lebensalter auf lich und psychotherapeutisch fest­
Ursprünglich hatten Psychologen gestellten Depressionen beklagen
mit dem „Ausgebranntsein“ vor al- um die acht Prozent der Männer
lem eine Erschöpfung und innere und Frauen aktuelle depressive Be­­
Leere bei Menschen in emotional schwerden. Sie müssen nicht einer

Starker Stress kann durch hohen


Arbeitsdruck, aber auch fehlende
Anerkennung und persönliche
Sorgen entstehen.

Gesundheitliche Lebensqualität in der modernen Welt | 31


6 %
der Erwachsenen durch­leben
im Verlauf eines Jahres eine
depressive Episode.

echten Depression entsprechen – Leistungskraft führen. In anderen


signalisieren aber eine psychische Fällen bleiben sie dagegen auf kri-
Belastung und ein erhöhtes Risiko senhafte Lebenssituationen be-
für ein seelisches Leiden. schränkt und klingen nach kürzerer
Viele internationale Studien haben Zeit wieder ab. Dementsprechend
mittlerweile belegt, dass psychi- kann auch die Lebensqualität im
Depression
sche Störungen ähnlich häufig Verlauf einer Biografie durchaus
Eine Depression im eigentlichen Sinn
sind wie bekannte körperliche Er- schwanken: Die Frage, wie gut wir
geht für mindestens zwei Wochen
krankungen. Eine Zusatzerhebung leben, muss immer wieder neu
mit verschiedenen charakteristischen
im Rahmen von DEGS, bei der rund gestellt und beantwortet werden.
Symptomen einher, etwa Nieder­
drei Viertel der Studienteilnehmer
geschlagenheit und Interessenverlust,
nach standardisierten Kriterien ge- Nicht wenige seelische Störungen
Schlaflosigkeit, Antriebsschwäche
zielt interviewt wurden, bestätigt sind vorübergehend und klingen
und Denkschwierigkeiten sowie
diesen Befund. Demnach erleidet nach kürzerer Zeit wieder ab.
Gefühle von Wertlosigkeit oder
hierzulande jeder dritte Erwachsene
Schuld. Gelegentliche negative
im Verlauf eines Jahres zumindest Mit entscheidend, um Krisensitua-
Stimmungen gelten dagegen nicht
eine seelische Störung. Der Anteil tionen zu überwinden, ist oft eine
als Depression.
liegt bei Frauen (36 Prozent) ähnlich gute Behandlung. So lassen sich
hoch wie bei Männern (31 Prozent). viele psychische Störungen mit ei-
Indes dominieren bei den Frauen ner angemessenen Therapie sowohl
Ängste und Depressionen, woge- mildern als auch verkürzen. Jedoch
gen Männer besonders oft durch ist nicht in jedem Fall klar, ob
Alkoholmissbrauch und Alkohol­ die therapeutischen Maßnahmen
abhängigkeit auffallen. rechtzeitig und ausreichend erfol-
Freilich sagen diese Zahlen noch gen. Die weitere Analyse der
nichts über Schwere und Verlauf DEGS-Daten dient daher auch
der Belastungen aus. Man weiß, dazu, potenzielle Behandlungs­
dass manche seelischen Erkran- defizite in der Bevölkerung aufzu-
kungen episodisch wiederkehren decken – um sie dann möglichst
oder sogar dauerhaft zu Einbußen gezielt beheben zu können.
der psychischen und körperlichen

32 | Gesundheitliche Lebensqualität in der modernen Welt


„Die Gesellschaft ist sensibler für
psychische Probleme geworden“
Emotionale Belastungen sind ein weit verbreitetes Phänomen –
und werden inzwischen deutlich weniger abgestritten. Eine generelle
Zunahme psychischer Leiden lässt sich jedoch nicht belegen, wie
Ulfert Hapke im Gespräch argumentiert. Dr. Ulfert Hapke koordiniert am Robert
Koch-Institut die Analyse der DEGS-Daten
zur psychischen Gesundheit.
Herr Hapke, jährlich erleidet einer Beeinträchtigung des Lebens, viele
von drei Erwachsenen in Deutsch- Belastungen werden im sozialen
land zumindest eine zeitweilige Umfeld oder der Familie aufgefan- zahlreichen Ländern einschließlich
psychische Störung. Überrascht Sie gen. Jedoch beobachten wir auch, Deutschlands seit Langem zurück –
diese hohe Rate? dass etwa bei Depressionen mit- das spricht zumindest gegen eine
Im Grunde nicht, denn in dieser unter zu lange gewartet wird, bis Zunahme schwerer Depressionen.
Zahl ist eine enorme Bandbreite eine professionelle Behandlung
von Störungen zusammengefasst. beginnt. Anfangs lassen sich leich- Dennoch haben manche das Ge-
Das können Angstzustände oder tere Störungen meist mit einer fühl, dass die modernen Lebens-
Tierphobien sein, Depressionen, kurzen und fokussierten Therapie und Arbeitsbedingungen seelisch
zwanghaftes Verhalten oder auch behandeln. Dabei ist wichtig, dass krank machen können.
riskante Trinkgewohnheiten. Die eine psychische Problematik nicht Was sicherlich stimmt, ist, dass die
Dimension der psychischen Proble- erst chronisch wird. psychische Gesundheit für das
me war aus früheren und übrigens Funktionieren in der Gesellschaft
auch aus internationalen Studien Täte also eine bessere Kriseninter- heute eine viel größere Rolle spielt
durchaus erwartbar. vention not? als früher. Depressive Menschen
Mithilfe der DEGS-Daten wollen etwa, die unter Antriebshemmung
Heißt das, an dem Bild des depres- wir solche Fragen noch genauer und Niedergeschlagenheit leiden,
siven Deutschen ist nichts dran? untersuchen, aber vermutlich liegt fallen in modernen Dienstleis-
Fraglos sind depressive Symptome hier in der Tat ein Versorgungsdefi- tungsbranchen leichter aus dem
– und psychische Störungen insge- zit. Für Menschen mit psychischen Arbeitsprozess heraus. Solche Zu-
samt – weit verbreitet. Aber die Problemen ist es nicht leicht, rasch sammenhänge könnten auch den
Deutschen tun sich dabei nicht be- zum richtigen Therapeuten zu ge- Anstieg der psychisch begründe-
sonders hervor. In Frankreich etwa langen. Das wäre beispielsweise für ten Krankschreibungen mit erklä-
liegt die Depressionsrate höher als jüngere Erwachsene sehr wichtig, ren. Doch per se macht das moder-
hierzulande. Auch im EU-Vergleich von denen wir wissen, dass sie ne Leben deshalb nicht krank. Die
sind die psychischen Störungen bei anfällig für seelische Krisen sind. heutige Gesellschaft ist sensibler
uns nicht häufiger als im Schnitt. für psychische Probleme geworden.
Nehmen die psychischen Erkran- In verschiedensten Lebens- und
Dennoch beeindruckt die schiere kungen womöglich insgesamt zu? Arbeitsbereichen sind wir heut­
Anzahl der Störungen – müsste ein Dafür haben wir bisher keine Belege. zutage bereit, psychische Beein­
großer Teil der Bevölkerung zum Auch viele andere Studien haben träch­­ti­gungen ernster zu nehmen
Therapeuten? gezeigt, dass die Häufigkeit seeli- – und als das gelten zu lassen,
Das wäre wohl weder praktikabel scher Beeinträchtigungen seit Jahr- was sie sind: ein in vielen Fällen
noch sinnvoll. Nicht jedes psychische zehnten recht konstant geblieben normales und zeitlich begrenztes,
Problem führt zu einer gravierenden ist. Zudem gehen die Suizidraten in menschliches Phänomen.

Gesundheitliche Lebensqualität in der modernen Welt | 33


Arztbesuche werden ab der Lebensmitte häufiger –
gehen im höheren Alter dann aber eher zurück

Durchschnittliche 16
Zahl der ambulanten 14
Arztkontakte pro Jahr 12 Frauen
Männer
10
8
6
4
2
0
Jahre
18-29 30-39 40-49 50-59 60-69 70-79
Die Deutschen beim Arzt
Das Gros der Männer und Frauen in Deutschland greift regelmäßig
auf ärztliche Hilfe zurück – und die Mehrheit nimmt Medikamente.
Doch auch präventive Maßnahmen wie die Krebsfrüherkennung oder
die Hepatitis-B-Impfung besitzen hierzulande eine hohe Bedeutung.

Dem einen mag er lästig, dem ande- „Ähnliches lässt sich auch für die
ren selbstverständlich erscheinen, Behandlung in Krankenhäusern be-
doch für nahezu alle ist er eine ge- obachten“, ergänzt Rattay. So wür-
wohnte Erfahrung: der Arztbesuch. den Klinikaufenthalte bei Männern
Knapp 97 Prozent der Erwachsenen und Frauen in den Fünfzigern zu-
in Deutschland greifen laut DEGS nehmend häufiger – um dann jen-
mindestens einmal im Jahr auf ärzt- seits des sechzigsten Lebensjahrs

97 %
liche oder zahnärztliche Hilfe zurück auf praktisch identischem Niveau
– in allen Altersgruppen sind Ärztin- zu verharren. Zu einer exponentiell
nen und Ärzte wichtige Kontakt­ steigenden Inanspruchnahme des
personen im alltäglichen Leben. Versorgungssystems kommt es in
der 18- bis 79-Jährigen
Prinzipiell liegt die Kontaktfrequenz der höchsten Altersgruppe jeden-
nehmen mindestens einmal
bei Frauen höher als bei Männern. falls nicht. im Jahr ärztliche Hilfe
Dies habe teilweise mit gynäkologi- Einen weiteren Befund liefert in Anspruch.
schen Arztbesuchen, aber auch mit DEGS: dass allgemeinmedizinische
einer höheren Sensibilität für Körper Praxen die wohl wichtigste ärztli-
und Gesundheit zu tun, kommen- che Anlaufstelle darstellen. Vier von
tiert Petra Rattay, die mit ihrem fünf Erwachsenen (79 Prozent)
Team am Robert Koch-Institut (RKI) werden mindestens einmal im Jahr
die DEGS-Ergebnisse zur medizini- bei einem Allgemeinarzt oder einer
schen Versorgung analysiert. Im Allgemeinärztin vorstellig. Darüber
Laufe des Lebens verwischten sich hinaus lassen sich immerhin 72 Pro-
angesichts zunehmender gesund- zent jedes Jahr auch zahnärzt­­­­lich
heitlicher Beschwerden jedoch die untersuchen. Zudem besuchen
Unterschiede zwischen den Ge- 70 Prozent aller Frauen regelmäßig
schlechtern. „Offenbar ist im Alter eine gynäkologische Praxis.
die Hürde bei Männern nicht mehr
so groß, ärztliche Hilfe in Anspruch Die Krebsfrüherkennung kennen
zu nehmen“, sagt Rattay. fast alle – die Hälfte geht auch hin
Bemerkenswert ist dabei allerdings, Gerade in der Zahnmedizin und
dass die durchschnittliche Zahl der Gynäkologie spielen routinemäßige
ambulanten Arztbesuche zwar bis Kontroll­­­­untersuchungen und Prä-
in das siebte Lebensjahrzehnt zu- ventionsangebote eine besondere
nimmt, bei den 70- bis 79-Jährigen Rolle. Ein Beispiel ist der Krebs­
aber tendenziell wieder abfällt. abstrich im Gebärmutterhals, auf

Die Deutschen beim Arzt | 35


den alle gesetzlich krankenversi- als die Hälfte (55 Prozent) der Män-
cherten Frauen ab 20 Jahren ein- ner und Frauen ab 55 Jahren, sich
mal jährlich Anspruch haben. Etwa in den zehn Jahren zuvor einer
die Hälfte von ihnen (53 Prozent) Darmspiegelung unterzogen zu
nimmt laut DEGS die Untersu- haben. Bei der Untersuchung, die
chung turnusgemäß wahr, wobei 2002 für Versicherte in dieser Alters-
die Beteiligungsquote über die Al- gruppe zur Darmkrebsfrüherken-
tersklassen hinweg recht konstant nung eingeführt wurde, können
bleibt. Erst die Frauen ab 70 Jahren Krebsvorstufen nicht nur entdeckt,

75 %
lassen den Abstrich deutlich selte- sondern oft auch entfernt werden.
ner durchführen. Nach internationalen Studien lässt
Ganz generell ist das Wissen in der sich damit ein beträchtlicher Teil
Bevölkerung über die verschiede- der bösartigen Darmtumore ver-
der Erwachsenen nehmen nen Möglichkeiten der Krebsfrüh- hindern.
Arznei- oder Nahrungs- erkennung bemerkenswert hoch.
ergänzungsmittel ein. 89 Prozent der Frauen und 76 Pro- Die Mehrheit der jungen
zent der Männer gaben bei der Erwachsenen ist mittlerweile
DEGS-Erhebung an, die Empfeh- gegen Hepatitis B geimpft.
lungen der Krankenkassen zur
Krebsvorsorge zu kennen. Und Auch auf einem anderen Feld
immerhin gut die Hälfte der an- greift mittlerweile ein bevölke-
spruchsberechtigten Erwachsenen rungsweites Präventionsprogramm:
– Frauen häufiger als Männer – bei der Impfung gegen Hepatitis B.
nimmt an den Untersuchungen So weisen laut DEGS bereits rund
auch regelmäßig teil. 60 Prozent der jüngeren Erwach-
senen unter 30 Jahren eine Immu-
Jeder Zweite ab 55 hat bereits nisierung gegen das Virus auf,
eine Darmspiegelung gehabt die Mitte der Neunzigerjahre als
„Zwar gibt es durchaus weiterhin Standard­ impfung für Säuglinge,
Aufklärungsbedarf über die unter- Kinder und Jugendliche eingeführt
schiedlichen Krebsrisiken und den worden war. „Inzwischen beob-
Zweck der Früherkennung – doch achten wir einen Rückgang der He-
insgesamt steht es um die Teilnah- patitis-B-Infektionen hierzulande“,
me nicht schlecht“, urteilt die RKI- bemerkt die Präventionsspezialistin
Expertin Anne Starker. Dies zeige Christina Poethko-Müller vom RKI.
sich etwa auch daran, dass knapp Dadurch werde auch den möglichen
zwei Drittel der Frauen ab 30 Jah- Spätfolgen der Virusinfektion, ins-
ren (62 Prozent) die vorsorglichen besondere Zirrhose und Leberkrebs,
Tastuntersuchungen der Brust in vor­gebeugt.
Anspruch nehmen. Zudem ga­ben
49 Prozent der 50- bis 69-jährigen Herz-Kreislauf-Mittel stehen beim
Frauen bei der DEGS-Befragung an, Arzneikonsum an der Spitze
dass sie sich bereits am nationalen Noch über eine weitere und be-
Mammografie-Programm betei­­­ligt sonders bedeutende Facette des
hatten. Ebenso berichtete mehr Gesundheitssystems liefert DEGS

36 | Die Deutschen beim Arzt


Der Konsum von Arznei- und Nahrungs­
ergänzungsmitteln steigt mit dem Alter an
Mittlere Zahl der 6
Frauen
in einer Woche 5
Männer
eingenommenen 4
Präparate
3
2
1
0 Jahre
18-29 30-39 40-49 50-59 60-69 70-79

umfangreiche Informationen: den Während unter den verordneten


Arzneimittelkonsum. Die Studien- Arzneien etwa die Herz-Kreis­lauf-
teilnehmer waren gebeten wor- Medikamente und Schild­drüsen­­
Polypharmazie
den, zur Untersuchung sämtliche hormone, Verhütungsmittel und
Von „Polypharmazie“ sprechen
Packungen der von ihnen in der Cholesterinsenker besonders häu-
Fachleute, wenn ein Patient fünf
Woche zuvor verwendeten Präpa- fig sind, dominieren bei den selbst
oder mehr verschiedene Arznei­-
rate mitzubringen. Das Resultat: gekauften Produkten die Nahrungs-
mittel einnimmt. Insbesondere
Drei von vier der 18- bis 79-jährigen ergänzungsmittel, Schmerz- und
bei älteren und chronisch kranken
Erwachsenen (75 Prozent) nehmen Entzün­dungshemmer sowie Hus-
Menschen ist dies nicht selten der
Arznei- oder Nahrungsergänzungs- ten- und Erkältungspräparate.
Fall. Durch die Vielzahl der Präparate
mittel ein. Die durchschnittliche Indes lasse sich gerade bei der Ver-
steigt das Risiko von unerwünschten
Zahl der Substanzen steigt dabei wendung vieler Medikamente
Wechsel- und Nebenwirkungen,
deutlich mit dem Alter an. gleichzeitig – im Fachjargon auch
weshalb eine Polypharmazie mög-
als „Polypharmazie“ bezeichnet –
lichst vermieden werden sollte.
Ein Viertel aller Medikamente das Nebenwirkungsrisiko oft nur
und Nahrungsergänzungsmittel schwer kalkulieren, hebt Knopf
wird eigenständig gekauft. hervor. Patientinnen und Patien-
ten sollten ihre Ärzte daher stets
„Nur rund drei Viertel aller Prä­ über eigenständig gekaufte Präpa-
parate sind ärztlich verordnet“, rate informieren, rät Knopf. „Am
unterstreicht Hildtraud Knopf, die allerwichtigsten freilich ist, den
am RKI die entsprechenden DEGS- Arzneimittelkonsum von vorn­her­
Daten auswertet. „Die restlichen ein auf das wirklich Nötige zu
Mittel werden selbstständig in beschränken.“
der Apotheke oder Drogerie, im In-
ternet oder Supermarkt gekauft.“

Die Deutschen beim Arzt | 37


Was ist typisch
im Alter von 75?

Die typische Frau um die 75


bewertet ihre Gesundheit als mittelmäßig oder gut
fühlt sich meistens oder immer voller Energie
ist in ihrer Alltagsmobilität im Wesentlichen uneingeschränkt
kann problemlos einen Treppenabsatz steigen
schläft durchschnittlich etwa sieben Stunden pro Nacht
hat hohen Blutdruck
hat nie geraucht
hat im vergangenen Jahr Gelenkschmerzen gehabt
nimmt im Schnitt sechs verschiedene Arznei- oder
Nahrungsergänzungsmittel ein
geht im Durchschnitt zwölfmal pro Jahr zu einem
niedergelassenen Arzt
konsumiert moderat viel Alkohol
trinkt täglich Kaffee
kommt ohne Hilfe im Haushalt aus
könnte sich bei ernsten persönlichen Problemen auf
bis zu zwei nahestehende Personen verlassen
lebt in der eigenen Wohnung oder im eigenen Haus
war früher erwerbstätig
Der typische Mann um die 75
bewertet seine Gesundheit als gut oder sehr gut
fühlt sich meistens oder immer voller Energie
ist in seiner Alltagsmobilität im Wesentlichen uneingeschränkt
kann problemlos mehrere Treppenabsätze steigen
schläft durchschnittlich etwa sieben Stunden pro Nacht
hat hohen Blutdruck
ist Exraucher
hat im vergangenen Jahr Gelenkschmerzen gehabt
nimmt im Schnitt fünf verschiedene Arznei- oder
Nahrungsergänzungsmittel ein
geht im Durchschnitt elfmal pro Jahr zu einem
niedergelassenen Arzt
konsumiert moderat viel Alkohol
trinkt täglich Kaffee
könnte sich bei ernsten persönlichen Problemen auf bis zu
zwei nahestehende Personen verlassen
lebt in der eigenen Wohnung oder im eigenen Haus
lebt mit der Ehepartnerin zusammen
Impressum

Herausgeber Robert Koch-Institut


Nordufer 20
13353 Berlin

Redaktion Susanne Jordan, Nadin Watzke,


Dr. Ulfert Hapke, Dr. Bärbel-Maria Kurth,
Dr. Cornelia Lange, Michael Lange,
Dr. Anke-Christine Saß

Wissenschaftliche Dr. Markus Busch, Dr. Ute Ellert,


Mitarbeit Dr. Judith Fuchs, Dr. Antje Gößwald,
Dr. Ulfert Hapke, Panagiotis Kamtsiuris,
Dr. Hildtraud Knopf, Dr. Susanne Krug,
Dr. Bärbel-Maria Kurth, Dr. Thomas Lampert,
Dr. Elena von der Lippe, Dr. Gert B. M. Mensink,
Dr. Christina Poethko-Müller, Petra Rattay,
Dr. Christa Scheidt-Nave, Anne Starker

Konzept, Text Explanage – Wissenskommunikation
und Gestaltung und Ausstellungen:
Dr. Martin Lindner (Texte und Interviews)
Iris Döring (Layout und Illustrationen)
Frances Franzke (Grafikdesign)

Druck Ruksaldruck, Berlin


Auflage 12.000
Kontakt degs@rki.de

Bildnachweise
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ISBN 978-3-89606-248-2
Berlin, November 2012

www.degs-studie.de
www.rki.de/degs

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