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Ornithologie: Drogensüchtige Papageien plündern Mohnfelder


von Daniel Lingenhöhl

Im indischen Bundesstaat Madhya Pradesh wird Schlafmohn für medizinische Zwecke angebaut.
Doch auch Papageien haben die berauschende Wirkung für sich entdeckt.

Papageien gehören zu den intelligentesten Vögeln und können empfindliche Schäden in


landwirtschaftlichen Kulturen anrichten, wenn sie in Schwärmen einfallen. Interessant wird es
allerdings, wenn diese beiden Eigenschaften mit einem Suchtverhalten zusammentreffen, wie ein
Beispiel aus Indien zeigt. Seit Jahren beklagen sich dort Landwirte im Bundesstaat Madhya Pradesh
über opiumsüchtige Halsband- (Psittacula krameri) und Pflaumenkopfsittiche (Psittacula
cyanocephala), welche die Erträge empfindlich schmälern können – vor allem wenn wie dieses Jahr
der Regen unregelmäßig fällt und ohnehin schwache Ernten drohen. Das berichtet die indische
Nachrichtenseite NDTV unter Berufung auf lokale Quellen. Die Landwirte hätten sich nun an die
Behörden gewandt, weil eigene Schutzanstrengungen erfolglos blieben.

Mittlerweile würden die Felder, auf denen Schlafmohn für medizinische Anwendungen gepflanzt
wird, Tag und Nacht bewacht. Doch davon lassen sich die Vögel ebenso wenig abschrecken wie von
laut abgespielter Musik. Die Tiere seien wohl teilweise so zugedröhnt, dass sie sich vom Lärm nicht
mehr abhalten lassen. Dabei warten sie ab, bis die Mohnkapseln so weit sind, dass die Bauern sie
für die endgültige Reifung aufschneiden. Erst ab diesem Moment fliegen die Sittiche ein. Dabei
gehen sie recht heimlich vor: Während sie sonst durch lautes Krächzen und Zwitschern auffallen,
verhalten sie sich in den Mohnfeldern sehr leise. Erst wenn sie abfliegen, machen sie sich
bemerkbar. Oft knipsen die Vögel die reifenden Kapseln am Stängel ab und fliegen dann mit ihrer
Beute in den nächsten Baum.

Jede Kapsel liefert 20 bis 25 Milligramm Opium. Doch kehren die Schwärme mitunter 30 bis 40-mal
pro Tag zurück, um daran zu fressen oder die Kapseln abzutransportieren. Die ersten
Beobachtungen wurden 2015 gemeldet, und seit damals hat sich das Problem ausgeweitet. Für die
Bauern wird das zum wirtschaftlichen Problem, manchen droht sogar der Lizenzverlust: Sie müssen
bestimmte Anbauquoten erfüllen, aber dabei kommen ihnen die berauschten Vögel in die Quere.
Laut einem Bericht der »Süddeutschen Zeitung« aus dem Jahr 2017 sollen zudem Antilopen das
Opium für sich entdeckt haben – sie wurden ebenfalls beobachtet, als sie an den reifenden Kapseln
fraßen. Selbst Nylonnetze und Zäune können die Tiere dabei nur teilweise abhalten.

Quelle: https://www.spektrum.de/news/drogensuechtige-papageien-pluendern-
mohnfelder/1627544?utm_medium=newsletter&utm_source=sdw-nl&utm_campaign=sdw-nl-
daily&utm_content=heute

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