10 WIRTSCHAFT
MAI 2019
Elon Musk
braucht frisches
Geld für Tesla
E-Auto-Bauer verkauft
neue Aktien und Anleihen
D
er Elektroautobauer Tesla
braucht frisches Geld und
bringt dafür zusätzliche Aktien
und eine Anleihe an den Markt. Insge-
samt will das Unternehmen von Elon
Musk mehr als 2,7 Millionen neue An-
teilsscheine ausgeben und so gut 642
Millionen Dollar einnehmen, zusam-
men mit der Anleihe sollen sogar mehr
als zwei Milliarden Dollar in die Kassen
von Tesla gespült werden. Musk selbst
will sich an dieser sogenannten Kapital-
erhöhung beteiligen und selbst noch
einmal knapp 42.000 Aktien im Wert
von rund zehn Millionen Dollar nach-
kaufen.
VON PHILIPP VETTER
Solche Kapitalerhöhungen sind bei
Anlegern nicht gerade beliebt, weil da-
mit ihr bestehender Anteil am Unter-
nehmen verwässert wird. Dass Tesla
wohl frisches Geld benötigen würde,
hatte sich bereits vor einigen Tagen bei
der Vorlage der Bilanzzahlen für das
erste Quartal des laufenden Jahres ge-
zeigt. Der E-Autobauer war in den ers-
ten drei Monaten wieder tief in die ro-
ten Zahlen gerutscht. Mehr als 702 Mil-
lionen Dollar Verlust häufte Tesla im
ersten Quartal an, ein Jahr zuvor war es
mit 710 Millionen Dollar Verlust etwa
genauso viel gewesen. Ein echter Fort-
schritt war also auch nicht zu erkennen.
Tesla begründete die katastrophalen
Zahlen vor allem damit, dass es bei der
Auslieferung von Fahrzeugen nach Eu-
ropa und China Probleme gegeben ha-
be. Wegen des Einbruchs der Absatz-
zahlen waren Analysten schon vor der
Bilanzpräsentation von schlechten Zah-
len ausgegangen, die Erwartungen wur-
den von Musk und seinen Kollegen aber
sogar noch unterboten. Der Umsatz fiel
durch die gesunkenen Auslieferungen
ebenfalls drastisch: Von mehr als 7,2
Milliarden Dollar im letzten Quartal
2018 auf nun nur noch 4,5 Milliarden
Dollar.
Zwar sagte der Tesla-Chef bei der Bi-
lanzpräsentation, es sei für das Unter-
nehmen gut, für eine Zeit eine „sparta-
nische Diät“ zu befolgen und mit wenig
Kapital auszukommen, weil so sicherge-
stellt sei, dass effizient gearbeitet wer-
de. Bislang habe Kapitalknappheit das
Wachstum von Tesla nicht gebremst.
Ausgeschlossen hatte er eine Kapitaler-
höhung aber auch damals schon nicht.
Nun beendet Musk nur eine Woche
nach den katastrophalen Bilanzzahlen
die Diät.
Tesla werde die Erlöse aus dem Ak-
tien- und Anleihenverkauf nutzen, um
„unsere Bilanz weiter zu stärken“, au-
ßerdem werde man das Geld für „gene-
relle Unternehmenszwecke“ einsetzen,
heißt es im Prospekt für die Kapitaler-
höhung. Man habe mehrere Initiativen
für zusätzliches Wachstum gestartet.
Neben dem Model Y und dem Elektro-
laster Semi gehöre dazu auch der Aus-
bau des Supercharger-Netzwerks und
Investitionen in die Fertigung.
Versteigerung des Germania-Inventars startet
V
Bei der Auktion werden unter anderem Sitzreihen der insolventen Airline angeboten. Mitbieten kann jeder, der sich in einem Onlineportal registriert
E
in neuer Wohnzimmersessel mit
echtem Flugzeugflair? Ein Ham-
burger Auktionshaus macht es
möglich und versteigert im Internet di-
verse Gegenstände der insolventen
Fluglinie Germania. Am 3. Mai, so der
Plan, sollen die ersten drei Auktionen
starten. Das Angebot reicht von Flug-
zeugsitzen über Gabelstapler bis hin zu
iPads.
VON HELENA DOLDERER
Es erinnert an den Fall Air Berlin:
Die zweitgrößte deutsche Fluglinie
ging 2017 pleite, Anfang 2018 wurde ihr
Inventar – und damit erstmals Tausen-
de Gegenstände einer Fluggesellschaft
– versteigert. Anfang dieses Jahres traf
es nun die Airline Germania: Die bis
dato viertgrößte Fluggesellschaft
Deutschlands meldete Insolvenz an.
Nun versteigert das Hamburger Aukti-
onshaus HT Hanseatische Industrie-
Consult eine große Auswahl des Ger-
mania-Nachlasses aus den Büros,
Werkstätten und Flugzeugen.
„Die Auktionen werden etwa zwei bis
drei Wochen dauern“, sagt Holger
Haun, Geschäftsführer des Hamburger
AFP/GETTY IMAGES/ANDY WONG
Die US-Unterhändler Robert Lightizer und Steven Mnuchin sowie der chinesische Vize-Premier Liu He (von links) vor den gemeinsamen Gesprächen
D China und USA
ie Chefunterhändler Wa-
shingtons, Finanzminis-
ter Steven Mnuchin und
Handelsbeauftragter Ro-
bert Lightizer saßen im
Flieger nach Peking, als dort Präsident
Xi Jinping am Montagmorgen den ös-
terreichischen Kanzler Sebastian Kurz
empfing. Aus Delegationskreisen sicker-
te durch, dass Xi, der nie zuvor den
Stand des inzwischen einjährigen Han-
delsstreits mit den USA öffentlich kom-
mentiert hatte, guter Laune war. Als er
von Kurz zu den Chancen eines Deals
mit den USA gefragt wurde, antwortete
er jovial: „50 zu 50“. Beide Seiten hätten
ihre eigenen „roten Linien“.
VON JOHNNY ERLING
AUS PEKING
US-Unterhändler Mnuchin hatte vor
seinem Abflug in einem Interview mit
dem US-Sender Fox News, eine ähnli-
che Botschaft: „Wir hoffen, das wir in
den nächsten beiden Runden, zuerst in
China und danach in Washington, an
den Punkt gelangen, wo wir dem US-
Präsidenten empfehlen können: Wir ha-
ben den Deal. Oder, wo wir ihm sagen
müssen: Wir haben ihn nicht.“
Die Botschaft ist deutlich: Beide Sei-
ten wollen einen Deal in der nächsten
Runde. Vor seinem Rückflug am Don-
nerstag zeigte sich Mnuchin überzeugt,
dem Erfolg näher gekommen zu sein. Er
twitterte nur ein einziges Wort über die
zweitägigen Gespräche, die er und
Lightizer mit Chinas Vizepremier Liu
He bis in den 1. Mai hinein geführt hat-
ten: Sie seien „produktiv“ gewesen.
Auktionshauses. In ähnlicher Größen-
ordnung habe es in seinem Auktions-
haus zuletzt die Insolvenzversteigerung
im Fall Schlecker gegeben.
Das Angebot für Flugzeugliebhaber
ist groß: Neben Modellflugzeugen und
ganzen Flugsitzreihen können 3500
Flugzeugtrolleys sowie 40 Fahrzeuge
ersteigert werden; dazu zählen einige
Modelle von Volkswagen, etwa die
Transporter T5 und T6, Passat und
Golf, außerdem Ford Ranger und Seat
Alhambra. Für Werkzeugprofis gibt es
eine Auswahl an Gabelstaplern von
Still, Elektrohubwagen, Arbeitsbühnen,
Bohrmaschinen, Härteöfen und andere
Werkstattutensilien. Außerdem zu ha-
ben: Mobiliar für etwa 470 Arbeitsplätze
sowie Bürozubehör. So gehören 300
PCs, 700 Monitore, 160 Notebooks,
Scanner, Beamer, Flachbildfernseher,
500 Telefone, 700 iPad Mini 4 sowie
200 Handys von Apple und Samsung
zum Germania-Nachlass.
Mitbieten kann jeder, der sich im
Onlineportal des Auktionshauses re-
gistriert. Dort gibt es Kataloge mit Fo-
tos, Details und Startpreisen aller Ge-
genstände der Insolvenzversteigerung.
Die Startpreise können bei Auktions-
DIE WELT FREITAG, 3.
Strafzölle nicht abzuschaffen, sondern
sie nur auszusetzen, bis Peking seine
Reformversprechungen verwirklicht.
Klar, das sich China daran stößt. Unge-
klärt sind auch Fragen nach dem von
den USA geforderten Abbau der Sub-
ventionen für chinesische Staatsunter-
nehmen oder die Forderung der USA,
dass China seinen Status als Entwick-
lungsland aufgibt, der dem Land auf in-
ternationaler Ebene teilweise Sonder-
behandlungen garantiert.
Doch Mnuchin signalisierte schon
vor seinem Besuch in Peking, dass es
den USA bei den Verhandlungen nicht
mehr um „Alles oder Nichts“-Ergebnis
geht. Vielmehr strebe die US-Regierung
die „Feinsteuerung“ einiger weniger
Punkte im immer dicker werdenden Ge-
samtpaket des Deals an.
Kein Wunder, dass angesichts solche
Aussagen für Optimismus sorgen. Erst-
mal sieht es so aus, als ob der Handels-
krieg beendet werden könnte. Im Mo-
ment haben die beiden führenden Wirt-
schaftsmächte der Welt Strafzölle auf
die Importgüter des jeweils anderen im
Wert von zusammen 360 Milliarden US-
Dollar erhoben. Die im Chinahandel
hochdefizitäre USA, die mehr als drei-
mal soviel in China kaufen, wie die Chi-
nesen von US-Unternehmen, verhängte
dabei den Großteil der Zölle: Chinaein-
fuhren im Wert von 250 Milliarden Dol-
lar sind davon betroffen. Die Volksrepu-
blik wehrte sich mit Vergeltungszöllen
auf US-Einfuhren im Wert von 110 Milli-
arden Dollar.
Punkten konnte China bei den Ver-
handlungen, weil es innerhalb eines
Jahres sukzessive eine Reihe bisher ver-
schlossener oder nur beschränkt offe-
ner Geschäftsfelder für ausländische
Firmen öffnete, von der Chemie bis zur
Finanz- und Versicherungsbranche. Es
Zur nächsten Runde werde Unter- genehmigte Dutzende spektakuläre Pi-
händler Liu nach Washington kommen. lotprojekte für ausländische Mehrheits-
In Peking war dazu zu erfahren, dass oder Alleininvestitionen, darunter auch
der Vizepremier am 8. Mai in die USA mit deutschen Unternehmen wie BASF,
wollen eine
fahren wird und dass er diesmal von vie- BMW oder der Allianz.
len Experten begleitet wird. Beispielsweise hat Peking den Joint
Die Unterhändler redeten nicht viel, Venture-Zwang in der Autoindustrie
schrieb am Donnerstag die chinesisch- aufgehoben oder die so genannte Nega-
rasche Einigung
sprachige Regierungswebseite „Thepa- tivliste der Branchen, in die Ausländer
per.cn“. Chinas öffentliche Zurückhal- nicht investieren dürfen, zusammenge-
tung folge dem Prinzip, „mehr tun zu strichen und versprochen, sie im Juni
wollen als zu reden“. Das hingegen sei noch einmal weiter zu verkürzen. Auch
ein gutes Zeichen für pragmatische Ge- der Kampf gegen den Diebstahl geisti-
spräche. Alles, was beide Seiten an Ge- gen Eigentums führt die chinesische
meinsamkeiten erzielen konnten, hät- Im Handelsstreit scheinen beide Seiten Justiz jetzt entschiedener als zuvor. Oh-
ten sie erreicht. „Jetzt bleiben ihnen guter Dinge zu sein: Die Chancen für einen ne den Druck der USA im Handelsstreit
nur noch die harten, schwer zu schlu- hätte es diese und weitere Liberalisie-
ckenden Knochen.“ baldigen Kompromiss sind hoch, weil rungen nicht so schnell gegeben.
Chinesische Kommentatoren und Auch die USA bewegen sich offenbar.
Personen aus dem Umfeld der US-Dele- die Verhandler Zugeständnisse machen Nach Angaben der Financial Times hat
gation sind sich einig, was die verbliebe- die US-Regierung ihre Vorwürfe gegen-
nen Knackpunkte angeht: Die USA woll- über China in Cyberstreit abgemildert.
ten sich nicht mit den vielen Ankündi- Die USA werfen der Volksrepublik vor,
gungen begnügen, die ihnen Chinas mit Hilfe von Hackern gezielt Wirt-
Führer machen. Zuletzt hatte Staats- Wachsendes Defizit schaftsspionage zu betreiben. Peking
chef Xi beispielsweise am Wochenende weist diese Vorwürfe vehement zurück.
Handelsbilanzsaldo der USA in Milliarden US-Dollar
auf dem Seidenstraßen-Gipfel in Peking Doch der Teufel sitzt noch im Detail,
einen Reformkatalog für die beschleu- –749,47 –792,02 –812,73 –799,14 –862,77 etwa bei der Liberalisierung digitaler
nigte Marktliberalisierung seines Lan- –850 Märkte. Beispielsweise zwingt China
des vorgestellt. ausländische Firmen, die Daten ihrer
–800
Washington verlangt nach konkreten chinesischen Kunden nur innerhalb
Maßnahmen, um die Einhaltung solcher –750 Chinas zu speichern.Anzeichen für ei-
Reform-Versprechen auch überprüfen nen Erfolg der elften Runde wäre, wenn
zu können. Der US-Vorschlag, dass bei- –700 die Unterhändler in Washington am En-
de Staaten im jeweils anderen Land Ver- –650 de ihrer Gespräche einen Termin für ein
tretungen mit Kontrollrechten einrich- Gipfeltreffen von US-Präsident Trump
ten dürfen, stößt auf wenig Gegenliebe –600 mit seinem Amtskollegen Xi bekanntge-
2013 2014 2015 2016 2017
in Peking. China sieht darin eine Verlet- ben. Beide Präsidenten wollen sich den
Quellen: Statista, WTO
zung seiner Souveränität. Triumph nicht nehmen lassen, den Deal
Zudem wollen die USA, sobald ein selbst bekannt zu geben, auf den die
Verhandlungsergebnis erzielt ist, die Weltwirtschaft seit einem Jahr wartet.
start dann von Interessenten mit ei- auch oft bei Ebay möglich, die Gegen- „Im eröffneten Insolvenzverfahren Startpreis von 25 Euro sogar für 100 Eu-
nem bestimmten Mindestbetrag über- stände vorher anschauen: Die meisten geht es jetzt darum, das Vermögen der ro über den Tresen. Besonders hohes
boten werden. Die Höhe ist dabei ab- von ihnen lagern in Berlin – unter an- insolventen Unternehmen zu verwerten Interesse bestand an einem 1:5-Flug-
hängig vom Preis des Gegenstands – je derem auf dem BER-Flughafengelände. und am Ende an die Gläubiger zu vertei- zeugmodell einer Boeing 737: Bei
teurer der Gegenstand, desto höher Dort müssen die erworbenen Artikel len“, sagte Insolvenzverwalter Rüdiger 40.000 Interessenten bot der Käufer
muss überboten werden. Wer nichts auch von den Käufern selbst abgeholt Wienberg im April. Der Erlös geht damit am Ende satte 7800 Euro. Ebenfalls für
vom Blindkauf hält, der kann sich, wie werden. in die Insolvenzmasse ein und kommt viel Geld wurden ein Zweisitzer der
den Gläubigern zugute. Ein Verfahren Businessklasse (3066 Euro) sowie ein
dieser Größenordnung dauere erfah- Air-Berlin-Trolley (1888 Euro) verkauft.
rungsgemäß Jahre, so Wienberg. Dank der hohen Resonanz konnten
Bei der Air-Berlin-Insolvenzversteige- alle Air-Berlin-Gegenstände verkauft
rung waren schätzungsweise mehrere werden. „Air Berlin hatte für die Men-
T HANSEATISCHE INDUSTRIE-CONSULT HOLGER HAUN & TOM THOMSEN KG
Hunderttausend Euro zusammenge- schen eine enorm hohe Relevanz“, sagt
kommen. Zu den versteigerten Gegen- Bröker, „sowohl für die Menschen im
ständen zählten: Flugsitze, Kaffeebecher In- als auch im Ausland.“ Ob das Aukti-
und die berühmten roten Schokoherzen. onshaus HT bei den Germania-Verstei-
Für etwa 1500 Gegenstände gingen da- gerungen mit einer ebenso hohen Nach-
mals rund 13.000 Onlinegebote beim frage rechnen kann, lasse sich schwer
Auktionshaus Dechow ein. „Die Nachfra- beurteilen.
ge war unglaublich groß“, sagt Jan Brö- Nach mehr als 30 Jahren mit jährlich
ker vom verantwortlichen Hamburger vier Millionen Passagieren wurden An-
Auktionshaus Dechow. Der Gesamterlös fang 2019 finanzielle Engpässe bei Ger-
dürfe aus insolvenzrechtlichen Gründen mania bekannt. Bei der Airline waren
aber nicht genannt werden. zuletzt 37 Flugzeuge im Einsatz. In der
Für drei Doppelsitzer der Busi- Nacht zum 5. Februar musste sie den
nessklasse fingen die Gebote bei 150 Eu- Flugbetrieb einstellen. Am 1. April wur-
ro an; für die sechs Dreisitzer der Eco- de dann der gesamte Geschäftsbetrieb
nomyklasse lag der Startpreis bei 100 stillgelegt. Bei der Fluggesellschaft mit
Euro. Eine Air-Berlin-Handseife ging Sitz in Berlin waren rund 1700 Men-
Auch im Angebot: diese Dreier-Sitzreihe aus einer Germania-Maschine bei den Versteigerungen bei einem schen beschäftigt.
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