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Liber

Der ungläubige Thoma# Michelangelo Merisi da Cara


Caravaggio

Da# erste Buch Tho


Thoma#
Thoma# Paine
4
Gesunder Menschenverstand

An die Einwohner Amerikas


über die folgenden interessanten Themen:

I. Vom Ursprung und Zweck einer Regierung im allgemeinen, mit knappen Anmer-
kungen zur englischen Verfassung.

II. Von der Monarchie und der Erbfolge.

III. Gedanken über den gegenwärtigen Zustand der amerikanischen Angelegenheiten.

IV. Von den gegenwärtigen Fähigkeiten Amerikas mit einigen verschiedenen Betrach-
tungen

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Inhaltsverzeichnis

GESUNDER MENSCHENVERSTAND 5

§ 1 Einleitung 11

§ 2 Vom Ursprung und Zweck einer Regierung im allgemeinen, mit knappen Anmerkungen zur
englischen Verfassung. 12

§ 3 Über Monarchie und Erbfolge 16

§ 4 Gedanken über den gegenwärtigen Zustand der amerikanischen Angelegenheiten. 22

§ 5 Von den gegenwärtigen Fähigkeiten Amerikas mit einigen verschiedenen Betrachtungen. 33

§ 6 Anhang 40

§ 7 An die Quäker 46

AFRIKANISCHE SKLAVEREI IN AMERIKA 51

§ 8 An die Amerikaner 53

EIN GELEGENHEITSBRIEF ÜBER DAS WEIBLICHE GESCHLECHT 57

§ 9 Frauen wurden zu allen Zeiten und an allen Orten bewundert und unterdrückt. 59

EIN ERNSTER GEDANKE 63

§ 10 Nennt es Unabhängigkeit 65

DIE KRISE NR. 1 67

§ 11 Jetzt ist die Zeit, in der sich Männer erweisen 69

DIE KRISE NR. 4 77

§ 12 Wir verteidigen eine Sache 79

EINE AUßERORDENTLICHE KRISE 83

§ 13 An Sir Guy Carleton 84

DIE LETZTE KRISE 87

§ 14 Die größte und gründlichste Revolution der Menschheitsgeschichte ist ruhmreich und glücklich
vollendet. 89

9
10
§ 1 Einleitung 10. Die Verwüstung eines Landes durch
Feuer und Schwert; die Kriegserklärung
1. Vielleicht sind die in den folgenden gegen die natürlichen Rechte aller Men-
Seiten enthaltenen Ansichten noch nicht schen; die Ausrottung ihrer Verteidiger
ausreichend modern, um die allgemeine vom Antlitz der Erde ist eine Angelegen-
Gunst zu erlangen; eine lange Gewohnheit, heit eines jeden Menschen, dem die Natur
eine Sache nicht für unrecht zu halten, gibt die Kraft des Fühlens gegeben hat.
ihr oberflächlich das Erscheinen, recht zu 11. Von dieser Art ist, ohne Rücksicht
sein und erhebt anfangs einen gewaltigen auf den Tadel der Parteien, der Verfasser.
Aufschrei zur Verteidigung der Gewohn- 12. P.S. Die Veröffentlichung dieser
heit. neuen Ausgabe wurde verzögert in der Ab-
2. Aber der Tumult beruhigt sich bald. sicht, irgendwelche Versuche widerlegen
3. Die Zeit macht mehr Konvertiten als zu können, die sich gegen die Lehre von
die Vernunft. der Unabhängigkeit wendeten. (wenn es
4. Da ein langer und gewalttätiger denn nötig sein sollte).
Machtmißbrauch gewöhnlich zur Folge hat, 13. Da aber bis jetzt keine solche Ant-
seine Berechtigung in Frage zu stellen (und wort erschienen ist, so kann nun angenom-
auch in anderen Angelegenheiten, an die men werden, daß auch keine erscheinen
man nie gedacht hätte, wären nicht die wird.
Leidtragenden zur Untersuchung gereizt 14. Die Zeit, die nötig ist, ein solches
worden) und da es der König von England Machwerk für die Öffentlichkeit fertigzu-
kraft seines eigenen Rechtes unternommen stellen, ist schon lange verflossen.
hat, das Parlament in dem zu unterstützen, 15. Zu wissen, wer der Autor dieser Pro-
was er ihre Rechte nennt und da die guten duktion ist, ist für die Öffentlichkeit völlig
Leute dieses Landes durch diese Kombina- unnütz, weil Gegenstand der Aufmerksam-
tion schlimm unterdrückt werden, so haben keit die Lehre selbst und nicht der Mann
sie ein unzweifelhaftes Recht, die Anma- ist.
ßungen beider zu untersuchen und gleich- 16. Aber es mag nicht überflüssig sein zu
erweise die rechtswidrigen Übergriffe bei- sagen, daß er keiner Partei angehört und
der zu verwerfen. unter keiner Art öffentlichen oder privaten
5. In den folgenden Seiten hat der Autor Einflusses steht außer dem Einfluß der Ver-
alle persönlichen Angriffe sorgfältig ver- nunft und der Grundsätze.
mieden.
6. Sowohl Komplimente als auch Tadel Philadelphia, den 14. Februar 1776
einzelner finden sich nicht.
7. Der Weise und der Würdige bedarf
des Triumphes eines Pamphlets nicht; und
diejenigen, deren Ansichten unklug oder
unfreundlich sind, werden sich von selbst
beruhigen, wenn man nicht zu viele An-
strengungen für ihre Bekehrung macht.
8. Die Sache Amerikas ist in großem
Maße die Sache der ganzen Menschheit.
9. Viele Dinge haben und werden sich
ereignen, die nicht lokal, sondern universal
sind und durch die die Prinzipien aller
Freunde der Menschheit berührt werden
und an deren Ausgang ihre Herzen interes-
siert sind.

11
§ 2 Vom Ursprung und Zweck einer Re- 9. Und weil die Sicherheit die wahre
gierung im allgemeinen, mit knappen Absicht und das Ziel einer Regierung ist,
Anmerkungen zur englischen Verfas- so folgt daraus unwiderleglich, daß diejeni-
sung. ge Regierungsform, die am geeignetsten
erscheint, uns diese zu garantieren, mit den
1. Einige Schriftsteller haben die Begrif- geringsten Kosten und den größten Wohlta-
fe Gesellschaft und Regierung (Staat) so ten, allen anderen vorzuziehen ist.
miteinander vermischt, daß kaum oder gar 10. Um eine klare und gerechte Vorstel-
kein Unterschied zwischen ihnen übrig- lung vom Sinn und Zweck der Regierung
blieb; dabei sind sie nicht nur verschieden, zu gewinnen, laßt uns eine kleine Anzahl
sondern haben auch einen anderen Ur- von Personen annehmen, die sich an einem
sprung. abgeschiedenen Teil der Erde niedergelas-
2. Die Gesellschaft entsteht durch unse- sen hat, ohne Verbindung zum Rest; sie
re Bedürfnisse und die Regierung durch symbolisieren die erste Bevölkerung ir-
unsere Bosheit. gendeines Landes oder der Welt.
3. Die erste fördert unser Glück positiv 11. In diesem Zustand natürlicher Frei-
durch Vereinigung unserer Gefühle, die heit wird Gesellschaft ihr erster Gedanke
letztere negativ durch Unterdrückung unse- sein.
rer Laster. 12. Tausend Beweggründe werden sie
4. Die eine ermutigt zu Geselligkeit, die dazu begeistern; die Kraft eines Menschen
andere erzeugt Verschiedenheit. ist ungleich seiner Bedürfnisse, sein
5. Die erste ist ein Schirmherr, letztere Verstand ungeeignet für dauernde Einsam-
eine Bestrafende. keit, so daß er bald gezwungen ist, Unter-
6. Gesellschaft ist in jedem Zustand ein stützung und Hilfe anderer zu suchen, die
Segen, aber die Regierung ist selbst in ih- ihrerseits die seine fordern.
rem besten Zustand nichts als ein notwen- 13. Vier oder fünf sollten vereint in der
diges Übel; in ihrem schlimmsten Zustand Lage sein, eine erträgliche Behausung in-
ist sie ein unerträgliches; denn wenn wir mitten einer Wildnis zu errichten, aber ein
durch eine Regierung leiden oder denselben Mann könnte für die Dauer eines gewöhnli-
Übeln ausgesetzt sind, die wir in einem chen Lebens arbeiten, ohne etwas zu errei-
Land ohne Regierung erwarten können, so chen; wenn er sein Bauholz gefällt hätte, so
wird unser Unglück durch die Betrachtung könnte er es nicht transportieren oder,
erhöht, daß wir die Mittel, durch die wir nachdem es wegschafft wurde, aufrichten;
leiden, selbst liefern. Hunger würde ihn unterdessen von seinem
7. Regierung ist wie die Kleidung das Werk entfernen und jedes andere Bedürfnis
Zeichen der verlorenen Unschuld; die Palä- würde ihn woanders hin rufen.
ste der Könige sind auf den Ruinen der 14. Krankheiten und Mißgeschicke wür-
Hütten des Paradieses gebaut. den ihn ruinieren; denn auch wenn beides
8. Denn würde den Impulsen des Gewis- nicht tödlich für ihn wäre, so würden sie
sens klar, einheitlich und unwiderstehlich ihn unfähig machen, seinen Lebensunterhalt
gehorcht, so bedürfte der Mensch keines zu verdienen, und ihn auf einen Zustand
anderen Gesetzgebers; da dies aber nicht reduzieren, von dem man sagen könnte: zu
der Fall ist, so hält er es für erforderlich, ruiniert um zu sterben.
einen Teil seines Besitzes aufzugeben, um 15. Deshalb würde die Notwendigkeit,
den Rest zu schützen; und dazu wird er wie eine Schwerkraft, die neu angekomme-
durch die gleiche Klugheit veranlaßt, die nen Auswanderer bald zu einer Gesellschaft
ihn in jedem anderen Fall rät, aus zwei formen, deren wechselseitigen Segnungen
Übeln das kleinere zu wählen. die Verpflichtungen des Gesetzes und der
Regierung ersetzen und überflüssig mach-

12
ten, solange sie perfekt gerecht gegenein- 22. Wächst die Kolonie weiterhin, so
ander blieben. wird es notwendig werden, die Zahl der
16. Da aber, mit Ausnahme des Him- Repräsentanten zu erhöhen.
mels, nichts vor dem Verbrechen sicher ist, 23. Und um die Interessen eines jeden
so wird es unvermeidbar geschehen, daß Teils der Kolonie zu wahren, so wird man
sie in dem Maße, in dem sie die ersten es für das Beste halten, das Ganze in be-
Schwierigkeiten der Auswanderung, die sie queme Teile zu dividieren, deren jeder sei-
in einer gemeinsamen Sache verbanden, ne angemessene Zahl entsendet.
überwinden, beginnen werden, ihre Pflicht 24. Und damit die Gewählten sich nie-
und Zuneigung zueinander zu vernachlässi- mals ein anderes Interesse als das der Wäh-
gen; und diese Lässigkeit wird die Notwen- ler bilden, wird Klugheit die Notwendigkeit
digkeit der Gründung einer Art von Regie- häufiger Wahlen aufzeigen.
rung aufzeigen, um den Mangel morali- 25. Und weil durch dieses Mittel die Ge-
scher Tugend zu kompensieren. wählten nach wenigen Monaten wieder zu
17. Irgendein bequemer Baum wird ihnen der großen Gruppe der Wähler zurückkeh-
als Parlamentsgebäude dienen, unter dessen ren und sich mit ihnen vermengen könnten,
Zweigen die ganze Kolonie sich versam- so wird ihre Treue gegenüber dem öffentli-
melte, um öffentliche Angelegenheiten zu chen Willen durch die schlaue Überlegung
beratschlagen. gesichert, daß man sich nicht selbst die
18. Es ist mehr als wahrscheinlich, daß Rute binde.
ihre ersten Gesetze bloß den Namen von 26. Und weil dieser häufige Wechsel ein
Verordnungen haben werden und daß ihre gemeinsames Interesse mit jedem Teil der
Einhaltung durch keine andere Strafe als Gemeinschaft begründen wird, so werden
öffentliche Mißachtung erzwungen würde. sie einander gegenseitig und natürlich hel-
19. In diesem ersten Parlament wird je- fen.
dermann kraft natürlichen Rechts einen Sitz 27. Hierauf, und nicht auf dem nichtssa-
haben. genden Namen eines Königs, beruht die
20. Wenn aber die Kolonie wächst, so Stärke der Regierung und das Glück der
werden die öffentlichen Angelegenheiten Regierten.
ebenso wachsen, und die Entfernungen, 28. Hier ist also der Ursprung und das
durch die die Mitglieder getrennt werden, Aufkommen der Regierung; nämlich ein
werden es für alle als zu unbequem erwei- Modus, der sich wegen der Unfähigkeit der
sen, sich bei jeder Gelegenheit wie am An- moralischen Tugend, die Welt zu regieren,
fang zu treffen, als ihre Anzahl gering war, als notwendig erweist; und hier ist auch
ihre Wohnungen nah und die öffentlichen Sinn und Zweck der Regierung, nämlich
Angelegenheiten wenig und belanglos wa- Freiheit und Sicherheit.
ren. 29. Und wie auch immer unsere Augen
21. Dies wird ihnen die Zweckmäßigkeit durch Prunk geblendet oder unsere Ohren
ihrer Einwilligung dafür aufzeigen, den durch Schall betrogen werden mögen; wie
gesetzgebenden Teil dem Management ei- auch immer Vorurteile unseren Willen ent-
ner auserlesenen Zahl, die von der ganzen stellen oder Interessen unseren Verstand
Gruppe gewählt wird, zu überlassen, von verdunkeln mögen, die einfache Stimme
der man annimmt, daß sie die gleichen der Natur wird sagen, daß es richtig ist.
Sorgen wie diejenigen haben, die sie be- 30. Ich leitete meine Vorstellung von der
stimmt haben, und daß sie in gleicher Wei- Art der Regierung von einem Naturprinzip
se wie die ganze Gruppe handeln werden, ab, das keine Kunst umstoßen kann, näm-
wenn sie anwesend wäre. lich je einfacher eine Sache ist, desto weni-
ger kann sie in Unordnung geraten; und
wenn sie in Unordnung gerät, kann sie

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leichter wiederhergestellt werden; und mit konstitutionellen Sinn nichts zur Freiheit
diesem Grundsatz vor Augen, werde ich des Staates bei.
einige Bemerkungen über die so sehr gelob- 39. Zu sagen, die Verfassung Englands
te Verfassung Englands machen. sei eine Vereinigung dreier Gewalten, die
31. Daß sie für die dunklen und sklavi- sich gegenseitig kontrollieren, ist lächer-
schen Zeiten, in denen sie errichtet wurde, lich, entweder haben die Worte keinen Sinn
edel war, wird anerkannt. oder sie enthalten platte Widersprüche.
32. Als die Welt mit Tyrannei überwu- 40. Zu sagen, das Unterhaus kontrolliere
chert war, war ihre geringste Beschränkung den König, setzt zwei Dinge voraus: Er-
eine glorreiche Rettung. stens, daß man dem König ohne Kontrolle
33. Daß sie aber unvollkommen, Erschüt- nicht trauen dürfe, oder mit anderen Wor-
terungen ausgesetzt und unfähig ist, das ten: der Durst nach absoluter Macht ist die
hervorzubringen, was sie zu versprechen natürliche Krankheit der Monarchie; zwei-
scheint, ist leicht zu beweisen. tens, daß das Unterhaus, weil zu diesem
34. Absolute Regierungen haben, obwohl Zweck ernannt, entweder weiser oder ver-
sie eine Schande für die menschliche Natur trauenswürdiger ist als die Krone.
sind, den Vorteil, daß sie einfach sind; 41. Aber da dieselbe Verfassung, die dem
wenn das Volk leidet, so kennt es den Unterhaus die Macht gibt, den König durch
Kopf, der diese Leiden auslöst, kennt auch die Verweigerung des Etats zu kontrollie-
das Gegenmittel und wird nicht verwirrt ren, hinterher dem König die Macht gibt,
durch eine Vielzahl von Ursachen und das Unterhaus zu kontrollieren, indem sie
Heilmitteln. ihn berechtigt, ihre anderen Gesetzentwürfe
35. Die englische Verfassung ist aber zu verwerfen, so nimmt sie wiederum an,
äußerst kompliziert, so daß die Nation jah- daß der König weiser sei als jene, von de-
relang leiden kann, ohne in der Lage zu nen sie bereits angenommen hat, weiser zu
sein, zu entdecken, in welchem Teil der sein als er.
Fehler liegt. 42. Eine reine Absurdität!
36. Der eine wird sagen in diesem, der 43. In der Konstruktion der Monarchie ist
andere in einem anderen und jeder politi- etwas äußerst Lächerliches; erstens schließt
sche Arzt wird eine andere Medizin ver- sie einen Mann von Informationsmitteln aus
ordnen. und dennoch ermächtigt sie ihn, in Fällen
37. Ich weiß, daß es schwierig ist, lokale zu handeln, bei denen höchste Urteilsfähig-
und seit langem bestehende Vorurteile zu keit erforderlich ist.
überwinden, aber wenn wir uns der Mühe 44. Der Status eines Königs isoliert ihn
unterziehen, die Bestandteile der englischen von der Welt, aber das Amt eines Königs
Verfassung zu untersuchen, so werden wir verlangt von ihm, sie gründlich zu kennen;
finden, daß sie Überbleibsel zweier alter und deshalb beweisen die unterschiedlichen
Tyranneien sind, vermischt mit einigen Teile, die einander unnatürlich gegenüber-
neuen republikanischen Materialien: Die stehen und zerstören, daß die ganze Ein-
Überbleibsel der monarchischen Tyrannei richtung absurd und nutzlos ist.
in der Person des Königs; die Überbleibsel 45. Einige Schriftsteller haben die engli-
der aristokratischen Tyrannei in der Person sche Verfassung so erklärt: der König, sa-
des Adels; das neue republikanische Mate- gen sie, ist das Eine, das Volk das Andere;
rial in der Person des Unterhauses, von das Oberhaus ist das Haus zum Nutzen des
dessen Tugend die Freiheit Englands ab- Königs, das Unterhaus zum Besten des
hängt. Volkes; aber dies alles hat das Aussehen
38. Die beiden ersten sind, da erblich, eines in sich geteilten Hauses; und obwohl
vom Volk unabhängig; sie tragen daher im diese Ausdrücke gefällig arrangiert sind, so

14
erscheinen sie doch, wenn man sie prüft, 54. Und obwohl wir klug genug waren,
leer und zweideutig. die Tür vor der absoluten Monarchie zu
46. Es wird immer geschehen, daß die schließen und zu verriegeln, waren wir zur
angenehmste Schöpfung von Worten immer selben Zeit so töricht, die Krone in den
nur Worte des leeren Schalls erzeugt. Besitz der Schlüssel zu bringen.
47. Wenn man sie anwendet auf die Be- 55. Das Vorurteil der Engländer für ihre
schreibung irgendeiner Sache, die entweder eigene Regierung durch König, Ober- und
nicht existieren kann oder die zu unbegreif- Unterhaus hat seinen Ursprung ebenso oder
lich ist, um im Bereich der Beschreibung mehr im Nationalstolz als in der Vernunft.
zu bleiben, so können sie doch nicht den 56. Die Individuen sind in England zwei-
Verstand informieren, selbst wenn sie das fellos sicherer als in einigen anderen Län-
Ohr erfreuen mögen. dern, aber der Wille des Königs ist ebenso
48. Diese Erklärung beinhaltet eine vor- sehr Landesgesetz in England wie in Frank-
hergehende Frage: Wie kam der König zu reich mit dem Unterschied, daß es, statt
einer Macht, der zu vertrauen das Volk direkt aus seinem Mund zu stammen, dem
sich fürchtet und sie zu kontrollieren immer Volk unter der beeindruckenden Gestalt
verpflichtet ist. einer Parlamentsakte gegeben wird.
49. Eine solche Macht kann nicht das 57. Denn das Schicksal Charles I. hat die
Geschenk eines weisen Volkes sein; noch Könige nur spitzfindiger, aber nicht gerech-
kann irgendeine Macht, die der Kontrolle ter gemacht.
bedarf, von Gott sein; und doch setzen die 58. Wenn wir deshalb allen Nationalstolz
Vorschriften der Verfassung die Existenz und alle Vorurteile für Arten und Formen
einer solchen Macht voraus. beiseite legen, dann ist es traurige Wahr-
50. Aber diese Vorkehrung ist ihrer Auf- heit, daß wir es nur der Konstitution des
gabe nicht gewachsen; ihre Mittel können Volkes und nicht der Verfassung der Re-
oder wollen ihr Ziel nicht erreichen; und gierung verdanken, daß die Krone in Eng-
die ganze Sache zerstört sich selbst. land nicht ebenso repressiv ist wie in der
51. Denn das größere Gewicht wird im- Türkei.
mer das kleinere aufheben und da alle Rä- 59. Eine Untersuchung der verfassungs-
der einer Maschine durch eines in Bewe- mäßigen Fehler in der englischen Verfas-
gung gesetzt werden, so braucht man nur sung ist gegenwärtig äußerst notwendig;
zu wissen, welche Macht in der Verfassung denn da wir nie in der Lage sein werden,
das größere Gewicht hat, denn diese wird anderen Gerechtigkeit widerfahren zu las-
regieren. sen, solange wir unter dem Einfluß irgend-
52. Und obwohl die anderen oder ein Teil einer führenden Parteilichkeit stehen, so
von ihnen blockieren oder wie man sagt die werden wir auch nicht imstande sein, uns
Geschwindigkeit der Bewegung kontrollie- selbst gerecht zu werden, solange wir
ren mögen, so werden doch ihre Bemühun- durch hartnäckige Vorurteile gefesselt blei-
gen ineffektiv sein, solange sie sie nicht ben.
stoppen können; die erste bewegende 60. Und so wie ein Mann, der mit einer
Macht wird am Ende ihren Weg gehen, und Prostituierten liiert ist, unfähig ist, eine
was ihr an Geschwindigkeit fehlt, das lie- Frau zu wählen oder zu beurteilen, so muß
fert die Zeit. jegliche Voreingenommenheit zugunsten
53. Daß die Krone in der englischen Ver- einer verrotteten Regierungsverfassung uns
fassung der herrschende Teil ist, braucht unfähig machen, eine gute zu erkennen.
nicht erwähnt zu werden und daß sie ihre
ganze Bedeutung nur dadurch erhält, daß
sie alle Stellen und Pensionen vergibt, ist
selbstverständlich.

15
§ 3 Über Monarchie und Erbfolge führt, von denen die Juden diese Sitte ko-
pierten.
1. Da die Menschen in der Ordnung der 10. Es war die erfolgreichste Erfindung
Schöpfung ursprünglich gleich waren, so des Teufels, die er jemals zur Förderung
konnte die Gleichheit nur durch nachfol- des Götzendienstes zustande brachte.
gende Umstände zerstört werden; die Un- 11. Die Heiden verliehen ihren verstor-
terscheidung in reich und arm mag dafür in benen Königen göttliche Würden, und die
großem Maße verantwortlich sein, ohne christliche Welt verbesserte diesen Plan,
daß man Zuflucht zu den harten, übelklin- indem sie dasselbe ihren Lebenden antat.
genden Namen, Unterdrückung und Geiz, 12. Wie gottlos ist der Titel einer gehei-
nehmen müßte. ligten Majestät, der auf einen Wurm ange-
2. Unterdrückung ist oft die Konse- wendet wird, der inmitten seiner Pracht zu
quenz, aber selten oder nie das Mittel zu Staub zerfällt!
Reichtum; und obwohl Geiz einen Mann 13. So wie die herausragende Stellung
vor großer Armut bewahren wird, so macht eines Menschen über allen anderen nicht
er ihn im allgemeinen zu furchtsam, um mit den gleichen Rechten der Natur verein-
wohlhabend zu sein. bart werden kann, so kann sie auch nicht
3. Aber es gibt einen anderen und grö- mit der Autorität der Heiligen Schrift ver-
ßeren Unterschied, für den keine wirklich teidigt werden; denn der Wille des All-
natürliche und religiöse Ursache erkannt mächtigen, wie ihn Gideon und Samuel
werden kann, und das ist die Unterschei- verkünden, mißbilligt ausdrücklich eine
dung der Menschen in Könige und Unterta- Regierung durch Könige.
nen. 14. Alle antimonarchischen Teile der
4. Mann und Frau sind die Unterschiede Schrift werden in monarchischen Regierun-
der Natur; gut und schlecht die Unterschei- gen glatt vertuscht, aber sie verdienen un-
de des Himmels. zweifelhaft die Aufmerksamkeit der Län-
5. Es lohnt sich aber zu untersuchen, der, die ihre Regierungen jetzt zu bilden
wie eine Menschenrasse in die Welt kam, haben.
die so über den Rest erhaben ist und sich 15. Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist,
wie eine neue Spezies unterscheidet und ob dies ist der biblische Lehrsatz, auf den sich
die Könige Mittel zum Glück oder Elend die Höfe berufen, aber dies ist keine Unter-
der Menschheit sind. stützung der monarchischen Regierung,
6. In den frühen Zeiten der Welt gab es denn die Juden waren zu jener Zeit ohne
gemäß der Chronologie der Heiligen König und zudem Vasallen der Römer.
Schrift keine Könige; konsequenterweise 16. Nun verstrichen beinahe dreitausend
gab es keine Kriege; es ist der Stolz der Jahre seit der Schöpfung (nach dem mosai-
Könige, der die Menschheit in Verwirrung schen Bericht), bevor die Juden im nationa-
brachte. len Wahn einen König forderten.
7. Ohne einen König erfreute sich Hol- 17. Bis dahin war ihre Regierungsform
land in diesem letzten Jahrhundert mehr (mit Ausnahme außerordentlicher Fälle, in
Friedens als jede andere monarchische Re- denen der Allmächtige einschritt) eine Art
gierung in Europa. Republik, die verwaltet wurde durch einen
8. Das Altertum bestätigt diese Feststel- Richter und die Ältesten der Stämme.
lung: denn das ruhige und ländliche Leben 18. Sie hatten keine Könige und es wurde
der Patriarchen hatte etwas Glückliches in für sündhaft gehalten, irgendein anderes
sich, das verschwand, wenn wir zur Ge- Wesen unter diesem Titel anzuerkennen als
schichte der jüdischen Könige kommen. den Herrn der Heerscharen.
9. Die Regierung durch Könige wurde 19. Und wenn man ernsthaft über die
zuerst von den Heiden in der Welt einge- abgöttische Huldigung nachdenkt, die den

16
Personen der Könige gegeben wird, so muß so setze uns nun einen König über uns, der
man sich nicht wundern, daß der Allmäch- uns richte, wie alle Heiden haben.“1
tige, immer eifersüchtig auf seine Ehre 29. Und hier können wir nicht umhin zu
bedacht, diese Form der Regierung mißbil- beobachten, daß ihre Motive schlecht wa-
ligen sollte, die so respektlos in die Vor- ren, daß sie nämlich wie andere Nationen,
rechte des Himmels eindringt. d.h. wie die Heiden sein möchten, wohin-
20. Die Monarchie wird in der Schrift als gegen ihr wahrer Ruhm darin lag, soviel
eine der Sünden der Juden eingestuft, wo- wie möglich anders zu sein.
für sie ein Fluch trifft. 30. „Das gefiel Samuel übel, daß sie sag-
21. Die Geschichte dieses Unternehmens ten: gib uns einen König, der uns richte;
ist der Aufmerksamkeit wert. und Samuel betete vor dem Herrn. Der
22. Als die Israeliten durch die Midiani- Herr aber sprach zu Samuel: Gehorche der
ter unterdrückt wurden, marschierte Gideon Stimme des Volkes in allem, was sie zu dir
mit einer kleinen Armee gegen sie und gesagt haben; denn sie haben nicht dich,
dank göttlicher Intervention entschied sich sondern mich verworfen, daß ich nicht Kö-
der Sieg zu seinen Gunsten. nig über sie sein soll. Sie tun, wie sie im-
23. Die Juden, ermutigt durch den Er- mer getan haben von dem Tage an, da ich
folg, den sie der Führung durch Gideon sie aus Ägypten führte, bis auf diesen Tag,
zuschrieben, wollten ihn zum König ma- und sie mich verlassen und anderen Göttern
chen und sagten: Herrsche du über uns, du gedient haben. So gehorche nun ihrer
und deine Söhne und die Söhne deiner Söh- Stimme. Doch bezeuge und verkündige
ne. ihnen das Recht des Königs, der über sie
24. Dies war eine Verführung größten herrschen wird.“
Ausmaßes; nicht nur das Königtum, son- 31. (D.h. nicht irgendeines besonderen
dern ein erbliches, aber Gideon antwortete Königs auf Erden, sondern der allgemeinen
mit der Pietät seiner Seele: ich werde nicht Art der Könige auf Erden, die Israel so
über euch herrschen, noch sollen meine eifrig forderte; und ungeachtet des großen
Söhne über euch herrschen, der Herr soll Zeitabstandes und der Unterschiede der
euch regieren. Manieren ist dieser Charakter immer noch
25. Worte können nicht eindeutiger sein. in Mode.)
26. Gideon lehnt nicht die Ehre ab, son- 32. „Und Samuel sagte alle Worte des
dern verneint ihr Recht, sie ihm zu geben; Herrn dem Volk, das von ihm einen König
er macht ihnen auch nicht Komplimente mit forderte und sprach: Das wird des Königs
erfundenen Dankeserklärungen, sondern Recht sein, der über euch herrschen wird:
klagt sie in der positiven Art eines Prophe- Eure Söhne wird er nehmen zu seinen Wa-
ten der Mißachtung ihres Souveräns, des gen und zu Reitern, und daß sie vor seinem
Himmelskönigs, an. Wagen herlaufen (diese Beschreibung
27. Einhundertunddreißig Jahre danach stimmt mit der jetzigen Art beeindrucken-
verfielen sie wieder in den gleichen Fehler. der Menschen überein) und zu Hauptleuten
28. Das Verlangen, das die Juden nach über tausend und über fünfzig und zu Ak-
den götzendienerischen Sitten der Heiden kerleuten, die ihm seinen Acker bauen, und
hatten, ist etwas äußerst Unerklärliches; zu Schnittern in seiner Ernte und daß sie
empört über die Verfehlungen der zwei seine Kriegswaffen und was zu seinen Wa-
Söhne Samuels, die mit irgendwelchen gen gehört, machen. Eure Töchter aber
weltlichen Aufgaben betraut waren, kamen wird er nehmen, daß sie Salbenbereiterin-
sie plötzlich schreiend zu Samuel und sag- nen, Köchinnen und Bäckerinnen seien.
ten: „Siehe, du bist alt geworden, und dei- (dies beschreibt sowohl den Luxus, die
ne Söhne wandeln nicht in deinen Wegen;
1
1.Sam 8,5

17
Ausgaben als auch die Unterdrückung das ganze Volk sagte zu Samuel: Erbitte
durch die Könige) Eure besten Äcker und von Gott dem Herrn für deine Diener, daß
Weinberge und Ölgärten wird er nehmen wir nicht sterben, weil wir unseren Sünden
und seinen Knechten geben. Dazu von eu- das Übel hinzugefügt haben, einen König
rer Saat und euren Weinbergen wird er den zu verlangen.“4
Zehnten nehmen und seinen Kämmerern 38. Diese Stellen der Bibel sind direkt
und Knechten geben. (Wir sehen hieran, und eindeutig.
daß Bestechung, Korruption und Vettern- 39. Sie erlauben keine zweifelhafte Aus-
wirtschaft die beständigen Verbrechen der legung.
Könige sind). Und eure Knechte und Mäg- 40. Daß der Allmächtige hier seinen Pro-
de und eure schönsten Jünglinge und eure test gegen eine monarchische Regierung
Esel wird er nehmen und seine Geschäfte erhebt ist wahr, oder die Schrift ist falsch.
damit ausrichten. Von euren Herden wird 41. Und man hat allen Grund zu glauben,
er den Zehnten nehmen und ihr müßt seine daß es in päpstlichen Ländern im Interesse
Knechte sein. Wenn ihr dann schreien wer- sowohl der Könige als auch der Priester-
det zu der Zeit über euren König, den ihr schaft ist, die Schrift der Öffentlichkeit
euch erwählt habt, so wird euch der Herr vorzuenthalten.
zu derselben Zeit nicht erhören.“2 42. Denn die Monarchie ist die Papisterei
33. Dies legt Rechenschaft ab für die der Regierung.
Fortdauer der Monarchie; die Charaktere 43. Dem Übel der Monarchie haben wir
der wenigen guten Könige, die seither ge- die der Erbfolge hinzugefügt; und so wie
lebt haben, können den Titel nicht heiligen die erste eine Degradierung und Herabwür-
noch die Sündhaftigkeit seines Ursprungs digung unserer selbst ist, so ist die zweite,
auslöschen. die den Anspruch erhebt, eine Frage des
34. Die große Lobpreisung Davids nimmt Rechts zu sein, eine Beleidigung und ein
keine Notiz von ihm als offiziellem König, Betrug der Nachkommenschaft.
sondern nur, daß er ein Mann nach Gottes 44. Denn alle Menschen sind ursprüng-
Herzen war. lich gleich, niemand darf kraft Geburt das
35. „Aber das Volk weigerte sich, der Recht haben, seiner eigenen Familie einen
Stimme Samuels zu gehorchen und sprach: dauerhaften Vorrang gegenüber allen ande-
Mitnichten, es soll ein König über uns sein, ren für immer zu geben, und obwohl er in
daß wir auch seien wie alle Heiden, daß irgendeinem annehmbaren Grad die Ehrung
uns unser König richte und vor uns her durch seine Zeitgenossen verdienen mag,
ausziehe und unsere Kriege führe.“3 so können doch seine Nachkommen viel zu
36. Samuel fuhr fort, mit ihnen zu disku- unwürdig sein, ihn zu beerben.
tieren, aber es war zwecklos; er hielt ihnen 45. Einer der stärksten natürlichen Be-
ihre Undankbarkeit vor, aber es nützte weise für die Dummheit der königlichen
nichts; und als er sah, daß sie ihre Dumm- Erbfolge ist, daß die Natur sie mißbilligt,
heit unbedingt wollten, schrie er auf: anderenfalls hätte sie nicht so häufig den
37. „Ich werde den Herrn anrufen und er Spott getrieben, der Menschheit einen Esel
soll Donner und Regen schicken (was da- statt eines Löwen zu geben.
mals zur Erntezeit eine Strafe war) damit 46. Zweitens, weil kein Mensch zunächst
ihr empfindet und seht, daß eure Bosheit, andere öffentliche Ehren besitzen kann als
die ihr im Angesicht des Herrn getan habt, solche, die ihm verliehen werden, so kön-
groß ist; und der Herr sandte Donner und nen die Geber dieser Ehren nicht die Macht
Regen an diesem Tag und das ganze Volk haben, dieses Recht ihren Nachkommen zu
fürchtete den Herrn und Samuel sehr. Und nehmen.
2
1.Sam 8,6-18
3 4
1.Sam 8,19-20 1.Sam 12,17-19

18
47. Und obwohl sie sagen dürfen: „Wir sondern war etwas Zufälliges oder Ergän-
wählen dich zu unserem Anführer“, so zendes; da aber zu jenen Zeiten nur wenige
können sie doch nicht ohne offenbare Un- oder gar keine Urkunden existierten und
gerechtigkeit gegenüber ihren Kindern sa- die traditionellen Geschichtserzählungen
gen, „daß deine Kinder und die Kinder mit Sagen vollgestopft waren, so war es
deiner Kinder über unsere für immer regie- sehr einfach, nach dem Verlauf weniger
ren sollen.“ Generationen, irgendein abergläubisches
48. Weil solch ein unkluger, ungerechter, Märchen zu erfinden, das, wie es Moham-
unnatürlicher Pakt sie bei der nächsten Erb- med machte, dem Pöbel zur passenden Zeit
folge (vielleicht) unter die Regierung eines als Erbfolgerecht in den Rachen gestopft
Gauners oder Dummkopfes bringen könnte. wurde.
49. Die Weisesten haben in ihrer privaten 55. Vielleicht brachten die Unruhen, die
Meinung das Recht der Erbfolge immer mit bei dem Ableben eines Führers und der
Geringschätzung behandelt; dennoch ist es Wahl eines neuen (denn Wahlen unter Räu-
eines dieser Übel, die, wenn sie einmal bern können nicht sehr ordentlich sein)
etabliert sind, nicht leicht beseitigt werden drohten oder zu drohen schienen, viele zu-
können. erst dazu, erbliche Anmaßungen zu begün-
50. Einige fügen sich aus Furcht, andere stigen.
aus Aberglauben und der mächtigere Teil 56. Auf diese Weise geschah und ge-
teilt sich mit dem König die Beute der üb- schieht es seither, daß das, was anfangs aus
rigen. Bequemlichkeit zugestanden wurde, später
51. So ist es, wenn wir annehmen, daß als Recht beansprucht wurde.
die gegenwärtige Königsrasse in der Welt 57. England hat seit seiner Eroberung
einen ehrenhaften Ursprung gehabt hätte; einige wenige gute Monarchen gehabt, aber
es ist dagegen mehr als wahrscheinlich, unter einer viel größeren Anzahl von
daß, könnten wir die dunkle Hülle des Al- schlechten geächzt.
tertums aufheben und die Spur zu ihrem 58. Auch kann niemand, der bei Verstand
ersten Aufkommen zurückverfolgen, wir ist, sagen, daß der Anspruch der Könige
finden würden, daß die ersten von ihnen unter Wilhelm dem Eroberer ein sehr eh-
nichts besseres gewesen sind, als die renvoller sei.
Hauptschurken einer rastlosen Straßenräu- 59. Ein französischer Bastard, der mit
berbande, deren wilde Manieren oder über- einer bewaffneten Banditenschar landet und
legene Schlauheit ihnen den Titel eines sich selbst gegen den Willen der Einheimi-
Chefs der Plünderer einbrachte. schen zum König Englands ernennt, hat
52. Durch Machtzuwachs und Ausdeh- schlicht gesagt nur einen sehr schäbigen
nung der Plünderungen haben sie die Ruhi- schurkischen Ursprung.
gen und Wehrlosen eingeschüchtert und 60. Dies hat ganz gewiß nichts Göttliches
gezwungen, ihre Sicherheit durch häufige an sich.
Steuern zu erkaufen. 61. Es ist jedoch unnötig, viel Zeit auf
53. Dennoch konnten seine Wähler nicht die Darstellung des Blödsinns des Erbfolge-
den Gedanken haben, seinen Abkömmlin- rechts zu verschwenden; wenn es welche
gen die Erbfolge einzuräumen, weil ein gibt, die so schwach sind, daran zu glau-
solcher dauerhafter Ausschluß ihrer selbst ben, so laßt sie wahllos Esel und Löwen
unvereinbar war mit den freien und unein- verehren und willkommen heißen; ich wer-
geschränkten Prinzipien, nach denen sie zu de weder ihre Demut kopieren noch ihre
leben sich bekannten. Andacht stören.
54. Und deshalb konnte die Erbfolge in 62. Doch jetzt sollte ich noch danach fra-
den frühen Zeiten der Monarchie nicht auf- gen, auf welche Weise die Könige anfangs
grund von Rechtsansprüchen stattfinden, entstanden sind.

19
63. Diese Frage erlaubt nur drei Antwor- Tatsache, der nicht widersprochen werden
ten, nämlich entweder durch Los, durch kann.
Wahl oder durch rechtswidrige Besitzer- 72. Die reine Wahrheit ist: das Alter der
greifung. englischen Monarchie verträgt nicht näher
64. Wenn der erste König durch Los be- betrachtet zu werden.
stimmt wurde, so ist dies ein Präzedenzfall 73. Aber nicht so sehr die Absurdität,
für den nächsten, der die Erbfolge aus- sondern die Übel der erblichen Thronfolge
schließt. bereiten der Menschheit Sorgen.
65. Saul wurde durch das Los bestimmt 74. Garantierte sie uns eine Rasse von
und die Nachfolge war nicht erblich; auch guten und weisen Männern, so würde sie
ist aus dem Hergang nicht zu erkennen, daß das Siegel göttlicher Autorität haben; aber
irgendeine Absicht bestand, daß dies jemals sie öffnet Tür und Tor dem Dummen, dem
geschehen sollte. Bösen und dem Unanständigen und ist ih-
66. Wenn der erste König eines Landes rem Wesen nach Unterdrückung.
durch Wahl bestimmt wurde, so begründet 75. Menschen, die denken, sie seien zum
dies ebenfalls einen Präzedenzfall für den Regieren geboren und die anderen zum
nächsten; denn zu sagen, daß das Recht Gehorchen, werden bald unverschämt; aus-
aller künftigen Generationen durch die erwählt vom Rest der Menschheit werden
Handlung der ersten Wähler, mit ihrer ihre Sinne früh vergiftet vom Gefühl der
Wahl nicht nur einen König, sondern eine Wichtigkeit; und die Welt, in der sie agie-
Königsfamilie für ewig eingesetzt zu haben, ren, unterscheidet sich so deutlich von der
weggenommen sei, dafür findet sich keine Welt im ganzen, daß sie nur selten Gele-
Entsprechung innerhalb und außerhalb der genheit haben, ihre wahren Interessen zu
Schrift außer der Lehre von der Erbsünde, erkennen.
die annimmt, daß der freie Wille aller 76. Und wenn sie die Regierung über-
Menschen in Adam verloren gegangen ist; nehmen, so sind sie häufig die Unwissend-
und aus diesem Vergleich, ein anderer ist sten und Unfähigsten von allen Bewohnern
nicht erlaubt, kann die Erbfolge keine Ehre ihres Herrschaftsgebietes.
ableiten. 77. Ein anderes Übel, das die Erbfolge
67. Denn da in Adam alle sündigten und mit sich bringt, ist, daß der Thron von
in den ersten Wählern alle Menschen ge- Minderjährigen jeden Alters eingenommen
horchten; da in dem ersten die ganze werden kann; die Regentschaft unter dem
Menschheit dem Satan und in dem anderen Deckmantel eines Königs hat jede Mög-
der Souveränität unterworfen wurde; da lichkeit und alle Veranlassung, das ihr An-
unsere Unschuld im ersten und unsere Au- vertraute zu verraten.
torität in dem letzten verloren ging; und da 78. Dasselbe nationale Unglück tritt ein,
beide uns daran hindern, einen früheren wenn ein König, durch Alter und Gebrech-
Zustand und ein früheres Privileg wieder lichkeit aufgebraucht, die letzte Stufe
zu erlangen, so folgt daraus unwiderlegbar, menschlicher Schwäche erreicht.
daß die Erbsünde und erbliche Thronfolge 79. In diesen beiden Fällen wird der Staat
einander entsprechen. Opfer eines jeden Schurken, der erfolgreich
68. Schändlicher Rang! mit den Dummheiten entweder des Alters
69. Ruhmlose Verbindung! oder der Kindheit umzugehen weiß.
70. Der scharfsinnigste Sophist kann kein 80. Das plausibelste Argument, daß je-
besseres Gleichnis erdenken! mals zugunsten der Erbfolge vorgebracht
71. Was die rechtswidrige Besitzergrei- wurde, ist, daß es die Nation vor Bürger-
fung angeht, so wird niemand kühn genug kriegen bewahrt; und wäre dies wahr, so
sein, sie zu verteidigen; und daß Wilhelm würde es gewichtig sein; es ist jedoch die
der Eroberer ein Usurpator war, ist eine

20
frechste Lüge, die jemals der Menschheit 94. Wenn wir das Geschäft eines Königs
aufgedrängt wurde. untersuchen, so werden wir finden, daß er
81. Die ganze Geschichte Englands wi- in manchen Ländern gar keines hat; nach-
derspricht dieser Tatsache. dem er sein Leben ohne Freude für sich
82. Dreißig Könige und zwei Minderjäh- selbst und ohne Vorteil für die Nation ver-
rige haben in diesem zerrissenen König- bummelt hat, zieht er sich von der Bühne
reich seit der Eroberung geherrscht; in die- zurück und überläßt es seinem Nachfolger,
ser Zeit hat es nicht weniger als acht Bür- den gleichen wertlosen Boden zu beschrei-
gerkriege und neunzehn Rebellionen (die ten.
Revolution mit einbegriffen) gegeben. 95. In absoluten Monarchien ruht das
83. Anstatt also Frieden zu bewirken, ganze Gewicht der zivilen und kriegeri-
bewirkt sie das Gegenteil und zerstört das schen Angelegenheiten auf dem König; dies
Fundament, auf dem es zu ruhen scheint. führten die Kinder Israels in ihren Gesuch
84. Der Streit um Monarchie und Erbfol- um einen König als Grund an: „daß uns
ge zwischen den Häusern von York und unser König richte, vor uns ausziehe und
Lancaster verwandelte England für viele unsere Schlachten schlage.“
Jahre in eine Blutbühne. 96. Aber in Ländern, in denen er weder
85. Zwölf Feldschlachten wurden neben Richter noch General ist, wie in England,
Scharmützeln und Belagerungen zwischen da mag man schon rätseln, was seine Auf-
Heinrich und Eduard ausgetragen. gabe sei.
86. Zweimal war Heinrich der Gefange- 97. Je mehr sich eine Regierungsform der
nen Eduards, der seinerseits Gefangener Republik nähert um so weniger Geschäfte
Heinrichs war. gibt es für einen König.
87. Und so ungewiß ist das Schicksal des 98. Es ist ein bißchen schwierig, einen
Krieges und einer Nation, wenn nur per- angemessenen Namen für die Regierung
sönliche Angelegenheiten Grund des Strei- Englands zu finden.
tes sind, daß Heinrich im Triumph aus dem 99. Sir William Meredith nennt sie eine
Gefängnis in einen Palast geführt wurde Republik.
und Eduard gezwungen war, von einem 100. Aber in ihren gegenwärtigen Zustand
Palast ins Exil zu flüchten. hat sie diesen Namen nicht verdient, weil
88. Da aber plötzliche Gesinnungswech- der korrupte Einfluß der Krone, die alle
sel selten von Dauer sind, so wurde Hein- Stellen besetzt, die Macht so effektiv ver-
rich seinerseits vom Thron vertrieben und schlungen und die Tugend des Unterhauses
Eduard zurückberufen, ihm nachzufolgen. (des republikanischen Teiles der Verfas-
89. Das Parlament folgte immer der stär- sung) so aufgefressen hat, daß die Regie-
keren Partei. rung Englands fast so monarchisch ist wie
90. Dieser Streit begann unter der Regie- die Frankreichs oder Spaniens.
rung Heinrichs VI. und erlosch nicht völ- 101. Die Menschen streiten sich über Na-
lig, bis sich beide Familien in Heinrich men ohne sie zu verstehen.
VII. vereinigten. 102. Denn es ist der republikanische und
91. Ein Zeitraum von 67 Jahren, nämlich nicht der monarchische Teil der englischen
von 1422 bis 1489. Verfassung, den die Engländer rühmen,
92. Kurz: Monarchie und Erbfolge haben nämlich die Freiheit, ein Unterhaus aus
nicht nur dieses oder jenes Königreich, ihren eigenen Reihen wählen zu können;
sondern die ganze Welt in Blut und Asche und man sieht leicht, daß Sklaverei die
gestürzt. Folge ist, wenn republikanische Tugend
93. Es ist eine Regierungsform, gegen die versagt.
das Wort Gottes zeugt und die für Blut 103. Warum ist die englische Verfassung
sorgt. widerlich?

21
104. Weil die Monarchie die Republik habe anläßlich eines Angriffs im Unterhaus
vergiftet und die Krone das Unterhaus ge- mit dem Vorwurf, seine Maßnahmen seien
fangen genommen hat. nur vorübergehender Art, geantwortet „Sie
105. In England hat der König wenig mehr werden für meine Zeit ausreichen“.
zu tun, als Krieg zu führen und Stellen zu 8. Sollte ein solch fataler und unmännli-
vergeben; was im Klartext bedeutet, die cher Gedanke die Kolonien im gegenwärti-
Nation verarmen zu lassen und gegeneinan- gen Streit ergreifen, so wird der Name der
der aufzubringen. Vorfahren von den zukünftigen Generatio-
106. Ein schönes Geschäft in der Tat für nen nur mit Abscheu erinnert werden.
einen Mann, dem man achthunderttausend 9. Die Sonne schien niemals auf eine
Pfund Sterling im Jahr bewilligt und den Sache von größerem Wert.
man ob dieses Amtes verehrt. 10. Dies ist nicht die Angelegenheit einer
107. Ein einziger rechtschaffener Mann ist Stadt, einer Region, einer Provinz oder
für die Gesellschaft und in den Augen Got- eines Königreiches, sondern eines Konti-
tes mehr wert, als all die gekrönten Schur- nents - wenigstens eines Achtels des be-
ken, die jemals gelebt haben! wohnten Erdkreises.
11. Dies ist nicht die Angelegenheit eines
§ 4 Gedanken über den gegenwärtigen Tages, eines Jahres oder eines Zeitalters;
Zustand der amerikanischen Angelegen- die Nachwelt wird praktisch in den Streit
heiten. einbezogen und durch das jetzige Vorgehen
mehr oder weniger bis zum Ende der Zei-
1. Auf den folgenden Seiten trage ich ten betroffen sein.
nichts vor als einfache Tatsachen, klare 12. Jetzt ist die Zeit der Aussaat für Ein-
Argumente und gesunden Menschenvers- tracht, Treue und Ehre des Kontinents.
tand. 13. Die geringste Spaltung jetzt wird wie
2. Ich habe mit dem Leser einleitend ein Name sein, der mit einer Nadelspitze in
nichts anderes zu vereinbaren, als daß er die zarte Rinde einer jungen Eiche geritzt
seine Vorurteile und Voreingenommenheit wird; die Wunde wird mit dem Baum
ablege und sich nur durch seine Vernunft wachsen und die Nachkommenschaft wird
und seine Gefühle leiten lasse; er möge den ihn in großen Lettern lesen.
wahren Charakter eines Mannes anlegen 14. Durch die Übertragung der Angele-
oder zumindest nicht ablegen und seine genheit von den Argumenten auf die Waf-
Ansichten großzügig über die Gegenwart fen hat eine neue Ära begonnen; es ist eine
erheben. neue Denkweise entstanden.
3. Man hat ganze Bücher über den 15. Alle Pläne, Vorschläge usw. aus der
Kampf zwischen England und Amerika Zeit vor dem 19. April 1775, dem Beginn
geschrieben. der Feindseligkeiten, sind wie Jahrbücher
4. Aus verschiedenen Gründen und mit des letzten Jahres; sie sind, obwohl damals
verschiedenen Absichten haben sich Män- richtig, jetzt überholt und nutzlos.
ner jeden Ranges in den Streit eingemischt. 16. Was immer von den Advokaten bei-
5. Aber alles ist untauglich gewesen und der Seiten zu dieser Angelegenheit damals
der Zeitraum der Debatten ist beendet. vorgebracht wurde, lief auf ein- und den-
6. Waffen entscheiden als letztes Mittel selben Punkt hinaus, nämlich eine Union
den Streit; der König hat sie gewählt und mit England; der einzige Unterschied zwi-
der Kontinent hat die Herausforderung an- schen den Parteien betraf die Methode,
genommen. durch die man sie erreichen konnte.
7. Von dem verstorbenen Mr. Pelham 17. Eine Partei schlug Gewalt, die andere
(der, obwohl ein fähiger Minister, nicht Freundschaft vor; bis jetzt ist aber die erste
ohne seine Fehler war) wird berichtet, er

22
gescheitert, die zweite hat ihren Einfluß aus den gleichen Motiven verteidigt haben,
verloren. nämlich zum Nutzen des Handels und der
18. Da über die Vorteile einer Versöh- Herrschaft.
nung viel geredet worden ist, die wie ein 28. Leider sind wir lange durch alte Vor-
angenehmer Traum vorbeiging und uns so urteile fehlgeleitet worden und haben dem
ließ, wie wir waren, so ist es nur recht, daß Aberglauben große Opfer gebracht.
wir die entgegengesetzte Seite des Argu- 29. Wir haben uns des Schutzes Großbri-
ments prüfen und einige der vielen materi- tanniens gerühmt ohne zu bedenken, daß
ellen Schädigungen untersuchen, die diese sein Motiv Eigennutz und nicht Zuneigung
Kolonien erdulden und immer erdulden war; daß es uns nicht vor unseren Feinden
werden, solange sie mit Großbritannien um unsretwillen, sondern vor seinen Fein-
verbunden und von ihm abhängig sind. den um seinetwillen geschützt hat, mit de-
19. Diese Verbindung und Abhängigkeit nen wir keinen Streit aus irgendeinem
müssen wir nach den Grundsätzen der Na- Grund hatten und die immer unsere Feinde
tur und des gesunden Menschenverstandes aus dem gleichen Anlaß sein werden.
untersuchen, um zu erkennen, worauf wir 30. Laßt Britannien seinen Anspruch auf
vertrauen können, wenn wir getrennt wer- den Kontinent aufgeben oder den Kontinent
den, und was wir zu erwarten haben, wenn die Abhängigkeit abschütteln, und wir wer-
wir abhängig bleiben. den in Frieden mit Frankreich und Spanien
20. Ich habe gehört, daß einige behauptet leben, wenn sie Krieg mit Britannien füh-
haben, Amerika habe unter seiner früheren ren.
Verbindung mit Großbritannien geblüht. 31. Das Elend, daß Hannover im letzten
21. Daher sei die gleiche Verbindung für Krieg ausstand, sollte uns vor Verbindun-
sein zukünftiges Glück notwendig und wer- gen warnen.
de immer den gleichen Effekt haben. 32. Es ist kürzlich im Parlament behaup-
22. Nichts kann irreführender sein als so tet worden, daß die Kolonien keine anderen
ein Argument. Beziehungen zueinander hätten als über ihr
23. Wir könnten ebensogut behaupten, Mutterland, d.h. Pennsylvania und Jersey
daß, weil ein Kind mit Milch gedeihen und so die übrigen wären Schwesterkoloni-
konnte, es niemals Fleisch brauchte oder en durch England; dies ist sicherlich ein
daß die ersten zwanzig Jahre unseres Le- sehr weiter Umweg, Beziehungen zu erwei-
bens die nächsten zwanzig Jahre bestimmen sen, aber es ist der nächste und einzig wah-
müßten. re Weg, Feindschaft zu beweisen, wenn ich
24. Aber auch dies heißt mehr zugeben es so nennen darf.
als wahr ist, denn ich antworte geradeher- 33. Frankreich und Spanien waren nie-
aus: Amerika hätte ebenso viel und wahr- mals noch werden sie vielleicht jemals un-
scheinlich noch viel mehr geblüht, wenn sere Feinde sein, sofern wir Amerikaner
keine europäische Macht irgend etwas mit und nicht Untertanen Britanniens sind.
ihm zu tun gehabt hätte. 34. Aber Britannien ist das Mutterland,
25. Der Handel, durch den es reich ge- sagen einige.
worden ist, entspricht den Lebensbedürf- 35. Um so schändlicher ist dann sein
nissen und wird immer einen Markt finden, Betragen.
solange das Essen in Europa Sitte ist. 36. Selbst das Vieh verschlingt seine Jun-
26. Aber England hat uns beschützt, sa- gen nicht, noch führen Wilde Krieg unter-
gen einige. einander in ihren Familien.
27. Daß es uns beanspruchte, ist wahr; 37. Deshalb wird diese Behauptung,
und daß es den Kontinent auf unsere wie wenn sie wahr ist, zu einem Vorwurf.
auf seine eigenen Kosten verteidigte, ist 38. Aber sie ist nicht wahr, oder nur zum
zugegeben; aber es würde auch die Türkei Teil.

23
39. Der Ausdruck Mutterland ist auf je- treffen, so würde sich ihre lokale Erinne-
suitische Weise vom König und seinen Pa- rung vergrößern in Engländer.
rasiten adoptiert worden, um in niedriger 47. Und in genau gleichem Sinn sind alle
papistischer Absicht einen unfairen Einfluß Europäer, die sich in Amerika oder einem
auf die leichtgläubige Schwäche unseres anderen Teil der Erde treffen, Landsleute;
Verstandes zu gewinnen. denn England, Holland, Deutschland oder
40. Europa und nicht England ist das Schweden stehen - wenn man sie mit dem
Mutterland Amerikas. Ganzen vergleicht - auf derselben Sprosse
41. Diese Neue Welt ist ein Zufluchtsort einer größeren Stufenleiter, auf der die
für die verfolgten Liebhaber der bürgerli- Einteilungen in Straße, Stadt und Land auf
chen und religiösen Freiheit aus jedem Teil der kleineren stehen; Unterscheidungen,
Europas geworden. die für kontinentale Gemüter zu beschränkt
42. Hierher sind sie geflohen, nicht aus sind.
den zarten Umarmungen einer Mutter, son- 48. Nicht ein Drittel der Einwohner,
dern aus den Klauen von Ungeheuern. selbst dieser Provinz, ist englischer Ab-
43. Und es ist im Hinblick auf England stammung.
wahr, daß die gleiche Tyrannei, die die 49. Ich verwerfe daher den Ausdruck
ersten Emigranten von zu Hause vertrieb, Mutterland für England ganz, weil er
ihre Nachkommen immer noch verfolgt. falsch, selbstsüchtig, engherzig und klein-
44. In diesem ausgedehnten Teil der Erd- lich ist.
kugel vergessen wir die engen Grenzen von 50. Aber nehmen wir an, wir alle wären
dreihundertundsechzig Meilen, den Umfang englischer Abkunft: was folgte daraus?
Englands, und messen unsere Freundschaft Nichts.
mit einem größeren Maßstab; wir erheben 51. Da Britannien nun unser erklärter
Anspruch auf Brüderschaft mit jedem euro- Feind geworden ist, löscht es selbst jeden
päischen Christen und triumphieren über anderen Namen oder Titel aus: und es ist
die Großartigkeit dieser Ansicht. lächerlich zu sagen, daß Versöhnung unse-
45. Es ist nett zu beobachten, mit welch re Pflicht sei.
regelmäßiger Stufenfolge wir die Kraft der 52. Der erste König Englands der gegen-
lokalen Vorurteile überwinden, wenn unse- wärtigen Linie (Wilhelm der Eroberer) war
re Bekanntschaft mit der Welt zunimmt. ein Franzose und die Hälfte der Adeligen
46. Ein Mann, der in irgendeiner engli- Englands stammt aus demselben Land ab;
schen Stadt geboren wurde, die in Gemein- deshalb müßte, bei analoger Argumentati-
den aufgeteilt ist, wird natürlicher Weise on, England durch Frankreich regiert wer-
am meisten mit seinen Gemeindemitglie- den.
dern verbunden sein, (weil ihre Interessen 53. Es ist viel von der vereinten Stärke
in vielen Fällen gleich sind) und sie mit Britanniens und der Kolonien geredet wor-
dem Namen Nachbar unterscheiden; wenn den, daß sie vereint der ganzen Welt Trotz
er sie aber ein paar Meilen von Zuhause bieten möchten.
entfernt trifft, so läßt er die enge Vorstel- 54. Aber dies ist eine bloße Vermutung;
lung von einer Straße fallen und grüßt sie das Schicksal des Krieges ist ungewiß;
mit dem Namen Stadtbürger (townsman); noch bedeuten diese Ausdrücke irgend et-
wenn er aus seinem Land ausreist und sie was; denn dieser Kontinent würde niemals
in einem anderen trifft, dann vergißt er die dulden, von Einwohnern entblößt zu wer-
kleinen Einteilungen von Straßen und Städ- den, um die britischen Waffen entweder in
ten und nennt ihn Landsmann; sollten sie Asien, Afrika oder Europa zu unterstützen.
sich bei ihren Auslandsreisen in Frankreich 55. Außerdem, was haben wir mit dem
oder in irgendeinem anderen Teil Europas „der Welt Trotz bieten“ zu tun?

24
56. Unser Plan ist Handel und wenn wir del zugrunde, und zwar wegen unserer
den gut erledigen, so wird er uns Frieden Verbindung mit Britannien.
und Freundschaft ganz Europas sichern; 66. Der nächste Krieg mag nicht wie der
weil es im Interesse ganz Europas ist, letzte ausgehen und sollte er nicht so aus-
Amerika als Freihafen zu haben. fallen, so werden die jetzigen Befürworter
57. Ihr Handel wird immer ein Schutz einer Versöhnung dann eine Trennung
sein und Amerikas Unfruchtbarkeit an Gold wünschen, weil Neutralität in diesem Fall
und Silber wird uns vor Eindringlingen ein besserer Begleitschutz wäre als ein
schützen. Kriegsschiff.
58. Ich fordere den hitzigsten Befürwor- 67. Alles was recht und natürlich ist plä-
ter einer Versöhnung auf, einen einzigen diert für die Trennung.
Vorteil aufzuzeigen, den dieser Kontinent 68. Das Blut der Erschlagenen, die jam-
durch die Verbindung mit Großbritannien mernde Stimme der Natur, ruft uns zu: „Es
ernten kann. ist Zeit zur Trennung.“
59. Ich wiederhole diese Herausforde- 69. Selbst die Entfernung, die der All-
rung: es ergibt sich nicht ein einziger Vor- mächtige zwischen England und Amerika
teil. gelegt hat, ist ein starker und natürlicher
60. Unser Getreide wird auf jedem Markt Beweis dafür, daß die Autorität des einen
Europas seinen Preis erzielen und unsere über den anderen niemals die Absicht des
importierten Waren müssen bezahlt wer- Himmels war.
den, wo immer wir sie kaufen werden. 70. Die Zeit, in der der Kontinent ent-
61. Aber die Schäden und Nachteile, die deckt wurde, vermehrt das Gewicht dieses
wir durch diese Verbindung erleiden, sind Argumentes und die Art und Weise, wie er
unzählig; und unsere Pflicht gegen die ge- bevölkert wurde, erhöht dessen Kraft.
samte Menschheit und gegen uns lehrt uns, 71. Die Entdeckung Amerikas ging der
auf diese Allianz zu verzichten. Reformation voraus, so als ob der Allmäch-
62. Denn jede Unterwerfung unter oder tige die schöne Absicht gehabt hätte, den
Abhängigkeit von Großbritannien tendiert Verfolgten zukünftiger Zeiten einen Zu-
dazu, diesen Kontinent in europäische fluchtsort zu öffnen, wenn ihre Heimat
Kriege und Auseinandersetzungen zu ver- ihnen weder Freundschaft noch Sicherheit
wickeln und uns mit Nationen in Feind- bot.
schaft zu bringen, die sonst unsere Freund- 72. Die Herrschaft Großbritanniens über
schaft suchen und gegen die wir weder diesen Kontinent ist eine Regierungsform,
Zorn hegen noch Beschwerden haben. die früher oder später ein Ende haben muß:
63. Da Europa unser Handelsmarkt ist, Und ein ernsthafter Geist kann keine Freu-
sollten wir keine partielle Verbindung mit de daran haben, unter der schmerzvollen
irgendeinem seiner Teile eingehen. und positiven Überzeugung in die Zukunft
64. Es ist das wahre Interesse Amerikas, zu blicken, daß das, was er die gegenwärti-
europäischen Auseinandersetzungen aus ge Verfassung nennt, nur vorübergehend
dem Weg zu gehen, was es niemals könnte, ist.
solange es in seiner Abhängigkeit von Bri- 73. Als Eltern können wir keine Freude
tannien zum ausschlaggebenden Gewicht daran haben zu wissen, daß diese Regie-
auf der Waagschale der britischen Politik rung nicht von Dauer sein wird, um irgend
gemacht würde. etwas zu garantieren, das wir unserer
65. Europa ist zu dick mit Königreichen Nachkommenschaft vererben können: da
bepflanzt, um lange in Frieden bleiben zu wir die nächste Generation in Schulden
können und wann immer ein Krieg zwi- stürzten, so folgt aus einer einfachen Über-
schen England und einer fremden Macht legung, daß wir das Werk lieber selbst er-
ausbricht, so geht der amerikanische Han-

25
ledigen sollten, sonst würden wir gegen sie 80. In ihrer gegenwärtigen Situation sind
gemein und erbärmlich handeln. sie Gefangene ohne Hoffnung auf Erlö-
74. Um die Richtung unserer Pflicht recht sung, und ein Generalangriff zu ihrer Be-
zu entdecken, sollten wir unsere Kinder an freiung würde sie der Raserei beider Ar-
die Hand nehmen und unseren Standpunkt meen aussetzen.
ein paar Jahre weiter ins Leben hinaus rük- 81. Menschen gleichgültigen Tempera-
ken; dieser höhere Standpunkt wird uns ments schauen ein bißchen leicht über die
eine Aussicht gewähren, die einige wenige Vergehen Großbritanniens hinweg und nei-
gegenwärtige Ängste und Vorurteile vor gen dazu, stets das Beste hoffend, auszuru-
unseren Augen verbergen. fen: „Kommt, kommt, laßt uns wieder
75. Obwohl ich sorgfältig unnötige Belei- Freunde werden, trotz allem.“
digungen vermeiden wollte, so bin ich doch 82. Aber untersucht die Leidenschaften
jetzt geneigt zu glauben, daß all diejenigen, und Gefühle der Menschheit; bringt die
die die Doktrin von der Versöhnung unter- Doktrin von der Versöhnung auf den Prüf-
stützen, in folgende Gruppen eingeteilt stein der Natur, und dann sagt mir, ob ihr
werden können: eigennützige Männer, de- zukünftig eine Macht lieben, ehren und ihr
nen man nicht trauen darf; schwache Män- treu dienen können, die Feuer und Schwert
ner, die nicht sehen können; voreingenom- in euer Land gebracht hat?
mene Männer, die nicht sehen wollen; und 83. Wenn ihr all dies nicht tun könnt,
eine gewisse Gruppe von gemäßigten Män- dann betrügt ihr euch nur selbst und bringt
nern, die über die europäische Welt besser durch euer Zögern nur den Ruin auf die
denken, als sie es verdient; und diese letzte Nachkommenschaft.
Gruppe wird, durch wenig bedachte Über- 84. Eure künftige Beziehung zu Großbri-
legung, die Ursache für mehr Katastrophen tannien, das ihr weder lieben noch ehren
in diesen Kontinent werden, als alle ande- könnt, wird gezwungen und unnatürlich
ren drei. sein und wird - da sie nur auf dem Plan
76. Es ist das glückliche Schicksal vieler, gegenwärtiger Bequemlichkeit beruhte - in
entfernt vom Schauplatz des Leidens zu kurzer Zeit einen Rückfall erleiden, der
leben; das Übel ist noch nicht nah genug schlimmer als der erste sein wird.
vor ihre Türen gebracht worden, um sie die 85. Wenn ihr aber sagt, ihr könntet noch
Gefahr fühlen zu lassen, der aller amerika- über die Verletzungen hinwegsehen, dann
nischer Besitz ausgesetzt ist. frage ich euch: Ist euer Haus abgebrannt?
77. Aber unsere Einbildungskraft verset- Hat man euren Besitz vor euren Augen
ze uns für wenige Momente in das entfernte zerstört? Fehlt euren Frauen und Kindern
Boston; dieser Sitz des Elends wird uns ein Bett zum Schlafen oder das Brot zum
Weisheit lehren und uns für immer anwei- Leben? Habt ihr ein Elternteil oder ein
sen, einer Macht zu entsagen, der wir nicht Kind durch ihre Hand verloren, und seid
trauen können. ihr die ruinierten und elenden Überleben-
78. Die Einwohner dieser unglücklichen den?
Stadt, die noch vor wenigen Monaten in 86. Wenn ihr nicht betroffen seid, so
Sorglosigkeit und Wohlstand lebten, haben könnt ihr nicht über die urteilen, die das
jetzt keine andere Alternative als zu bleiben verloren haben.
und zu verhungern oder zu fliehen und 87. Seid ihr aber betroffen, und könnt ihr
Bettler zu werden. immer noch den Mördern die Hand schüt-
79. Sie werden durch freundliches Feuer teln, dann seid ihr des Namens eines Ehe-
gefährdet, wenn sie in der Stadt bleiben, gatten, Vaters, Freundes oder Liebenden
oder durch die Soldaten geplündert, wenn nicht wert, und welchen Rang oder Titel
sie sie verlassen. ihr auch im Leben einnehmen mögt, ihr

26
habt das Herz eines Feiglings und den Geist 98. Jede ruhige Methode, den Frieden zu
eines Kriechers. erhalten, ist unwirksam geblieben.
88. Dies bedeutet nicht, die Angelegen- 99. Unsere Gebete wurden mit Verach-
heit zu entflammen oder zu übertreiben, tung verworfen; und überzeugen uns nur,
sondern sie zu beurteilen mit jenen Gefüh- daß nichts mehr der Eitelkeit der Könige
len und Leidenschaften, die die Natur schmeichelt oder ihren Starrsinn bestärkt,
rechtfertigt und ohne die wir nicht imstande als wiederholtes Bitten; und nichts hat stär-
wären, die sozialen Pflichten des Lebens zu ker als dieses Verhalten dazu beigetragen,
erfüllen oder ihr Glück zu genießen. die Könige in Europa absolut zu machen;
89. Ich will hier keine Schrecken demon- dies bezeugen Dänemark und Schweden.
strieren, um zur Rache aufzuhetzen, son- 100. Deshalb laßt uns in Gottes Namen, da
dern will uns aus dem fatalen und unmänn- nichts außer Gewalt hier helfen kann, zu
lichen Schlummer wecken, damit wir ent- einer endgültigen Trennung kommen, und
schlossen ein bestimmtes Ziel verfolgen es nicht der nächsten Generation überlas-
mögen. sen, unter den verletzten bedeutungslosen
90. Es steht nicht in der Macht Britanni- Namen von Eltern und Kindern die Kehlen
ens oder Europas, Amerika zu erobern, durchschnitten zu bekommen.
wenn es sich nicht selbst durch Zögern und 101. Zu sagen, sie würden es niemals wie-
Furchtsamkeit erobert. der versuchen, ist dumm und illusionär;
91. Der gegenwärtige Winter wiegt ein wir dachten so bei der Aufhebung der
ganzes Menschenalter auf, sofern er richtig Stempelakte, aber ein oder zwei Jahre klär-
genutzt wird; versäumen oder vernachlässi- ten uns über diesen Irrtum auf; ebenso
gen wir ihn aber, so wird der ganze Konti- könnten wir annehmen, daß Nationen, die
nent unter der Katastrophe leiden; und es einmal geschlagen worden waren, niemals
gibt keine Strafe, die derjenige nicht ver- den Streit erneuern würden.
diente, er sei wer oder was oder wo er wol- 102. Was die Regierungsangelegenheiten
le, der eine so wertvolle und nützliche Zeit angeht, so steht es nicht in der Macht Bri-
opferte. tanniens, diesem Kontinent Gerechtigkeit
92. Die Annahme, dieser Kontinent kön- widerfahren zu lassen.
ne länger irgendeiner äußeren Macht un- 103. Dieses Geschäft wird bald zu schwie-
terworfen bleiben, widerstrebt der Ver- rig und zu verwickelt sein, um mit irgend-
nunft, der allgemeinen Ordnung der Dinge einem erträglichen Grad von Bequemlich-
und allen Beispielen früherer Zeitalter. keit von einer Macht gemanagt zu werden,
93. Die größten Optimisten Großbritanni- die so weit von uns entfernt ist und so we-
ens denken nicht so. nige Kenntnisse von uns hat; denn wenn sie
94. Die äußerste Anstrengung der uns nicht erobern können, so können sie
menschlichen Weisheit kann zur Zeit kei- uns auch nicht regieren.
nen anderen Plan aufzeigen, der dem Kon- 104. In ein paar Jahren wird man es als
tinent auch nur für ein Jahr Sicherheit ver- dumm und kindisch ansehen, immer drei-
sprechen könnte, als die Trennung. oder viertausend Meilen mit einer Ge-
95. Versöhnung ist jetzt ein irreführender schichte oder einer Petition zu reisen, um
Traum. vier oder fünf Monate auf eine Antwort zu
96. Die Natur hat die Verbindung im warten, die nach ihrem Eintreffen fünf oder
Stich gelassen und die Kunst kann nicht sechs Monate für ihre Auslegung erfordert.
ihre Stelle einnehmen. 105. Es gab eine Zeit, als dies anging, und
97. Denn, wie Milton weise sagt: „Nie es gibt eine Zeit, in der dies aufhören muß.
kann eine wahre Versöhnung gedeihen, wo 106. Kleine Inseln, die sich nicht selbst
der Haß so tiefe Wunden geschlagen hat.“ schützen können, sind geeignete Objekte,
um von Königreichen unter ihre Obhut ge-

27
nommen zu werden; aber die Annahme, ein der Mühe wert, nur gegen ein verächtliches
Kontinent könne auf Dauer von einer Insel Ministerium zu kämpfen.
regiert werden, ist äußerst absurd. 116. Zu teuer, zu teuer bezahlen wir für
107. In keinem Fall hat die Natur die Sa- den Widerruf der Gesetze, wenn das alles
telliten größer als ihre Planeten gemacht; ist, wofür wir kämpfen; denn bei richtiger
und da England und Amerika in ihrer Be- Einschätzung ist es eine Dummheit, einen
ziehung zueinander die gewöhnliche Ord- Bunker Hill Preis für ein Gesetz statt für
nung der Natur umkehren, so ist es offen- ein Land zu zahlen.
sichtlich, daß sie zu verschiedenen Syste- 117. Da ich immer die Unabhängigkeit
men gehören: England zu Europa, Amerika dieses Kontinents als ein Ereignis angese-
sich selbst. hen habe, das früher oder später eintreten
108. Ich werde nicht durch Motive des muß, so dürfte, nach dem neuerlichen
Stolzes, der Parteilichkeit oder des Zorns schnellen Reifeprozeß des Kontinents, der
geleitet, wenn ich die Doktrin der Tren- Erfolg nicht weit weg sein.
nung und der Unabhängigkeit unterstütze. 118. Es war daher, als die Feindseligkeiten
109. Ich bin klar, positiv und gewissenhaft ausbrachen, nicht der Mühe wert, über eine
davon überzeugt, daß dies das wahre Inter- Sache zu streiten, die sich mit der Zeit er-
esse des Kontinents ist. ledigte, es sei denn, wir meinten es in al-
110. Jede geringere Maßnahme ist reines lem Ernst; denn sonst wäre es so, als ver-
Flickwerk, das kein dauerhaftes Glück ge- schwendete man ein Vermögen auf einen
währen kann. Prozeß, um die Übertretungen eines Päch-
111. Es hieße, unseren Kindern das ters zu ahnden, dessen Pachtvertrag gerade
Schwert zu überlassen und zu einer Zeit ausläuft.
zurückzuweichen, in der ein Weniges mehr 119. Niemand war vor dem schicksalhaf-
und ein Weniges weiter dem Kontinent den ten 19. April 1775 ein lebhafterer Befür-
Respekt der Welt eingebracht haben würde. worter der Versöhnung als ich, aber in dem
112. Da Britannien nicht die geringste Augenblick, als das Ereignis dieses Tages
Neigung zu einem Kompromiß gezeigt hat, bekannt wurde, verwarf ich den verhärte-
so können wir sicher sein, daß keine Be- ten, finsteren Pharao Englands für immer;
dingungen zu erlangen sind, die der Akzep- und verachtete den Schuft, der unter dem
tanz des Kontinents wert oder die in ir- vorgeblichen Titel eines Vaters seines Vol-
gendeiner Weise den Kosten von Blut und kes, gefühllos von dem Gemetzel hören
Schätzen, die bereits darauf verwendet und gelassen mit ihrem Blut auf seiner See-
wurden, gleich wären. le schlafen kann.
113. Die Sache, um die man kämpft, sollte 120. Angenommen, die Sache würde jetzt
immer in einem richtigen Verhältnis zum mit England geregelt werden, was würde
Aufwand stehen. die Folge sein?
114. Die Entfernung von Lord North und 121. Ich antworte, der Ruin des Konti-
der ganzen verabscheuungswürdigen Junta nents.
ist der Millionen nicht wert, die wir aufge- 122. Und zwar aus mehreren Gründen:
wendet haben. 123. Erstens: Bliebe die Regierungsmacht
115. Die zeitweilige Unterbrechung des weiterhin in den Händen des Königs, so
Handels war ein Nachteil, der in einem wird er immer über die ganze Gesetzge-
ausgewogenen Verhältnis zur Zurücknahme bung des Kontinents das Recht der Ableh-
all der belastenden Gesetze gestanden hätte, nung haben.
wenn eine solche Aufhebung erreicht wor- 124. Und da er sich als solch unverbesser-
den wäre; wenn aber ein ganzer Kontinent licher Feind der Freiheit erwiesen hat und
die Waffen ergreifen muß, wenn jeder einen solchen Durst nach beliebiger Macht
Mann Soldat werden muß, so ist es kaum gezeigt hat, so ist er, oder ist er es etwa

28
nicht, der richtige Mann diesen Kolonien kann dort keine Gesetze ohne seine Zu-
zu sagen: Ihr sollt keine anderen Gesetze stimmung machen.
machen, als die mir gefallen? 136. Aus der Sicht von Recht und guter
125. Und gibt es irgendeinen Bewohner Ordnung ist es jedoch absolut lächerlich,
Amerikas, der so unwissend ist, nicht zu daß ein Jugendlicher von 21 Jahren (was
wissen, daß der Kontinent gemäß der soge- häufig vorkam) zu mehreren Millionen
nannten gegenwärtigen Verfassung keine Leuten, die älter und weiser sind als er,
Gesetze machen kann außer solchen, denen sagen soll: ich verbiete, daß diese oder jene
der König zustimmt. euer Handlungen Gesetz ist.
126. Und ist irgendein Mensch so unklug, 137. Aber an dieser Stelle will ich diese
nicht zu sehen, daß er (in Anbetracht des Art von Antwort auf sich beruhen lassen,
Geschehenen) kein hier gefertigtes Gesetz obwohl ich nie aufhören werde, die Wider-
dulden wird außer solchen, die seinen sinnigkeit dieser Sache darzulegen, und nur
Zwecken dienen. antworten, daß der Fall dadurch, daß der
127. Wir können ebenso wirksam durch König in England und nicht in Amerika
den Mangel an Gesetzen in Amerika ver- lebt, ein ganz anderer wird.
sklavt werden wie durch Unterwerfung 138. Des Königs Veto hier ist zehnmal
unter Gesetze, die in England für uns ge- gefährlicher und zerstörerischer als in Eng-
macht werden. land, denn dort wird er kaum seine Zu-
128. Nachdem die Dinge so weit gediehen stimmung einem Gesetz verweigern, das
sind, wie man zu sagen pflegt, kann da England in einen möglichst starken Vertei-
noch irgendein Zweifel daran bestehen, daß digungszustand setzt; in Amerika würde er
die ganze Macht der Krone aufgeboten die Verabschiedung eines solchen Gesetzes
würde, diesen Kontinent so klein und be- niemals dulden.
scheiden wie möglich zu halten? 139. Amerika ist nur ein zweitrangiges
129. Statt also voranzukommen, so würden Objekt im System der britischen Politik.
wir rückwärts gehen und entweder immer 140. England zieht das Gute dieses Landes
streiten oder lächerlich bitten. nur heran, soweit es seinen eigenen Zwek-
130. Da wir jetzt schon größer sind, als es ken dient.
der König wünscht, wird er nicht in Zu- 141. Und deshalb führt sein eigenes Inter-
kunft nur darauf bedacht sein, uns kleiner esse dazu, unser Wachstum in jedem Fall,
zu machen? der seinen Vorteil nicht fördert oder im
131. Um also die Sache auf den Punkt zu Geringsten stört, zu unterdrücken.
bringen: 142. Wir würden bald in einem schönen
132. Ist die Macht, die auf unseren Zustand sein unter einer solchen Regierung
Wohlstand eifersüchtig ist, die richtige aus zweiter Hand, bedenkt man, was pas-
Macht, uns zu regieren? siert ist!
133. Wer diese Frage verneint, ist ein Un- 143. Menschen werden nicht durch bloße
abhängiger. Namensänderung von Feinden zu Freun-
134. Denn Unabhängigkeit bedeutet nichts den.
anderes, als daß wir unsere Gesetze selbst 144. Und um zu zeigen, daß die Versöh-
machen; und daß der König, der größte nung jetzt eine gefährliche Doktrin ist, be-
Feind, den dieser Kontinent hat oder haben haupte ich, daß es eine kluge Politik des
kann, nicht sagen kann: es soll keine ande- Königs in dieser Zeit wäre, die Akten zu
ren Gesetze geben außer solchen, die mir widerrufen, um selbst die Regierung der
gefallen. Provinzen wiederzuerlangen.
135. Aber der König, werdet ihr sagen, 145. Er könnte durch Verschlagenheit und
hat ein Vetorecht in England; das Volk Spitzfindigkeit auf Dauer etwas erreichen,

29
was er kurzfristig durch Zwang und Gewalt sein, der bald erwachsen sein wird; sie
nicht erreichen kann. werden sich sehr wenig um sie kümmern.
146. Die Versöhnung und der Ruin sind 158. Und eine Regierung, die den Frieden
sehr nahe verwandt. nicht bewahren kann, ist gar keine Regie-
147. Zweitens: Selbst die besten Bedin- rung; und in diesem Fall bezahlen wir un-
gungen, die zu erreichen wir hoffen kön- ser Geld für nichts; und was bitte kann die
nen, können nicht mehr sein als ein tempo- britische Regierung, deren Macht bloß auf
rärer Notbehelf oder eine Art von Regie- dem Papier stehen wird, tun, wenn am Tag
rung durch Vormundschaft. nach der Versöhnung ein bürgerlicher Tu-
148. Diese kann nicht länger dauern, als mult entstünde?
bis die Kolonien erwachsen werden. 159. Ich habe gehört, daß einige Leute, die
149. Der allgemeine Stand der Dinge wird meines Erachtens nicht nachgedacht haben,
in der Zwischenzeit verwirrt und aussichts- sagen, daß sie die Unabhängigkeit fürchte-
los sein. ten, weil sie Bürgerkriege produziere.
150. Vermögende Auswanderer werden 160. Es ist jedoch selten, daß unsere ersten
nicht in ein Land kommen, dessen Regie- Gedanken wirklich richtig sind und das ist
rungsform nur an einem seidenen Faden hier der Fall; denn diese Gefahr droht
hängt und das jeden Tag am Rand von Tu- zehnmal mehr von einer geflickten Verbin-
multen und Unruhen torkelt. dung als von der Unabhängigkeit.
151. Viele der gegenwärtigen Einwohner 161. Ich mache die Sache der Leidtragen-
würden die Zwischenzeit nutzen, ihr Ver- den zu meiner Sache und beteuere, daß ich,
mögen zu veräußern und den Kontinent zu - wäre ich von Haus und Hof vertrieben,
verlassen. mein Besitz zerstört und meine Umstände
152. Aber das stärkste aller Argumente ist, ruiniert, - als ein gegen Ungerechtigkeiten
daß nichts als die Unabhängigkeit, d.h. eine sensibler Mann niemals Geschmack an der
kontinentale Regierungsform, den Frieden Doktrin der Versöhnung finden oder mich
des Kontinents erhalten und ihn vor Bür- durch sie gebunden erachten würde.
gerkriegen bewahren kann. 162. Die Kolonien haben einen solchen
153. Ich fürchte eine Versöhnung mit Eng- Geist guter Ordnung und Disziplin gegen
land jetzt, weil es mehr als wahrscheinlich die Kontinentalregierung gezeigt, so daß
ist, daß sie hier und da eine Revolte zur jeder Vernünftige in diesem Punkt sorglos
Folge hätte, deren Konsequenzen weit zer- und glücklich sein kann.
störerischer sein würden, als alle Tücken 163. Niemand kann für seine Furcht den
Großbritanniens. geringsten Vorwand haben aus irgendwel-
154. Tausende sind bereits durch die briti- chen anderen Gründen als solchen, die
sche Barbarei ruiniert; weitere Tausende wirklich kindisch und lächerlich sind, näm-
werden wahrscheinlich das gleiche Schick- lich daß eine Kolonie versuchen wird,
sal erleiden. Überlegenheit über eine andere zu erlan-
155. Diese Menschen haben andere Gefüh- gen.
le als wir, die wir nichts erlitten haben. 164. Wo es keine Unterschiede gibt, da
156. Alles was sie jetzt besitzen ist Frei- kann es keinen Vorrang geben, perfekte
heit; was sie vorher besaßen, ist ihrem Gleichheit führt nicht in Versuchung.
Dienst geopfert worden und da sie nichts 165. Die europäischen Republiken leben
mehr zu verlieren haben, verachten sie die alle (und wir können sagen für immer) in
Unterwerfung. Frieden.
157. Außerdem wird die Gesinnung der 166. Holland und die Schweiz sind ohne
Kolonien gegen eine britische Regierung auswärtigen oder inneren Krieg; dagegen
immer die Gesinnung eines Jugendlichen ist es wahr, daß monarchische Regierungen
nie lange Ruhe genießen; die Krone selbst

30
ist eine Versuchung für unternehmungslu- mung einen Präsidenten aus den Abgeord-
stige einheimische Raufbolde. neten dieser Provinz.
167. Und der Grad von Stolz und Frech- 180. Der nächste Kongreß bestimmt eine
heit, der immer mit königlicher Autorität Kolonie durch Los aus nur noch zwölf,
verbunden ist, schwillt zum Bruch mit unter Auslassung der Kolonie, aus welcher
auswärtigen Mächten in Fällen an, in denen der Präsident des früheren Kongresses ge-
eine republikanische Regierung, die nach nommen wurde; so fahre man fort, bis alle
natürlichen Grundsätzen gebildet ist, das dreizehn Kolonien ordnungsgemäß an die
Mißverständnis durch Verhandlungen bei- Reihe gekommen wären.
legte. 181. Damit nichts zu einem Gesetz würde,
168. Gäbe es irgendeinen wahren Grund, was nicht zufriedenstellend gerecht ist, so
die Unabhängigkeit zu scheuen, so wäre es müßten nicht weniger als 60% der Stimmen
der, daß man bis jetzt noch kein Plan fest- für die Mehrheit erforderlich sein.
gelegt hat. 182. Derjenige, der unter einer so gleich
169. Die Menschen sehen ihren Ausweg gebildeten Regierung wie dieser, Mißklang
noch nicht. stiften wollte, würde sich auch Luzifers
170. Und deshalb gebe ich, um in dieser Revolte angeschlossen haben.
Sache einen Anfang zu machen, folgende 183. Da es aber eine besonders delikate
Hinweise: ich versichere aber in aller Be- Sache ist, durch wen und auf welche Weise
scheidenheit, daß ich sie nicht anders be- diese Aufgabe zuerst angepackt werden
trachte, als daß sie dazu dienen mögen, soll, scheint es am Akzeptabelsten und
etwas Besseres hervorzubringen. Konsequentesten zu sein, wenn eine vermit-
171. Könnten die verstreuten Gedanken telnde Körperschaft zwischen den Regierten
der Einzelnen gesammelt werden, so wür- und den Regierenden, d.h. zwischen dem
den sie häufig das Material für weise und Kongreß und dem Volk gebildet wird.
fähige Männer abgeben, daraus eine nützli- 184. Es sollte eine Kontinentalkonferenz
che Sache zu formen. auf folgende Weise und zu folgendem
172. Die Versammlungen müßten jährlich Zweck einberufen werden:
stattfinden unter nur einem Präsidenten. 185. Ein Komitee von 26 Mitgliedern des
173. Die Repräsentation müßte gleich sein. Kongresses, nämlich zwei für jede Kolonie.
174. Ihre Aufgaben beträfen nur innere 186. Zwei Mitglieder aus jedem Haus der
Angelegenheiten. Versammlungen oder der Provinzial-
175. Sie müßten der Autorität des Konti- Konvente und fünf Repräsentanten des
nentalkongresses untergeordnet sein. Volkes insgesamt, die in den Hauptstädten
176. Jede Kolonie sollte in sechs, acht oder der Stadt jeder Provinz, für und im
oder zehn zweckmäßige Distrikte eingeteilt Interesse der ganzen Provinz, durch ebenso
werden, jeder Distrikt sollte eine bestimmte viele qualifizierte Wähler, die man zu die-
Zahl von Delegierten in den Kongreß ent- sem Zweck aus allen Teilen der Provinz
senden, so daß jede Kolonie zumindest zusammenkommen zu lassen für erforder-
dreißig entsendete. lich hält, gewählt werden.
177. Der ganze Kongreß würde dann aus 187. Man könnte aber auch die Repräsen-
zumindest 390 Abgeordneten bestehen. tanten aus zwei oder drei der bevölkertsten
178. Jeder Kongreß müßte dann einen Prä- Teile der Provinzen wählen lassen.
sidenten nach der folgenden Methode wäh- 188. In dieser so gebildeten Konferenz
len und einsetzen. werden die beiden großen Grundlagen der
179. Wenn die Abgeordneten zusammen- Angelegenheit, nämlich Wissen und Macht
kommen, so würde aus den dreizehn Kolo- vereinigt sein.
nien eine durch das Los bestimmt; danach 189. Die Mitglieder des Kongresses, der
wählt der ganze Kongreß durch Abstim- Versammlungen oder Konvente werden, da

31
sie Erfahrung haben in nationalen Angele- 201. Aber wo, sagen einige, ist da der
genheiten, fähige und nützliche Ratgeber König Amerikas?
sein und das Ganze, ermächtigt durch das 202. Ich werde es euch sagen, Freunde, er
Volk, wird eine wahre gesetzliche Autorität regiert dort oben und richtet nicht solche
haben. Verwüstungen der Menschheit an wie die
190. Haben sich die Mitglieder versam- königliche Bestie Britanniens.
melt, so wäre es ihre Aufgabe, eine Konti- 203. Damit es jetzt nicht so scheinen mö-
nentale Verfassung oder eine Verfassung ge, als mangelte es uns an irdischen Ehren,
der vereinigten Kolonien zu entwerfen, die laßt uns einen Tag feierlich festsetzen, um
der sogenannten Magna Charta Englands die Verfassung zu proklamieren; diese
entspräche. werde herausgebracht und auf das göttliche
191. In ihr müßte geregelt werden: das Gesetz gelegt, das Wort Gottes; laßt uns
Wahlrecht und die Anzahl der Mitglieder eine Krone darauf legen, damit die Welt
des Kongresses und der Versammlungen, wisse, daß wir die Monarchie insoweit bil-
ihre Sitzungsperioden, ihre Aufgabenvertei- ligen, als daß in Amerika das Gesetz der
lung und ihre Zuständigkeiten. König ist.
192. Dabei müßte stets beachtet werden, 204. Denn so wie in absoluten Herrschaf-
daß unsere Stärke kontinental und nicht ten der König das Gesetz ist, so sollte in
provinziell ist. freien Ländern das Gesetz der König sein;
193. Freiheit und Eigentum, vor allem und niemand anderes.
aber freie Religionsausübung nach dem 205. Doch damit nicht später irgendein
Diktat des Gewissens, müßten für alle Mißbrauch vorkomme, sollte die Krone am
Menschen gesichert werden. Ende der Zeremonie zerstört und unter das
194. Ferner sollten alle anderen Angele- Volk verstreut werden, dem sie gehört.
genheiten geregelt werden, die eine Verfas- 206. Eine eigene Regierung ist unser na-
sung notwendig enthalten muß. türliches Recht: und wenn jemand ernsthaft
195. Unmittelbar danach müßte sich die über die Risiken der menschlichen Angele-
besagte Konferenz auflösen. genheiten nachdenkt, so wird er überzeugt
196. Die Körperschaften, die gemäß der sein, daß es unendlich weiser und sicherer
besagten Verfassung gewählt werden, wer- sein wird, eine eigene Verfassung auf eine
den dann die Gesetzgebung und die Regie- kühle, sorgfältig überlegte Art zu bilden,
rung dieses Kontinents übernehmen. solange es in unserer Macht steht, als einen
197. Gott schütze ihren Frieden und ihr derartig wichtigen Gegenstand Zeit und
Glück, Amen. Zufall zu überlassen.
198. Sollte irgendeine Gruppe von Män- 207. Wenn wir dies jetzt versäumen, so
nern später zu diesem oder einem ähnlichen könnte später ein Masaniello5 auftauchen,
Zweck abgeordnet werden, so verweise ich der unter Ausnutzung allgemeiner Unruhen
sie auf die folgenden Auszüge des weisen die Verzweifelten und Unzufriedenen um
Beobachters der Regierungen Dragonetti: sich sammelt, mit ihnen die Regierungs-
199. „Die Wissenschaft des Politikers be- macht übernimmt und damit die Freiheiten
steht darin, den wahren Weg zu Glück und des Kontinents wie eine Sintflut wegspült.
Freiheit aufzuzeigen. Jene Männer hätten 208. Sollte die Regierung Amerikas wieder
die Dankbarkeit von Generationen verdient, in die Hände Britanniens zurück gelangen,
die einen Regierungsmodus entdeckten, der
die größte Summe individuellen Glücks bei 5
Thomas Aniello, genannt Masaniello, war ein
geringsten nationalen Kosten beinhaltete. Fischer in Neapel. Nachdem er seine Landsleute auf
200. (Dragonetti über Tugenden und Be- dem Marktplatz gegen die Unterdrückung durch die
lohnungen). Spanier, denen die Stadt damals gehörte, aufge-
bracht hatte, provozierte er eine Revolte und wurde
innerhalb eines Tages König. (Juli 1647).

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dann wird die schwankende Lage der Dinge 220. Ebensogut könnte der Liebhaber dem
für manchen verzweifelten Abenteurer eine Entführer seiner Geliebten verzeihen wie
Versuchung sein, sein Glück zu versuchen; der Kontinent den britischen Mördern ver-
und was für eine Hilfe kann uns Britannien zeihen könnte.
in einem solchen Falle geben? 221. Der Allmächtige hat uns diese unaus-
209. Bevor es diese Nachricht hörte, dürf- löschlichen Gefühle eingepflanzt zu guten
te das Unglück bereits geschehen sein; und und weisen Zwecken.
wir selbst wie die elenden Briten unter der 222. Sie sind in unseren Herzen die Wäch-
Unterdrückung des Eroberers leiden. ter seines Bildes.
210. Ihr, die ihr euch der Unabhängigkeit 223. Sie unterscheiden uns von der Herde
jetzt widersetzt, ihr wißt nicht was ihr tut; gewöhnlicher Tiere.
ihr öffnet der ewigen Tyrannei das Tor, 224. Der Gesellschaftsvertrag würde auf-
indem ihr den Regierungssitz vakant laßt. gelöst und Gerechtigkeit auf Erden ausge-
211. Es gibt Tausende und Zehntausende, rottet werden, oder nur ein zufälliges Da-
die es für glorreich halten, jene barbarische sein haben, wären wir gegen die Zeichen
und höllische Macht vom Kontinent zu ver- von Gefühlen verhärtet.
treiben, die die Indianer und Neger gegen 225. Der Räuber und der Mörder würden
uns aufgehetzt hat, um uns zu zerstören; oft unbestraft entkommen, riefen uns nicht
diese Grausamkeit ist zweifach verwerflich, die empfangenen Beleidigungen dazu auf,
gegen uns handelt man brutal, gegen jene Gerechtigkeit zu üben.
verräterisch. 226. Oh ihr, die ihr die Menschheit liebt!
212. Es ist Wahnsinn und Dummheit von 227. Ihr, die ihr es wagt, euch nicht nur
Freundschaft mit jenen zu reden, denen zu der Tyrannei sondern auch dem Tyrannen
trauen uns unsere Vernunft verbietet. zu widerstehen, steht auf!
213. Unsere durch tausend Poren verletz- 228. Jeder Fleck der Alten Welt ist von
ten Gefühle instruieren uns, sie zu verab- der Unterdrückung heimgesucht.
scheuen. 229. Die Freiheit ist um den ganzen Erd-
214. Jeder Tag braucht die kleinen Reste kreis gejagt worden.
von Verwandtschaft zwischen ihnen und 230. Asien und Afrika haben sie schon
uns auf und kann es irgendeinen Grund lange verbannt – Europa betrachtet sie wie
geben für die Hoffnung, daß, während un- eine Fremde und England hat ihr befohlen,
sere Verwandtschaft erlischt, die Zunei- auszuwandern.
gung zunehmen wird oder daß wir uns bes- 231. Oh! empfangt den Flüchtling und
ser vertragen werden, wenn wir zehnmal bereitet rechtzeitig der Menschheit ein
mehr und größere Streitigkeiten haben Asyl.
werden als je zuvor?
215. Ihr, die ihr uns von Harmonie und § 5 Von den gegenwärtigen Fähigkeiten
Versöhnung erzählt, könnt ihr uns die ver- Amerikas mit einigen verschiedenen Be-
gangene Zeit wiederherstellen? trachtungen.
216. Könnt ihr der Prostituierten die frühe-
re Unschuld wiedergeben? 1. Ich habe nie jemanden getroffen, we-
217. Ebensowenig könnt ihr Britannien mit der in England noch in Amerika, der nicht
Amerika versöhnen. der Meinung war, daß eine Trennung zwi-
218. Das letzte Band ist zerrissen, das eng- schen den Ländern früher oder später statt-
lische Volk reicht Anträge gegen uns ein. finden würde.
219. Es gibt Beleidigungen, die die Natur 2. Und es gibt keinen Punkt, in dem wir
nicht vergeben kann, sie würde aufhören weniger Urteilsvermögen gezeigt haben, als
Natur zu sein, wenn sie es täte. in unserem Versuch zu beschreiben, was

33
wir die Reife oder die Fitneß des Konti- 12. Unsere gegenwärtige Zahl steht in
nents zur Unabhängigkeit nennen. einem glücklichen Verhältnis zu unseren
3. Da alle Menschen das Mittel billigen Bedürfnissen, so daß niemand müßig zu
und nur ihre Meinungen über den richtigen sein braucht.
Zeitpunkt variieren, so laßt uns, um Miß- 13. Der Rückgang des Handels ermög-
verständnisse zu vermeiden, einen allge- licht ein Heer, und der Bedarf des Heeres
meinen Überblick über den Stand der Din- schafft einen neuen Handel.
ge gewinnen und versuchen, falls möglich, 14. Schulden haben wir nicht, und was
den richtigen Zeitpunkt herauszufinden. immer wir an Schulden aufnehmen werden,
4. Aber wir müssen nicht weit gehen, wird als glorreiches Andenken unserer Tu-
die Untersuchung hört sofort auf, denn die gend dienen.
Zeit hat uns gefunden. 15. Können wir aber unserer Nachkom-
5. Das allgemeine Einverständnis und menschaft eine geordnete Regierungsform
die glorreiche Vereinigung aller Dinge be- und eine eigene unabhängige Verfassung
weisen es. hinterlassen, so wird der Kauf zu jedem
6. Nicht in der Anzahl, sondern in der Preis billig sein.
Einheit liegt unsere Stärke; und doch reicht 16. Aber Millionen auszugeben, um den
auch unsere gegenwärtige Zahl aus, um der Widerruf einiger nichtswürdiger Gesetze zu
Macht der ganzen Welt zu trotzen. erreichen und das gegenwärtige Ministeri-
7. Der Kontinent hat jetzt das größte um zu stürzen, ist den Aufwand nicht wert
Heer bewaffneter und disziplinierter Men- und hieße, unsere Nachkommenschaft mit
schen einer jeden Macht unter dem Him- der äußersten Grausamkeit zu behandeln.
mel; und hat gerade den Gipfel seiner Stär- 17. Denn wir überließen es ihr, das große
ke erreicht, in dem jede Kolonie imstande Werk zu vollbringen und legten ihr eine
ist, sich selbst zu erhalten; und das Ganze Last auf die Schultern, von der sie keinen
kann, wenn vereinigt, die Sache vollbrin- Vorteil ableiten könnten.
gen; und mehr oder weniger als dies könnte 18. Solch ein Gedanke ist eines Ehren-
in seinen Auswirkungen fatal sein. mannes unwürdig und ist echt charakteri-
8. Unsere Landstreitkräfte sind schon stisch für ein enges Herz und einen hausie-
ausreichend; hinsichtlich der Marine kön- renden Politiker.
nen wir sicher sein, daß Britannien niemals 19. Die Schulden, die wir machen könn-
den Bau eines amerikanischen Kriegsschif- ten, verdienen nicht unsere Beachtung,
fes dulden würde, solange der Kontinent in wenn denn das Werk vollbracht wird.
seinen Händen bliebe. 20. Keine Nation muß ohne Schulden
9. Wir wären deshalb in dieser Sache sein.
auch noch in einem Jahrhundert nicht wei- 21. Eine nationale Schuld ist ein nationa-
ter als wir es jetzt sind; in Wahrheit wären ler Schuldschein, und wenn sie unverzins-
wir aber zurück, da das Bauholz des Lan- lich ist, so bedeutet sie keinesfalls eine
des jeden Tag abnimmt und das, was zu- Last.
letzt übrig bliebe, weit entfernt und schwer 22. Britannien wird bedrängt durch eine
zu bekommen wäre. Schuld von ca. 140 Millionen Pfund Ster-
10. Wäre der Kontinent mit Einwohnern ling, für die es rd. 4 Millionen Zinsen
überladen, so würden ihre Leiden unter den zahlt.
gegenwärtigen Umständen unerträglich 23. Als Entschädigung für diese Schuld
sein. hat es eine große Marine.
11. Je mehr Hafenstädte wir hätten, desto 24. Amerika ist ohne Schulden und ohne
mehr hätten wir zu verteidigen und zu ver- Marine.
lieren.

34
25. Für nicht einmal den zwanzigsten noch steht, unsere Fischerei blockiert ist
Teil der englischen Nationalschuld könnten und unsere Seeleute und Schiffsbauer ar-
wir eine ebenso große Marine haben.6 beitslos sind.
26. Kein Land der Erde ist so glücklich 40. Kriegsschiffe von 78 Kanonen wur-
gelegen und intern so fähig, eine Flotte zu den schon vor vierzig Jahren in Neu-
bauen wie Amerika. England gebaut und warum sollte nicht jetzt
27. Teer, Schiffsbauholz, Eisen und dasselbe geschehen?
Tauwerk sind seine natürlichen Produkte. 41. Der Schiffbau ist Amerikas größter
28. Wir benötigen nichts aus dem Aus- Stolz; und eines Tages werden wir die gan-
land. ze Welt darin übertreffen.
29. Dagegen sind die Holländer, die gro- 42. Die großen Reiche des Ostens sind
ße Gewinne mit der Vermietung ihrer meist Binnenländer und haben damit kon-
Kriegsschiffe an die Spanier und Portugie- sequenterweise keine Möglichkeit, uns
sen machen, gezwungen, die meisten ihrer Konkurrenz zu machen.
Materialien einzuführen. 43. Afrika befindet sich in einem Zustand
30. Wir sollten den Flottenbau als einen der Barbarei; und keine Macht in Europa
Geschäftszweig betrachten, als natürliche hat eine so langgestreckte Küste oder solch
Manufaktur dieses Landes. einen inländischen Nachschub an Material.
31. Er ist die beste Geldanlage. 44. Was die Natur dem einen gab, ent-
32. Wenn die Flotte steht, so ist sie mehr hielt sie dem anderen vor.
wert, als sie gekostet hat. 45. Nur gegen Amerika war sie in bei-
33. Sie ist der vorteilhafte Angelpunkt dem freigiebig.
nationaler Politik, in dem sich Handel und 46. Das riesige russische Reich ist fast
Schutz vereinigen. ganz von der See ausgeschlossen; deshalb
34. Laßt sie uns bauen! sind seine grenzenlosen Wälder, sein Teer,
35. Brauchen wir sie nicht, so können wir sein Eisen und sein Tauwerk nur Handels-
sie verkaufen; und dadurch unsere Papier- artikel.
währung durch richtiges Gold und Silber 47. Sollten wir aus Sicherheitsgründen
ersetzen. ohne Flotte sein?
36. Was die Bemannung der Flotte an- 48. Wir sind jetzt nicht mehr das kleine
geht, so unterliegen die Leute großen Irr- Volk, das wir vor sechzig Jahren waren.
tümern; es ist nicht erforderlich, daß ein 49. Damals konnten wir unser Eigentum
Viertel aus Seeleuten besteht. auf den Straßen oder Feldern aufbewahren;
37. Der Kommandant der „Terrible“, und wir schliefen sicher ohne Schlösser und
Kapitän Death, bestritt die heißesten Ge- Riegel vor unseren Türen oder Fenstern.
fechte irgendeines Schiffes des letzten 50. Der Fall liegt jetzt anders; und unsere
Krieges und hatte nicht einmal 20 Seeleute Verteidigungsmethoden sollten unserem
an Bord, obwohl die Besatzung aus mehr Zuwachs an Vermögen angepaßt werden.
als 200 Mann bestand. 51. Ein gewöhnlicher Pirat hätte vor
38. Einige wenige fähige und gesellige zwölf Monaten den Delaware heraufkom-
Seeleute werden bald eine ausreichende men können und der Stadt Philadelphia eine
Zahl aktiver Landleute in die üblichen Ar- augenblickliche Kontribution auferlegen
beiten eines Schiffes einweisen. können, in jeder beliebigen Höhe; und das
39. Und deshalb werden wir nie fähiger gleiche hätte auch anderen Orten passieren
sein, mit den maritimen Angelegenheiten können.
zu beginnen, als jetzt, da unser Schiffsholz 52. Mehr noch, jeder wagemutige Bur-
sche hätte mit einem Zweimaster von 14-16
6
In der 3. Auflage folgt jetzt eine Bewertung der Kanonen den ganzen Kontinent ausrauben
britischen Marine mit 3 ½ Millionen Pfund Sterling,
die hier ausgelassen wird.

35
und eine halbe Million Geldes fortführen Schlüsse über die englische Marine gezo-
können. gen und haben darüber so geredet, als müß-
53. Dies sind Umstände, die unsere Auf- ten wir mit der ganzen auf einmal zusam-
merksamkeit erfordern und die Notwendig- menstoßen.
keit des Schutzes durch eine Marine aufzei- 66. Aus diesem Grund wurde angenom-
gen. men, wir müßten eine ebenso große haben;
54. Einige werden vielleicht sagen, wenn weil dies nicht augenblicklich durchführbar
wir uns mit Britannien vertrügen, so würde war, wurden wir von ein paar verkappten
es uns auch beschützen. Tories entmutigt, damit anzufangen.
55. Können wir so unklug sein zu glau- 67. Nichts kann weiter von der Wahrheit
ben, daß es eine Flotte in unseren Häfen zu entfernt sein als dies.
diesem Zweck unterhielte? 68. Denn hätte Amerika nur den zwan-
56. Der gesunde Menschenverstand wird zigsten Teil der englischen Seestreitkräfte,
uns sagen, daß die Macht, die sich bemüht so würden wir ihnen weit überlegen sein.
hat, uns zu unterdrücken, von allen anderen 69. Da wir keine auswärtigen Besitzun-
die ungeeignetste ist, uns zu verteidigen. gen haben oder beanspruchen, könnte unse-
57. Wir können unter dem Vorwand von re ganze Macht zum Schutz unserer Küste
Freundschaft erobert werden; und uns eingesetzt werden, wo wir auf Dauer gese-
selbst nach einem langen und tapferen Wi- hen einen Zwei zu Eins Vorteil gegenüber
derstand schließlich in die Sklaverei hinein jenen hätten, die drei- oder viertausend
mogeln lassen. Meilen segeln müßten, bevor sie uns an-
58. Und wenn wir Englands Schiffe nicht greifen könnten und die die gleiche Entfer-
in unseren Häfen dulden, dann frage ich, nung zurücklegen müßten, um zu reparie-
wie kann es uns beschützen? ren und zu rekrutieren.
59. Eine Marine, die drei- oder viertau- 70. Und obwohl Britannien durch seine
send Meilen entfernt ist, kann nur wenig Flotte unseren Handel mit Europa kontrol-
Nutzen haben und bei plötzlichen Notfällen lieren kann, so haben wir eine ebenso gro-
gar keinen. ße Kontrolle über seinen Handel mit West-
60. Wenn wir demnach in Zukunft Schutz indien, das, in der Nachbarschaft des Kon-
benötigen, warum sollten wir es nicht selbst tinents gelegen, völlig von ihm abhängig
tun? ist.
61. Die Liste der englischen Schiffe ist 71. Es könnte uns irgendeine Methode
lang und furchterregend, aber nicht ein einfallen, eine Marine in Friedenszeiten
Zehntel davon ist zu irgendeiner Zeit ein- aufrecht zu erhalten, sofern wir den Unter-
satzbereit. halt einer ständigen Marine für nicht erfor-
62. Viele von ihnen existieren nicht derlich hielten.
mehr; dennoch werden ihre Namen groß- 72. Wenn wir den Kaufleuten Prämien
spurig in den Listen fortgeführt, wenn nur dafür zahlten, daß sie 50 bis 60 in ihrem
noch eine Planke vom Schiff übrig ist. Auftrag gebaute und unterhaltene Schiffe
63. Und nicht einmal ein Fünftel der mit 20, 30, 40 oder 50 Kanonen ausrüste-
dienstbereiten Schiffe kann an irgendeiner ten, (die Prämien müßten sich nach dem
Marinebasis zur gleichen Zeit entbehrt Verlust an Laderaum richten) und daneben
werden. einige Wachschiffe im ständigen Dienst
64. Ost- und Westindien, das Mittelmeer, unterhielten, dann müßten wir eine ausrei-
Afrika und andere Gegenden, auf die Bri- chende Marine aufrecht erhalten können.
tannien seine Ansprüche ausdehnt, stellen 73. Und dies, ohne uns mit dem so laut in
große Anforderungen an seine Marine. England beklagten Übel zu belasten, unter
65. Aus einer Mischung von Vorurteil einer in Friedenszeiten in den Häfen verrot-
und Unaufmerksamkeit haben wir falsche tenden Flotte zu leiden.

36
74. Die Kraft des Handels und der Ver- desto mehr noch nicht in Besitz genomme-
teidigung zu vereinigen, ist gesunde Poli- nes Land vorhanden ist, das, anstatt durch
tik, denn wenn unsere Stärke und unsere den König an seine unwürdigen Anhänger
Reichtümer Hand in Hand gehen, dann verschwendet zu werden, später dazu ver-
brauchen wir keinen auswärtigen Feind zu wendet werden könnte, nicht nur die ge-
fürchten. genwärtigen Schulden zu tilgen sondern
75. Wir haben Überfluß an fast allen Ge- unsere Regierung auf Dauer zu unterstüt-
genständen, die zur Verteidigung erforder- zen.
lich sind. 91. Keine Nation unter dem Himmel hat
76. Hanf gedeiht sogar in einer solchen einen solchen Vorteil wie diesen.
Üppigkeit, so daß wir keinen Mangel an 92. Der sogenannte kindliche Zustand der
Tauwerk haben werden. Kolonien ist ein Argument für und nicht
77. Unser Eisen ist dem anderer Länder gegen die Unabhängigkeit.
überlegen. 93. Wir sind ausreichend zahlreich und
78. Unsere Gewehre sind Weltklasse. wären wir mehr, so könnten wir weniger
79. Kanonen können wir nach Belieben einig sein.
gießen. 94. Es ist der Beobachtung wert: je grö-
80. Salpeter und Schießpulver produzie- ßer die Bevölkerung eines Landes ist, desto
ren wir täglich. kleiner sind seine Armeen.
81. Unsere Kenntnisse nehmen stündlich 95. In der Anzahl von Truppen übertrafen
zu. die Alten bei weitem die Neuen, und der
82. Entschlossenheit ist unser inhärenter Grund ist offensichtlich.
Charakter und der Mut hat uns bis jetzt nie 96. Da der Handel die Konsequenz von
verlassen. Bevölkerung ist, so werden die Menschen
83. Und deshalb, was ist es, was wir wol- durch ihn zu sehr in Anspruch genommen
len? um sich um irgend etwas anderes kümmern
84. Warum zögern wir? zu können.
85. Von Britannien können wir nichts 97. Der Handel mindert sowohl den pa-
anderes als den Ruin erwarten. triotischen Geist als auch den militärischen
86. Wenn es einmal die Regierung Ame- Verteidigungswillen.
rikas wiedererlangt, dann wird der Konti- 98. Und die Geschichte lehrt uns hinrei-
nent nicht lebenswert sein. chend, daß die mutigsten Leistungen immer
87. Immer wird Eifersucht aufkommen; in der Jugend einer Nation vollbracht wer-
Aufstände werden sich ständig ereignen; den.
und wer wird hingehen, sie zu unterdrük- 99. Mit dem Wachsen seines Handels
ken? verlor England seinen Geist.
88. Wer wird sein Leben wagen, seine 100. Die Stadt London, ungeachtet ihrer
eigenen Landsleute einem fremden Gehor- Einwohnerzahl, findet sich mit fortgesetz-
sam zu unterwerfen? ten Beschimpfungen mit der Geduld eines
89. Die Differenzen zwischen Pennsylva- Feiglings ab.
nia und Connecticut hinsichtlich einiger 101. Je mehr die Menschen zu verlieren
nicht verteilter Ländereien zeigen die Be- haben, desto weniger sind sie bereit, etwas
deutungslosigkeit einer britischen Regie- zu wagen.
rung und beweisen vollständig, daß nur 102. Die Reichen sind im allgemeinen
eine kontinentale Autorität kontinentale Sklaven der Furcht und fügen sich der höfi-
Angelegenheiten regeln kann. schen Macht mit der zitternden Heuchelei
90. Ein anderer Grund, warum die ge- eines Spaniel.
genwärtige Zeit allen anderen vorzuziehen
ist, ist der, daß, je geringer unsere Zahl ist

37
103. Die Jugend ist die Saatzeit guter An- dung einer Regierung am richtigen Ende
gewohnheiten, sowohl für Nationen als anzufangen.
auch für Individuen. 115. Als Wilhelm der Eroberer England
104. Es könnte schwierig wenn nicht un- unterjochte, gab er den Einwohnern Geset-
möglich sein, auf dem Kontinent erst in ze durch die Schärfe des Schwertes; und
einem halben Jahrhundert eine Regierung solange bis wir bestimmen, daß der Sitz der
zu bilden. Regierung in Amerika gesetzmäßig und
105. Die große Vielfalt der Interessen, vertrauensvoll gebildet wird, werden wir in
durch Vermehrung des Handels und der Gefahr sein, daß sie durch irgendeinen
Bevölkerung entstanden, würde Konfusion glücklichen Räuber eingenommen wird, der
hervorbringen. uns in gleicher Weise behandeln wird.
106. Kolonie stünde gegen Kolonie. 116. Wo wird dann unsere Freiheit sein?
107. Jede, die fähig wäre, würde die ge- 117. Wie wird es um unser Eigentum ste-
genseitige Unterstützung von sich weisen: hen?
und während die Stolzen und Dummen sich 118. In Sachen Religion halte ich es für die
ihrer kleinen Unterschiede rühmten, wür- unerläßliche Pflicht einer jeden Regierung,
den die Weisen lamentieren, daß die Union alle ihre gewissenhaften Bekenner zu schüt-
nicht früher gebildet wurde. zen und ich wüßte sonst nichts, was die
108. Deshalb ist die Gegenwart die richti- Regierung in dieser Sache sonst zu tun hät-
ge Zeit, sie zu bewirken. te.
109. Die Vertrautheit, die sich in der 119. Laßt uns jene Einengung der Seele,
Kindheit bildet und die Freundschaft, die jene egoistischen Grundsätze über Bord
im Unglück geschlossen wird, sind vor werfen, auf die die Geizhälse aller Be-
allen anderen die dauerhaftesten und unver- kenntnisse nicht verzichten wollen, und wir
änderlichsten. werden von unseren Sorgen in dieser Hin-
110. Unsere gegenwärtige Union trägt sicht befreit.
beide Merkmale an sich: wir sind jung und 120. Aberglaube ist der Gefährte kleiner
wir sind in Not; aber unsere Einigkeit hat Seelen und das Verderben jeder guten Ge-
unseren Problemen widerstanden und stellt sellschaft.
für unsere Nachkommen ein Ruhmesblatt 121. Ich meines Teils glaube fest und ge-
dar. wissenhaft, daß es der Wille des Allmäch-
111. Die gegenwärtige Zeit ist zusätzlich tigen ist, daß es unter uns eine Verschie-
eine besondere Zeit, die für eine Nation nur denheit der religiösen Überzeugungen ge-
einmal eintritt, nämlich die Zeit, selbst eine ben soll; sie eröffnet ein größeres Feld für
Regierung zu bilden. unsere christliche Freundschaft.
112. Die meisten Nationen verpaßten diese 122. Wären wir alle einerlei Denkungsart,
Gelegenheit und wurden dadurch gezwun- so würden unsere religiösen Neigungen
gen, Gesetze von ihren Eroberern anzu- keine Gelegenheit zur Bewährung haben;
nehmen, statt selber Gesetze zu machen. und diesem liberalen Grundsatz nach be-
113. Zuerst hatten sie einen König und trachte ich unsere verschiedenen Glaubens-
dann eine Regierungsform; dabei sollten bekenntnisse so, als wären sie Kinder einer
die Artikel oder die Verfassung einer Re- Familie, die sich nur durch ihre Namen
gierung als erstes geschaffen werden und unterscheiden.
danach Männer delegiert werden, sie 123. Ich äußerte bereits einige wenige Ge-
durchzuführen. danken über die Zweckmäßigkeit einer
114. Laßt uns daher aus den Irrtümern Kontinentalverfassung. (Denn ich wollte
anderer Nationen Weisheit lernen und die nur Hinweise und keine Pläne geben).
gegenwärtige Gelegenheit nutzen: die Bil- 124. An dieser Stelle nehme ich mir die
Freiheit, diesen Gegenstand noch einmal in

38
Erinnerung zu rufen, indem ich den Rat nahmen angenommen hat, so würde sie
erteile, die Verfassung als eine feierliche nicht einen Moment daran zweifeln, es ei-
Verpflichtung anzusehen, die das Ganze nes solchen Vertrauens für unwürdig zu
eingehen muß, um das Recht jedes einzel- halten.
nen Teiles zu gewährleisten, sei es in Sa- 133. Unmittelbares Elend macht viele
chen Religion, persönlicher Freiheit oder Dinge zuträglich, die auf Dauer zur Unter-
des Eigentums. drückung werden.
125. Ein festes Geschäft und ein rechter 134. Zweckmäßigkeit und Gerechtigkeit
Preis begründen eine lange Freundschaft. sind verschiedene Sachen.
126. In einer vorangegangenen Seite er- 135. Als das Unglück Amerikas eine Bera-
wähnte ich ebenso die Notwendigkeit einer tung erforderte, da war keine Methode so
großen und gleichen Repräsentation. geeignet oder zu der Zeit so richtig, als daß
127. Es gibt keine politische Angelegen- man Personen von den verschiedenen Häu-
heit, die unsere Aufmerksamkeit mehr ver- sern der Versammlungen zu diesem Zweck
dient. bestellte; und die Weisheit, mit der sie vor-
128. Eine kleine Zahl von Wählern ist gingen hat den Kontinent vor dem Ruin
ebenso gefährlich wie eine kleine Zahl von bewahrt.
Repräsentanten; wenn aber die Zahl der 136. Und da es mehr als wahrscheinlich
Repräsentanten nicht nur klein, sondern ist, daß wir niemals ohne Kongreß sein
auch ungleich ist, so wird die Gefahr noch werden, so muß jeder, der gute Ordnung
größer. wünscht, eingestehen, daß der Wahlmodus
129. Als Beweis hierfür erwähne ich das der Mitglieder dieser Körperschaft Auf-
Folgende: als die Petition der Associators merksamkeit verdient.
im Haus der Versammlung Pennsylvanias 137. Und ich frage diejenigen, die die
eingebracht wurde, waren 28 Mitglieder Menschheit erforschen, ob nicht der Besitz
anwesend; alle 8 Abgeordneten der Bucks von Repräsentation und Wahl eine zu große
Region stimmten gegen sie; hätten die 7 Macht für ein und dieselbe Körperschaft
Abgeordneten der Chester Region dasselbe von Menschen ist?
getan, dann wäre diese ganze Provinz von 138. Wenn wir für die Nachkommenschaft
diesen beiden Regionen regiert worden; planen, sollten wir uns daran erinnern, daß
dieser Gefahr sind wir immer ausgesetzt. Tugend nicht erblich ist.
130. Ebenso sollte der unverantwortliche 139. Wir erhalten von unseren Feinden oft
Versuch, den dieses Haus in seiner letzten exzellente Maximen und kommen häufig
Sitzung machte, die übertriebene Autorität durch ihre Fehler überraschend zur Ver-
über die Abgeordneten dieser Provinz zu nunft.
gewinnen, das Volk überhaupt darauf auf- 140. Mr. Cornwall, einer der Lords der
merksam machen, auf welche Weise sie die Schatzkammer, behandelte eine Petition der
Macht aus ihren Händen anderen anver- New Yorker Versammlung mit Gering-
trauen. schätzung, weil dieses Haus, wie er sagte,
131. Es wurde ein Bündel von Instruktio- nur aus 26 Mitgliedern bestünde.
nen für die Delegierten zusammengestellt, 141. Er meinte, dies wäre eine zu belang-
das in Sachen Geschäftssinn einem Schul- lose Zahl, als daß sie mit Anstand das Gan-
jungen Schande gemacht hätte; nachdem ze vertreten könnte.
einige wenige zugestimmt hatten, wurde es 142. Wir danken ihm für seine unfreiwilli-
vor das Haus gebracht und für die ganze ge Ehrlichkeit.7
Kolonie verabschiedet.
132. Hätte dagegen die ganze Kolonie ge- 7
Diejenigen, die voll verstehen wollen, von welch
wußt, mit welch böser Absicht das Haus großer Bedeutung eine große und gleiche Repräsen-
sich einiger notwendiger öffentlicher Maß- tation für einen Staat ist, sollten Burgh's „Politische
Untersuchungen“ lesen.

39
143. Zum Schluß aber, wie seltsam es ei- 153. Zugleich müßte erklärt werden, daß
nigen auch vorkommen mag oder wie un- wir nicht mehr fähig sind, glücklich und
willig sie es betrachten mögen kümmert uns sicher unter den grausamen Verfügungen
nicht, können viele starke und treffende des britischen Hofes zu leben und daher
Gründe angegeben werden, um aufzuzei- gezwungen sind, alle Beziehungen zu Bri-
gen, daß nichts unsere Angelegenheiten so tannien abzubrechen.
rasch regeln kann wie eine offene und ent- 154. Gleichzeitig sollten wir allen Höfen
schiedene Erklärung der Unabhängigkeit. unsere friedfertige Gesinnung gegen sie
144. Einige dieser Gründe sind: versichern und unseren Wunsch äußern,
145. Erstens: Wenn zwei Nationen sich mit ihnen Handel zu treiben.
miteinander im Krieg befinden, ist es unter 155. Ein solches Memorandum würde bes-
den Nationen üblich, daß andere Mächte, sere Auswirkungen für diesen Kontinent
die nicht in dem Streit engagiert sind, als haben als das Beladen eines ganzen Schiff
Vermittler eingeschaltet werden, um Vor- mit Bittschriften nach Britannien.
verhandlungen für einen Frieden auf den 156. Unter unserer gegenwärtigen Be-
Weg zu bringen. zeichnung als Untertanen Britanniens kön-
146. Solange sich aber Amerika selbst als nen wir im Ausland weder empfangen noch
Untertan Großbritanniens betrachtet, kann angehört werden: die Bräuche aller Höfe
keine Macht, sie mag noch so gut gesinnt sind gegen uns und werden so bleiben, bis
sein, ihre Vermittlung anbieten. wir durch die Unabhängigkeit den gleichen
147. Und deshalb müßten wir in unserem Rang mit anderen Nationen einnehmen.
gegenwärtigen Zustand für immer streiten. 157. Dieses Vorgehen mag zunächst selt-
148. Zweitens: Es ist unvernünftig, anzu- sam und schwierig erscheinen; es wird aber
nehmen, daß Frankreich oder Spanien uns wie bei allen anderen Schritten, die wir
irgendeine Art von Unterstützung geben bereits unternommen haben, in kurzer Zeit
würden, wenn wir diese Unterstützung nur vertraut und akzeptabel werden.
für den Zweck zu gebrauchen gedächten, 158. Bis die Unabhängigkeit erklärt wird,
den Bruch zu heilen und die Verbindung wird sich der Kontinent wie jemand fühlen,
zwischen Britannien und Amerika zu stär- der ein unangenehmes Geschäft Tag für
ken, da diese Mächte ja unter den Folgen Tag aufschiebt, obwohl er weiß, daß es
zu leiden hätten. getan werden muß; der es haßt, es in An-
149. Drittens: Solange wir uns zu Unterta- griff zu nehmen, der wünscht, es sei vor-
nen Britanniens erklären, müssen wir in bei, und der ohne Unterlaß von den Gedan-
den Augen fremder Nationen als Rebellen ken seiner Notwendigkeit heimgesucht
erscheinen. wird.
150. Für ihren eigenen Frieden ist es ein
gefährlicher Präzedenzfall, Männer unter § 6 Anhang
Waffen als Untertanen zu betrachten.
151. Wir dagegen können das Paradox 1. Seit der Veröffentlichung der ersten
lösen: aber Widerstand und Unterdrückung Ausgabe dieser Publikation oder vielmehr
für vereinbar zu halten, übersteigt den am gleichen Tag, an dem sie erschien,
normalen Verstand. wurde die Rede des Königs in dieser Stadt
152. Viertens: Es müßte ein Manifest ver- bekannt.
öffentlicht und an auswärtige Höfe abge- 2. Hätte ein Geist der Weissagung bei
sandt werden, in dem das Elend, das wir der Geburt dieser Produktion Regie ge-
erlitten haben, und die friedlichen Metho- führt, so hätte er sie nicht zu einem günsti-
den, die wir vergeblich für die Abhilfe an- geren Zeitpunkt oder zu einer notwendige-
gewandt haben, bekanntgemacht werden. ren Zeit erscheinen lassen können.

40
3. Das blutige Verständnis des einen 14. Die Rede hat aber eine gute Eigen-
zeigt die Notwendigkeit des anderen auf, schaft.
seine Absichten weiterzuverfolgen. 15. Sie ist nicht auf Betrug angelegt,
4. Beim Lesen denkt man an Rache. selbst wenn wir wollten, können wir nicht
5. Anstatt uns zu erschrecken hat die durch sie getäuscht werden.
Rede den männlichen Grundsätzen der Un- 16. Brutalität und Tyrannei sind auf den
abhängigkeit den Weg gebahnt. ersten Blick erkennbar.
6. Feierlichkeit und selbst Stillschwei- 17. Sie läßt keine Zweifel übrig.
gen, aus welchen Motiven sie auch immer 18. Und jede Zeile überzeugt uns, selbst
entstehen, haben schmerzhafte Folgen, im Augenblick des Lesens, daß der, der in
wenn sie im geringsten Maß gemeine und den Wäldern nach Beute jagt, der nackte
schlechte Leistungen unterstützen. und ungeschulte Indianer, ein geringerer
7. Wenn man diesen Grundsatz aner- Wilder ist als der König von England.
kennt, so folgt daraus natürlicherweise, daß 19. Sir John Dalrymple, der vermeintli-
die Rede des Königs, weil sei eine vollen- che Vater einer wimmernden jesuitischen
dete Niederträchtigkeit ist, die allgemeine Schrift, die den hinterlistigen Namen
Abscheu des Kongresses und des Volkes „Adresse des englischen Volkes an die Ein-
verdient hat und noch verdient. wohner von Amerika“ führt, hat, vielleicht
8. Da die innere Ruhe einer Nation in in der irrigen Annahme, das hiesige Volk
großem Maße von der Reinheit dessen ab- könne durch den Prunk und das Ansehen
hängt, was man richtigerweise nationale eines Königs in Furcht gesetzt werden, den
Sitte nennt, so ist es oft besser, einige Din- wirklichen Charakter des gegenwärtigen
ge mit stillschweigender Verachtung zu (allerdings hier sehr unklug) aufgezeigt:
übergehen, als von solchen neuen Metho- 20. „Doch“, sagt dieser Schriftsteller,
den der Mißbilligung Gebrauch zu machen, „wenn ihr geneigt seid, etwas Angenehmes
die im geringsten Maße für diesen Wächter über eine Regierung zu sagen, über die wir
unseres Friedens und unserer Sicherheit uns nicht beklagen können, (er meinte da-
Innovationen einführen könnten. mit die Rede des Marquis von Rockingham
9. Und vielleicht ist es hauptsächlich beim Widerruf der Stempelakte), so ist es
dieser vorsichtigen Sensibilität zu verdan- von euch sehr unfair, daß ihr dasselbe dem
ken, daß die Rede des Königs bis jetzt noch Prinzen vorenthaltet, auf dessen Wink al-
keine öffentliche Hinrichtung erlitten hat. lein euch die Erlaubnis gegeben wurde,
10. Die Rede, wenn sie eine genannt irgend etwas zu tun.“
werden darf, ist nichts anderes als eine vor- 21. Dies ist das Zeugnis eines Tories.
sätzliche verwegene Schmähschrift gegen 22. Hier sehen wir sogar Götzendienst
die Wahrheit, gegen das Wohl der Allge- ohne Maske: und derjenige, der eine solche
meinheit und die Existenz der Menschheit. Lehre ruhig hören und verdauen kann, der
11. Sie ist eine förmliche und prunkvolle hat seinen Anspruch auf Vernunft verloren
Methode, dem Stolz der Tyrannen Men- und ist ein Abtrünniger der menschlichen
schenopfer darzubringen. Ordnung.
12. Aber dieses allgemeine Massaker der 23. Er sollte betrachtet werden als einer,
Menschheit ist eines der Vorrechte und die der nicht nur die dem Menschen eigene
gewisse Konsequenz von Königen. Würde aufgegeben hat, sondern unter den
13. Denn da die Natur sie nicht aner- Rang der Tiere herabgesunken ist und der
kennt, so erkennen sie die Natur nicht an; verachtenswert wie ein Wurm durch die
und obwohl sie Wesen unserer eigenen Welt kriecht.
Schöpfung sind, so kennen sie uns nicht 24. Es liegt jedoch jetzt nicht viel daran,
und sind die Götter ihrer Schöpfer gewor- was der König von England sagt oder
den. macht; er hat böswillig jede moralische und

41
humane Verpflichtung gebrochen, Natur 35. Amerika weiß bis jetzt noch nicht,
und Gewissen unter seinen Füßen zertram- was Reichtum ist; und obwohl die Fort-
pelt und sich durch einen stetigen und kon- schritte, die es gemacht hat, in der Ge-
stitutionellen Geist der Frechheit und Grau- schichte anderer Nationen keine Parallele
samkeit den Haß der ganzen Welt zugezo- haben, befindet es sich noch in der Kind-
gen. heit im Vergleich zu dem, was es erreichen
25. Es ist jetzt im Interesse Amerikas, für könnte, hätte es, wie es sein sollte, die ge-
sich selbst zu sorgen. setzgeberischen Gewalten in seiner Hand.
26. Es besitzt bereits eine große und jun- 36. England begehrt in dieser Zeit stolz
ge Familie, für die zu sorgen es eher seine etwas, was ihm Schaden zufügte, wenn es
Pflicht ist, als den Besitz zu verschleudern denn erreicht werden könnte; und der Kon-
und eine Macht zu unterstützen, die eine tinent zögert in dieser Sache, die sein end-
Schande für die Menschen und Christen gültiger Ruin sein wird, wenn sie vernach-
geworden ist. lässigt wird.
27. Ihr, deren Pflicht es ist, über die Mo- 37. Es ist der Handel und nicht die Er-
ral einer Nation zu wachen, von welcher oberung Amerikas, wodurch England profi-
Sekte oder Glaubensrichtung ihr auch seid, tiert, und er würde in großem Maße fortge-
als auch ihr, die ihr noch unmittelbarer die setzt werden, wenn die Länder so unabhän-
Wächter der öffentlichen Freiheit seid, so- gig voneinander wären wie Frankreich und
fern ihr wünscht, euer Geburtsland vor der Spanien; denn für viele Produkte gibt es
Verunreinigung durch europäische Korrup- keinen besseren Markt.
tion zu bewahren, ihr müßt im Geheimen 38. Deshalb ist die Unabhängigkeit dieses
die Trennung wünschen. Landes von England oder jedem anderen
28. Doch ich überlasse moralische Grün- Land das, was jetzt der wichtigste und ein-
de privaten Überlegungen und will meine zige Gegenstand ist, der die Auseinander-
weiteren Anmerkungen auf die folgenden setzung lohnt, und der wie alle andere
Punkte beschränken: Wahrheiten, die durch die Notwendigkeit
29. Erstens: daß es im Interesse Ameri- entdeckt werden, jeden Tag klarer und
kas ist, von Britannien getrennt zu werden. stärker erscheinen wird.
30. Zweitens: was ist der einfachste und 39. Erstens, weil es dazu kommen muß,
praktikabelste Plan, Versöhnung oder Un- zu dieser oder jener Zeit
abhängigkeit? 40. Zweitens, weil, je länger sie sich ver-
31. Mit einigen gelegentlichen Anmer- zögert, desto schwieriger zu erlangen sein
kungen. wird.
32. Um den ersten Punkt zu unterstützen, 41. Ich habe mich häufig sowohl in öf-
könnte ich, wenn ich es für nötig hielt, die fentlichen als auch in privaten Gesellschaf-
Meinungen einiger der fähigsten und erfah- ten im Stillen damit amüsiert, die trügeri-
rensten Männer dieses Kontinents anführen, schen Irrtümer derjenigen zu bemerken, die
deren Meinungen zu diesem Punkt noch reden, ohne nachzudenken.
nicht öffentlich bekannt wurden. 42. Unter den vielen, die ich gehört habe,
33. In Wirklichkeit ist es eine selbstver- scheinen folgende die verbreitetsten zu
ständliche Position. sein, nämlich: wenn dieser Bruch vierzig
34. Denn keine Nation kann im Zustand Jahre später statt jetzt geschehen würde,
von ausländischer Abhängigkeit, einge- dann wäre der Kontinent weit fähiger, die
schränkt in ihrem Handel, eingeengt und Abhängigkeit abzuschütteln.
gefesselt in ihrer gesetzgeberischen Gewalt 43. Darauf möchte ich antworten, daß
jemals irgendeinen materiellen Fortschritt unsere militärischen Fähigkeiten zu dieser
erreichen. Zeit von unseren Erfahrungen herstammen,
die wir im letzten Krieg gewonnen haben;

42
in vierzig oder fünfzig Jahren wären sie 51. Es ist nicht wichtig, wie lange die
vollkommen erloschen. Tilgung der Schuld dauert, wenn nur das
44. Zu jener Zeit hätte der Kontinent Land, so es verkauft wird, zur Schuldentil-
nicht mehr einen General noch einen Offi- gung verwendet wird; dafür wird der dann
zier, oder diejenigen, die uns nachfolgen, bestehende Kongreß der Treuhänder des
würden in Kriegsangelegenheiten ebenso Kontinents sein.
unwissend sein wie die alten Indianer. 52. Ich komme nunmehr zu dem zweiten
45. Und dieser Punkt allein, wenn man Punkt, nämlich: was ist der einfachste und
ihn streng auslegt, wird unwiderlegbar be- praktikabelste Plan, Versöhnung oder Un-
weisen, daß die gegenwärtige Zeit jeder abhängigkeit; mit einigen gelegentlichen
anderen vorzuziehen ist. Anmerkungen.
46. Das Argument lautet deshalb: am 53. Derjenige, der die Natur zu seinem
Ende des letzten Krieges hatten wir Erfah- Führer nimmt, ist nicht leicht von seinen
rung, waren aber nicht zahlreich; in vierzig Argumenten abzubringen und deshalb ant-
oder fünfzig Jahren werden wir zahlreich worte ich allgemein, daß die Unabhängig-
sein, aber keine Erfahrung haben; deshalb keit eine einzelne einfache Sache ist, die
muß der richtige Zeitpunkt zwischen diesen wir in uns selbst finden; und daß die Ver-
beiden Extremen liegen, einem speziellen söhnung eine äußerst verworrene und kom-
Zeitpunkt, an dem die erstere zulänglich plizierte Sache ist, in der wir es mit einen
verbleibt und das letztere erreicht ist: dieser verräterischen und launenhaften Hof zu tun
Zeitpunkt ist die gegenwärtige Zeit. haben; daraus ergibt sich ohne Zweifel die
47. Der Leser möge diese Abschweifung Antwort.
verzeihen, weil es eigentlich nicht zu dem 54. Der gegenwärtige Zustand Amerikas
Thema gehört, von dem ich ausging und zu ist wahrlich für jeden, der nachdenken
dem ich im Folgenden zurückkehren wer- kann, alarmierend.
de, nämlich: 55. Ohne Gesetz, ohne Regierung, ohne
48. Sollte unser Streit mit Britannien bei- irgendeine andere Art von Macht als die,
gelegt werden und es weiterhin die regie- die sich auf Höflichkeit gründet und durch
rende und souveräne Gewalt in Amerika sie erteilt wird, zusammengehalten durch
ausüben, (was, so wie die Dinge jetzt ste- eine beispiellose Konkurrenz der Meinun-
hen, die völlige Aufgabe der Sache wäre), gen, die trotzdem Gegenstand von Verän-
so würden wir uns aller Mittel berauben, derungen sind und die jeder geheime Feind
die Schulden zu tilgen, die wir haben oder aufzulösen versucht.
machen werden. 56. Unsere gegenwärtige Lage ist Ge-
49. Der Wert des Hinterlandes, deren setzgebung ohne Gesetz, Weisheit ohne
einige Provinzen durch ungerechte Aus- Plan, eine Verfassung ohne Namen; und
dehnung der Grenzen Kanadas heimlich was überaus erstaunlich ist, perfekte Unab-
beraubt wurden, beträgt, wenn mit nur fünf hängigkeit, die für die Abhängigkeit
Pfund Sterling je hundert Morgen ge- kämpft.
schätzt, ca. fünfundzwanzig Millionen in 57. Dieser Fall ist ohne Vorgänger; die-
der Währung Pennsylvanias; und die Pach- ser Fall ist vorher nie dagewesen; und wer
ten, geschätzt auf einen Penny je Morgen, kann sagen, wie der Ausgang sein wird?
betragen zwei Millionen jährlich. 58. Niemandes Eigentum ist in diesem
50. Durch den Verkauf dieser Ländereien gegenwärtigen schwankenden System si-
kann unsere Schuld getilgt werden, ohne cher.
irgend jemand damit zur Last zu fallen; und 59. Der Geist der Menge ist dem Zufall
die Pachten werden immer die Ausgaben überlassen; und da sie kein bestimmtes Ziel
der Regierung mindern und mit der Zeit vor sich sieht, so machen sie weiter, wie
vollständig tragen. Phantasie und Meinung sie leitet.

43
60. Nichts ist ein Verbrechen; es gibt Umstände ebenso wie ihre eigenen dabei
nichts, was Verrat wäre; deshalb denkt erwogen werden müssen?
jeder, er habe die Freiheit, zu tun was ihm 72. Setzen sie sich an die Stelle des Lei-
gefällt. denden, der schon alles verloren hat, und
61. Die Tories hätten nicht gewagt, sich des Soldaten, der für die Verteidigung sei-
offensiv zu versammeln, wenn sie gewußt nes Landes alles aufgab?
hätten, daß ihr Leben nach dem Gesetz des 73. Wenn ihre krankhafte Mäßigung nur
Staates verwirkt wäre. ihrer eigenen privaten Situation angepaßt
62. Es sollte eine Trennlinie gezogen wird, ohne Rücksicht auf die anderer, so
werden zwischen englischen Soldaten, die wird der Ausgang sie überzeugen, daß sie
in der Schlacht gefangen werden, und Be- die Rechnung ohne den Wirt gemacht ha-
wohnern Amerikas, die man mit Waffen ben.
ergreift. 74. Bringt uns, sagen einigen, auf den
63. Erstere sind Gefangene, letztere Ver- Stand von 1763: ihnen antworte ich, daß es
räter. jetzt nicht in der Macht Britannien steht,
64. Der eine verwirkt seine Freiheit, der darin einzuwilligen.
andere seinen Kopf. 75. Auch wird es dies nie vorschlagen.
65. Trotz unserer Weisheit gibt es eine 76. Wenn es aber geschähe und selbst
sichtbare Schwäche in einigen unserer wenn es gewährleistet würde, so frage ich
Maßnahmen, die Meinungsverschiedenhei- vernünftiger Weise, durch welche Mittel
ten ermutigen. solch ein korrupter und unzuverlässiger
66. Der kontinentale Gürtel ist zu lose Hof an seine Verpflichtungen gebunden
geschnallt. werden soll?
67. Und wenn irgend etwas nicht zur 77. Ein anderes Parlament, ja selbst das
rechten Zeit geschieht, so wird es zu spät gegenwärtige widerruft später die Ver-
sein, irgend etwas zu tun und wir werden pflichtung unter dem Vorwand, sie sei
in einen Zustand geraten, in dem weder durch Gewalt erlangt oder unklug bewilligt
Versöhnung noch Unabhängigkeit durch- worden; und wo ist in diesem Fall unser
führbar sind. Regreß?
68. Der König und seine unwürdigen 78. Mit Nationen kann man nicht vor
Anhänger werden ihr altes Spiel treiben, Gericht ziehen.
den Kontinent zu spalten und es wird bei 79. Kanonen sind die Anwälte der Kro-
uns nicht an Druckern fehlen, die eifrig nen; und das Schwert, nicht der Gerechtig-
trügerische Lügen verbreiten werden. keit, sondern des Kriegs, entscheidet den
69. Der raffinierte und heuchlerische Streit.
Brief, der vor wenigen Monaten in zwei 80. Um den Stand von 1763 zu erreichen
New Yorker Zeitungen und noch in zwei reicht es nicht aus, daß nur die Gesetze auf
weiteren erschien, ist Beweis dafür, daß es denselben Stand gebracht würden, sondern
Menschen gibt, denen es sowohl an Urteils- auch unsere Umstände müßten wider die
fähigkeit als auch an Ehrbarkeit mangelt. gleichen sein; unsere verbrannten und zer-
70. Es ist leicht, sich in Höhlen und störten Städte müßten repariert oder wieder
Winkeln zu verkriechen und von Versöh- aufgebaut, unsere privaten Verluste ersetzt,
nung zu reden: bedenken aber solche Per- unsere öffentlichen Schulden, die für die
sonen im Ernst, wie schwierig die Aufgabe Verteidigung gemacht wurden, beglichen
ist und wie gefährlich es sich erweisen werden; anderenfalls ständen wir um Mil-
mag, sollte der Kontinent sich darüber spal- lionen schlechter da, als in jener benei-
ten? denswerten Periode.
71. Betrachten sie all die verschiedenen 81. Hätte ein solches Verlangen vor ei-
Menschengruppen, deren Situation und nem Jahr Gehör gefunden, so wäre das

44
Herz und die Seele des Kontinents gewon- 92. Es wird nicht immer so sein, daß
nen worden. unsere Soldaten Bürger sind und die Masse
82. Nun ist es aber zu spät, der Rubikon eine Körperschaft vernünftiger Menschen.
ist überschritten. 93. Wie ich schon bemerkt habe, ist die
83. Außerdem scheint das Ergreifen der Tugend weder erblich noch ewig.
Waffen, bloß um den Widerruf eines Steu- 94. Sollte die Unabhängigkeit durch das
ergesetzes zu erzwingen, ebenso unverein- erste dieser Mittel zustande gebracht wer-
bar sowohl mit dem göttlichen Gesetz als den, so haben wir alle Gelegenheit und
auch mit den menschlichen Gefühlen zu jeden Ansporn für uns, die vornehmste und
sein wie das Ergreifen der Waffen, um reinste Verfassung auf der Erde zu schaf-
einem solchen Gesetz Gehorsam zu er- fen.
zwingen. 95. Es steht in unserer Macht, die Welt
84. Dieser Gegenstand rechtfertigt für von Neuem zu beginnen.
beide Seiten diese Mittel nicht. 96. Eine Situation, die mit der gegenwär-
85. Denn das Leben der Menschen ist zu tigen vergleichbar ist, hat es seit Noahs
wertvoll, als daß es für solche Kleinigkei- Zeiten bis heute nicht gegeben.
ten weggeworfen würde. 97. Der Geburtstag einer neuen Welt ist
86. Es ist die Gewalt, die unseren Perso- nahe und eine Menschenrasse, vielleicht so
nen widerfahren ist oder angedroht wird; zahlreich wie ganz Europa enthält, soll
die Zerstörung unseres Besitzes durch mili- ihren Anteil von Freiheit durch den Aus-
tärische Gewalt; die Invasion unseres Lan- gang weniger Monate erhalten.
des mit Feuer und Schwert, was den Ge- 98. Diese Überlegung ist furchtbar; wie
brauch der Waffen rechtfertigt. belanglos, wie lächerlich erscheinen aus
87. In dem Augenblick, in dem eine sol- diesem Blickwinkel die kleinen, armseligen
che Verteidigung notwendig wurde, hätte Kritteleien einiger weniger oder eigennüt-
alle Unterwerfung gegenüber Britannien ziger Männer, wenn man sie gegen die Sa-
aufhören und die Unabhängigkeit Amerikas che einer ganzen Welt abwägt!
in Betracht gezogen werden müssen. 99. Sollten wir die gegenwärtige günstige
88. Und zwar von dem Zeitpunkt an, in und einladende Periode vernachlässigen
dem die erste Muskete gegen uns abgefeu- und würde die Unabhängigkeit erst später
ert wurde. durch andere Mittel erlangt werden, so
89. Diese Grenzlinie ist folgerichtig; sie müssen wir die Konsequenzen uns selbst
wurde weder durch Willkür gezogen noch oder denen anlasten, deren kleine und vor-
durch Ehrgeiz ausgedehnt; sondern durch eingenommene Seelen sich üblicherweise
eine Kette von Ereignissen hervorgebracht, allen Maßnahmen ohne Untersuchung und
deren Urheber nicht die Kolonien sind. ohne Nachdenken widersetzen.
90. Ich will diese Bemerkungen mit den 100. Es lassen sich zur Unterstützung der
folgenden rechtzeitigen und wohlgemeinten Unabhängigkeit Gründe anführen, die man
Winken beschließen. lieber im Privaten bedenken als in der Öf-
91. Wir sollten bedenken, daß es nur drei fentlichkeit debattieren sollte.
verschiedene Wege gibt, auf denen wir 101. Wir sollten jetzt nicht erörtern, ob
künftig die Unabhängigkeit erlangen kön- wir unabhängig sein sollten oder nicht, son-
nen: und daß einer dieser drei früher oder dern uns darum kümmern, wie wir sie auf
später das Schicksal Amerikas werden einer festen, sicheren und ehrenvollen Basis
wird: nämlich durch die gesetzliche Stimme erreichen können und eher ungehalten dar-
des Volkes im Kongreß; durch militärische über sein, daß wir bis jetzt noch nicht da-
Gewalt; oder durch den Mob. mit begonnen haben.
102. Jeder Tag überzeugt uns von ihrer
Notwendigkeit.

45
103. Selbst die Tories (wenn es noch sol- dieses Pamphletes enthalten war, erfolgte,
che Wesen unter uns gibt) sollten sie vor so ist dies der Beweis, daß die Lehre ent-
allen anderen unterstützen; denn wie die weder nicht widerlegt werden kann oder
Ausschüsse sie bisher vor der Wut des daß die sie unterstützende Partei zu groß
Volkes geschützt haben, so wird eine weise ist, als daß man ihr opponieren könnte.
und wohl eingerichtete Regierungsform das 114. Daher laßt uns, anstatt einander mit
einzige sichere Mittel sein, ihnen auch in verdächtiger und zweifelhafter Neugier zu
Zukunft Sicherheit zu gewähren. betrachten, ein jeder seinem Nachbarn
104. Wenn sie also nicht genug Tugend herzlich die Hand reichen und uns vereini-
haben, um Whigs zu sein, so sollten sie gen, eine Grenze zu ziehen, die wie eine
doch genug Klugheit besitzen, um die Un- Amnestie jeden früheren Zwiespalt begra-
abhängigkeit zu wünschen. ben wird.
105. Kurz, die Unabhängigkeit ist das ein- 115. Mögen die Namen von Whig und
zige Band, das uns binden und zusammen- Tory ausgelöscht werden; und kein anderer
halten kann. möge unter uns gehört werden, als der ei-
106. Wir werden dann unser Ziel sehen nes guten Bürgers, eines offenen und recht-
und unsere Ohren werden legal verschlos- schaffenen Freundes und eines tugendhaf-
sen sein gegen die Pläne eines ebenso intri- ten Anhängers der Rechte der Menschheit
ganten wie grausamen Feindes. und der Freien und Unabhängigen Staaten
107. Wir werden dann auch einen richtigen von Amerika!
Stand für Verhandlungen mit Britannien
haben; denn es gibt Grund für die Annah- § 7 An die Quäker
me, daß der Stolz dieses Hofes durch Frie-
densverhandlungen mit den amerikanischen 1. An die Repräsentanten der religiö-
Staaten weniger verletzt werden wird als sen Gesellschaft des Volkes, Quäker ge-
durch Verhandlungen mit denen, die er als nannt, oder an diejenigen von ihnen, die an
rebellische Subjekte bezeichnet. der Herausgabe der vor kurzem erschiene-
108. Nur unser Zögern ermutigt Britanni- nen Schrift: „Das alte Zeugnis und die
en, noch auf Eroberung zu hoffen und un- Grundsätze der Quäker über den König und
ser Versäumnis sorgt nur für eine Verlän- die Regierung in Bezug auf die Unruhen,
gerung des Krieges. die in diesen oder anderen Teilen Amerikas
109. Da wir ohne eine positive Wirkung herrschen, gerichtet an das Volk im Allge-
unseren Handel eingestellt haben, um Ab- meinen“ teilgenommen haben.
hilfe unsere Beschwerden so erlangen, so 2. Der Schreiber dieser Zeilen ist einer
laßt uns nun die Alternative versuchen, der wenigen, der die Religion niemals be-
ihnen unsererseits durch die Unabhängig- leidigt hat, weder durch Verhöhnen noch
keit abzuhelfen und den Handel wieder Nörgeln über irgendeine Konfession.
aufzunehmen. 3. In Sachen Religion sind alle Men-
110. Die Kaufleute und die Vernünftigen schen Gott und nicht den Menschen ver-
in England werden trotzdem mit uns sein; antwortlich.
denn Friede mit Handel ist einem Krieg 4. Und deshalb richtet sich diese
ohne Handel vorzuziehen. Schrift nicht eigentlich an euch als eine
111. Und sollte dieses Angebot nicht an- religiöse, sondern als eine politische Grup-
genommen werden, so mögen andere Höfe pe, indem sie von Dingen handelt, in die
es annehmen. sich nicht einzumischen der angebliche
112. Auf diese Gründe stütze ich die Sa- Gleichmut eurer Prinzipien lehrt.
che. 5. Da ihr euch, ohne eigentliche Auto-
113. Und da bis jetzt keine Widerlegung rität für dieses Handeln, selbst an die Stelle
der Lehre, die in den früheren Ausgaben aller Quäker gesetzt habt, so ist der Autor

46
dieser Zeilen, schon um mit euch auf glei- Land bereits mit Blut gefüllt hat und die,
cher Stufe zu stehen, genötigt, sich an die solange ihr Name bleibt, die fatale Ursache
Stelle all derjenigen zu setzen, die alle künftigen Unheils für beide Länder sein
Schriftwerke und Grundsätze billigen, ge- wird.
gen die euer Zeugnis gerichtet ist. 17. Wir kämpfen weder aus Rache noch
6. Und er hat diese ungewöhnliche für Eroberungen; weder aus Stolz noch aus
Situation gewählt, damit ihr in ihm jene Leidenschaft; wir verletzen die Welt nicht
Überheblichkeit des Charakters entdecken mit unseren Flotten und Armeen, noch
mögt, die ihr bei euch selbst nicht seht. verwüsten wir den Erdkreis mit Plünde-
7. Denn weder er noch ihr habt ir- rung.
gendeinen Anspruch oder Titel auf politi- 18. Unter dem Schatten unserer Reben
sche Repräsentation. werden wir angegriffen; in unseren Häu-
8. Wenn Menschen vom rechten Weg sern und auf unseren Äckern werden Ge-
abkommen, so ist es nicht verwunderlich, walttätigkeiten gegen uns verübt.
daß sie stolpern und fallen. 19. Wir betrachten unsere Feinde als
9. Aus der Art, in der ihr euer Zeugnis Straßenräuber und Einbrecher, und da wir
abgefaßt habt, wird offenbar, daß die Poli- nicht durch bürgerliche Gesetze geschützt
tik nicht euer eigentliches Geschäft ist, da werden, sind wir gezwungen, unsere Fein-
ihr eine religiöse Gruppe seid. de mit den militärischen zu strafen, und in
10. Denn wie gut es euch auch erschei- jenen Fällen, in denen bisher der Strick
nen mag, so ist es trotzdem ein Wirrwarr angewandt wurde, das Schwert anzuwen-
von Gutem und Bösen, unklug vermischt, den.
und die daraus gezogene Schlußfolgerung 20. Vielleicht fühlen wir für die ruinier-
ist sowohl unnatürlich als auch ungerecht. ten und verletzten Leidtragenden in allem
11. Die beiden ersten Seiten, das Ganze und jedem Teil des Kontinents mit einem
macht nicht vier aus, wollen wir euch zu- Maß von Zärtlichkeit, das bis jetzt noch
gestehen und erwarten von euch die gleiche nicht bis zu euch vorgedrungen ist.
Höflichkeit, weil die Liebe und der Wunsch 21. Seid ihr aber sicher, daß ihr nicht
nach Frieden nicht auf die Quäker be- die Ursache und den Grund eures Zeugnis-
schränkt ist; es ist der natürliche und reli- ses verkennt?
giöse Wunsch aller menschlichen Glau- 22. Nennt die Kälte der Seele nicht Re-
bensrichtungen. ligion; und verwechselt nicht den Eiferer
12. In dieser Hinsicht übertreffen wir mit einem Christen.
als Männer, die daran arbeiten, eine unab- 23. Oh ihr parteiischen Priester eurer
hängige Konstitution für uns zu errichten, eigenen geschätzten Grundsätze!
alle anderen in unserer Hoffnung, in unse- 24. Wenn das Tragen von Waffen Sün-
rem Zweck und Ziel. de ist, so muß, bei allem Unterschied zwi-
13. Unser Plan ist Frieden für immer. schen vorsätzlichem Angriff und unver-
14. Wir sind der Auseinandersetzung meidlicher Verteidigung, derjenige, der
mit Britannien müde und können kein ande- einen Krieg zuerst beginnt, ein größerer
res Ende erkennen als in der endlichen Sünder sein.
Trennung. 25. Und wenn ihr wirklich aus Gewis-
15. Wir handeln konsequent, weil wir, sensgründen redet und nicht beabsichtigt,
um einen ewigen und ununterbrochenen aus eurer Religion ein politisches Stecken-
Frieden einzuführen, die gegenwärtigen pferd zu machen, so überzeugt die Welt
Leiden und Bürden tragen. dadurch, daß ihr eure Lehre unseren Fein-
16. Wir bemühen uns und werden stets den vortragt, denn sie tragen ebenfalls
in unseren Bemühungen fortfahren, eine Waffen.
Verbindung zu trennen und lösen, die unser

47
26. Gebt uns einen Beweis eurer Auf- getragen werden; und dies nur vonseiten
richtigkeit dadurch, daß ihr sie am Hof in des Volkes.
St. James veröffentlicht und dem Oberbe- 32. Uns scheint, ihr habt Parteinahme
fehlshaber in Boston, den Admirälen und mit Gewissen verwechselt; weil der allge-
Kapitänen, die wie Piraten unsere Küsten meine Tenor eurer Handlungen Einheitlich-
heimsuchen, und all den mordenden Schur- keit vermissen läßt.
ken bekanntgebt, die unter der Autorität 33. Und es ist äußerst schwierig für
dessen handeln, dem ihr zu dienen bekennt. uns, vielen eurer angeblichen Bedenken
27. Hättet ihr die rechtschaffenen Seele Glauben zu schenken; denn wir sehen, daß
eines Barkley8, so würdet ihr eurem König sie durch eben dieselben Männer vorge-
Reue predigen. bracht werden, die im gleichen Augenblick,
28. Ihr würdet dem königlichen Teufel in dem sie gegen den Mammon der Welt
seine Sünden verkünden und ihn vor dem eifern, ihm nichts desto weniger mit ebenso
ewigen Verderben warnen. festem Schritt, wie die Zeit, und mit einem
29. Ihr würdet eure parteiischen Schmä- ebenso großen Appetit wie der Tod nachja-
hungen nicht nur gegen die Geschädigten gen.
und Verletzten richten, sondern wie gläubi- 34. Die Stelle, die ihr auf der dritten
ge Priester laut aufschreien und niemanden Seite eures Zeugnisses aus den Sprüchen
ausnehmen. Salomos zitiert, „wenn eines Menschen
30. Sagt nicht, daß ihr verfolgt seid und Wege dem Herrn wohl gefallen, so läßt er
bemüht euch nicht, uns zu Autoren dieses auch seine Feinde mit ihm Frieden ma-
Vorwurfs zu machen, der euch selbst trifft; chen“9, ist sehr unklug von euch gewählt
denn wir bezeugen vor allen Menschen, worden; weil sie beweist, daß die Wege des
daß wir uns nicht beschweren, weil ihr Königs, den ihr zu unterstützen wünscht,
Quäker seid, sondern weil ihr vorgebt dem Herrn nicht gefallen, anderenfalls
Quäker zu sein und es nicht seid. würde seine Herrschaft in Frieden leben.
31. Es scheint leider, aus der besonde- 35. Ich komme nun zum letzten Teil
ren Absicht einiger Teile eures Zeugnisses eures Zeugnisses, vom dem alle vorherge-
und eures anderweitigen Benehmens, so zu henden nur die Einleitung zu sein scheinen,
sein, als ob die ganze Sünde darauf redu- nämlich:
ziert und darin gesehen wird, daß Waffen 36. „Es ist immer unsere Auffassung
und unser Grundsatz gewesen, seit wir be-
rufen sind, das Licht Jesu zu bekennen,
8
„Barkleys Adresse an Carl II: „Du hast Wohlstand manifestiert in unseren Gewissen bis auf
und Not geschmeckt. Du weißt was es bedeutet, aus
den heutigen Tag, daß die Berufung und
deinem Geburtsland vertrieben zu werden, be-
herrscht zu werden und zu herrschen und den Thron die Abberufung der Könige und Regierun-
zu bestürmen. Und weil du unterdrückt wurdest, so gen das besondere Vorrecht Gottes ist; weil
hast du allen Grund zu wissen, wie verhaßt der er die Sache selbst am besten kennt; daß es
Unterdrücker sowohl Gott als auch den Menschen nicht unsere Aufgabe ist, uns darin einzu-
ist. Wenn du dich also nach all diesen Warnungen
mischen oder unsere Stellung zu über-
und Ratschlägen nicht aus ganzem Herzen dem
Herrn zuwendest, sondern ihn vergißt, der an dich schreiten; daß es noch viel weniger unsere
gedacht hat in deiner Not, und dich selbst der müßi- Aufgabe ist, Komplotte zu schmieden, den
gen Lust und Eitelkeit hingibst, dann wird deine Ruin zu bewirken oder die Überwindung
Verdammnis sicherlich groß sein. Gegen diese irgendeines von ihnen zustande zu bringen,
Schlingen und gegen die Versuchungen derjenigen,
sondern für den König und die Sicherheit
die dich zum Bösen leiten und verführen wollen,
wird das beste und gängigste Heilmittel sein, dich der Nation und das Wohl aller Menschen
selbst an das Licht Christi zu halten, das in dein zu beten, damit wir ein friedliches und ru-
Gewissen scheint und das dir niemals schmeicheln
noch dulden wird, mit deinen Sünden Frieden zu
9
machen.“ Spr 16,7

48
higes Leben führen mögen in aller Heilig- 48. Selbst die Zerstreuung der Juden,
keit und Anständigkeit; unter der Regie- obwohl vom Herrn vorhergesagt, wurde
rung, die über uns einzusetzen Gott gefal- durch Waffen bewirkt.
len hat.“ 49. Und deshalb solltet ihr euch, da ihr
37. Wenn dies wirklich eure Grundsätze euch einerseits weigert, Mittel zu sein, an-
sind, warum bleibt ihr ihnen nicht treu? dererseits nicht in fremde Angelegenheiten
38. Warum wollt ihr das, was ihr Gottes einmischen, sondern den Ausgang schwei-
Werk nennt, ihm nicht allein überlassen? gend abwarten.
39. Eben diese eure Grundsätze lehren 50. Und solange ihr nicht göttliche Au-
euch, mit Geduld und Demut auf den Aus- torität vorzeigen könnt, um zu beweisen,
gang alle öffentlichen Maßnahmen zu war- daß der Allmächtige, der diese neue Welt
ten und den Ausgang als göttlichen Willen in dem größten nur möglichen Abstand auf
für euch zu empfangen. jeder Seite nach Ost und West von der alten
40. Welchen Grund gibt es daher für geschaffen und gegründet hat, es dennoch
euer politisches Zeugnis, wenn ihr das voll- nicht billigt, daß sie von dem korrupten
kommen glaubt, was es enthält? und verkommenen britischen Hof unabhän-
41. Und die bloße Veröffentlichung gig sei, solange ihr, sage ich, dies nicht
beweist, daß ihr das, was ihr bekennt, nicht aufzeigen könnt, wie könnt ihr auf der
glaubt oder daß ihr nicht genügend Tugend Grundlage eurer Prinzipien es rechtferti-
habt das zu praktizieren, was ihr glaubt. gen, daß ihr das Volk erregt und bewegt,
42. Die Grundsätze der Quäker haben „sich fest zur Verabscheuung aller solchen
die direkte Tendenz, die Menschen zu ru- Schriften und Maßnahmen zu vereinigen,
higen Untertanen von allen und jeden Re- die ein Verlangen und die Absicht äußern,
gierungen zu machen, die über sie gesetzt die glückliche Verbindung zu unterbrechen,
sind. in der wir bisher mit dem Königreich
43. Und wenn es das besondere Vor- Großbritannien gestanden haben und unsere
recht Gottes ist, Könige und Regierungen gerechte und notwendige Untertänigkeit
einzusetzen und abzuberufen, dann wird er unter den König und solche, die nach dem
ganz sicher nicht durch uns dieses Vorrech- Gesetz unter ihm in Amt und Würden ste-
tes beraubt werden. hen, aufzuheben.“
44. Weswegen der Grundsatz selbst 51. Was für eine Ohrfeige ist dies!
euch dahin führt, allem, was jemals den 52. Die Menschen, die sich in dem eben
Königen widerfahren ist oder wird, als sei- zitierten Paragraphen ruhig und passiv über
nem Werk zuzustimmen. das Einsetzen, Verändern und Absetzen der
45. Oliver Cromwell dankt euch. Könige und Regierungen in die Hände Got-
46. Carl starb also nicht durch Men- tes ergeben, widerrufen jetzt ihre Grund-
schenhand; und sollte sein gegenwärtiger sätze und beanspruchen, an diesem Ge-
stolzer Imitator einst selbst zu dem gleichen schäft Anteil zu nehmen.
unzeitgemäßen Ende kommen, dann sind 53. Ist es möglich, daß dieser Schluß,
die Verfasser und Herausgeber des Zeug- der hier richtig zitiert wird, in irgendeiner
nisses durch die in ihm enthaltene Lehre Weise aus der angegebenen Lehre gezogen
verpflichtet, der Tat Beifall zu spenden. werden kann?
47. Könige werden nicht durch Wunder 54. Die Inkonsequenz ist zu deutlich, als
entfernt; auch werden keine Regierungs- daß man sie übersehen könnte;
wechsel durch irgendwelche anderen Mittel 55. Die Absurdität ist zu groß, als daß
bewirkt als solche, die gewöhnlich und man nicht über sie lachen sollte.
menschlich sind und derer wir uns jetzt 56. Und so etwas konnte nur gemacht
bedienen. werden durch solche, deren Verstand durch
den engen und mürrischen Geist einer ver-

49
zweifelten politischen Partei verdunkelt 68. Hiermit also nehme ich, ohne Wut
wurde. und Zorn, von euch Abschied.
57. Denn man muß euch nicht für die 69. Ich wünsche aufrichtig, daß ihr euch
ganze Körperschaft der Quäker halten, als Menschen und Christen immer der vol-
sondern nur für eine ihrer Splittergruppen len und ungestörten bürgerlichen und reli-
oder Fraktionen. giösen Rechte jeder Art erfreuen könnt;
58. Hier endet die Untersuchung eures und daß ihr eurerseits dafür sorgen werdet,
Zeugnisses. sie anderen zu sichern.
59. Ich fordere niemanden auf, es zu 70. Ich wünsche aber auch, daß das
verabscheuen, wie ihr es getan habt, son- Beispiel, das ihr gegeben habt, Religion mit
dern nur, es aufmerksam durchzulesen und Politik zu vermengen, von jedem Einwoh-
zu beurteilen. ner Amerikas mißbilligt und verworfen
60. Ich füge folgende Bemerkung hinzu: werden möge.
61. Die Ein- oder Absetzung eines Kö-
nigs bedeutet, jemanden zum König zu ma-
chen, der es jetzt nicht ist, und denjenigen
zu einem Nichtkönig zu machen, der es
bereits ist.
62. Und bitte, was hat dies mit der ge-
genwärtigen Angelegenheit zu tun?
63. Wir beabsichtigen weder einzuset-
zen noch abzusetzen, weder zu machen
oder zu entmachten; wir wollen nur mit
ihnen nichts zu tun haben.
64. Und deshalb dient euer Zeugnis,
wie auch immer man es betrachtet, nur
dazu, eurem Urteil Schande zu machen,
und ihr hättet auch aus vielen anderen
Gründen besser getan, es in Ruhe zu lassen
als es zu veröffentlichen:
65. Erstens, weil es darauf abzielt, jeg-
liche Religion zu schwächen und zu tadeln,
da es für die Gesellschaft äußerst gefährlich
ist, wenn die Religion in politischen Strei-
tigkeiten Partei ergreift.
66. Zweitens, weil es im Namen einer
Gruppe von Menschen abgegeben wird,
unter denen viele sind, die es mißbilligen,
daß politische Zeugnisse veröffentlicht wer-
den, in denen so getan wird, als seien sie
vom Inhalt überzeugt und unterstützten es.
67. Drittens, weil es die Tendenz hat,
die Harmonie und Freundschaft dieses
Kontinents zu zerstören, die ihr selbst erst
vor kurzem durch eure großzügigen und
wohltätigen Spenden unterstützt habt; deren
Erhaltung ist für uns alle von äußerster
Wichtigkeit.

50
Afrikanische Sklaverei in Amerika

8. März 1775

Aus dem Pennsylvania Magazine

51
52
§ 8 An die Amerikaner 7. Die Manager und Förderer dieses
unmenschlichen Handels haben so viel un-
1. Daß einige gefährliche Schurken schuldiges Blut vor dem gemeinsamen Her-
willens sind, Menschen aus Gewinnsucht rn aller zu verantworten!
mit Gewalt und Mord zu rauben und zu 8. Viele von ihnen waren keine
versklaven, ist eher beklagenswert als selt- Kriegsgefangenen, die man von ihren wil-
sam. den Siegern erlöst hat, wie einige behaup-
2. Aber daß viele zivilisierte, nein ten; und jene, die solche Gefangenen wa-
christliche Menschen diese grausame Praxis ren, verdanken dies den Engländern, die
billigen und von ihr überzeugt sind, daß ist den Krieg beförderten, um sie dazu zu ma-
überraschend; überraschend auch, daß sie chen; und wenn sie erlöst wären, wie man
immer noch fortbesteht, obwohl durch eine behauptet, so schuldeten sie ihrem Erlöser
Folge von bedeutenden Männern und in nichts mehr als das, was er für sie gezahlt
einigen früheren Veröffentlichungen häufig hat.
nachgewiesen wurde, daß sie der Natur und 9. Diejenigen, die diese Angelegenheit
jedem Prinzip von Gerechtigkeit und mit dem Spruch kommentieren „Menschen
Menschlichkeit und sogar einer guten Poli- werden in gewissen Fällen rechtmäßig zu
tik widerspricht. Sklaven gemacht, warum nicht auch die-
3. Unsere Menschenhändler (ein unna- se?“ zeigen ebensowenig Vernunft wie
türlicher Begriff!) müßten die Verworfen- Gewissen.
heit des Sklavenhandels erkennen, wenn sie 10. In einigen Fällen werden Menschen
ihrer Vernunft oder den Regungen ihres ohne ihre Zustimmung rechtmäßig getötet
eigenen Herzens folgten; indem sie diese und ihres Vermögens beraubt; aber darf
unterdrücken, opfern sie absichtlich ihr man deshalb irgendeinen Menschen ohne
Gewissen und ihre Integrität jenem golde- Verdammungsurteil so behandeln?
nen Idol. 11. Diese Ausrede wird auch nicht
4. Die Manager dieses Handels selbst durch den Zusatz besser „Sie werden uns
und andere bezeugen, daß viele dieser afri- als Sklaven geliefert und wir kaufen sie
kanischen Völker fruchtbare Länder be- ohne weitere Untersuchung, das ist Sache
wohnen, fleißige Farmer sind, Überfluß der Verkäufer“.
genießen, ruhig lebten und Kriege ablehn- 12. Solche Menschen könnten sich
ten, bevor die Europäer sie mit Alkohol ebenso gut einer bekannten Räuberbande
verdarben und sie gegeneinander aufbrach- anschließen, ihre Hehlerware kaufen und
ten; und daß diese harmlosen Leute ver- ihren Handel unterstützen; die Unwissen-
sklavt wurden, indem man sie raubte, die heit ist in beiden Fällen keine Rechtferti-
Könige verleitete, ihre Untertanen zu ver- gung; die Verkäufer besitzen sie nur so,
kaufen, wozu sie nicht berechtigt waren, wie sie sie erstanden haben.
und indem man einen Stamm anheuerte, 13. Aber niemand kann ohne Beweis
gegen einen anderen Krieg zu führen, um rechtmäßig kaufen, daß sie nicht mit Men-
Gefangene zu machen. schenräubern zusammenarbeiten.
5. Man sagt, daß die Engländer auf 14. Und so wie der wahre Eigentümer
diese grausame und unmenschliche Art an das Recht hat, seine Güter zurückzufor-
die Hunderttausend jährlich versklaven. dern, die ihm gestohlen und die verkauft
6. Man nimmt an, daß von diesen im wurden, so hat der Sklave, der der wahre
ersten Jahr dreißigtausend infolge barbari- Eigentümer seiner Freiheit ist, das Recht,
scher Behandlung sterben, einmal abgese- sie zurückzufordern, obwohl sie oft ver-
hen von all denen, die in den unnatürlichen kauft wurde.
Kriegen erschlagen werden, die man führt,
um sie zu fangen.

53
15. Am meisten von allem schockiert unterdrückt werden, vereinbar mit all die-
die Behauptung, die Heilige Schrift begün- sen göttlichen Geboten?
stige diese böse Praxis. 28. Behandeln wir sie so, wie wir uns
16. Man sollte denken, daß nur ungläu- wünschen würden, daß sie uns behandeln?
bige Nörgler sich bemühen würden, sie im 29. Wenn sie einige Tausende von uns
Gegensatz zu den einfachen Befehlen der entführen und versklaven könnten, würden
Natur, des Gewissens und der Sache der wir es für gerecht halten?
Gerechtigkeit und Menschlichkeit erschei- 30. Man müßte beinahe wünschen, daß
nen zu lassen, was sie aber nicht sein kann. sie es einst könnten; es könnte mehr über-
17. Solch ehrenwerte Menschen, wie zeugen als die Vernunft oder die Bibel.
oben erwähnt, urteilen anders. 31. Da dies nicht verfängt, so werden
18. Mr. Baxter erklärte, die Sklaven- sie vielleicht in der alten Geschichte nach
händler sollten vielmehr Teufel als Christen Vorbildern des modernen Sklavenhandels
genannt werden; und daß es ein abscheuli- suchen.
ches Verbrechen sei, sie zu kaufen. 32. Zu viele Völker haben die Gefange-
19. Aber einige sagen, „die Praxis war nen versklavt, die sie im Krieg gemacht
bei den Juden erlaubt.“ haben.
20. Darauf mag man antworten: Das 33. Aber zu Völkern zu gehen, mit de-
Beispiel der Juden sollte in vielen Dingen nen kein Krieg geführt wird, die in keiner
von uns nicht nachgeahmt werden. Weise provoziert haben, ohne die weitere
21. Sie hatten nicht nur den Befehl, ei- Absicht zu erobern, sondern bloß um harm-
nige Völker insgesamt auszurotten, sondern lose Menschen wie wilde Tiere als Sklaven
jeden Mann zu erschlagen, wenn sie ge- zu fangen, das ist die größte Beleidigung
zwungen waren, mit anderen Krieg zu füh- der Menschlichkeit und Gerechtigkeit, die
ren und sie besiegten. die heidnischen Völker übrig gelassen zu
22. Sie litten unter der Vielweiberei und haben scheinen, damit sie von angeblichen
Scheidungen, und anderen Dingen, die für Christen ausgeübt wird.
uns unter klarerem Licht absolut ungesetz- 34. Wie schändlich sind alle Versuche,
lich sind. sie zu beschönigen und zu entschuldigen!
23. Die Behauptung ist in großem Maße 35. Da diese Menschen nicht zum Ver-
falsch; sie hatten nicht die Erlaubnis, Men- lust ihrer Freiheit verurteilt wurden, so
schen zu fangen und zu versklaven, die haben sie immer noch ein natürliches und
ihnen nie geschadet hatten. perfektes Anrecht auf sie.
24. Solche Argumente bekommen uns 36. Und eine künftige Regierung, wann
schlecht, seit unter dem Licht des Evange- immer sie kommt, sollte sie gerechterweise
liums die Zeit der Reform kam. freilassen und jene bestrafen, die sie in
25. Alle Unterschiede zwischen den Sklaverei halten.
Völkern und der Vorrechte des einen über 37. So ungeheuerlich das Machen und
andere haben aufgehört. Halten von Sklaven ist, so barbarisch sind
26. Man lehrt die Christen, alle Men- die Behandlung, die sie erleiden und die
schen für ihre Nächsten zu halten; und ihre vielen Übel, die mit dieser Praxis verbun-
Nächsten wie sich selbst zu lieben; und alle den sind; wie der Verkauf der Ehemänner
Menschen so zu behandeln, wie sie selbst ohne ihre Frauen, der Kinder ohne ihre
behandelt werden möchten; und allen Men- Eltern, eine Verletzung der heiligen und
schen Gutes zu tun; und Menschenraub natürlichen Bindungen; dies ebnet den Weg
wird als großes Verbrechen eingestuft. für Ehebruch, Inzest und viele schockie-
27. Ist diese barbarische Versklavung rende Konsequenzen.
unserer harmlosen Nächsten und ihre Be-
handlung als wilde Tiere, die durch Gewalt

54
38. Für all dies müssen sich die schul- 50. Sollten es nicht alle unverzüglich
digen Herren vor dem letzten Richter ver- beenden und abschaffen, mit Kummer und
antworten. Abscheu?
39. Wenn die Sklaverei für die Eltern 51. Sollte nicht jede Gesellschaft gegen
unrecht ist, so gilt dies um so mehr für die es zeugen und jene hartnäckigen Beharrer
ihrer Kinder. zu den schlechten Menschen zählen, zu den
40. Auch wenn die Eltern zu Recht ver- Feinden ihres Landes und sie aus der Ge-
sklavt sind, so werden ihre Kinder doch meinschaft ausschließen, wie sie es oft für
frei geboren. wesentlich geringere Fehler machen?
41. Dies ist natürliches vollkommenes 52. Die große Frage mag sein – was soll
Recht der ganzen Menschheit. mit jenen geschehen, die schon versklavt
42. Sie sind nichts als eine gerechte sind?
Belohnung für jene, die sie aufziehen; und 53. Die Alten und Schwachen freizulas-
da für sie gewöhnlich weniger aufgewendet sen, wäre ungerecht und grausam.
wird als für andere, so haben sie gerech- 54. Diejenigen, die sich ihrer Arbeit in
terweise das Recht, entsprechend früher besseren Tagen erfreut haben, sollten sie
frei zu sein. behalten und menschlich behandeln.
43. Man kann sicherlich mit ebenso viel 55. Was den Rest angeht, so laßt kluge
Vernunft und Recht für Mord, Raub, Un- Menschen mit Unterstützung des Gesetzge-
zucht und Barbarei plädieren wie für diese bers bestimmen, was für die Herren prakti-
Praxis: sie widersprechen den natürlichen kabel und für ihn das Beste ist.
Befehlen des Gewissens und den Gefühlen 56. Vielleicht können einige ihnen Land
der Menschlichkeit nicht mehr als diese: zu vernünftiger Pacht verpachten; einige,
nein sie sind in ihr alle enthalten. die sie weiterbeschäftigen, mögen ihnen
44. Das Hauptanliegen dieser Schrift ist einen vernünftigen Lohn zahlen; so daß alle
nicht, die Sklaverei zu widerlegen. etwas Besitz und die Früchte ihres Fleißes
45. Das haben schon viele ausreichend haben mögen; die Familie mag zusammen-
gemacht; sondern die Amerikaner anzufle- leben und die natürliche Befriedigung ge-
hen, nachzudenken. nießen, verwandtschaftliche Beziehungen
46. Mit welcher Folgerichtigkeit oder und Pflichten auszuüben, unter bürgerli-
welchem Anstand beschweren sie sich so chem Schutz und mit anderen Vorteilen,
laut über die Versuche, sie zu versklaven, wie die Mitmenschen.
während sie so viele Hunderttausende in 57. Vielleicht könnten sie manchmal
der Sklaverei halten; und jährlich viele wei- eine nützliche Ansiedlung an den Grenzen
tere Tausende versklaven, ohne irgendeinen bilden.
Schein einer Autorität oder eines An- 58. So könnten sie an dem öffentlichen
spruchs auf sie? Gedeihen interessiert werden und ihre För-
47. Wie gerecht, wie passend für unser derung unterstützen; anstatt gefährlich zu
Verbrechen ist die Bestrafung, mit der uns sein wie jetzt, wo jeder Feind ihnen bessere
die Vorsehung bedroht? Umstände versprechen kann.
48. Wir haben Massen versklavt und 59. Die bisherige Behandlung der Afri-
dabei viel unschuldiges Blut vergossen; und kaner muß sie natürlich mit Abscheu vor
nun werden wir mit dem gleichen bedroht. den Christen erfüllen; muß sie dazu brin-
49. Und während andere Übel zugege- gen, zu denken, daß unsere Religion sie zu
ben und bejammert werden, warum nicht unmenschlicheren Wilden machen würde,
dieses besonders und das öffentlich; denn wenn sie sie annähmen.
welches andere Verbrechen hat soviel 60. Auf diese Weise ist der Gewinn
Schuld über dieses Land gebracht? dieser Menschen im Gegensatz zur Sache
des Erlösers und des Glücks der Mensch-

55
heit erfolgt: sind wir deshalb nicht ihm und
ihnen gegenüber verpflichtet, dieses Un-
recht so weit wie möglich wiedergutzuma-
chen, indem wir Maßnahmen ergreifen,
nicht nur die Sklaven hier sondern auch die
Afrikaner in ihren eigenen Ländern zu un-
terrichten?
61. Die ersten Christen haben sich im-
mer bemüht, ihre göttliche Religion zu
verbreiten, und dies ist ebenso unsere
Pflicht, solange es noch ein heidnisches
Volk gibt: aber welch einzigartige Ver-
pflichtungen haben wir gegenüber diesen
verletzten Menschen!

Dies sind die Ansichten von

Gerechtigkeit und Menschlichkeit

56
Ein Gelegenheitsbrief
über das weibliche Geschlecht

August 1775

Aus dem Pennsylvania Magazine

57
58
12. Der Mann, der im barbarischen Zu-
O Frauen! liebliche Frauen! stand gleichermaßen grausam und faul ist,
Die Natur schuf Euch, den Mann zu mäßigen,
ohne Euch wären wir Tiere.
der nur durch die Notwendigkeit aktiv,
Otway natürlich jedoch zur Ruhe neigt, kennt we-
nig mehr als die körperlichen Wirkungen
§ 9 Frauen wurden zu allen Zeiten und der Liebe; und da er keine jener morali-
an allen Orten bewundert und unter- schen Vorstellungen hat, die allein das
drückt. Reich der Gewalt besänftigen können, wird
er dazu gebracht, es als oberstes Gesetz zu
1. Wenn wir die Zeitalter und die Län- erachten, jene seinem Despotismus zu un-
der überblicken, so werden wir finden, daß terwerfen, die die Vernunft ihm gleich ge-
die Frauen ausnahmslos zu allen Zeiten und macht hat, aber deren Schwäche sie seiner
an allen Orten bewundert und unterdrückt Stärke ausliefert.
wurden. 13. Professor Miller sagt, indem er über
2. Der Mann, der nie eine Gelegenheit Frauen der barbarischen Völker spricht:
ausließ, seine Macht auszuüben, hat immer Nichts kann die Abhängigkeit und Unter-
ihre Schwäche für sich ausgenutzt, indem werfung übertreffen, in der sie gehalten
er ihrer Schönheit huldigte. werden, oder die Schwerstarbeit und
3. Er ist zugleich ihr Tyrann und ihr Schinderei, der sie sich unterziehen müs-
Sklave gewesen. sen.
4. Die Natur selbst scheint gegenüber 14. Der Mann genießt den Müßiggang,
ihrem Charme aufmerksamer gewesen zu wenn er nicht gerade mit kriegerischen
sein als gegenüber ihrem Glück, indem sie Übungen beschäftigt ist, und überträgt sei-
so anfällige und zarte Wesen schuf. ner Frau die ganze Last der häuslichen An-
5. Ständig von Kummer und Furcht um- gelegenheiten.
geben, nehmen die Frauen an all unserem 15. Er verachtet es, sie in irgendeiner
Elend mehr als Anteil und sind zudem jener niedrigen Beschäftigungen zu unter-
Krankheiten unterworfen, die eigenartiger- stützen.
weise nur sie treffen. 16. Sie schläft in einem anderen Bett und
6. Jede Veränderung, die sie erleben, es ist ihr selten erlaubt, irgendeine Unter-
verändert ihre Gesundheit und bedroht ihre haltung oder Korrespondenz mit ihm zu
Existenz. haben.
7. Grausame Mißstimmungen greifen 17. Die Frauen der amerikanischen In-
ihre Schönheit an und die Stunde, in der sie dianer sind das, was die Heloten unter den
von ihnen befreit werden, ist die melancho- Spartanern waren, besiegte Leute, die ver-
lischste in ihrem Leben. pflichtet sind, sich für ihre Bezwinger zu
8. Sie raubt ihnen das wesentlichste plagen.
Merkmal ihres Geschlechts. 18. Deswegen haben wir gesehen, daß
9. Sie können dann nur Schutz erhoffen Mütter ihre Töchter an den Ufern des Ori-
von den demütigenden Ansprüchen des noko ohne Mitleid erschlagen und sie in der
Mitleids oder der schwachen Stimme der Stunde ihrer Geburt ersticken.
Dankbarkeit. 19. Sie betrachten dieses barbarische Mit-
10. Die Gesellschaft, statt ihre Umstände leid als Tugend.
zu erleichtern, ist für sie eine Quelle neuen 20. Kommodore Byron sagt in seinem
Leids. Bericht über die Einwohner Südafrikas:
11. Mehr als die Hälfte der Erdkugel „Die Männer praktizieren gegenüber ihren
wird von Wilden bewohnt; und unter all Frauen ein despotisches Regiment. Sie be-
diesen Leuten sind die Frauen vollkommen trachten sie wie jeden anderen Teil ihres
unglücklich. Eigentums und behandeln sie entsprechend:

59
Selbst ihre gewöhnliche Behandlung ist gebung hat sie zu allen Zeiten in einem
grausam; obwohl die Mühe und Sorge um Zustand der Abhängigkeit gehalten.
die Nahrung völlig den Frauen obliegt, so 31. Mal werden sie in ihren Wohnungen
dürfen sie nicht irgendeinen Teil davon festgehalten und von Geschäften und Ver-
berühren, bevor der Ehemann gesättigt ist; gnügungen ausgesperrt; mal betrügt eine
und dann teilt er ihnen ihre Portion zu, die langweilige Vormundschaft ihre Herzen
üblicherweise sehr mager ist, so als hätte er und beleidigt ihren Verstand.
nicht einen Bauch für sich.“ 32. In einem Land werden sie mit der
21. Unter den Völkern des Ostens finden Vielweiberei beleidigt, die ihnen ihre Riva-
wir eine andere Art Despotismus und Herr- linnen zu untrennbaren Gefährtinnen gibt;
schaft – den Serail und die häusliche miteinander versklavt durch unlösbare Fes-
Knechtschaft der Frau, autorisiert durch die seln, die oft die Freundlichen mit den Fre-
Sitten und begründet durch die Gesetze. chen, die Sensiblen mit den Brutalen ver-
22. In der Türkei, in Persien, in Indien, bindet.
in Japan und im riesigen Reich China wird 33. Selbst in den Ländern, in denen man
die eine Hälfte der menschlichen Art durch sie für höchst glücklich schätzt, werden sie
die andere unterdrückt. in ihren Wünschen und der Verfügung über
23. Das Übermaß an Unterdrückung ent- ihre Güter gezügelt, ihrer Willensfreiheit
springt in jenen Ländern aus einem Über- durch Gesetze beraubt.
maß an Liebe. 34. Sie sind Sklavinnen der Meinungen,
24. Ganz Asien ist mit Gefängnissen be- die sie mit absoluter Gewalt beherrschen,
deckt, in denen die versklavte Schönheit und die das geringste Aufsehen als Schuld
auf die Launen eines Herrn wartet. auffaßt.
25. Die Masse der dort versammelten 35. Auf allen Seiten sind sie von Richtern
Frauen hat keinen Willen, keine Neigungen umgeben, die zugleich ihre Tyrannen und
als seine: Ihre Triumphe währen nur einen Verführer sind, und die jeden Fehler,
Augenblick; und ihre Rivalität, ihr Haß und nachdem sie ihn vorbereitet haben, mit
ihre Feindschaft währt bis zum Tod. Schande bestrafen und die das Recht usur-
26. Dort ist das liebliche Geschlecht ver- piert haben, sie auf bloßen Verdacht hin zu
pflichtet, selbst ihre Sklaverei mit der zärt- degradieren.
lichsten Zuneigung zu vergelten; oder was 36. Wer fühlt nicht mit dem zarten Ge-
noch demütigender ist, mit vorgetäuschter schlecht?
Leidenschaft, die sie gar nicht fühlen. 37. Es tut mir leid, aber so ist das Los
27. Dort hat sie die finsterste Tyrannei der Frauen überall auf der Erde.
Wesen unterworfen, die geschlechtslos und 38. Der Mann ist für sie in allen Klima-
eine Schande für beide sind. zonen und zu allen Zeiten entweder ein
28. Kurz: ihre Erziehung hat nur zum gefühlloser Gatte oder ein Unterdrücker
Ziel, sie herabzuwürdigen, ihre Tugenden gewesen.
werden gequält, und ihre Freuden sind un- 39. Aber sie haben manchmal die kalte
freiwillig und freudlos; und nach einer Exi- und absichtliche Unterdrückung des Stolzes
stenz von wenigen Jahren – bis die Blüte und manchmal die gewalttätige und
der Jugend vorbei ist – beginnt ihre Periode schreckliche Tyrannei der Eifersucht erfah-
des Vergessens, die lang und furchtbar ist. ren.
29. In den gemäßigten Breitengraden, wo 40. Wenn sie nicht geliebt werden, sind
das Klima weniger Leidenschaften weckt, sie nichts; und wenn sie geliebt werden, so
gibt es mehr Zutrauen in die Tugenden. werden sie gequält.
30. Dort sind die Frauen nicht ihrer Frei- 41. Sie haben immer gleichen Grund,
heit beraubt, sondern eine strenge Gesetz- sich vor Gleichgültigkeit und Liebe zu
fürchten.

60
42. Über dreiviertel des Erdballs hat sie Wertschätzung rauben, und indem er Tu-
die Natur zwischen Geringschätzung und genden von ihnen verlangt, macht er aus
Elend gesetzt. dem Streben nach Ehre ein Verbrechen.
43. Prof. Ferguson sagt: „Die schmel- 50. Wenn eine Frau ihr Geschlecht ver-
zenden Wünsche und die feurigen Leiden- teidigen wollte, so könnte sie ihm wie folgt
schaften, die in einer Klimazone zwischen antworten:
den Geschlechtern stattfinden sind in einer 51. „Wie groß ist eure Ungerechtigkeit?
anderen verändert in eine nüchterne Rück- 52. Wenn wir mit euch ein gleiches Recht
sichtnahme oder gegenseitigen Ekel. auf Tugend haben, warum sollten wir nicht
44. Diese Veränderung bemerkt man ein gleiches Recht haben, sie zu preisen?
beim Überqueren des Mittelmeeres, im 53. Die öffentliche Wertschätzung sollte
Verlauf des Mississippi, beim Erklimmen Verdienste belohnen.
des Kaukasus und beim Fortschreiten von 54. Unsere Pflichten sind andere als eure,
den Alpen und Pyrenäen in Richtung der aber sie sind deshalb nicht weniger schwie-
Ostseeküsten. rig zu erfüllen oder von geringerer Konse-
45. Die brennenden Leidenschaften und quenz für die Gesellschaft; sie sind die
die quälenden Eifersüchteleien des Serails Quellen eures Glücks und die Süße eures
und Harems, die solange in Asien und Lebens.
Afrika geherrscht haben, und die in den 55. Wir sind Ehefrauen und Mütter.
südlichen Teilen Europas kaum Unter- 56. Wir sind es, die die Einheit und die
schiede zwischen Religion und Zivilgesell- Herzlichkeit der Familie formen; wir sind
schaft erlaubt haben, sieht man jedoch beim es, die jene wilde Grobheit besänftigen, die
Nachlassen der klimatischen Hitze in einem alles mit Gewalt erreichen will, und die die
anderen Breitengrad leicht verändert in eine Männer in ewige Kriege gegen Männer
zeitweilige Leidenschaft, die den Geist be- verwickeln würde.
ansprucht ohne ihn zu schwächen und ro- 57. Wir wecken in euch jene Menschlich-
mantische Gefühle erregt. keit, die euch das Elend anderer fühlen läßt
46. Beim weiteren Voranschreiten gen und unsere Tränen warnen euch vor eurer
Norden wandeln sie sich in einen galanten eigenen Gefahr.
Geist, der den Witz mehr beschäftigt und 58. Ihr könnt nicht so ignorant sein, daß
Zuneigung und Eitelkeit dort ersetzen, wo wir weniger Mut als ihr benötigten; weil
Gefühl und Leidenschaft versagt haben. wir schwächer sind, haben wir vielleicht
47. Die gleiche Leidenschaft ist, je mehr mehr Prüfungen zu bestehen.
sie sich von der Sonne entfernt, in eine 59. Die Natur bedrängt uns mit Leid,
häusliche Verbindung verwandelt, oder Gesetz und die Sitten drücken uns mit
eingefroren in einem Zustand der Gefühllo- Zwängen und Empfindsamkeit und Tugen-
sigkeit, den emanzipierte Geschlechter für den beunruhigen uns mit ständigen Konflik-
ihre Vereinigung kaum gewählt haben wür- ten.
den.“ 60. Manchmal fordert sogar der Name
48. Selbst unter Völkern, bei denen die Bürger von uns den Tribut der Kraft.
Schönheit die größte Bewunderung erhält, 61. Wenn ihr euer Blut dem Staat opfert,
finden wir Männer, die dem weiblichen denkt daran, daß es unseres ist.
Geschlecht jede Art von Reputation abspre- 62. Indem wir unsere Söhne und unsere
chen: ein berühmter Grieche sagt: „die Gatten geben, geben wir mehr als uns
tugendhafteste Frau ist die, von der am selbst.
wenigsten gesprochen wird.“ 63. Ihr könnt nur auf dem Schlachtfeld
49. Dieser finstere Mann würde den sterben, wir aber haben das Unglück, jene
Frauen, während er ihnen Pflichten aufer- zu überleben, die wir am meisten lieben.
legt, die Annehmlichkeiten öffentlicher

61
64. Gemach! Während eure ehrgeizige
Eitelkeit unaufhörlich daran arbeitet, die
Erde mit Statuen, Monumenten und In-
schriften zu bedecken, um wenn möglich
eure Namen zu verewigen und euch eine
Existenz zu geben, wenn der Körper nicht
mehr ist, warum müssen wir verurteilt sein,
unbekannt zu leben und zu sterben?
65. Wollt ihr, daß das Grab und die ewi-
ge Vergessenheit unser Los ist?
66. Seid nicht unsere Tyrannen in allem:
Erlaubt, daß unser Name manchmal ausge-
sprochen wird jenseits des engen Kreises,
in dem wir leben: Erlaubt der Freundschaft
oder zumindest der Liebe, ihre Embleme
auf dem Grab einzumeißeln, in dem unsere
Asche ruht; und verweigert uns nicht jene
öffentliche Wertschätzung, die nach der
eigenen Wertschätzung der süßeste Lohn
der guten Tat ist.“
67. Es muß jedoch betont werden, daß
nicht alle Männer gleicherweise ungerecht
gegenüber ihrer fairen Gefährten gewesen
sind.
68. In einigen Ländern wurden Frauen
öffentliche Ehrungen gezollt.
69. Die Kunst hat ihnen Monumente er-
richtet.
70. Die Beredtheit hat ihre Tugenden
gefeiert und die Geschichte hat alles ge-
sammelt, was immer ihren Charakter
schmücken konnte.

62
Ein ernster Gedanke

18. Oktober 1775

Pennsylvania Journal

63
64
§ 10 Nennt es Unabhängigkeit gemacht hat, das nur von ihm abhängig ist,
dann sollten wir unsere erste Dankbarkeit
1. Wenn ich über die schrecklichen in einem Akt kontinentaler Gesetzgebung
Grausamkeiten nachdenke, die Britannien zeigen, die den Import von Negern zum
in Ostindien ausübt – wie Tausende durch Kauf beendet, das schwere Schicksal jener,
künstliche Hungersnöte zugrunde gehen – die bereits hier sind, erleichtert und ihnen
wie Religion und jedes menschliche Ehr- mit der Zeit ihre Freiheit gibt.
prinzip und Ehrbarkeit dem Luxus und dem
Stolz geopfert werden – wenn ich von den Humanus
elenden Eingeborenen lese, die weggebla-
sen werden für kein anderes Verbrechen,
als daß sie sich, der miserablen Situation
überdrüssig, weigern zu kämpfen - wenn
ich über dies und tausend Beispiele ähnli-
cher Barbarei nachdenke, dann glaube ich
fest daran, daß der Allmächtige aus Mitleid
für die Menschheit die Macht Britanniens
mindern wird.
2. Und wenn ich daran denke, was für
einen Gebrauch es von der Entdeckung
dieser Neuen Welt gemacht hat – daß der
armseligen Würde der irdischen Könige der
Vorzug vor der großen Sache des Königs
der Könige gegeben wurde – daß es anstelle
christlicher Beispiele die Indianer mit ihren
Begierden unmoralisch beeinflußte, sich
ihrer Unwissenheit aufdrängte und sie zu
Werkzeugen von Verrat und Mord machte
– und wenn ich diesen und vielen anderen
melancholischen Überlegungen diese eine
traurige Bemerkung hinzufüge, daß es sich
seit der Entdeckung Amerikas mit dem
schrecklichsten aller Handel, dem Men-
schenhandel, beschäftigt hat, der den mei-
sten wilden Völkern unbekannt ist, und
jährlich, ohne Provokation und kalten Her-
zens, die unglücklichen Küsten Afrikas
heimgesucht und die wehrlosen Einwohner
geraubt hat, um die gestohlenen Herr-
schaftsgebiete des Westens zu kultivieren, -
wenn ich über all dies nachdenke, dann
zweifle ich nicht einen Augenblick daran zu
glauben, daß der Allmächtige schließlich
Amerika von Britannien trennen wird.
3. Nennt es Unabhängigkeit oder was
ihr wollt, wenn es die Sache Gottes und der
Menschheit ist, so wird es vorankommen.
4. Und wenn uns der Allmächtige ge-
segnet haben wird und uns zu einem Volk

65
66
Die Krise Nr. 1

23. Dezember 1776

Nach einigen Niederlagen hatte Washington sich mit


seinen Truppen am 8. Dezember 1776 auf das West-
ufer des Delaware zurückgezogen. In Philadelphia ver-
faßte Paine seine 1. Krise, die Washington am 25. De-
zember seinen Truppen vorlesen ließ. Am 26. Dezem-
ber setzten die Truppen über den Delaware und erran-
gen gegen hessische Soldaten in Trenton einen ersten
Erfolg.

67
68
§ 11 Jetzt ist die Zeit, in der sich Männer 15. Alles was Howe in diesem letzen
erweisen Monat getan hat, ist eher eine Verwüstung
als eine Eroberung, die der Mut der Ein-
1. Jetzt ist die Zeit, in der sich Männer wohner Jerseys vor einem Jahr schnell ab-
erweisen. gewehrt hätte und was die Zeit und ein biß-
2. Der Sommersoldat und der Sonnen- chen Unbeugsamkeit bald wiederherstellen
scheinpatriot werden sich in dieser Krise werden.
vom Dienst am Vaterland drücken; aber 16. Der gegenwärtige Winter ist ein Zeit-
nur wer jetzt durchhält, verdient den Dank alter wert, wenn er richtig genutzt wird;
von Mann und Frau. wenn er vergeudet oder vernachlässigt
3. Tyrannei ist wie die Hölle nicht leicht wird, dann wird der ganze Kontinent am
überwunden. Übel teilnehmen; und es gibt keine Strafe,
4. Aber unser Trost ist: je schwerer der die der Mensch nicht verdiente, sei er wer
Kampf, um so ruhmreicher der Triumph! oder was oder wo er wolle, wenn er eine
5. Was wir zu billig erlangen, achten solch wertvolle und nützliche Zeit vergeu-
wir gering. dete.
6. Hoher Einsatz allein gibt einer Sache 17. Ich bin so wenig abergläubisch wie
ihren Wert. jeder andere lebende Mensch, aber meine
7. Der Himmel weiß, welchen Preis er innere Meinung war immer und ist es noch,
auf seine Gaben setzt; und es wäre freilich daß Gott der Allmächtige ein Volk nicht
seltsam, wenn ein so himmlisches Gut wie der militärischen Zerstörung übergeben
die Freiheit nicht hoch bezahlt werden oder es ohne Unterstützung zugrunde gehen
müßte. lassen wird, das so ernsthaft und wiederholt
8. Britannien, das mit einer Armee seine versucht hat, die Katastrophe eines Krieges
Tyrannei zu erzwingen sucht, hat erklärt, zu vermeiden unter Anwendung jeglicher
es habe ein Recht, uns nicht nur mit Steu- anständiger Methoden, die Weisheit erfin-
ern zu belasten, sondern uns zu binden in den könnte.
allen Dingen, was es auch sei. 18. Ich habe auch nicht so viel Unglauben
9. Wenn eine solche Bindung nicht in mir, als daß ich annehmen könnte, er
Sklaverei ist, dann gibt es keine Sklaverei (Gott) habe die Regierung der Welt aufge-
auf der Erde. geben und uns der Fürsorge des Teufels
10. Schon der Ausspruch ist gottlos; denn übergeben; da ich es nicht annehme, so
eine so grenzenlose Macht kann nur Gott sehe ich nicht, aus welchen Gründen der
zukommen. britische König zum Himmel schauen kann,
11. Ich will jetzt nicht untersuchen, ob um Hilfe gegen uns zu erhalten; ein gemei-
die Unabhängigkeit des Kontinents zu früh ner Mörder, ein Straßenräuber oder Ein-
erklärt oder zu lange hinausgezögert wur- brecher hat den gleichen Vorwand wie er.
de, meine eigene Meinung ist die, daß es 19. Es ist überraschend zu sehen, wie
wesentlich besser gewesen wäre, wenn es schnell manchmal Panik ein ganzes Land
acht Monate früher geschehen wäre. erfaßt.
12. Wir haben den letzten Winter nicht 20. Alle Nationen und Zeitalter waren ihr
gut genutzt und konnten es auch nicht, so- preisgegeben.
lange wir abhängig waren. 21. Britannien zitterte wie im Schüttel-
13. Jedoch war dieser Fehler, wenn er frost bei der Nachricht einer französischen
denn einer war, der unsere; wir können ihn Flotte von Flachbooten; und nachdem im
niemandem anders als uns vorwerfen. 14. Jahrhundert die ganze englische Armee
14. Bisher ist jedoch noch nicht viel ver- das Königreich Frankreich verwüstet hatte,
loren. wurde sie zurückgeworfen wie Menschen,
die vor Angst versteinerten; und diese Hel-

69
dentat wurde vollbracht von wenigen zer- waren fortgebracht aus der Besorgnis, daß
streuten Kräften, die von einer Frau aufge- Howe sich bemühen würde, in Jersey ein-
stellt und geführt wurden, Johanna von zudringen, in welchem Fall das Fort Lee
Orleans. für uns keinen Nutzen mehr hätte.
22. Wolle doch dieser Himmel irgendein 34. Denn es muß jedem denkenden Men-
Mädchen aus Jersey inspirieren, ihre schen klar sein, ob in der Armee oder
Landsleute zu begeistern und ihre Leidens- nicht, daß diese Art von Feldfestungen nur
genossinnen vor Verwüstung und Verge- vorübergehenden Zwecken dienen und
waltigung zu retten. nicht länger gebraucht werden, als der
23. Dennoch hat Panik in manchen Fällen Feind seine Kräfte gegen das besondere
auch ihren Nutzen; sie bringt ebensoviel Objekt richtet, zu deren Verteidigung diese
Gutes wie Schmerz hervor. Forts errichtet wurden.
24. Ihre Dauer ist immer kurz; bald 35. So war unsere Situation in Fort Lee
wächst der Wille durch sie und erlangt eine am Morgen des 20. November 1776, als
festere Gestalt als zuvor. ein Offizier mit der Nachricht ankam, daß
25. Aber ihr einzigartiger Vorteil ist, daß der Feind mit 200 Booten ca. 7 Meilen
sie Prüfstein der Aufrichtigkeit und Heu- oberhalb gelandet sei; Generalmajor Na-
chelei ist und Sachen und Menschen auf thaniel Green, der die Garnison befehligte,
etwas stößt, was anderenfalls für immer rief sie unverzüglich zu den Waffen und
unentdeckt brachgelegen hätte. sandte Eilboten an General Washington in
26. In der Tat, sie hat den gleichen Effekt der Stadt Hackensack, 6 Meilen entfernt
auf verborgene Verräter, den eine imaginä- von der Fähre.
re Erscheinung auf einen einfachen Mörder 36. Unser erstes Ziel war die Sicherung
haben würde. der Brücke über den Hackensack, die den
27. Sie erforscht die verborgenen Gedan- Fluß zwischen dem Feind und uns über-
ken der Menschen und zeigt sie der Weltöf- querte, ca. 6 Meilen von uns und 3 Meilen
fentlichkeit. vom Feind entfernt.
28. So mancher getarnter Tory hat kürz- 37. General Washington traf nach rund
lich erkannt, daß er den Tag, an dem Howe einer dreiviertel Stunde ein und marschierte
auf dem Delaware erschien, reuig mit Flü- an der Spitze der Truppen zur Brücke, an
chen feierlich begehen wird. der ich ein Scharmützel erwartete.
29. Da ich bei den Truppen in Fort Lee 38. Aber sie mieden einen Streit mit uns,
war und mit ihnen bis an die Grenze Penn- und so überquerte der größte Teil unserer
sylvanias marschierte, bin ich mit vielen Truppen die Brücke, der Rest nutzte die
Umständen gut vertraut, von denen diejeni- Fähre mit Ausnahme einiger weniger, die
gen, die entfernt leben, wenig oder gar bei einer Mühle einen kleinen Bach durch-
nichts wissen. schritten, zwischen der Brücke und der
30. Unsere Situation war dort äußerst Fähre, und sich durch sumpfigen Unter-
beschränkt, da der Ort eine schmale Land- grund auf den Weg nach Hackensack mach-
zunge zwischen dem North River und dem ten, wo sie den Fluß überquerten.
Hackensack war. 39. Wir nahmen soviel Ausrüstung mit,
31. Unsere Streitmacht war unbedeutend, wie die Wagen tragen konnten, der Rest
sie war nicht mal ein Viertel so groß wie war verloren.
die, die Howe gegen uns einsetzen konnte. 40. Das einfache Ziel war, die Garnison
32. Wir hatten keine Armee in der Nähe, zurückzuziehen und sie so lange marschie-
um die Garnison zu entlasten, so mußten ren zu lassen, bis sie durch die Milizen aus
wir uns einigeln und uns allein verteidigen. Jersey und Pennsylvania verstärkt werden
33. Unsere Munition, die leichte Artille- könnte, um sie zum Widerstand zu befähi-
rie und die besten Teile unserer Vorräte gen.

70
41. Wir blieben vier Tage in Newark, 47. Ich werde dieses Schreiben mit eini-
faßten unsere Außenposten und einige Mi- gen gemischten Anmerkungen über den
lizen aus Jersey zusammen und marschier- Zustand unserer Angelegenheiten beenden:
ten zweimal los, um den Feind zu treffen, und ich werde mit folgender Frage begin-
nachdem wir informiert worden waren, daß nen: Warum hat der Feind die Neu-
er vorgehe, obwohl unsere Kräfte den sei- England Gebiete verlassen und diese mittle-
nen außerordentlich unterlegen waren. ren Provinzen zum Kriegsschauplatz ge-
42. Meiner unmaßgeblichen Meinung macht?
nach beging Howe einen großen strategi- 48. Die Antwort ist einfach: Neu-England
schen Fehler, als er nicht einen Teil seiner ist nicht von Tories heimgesucht, wir aber
Truppen aus Staten Island abzog und auf sind es.
Amboy warf, wodurch er alle unsere Vor- 49. Ich bin zurückhaltend in meinem
räte in Brunswick hätte erlangen und unse- Aufschrei gegen diese Männer gewesen und
ren Marsch nach Pennsylvania hätte ver- habe zahllose Argumente gebraucht, um
hindern können; aber wenn wir glauben, ihnen ihre Gefahr aufzuzeigen, aber es darf
daß die Macht der Hölle begrenzt ist, so weder ihrer Dummheit noch ihrer Gemein-
müssen wir ebenso glauben, daß ihre Agen- heit eine Welt geopfert werden.
ten unter irgendeiner glücklichen Kontrolle 50. Die Zeit ist jetzt gekommen, in der
stehen. entweder wir oder sie die Gesinnung än-
43. Ich werde jetzt nicht versuchen, alle dern müssen, oder einer von beiden muß
Einzelheiten unseres Rückzuges zum Dela- fallen.
ware darzustellen; es ist gegenwärtig aus- 51. Und was ist ein Tory?
reichend zu sagen, daß sowohl Offiziere als 52. Guter Gott! Was ist er?
auch Mannschaften, obwohl sehr bedrängt 53. Ich würde mich nicht fürchten, mit
und ermüdet, häufig ohne Rast, ohne hundert Whigs gegen tausend Tories vor-
Schutz und ohne Verpflegung, die unaus- zugehen, sollten sie versuchen, sich zu be-
bleiblichen Konsequenzen eines langen waffnen.
Rückzuges mit männlichem und kriegeri- 54. Jeder Tory ist ein Feigling; denn
schem Geist ertrugen. kriecherische, sklavische und selbstsüchtige
44. All ihre Wünsche konzentrierten sich Furcht ist die Basis des Toryismus; und ein
auf eines, daß nämlich das Land ausrückt Mann unter solchem Einfluß, obwohl er
und ihnen hilft, den Feind zurückzuwerfen. grausam sein mag, kann niemals tapfer
45. Voltaire hat einmal bemerkt, daß Kö- sein.
nig William III. nie so groß erschien, es sei 55. Aber bevor ein unwiderruflicher
denn, er steckte in großen Schwierigkeiten Trennungsstrich zwischen uns gezogen
oder im Feld; die gleiche Bemerkung mag wird, laßt uns die Sache gemeinsam beden-
über General Washington gemacht werden, ken: euer Benehmen ist eine Einladung an
denn dieser Charakter paßt zu ihm. den Feind, aber nicht einer von Tausend
46. Es gibt eine natürliche Beharrlichkeit von euch hat das Herz, sich ihm anzu-
in einigen Köpfen, die nicht durch Kleinig- schließen.
keiten erschlossen werden können; wenn 56. Howe wird von euch ebenso ge-
sie aber aufgeschlossen wird, so entdeckt täuscht wie die amerikanische Sache durch
man einen Schatz von innerer Stärke; und euch beschädigt wird.
ich rechne es unter jene Art von öffentli- 57. Er hofft, daß ihr alle die Waffen er-
chem Segen, den wir nicht sogleich sehen, greift und zu seinen Standarten strömt mit
daß Gott ihn mit ununterbrochener Ge- Musketen auf euren Schultern.
sundheit gesegnet und ihm einen Geist ge- 58. Eure Ansichten nützen ihm nichts
geben hat, der selbst unter Sorgen blüht. außer ihr unterstützt ihn persönlich, denn

71
es sind Soldaten und nicht Tories, die er 71. Aufgrund eines Übermaßes an
sich wünscht. Weichheit waren wir unwillig, eine Armee
59. Ich spürte einmal die ganze Wut, die aufzustellen und trauten unsere Sache der
man fühlen sollte, gegen die Hauptgrund- zeitweiligen Verteidigung einer wohlmei-
sätze, die die Tories vertreten. nenden Miliz an.
60. Ein bekannter Tory, der eine Kneipe 72. Die Erfahrung eines Sommers hat uns
in Amboy betrieb, stand an seiner Tür, an nun eines Besseren belehrt; bisher waren
der Hand das schönste Mädchen, acht oder wir mit diesen Truppen, während sie aufge-
neun Jahre alt, das ich je sah. stellt wurden, in der Lage, dem Vorwärts-
61. Nachdem er seine Meinung so frei kommen des Feindes Grenzen zu setzen
wie vorsichtig geäußert hatte endete er mit und, Gott sei Dank, sie sammeln sich wie-
diesem wenig väterlichem Wort: „Nun, der.
gebt mir Frieden zu meiner Zeit.“ 73. Ich habe die Milizen immer für die
62. Es lebt nicht ein Mensch auf dem besten Truppen der Welt gehalten, wenn es
Kontinent, der nicht völlig davon überzeugt um einen schnellen Einsatz geht, aber sie
ist, daß die Trennung zu irgendeiner Zeit taugen nicht für einen langen Feldzug.
schließlich kommen muß und ein guter Va- 74. Wahrscheinlich wird Howe versu-
ter hätte sagen sollen: „Wenn es denn Är- chen, Philadelphia anzugreifen; sollte er
ger geben muß, dann laß es zu meiner Zeit auf dieser Seite des Delaware versagen, so
geschehen, damit mein Kind Frieden haben ist er ruiniert.
möge.“ 75. Wenn er Erfolg hat, so ist unsere
63. Und diese einfache Überlegung reicht Sache nicht verloren.
aus, jeden Menschen zu seiner Pflicht zu 76. Er riskiert alles, wir nur einen Teil.
rufen. 77. Sollte er Erfolg haben, so wäre die
64. Nicht ein Ort auf der Welt kann so Konsequenz, daß Armeen von beiden En-
glücklich sein wie Amerika. den des Kontinents heranmarschierten, um
65. Es liegt weit ab von allen Streitigkei- ihre leidenden Freunde in den Mittelstaaten
ten der Welt und es hat nichts zu tun, als zu unterstützen; denn er kann nicht überall
mit ihr Handel zu treiben. hingehen, es ist unmöglich.
66. Ein Mensch kann sich unterscheiden 78. Ich halte Howe für den größten Feind
nach Temperament und Grundsätzen; ich der Tories; er bringt den Krieg in ihr Land,
bin sicher, daß Gott die Welt regiert; eben- der sie nicht beträfe, wenn er nicht für ihn
so fest bin ich davon überzeugt, daß Ame- oder teilweise für sie geführt würde.
rika niemals glücklich sein wird, bevor es 79. Sollte er jetzt vertrieben werde, dann
sich von ausländischer Herrschaft befreit wünsche ich mit voller Hingabe eines Chri-
hat. sten, daß die Namen der Whigs und Tories
67. Unaufhörlich werden Kriege ausbre- niemals mehr erwähnt werden mögen; aber
chen, bis dieser Zeitpunkt erreicht ist; am sollten die Tories ihn ermutigen, zu kom-
Ende muß der Kontinent der Sieger sein. men oder ihm Unterstützung geben, wenn
68. Denn obwohl die Freiheitsflamme er kommt, dann wünsche ich aufrichtig,
manchmal aufhören mag zu scheinen, so daß unsere Armee des nächsten Jahres sie
wird sich die Kohle niemals erschöpfen. vom Kontinent vertreibt und der Kongreß
69. Amerika wollte und will keine Streit- ihre Besitzungen enteignet zugunsten derje-
kräfte; es wollte nur eine angemessene nigen, die wegen ihres Wohlverhaltens ge-
Anwerbung dieser Kräfte. litten haben.
70. Weisheit ist kein Gelegenheitskauf 80. Eine einzige erfolgreiche Schlacht im
und so ist es kein Wunder, daß wir uns bei nächsten Jahr wird das Ganze beruhigen.
den ersten Einberufungen irrten. 81. Amerika könnte den Krieg für zwei
Jahre fortführen durch Konfiszieren des

72
Besitzes der reaktionären Personen und 94. Das Herz, das jetzt nicht fühlt, ist tot;
durch ihre Vertreibung glücklich werden. das Blut seiner Kinder wird die Feigheit
82. Sagt nicht, dies sei Rache, nennt es dessen verfluchen, der zurückweicht in
vielmehr sanften Zorn eines leidenden Vol- einer Zeit, in der wenig das Ganze hätte
kes, das nur das Gute im Auge hat und sein retten und sie glücklich machen können.
gesamtes Vermögen für eine anscheinend 95. Ich liebe den Mann, der in der Not
zweifelhafte Sache einsetzt. lächeln kann, der Kraft sammelt in der Ge-
83. Doch es ist Dummheit gegen ent- fahr und tapfer wird durch Überlegung.
schlossene Härte zu argumentieren; Bered- 96. Es ist das Geschäft kleiner Geister, zu
samkeit mag das Ohr beeindrucken und schrumpfen; aber derjenige, dessen Herz
Kummer mag die Tränen des Mitleids her- unbeugsam ist, und dessen Gewissen sein
austreiben, aber nichts vermag das Herz zu Verhalten bestimmt, der wird bis zu seinem
erreichen, das durch Vorurteile gestählt ist. Tod seinen Grundsätzen folgen.
84. Indem ich diese Menschenklasse ab- 97. Meine Art zu denken ist für mich so
schreibe wende ich mich mit herzlicher ehrlich und klar wie ein Lichtstrahl.
Begeisterung eines Freundes jenen zu, die 98. Nicht einmal alle Schätze der Welt,
großmütig standhielten und jetzt ent- so glaube ich, hätten mich veranlassen kön-
schlossen sind, die Sache auszustehen. nen, einen Angriffskrieg zu unterstützen,
85. Ich rufe nicht einige wenige, sondern denn ich halte ihn für Mord.
alle auf. 99. Wenn aber ein Dieb in mein Haus
86. Nicht aus diesem oder jenem Staat, einbricht, meinen Besitz zerstört und ver-
sondern aus allen Staaten. brennt, und tötet oder droht, mich zu töten
87. Auf und helft uns! und alle, die im Hause sind, und mich in
88. Stemmt eure Schultern gegen das allen Dingen jeder Art an seinen absoluten
Rad! Willen zu binden, hab ich dies zu dulden?
89. Lieber eine zu große als eine zu klei- 100. Geht es mich an, ob der, der es
ne Streitkraft, wenn eine so große Sache macht, ein König oder ein Durchschnitts-
auf dem Spiel steht. bürger ist; mein Landsmann oder nicht; ob
90. Laßt es der künftigen Welt berichtet es durch einen einzelnen oder eine Armee
werden, daß im tiefsten Winter, als nichts von Verbrechern getan wird?
als die Hoffnung und die Tugend überleben 101. Wenn wir der Sache auf den Grund
konnten, Stadt und Land, alarmiert durch gehen, so werden wir keinen Unterschied
eine gemeinsame Gefahr, aus dem Versteck finden; auch kann kein gerechter Grund
kamen, um ihr zu begegnen und sie abzu- gegeben sein, weshalb wir in dem einen
wehren. Fall bestrafen, im anderen Fall Pardon ge-
91. Sagt nicht, daß Tausend gegangen ben sollten.
sind, kommt zu Zehntausenden heraus und 102. Laßt sie mich gerne einen Rebellen
werft nicht die Bürde des Tages auf die nennen, das bereitet mir keine Sorgen.
Vorsehung, sondern setzt euer Vertrauen 103. Aber ich sollte alle Qualen des Teu-
auf eure Taten, so mag Gott euch segnen. fels erleiden, machte ich aus meiner Seele
92. Es kommt nicht darauf an, wo ihr eine Hure, indem ich einem Loyalität
lebt noch welche Lebensstellung ihr habt, schwörte, dessen Charakter der eines so
das Übel und der Segen wird euch alle er- versoffenen, blöden, hartnäckigen, wertlo-
reichen. sen und brutalen Mannes ist.
93. Die Fernen oder Nahen, die Kern- 104. Auch ist es eine schreckliche Vorstel-
staaten und die Randstaaten, die Reichen lung, Gnade von einem Wesen zu erlangen,
und die Armen werden gleich leiden oder das beim Jüngsten Gericht die Felsen und
sich erfreuen. die Berge anschreien wird, ihn zu bedek-
ken, und das aus Angst fliehen wird vor

73
den Waisen, Witwen und Erschlagenen 117. Howe lädt euch barmherzig ein, um
Amerikas. euch barbarisch zu zerstören und Männer,
105. Es gibt Sachen, die mit der Sprache die dies nicht sehen, müssen entweder
nicht zu bewältigen sind, und dies ist eine. Gauner oder Dummköpfe sein.
106. Es gibt auch Leute, die nicht das vol- 118. Ich spreche nicht vom Dunst der Ein-
le Ausmaß dessen sehen, was sie bedroht; bildung.
sie beruhigen sich mit der Hoffnung, daß 119. Ich bringe euch Vernunft zu Gehör in
der Feind, wenn er Erfolg hat, Gnade wal- einer Sprache, die so einfach wie das ABC
ten lasse. ist, um euch die Wahrheit zu zeigen.
107. Es ist eine wahnsinnige Dummheit, 120. Ich danke Gott, daß ich mich nicht
Gnade von denen zu erwarten, die sich fürchte.
weigerten, Gerechtigkeit zu üben. 121. Ich sehe keinen wirklichen Grund für
108. Wenn es um Eroberungen geht, dann Furcht.
ist Gnade nur eine Kriegslist; die List des 122. Ich kenne unsere Situation gut und
Fuchses ist ebenso mörderisch wie die Ge- sehe den Ausweg.
walt des Wolfes und wir sollten uns vor 123. Howe wagte nicht, eine Schlacht zu
beidem hüten. riskieren, während unsere Armee gesam-
109. Howes erstes Ziel ist es, teils durch melt wurde.
Drohungen, teils durch Versprechungen, 124. Und es ist kein Ruhmesblatt für ihn,
das Volk zu terrorisieren oder zu verleiten, daß er von White Plains abmarschierte und
die Waffen abzuliefern und Gnade zu emp- auf eine niederträchtige Gelegenheit warte-
fangen. te, das wehrlose Jersey zu verwüsten.
110. Das Ministerium empfahl Gage den 125. Es ist aber eine große Leistung unse-
gleichen Plan und dies ist es, was die To- rerseits, daß uns mit einer Handvoll Män-
ries unter Frieden machen verstehen, einen ner ein ordentlicher Rückzug über rd. 100
Frieden, der in der Tat unbegreiflich ist. Meilen gelang, daß wir unsere Munition,
111. Einen Frieden, der der unmittelbare alle Feldkanonen und den größten Teil un-
Vorläufer eines schlimmeren Ruines wäre, serer Vorräte mitnahmen und dabei vier
als wir ihn uns jemals vorgestellt haben. Flüsse überquerten.
112. Ihr Männer aus Pennsylvania, denkt 126. Niemand kann sagen, daß unser
über diese Dinge nach! Rückzug überstürzt war, denn wir benötig-
113. Würden die Randstaaten ihre Waffen ten fast drei Wochen zu seiner Aufführung,
abliefern, so wären sie ein leichtes Opfer damit das Land Zeit gewinne.
der Indianer, die alle bewaffnet sind; dies 127. Zweimal marschierten wir zurück,
ist vielleicht etwas, was einige Tories nicht um den Feind zu treffen und wir blieben
bedauern würden. draußen bis zum Einbruch der Dunkelheit.
114. Lieferten die Zentralstaaten ihre Waf- 128. Zeichen der Furcht wurden in unse-
fen ab, so wären sie der Wut der Randstaa- rem Lager nicht gesehen und hätten nicht
ten ausgesetzt, die dann in der Lage wären, einige der feigen und unzufriedenen Ein-
ihren Abfall nach Belieben zu bestrafen. wohner falschen Alarm im Land verbreitet,
115. Und lieferte ein einzelner Staat seine so wäre Jersey niemals verwüstet worden.
Waffen ab, so müßte dieser Staat mit der 129. Einmal mehr sammeln wir uns; unse-
ganzen Armee Howes aus Briten und Hes- re neue Armee wird an beiden Enden des
sen besetzt werden, um ihn vor dem Zorn Kontinents schnell rekrutiert und wir wer-
der anderen zu schützen. den in der Lage sein, den nächsten Feldzug
116. Gemeinsame Furcht ist das grundsätz- mit 60.000 gut bewaffneten und bekleideten
liche Bindeglied der gemeinsamen Liebe, Männern zu beginnen.
und Unglück käme auf den Staat, der diese 130. Dies ist unsere Situation, und wer
Verbindung bräche. will, der mag es wissen.

74
131. Mit Ausdauer und Kraft haben wir
Aussicht auf einen glorreichen Ausgang,
durch Feigheit und Unterwerfung die trau-
rige Wahl von verschiedenen Übeln – ein
verwüstetes Land – entvölkerte Städte –
Wohnstätten ohne Sicherheit – Sklaverei
ohne Hoffnung.
132. Unsere Häuser werden zu Baracken
und Bordellen der Hessen und eine zukünf-
tige Generation wird kommen, deren Väter
wir nicht kennen.
133. Schaut auf dieses Bild und beweint
es!
134. Und wenn es jetzt noch einen gedan-
kenlosen Jammerlappen gibt, der es nicht
glaubt, so laßt es ihn unbeweint erleiden.

Common Sense

Philadelphia, den 23. Dezember 1776

75
76
Die Krise Nr. 4

12. September 1777

Im August 1777 landeten britische Truppen am nördli-


chen Ende der Delaware Bucht und marschierten auf
die Hauptstadt Philadelphia zu. Am Brandywine Creek
trat ihnen die Truppe Washingtons am 11. September
1777 entgegen und erlitt eine Niederlage. Die Briten
besetzten Philadelphia am 19. September.

77
78
§ 12 Wir verteidigen eine Sache 11. Dies kann nicht sein, es sei denn, wir
setzten uns hin und lassen sie gewähren.
1. Jene die hoffen, die Segnungen der 12. Obwohl wir das Feld geräumt haben,
Freiheit zu ernten, müssen die Mühen, sie würde ein weiterer solcher Schlag den
zu erlangen, wie Männer ertragen. Feind weiter reduzieren und ihn in einen
2. Das gestrige Ereignis war eines jener Zustand versetzen, in dem er später voll-
Alarmzeichen, das uns gerade hinreichend ständig geschlagen würde.
zu unserer Pflicht ruft, ohne jedoch bedeu- 13. Hätte unsere ganze Armee zur glei-
tend genug zu sein, unsere innere Stärke zu chen Zeit zum Angriff kommen können, so
brechen. wäre der Ausgang wahrscheinlich ein ande-
3. Wir verteidigen nicht ein Feld von rer gewesen; weil wir aber verschiedene
ein paar Morgen, sondern eine Sache, und Abschnitte des Brandywine Creeks zu be-
ob wir den Feind nun in einer Schlacht wachen hatten und es ungewiß war, welche
oder Stück für Stück schlagen, die Konse- Straße nach Philadelphia der Feind zu neh-
quenzen werden die gleichen sein. men beabsichtigte, ergab sich für ihn natür-
4. Schaut zurück auf die Ereignisse des lich eine Gelegenheit, mit seiner Haupt-
letzten Winters und des gegenwärtigen Jah- macht an einer Stelle durchzubrechen, an
res und ihr werdet sehen, daß die Erfolge der nur ein Teil der Unsrigen postiert wer-
des Feindes immer seine Schwächung ver- den konnte; denn jeder denkende Mensch
ursacht haben. wird erkennen, daß es einer viel größeren
5. Was er an Boden gewonnen hat be- Truppe bedarf, um einem Feind an ver-
zahlte er so teuer mit Verlusten, daß seine schieden Orten zu widerstehen, als ihn an
Siege sich letztlich in Niederlagen verwan- einem einzigen Ort zu schlagen.
delten. 14. Menschen, die ernsthaft ihre Freiheit
6. Wir waren immer die Meister des verteidigen, werden sich über jeden Um-
letzten Schlages und werden es immer sein, stand Sorgen machen, der gegen sie zu
solange wir unsere Pflicht erfüllen. wirken scheint; dies ist die natürliche und
7. Howe war einst an den Ufern des ehrliche Konsequenz aller leidenschaftli-
Delaware und wurde von uns mit Verlusten chen Bemühungen und ihr Fehlen wäre ein
und Schmach zurückgetrieben: und warum Verbrechen.
sollte er nicht vom Schuylkill wieder ver- 15. Aber die Niedergeschlagenheit dauert
trieben werden? nur einen Augenblick; bald erheben sie sich
8. Seine und unserer Situation sind sehr aus ihr mit zusätzlicher Kraft; das Leuchten
verschieden. der Hoffnung, des Mutes und der Kraft
9. Er muß gegen jedermann kämpfen, werden in kurzer Zeit die Stelle jeglicher
wir müssen nur mit seiner einen Armee niedriger Leidenschaften einnehmen und
fertig werden, der die Zeit mit jedem das ganze Herz mit Heldentum entflam-
Kampf davonläuft: wir können uns nicht men.
nur verstärken, sondern können unsere 16. Es gibt ein Geheimnis um die Wir-
Zahl verdoppeln; er ist von allem Nach- kung einiger Ursachen.
schub abgeschnitten und muß uns früher 17. Nicht immer haben wir genug Ur-
oder später unausweichlich in die Hände teilskraft präsent, um es zu erklären.
fallen. 18. Es ist schmerzlich zu sehen, wie ein
10. Sollte eine Räuberbande von zehn- Feind in ein Land eindringt, aber es ist der
oder zwölftausend Mann, die heute fünf- einzige Ort, an dem wir ihn schlagen kön-
zehnhundert oder zweitausend Mann weni- nen und an dem wir ihn immer geschlagen
ger stark ist als gestern, Amerika erobern haben, wann immer er angriff.
oder nur einen einzigen Staat unterwerfen 19. Je mehr sich eine Krankheit einer
können? Krise nähert, um so näher ist die Heilung.

79
20. Gefahr und Befreiung schreiten ge- 30. Es sind nur jene, die nicht im Feld
meinsam voran, und es ist nur der letzte stehen, die Gleichgültigkeit und Niederge-
Schlag, der die eine oder die andere die schlagenheit fühlen, und der beste Weg,
Führung übernehmen läßt. sich davon zu befreien, ist herauszukom-
21. Es gibt viele Menschen, die ihre men und zu kämpfen.
Pflicht erfüllen, wenn es nicht nötig ist; 31. Unsere Armee muß sich unzweifel-
aber ein echter öffentlicher Geist zeigt sich haft erschöpft fühlen und benötigt zu ihrer
dann am meisten, wenn der größte Anlaß Wiederherstellung keine Tapferkeit, son-
dafür besteht. dern eine Ruhepause.
22. Gott sei dank ist unsere Armee noch 32. Unsere eigenen Interessen und unser
intakt, obwohl sie erschöpft ist. Glück rufen uns auf, ihr jede Unterstüt-
23. Unser gestriger Angriff litt unter vie- zung, die in unserer Macht ist, zu geben
len Mängeln, die natürlicherweise aus der und ihr die Bürde des Tages, von der die
Ungewißheit entstanden, welche Route der Sicherheit dieser Stadt abhängt, so leicht
Feind nehmen würde; deswegen konnten wie möglich zu machen.
alle unsere Kräfte nicht rechtzeitig zusam- 33. Meine Herren, erinnern sie sich dar-
mengeführt werden, um alle auf einmal zu an, daß wir sowohl im Norden als auch im
kämpfen. Süden Philadelphias Truppen haben, und
24. Unsere Stärke ist noch vorhanden; wenn wir den Feind solange aufhalten kön-
und es ist offenkundig, daß Howe sich nen, bis sie herankommen können, dann
nicht für den Sieger des Kampfes hält, an- wird diese Stadt gerettet und der Feind
derenfalls wäre er heute morgen marschiert schließlich vernichtet werden.
und hätte General Washington angegriffen. 34. Es steht für euch zuviel auf dem
25. Meine Herren in Stadt und Land, es Spiel, als daß ihr zögertet.
ist in unserer Macht, die Situation unter 35. Ihr solltet nicht eine Stunde über die-
beherzter Ausnutzung der gegenwärtigen se Sache nachdenken, sondern sofort zur
Umstände in einen wirklichen Vorteil zu Tat schreiten.
verwandeln. 36. Andere Staaten, die überfallen wur-
26. Howe ist jetzt schwächer als zuvor den, haben die Invasoren ebenfalls vertrie-
und jeder Schuß wird dazu beitragen, ihn ben.
zu schwächen. 37. Jetzt ist unsere Zeit gekommen und
27. Ihr seid unmittelbarer betroffen als wir sind an der Reihe, und vielleicht ist der
irgendein anderer Teil des Kontinents; euer Schlußstreich für uns reserviert.
Alles steht auf dem Spiel; nicht so die all- 38. Wenn wir auf die Gefahren zurück-
gemeine Sache; durch den Feind seid ihr blicken, aus denen wir errettet wurden und
der Plünderung und der Zerstörung gewid- den Erfolg bedenken, mit dem wir gesegnet
met; dies ist die Ermutigung, die Howe, wurden, dann wäre es sündhaft, träge oder
der Chef der Plünderer, seiner Armee ver- verzweifelt zu sein.
sprochen hat. 39. Ich beschließe dieses Schreiben mit
28. Unter diesen Umständen könnt ihr einer kurzen Adresse an General Howe:
euch durch männlichen Widerstand retten, 40. Sir, Sie verlängern nur den Zeitraum,
aber ihr könnt keine Hoffnung auf ein an- der zu Ihrer Niederlage führen wird.
deres Verhalten setzen. 41. Sie haben bis jetzt kaum mit dem
29. Ich habe bis jetzt nie unseren tapferen Krieg begonnen und je mehr Sie in ihn hin-
General oder irgendeinen anderen Teil un- eingeraten, desto schneller werden sich Ihre
serer Armee, Offiziere oder Soldaten, mut- Schwierigkeiten verdichten.
los gekannt und ich habe sie in tausend 42. Sie erfreuen sich im Augenblick nur
kritischeren Umständen als den jetzigen eines Aufschubs des Ruins; einer Einladung
gesehen.

80
zur Vernichtung; dies wird zu unserer Be-
freiung auf Ihre Kosten führen.
43. Wir kennen die Sache, für die wir
kämpfen, und trotz einer leidenschaftlichen
Liebe für sie kann uns jeder Schaden, der
uns bedroht, traurig machen; doch wenn
der Augenblick der Beunruhigung vorbei
ist, dann kehrt die Entschlossenheit zur
Pflichterfüllung zurück.
44. Wir lassen uns nicht von dem düste-
ren Lächeln eines nichtsnutzigen Königs
bewegen, sondern uns treiben das strahlen-
de Glühen und die Großherzigkeit des Pa-
triotismus.
45. Wir kämpfen nicht, um zu verskla-
ven, sondern um ein Land zu befreien und
um auf der Welt einen Platz zu schaffen, an
dem ehrliche Menschen leben können.
46. Wir sind von der Richtigkeit dieser
Sache überzeugt und wir überlassen Sie
dem verzweifelten Gedanken, Werkzeug
eines elenden jämmerlichen Tyrannen zu
sein.

Common Sense

81
82
Eine außerordentliche Krise

31. Mai 1782

83
§ 13 An Sir Guy Carleton daß der übergelaufene Offizier, der die
Exekution befohlen und geleitet hatte und
1. Es liegt in der Natur des Mitleidens, dessen Name Lippincut war, als Mörder
sich mit dem Unglück zu verbinden; und ausgeliefert werden sollte; für den Fall der
ich richte dieses Schreiben an Sie sogar im Weigerung sollte irgendein britischer Offi-
Namen eines Feindes, eines Hauptmanns in zier an seiner Stelle leiden.
britischen Diensten, der sich jetzt auf dem 9. Diese Forderung wurde zwar nicht
Weg in das Hauptquartier der amerikani- verweigert, aber auch nicht erfüllt; das
schen Armee befindet und der unglückli- schicksalhafte Los (es fand keine Auswahl,
cher Weise zum Tode verdammt ist für ein sondern ein Losziehen statt) fiel auf Haupt-
Verbrechen, das er nicht begangen hat. mann Asgill von den Garden, der, wie ich
2. Von einem so außerordentlichen Ur- bereits erwähnt habe, auf seinem Weg von
teil und von einer Exekution, die jedem Lancaster in das Hauptquartier ist als Mär-
menschlichen Empfinden so widerwärtig tyrer der allgemeinen Boshaftigkeit der
ist, sollte niemals berichtet werden ohne die Angelegenheit und der Undankbarkeit je-
Umstände, die dazu geführt haben: und da ner, denen er diente.
das auserwählte Opfer noch lebt und sein 10. Die erste Überlegung, die aus diesem
Leben oder Tod in Euren Händen ruht, schwarzen Geschäft aufkommt, ist die, was
werde ich den Fall und seine melancholi- für Männer müssen diese Engländer sein
sche Konsequenz kurz darlegen. und welche Ordnung und Disziplin unter-
3. Hauptmann Huddy von der Miliz halten sie in ihrer Armee, wenn direkt in
New Jerseys wurde in einem kleinen Fort ihrem Hauptquartier unter den Augen ihres
am Toms River von einem Trupp Überläu- Befehlshabers ein Gefangener nach Belie-
fer in britischen Sold und Diensten ange- ben aus seinem Gefängnis geholt werden
griffen, gefangen genommen und mit seiner kann und sein Tod zu einer sportlichen Sa-
Kompanie nach New York gebracht und im che gemacht werden kann.
Gefängnis jener Stadt untergebracht. 11. Die Geschichte der wildesten Indianer
4. Rund drei Wochen später wurde er kennt keine Beispiele exakt dieser Art.
aus dem Gefängnis geholt, ans Ufer ge- 12. Ihnen ist die Scheußlichkeit der Ra-
bracht, in ein Boot gesetzt und wieder an che zu eigen, aber in Eurer Armee gibt es
das Ufer New Jerseys verschleppt. ein noch größeres Verbrechen, die Scheuß-
5. Dort wurde er im Widerspruch zu lichkeit der Unterhaltung.
den Gewohnheiten aller Nationen, es sei 13. Die britischen Generäle, die einander
denn der barbarischen, an einem Baum nachfolgten, von der Zeit des General Gage
gehenkt. bis zu Euch, haben sich alle angemaßt, in
6. Dort blieb er hängen, bis er durch einer Sprache zu reden, zu der sie nicht
unsere Leute gefunden wurde, die ihn ab- berechtigt waren.
nahmen und begruben. 14. In ihren Proklamationen, ihren An-
7. Die Einwohner jenes Landesteiles, in sprachen und ihren Bittschriften an den
dem der Mord begangen wurde, sandten Kongreß (denn sie verdienen keinen ande-
eine Abordnung an General Washington ren Namen) reden sie von britischer Ehre,
mit einem ausführlichen und bestätigten britischem Großmut und britischer Nach-
Bericht. sicht, so als seien diese Dinge Tatsachen.
8. Geschockt von dieser brutalen Frevel- 15. Wir dagegen, deren Augen offen
tat, wie es jedes menschliche Herz sein sind, die die gleiche Sprache mit euch tei-
muß, und in der Absicht, sie zu bestrafen len, von denen viele am gleichen Ort mit
und künftig zu verhindern, trug der General euch geboren wurden, und die wir nicht
den Vorgang General Clinton vor, der da- mehr durch eure Worte irregeleitet werden
mals das Kommando hatte, und forderte, können, sondern eure Taten sehen, können

84
der ganzen Welt erklären, daß es, soweit werden können und die den Kriegsbräuchen
wir wissen, keinen verabscheuungswürdi- nicht entspricht; denn niemals konnte ange-
geren Charakter noch einen verächtlicheren nommen werden, daß eine derartig brutale
und grausameren Feind als den gegenwärti- Freveltat je begangen würde.
gen britischen gibt. 30. Sie ist in der Geschichte der zivili-
16. Für uns habt ihr alle Ansprüche auf sierten Barbaren einzigartig und wahrhaft
Ehre verloren. britisch.
17. Nur dadurch, daß man euch wie ein 31. Auf Ihrer Seite sind Sie uns für die
wildes Tier hält, das seine Wärter fürchtet, persönliche Sicherheit der Gefangenen in
kann man euch beherrschen. Euren Mauern verantwortlich.
18. Aber zurück zur Sache. 32. Hier kann es keinen Irrtum geben; sie
19. Obwohl ich keinen Mann für un- können weder Spione sein noch als solche
schuldig halten kann, der seine Hand dafür verdächtigt werden; eure Sicherheit ist
hergab, um das Land zu zerstören, das er nicht gefährdet, auch können eure Opera-
nicht bepflanzt hat, und um jene zu ruinie- tionen nicht durch in einem Kerker einge-
ren, die er nicht versklaven kann, so ist sperrte Männer zum Mißerfolg geführt
doch, abgesehen von Recht oder Unrecht werden.
im ursprünglichen Fall, Hauptmann Asgill 33. Sie unterscheiden sich in jeder Bezie-
im vorliegenden Fall nicht der Schuldige. hung von Männern im Feld und liefern
20. Der Verbrecher und das Opfer sind keinen Vorwand für strenge Bestrafung.
hier verschiedene Personen. 34. Aber wenn den trostlosen Bedingun-
21. Ihr habt den einen, wir den anderen. gen der Gefangenschaft bei euch die stän-
22. Ihr leugnet oder gebt vor, das Verhal- dige Furcht vor dem Tod hinzugefügt wer-
ten Lippincuts zu leugnen oder zu mißbilli- den muß; wenn Gefangenschaft dem Be-
gen, dennoch gewährt Ihr ihm Asyl; und gräbnis so nahe ist; und wenn schließlich
indem Ihr euch so verhaltet, so werdet Ihr die Mörder geschützt werden und dadurch
der wirkliche Henker Asgills, so als legtet das Verbrechen ermutigt wird, worin un-
Ihr den Strick um seinen Hals und verbann- terscheidet ihr euch dann im Benehmen und
tet ihn aus dieser Welt. Charakter von den amerikanischen India-
23. Ihr wißt selbst am besten, wie Eure nern?
Gefühle in diesem interessanten Fall sind. 35. Wir können keine Vorstellung von
24. Im Grab Eures Verstandes ist das eurer Ehre oder Gerechtigkeit in irgendei-
Schicksal Asgills begraben. nem künftigen Unternehmen gleich welcher
25. Er wird die Leiche Eures Willens Art haben, solange ihr in euren Reihen ei-
oder der Überlebende Eurer Gerechtigkeit. nen entsetzlichen Mörder schützt und an
26. Liefert den einen aus und Ihr rettet seiner Stelle einen eurer Offiziere opfert.
den anderen; haltet den einen zurück, und 36. Wenn ihr schon auf uns keine Rück-
der andere stirbt nach Eurer Wahl. sicht nehmt, so schont das Leben, das zu
27. Aus unserer Sicht ist der Fall ganz retten eure Pflicht ist.
einfach; ein Offizier wurde aus seinem Ge- 37. Ob die Strafe für den, der in diesem
fängnis geholt und ermordet, und der Mör- Fall unschuldig stirbt, oder für den, der aus
der ist in Euren Reihen. trauriger Notwendigkeit zur Vergeltung
28. Eure Armee ist tausender Fälle glei- gezwungen wird, größer ist, ist eine nicht
cher Grausamkeit schuldig, aber sie werden entschiedene Frage des Feingefühls.
unklar berichtet und sind vor persönlicher 38. Es liegt an Euch, die Leiden beider
Entdeckung geschützt. zu verhindern.
29. Hier ist das Verbrechen bekannt; es 39. Ihr habt nichts anderes zu tun, als den
ist dies einer jener außerordentlichen Fälle, Mörder auszuliefern und die Sache ist be-
die weder abgeleugnet noch beschönigt endet.

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40. Ihn aber zu beschützen, sei er wer er 52. Sie wurden wie Jagdhunde auf den
sei, heißt sein Verbrechen begünstigen, und Geruch des Blutes abgerichtet und in jeder
es durch frivole und unsinnige Untersu- Art liederlicher Grausamkeit gehegt.
chungen zu verschleppen, heißt es beför- 53. Ihre Vorstellungen von Recht und
dern. Unrecht erschöpften sich in der ständigen
41. Ihr könnt weder eine Aussage noch Gewohnheit wiederholter Schmach, bis sie,
ein Versprechen machen, die glaubwürdig wie die Männer, die die Exekution vollzo-
sind. gen, nicht mehr den Wert des Lebens eines
42. Nicht die Entschuldigung, sondern anderen fühlten.
der Mann wird hier gefordert. 54. Die Aufgabe, die sich Euch stellt, ist,
43. Ihr seht euch von allen Seiten ge- obwohl traurig, nicht schwierig; gebt den
drängt, das Leben eures eigenen Offiziers Mörder heraus und rettet Euren Offizier als
zu retten, denn er wird sterben, wenn Ihr den ersten Schritt zu einer notwendigen
die Gerechtigkeit verhindert. Erneuerung.
44. Der Mord an Hauptmann Huddy ist
eine Beleidigung, die nicht toleriert werden
kann und es gibt keine Sicherheit für uns,
daß solche oder ähnliche Handlungen nicht
wiederholt werden, es sei denn, die Strafe
fällt auf Euch selbst.
45. Die letzte Sicherheit der Gefangen-
schaft zerstören und den unbewaffneten und
wehrlosen Gefangenen einer privaten und
sportiven Exekution zuführen heißt, Grau-
samkeit zu weit zu treiben, als daß man
schweigen könnte.
46. Das Übel muß beendet werden; und
die Wahl der Personen liegt bei Euch.
47. Aber wenn Eure Verbundenheit mit
dem Schuldigen stärker ist als mit dem Un-
schuldigen, dann führt Ihr ein Verbrechen
ein, das Euren Charakter zerstören muß.
48. Und wenn die Sache Eures Königs
auf diese Weise unterstützt werden muß, so
hört auf ewig auf, unsere Erinnerung mit
den jämmerlichen Phrasen von der briti-
schen Ehre, dem britischen Großmut und
der britischen Nachsicht zu foltern.
49. Sir, lernt aus diesen melancholischen
Umständen eine Lektion der Moral.
50. Die Überläufer sind Männer, die
durch Eure Vorgänger in der Bosheit aus-
gebildet wurden, damit sie besser den
Zwecken ihrer Herren entsprächen.
51. Um sie nützlich zu machen, haben sie
diese niederträchtig gemacht und die Kon-
sequenz ihrer anerzogenen Niedertracht
fällt nun auf die Köpfe ihrer Förderer her-
ab.

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Die letzte Krise
Nummer 13

19. April 1783

Gedanken über den Frieden und seinen


vermutlichen Nutzen.

87
88
§ 14 Die größte und gründlichste Revolu- gen, die weder zu hoch eingeschätzt noch
tion der Menschheitsgeschichte ist ruhm- zu dankbar empfangen werden können.
reich und glücklich vollendet. 8. In dieser Besinnungspause - während
der Sturm abklingt und der lange erregte
1. "Die Zeiten, die unsere Seelen auf Verstand zur Ruhe kommt, laßt uns auf die
eine Probe gestellt haben"10, sind vorüber vergangenen Ereignisse zurückblicken und
und die größte und gründlichste Revolution aus der Erfahrung lernen, was jetzt zu tun
der Menschheitsgeschichte ist ruhmreich ist.
und glücklich vollendet. 9. Ich sage, niemals hatte ein Land so
2. Aber von den Extremen der Gefahr viele Möglichkeiten zur Glückseligkeit wie
zur Sicherheit, vom Tumult des Krieges zur dieses.
Ruhe des Friedens überzugehen, mag es 10. Seine Geburt war wie eine schöne
auch noch so angenehm erscheinen, erfor- Morgendämmerung, ungetrübt und vielver-
dert eine allmähliche Beherrschung der sprechend.
Sinne, um sie zu erhalten. 11. Seine Sache war gut.
3. Selbst die Stille hat die Kraft der Be- 12. Seine Prinzipien waren gerecht und
täubung, wenn sie zu plötzlich über uns liberal.
kommt. 13. Sein Temperament war ruhig und
4. Der lange und wütende Hurrikan, der fest.
augenblicklich aufhörte, würde uns eher in 14. Sein Benehmen wurde durch die
einem Zustand der Verwunderung als der schönsten Schritte geordnet und alles trug
Freude hinterlassen; und einige Augenblik- das Zeichen der Ehre.
ke der Besinnung müßten vergehen, ehe 15. Nicht jedes Land - vielleicht gibt es
wir fähig wären, das Glück der Ruhe zu kein anderes auf der Welt - kann sich einer
empfinden. so sauberen Geburt rühmen.
5. Es gibt nur wenige Beispiele dafür, 16. Selbst die erste Besiedlung Amerikas
daß der Verstand plötzlichen Veränderun- entsprach dem Charakter der Revolution.
gen gewachsen ist: er hat Vergnügen an 17. Rom, einst stolze Herrscherin der
Überlegungen und Vergleichen und diese Welt, bestand ursprünglich aus einer Räu-
müssen Zeit haben, bevor die Vorliebe für berbande.
neue Ansichten vollständig ist. 18. Raub und Plünderung machten es
6. In unserem Fall müssen die große reich und die Unterdrückung vieler Millio-
Wichtigkeit des Gegenstandes - die ver- nen machte es groß.
schiedenen Ungewißheiten des Schicksals, 19. Aber Amerika braucht sich nie zu
die er ertragen hat - die vielfältigen und schämen, von seiner Geburt zu erzählen
komplizierten Gefahren, die wir erlitten oder von den Phasen zu berichten, durch
haben oder denen wir entkommen sind - die es zur Herrschaft aufstieg.
unsere jetzige Bedeutung - und unsere enor- 20. Die richtige Erinnerung des Gesche-
men Aussichten alle zusammenwirken, um henen muß es mit der löblichsten aller Am-
uns zur Besinnung zu bringen. bitionen inspirieren, nämlich fortzufahren
7. Unsere Fähigkeit, eine Welt glücklich mit dem fairen Ruf, mit dem es begann.
zu machen, die Menschheit zu lehren, 21. Die Welt hat es groß gesehen in der
ebenso zu sein, einen bisher unbekannten Not; kämpfend ohne einen Gedanken an
Charakter im Theater der Welt vorzustellen Nachgiebigkeit, in zahllosen Schwierigkei-
und wie es scheint, eine neue Schöpfung zu ten, tapfer und stolz der Gefahr trotzend,
haben, die unseren Händen anvertraut wur- mit Entschlossenheit sich erhebend, als der
de, sind Ehren, die Überlegungen erzwin- Sturm zunahm.

10
Crisis Nr.1, Dezember 1776

89
22. All dies steht ihm mit Recht zu, denn 33. Niemand begann jemals fairer als
seine innere Stärke ist gut für den Charak- Amerika und niemand hat eine größere
ter. Verpflichtung, dies zu bewahren.
23. Laßt denn die Welt sehen, daß es den 34. Die Schuld, die Amerika auf sich lud,
Wohlstand ertragen kann und daß seine ist verglichen mit der Sache, die es gewann
ehrlichen Tugenden im Frieden den tapfer- und den daraus fließenden Vorteilen so
sten Tugenden im Krieg ebenbürtig sind. gering, daß sie kaum erwähnenswert ist.
24. Es kehrt nun zurück zu den Schau- 35. Es hat die Wahl zu handeln und so
plätzen des ruhigen und häuslichen Lebens. glücklich zu leben, wie es will.
25. Nicht im Schatten der Enttäuschung, 36. Die Welt liegt in seiner Hand.
sondern um sich im eigenen Land, unter 37. Es gibt keine auswärtige Macht, die
eigenen Reben der Süße seiner Arbeiten seinen Handel monopolisieren, seine Ge-
und der Belohnung seiner Bemühungen zu setzgebung verwirren oder seinen
erfreuen. Wohlstand kontrollieren könnte.
26. In dieser Situation möge es niemals 38. Der Kampf ist vorbei, was ja eines
vergessen, daß eine faire nationale Reputa- Tages geschehen mußte, und dies hätte zu
tion ebenso wichtig ist wie die Unabhän- keinem günstigeren Zeitpunkt geschehen
gigkeit. können.11
27. Damit es einen Charme besitze, der
die Welt gewinnt und selbst Feinde zivili-
siert. 11
Daß die Revolution genau zum dem Zeitpunkt
28. Damit es eine Würde gebe, die häufig begann, der dem Zweck am Angemessensten war,
der Gewalt überlegen ist und Ehrfurcht ist hinreichend durch ihren Ausgang bewiesen: aber
gebiete, wo Pomp und Glanz versagen. das große Scharnier, um das sich die ganze Maschi-
ne drehte, ist die Vereinigung der Staaten: und diese
29. Es wäre ein Umstand, der ewig zu
Vereinigung wurde natürlicherweise durch die Un-
beklagen und niemals zu vergessen wäre, fähigkeit einzelner Staaten bewirkt, sich selbst ge-
wenn irgendein Fleck, aus welchem Grund gen einen auswärtigen Staat ohne die Unterstützung
auch immer, auf die Revolution fiele, die der anderen zu schützen. Wären die Staaten einzeln
bis zum Ende aller Zeiten eine Ehre für das weniger fähig gewesen, als der Krieg begann, dann
wäre ihre vereinte Stärke dem Unternehmen nicht
Zeitalter sein muß, das sie vollendete; und
gewachsen gewesen und sie hätten aller menschli-
die mehr dazu beigesteuert hat, die Welt chen Wahrscheinlichkeit nach scheitern müssen.
aufzuklären und den Geist der Freiheit und Wären sie dagegen einzeln stärker gewesen, dann
des Liberalismus unter der Menschheit zu hätten sie womöglich die Notwendigkeit der Verei-
verbreiten, als irgendein früheres menschli- nigung nicht gesehen oder, was noch schlimmer ist,
nicht gefühlt und wären beim Versuch, alleine oder
ches Ereignis, wenn man es so nennen
in kleinen Koalitionen zu widerstehen, einzeln be-
mag. siegt worden.
30. Der ständige Anblick der Not stumpft Jetzt, da wir keine Zeit erkennen können, (es müß-
die feineren Gefühle ab und die Notwen- ten viele Jahre vergehen, bevor sie käme), zu der
digkeit, diesen Anblick zu ertragen, läßt die Kraft irgendeines Staates oder mehrerer verein-
ter Staaten der Macht der gegenwärtigen Vereinig-
ihn vertraut werden.
ten Staaten als Ganzem gleich käme, und da wir die
31. In gleicher Weise sind viele morali- extremen Schwierigkeiten gesehen haben, den Krieg
sche Pflichten der Gesellschaft geschwächt, gemeinsam zu einem erfolgreichen Ende zu führen,
solange die Gewohnheit des Handelns aus und um unsere nationale Bedeutung in der Welt zu
Notwendigkeit eine Rechtfertigung ist, bewahren, deshalb müssen wir in Anbetracht unse-
rer Erfahrung und des gewonnenen Wissens, außer
während sie in Wirklichkeit ein Verbrechen
wir verschwenden unsere Weisheit, stark durch die
ist. Vorteile und die Notwendigkeit, diese glückliche
32. Jetzt aber laßt die Nation eine rechte Union zu stärken, beeindruckt sein, dieser Union,
Vorstellung von ihrem Charakter gewin- die unsere Rettung war und ohne die wir ein ruinier-
nen, und sie wird ihn gerecht beschützen. tes Volk wären. Während ich dies schreibe, fällt
mein Blick auf das Pamphlet Common Sense, von

90
39. Und statt eines tyrannischen Herr- 44. Das wenige, das es kosten wird, wird
schers haben wir einen Alliierten gewon- ein profitabler Tausch sein verglichen mit
nen, dessen beispielhafte Größe und umfas- dem Wert der Staaten, der Größe der Sache
sende Liberalität selbst von seinen größten und der Wichtigkeit des nationalen Charak-
Feinden anerkannt wird. ters.
40. Mit den Segnungen des Friedens, der 45. Aber das, was noch stärker einen
Unabhängigkeit und eines weltweiten Han- klugen und scharfen Verstand beeindrucken
dels werden die Vereinigten Staaten, ein- muß und was einfach alle inneren Angele-
zeln und gemeinsam, Muße und Gelegen- genheiten umfaßt und ausmacht, das ist die
heit haben, ihre inneren Angelegenheiten Einigung der Staaten.
zu ordnen und aufzubauen und es Verleum- 46. Von ihr hängt unser großer nationaler
dungen unmöglich zu machen, den gering- Charakter ab.
sten Schatten auf ihre Ehre zu werfen. 47. Sie ist es, die uns Bedeutung im Aus-
41. Charakter ist viel einfacher zu bewah- land und Sicherheit zu Haus verschafft.
ren als wiederherzustellen. 48. Nur durch sie sind oder können wir
42. Und jener Mensch, wenn es einen als Nation in der Welt bekannt werden; es
geben sollte, der - aus üblen Ansichten ist die Flagge der Vereinigten Staaten, die
oder Kleinlichkeit der Seele - seine Hand unseren Schiffen und unserem Handel Si-
unbesehen dafür hergibt, sie zu beleidigen, cherheit auf den Meeren oder in einem aus-
der wird eine Wunde schlagen, die er nie- ländischen Hafen gewährt.
mals heilen könnte. 49. Unser Zugang zum Mittelmeer muß
43. Da wir eine Erbschaft für unsere in gleicher Weise erreicht werden.
Nachkommen geschaffen haben, so laßt uns 50. Alle unsere Verträge, seien es Bünd-
sie mit allen Zeichen einer ehrenhaften nis-, Friedens- oder Handelsverträge, wer-
Übermittlung weiterreichen. den unter der Souveränität der Vereinigten
Staaten geschlossen und Europa kennt uns
unter keinem anderen Namen oder Titel.
dem ich hier Auszüge bringe, weil sie exakt zum 51. Die Teilung der Union in Staaten
Fall passen. dient unserer eigenen Bequemlichkeit, aber
Sie lauten wie folgt:
im Ausland hört diese Unterscheidung auf.
"Ich habe nie jemanden getroffen, weder in England
noch in Amerika, der nicht der Meinung war, daß 52. Die Angelegenheiten eines jeden
eine Trennung zwischen den Ländern früher oder Staates sind lokal.
später stattfinden würde. Und es gibt keinen Punkt, 53. Sie können nicht darüber hinaus ge-
in dem wir weniger Urteilsvermögen gezeigt haben, hen.
als in unserem Bemühen zu beschreiben, was wir
54. Und würde das ganze Vermögen
die Reife oder die Fitneß des Kontinents zur Unab-
hängigkeit nennen. Da alle Menschen das Mittel selbst des reichsten von ihnen für Steuern
billigen und nur ihre Meinungen über den rechten ausgegeben werden, so würde dies nicht
Zeitpunkt variieren, so laßt uns, um Mißverständ- ausreichen, die Souveränität gegen einen
nisse zu vermeiden, einen allgemeinen Überblick auswärtigen Angriff zu verteidigen.
über den Stand der Dinge gewinnen und versuchen,
55. Kurz, wir haben keine andere natio-
falls möglich, den rechten Zeitpunkt herauszufin-
den. Aber wir müssen nicht weit gehen, die Unter- nale Souveränität als die der Vereinigten
suchung hört sofort auf, denn die Zeit hat uns ge- Staaten.
funden. Das allgemeine Einverständnis und die 56. Es wäre für uns sogar fatal, wenn wir
herrliche Einigkeit in allen Dingen beweisen es. eine andere hätten, zu teuer, um sie zu be-
Nicht in der Anzahl, sondern in der Einheit liegt
wahren und unmöglich, sie zu unterhalten.
unsere große Stärke. Der Kontinent hat gerade den
Gipfel der Stärke erreicht, in dem keine einzelne 57. Einzelwesen oder einzelne Staaten
Kolonie imstande ist, sich selbst zu erhalten, das können sich selbst nennen, wie sie wollen;
Ganze aber kann, wenn vereinigt, die Sache voll- aber die Welt, insbesondere eine Welt vol-
bringen. Und mehr oder weniger als dies könnte in
seinen Auswirkungen fatal sein".

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ler Feinde, kann nicht durch das Pfeifen 69. Durch letztere sind wir zu Hause be-
eines Namens in Schach gehalten werden. kannt, durch erstere in der Welt.
58. Die Souveränität muß Macht haben, 70. Unser großer Titel ist Amerikaner -
um alle Teile, die sie ausmachen und kon- unser kleinerer variiert mit dem Ort.
stituieren, zu schützen: und als Vereinigte 71. Alle meine Bemühungen waren, so-
Staaten sind wir der Bedeutung des Titel weit es ging, dadurch bestimmt, die Lei-
gleichwertig, anderenfalls aber nicht. denschaften zu besänftigen, die Interessen
59. Gut und weise geordnet und befestigt, zu vereinigen und den Geist des Landes zu
ist unsere Union der billigste Weg groß und einen und zusammen zu halten.
der einfachste Weg mächtig zu sein und die 72. Um dieses Gründungswerk der Revo-
glücklichste Erfindung des Regierens, die lution besser zu unterstützen, habe ich alle
die Umstände Amerikas erlaubt. profitablen oder amtlichen Stellungen ver-
60. Denn sie sammelt von allen Staaten mieden, sowohl in dem Staat, in dem ich
das, was für sie ohne Nutzen ist, weil es lebe als auch in den Vereinigten Staaten.
nicht ausreicht, und formt eine Gesamtheit, 73. Ich hielt mich fern von allen Parteien
die allen dient. oder Parteizusammenschlüssen und mißach-
61. Die Staaten Hollands sind ein Beispiel tete alle privaten und geringeren Angele-
für die unglücklichen Auswirkungen indi- genheiten: und wenn wir das große Werk
vidueller Souveränität. betrachten, daß wir vollbracht haben, und
62. Ihre verworrenen Umstände setzen seine rechte Bedeutung fühlen, wie wir
sie zahlreichen Intrigen, Verlusten, Un- sollten, dann werden wir sehen, daß die
glücken und Feinden aus; die praktische kleinen Auseinandersetzungen und unan-
Unmöglichkeit, ihre Maßnahmen zu einer ständigen Streitigkeiten persönlicher Art
Entscheidung und diese Entscheidung zur unserem Charakter keine Ehre machen und
Ausführung zu bringen, ist für sie und schädlich für unsere Ruhe sind.
würde für uns eine Quelle endlosen Un- 74. Es war die Sache Amerikas, die mich
glücks sein. zu einem Schriftsteller machte.
63. Es verhält sich mit verbündeten Staa- 75. Die Kraft, mit der sie meinen Geist
ten wie mit den Individuen einer Gesell- beeindruckte und die gefährlichen Umstän-
schaft; etwas muß aufgegeben werden, um de, in denen sich meiner Meinung nach das
das Ganze zu sichern. Land befand, indem es sich um eine un-
64. Aus dieser Sicht der Dinge gewinnen mögliche und unnatürliche Versöhnung mit
wir durch das, was wir geben und erhalten jenen bemühte, die entschlossen waren, es
einen jährlichen Zins, der größer ist als das zu vernichten, anstatt den einzigen Weg
Kapital. einzuschlagen, der es befestigen und retten
65. Ich fühle mich jedes Mal verletzt, konnte, nämlich die Unabhängigkeitserklä-
wenn ich höre, daß auch nur im geringsten rung, machten es für mich unmöglich, so
abfällig über die Union gesprochen wird, wie ich fühlte, ruhig zu bleiben.
jenem großen Schild unserer Freiheit und 76. Und wenn ich ihm im Verlauf von
Sicherheit. mehr als sieben Jahren irgendeinen einen
66. Sie ist die heiligste Sache in der Ver- Dienst erwiesen habe, so habe ich ebenfalls
fassung Amerikas; jedermann sollte auf sie etwas zur Reputation der Literatur hinzuge-
sehr stolz sein. fügt, indem ich mich frei und unvoreinge-
67. Unsere Staatsangehörigkeit in den nommen mit der großen Sache der Mensch-
Vereinigten Staaten ist unser nationaler heit beschäftigt und aufgezeigt habe, daß es
Charakter. Genie ohne Prostitution geben kann.
68. Unsere Staatsangehörigkeit in einem 77. Die Unabhängigkeit schien mir im-
einzelnen Staat ist nur unsere lokale Unter- mer praktikabel und wahrscheinlich zu
scheidung. sein, vorausgesetzt, die Ansichten des Lan-

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des konnten geformt und bei der Sache
gehalten werden: und es gibt kein Beispiel
in der Welt, bei dem ein so großes Volk,
gebunden an alte Denkgewohnheiten und
mit einer solchen Vielfalt von Umständen,
von einer Wende in der Politik so schnell
und wirksam durchdrungen wurde, wie im
Fall der Unabhängigkeit; unvermindert
blieb das Volk bei seiner Meinung während
einer Abfolge von guten und schlechten
Ereignissen bis die Sache mit Erfolg ge-
krönt wurde.
78. Aber das Kriegsgeschehen ist vorbei
und jedermann bereitet sich auf zu Hause
und auf glücklichere Zeiten vor, und des-
halb nehme ich von der Sache Abschied.
79. Ich bin ihr aufrichtig vom Beginn bis
zum Ende gefolgt, durch alle ihre Windun-
gen und Kurven.
80. In welchem Lande ich später auch
immer sein werde, ich werde immer einen
ehrlichen Stolz über meinen Anteil empfin-
den und der Natur und Vorsehung dankbar
dafür sein, daß sie mir die Kraft gab, von
einigem Nutzen für die Menschheit zu sein.

Common Sense

Philadelphia, 19. April 1783

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