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1, 838
Beschreibung
I. Die lateinische Bezeichnung ‹descriptio› hat bis
zum 17. Jh. erstens einen religiös-theologischen,
zweitens einen (daraus abgeleiteten) metaphysischen
und drittens einen methodologisch-naturwissenschaft-
lichen Sinn.
1. Der religiös-theologische Sinn erschließt sich
im Gedanken einer «descriptio divina», etwa in der
antiken Form, daß ein unendlicher Geist das Weltall
geordnet und beschrieben habe [1], die von den ersten
christlichen Apologeten dahin interpretiert wurde, daß
diese descriptio als Bewegung des unendlichen Gei-
stes selbst göttlicher Natur sei [2]. Seit dem Mittelal-
ter ist dann auch von einem «Buch der Natur»
(s.d.) die Rede, und noch im 17. Jh. findet man in na-
turwissenschaftlichen Werken, den Ausdruck «de-
scriptiones divinae» [3]. – Dieser religiös-theologi-
sche Hintergrundmag auch bei der Entwicklung der
Schrift ursprünglich eine Rolle gepielt haben, wie
sich z.B. noch am rein sakralen Charakter der germa-
nischen Runenschrift zeigt.
2. Der metaphysische Sinn entstand durch Ab-
straktion von einem religiösen Inhalt dergestalt, daß
anstelle Gottes bzw. eines unendlichen Geistes die na-
tura agens als forma substantialis bzw. die natura
agens eines jeden einzelnen Dinges tritt. So ist bei
HWPh: Historisches Wörterbuch der Philosophie
2.845 Beschreibung HWPh Bd. 1, 839
(21923) 223f.
[7] M. SCHLICK: Grundzüge der Naturphilos., hg. HOLLIT-
SCHER/RAUSCHER (Wien 1948) 14ff.; Allgemeine Er-
kenntnislehre (21925) 86.
[8] L. WITTGENSTEIN: Tagebücher 1914 bis 1918. Schrif-
ten (1960) 173.
[8a] SCHLICK, a.a.O. [7] 14f.
[8b] K. ADJUKIEWITZ: Abriß der Logik (1958) 179; C. G.
HEMPEL und P. OPPENHEIM: The logic of explanation, in:
Reading in the philos. of sci., hg. FEIGEL/BROADBECK
(1953) 319; W. STEGMÜLLER: Probleme und Resultate der
Wiss.-Theorie 1: Wiss. Erklärung u. Begründung (1969); R.
WOHLGENANNT: Was ist Wiss.? (1969) 76.
[9] Vgl. F. KAULBACH: Philos. der B. (1968) 332–345.
[10] A. von HUMBOLDT: Kosmos. Entwurf einer physischen
Welt-B. 1 (1845).
[11] F. RATZEL: Über Naturschilderung (1904).
[12] J. MÜLLER: Von dem Bedürfnis der Physiol. nach einer
philos. Naturbetrachtung (Bonner Antrittsvorles. 19. 10.
1824), in: A. MEYER-ABICH: Biol. der Goethezeit (1949)
256ff.
[13] W. DILTHEY: Ideen über eine beschreibende und zer-
gliedernde Psychol. Schriften 5 (21957) 139ff.
[14] E. HUSSERL: Ideen zu einer reinen Phänomenol. und
phänomenol. Philos. 1, §§ 73f. Husserliana 3 (Den Haag
HWPh: Historisches Wörterbuch der Philosophie
2.867 Beschreibung HWPh Bd. 1, 846
1950) 168ff.
[15] M. MERLEAU-PONTY: Phénoménol. de la perception
(Paris 1945) 46ff.
[16] LEIBNIZ, Nouveaux Essais IV, 11, § 14. Akad.-A. 6,
446f.
[17] Vgl. F. KAULBACH: Schema, Bild und Modell nach den
Voraussetzungen des Kantischen Denkens. Stud. gen. 8
(1965) 465; Philos. der B. (1968) 250f.
[18] KANT, KrV B 155; vgl. Logik § 105. Akad.-A. 9, 142f.
[19] F. W. J. SCHELLING, Werke, hg. K. F. A. SCHELLING
5, 252f.; 3, 274f.
[20] HEGEL: Phänomenol. des Geistes. Werke, hg. GLOCK-
NER 2, 192ff.
Literaturhinweise. M. DESSOIR: Anschauung und B.
Ein Beitrag zur Ästhetik. Arch. systemat. Philos. 10 (1904)
20–65. – A. HOCHSTETTER-PREYER: Das Beschreiben
(1916). – E. CASSIRER: Das Erkenntnisproblem in der Phi-
los. und Wiss. der neueren Zeit (31922) bes. Bde. 1 u. 2. –
HEINRICH BARTH: Philos. der Erscheinung 1 (1947,
21966); 2 (1959). – B. RUSSELL: Human knowledge (Lon-
don 1948). – L. GABRIEL: Integrale Logik. Z. philos. Forsch.
10 (1956) 44–62. – F. KAULBACH: Der philos. Begriff der
Bewegung. (1965); Der Begriff des Charakters in der Philos.
von Leibniz. Kantstudien 57 (1966) 126–141; Philos. der B.
(1968). – J. DERBOLAV: Dilthey und das Problem der Ge-
schichtlichkeit (1966) 189ff. – H. GLOCKNER: Gegenständ-
lichkeit und Freiheit (1966) 2 Bde. – E. HEINTEL: Der Be-
HWPh: Historisches Wörterbuch der Philosophie
2.868 Beschreibung HWPh Bd. 1, 846