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Raphael van Riel, Ezio Di Nucci und Jan Schildmann (Hrsg.

):
Enhancement der Moral,
Münster 2015.
John R. Shook

NEUROETHIK UND DIE MÖGLICHEN ARTEN


DES ENHANCEMENTS DER MORAL*

Techniken zur Erreichung eines Enhancements der Moral werden Hirnpro­


zesse modifizieren, um das zu erreichen, was ein vermeintlich moralischeres
Verhalten ist. Neurophilosophie und Neuroethik müssen darüber nachden-
ken, was »Enhancement der M oral« möglicherweise sein könnte, wenn es
überhaupt möglich ist. Einwände gegen die grundsätzliche Möglichkeit ei­
nes Enhancements der Moral, die von verschiedenen philosophischen und
neurowissenschaftlichen Standpunkten aus erhoben werden, scheitern daran,
den Skeptizismus zu rechtfertigen, aber sie versehen die Arten wirksamer
Verbesserer der Moral mit bedeutenden Einschränkungen. Während es keine
»M oralpille« geben wird und Hoffnungen auf eine globale moralische Er­
leuchtung Hoffnungen bleiben werden, wird es eine große Bandbreite an
Verhaltensänderern geben, die als Verbesserer der Moral (entsprechend den
herrschenden sozialen Normen) in dem einen oder anderen Punkt bezeichnet
werden können. Die in der näheren Zukunft am wahrscheinlichsten konzi­
pierten, getesteten und vermarkteten Verbesserer der Moral werden solche
sein, die versuchen, unmoralisches und illegales Verhalten zu verringern.
Ebenso werden einige Verbesserer verfügbar werden, die antisoziales Ver­
halten verringern und Einige, die dazu gemacht wurden, um moralisches
Verhalten über das normale Niveau hinaus anzuheben. Deren weitverbreite­
ter Gebrauch ist jedoch unwahrscheinlich. Es wird außerdem spezialisierte
Modifikationen zur Verbesserung von all dem geben, was Individuen per­
sönlich als moralisch erachten, und solche zur Ermöglichung einer besseren
Erfüllung funktionaler Rollen. Ein maßvoller Skeptizismus gegenüber all
diesen angedachten Arten des Enhancements der Moral ist anzuraten, und
dort, wo es um die politische Implementierung von Verbesserern der Moral
geht, auch ein gesundes Maß an Zynismus.

Originalpublikation: >Neuroethics andthe Possible Types of Moral Enhancement^American


Journal of Bioethics Neuroscience 2012, 3:3-14.
20 John R. Shook

Was bedeutet »M oral «


in »E nhancement der M oral «?

Wenn die kognitiven Fähigkeiten einer Person verbessert werden können,


könnten dann auch ihre pro-sozialen oder sogar moralischen Fähigkeiten
verbessert werden? D as interdisziplinäre Feld der Neuroethik (Farah 2012)
hat sich dieser Fragen angenommen. Zu viele Diskussionen verlaufen so, als
ob beides, die Bedeutung und die Möglichkeit des Enhancements der Moral,
bereits weithin verstanden wären und hierüber Einigkeit bestehen würde.
Man ist versucht, direkt zu den faszinierenderen Fragestellungen zu sprin­
gen. Welche Techniken zur Erreichung des Enhancements der Moral - chir­
urgische, transkranielle, pharmakologische, nanotechnische, kybernetische
usw. - wären die Wirksamsten? Welche Enhancements der Moral wären für
eine Gesellschaft vorteilhaft oder zumindest nicht schädlich? Welche En­
hancements der M oral sind gerechtfertigterweise ethisch zu erlauben und
welche sind zu verbieten? Und welche Enhancements der Moral sollten öf­
fentlich unterstützt oder sogar rechtsverbindlich werden? Das Aufkommen
des Enhancements der M oral als philosophisches Thema (vgl. Engelhardt
1990; Hughes 1996; Macer 1995) fiel damit zusammen, diese Art von prak­
tischen Fragen aufzuwerfen (Themen, wie sie etwa von Boire 2004; Chan
und Harris 2011; Faust 2008; Harris 2011; Persson und Savulescu 2008; 2010;
2011; Spence 2008; Verbeek 2009 und Walker 2009 aufgeworfen werden).
Solche Fragen zu stellen und irgendeine Art von Antwort auf sie anzubieten
setzt voraus, dem »Enhancement der M oral« irgendeinen Sinn zuzuweisen.
Klare und präzise Definitionen von »Enhancements der Moral« sind jedoch
nicht zu finden; was Enhancement der »M oral« genannt wird, reicht vom
empathischen Gefühl der Betroffenheit über vergrößerte persönliche Verant­
wortung bis hin zu einer erhöhten Achtung für globale Fairness. Niemand
bezweifelt die guten Absichten hinter den Rufen nach einem Enhancement
der Moral, aber sind gute Absichten genug?
Die Neuroethik sollte sorgfältig untersuchen, wie Enhancements der M o­
ral überhaupt möglich sein könnten, und wenn sie möglich sind, ob dann
eventuell nur gemäßigte Enhancements der M oral praktikabel wären. Wir
geben hier einen Überblick über mögliche Bestandteile von Verbesserern
der Moral, wobei philosophische und moralische Einwände berücksichtigt
werden. Dieser Überblick wird eine ausgewogene und moderate Schlussfol­
gerung über die allgemeine Durchführbarkeit eines Enhancements der Moral
plausibel machen: Sie wird weder so leicht noch so unmöglich sein, wie von
Extremstandpunkten aus behauptet wird.
Es wird keine »M oralpille« geben, so wie es keine einzelne »Intelligenz­
pille« geben wird. In der Zukunft wird es viele spezifische Arten der Mo-
ral-»Pille« und weiterer Enhancement-Techniken geben. Die Moralpsycho­
Neuroethik und die möglichen Arten des Enhancements der Moral 21

logie/Neurow issenschaft wird auf eine Neurowissenschaft der Kognition,


der Affekte und des Sozialen angewiesen sein, aber die Neuroethik wird sich
besonders mit dem Enhancement der Moral befassen müssen. Während sie,
wie später in diesem Artikel argumentiert wird, physiologisch möglich sind,
muss die wirksame Gestaltung von Enhancements der M oral anders als die
Gestaltung von Techniken kognitiven Enhancements behandelt werden. An­
ders als grundlegende Enhancements des Kognitiven, die unabhängig von
Gesellschaft klassifiziert werden können (verbesserte Aufmerksamkeit oder
verbessertes Gedächtnis bleiben unabhängig vom Aufenthaltsort verbessert),
müssen Klassifikationen des Enhancements der Moral die umgebenden sozia­
len Kontexte berücksichtigen. Moralische Intuitionen, Tugenden und Regeln
sind nicht überall auf der Welt identisch; der Wechsel des sozialen Kontexts
kann die Klassifikation von einem Enhancement der Moral zu einem Defizit
der Moral werden lassen. Dieser Punkt ist kein automatisches Zugeständnis,
dass Relativismus herrschen muss, sondern ein Zugeständnis an eine plu­
ralistische Wirklichkeit. In einer idealen philosophischen Welt würde der
Konsens über eine einzelne einheitliche ethische Theorie die genaue deskrip­
tive Bedeutung von »M oral« und die exakten präskriptiven Standards für
»moralisches« Verhalten diktieren. Bisher leben wir nicht in einer solchen
Welt.

Ist irgendein E nhancement der M oral m öglich ?


Die Art, wie Kulturen und ethische Theorien sich im Bezug auf Moral wider­
sprechen, die Art, wie der Wissenschaft einige Auffassungen von moralischer
Verantwortung unanagenehm sind, oder die Weise, in der der Naturalismus
die Parameter der Moral diktieren kann, könnten die Möglichkeit irgendeines
Enhancements der Moral von Beginn an ausschließen.
Kulturen widersprechen sich notorisch in vielen Angelegenheiten der M o­
ral. Versuchen wir fürs Erste einmal, uns eine »Etikettepille« vorzustellen,
und fragen wir uns, wie sie auf gleiche Weise in Bombay, Bagdad und Boston
funktionieren könnte. Eine einzelne solche Moralpille könnte kaum weniger
unwahrscheinlich sein. Selbst wenn wir die problematische Diversität, die
der kulturellen M oral innewohnt, beiseite schöben, um stattdessen einige
vernunftorientierte ethische Systeme zu bervorzugen, müssen wir ein System
wählen. Angenommen, eine Modifikation des Gehirns verändert eine Person
so, dass sie nun diejenige Tat als moralisch betrachtet, die den Wohlstand aller
maximiert. Bekannt für ihre Unfähigkeit zur Einigung darüber, wie der U ti­
litarismus umgesetzt werden sollte, würden die meisten Utilitaristinnen und
Utilitaristen schnell einen Fehler in diesem neuen utilitaristischen konkreten
Urteil finden, so wie sie bei ihren jeweils eigenen Urteilen gegenseitig Fehler
22 John R. Shook

aufspüren. Und viele Deontologen würden einfach leugnen, dass diese neue
Utilitaristin überhaupt ein Enhancement der Moral erhalten hat - vielleicht
hat diese Person nur eine moralische Degenerierung oder Verdorbenheit be­
fallen.
Die Unfähigkeit von Kulturen und ethischen Theorien, bei einer nor­
mativen Theorie der Moral zusammenzukommen (bisher zumindest), zeigt
nicht, dass moralische Objektivität unmöglich ist (vgl. Tersman 2006), da es
überlappende Konsense zu einigen moralischen Fragen geben könnte. So­
gar Skeptiker der Moral, denen die Hoffnung auf einen ethischen Konsens
fehlt, können immer noch davon ausgehen, dass »M oral« und »moralisch«
für Menschen Bedeutung haben, wenn auch in unterschiedlicher Weise, so
dass nicht übereilt geschlussfolgert werden darf, dass der Ausdruck »Enhan­
cement der M oral« bedeutungslos oder unmöglich wäre. Nichtsdestotrotz
muss jede, die den Ausdruck »Enhancement der Moral« so verwendet, als ob
alle wüssten, was er bedeutet, die Sache entweder bis zum Punkt der Fahr­
lässigkeit hin vereinfachen oder versuchen, nur zu denen zu sprechen, die
sich bereits in einem lokalen moralischen Konsens befinden. »Enhancement
der M oral« wird nicht durch die Tatsache unmöglich gemacht, dass Unei­
nigkeit im Bereich der Moral besteht. Zugleich zeichnet sich der Ausdruck
»Enhancement der Moral« nicht gerade durch begriffliche Klarheit aus.
Eine andere Art des Skeptizismus gegenüber einem Enhancement der
Moral kann von der Annahme her ausgehen, dass die Moral ein nicht-natür­
liches Merkmal für moralische Handlungsfähigkeit voraussetzt, etwa einen
supranatürlichen, metaphysischen oder akausalen freien Willen. Die N euro­
ethik kann keinen Ansichten beipflichten, die ein Enhancement der Moral
durch nicht natürliche Eingriffe beinhaltet, und trotzdem ist es nicht genug,
sich auf die Seite des Naturalism us zu schlagen. Naturalisten können skep­
tisch gegenüber moralischem Handeln werden, indem sie die Beteiligung
von bestimmten indeterministischen, instantanen oder übermäßig kraftvollen
mentalen Prozessen voraussetzen und dann urteilen, dass die Naturwissen­
schaften diese Prozesse nicht erfassen können (vgl. hierzu einen Überblick
zu entsprechenden Standpunkten in Kane 2005). Weil die Neuroethik, zu­
sammen mit der Neurophilosophie, die Naturwissenschaft in hohem Maße
schätzt, müsste jedes potentielle Enhancement der Moral - und die Moral
selbst - irgendwo in der natürlichen Welt verankert werden. Jedoch kann die­
ser naturalistische Rahmen einen tiefen Skeptizismus gegenüber der Moral,
und damit auch gegenüber der Praktikabilität des Enhancements der Moral,
hervorrufen.
U m die Möglichkeit eines wirksamen Enhancements der Moral ausgewo­
gen abschätzen zu können, ist es für die Neurophilosophie und Neuroethik
am besten, eine Allianz mit dem Projekt eines minimalen moralischen N a ­
turalismus einzugehen (vgl. Churchland 2011; Flanagan et al. 2008). Der
Neuroethik und die möglichen Arten des Enhancements der Moral 23

minimale moralische Naturalismus - nicht zu verwechseln mit dem eliminati-


ven/reduktiven Naturalismus, der in der Natur nach moralischen Werten und
Autorität sucht und moralischem Realismus beipflichtet oder mit dem Pro­
jekt des ethischen Naturalismus, Fragen der philosophischen Ethik durch die
Naturwissenschaften zu beantworten - schlägt einfach nur vor, relevante Wis­
senschaften für die Untersuchung davon heranzuziehen, wie Menschen es be­
werkstelligen, ihre moralischen Wertungen zu erzeugen und das zu tun, was
sie für moralisch halten, ohne dass irgendwelche nichtexistenten Entitäten be­
teiligt wären. Die menschliche Moral ist nach dieser Ansicht natürlicherweise
in den Arten verkörpert, wie Menschen sich in Übereinstimmung mit den
von ihnen unterhaltenen N orm en verhalten, die alle sozialen Interaktionen
(nicht nur diejenigen mit Verwandten oder Freunden und Freundinnen) und
alle Handlungen mit weiterreichendem sozialen Bezug betreffen. Das Bauen
der Menschheit auf die Moral in Gestalt grundlegender moralischer Normen
in Bezug auf Hygiene, Fürsorge, Fairness, Kooperation, Konfliktlösung und
Ähnlichem ist universell in dem Sinne, dass es überall dort vorfindlich ist, wo
sich menschliche Gesellschaften finden. M oral als eine menschliche Praxis
(die Moralität anderer Spezies beiseite gelassen) wird nun als eine empirisch
gut abgesicherte menschliche Universalie betrachtet, erkennbar in jeder Art
der Gesellschaft, inklusive der wenigen verbleibenden Jäger- und Sammler­
gesellschaften (Krebs 2011). Es ist kaum anzuzweifeln, dass die Moral einen
evolutionären Ursprung und eine anthropologische Geschichte hat; der mi­
nimale moralische Naturalismus ist zufrieden damit, »M oral« nur auf das
referieren zu lassen, was den prüfenden Blick der Biologie und der Sozialwis­
senschaften übersteht. Auch wenn Moral kaum eine »natürliche Art« ist, die
auf eine routinemäßige wissenschaftliche Entdeckung wartet, besitzt sie über
alle menschlichen Gesellschaften hinweg genügend stabile Funktionen und
Merkmale, um für interdisziplinäre Forschung zugänglich zu sein, ohne dabei
auf Philosophinnen und Philosophen warten zu müssen, die entscheiden, was
Moral wirklich ist.
Ernsthafte Überlegungen zu einem praktischen Enhancement der M o­
ral kommen nicht darum herum, sich die Verhaltens- und Hirnforschung
zunutze zu machen, um zu verstehen, wie Menschen ihre moralischen Prak­
tiken in die Wege leiten, und um zu entdecken, wie Veränderungen an der
Funktionsweise der Moral funktionieren würden. Dieser minimale morali­
sche Naturalismus erlaubt es der Neuroethik, angemessen »neuro-«basiert
zu sein und sich gleichzeitig nicht darauf festlegen zu müssen, die Aufgabe,
festzustellen, was wirklich moralisch ist oder Fragen der philosophischen
Ethik zu beantworten, an die Wissenschaft abzutreten (vgl. Berker 2009). Um
es noch einmal zu sagen: Der minimale moralische Naturalismus kann nicht
sicherstellen, dass ein Enhancement der Moral praktisch erreichbar ist, aber er
dient als ein Rahmen, um Informationen über die natürlichen Grundlagen un­
24 John R. Shook

serer moralischen Fähigkeiten, so wie sie wirklich sind, zu organisieren. Eine


vollständige neuroethische Theorie der Moral wird nicht leicht zusammenzu­
stellen sein. Hirnprozesse auszuwählen und sie in einen Zusammenhang mit
den ihnen jeweils entsprechenden spezifischen Phasen des moralischen Den­
kens zu bringen wird im besten Falle eine gewagte Prozedur sein (Gazzaniga
2005; Greene 2008; Kamm 2009). Ähnlich wird die Suche nach Korrelationen
zwischen phänomenalen Merkmalen der moralischen Aufmerksamkeit und
wahrnehmbaren Hirnprozessen vor vielen Hindernissen stehen. Dabei muss
die Neuroethik anerkennen, dass die Existenz menschlicher Fähigkeiten da­
von unterschieden ist, was Menschen für ihre Fähigkeiten halten und wie sie
glauben, dass diese funktionieren - sie erweisen sich dabei sogar als ziemlich
im Irrtum über die Mechanismen, die in unseren gewöhnlichen moralischen
Fähigkeiten eine Rolle spielen. Sicherzustellen, dass nur natürliche Fähigkei­
ten an all dem beteiligt sind, was es verdient, moralisch geleitetes Verhalten
genannt zu werden, setzt allem, was ein wirksames Enhancement der Moral
sein könnte, praktische Grenzen.
Wir haben kurz einige Bedenken darüber betrachtet, dass ein natürliches
Enhancement der Moral unmöglich sein könnte, entweder begrifflich oder
praktisch. Jede neuroethische Position, die ein Enhancement der Moral für
nachweislich möglich hält, muss die Quelle (etwa eine Kultur oder eine ethi­
sche Theorie) für die Bedeutung, die dem Wort »M oral« in »Enhancement
der Moral« gegeben wird, ausweisen, und ebenso die praktischen Mechanis­
men, die mit der Veränderung des moralisch geleiteten Verhaltens verbunden
sind, auf eine Weise bestimmen, die sie für die Verhaltens- und Hirnfor­
schung zugänglich macht. Als nächstes betrachten wir mögliche Mittel zur
Beeinflussung der Moral näher.

D ie M ittel zu einem E nhancement der M oral


A uf den ersten Blick wird »Enhancement der M oral« gewöhnlicherweise
als »eine Person moralischer machen« verstanden, was wiederum praktisch
bedeutet: »es wahrscheinlicher zu machen, dass sie das moralisch Richtig tut«.
Behördliche Überprüfungen eines experimentellen Verbesserers der Moral
werden der Frage nachgehen, ob er sicher und wirksam ist, und was er, wenn
er wirksam ist, genau mit dem Verhalten einer Person macht.
Wir wären zurecht einem mutmaßlichen Verbesserer der Moral gegen­
über argwöhnisch, dessen dispositionale und verhaltensbezogene Wirkungen
auf das Verhalten selbst bei sorgfältiger Beobachtung nicht aufzuspüren wä­
ren. Verbesserer der M oral müssen mehr sein als interne Emotions- oder
Stimmungsverbesserer. Sich moralischer zu fühlen, rechtschaffener oder tu­
gendhafter mag nett sein, aber andere wären verständlicherweise näher daran
Neuroethik und die möglichen Arten des Enhancements der Moral 25

interessiert, ob man sich auch moralischer verhält. Zum Beispiel kann nur
unter der Annahme, dass die Zunahme der moralischen Motivation ein En­
hancement des moralischen Verhaltens garantiert (vgl. Douglas 2008), ein
Enhancement von Motiven als ein verlässlicher Weg angesehen werden, die
Moral zu verbessern. Während man nach Änderungen des Verhaltens schaut,
ist eine Überbetonung der Bewusstseinszustände unnötig. Ein Verbesserer
der Moral kann das Verhalten einer Person erkennbar ändern, ohne ihre Stim­
mung oder ihr Selbstbewusstsein zu ändern; solche Verhaltensänderungen
könnten sogar von Stimmungsschwankungen in überraschende Richtungen
begleitet sein. Es gibt keinen Weg, um die Möglichkeit von vornherein auszu­
schließen, dass eine bestimmte Art von Verbesserer der Moral die ungewöhn­
liche Fähigkeit haben könnte, das Verhalten einer Person in eine moralischere
Richtung zu lenken, obwohl die betreffende Person angibt, keine entspre­
chenden Empfindungen oder Absichten zu haben.
So wie die kognitive Fähigkeit einer Person verschiedene Aspekte aufweist,
die vom Aufmerksamkeits- und Konzentrations- bis zum Erinnerungsver­
mögen, der logischen Urteilsfähigkeit und Vorstellungkraft reichen, so hat
auch die Fähigkeit einer Person, moralisch zu sein, viele spezifische Bestand­
teile. Wir haben zum Beispiel großes Interesse daran, ob Menschen verstehen,
was moralisch erforderlich ist, und dort, wo solch ein Verständnis fehlt,
könnten wir anstreben, die moralischen Überzeugungen einer Person zu er­
gänzen. Bei Menschen, die bereits im Vollbesitz ihrer geistigen Kräfte und
wohlwollend sind, könnte die Feinjustierung ihrer moralischen Ansichten
schon für ein bedeutendes Enhancement der Moral ausreichen. Wir könnten
es aber auch mit einer Person zu tun haben, die die richtigen moralischen
Überzeugungen hat, aber die ein Enhancement ihrer Dispositionen und Fä­
higkeiten benötigt, um den moralischen Erwartungen in realen Situationen
gerecht werden zu können. Es gibt viele mögliche Arten, wie die moralischen
Überzeugungen einer Person und ihr tatsächliches Verhalten getrennt sein
können. Eine Person könnte zum Beispiel verstehen, was moralisch richtig
ist, aber ihr könnte es stark an Interesse fehlen, aufrichtig um andere besorgt
zu sein oder sie in der richtigen A rt zu behandeln. Oder eine Person kann
durch moralische Überlegungen zwar angemessen motiviert sein, aber etwas
anderes, wie eine ablenkende Versuchung oder ein selbstsüchtiges Interesse,
bestimmt schließlich ihre Prioritäten. Ein weiteres Beispiel: Eine Person kann
erfolgreich priorisieren, das Richtige zu tun, und wenn dann die Zeit zum
Handeln gekommen ist, kann diese feste Absicht immer noch durch andere
Motive oder Zwänge, bewusst oder unbewusst, außer Kraft gesetzt werden.
Es können so viele Faktoren mit moralischer Fähigkeit und moralischem
Verhalten verbunden sein (inklusive vieler Elemente der sozialen Kognition;
vgl. Frith und Frith 2012), dass sich endlose theoretische Debatten darüber
ergeben, welche hiervon genuin moralische Faktoren sind. Wir können die
26 John R. Shook

Alltagspsychologie der Moral, kulturelle Erwartungen oder irgendwelche


Behauptungen ethischer Theorien konsultieren, aber kommt in der Abwe­
senheit eines Konsenses - und das scheint derzeitig der Fall zu sein - unsere
Untersuchung überhaupt je zu einem Ende? H ier entsteht eine andere Art
des Skeptizismus gegenüber dem Enhancement der Moral. Die Abwesen­
heit eines Konsenses über die Mechanismen der Moral könnte eine Einigung
darüber verhindern, ob ein vorgeschlagener Verbesserer der Moral wirklich
die Moral verbessern würde, was auch immer er sonst tun mag. Dieser Skep­
tizismus ist nicht die Schuld der Verhaltens- oder Hirnforschung, sondern
unsere eigene, weil wir es nicht schaffen, uns auf die kognitiven Prozesse
zu einigen, die genuin relevant sind für das, was wir Moral oder moralische
Handlungsfähigkeit nennen wollen.
Wir benötigen irgendein ethisches Analogon zum mmkhalen moralischen
Naturalismus, um einen weiteren Fortschritt beirirNacndenken über ein En­
hancement der Moral zu erreichen. Diejenigen, die bereits potentielle Enhan-
cements der Moral vorschlagen und diskutieren, weisen uns dabei hilfreich
den Weg. Die meisten Autorinnen und Autoren nehmen dabei vernünftiger­
weise Bezug auf weithin geteilte und akzeptierte moralische Standpunkte.
Vielleicht könnte dieser Weg »minimaler moralischer Commonsensismus«
genannt werden, weil er auf primäre moralische Faktoren bezug nimmt, die
einfach genug sind für eine allgemeine Verständlichkeit und alltägliche A n­
wendung.

M echanismen des E nhancements der M oral


Der minimale moralische Commonsensismus erlaubt eine explorative Er­
forschung der Mittel zur Beeinflussung moralischen Verhaltens. Zu einer
vereinfachenden Annäherung könnte man sagen, dass ein Verbesserer der
Moral theoretisch einen oder mehrere der im Folgenden aufgeführten fünf
Faktoren beeinflussen würde. Diese Liste versucht nicht, die Dinge in die
richtige Reihenfolge zu bringen (oder anzugeben, wie sie miteinander ver­
bunden sind), sondern der minimale moralische Commonsensismus erwartet,
dass, wenn zumindest einer dieser Faktoren hinreichend justiert wird, sich
(alles andere gleichbleibend) wahrnehmbare Verhaltensänderungen ergeben
sollten.

- Verbessere die Sensibilität einer Person für die moralischen Merkmale einer
Situation, und das Resultat wird eine gesteigerte moralische Wertschätzung
sein.
- Verbessere die Bedachtsamkeit einer Person, das moralisch Richtige zu tun,
und das Resultat wird in stärkeren moralischen Entscheidungen bestehen.
Neuroethik und die möglichen Arten des Enhancements der Moral 27

- Verbessere die moralischen Urteile einer Person, die für richtige moralische
Antworten sorgen, und das Resultat werden mehr korrekte moralische
Urteile sein.
- Verbessere die motivierte Wahl einer Person, das zu tun, was das mora­
lische Urteil anzeigt, und das Resultat wird in verbesserten moralischen
Intentionen bestehen.
- Verbessere die Stärke des Willens einer Person, nach ihren moralischen
Absichten zu handeln, und das Resultat wird größere moralische Willens­
stärke sein.

Eine Rechtfertigung dafür, hier nur diese Faktoren anzuführen, ist an die­
ser Stelle nicht nötig; der Punkt ist nur der, dass einige wirksame Faktoren
wissenschaftlich identifizierbar sein müssen, wenn man vermeintliche Ver­
besserer der Moral erforscht und konzipiert. Philosophische Ethiker würden
diese fünf Faktoren verfeinern und weiter unterteilen, manche miteinander
verschmelzen oder sogar eine andere Liste vorschlagen. In der Tat nimmt der
Standpunkt des minimalen moralischen Naturalismus radikale Revisionen
von Theorien über die kognitiven Prozesse vorweg, die moralischen Fähig­
keiten und moralischem Verhalten zugrunde liegen. Es scheint bereits so,
dass es kein einheitliches kognitives System gibt, das für die Formierung
und das Fällen von moralischen Urteilen verantwortlich wäre, da trennbare
Faktoren stärker für einige Arten des moralischen Urteilens in Anspruch
genommen werden als für andere, und dieses Fehlen von Einheitlichkeit wird
möglicherweise ebenso in der Moralphänomenologie sichtbar (vgl. Parkin­
son et al. 2011; Sinnott-Armstrong 2008). Die Rollen der Emotionen im
Kontext moralischer Wertschätzung und moralischen Urteilen sind, ebenso
wie im Kontext (und verflochten mit) sozialer Kognition und dem delibe-
rativen Vernunftgebrauch, so komplex, dass die Forschung gerade erst am
Anfang dabei steht, nachzuvollziehen, wie sie Arten des intuitiven Urteilens
und des moralischen Verhaltens beeinflussen (Decety et al. 2012; Huebner et
al. 2008).
In dem Maße, wie die theoretische Arbeit voranschreitet, werden gewag­
tere Unterfangen hervortreten, um Enhancements der Moral vorzuschlagen,
zu entwickeln und zu implementieren, die mehr oder weniger auf einer Linie
mit dem minimalen moralischen Commonsensismus liegen. Sogar Skeptiker
des Enhancements der Moral berufen sich typischerweise auf diese A rt von
Faktoren, auf Schlüsselstellen, an denen die Möglichkeit eines wirksamen
Enhancements der Moral kritisch diskutiert werden kann. Solche Einwände
widersprechen nicht der Annahme, dass interessante Hirnmodifikationen
durch gegenwärtige oder zukünftige Technologien möglich sein könnten,
aber sie besagen, dass solche Modifikationen niemals zu einem Enhancement
der »M oral« werden könnten. Um zu sehen, wie sowohl die Unterstütze­
28 John R. Shook

rinnen und Unterstützer als auch die Kritikerinnen und Kritiker eines En-
hancements der Moral auf diese fünf primären moralischen Faktoren Bezug
nehmen, gehen wir diese Faktoren durch und bezeichnen ihre jeweiligen
Kritiken als K 1-K 5. N ach jeder Kritik werden Beispiele für mögliche A nt­
worten erwähnt, die Unterstützerinnen und Unterstützer des Enhancements
der M oral zur Verfügung stehen, aber an dieser Stelle ist nicht genug Platz,
um diese Dispute zu entscheiden.

K l.
Ist eine gesteigerte moralische Wertschätzung überhaupt möglich? Ein an die­
ser Stelle aufkommender Einwand besagt, dass es nichts in der menschlichen
Psychologie oder den Hirnprozessen gäbe, das man verbesseren könnte, da
sich das Nervensystem von vornherein gar nicht dafür entwickelt hat und es
auch nicht seine Funktion ist, Situationen moralisch zu beurteilen. Die Ent­
deckung der »wirklichen« Emotionen und Motive fürs Verhalten, die hinter
einer Fassade freundlicher emotionaler Regungen, rascher moralischer Intui­
tionen und moralischer Rationalisierungen operieren, deckt alle Arten von
egoistischen, instrumentellen oder instinktiven Ursachen für unser Verhalten
auf. Die Befürworterinnen und Befürworter einer »moralischen Irrtums­
theorie« könnten beispielsweise behaupten, dass Menschen immer Unrecht
damit haben, anzunehmen, dass sie Situationen in moralischer Hinsicht in­
tuitiv erkennen, einschätzen und beurteilen, da nichtmoralische Interessen
(bewusste oder unterbewusste) all die Arbeit beim Leiten von Motiv und
Verhalten verrichten (vgl. Diskussionen von Joyce 2002; Lillehammer 2003).
Befürworterinnen und Befürworter eines Enhancements der Moral könn­
ten jedoch erwidern, dass die Verhaltens- und Hirnforschung immer noch
schlussfolgern kann, dass moralische Einschätzungen real und wirksam sind,
obwohl sie egobezogene Konkurrenten haben. Tugendethiker haben sich
zum Beispiel lange damit begnügt, dass das habituelle Reagieren auf mora­
lische Merkmale sozialer Situationen so anerzogen oder kultiviert werden
kann, dass konsistente moralische Effekte eintreten. Sentimentalisten, die die
wichtige Rolle von prosozialen und antisozialen Emotionen und Gefühlen
auf bewusster und unbewusster Ebene betonen, könnten davon ausgehen,
dass die Steigerung prosozialer Empfindungen wie Empathie und Fürsorge
und die Reduzierung von Furchtreaktionen, sozialen Ängsten und derglei­
chen die moralische Empfindsamkeit und Wertschätzung steigern könnte.
Die behaviorale N euro Wissenschaft macht soziale Emotionen und empa-
thische Motivationen tief innerhalb der menschlichen Psychologie aus (vgl.
Franks 2010; Schulkin 2011), und diese sind formbar (zur oxytocinvermittel­
ten Empathie vgl. Zak 2011). Die neurowissenschaftliche und neuroethische
Forschung kann versuchen, herauszufinden, ob unsere Fähigkeit (so wie sie
Neuroethik und die möglichen Arten des Enhancements der Moral 29

ist) zu einer empfindsamen moralischen Wertschätzung anderer Menschen


und alltäglicher Situationen eine Gelegenheit dafür bieten könnte, um mora­
lische Verbesserer zu entwerfen.

K2.
Sind bedachtere moralische Entscheidungen überhaupt möglich? Selbst wenn
die moralische Empfindsamkeit intensiviert und die moralische Wertschät­
zung gesteigert werden könnte, bevölkern viele andere Motive und Versu­
chungen unseren Geist, und von Menschen zu erwarten, sich sorgsamer mo­
ralisch bedacht zu verhalten, könnte eine falsche Hoffnung sein. Nicht nur
könnte moralische Wertschätzung eine Post-hoc-Rationalisierung sein, son­
dern auch jede unmittelbare Intuition oder bedachte Entscheidung, die eine
moralische Handlung bevorzugt, könnte gänzlich eine Sache der Post-hoc-
Rationalisierung sein. Unbewusste Hirnprozesse könnten in der Initiation
eines Verhaltens kulminieren, schon lange bevor auch nur eine Intuition, ge­
schweige denn eine bedachte Entscheidung, sich im Aufmerksamkeitsbereich
des Selbstbewusstseins formt. Wenn man zum Beispiel »den Moment der
Wahl« als den O rt der autonomen Entscheidung ansieht, dann kann es sein,
dass der neuralen Basis dieses Phänomens tatsächlich der erwartete wirksame
Antrieb fehlt (wie Libets Experimente möglicherweise zeigen, vgl. Libet et
al. 1999). Vorschnelle Schlussfolgerungen über die Unwirklichkeit der m o­
ralischen Handlungsfähigkeit und Verantwortung können folgen, aber hier
ist große Vorsicht geboten (für Zurückweisungen dieser Schlussfolgerungen
vgl. Denett 2003; Glannon 2011a; Lavazza und De Caro 2010; Roskies 2006).
Außerdem könnte es sein, dass, selbst wenn die moralische Bedachtsamkeit
irgendeine Chance hätte, das Verhalten zu beeinflussen, es sich dabei nur
um eine kleine Chance handelt, da viele andere Gewohnheiten des dürftigen
Nachdenkens, in Kombination mit ablenkenden Motiven und Gewohnhei­
ten, bewussten oder unbewussten, einige Möglichkeiten dazu haben, die
moralische Bedachtsamkeit außer Kraft zu setzen. Gleichwohl können Be­
fürworterinnen und Befürworter des Enhancements der Moral zu antworten
versuchen, dass selbst bescheidene Chancen dafür, eine Entscheidung in eine
moralischere Richtung zu lenken, erhöht werden können, indem man Wege
findet, um kognitive Fehlleistungen zu minimieren und ablenkende Motive
abzuschwächen, aber diese Behauptung benötigt eine empirische Bestäti­
gung. Die Neuroethik kann erforschen, ob es wirklich potentielle Mecha­
nismen gibt, die die durchdachte moralische Entscheidungsfindung soweit
stärken können, dass sie eine Ebene erreicht, auf der sie einen Einfluss auf das
moralische Verhalten hat und auf der dann moralische Verbesserer wirken
können.
30 John R. Shook

K3.
Sind korrekte moralische Urteile überhaupt möglich? D er offensivste Ein­
wand besagt, dass es von vornherein keine »korrekten« moralischen U r­
teile gibt, wenn keine einzig wahre oder beste Moral existiert. Dieser K ri­
tik zufolge ist »Enhancement der M oral« eine Fehlbezeichnung, da solche
Enhancements höchstens eine Veränderung dessen wären, was einige Men­
schen bereits subjektiv wertschätzen und intuitiv für richtig halten. Andere
Leugnungen des Moralischen als solchem, vielleicht von bestimmten Arten
der Nonkognitivisten, Emotivisten, Expressivisten und Nihilisten kommend
(Übersichten werden von Schroeder 2009 zur Verfügung gestellt), wenden
ein, dass Moral kein angemessener Kandidat für irgendwelche Wahrheits­
oder Richtigkeitsbedingungen ist. Befürworterinnen und Befürworter eines
Enhancements der Moral können darauf zu antworttri versuchen, dass die­
ses nur darauf abzielt, das zu verbessern, was Menschen, individuell oder in
Gruppen, sowieso schon als ein moralisch gutes Verhalten erachten und nicht
nach irgendeiner »korrekten« Moral strebt. Die Neuroethik kann untersu­
chen, welche Formen des moralischen Enhancements in der Abwesenheit
einer universell akzeptierten Moral möglich sein können (so wie es dieser
Artikel im nächsten Abschnitt darzulegen versucht).

K4.
Ist es überhaupt möglich, dass verbesserte moralische Intentionen ausreichen,
um moralisches Verhalten zu beeinflussen? Selbst wenn Menschen dazu ge­
bracht werden könnten, durchdachtere moralische Urteile zu fällen, könnten
die Intentionen, diesen Urteilen zu folgen, kraftlos sein oder fehlen. Die­
sem Einwand nach würden moralische Absichten nicht notwendigerweise
aus moralischen Urteilen folgen, und selbst wenn sie häufig folgen, haben
sie keine größere genuine Macht über unser Verhalten als irgendeine andere
bewusste Intention, was daran liegt, dass sie in irgendeinem Sinne epiphä­
nomenal sind. Ähnlich zu der Art, auf die der moralischen Bedachtsamkeit
eine Wirksamkeit fehlen kann, könnte jede bewusste Intention eine Post-
hoc-Konstruktion eines kognitiven Zentrums sein, das die Ergebnisse ha­
bituell unbewusster Prozesse, die tatsächlich das Verhalten kontrollieren,
bloß zusammenfasst. O der vielleicht werden bewusste Intentionen direkt
durch Hirnprozesse erzeugt, die das Verhalten kontrollieren, sind aber dabei
vollständig epiphänomenal, weil sie keine eigene Wirksamkeit besitzen. Egal
ob moralische Intentionen das Produkt durchdachter Entscheidungen, die
Manifestation angemessener moralischer Empfindungen oder das zufällige
Nebenprodukt von etwas anderem sind, die Etablierung einer wirkungs­
vollen Rolle moralischer Intentionen kann nicht als selbstverständlich vor­
Neuroethik und die möglichen Arten des Enhancements der Moral 31

ausgesetzt werden. Befürworterinnen und Befürworter eines Enhancements


der Moral, die daran interessiert sind, die Wirksamkeit moralischer Intentio­
nen zu beeinflussen, müssen wohlbedachte Antworten zu den Bedenken des
Epiphänomenalismus entwickeln. Die Neuroethik kann wahrscheinlich die
epiphänomenalen Probleme der philosophischen Psychologie nicht alleine
lösen, aber sie könnte erforschen, ob eine Form des Enhancements der Moral
auf irgendeiner verbesserbaren Wirksamkeit unserer ernsthaften Absichten,
moralisch zu handeln, gründen könnte.

K5.
Ist eine größere moralische Willensstärke überhaupt möglich? Der an die­
ser Stelle zu bedenkende Einwand besteht in der Behauptung, dass diese
vermeintliche volitionale Macht, den präferierten, ernsthaften Intentionen
und nicht anderen, rivalisierenden motivierenden Intentionen zu folgen, im
Moment der Handlung - typischerweise »Wille« genannt - entweder nicht
existiert, irrelevant oder schlicht epiphänomenal ist. Eine starke Intention zu
haben, sich moralisch zu verhalten, garantiert nicht, dass diese eine Intention
unter den vielen anderen mit ihr im Wettstreit stehenden bewussten oder
unbewussten Intentionen erfolgreich das tatsächliche Verhalten kontrolliert.
Die willentliche volitionale Kontrolle darüber, welche der vielen simultan
bestehenden Intentionen im Verhalten ausgeführt wird, könnte eine Post-
hoc-Illusion sein, die von einem kognitiven Zentrum erzeugt wird, das Be­
richte über die Konsequenzen motorischer Aktivität anfertigt, nachdem das
Verhalten bereits initiiert wurde. Alternativ könnte es auch sein, dass die Ge­
fühle der willentlichen Volition direkt durch Hirnprozesse erzeugt werden,
die das Verhalten kontrollieren. Diese Gefühle sind dabei an sich vollständig
epiphänomenal, da sie keine Antriebswirkung haben (vgl. die Perspektiven,
die sich zum Beispiel in Meie 2009; Sinnott-Armstrong und N adel 2011;
Walter 2001 und Wegner 2002 finden). Vertreterinnen und Vertreter eines
Enhancements der Moral des »freiwilligen Willens« oder der »Willensstärke«
und Ähnlichem könnten hierauf reagieren, indem sie argumentieren, dass
willentliche Volitionen sehr real sind (wenn auch nicht so robust wie weit­
hin angenommen) und dass sie eine verbesserbare Wirksamkeit in Bezug auf
die Echtzeitkontrolle solcher Dinge solcher Dinge wie dem Üben von Z u­
rückhaltung angesichts stark impulsgeleiteter Handlungen, dem Umgang mit
ausgeprägtem Zwangsverhalten oder wohlbedachtem deliberativem Verhal­
ten (spezifische Vorschläge werden von Glannon 2011b aufgezählt) besitzen.
Die Neuroethik könnte, mit Unterstützung der Neurowissenschaft, heraus­
zufinden helfen, ob irgendetwas in unseren kognitiven Prozessen in etwa der
»Willenskraft« entspricht und, wenn dem so sein sollte, ob solche Prozesse
für das Erzielen eines Enhancements der Moral modifiziert werden könnten.
32 John R. Shook

Wie kann das E nhancement der M oral den


Skeptizismus überleben ?
Antworten auf die Ein wände, die in K 1 -K 5 erhoben werden, werden nicht
einfach sein, und eine angemessene Verteidigung des Enhancements der Moral
sollte auf bescheidene Weise zurückhaltend sein. N och mehr alltagspsycho­
logische und metaethische Landminen als nur der akausale freie Wille werden
weiterhin das Feld übersäen. Falsch verstandene Auffassungen der Rolle von
Emotionen, Überlegungen, Intentionen und Volitionen müssen identifiziert
und ausgetauscht werden. Einige Kritikerinnen und Kritiker des Enhance­
ments der Moral beschweren sich bereits, dass jede Liste von Mechanismen
der Moral am Ende einfach ein notorisches Beispiel für eine explodierende
Alltagspsychologie oder kulturelle Ideologie darstellen könnte, in der glei­
chen Art, wie auch die Theorie von den vier Säften der pnmitiven Physiologie
durch die wissenschaftliche Medizin ersetzt wurde. '
Eine bescheidene Zurückhaltung ist auch seitens der Skeptiker eines En­
hancements der Moral erforderlich. Diejenigen, die mit den fünf ausgewähl­
ten Mechanismen unzufrieden sind, auf die hier die Aufmerksamkeit gelenkt
wurde, müssen ebenso bereit sein, ihre bevorzugten Moralfaktoren im Lichte
der zukünftigen Wissenschaft, wenn nötig, aufzugeben. Ein deplatzierter
Skeptizismus kann in unfairer Weise von angemessenen Überlegungen zu
einem Enhancement der Moral ablenken. Aufgeblasene Erwartungen an,
zum Beispiel, die Rollen und Kräfte bewusster Intentionen und volitionaler
Entscheidungen stellen attraktive Ziele für Skeptiker dar, aber diese Erwar­
tungen zu entleeren ist nicht dasselbe wie die Eliminierung einer natürli­
chen Moralität. Auch ist die Widerlegung einiger philosophisch bevorzug­
ter Auffassungen zu moralischer Handlungsfähigkeit und Verantwortung
nicht dasselbe wie die Widerlegung der Möglichkeit eines Enhancements
grundlegender natürlicher Moralität. Zum Beispiel sind anspruchsvolle phi­
losophische Standards der moralischen Deliberation über komplexe Fra­
gen unangemessene Kriterien für die üblichen Erwartungen an moralische
Autonomie (vgl. Bublitz und Merkel 2009). Wir sollten ebenso wachsam
sein gegenüber Forderungen nach einer künstlichen Erweiterung der A uto­
nomie bis hin zu unvernünftigen Graden der Selbstbestimmung (vgl. N a ­
gel 2010).
Vorstellungen von einem Enhancement der Moral, das Menschen zu ethi­
schen Expertinnen und Experten macht, die dazu in der Lage sind, solche
Dinge wie Weltkatastrophen zu verhindern, sind ähnlich unrealistisch (wie
Harris [2010] urteilt). Wir erwägen vielmehr Verbesserer der Moral, die ein
stärker moralisches Verhalten nach heutigen gewöhnlichen Standards zur
Folge haben, und nicht notwendigerweise »Verbesserer der Ethik«, die den
erhöhten Erwartungen normativer moralischer Theoriebildung genügen. Die
Neuroethik und die möglichen Arten des Enhancements der Moral 33

kognitiven Prozesse zu verstehen, die hinter moralischem Verhalten stecken,


könnte uns für sich genommen noch nicht helfen, zu entscheiden, was ein
besseres moralisches Urteil ist (Kalis 2010). Die kreative Arbeit der delibe-
rativen Ethik dazu, wie zwischen moralischen Pflichten zu entscheiden ist,
wie moralische Tugenden zu priorisieren sind und wie nach dem guten Le­
ben gesucht werden muss, wird nicht durch bloßes Enhancement der Moral
erledigt werden (Fröding und Esmerelda 2010; Jotterand 2011). Wir werden
viel Skepsis gegenüber einem Enhancement der Moral von Leuten hören, die
sich vorzustellen versuchen, wie eine mechanistische Anpassung der zentra­
len Lernprozesse es plötzlich jemandem ermöglichen könnte, ein rätselhaft
schweres moralisches Dilemma zu lösen, ein vielschichtiges ethisches Szena­
rio zu analysieren oder das gute Leben zu entdecken. Ein Enhancement der
M oral wird nicht versuchen, sich in solche Angelegenheiten einzubringen.
Dennoch werden einige darüber spekulieren, inwieweit fruchtbare Kom bi­
nationen kognitiver und moralischer Verbesserer ein Enhancement der Ethik
stimulieren könnten. Aus meiner Perspektive ist die Sorge viel wichtiger, dass
der schnelle Gebrauch von »perfektionierten« Verbesserern der M oral die
Möglichkeit, Fähigkeit und Verantwortung für ernsthaftes ethisches Denken
verringern könnte. In einer neuroethischen Dystopie der Zukunft wird eini­
gen Individuen, die zu stark über moralische Ambiguitäten und Dilemmata
nachdenken, gesagt werden, dass sie einfach nur ihre Verbesserer anpassen
müssten.
Ich empfehle davon auszugehen, dass die Deliberation über ein Enhance­
ment der M oral nur einen minimalen moralischen Naturalismus und einen
minimalen moralischen Commonsensismus benötigt. Auf kurze Sicht werden
diejenigen Forscherinnen und Forscher, die wirksame Verbesserer der Moral
für ein Genehmigungsverfahren entwickeln und anbieten (wie etwa für die
Prüfung durch die FD A in den Vereinigten Staaten), diese zwei Standpunkte
einnehmen. Langfristig könnte nur eine weit entwickelte Neurowissenschaft
souverän präzise Modifikationen jeweils eines Faktors zu einer Zeit vor­
nehmen und die Effekte hiervon beobachten. Zurzeit werden die meisten
Modifikationen multiple modulare Mechanismen gemeinsam manipulieren,
da die meisten neuralen Prozesse ziemlich eng miteinander verwoben sind
und auf verschiedenen Ebenen funktional integriert sind. Dennoch muss sich
die Forschung an Verbesserern der M oral auch nicht darum sorgen, all die
Mechanismen gleichzeitig zu manipulieren. Wirksame Verbesserer der Moral
müssen das Verhalten nur durch die Manipulation zumindest eines kausa­
len Mechanismus ändern (ohne dabei moralisches Verhalten versehentlich
zu verhindern), so dass Verbesserer nicht mehrere Mechanismen gleichzei­
tig nutzen müssen - was für nur eine einzige Pille oder Operation ohnehin
unwahrscheinlich wäre. Daher ist die Chance recht hoch, auf eine Vielfalt
genuiner Verbesserer der Moral zu treffen.
34 John R. Shook

Der Skeptizismus gegenüber einem Enhacement der M oral kann weiter


reduziert werden, indem berücksichtigt wird, wie verschiedene bedeutsame
M odi des moralischen Urteilens und Verhaltens fortwährend aus der psy­
chologischen Forschung hervorgehen. Auch wenn es recht unklar bleibt,
wie die ihnen zugrunde liegenden kognitiven Mechanismen direkt oder indi­
rekt für diese moralischen Modi, wie Schädigung/Sorge, Fairness/Rezipro­
zität, Gruppenzugehörigkeit/Loyalität, A utorität/Respekt und Reinheit/
Heiligkeit (die W ert/Tugend-Paare stammen von Graham et al. 2011) ver­
antwortlich sind, verlassen sich viele Menschen (in unterschiedlichem Grad)
in verschiedenen Kulturen auf sie, wenn sie moralische Urteile fällen. Die
letztendliche Gesamtanzahl genuin signifikanter moralischer M odi bleibt
noch zu bestimmen, und die Variationen in der Moral über die verschiedenen
Kulturen hinweg beruhen wahrscheinlich größtenteils auf den spezifischen
Modi, die von einer jeweiligen Kultur besonders betont we/den (woran wir
erinnert werden müssen; vgl. Henrich et al. 2010). Verbesserer der Moral
werden nicht direkt auf diese M odi abzielen, aber ihre Auswirkungen auf
die ihnen zugrunde liegende kognitive Mechanismen werden in einer regis­
trierbaren Änderung darin bestehen, wie sich Menschen auf bestimmte Werte
und Tugenden beziehen, und vermutlich auch darin, inwiefern sie bereit sind,
sich ihnen gemäß zu verhalten. Es ist bei weitem zu früh, die Bandbreite der
beeinflussbaren M odi abzuschätzen, und einige von ihnen werden sich als
leichter in die gewünschte moralische Richtung zu lenken heraussteilen als
andere. Einen moralischen M odus zu beeinflussen konstituiert selbst noch
kein Enhancement der Moral - ob eine Modifikation »moralisch« ist, benötigt
immer noch die Überprüfung ihrer behavioralen Konsequenzen innerhalb
des Kontextes eines sozialen Settings, wie es der nächste Abschnitt genauer
untersucht.

Wie werden Verbesserer der M oral gestaltet


WERDEN?
Wie könnten die Mittel des Enhancements der Moral aussehen, wenn man die
einzelnen Phasen der Forschung im Labor betrachtet? Wenn Korrelationen
zwischen bestimmten Arten der kognitiven Veränderung und der A npas­
sungen des Verhaltens festgestellt werden können, wird sich ein spekulatives
»moralisches Engineering« ergeben. D a Entwicklerinnen und Entwickler
von Verbesserern der Moral nicht dazu in der Lage sein werden, in präzisen
neurologischen Details zu erklären, wie diese genau funktionieren, werden
sie auf unausgereifte Art gestaltet werden, um zu versuchen, durch Nutzung
primärer moralischer Mechanismen und moralischen Modi folgend ein mora­
lischeres Verhalten zu erzeugen. Diese Designerinnen und Designer werden
Neuroethik und die möglichen Arten des Enhancements der Moral 35

ihre Modifikationen in für Geldgeber, Forschungsethikausschüsse und even­


tuell die Medien und die Öffentlichkeit verständlichen Worten erklären müs­
sen, was bedeutet, dass in absehbarer Zeit nicht viel an einer dem gesunden
Menschenverstand entsprechenden Alltagspsychologie der Moral aufgegeben
werden wird. N och lange nachdem eine fortgeschrittene Neurowissenschaft
die vielen Unzulänglichkeiten einer Moral des gesunden Menschenverstan­
des und der kulturellen Ideologie aufgedeckt hat, werden Forscherinnen,
und Forscher pharmazeutische Unternehmen und Regierungen weiterhin
Verbesserer der Moral in allgemein verständlichen Ausdrücken erklären müs­
sen.
Wie könnten Mechanismen und Modi des Enhancements der Moral aus-
sehen, wenn sie aus den Produktentwicklungspipelines hervorgehen? Wenn
ich ein Marketingmanager wäre, würden leicht einprägsame Markennamen
für die Wahrnehmung auf dem Massenmarkt mein Interesse finden. Nennen
wir einen Verbesserer der moralischen Wertschätzung »Sensitiva«. Nennen
wir einen Verbesserer der moralischen Bedachtsamkeit »Prudentia«. Nennen
wir einen Verbesserer moralischer Überzeugungen »Ethicale«. Nennen wir
einen Verbesserer moralischer Intentionen »Benevolium«. Nennen wir einen
Verbesserer der moralischen Willensstärke »Prokrasia«. Spezifische Werbe­
kampagnen zu entwickeln, die auf unterschiedliche Länder zugeschnitten
sind, würde, insbesondere für »Sensitiva« und »Ethicale« weit mehr meiner
Zeit in Anspruch nehmen. Die Frage, welche Konsumentinnen und Konsu­
menten diese Verbesserer nehmen werden, bleibt von höchster Bedeutung,
noch lange nachdem ihre praktische Wirkung nachgewiesen wurde.
Das Verkaufen eines Verbesserers der Moral an die Öffentlichkeit hat viel
mehr mit der Identifizierung und der erfolgreichen Ansprache von deren so­
zialen Werten und Belangen zu tun als damit, die neurologische Wirkung der
Verbesserer der Moral zu verfeinern. Von einem Marketingstandpunkt aus
betrachtet kann man sagen: Nenne mir dein soziales Problem, wir finden den
dazu passenden M odus der Moral und etwas Neues aus dem pharmazeuti­
schen oder neurochirurgischen Labor könnte hilfreich sein. Mit etwas Glück
kann derselbe Verbesserer der Moral erfolgreich in einem Land als Mittel
zur Heilung seiner vorherrschenden sozialen Sorgen verkauft werden und
gleichzeitig in einem anderen Land unter einem anderen Namen als Mittel für
andere Sorgen. Das Medikament meines pharmazeutischen Unternehmens
zur Intensivierung der Loyalität könnte in einem säkularen Land zur Steige­
rung der Loyalität der Arbeiterinnen und Arbeiter zum Unternehmen und
als nächstes in einer benachbarten Theokratie zur Steigerung der religiösen
Hingabe unter den Gläubigen verkauft werden. Man stelle sich vor, wie viele
unterschiedliche Mittel so allein aus einem einzigen wirksamen Verbesserer
von Reinheit oder Vertrauen hergestellt werden könnten. Für diejenigen,
die mit dem Verkauf von Verbesserern der M oral beschäftigt sind, ist es ein
36 John R. Shook

Glück, dass die Märkte die Verbesserer daran messen werden, wie sie sich
auf das Verhalten der Menschen auswirken, und nicht daran, wie die For­
scherinnen und Forscher glauben, dass sie sich auf die Gehirne der Menschen
auswirken.

M odelle für ein E nhancement der M oral


Die Gleichgültigkeit gegenüber den genauen Mechanismen, die in die m o­
ralische Handlungsfähigkeit und das moralische Handeln involviert sind,
wird das experimentelle Enhancement der Moral nicht aufhalten. M orali­
sches Verhalten wird auf unbeholfene Weise durch Dingjfe wie die genannten
fünf Mechanismen zur Manipulation verschiedener moralischer Modi mani­
puliert werden. Als nächstes müssen wir erwägen, wie d\e Feinabstimmung
dieser Manipulationen zur Herstellung verschiedener Arten stärker mora­
lischen Verhaltens bewerkstelligt werden kann. Entsprechend den Quellen
der Standards dafür, welches Verhalten moralische Zustimmung verdient,
werden unterschiedliche Modelle für ein Enhancement der Moral entste­
hen.

Enhancement von bereits existierenden moralischen


Selbstverpflichtungen
Das einfachste Modell für ein Enhancement der Moral beinhaltet nur eine
Person, nämlich die Versuchsperson. Ein Verbesserer der Moral könnte ein­
fach dadurch funktionieren, dass er einen oder mehrere Mechanismen zur
Erhöhung der Häufigkeit und Verlässlichkeit des Verhaltens nutzt, von dem
die Person glaubt, es sei moralisch, indem die moralischen Überzeugungen,
Motive oder Gewohnheiten, die die Person bereits hat, welche auch im­
mer das sein mögen, gestärkt werden. Zum Beispiel könnte ein Vegetarier
sicherstellen, dass seine Versuchungen, Fleisch zu essen, seine moralische
Absicht, gut zu Tieren zu sein, nicht übertrumpfen. Eine leitende Ange­
stellte eines Unternehmens könnte es vermeiden, zu besonderem Mitgefühl
einer Angestellten gegenüber verlockt zu werden, womit sie ihre morali­
sche Absicht übertrumpfen würde, eine strikte Gleichbehandlung aller An­
gestellten zu praktizieren. D a dieses einfache Modell eines Enhancements
der M oral die Evaluation der moralischen Positionen der Versuchsperson
außen vor lässt und keine Modifikationen an moralischen Überzeugungen
oder Intentionen involviert sind, können wir die Verbesserung in diesem
Modell als »generisch« bezeichnen. Ein generischer Verbesserer der Moral
könnte ungewöhnliche Nebenwirkungen haben, aber er verändert zumin­
dest das Verhalten von Menschen dahingehend, dass sie moralische Werte,
Neuroethik und die möglichen Arten des Enhancements der Moral 37

Standards und Intentionen, auf die sich bereits verpflichtet haben, eher be­
folgen.
Generische Verbesserer der M oral könnten von wohlmeinenden Perso­
nen zur Verbesserung einer mitfühlenden Behandlung von Kranken, einer
Steigerung der Hingabe an einen sozialen Zweck oder zur Bevorzugung
der Sorge für die eigene Familie gegenüber der für Bekannte und Fremde
genutzt werden. Sie könnten auch dazu genutzt werden, um Vorurteile ge­
genüber verachteten ethnischen Minderheiten zu intensivieren, puritanische
Einstellungen gegenüber denjenigen zu bestärken, die für ihren vermeintlich
»unreinen« Lebensstil geächtet werden, oder die Entschlossenheit zu ver­
stärken, nichts als persönlichen Reichtum anzustreben. Was auch immer eine
Person bereits für eine wertvolle moralische Selbstverpflichtung hält, egal wie
seltsam dieses Ziel am Ende auch für andere erscheinen mag, es könnte durch
einen generischen Verbesserer der Moral gestärkt werden.

Enhancement von neuen moralischen Selbstverpflichtungen


Wenn ein experimenteller Verbesserer der Moral stattdessen das ändert, von
dem eine Versuchsperson glaubt, dass es moralisch richtig wäre, oder die
moralischen Intentionen der Versuchsperson ändert, dann könnte das Ge­
lingen dieser Veränderung bestätigt werden, indem Unterschiede zwischen
den Überzeugungen vor und nach dem Experiment festgestellt werden. Eine
Versuchsperson, die anfänglich eine Abtreibungsbefürworterin war und sich
dann zu einer Abtreibungsgegnerin wandelt, könnte über ihre eigenen Worte
bestürzt sein, wenn sie sich ein Interview über Abtreibung anhört, das vor
dem Experiment mit ihr aufgezeichnet worden ist. Experimentelle Forschung
könnte sich bewusst in den Bereich begeben, Wege zu suchen, moralische
Überzeugungen und Intentionen abzuschwächen oder sogar umzukehren.
Man stelle sich vor, wie eine Versuchsgruppe, die aus einer unterdrückten
Minderheit eines Stammes gewählt wurde, unerwartet ihre Feindseligkeit fal­
len lässt, um Freundlichkeit gegenüber den Unterdrückern aus der Mehrheit
des Stammes zu zeigen. (Richtig, diese merkwürdigen Hypothesen sollen
dazu dienen, das Nachdenken der Leserinnen und Leser darüber, was hier
»M oral« wäre, anzuregen.) Ein Verbesserer der Moral, der die moralischen
Standpunkte und Motive einer Person deutlich umgestaltet, ein »verändern­
der Verbesserer der Moral«, wäre nützlich für diejenigen, die eine neue mo­
ralische Auffassung zu der Menge ihrer moralischen Überzeugungen hin­
zufügen oder ungewollte moralische Überzeugungen vollständig umkehren
möchten. Eine Versuchsperson könnte einen Verbesserer der Moral dazu
nutzen, um die Einstellung, dass Patriotismus gegenüber dem eigenen Land
die höchste moralische Tugend ist, zu den eigenen hinzuzufügen. Eine zweite
Versuchsperson könnte tiefe Sympathien mit den bisher ignorierten Armen
38 John R. Shook

in sich verspüren, während eine andere ihre Überzeugung umkehren könnte,


dass pflichtbewusster Gehorsam gegenüber den Eltern von allergrößter Wich­
tigkeit sein muss.
Viele generische Verbesserer der M oral und die meisten verändernden
Verbesserer der Moral würden bei vielen Menschen nicht den Eindruck er­
wecken, genuine Fälle eines Enhancements der Moral zu sein. Wenn ein
generisches Enhancement der Moral vielen Menschen als nicht würdig er­
scheint, den Namen »moralisch« zu tragen, werden sie es im besten Fall als ein
Enhancement der Integrität betrachten und im schlechtesten Fall als eine A b­
wertung der Moral. Verändernde Verbesserer werden sogar mit noch größerer
Geringschätzung betrachtet, proportional zu ihrer Abweichung von dem,
was in der Gesellschaft als normal angesehen wird. Um Soziale Missbilligung
nachzuverfolgen, können Kategorien für »Verbesserer der Integrität« und
»Verbesserer der Pervertiertheit« generischen und verändernden Verbesse­
rern entsprechen. Experimente zum Enhancement der Moral werden auf eine
Weise hochgradig kontrovers werden, dass sie Experimenten zum kognitiven
Enhancement Konkurrenz machen können. Der neuroethische Unterbereich
der Anwendung von Standards der Forschungsethik auf experimentelle Pro­
zeduren wird besonders strenge Kriterien entwickeln müssen. Angenommen,
die eine Hälfte der Gesellschaft könne keinen Schaden darin erkennen, je­
manden zeitweise autoritätshöriger zu machen, während die andere Hälfte
darüber entsetzt wäre, was wären dann die weisesten Einschränkungen für
Experimente mit Menschen?

Wer entscheidet, was Verbesserer der Moral sind?


Wir werden so zu der generelleren Frage geführt, anhand welcher morali­
schen Standards wirksame Verbesserer der Moral bewertet werden sollen.
Forscherinnen und Forscher könnten auf ihre eigenen moralischen Standards
vertrauen, aber die Genehmigung durch Forschungsausschüsse sollte erfor­
derlich sein. Es ist vom Standpunkt des sozialen Relativismus aus empfehlens­
wert, diejenigen Standards anzuwenden, die in der umgebenden Gesellschaft
generell für moralisch richtig erachtet werden. Die Standpunkte des inter­
kulturellen Objektivismus und des ethischen Objektivismus sind zusätzliche
primäre Quellen moralischer Standards. Beide haben ihre charakteristischen
Vor- und Nachteile. Der interkulturelle Objektivismus sucht (grob gesagt)
nach Verhaltensstandards, die sowohl nach den eigenen kulturellen Maßstä­
ben als auch nach denen von möglichst vielen oder sogar den meisten anderen
Kulturen als moralisch erachtet werden, und hofft, dass ein weitreichen­
der Konsens über geteilte »ethische Allgemeinplätze« als ein verlässlicher
Indikator genuiner Moralität dienen kann. Auch wenn sich einige ethische
Allgemeinplätze in der ganzen Welt finden lassen, so wie »Respektiere an­
Neuroethik und die möglichen Arten des Enhancements der Moral 39

dere«, »Sei besorgt um die Bedürfnisse anderer« und die Goldene Regel,
so kann ihre Angemessenheit für komplexe Fragestellungen des modernen
Lebens sicherlich bezweifelt werden. Der ethische Objektivismus schlägt
stattdessen vor, dass die moralischen Normen, die angewendet werden soll­
ten, die rechtfertigbar korrekten moralischen Standards sein sollten, egal was
irgendeine Kultur oder Einzelperson gerade vertritt. Allerdings haben wir
die ergebnislosen philosophischen Debatten zwischen den rivalisierenden
ethischen Objektivismen bereits zur Kenntnis genommen.
N ur drei Modelle werden letztendlich zur Kategorisierung wirksamer
Enhancements der Moral benötigt: das subjektive, das soziale und das inter­
kulturelle. Die Standards einer Experimentatorin werden entweder idiosyn-
kratisch subjektiv sein oder der Moral ihrer Gesellschaft folgen. Ein ethisch
objektivistischer Standpunkt reduziert sich in der Praxis entweder auf einen
Subjektivismus (etwa wenn das Urteil einer Ethikerin über das, was die kor­
rekte Moral ist, von wenigen anderen geteilt wird), auf vorherrschende soziale
Norm en (indem »entdeckt« wird, dass die eigene Gesellschaft die meisten
moralischen Fragestellungen richtig erfasst) oder möglicherweise einen in­
terkulturellen Objektivismus (der mit dem zusammenfällt, was die aus der
Sicht dieser Theorie »besseren« Kulturen gemeinsam für dasjenige halten,
was moralisch ist). Trotz der größten Bemühungen der Philosophinnen und
Philosophen, die einen ethischen Objektivismus verfolgen, werden sie nur
einen schwachen direkten Einfluss auf die Entwicklung und Evaluation vor­
geschlagener Verbesserer der Moral haben. Jedweder ethischer Objektivismus
stimmt entweder mit dem überein, was eine oder mehrere »geeignete« Kul­
turen) bereits glauben, oder ihre moralischen Standards weichen zu sehr von
den weithin geteilten Standard ab, um noch dafür brauchbar sein zu können,
die Wirksamkeit von Verbesserern der Moral zu bestätigen.

Wer wird Verbesserer der Moral erhalten?


Das Modell der sozialen Moral reicht hin, um verändernde Verbesserer der
Moral zu klassifizieren, die auf die Verhinderung gefährlichen unmoralischen
und illegalen Verhaltens abzielen. Menschen, die zum Beispiel schnell zu ge­
walttätigem Verhalten neigen, könnten von einem »stärkenden« Verbesserer
der M oral profitieren, der auf Achtung für andere oder Mitgefühl für das
Leiden anderer abzielt. Vielleicht könnte ein stärkender Verbesserer der M o­
ral einem Wiederholungstäter verabreicht werden, um nicht nur die Achtung
gegenüber anderen Personen zu erhöhen, sondern auch gegenüber den Din­
gen, die den Menschen sehr am Herzen liegen (wie ihr Zuhause), um damit
auch Eigentumsdelikte zu reduzieren. Verbesserer der Moral zur Anhebung
des Verhaltens auf ein minimal erwartbares Niveau von Zivilisiertheit (in der
Tat tun genau dies viele Behandlungen mentaler Krankheit bereits) werden
40 John R. Shook

auf eine breite Zustimmung der Öffentlichkeit stoßen, besonders, wenn sie
erfolgreich Straftaten verhindern, ohne ungewollte Nebeneffekte zu haben.
Die Berufung auf das Modell des interkulturellen Objektivismus kann eine
zusätzliche Rechtfertigung für diese Verbesserer darstellen, besonders dann,
wenn der Verdacht erhoben wird, dass soziale N orm en keine hinreichende
Basis dafür darstellen, mit kriminellem Verhalten umzugehen. Beispielsweise
sollte eine Gesellschaft, die Verbesserer der Moral dazu anwendet, um religi­
ösen Nonkonformismus zu reduzieren, kaum interkulturelle Unterstützung
finden, während eine Gesellschaft, die mit internen politischen Rebellionen
zu kämpfen hat, dafür schon breitere Unterstützung finden könnte, und eine
Gesellschaft, die die schädlichen Folgen schwerer Drogenabhängigkeit auf
diese Weise angeht, würde breite internationale Unterstützung erfahren.
Dieses Modell sozialer Moralität ist auch der richtige/Klassifikations-
rahmen für verändernde Verbesserer der Moral, die da/auf abzielen, das
abzumildern, was eine Gesellschaft für spezifische Arten unerwünschten
antisozialen Verhaltens von ansonsten gesetzestreuen Bürgerinnen und Bür­
ger hält. Zum Beispiel könnten explizite Vorurteile und Xenophobien oder
implizite/unterbewusste Tendenzen, die Sexismus, Altersdiskriminierung
oder Rassismus zugrunde liegen, von sozialen Verbesserern in der Hoffnung
ins Visier genommen werden, nicht wünschenswertes Verhalten zu verhin­
dern. Ein ändernder konventioneller Verbesserer wie Propranolol, von dem
berichtet wird, dass er implizite negativ auf Race bezogene Einstellungen
reduziert (Terbeck 2012), wird, lange nachdem Wissenschaftlerinnen und
Wissenschaftler herausgefunden haben, wie der tatsächliche kognitive M e­
chanismus, der für diesen Effekt verantwortlich ist, funktioniert (wenn der
Effekt genauer Überprüfung standhält), die »Heilung für Rassismus« genannt
werden, und Neuroethiker merken wiederholt an, dass dieser Betablocker
so viele andere Effekte auf uns hat (Hurlemann 2010, Kolber 2006), dass
Propranolol als »das Antirassismusmedikament« zu bezeichnen so ist, wie
Alkohol als »das Anti-Reaktionszeit Medikament« zu bezeichnen. Dessen
provisorische Behandlung als verändernder sozialer statt als verändernder
interkultureller Verbesserer liegt nicht darin begründet, dass Rassismus keine
interkulturellen Standards verletzen würde (natürlich verletzt Rassismus ob­
jektive Prinzipien), sondern eher daran, dass vom Gebrauch irgendwelcher
mutmaßlicher »Antirassismus«-Medikamente nicht abgenommen, werden
kann, dass er den immergleichen moralischen Effekt hätte, ganz gleich, wel­
che ethnische Gruppe sie erhalten würde. Hinsichtlich des Umgangs mit
Voreingenommenheiten, die durch ein sozial bedingtes »Angsterlernen« un­
ter bestimmten vorherrschenden kulturellen Bedingungen erworben worden
sind und die so viele kognitive Prozesse beeinflussen, einschließlich derer,
die hinter expliziten Vorurteilen stecken, gilt, dass keine neurologische M o­
difikation auch nur annähernd dazu geeignet sein könnte, um mit einem
Neuroethik und die möglichen Arten des Enhancements der Moral 41

allgegenwärtigen Problem wie Rassismus umzugehen. Ebenso könnte ein


avisierter »antisexistischer« oder »anti-religiöser Bigotterie« Verbesserer der
Moral nicht in derselben Weise über alle menschlichen Gesellschaften hinweg
als wirksam beurteilt werden; es könnte sogar sein, dass er nicht einmal über
viele Jahrzehnte hinweg innerhalb derselben sich wandelnden Gesellschaft
brauchbar wäre. Gleichwohl sind Behandlungsverfahren physiologisch mög­
lich, die dazu in der Lage sind, auf bestimmte Erregungspotentiale für Angst,
Voreingenommenheiten und Vorurteile abzuzielen und diese zu lindern (und
dabei unausweichliche Nebeneffekte im Blick behält), und wenn diese Modi
der M oral in einem Ausmaß verändern, dass das Verhalten verändert wird,
dann werden diese Verfahren größtenteils als verändernde konventionelle
Verbesserer mit beschränkter Anwendbarkeit kategorisiert werden.
Wie dem auch sei, jeder Grad einer zufrieden stellenden Anwendbarkeit
mag sich für all jene Gesellschaften als unwiderstehlich erweisen, die auf der
Suche nach einer sofortigen Erlösung von wuchernden unmoralischen Vor­
urteilen sind. Besonders »präventives« Enhancement der Moral für Personen
in Autoritätspositionen könnte soziale Zustimmung erhalten, gerade für die­
jenigen, die juristische, gesetzgeberische oder politische Macht besitzen, von
Geschworenen und Polizistinnen und Polizisten bis zu gewählten Staats­
beamte, aber solche Ideen in Erwägung zu ziehen stellt einen Übergang zu
politischen Angelegenheiten dar. Die Politik ist nie weit entfernt, wenn es um
moralische Fragen geht. Wenn die Forschung zu »konservativen« und »libe­
ralen« Gehirnen weiter aufrechterhalten wird (vgl. Haidt 2012; Mooney 2012;
aber vgl. auch die Bedenken von Theodoridis und Nelson 2012), dann werden
sich für diese beiden politischen Lager vielleicht eigenständige Rezepturen
für das Enhancement der Moral ergeben. Religiöse Führungspersönlichkeiten
könnten stolz erklären, wie verlässlich sie ihre Anhängerinnen und Anhän­
ger auf den Pfad der Tugend leiten können, während sie ihre Verbesserer
der M oral erhalten (obwohl einige genauso stolz erklären werden, dass sie
keine solche Verbesserer benötigen). Die Neuroethik spielt eine entschei­
dende Rolle bei der korrekten Klassifikation und Bewertung vorgeschlagener
Verbesserer der Moral, um so bei der Beurteilung davon zu helfen, was genau
diese Behandlungsverfahren wirklich erreichen würden.
Vorherrschende soziale Norm en sind auch nicht gut dafür geeignet, um
vorgeschlagene Verbesserer der Moral, die versuchen die moralische Leistung
über ein soziale erwartetes Level anzuheben, abzusegnen. Interkultureller
Objektivität fällt es ebenso nicht leicht sie für gut zu befinden. Breite Einig­
keit wird paradoxerweise dort nicht so einfach zu erzielen sein, wo es um
hochgradig moralisches Verhalten geht. Es gibt andere Prioritäten neben der
Moralität und außerdem könnte es sein, dass wir nicht wirklich das wol­
len, von dem wir sagen, dass wir es wollen. Zum Beispiel sollten gesteigerte
Empathie und Fürsorge mehr Großzügigkeit nach sich ziehen, aber besteht
42 John R. Shook

allgemeine Einigkeit darüber, dass die Großzügigkeit quer durch die gesamte
Bevölkerung hindurch generisch gesteigert werden sollte? Wir könnten etwa
sagen, dass wir uns wünschten, die Menschen seien großzügiger, aber was
wir wirklich damit meinten, könnte sein, dass Menschen, die nicht großzügig
sind, großzügiger werden sollten, oder dass Menschen uns gegenüber groß­
zügiger sein sollten, oder vielleicht, dass Menschen großzügiger gegenüber
jenen sein sollten, die dies verdienen. Erhöhte Grade von Vertrauenswürdig­
keit und Ehrlichkeit wären ebenso moralisch unklug, es sei denn, sie würden
auf eine entsprechende Fähigkeit dazu treffen, unterscheiden zu können, wer
unser Vertrauen und Zutrauen wirklich verdient. D as generelle Problem an
dieser Stelle besteht darin, dass die Aufrechterhaltung menschlicher Moralität
erfordert, dass man bereit und fähig ist, zu urteilen, zu missbilligen und ange­
messen zu bestrafen; Dispositionen zu größerer Sorge umlandere können, für
sich allein genommen, diese moralischen Verbindlichkeiten ignorieren oder
erodieren lassen. Netter zu sein ist kaum dasselbe wie moralischer zu sein.
Generische Verbesserungen von Empathie, Altruismus oder Vertrauen
hören sich in der Theorie gut an, aber diejenigen, die zu viel Gebrauch hier­
von machen, könnten uns anderen eventuell wie fehlgeleitete Geister, ge­
fährliche Narren oder Schlimmeres erscheinen. Vorstellungen von ganzen
Gesellschaften oder sogar der ganzen Welt, die sich einem Enhancement der
mitfühlenden Moral unterzieht, werden utopische Phantasien bleiben. Ein
Land nach dem anderen wird das Enhancement der Moral ablehnen, bis die
»schlimmsten« Länder es durchgeführt haben, und jedes Land würde verlan­
gen, dass seine Nachbarländer zuerst anfangen. Selbst wenn sich alle deutlich
mehr umeinander sorgen würden, würden sich die Menschen immer noch
um andere Prioritäten kümmern wie das persönliche Überleben, familiäre
Verpflichtungen, das Vorankommen der eigenen Karriere, Gütertrennung,
Klassenunterschiede, soziale Gleichheit, ausgleichende Gerechtigkeit, die
Wiederherstellung angestammter Siedlungsgebiete indigener Gruppen, p o ­
litische Freiheit usw. Diejenigen, die so viel mehr besitzen, wären sicherlich
erfreut über Verbesserer der M oral für diejenigen, die so viel weniger ha­
ben; das nächste große O piat der Massen könnte kommen, aber die weitere
Domestizierung der Menschheit zur Sanftmut wird die mit ihr einherge­
henden Vorteile nicht gleichmäßig verteilen. Wir sollten bereits wissen, dass
das Mitgefühl mit anderen nicht in jedem Fall notwendig mit der Steigerung
ihres Wohlergehens korreliert; Ideologien und Religionen, die zunächst er­
klären, dass alle von gleichem Wert und gleich geliebt seien und als nächstes
bereit sind, bestimmte Menschen abzuwerten und zu verdammen, sind der
Menschheit nicht unbekannt. Diejenigen, die darüber reden, wie Liebe - oder
ein neurologisches Faksimile davon - den Planeten retten könnte, verges­
sen die realweltlichen Fragen. Die Klüfte, die uns trennen, werden so nicht
überbrückt werden. Enthusiasten, die für ein Enhancement der Moral ein­
Neuroethik und die möglichen Arten des Enhancements der Moral 43

treten, um bei friedlichen politischen Beschlüssen, der Verlangsamung der


Umweltzerstörung oder der Verhinderung transhumanistischer Tyrannei zu
helfen, müssen bereits ihr bevorzugtes ethisches Ergebnis vor Augen haben.
Daneben wird es für jedes altruistische Enhancement, das zur Überwindung
früheren Grolls oder zur Bewältigung der Tragödie der Allmende dienen
kann, ein entgegengesetztes Enhancement geben - für Fairness oder für den
Respekt vor Traditionen usw. -, mit dem die Verhältnisse wieder ausgeglichen
werden.
Einige Individuen, die sich nicht um soziale Bestätigung oder globale
Erleuchtung scheren, werden nach personalisierten Verbesserern der M o­
ral streben. Einen generischen Verbesserer der M oral mit einer subjektiven
Vorstellung von einem Enhancement der Moral zu kombinieren, ergibt das,
was »spezialisierter« Verbesserer der Moral genannt werden könnte und nur
genau das von einem Individuum für sich erwünschte moralische Verhalten
verbessert. Paare könnten durch einen Verbesserer der emotionalen Bindung
eine Belebung ihrer Beziehung anstreben (Savulescu 2008). Ein Lehrer könnte
seine Fürsorglichkeit verbessern und seine Absichten dazu stärken, den Un­
mündigen und Ungebildeten zu helfen. Eine Politikerin könnte ungewollte
Aspekte ihres moralischen Gewissens ändern, um ihren Sinn für Fairness zu
verringern und ihre Intention zu stärken, wohlhabenden Unterstützerinnen
und Unterstützer jede mögliche Hilfe zukommen zu lassen. Diejenigen, die
bürgerliche Standards hochhalten, werden nicht von exzentrischen Verbes­
serern beeindruckt sein, die den Eindruck erwecken, fern von gewöhnlichen
sozialen Angelegenheiten zu sein oder direkt gegen gewöhnliche moralische
Standards zu verstoßen. Wenn eine Person einen Verbesserer der Moral will,
um ihre Hingabe zu ihrer bevorzugten Sportmannschaft bis zum Fanatismus
zu intensivieren, sprechen wir dann immer noch von einem Verbesserer der
Moral? Was ist mit einem Verbesserer der Moral, der die religiöse Begeiste­
rung einer Person für das Missionieren bis zu einem Punkt intensiviert, an
dem sie ihre familiären Pflichten nicht mehr genügt?
Jede Gesellschaft wird unausweichlich eine Unterscheidung zwischen dem
einfordern und durchsetzen, was sie als »genuine« Verbesserer der Moral und
als spezialisierte Veränderer der Moral betrachtet, da spezialisierte Verän­
derungen typischerweise nicht dem entsprechen werden, was eine Gesell­
schaft generell von allen als moralisches Verhalten erwartet. Eine Gesellschaft
könnte die Durchsetzung dieser Unterscheidung rechtfertigen, indem sie -
das Modell des sozialen Enhancements der M oral anwendend - ihre eigene
gesellschaftliche Moralität als moralischen Standard setzt, oder sie könnte für
diese Rechtfertigung zusätzlich noch auf interkulturelle moralische Standards
verweisen, die von vielen Kulturen geteilt werden. Anders als die Berufung
auf den moralischen Objektivismus, bei der vermeintliche philosophische
Einsichten in die einzig richtigen moralischen Standards eine Rolle spielen,
44 John R. Shook

bedürfen Berufungen auf interkulturell objektive Standards nur der Ein­


sicht in signifikante moralische Prinzipien und Ideale, die bereits in vielen
Kulturen vorfindlich sind. Wir erwarten natürlich immer noch irgendein
Kriterium dafür, entscheiden zu können, welche Kulturen hier genau zählen
sollen; trotzdem könnten Gesellschaften nicht fehlgeleitet sein zu hoffen, dass
interkulturelle moralische Ideale häufig eine stichhaltigere Grundlagen als
ihre eigenen provinziellen Standards bieten. Internationale Abkommen und
Verträge zur Standardisierung der Akzeptanz von Verbesserern der Moral
werden auch eine anschlussfähige Grundlage im interkulturellen Objektivis­
mus finden.

D er M arkt für Verbesserer der M oral


Um ein Enhancement der Moral klar und vollständig zu beschreiben,Bedarf
es vier Komponenten: die Mechanismen, Modi, den generischen/ändernden
Status und zuletzt das Modell (spezialisiert, sozial, interkulturell). Diejenigen,
die versuchen, das, was sie »Verbesserer der Moral« nennen, zu vermarkten,
sollten gefragt werden, wie sie ihre Produkte kategorisieren.
Die drei Modelle des Enhancements der Moral sind eine Sammlung von
formelhaften Klassifikationen, die nur dafür hinreichen, die Gestaltung, Ver­
marktung und Anwendung der Verbesserer der Moral in der realen Welt zu
differenzieren. Begrifflich sind diese drei Kategorien gewissermaßen mitein­
ander inkompatibel. Personen, die eine bestimmte Variante des Enhancements
der Moral vertreten, werden dazu neigen, zu leugnen, dass die anderen Arten
vollständig legitim sind. Diejenigen, die annehmen, dass es interkulturelle
ethische Prinzipien gibt, werden einen sozialen Verbesserer, wenn er diese
hohen Prinzipien verletzt, nicht als einen Verbesserer der Moral anerken­
nen. Ähnlich werden diejenigen, die glücklich damit sind, soziale Standards
der Moral auf Verbesserer anzuwenden, dazu neigen, zu leugnen, dass spe­
zialisierte Verbesserer, solange sie nicht sozialen Standards genügen, wirk­
lich Verbesserer der Moral sind. Vertreterinnen und Vertreter spezialisierter
Verbesserer wird von beiden, von sozialen Relativisten und interkulturellen
Objektivisten, häufig gesagt werden, dass diese Verbesserer keine genuinen
Verbesserer der Moral sind. Ebenso können Möglichkeiten zur Vermeidung
des Konflikts konstruiert werden. Das Verbessern von grundlegenden mora­
lischen Pflichten und Tugenden, die in den meisten Kulturen anerkannt sind,
kann kompatibel sein mit der Verbesserung bestimmter anderer moralischer
Norm en, die von nur einer Gesellschaft vertreten werden. Gleichermaßen
könnte eine Gesellschaft viele Arten spezialisierter Verbesserer tolerieren,
solange akzeptable Niveaus der Zivilisiertheit und Moral (und des gesunden
Menschenverstands) gewahrt bleiben. Diese spezialisierten Verbesserer wür­
Neuroethik und die möglichen Arten des Enhancements der Moral 45

den als »sicher und wirksam« erachtet werden - »sicher« für die Gesellschaft
und »wirksam« für das Individuum.
Alle drei Arten von Verbesserern der Moral könnten gleichzeitig auf dem
freien Markt miteinander konkurrieren. Die in der nahen Zukunft am wahr­
scheinlichsten hergestellten, getesteten und vermarkteten Verbesserer der
Moral werden sozial verändernde Modifikationen sein, die als präventive
oder stärkende Präparate für das vorgesehen sind, was eine Gesellschaft im
Allgemeinen für gravierendes antisoziales, unmoralisches und illegales Ver­
halten hält. Politische Propaganda und cleveres Marketing werden die wis­
senschaftlichen Behauptungen über die Verbesserung unserer Moral begierig
verfolgen und somit dabei helfen, Akzeptanz für ein paar »prosoziale« Ver­
besserer der Moral innerhalb einer Konsumentenöffentlichkeit herzustellen,
die bereits für emotionale Appelle und soziale Konformität empfänglich ist.
Eine kleine Anzahl spezialisierter Verbesserer, generisch oder verändernd,
wird außerdem in einer »sicheren und wirksamen« Art individuellen Klienten
in »Boutiquen« für Verbesserer der Moral angeboten werden. Faszinierende
Arten spezialisierter Verbesserer der Moral werden es einer Person ermögli­
chen, eine bestimmte operative Rolle wie im Militär- und Polizeidienst oder
in der medizinischen Behandlungspraxis besser auszufüllen. Vielleicht wird
von Richterinnen und Richtern erwartet werden, während Gerichtsverhand­
lungen und bei der Urteilsfindung »Fairnessverbesserer« zu verwenden. Wir
können uns auch Regierungen vorstellen, die danach streben, schnell wirk­
same Verbesserer der M oral einzuführen, um sie über renitende Demons-
trantinnen und Demonstranten bei ihrer Versammlung zu versprühen, damit
diese vorübergehend beruhigt werden, indem Gefühle der Ruhe oder der Ge­
fügigkeit gegenüber Autorität angeregt werden oder indem ihre (verqueren?)
Überzeugungen vernebelt werden.
Viele Leserinnen und Leser denken nun, dass ein Fehler darin liegt, all
diese »Enhancements« »moralisch« zu nennen. In der Tat können sie nicht
alle moralisch sein, aber das liegt nicht daran, dass wir alle wissen, was »mora­
lisch« wirklich bedeutet. Es wird endlose Streitereien über die Frage geben, ob
Änderungen genuine Enhancements der Moral sind, und es sollte keine uni­
verselle Übereinstimmung in der Frage erwartet werden, was Verbesserer der
Moral ausmacht. In einem solchen anhaltenden Klima dränge ich unnachläs­
sig auf eine genaue neuroethische Untersuchung der öffentlichen Verbreitung
und des Gebrauchs von Informationen über vermeintliche Verbesserer der
Moral und ihres versprochenen Werts. Die Anzahl potentieller Verbesserer
der Moral könnte groß werden und neue Variationen werden Neuroethiker
permanent beschäftigen. Es wird für Neuroethiker und für jeden, der eine
Evaluation eines Enhancements der Moral vornimmt obligatorisch werden,
klar zu benennen, mit welchen M odi und Modellen bei der Überprüfung
eines Enhancement der Moral operiert wurde, um somit unnötige sprachli­
46 John R. Shook

che Verwirrungen und argumentative Sackgassen zu vermeiden. Die wenigen


Theoretikerinnen und Theoretiker, die auf ihre eigenen »perfektionierten«
ethischen Systeme vertrauen, sollten in ähnlicher Weise ihre Grundannah­
men ausweisen, bevor sie ihre Evaluierung eines Enhancements der Moral
erklären. Genauso sollten diejenigen Theoretikerinnen und Theoretiker, die
ein Enhancement der Moral zur Überwindung derjenigen gewöhnlichen mo­
ralischen Dispositionen verfechten, die durch unsere menschliche Biologie
und Sozialisierung erworben worden sind, daran erinnert werden, dass das,
worauf sie tatsächlich drängen, ein ethisches Enhancement ist, so dass das,
was wir benötigen, ihre durchdachten philosophischen Argumente aus ihren
Gehirnen sind und nicht invasive Technologien für unsere Gehirne.
Wir können also festhalten, dass ein totaler Skeptizismus gegenüber der
Möglichkeit eines Enhancements der Moral nicht gerechtfertigt werden kann;
nur eine moderate Befürwortung spezifischer Arten des Enhancements der
Moral scheint klug zu sein; ebenso scheint ein vorsichtiger Zynismüs ge­
genüber enthusiastischen Hoffnungen auf ein dramatisches Enhancement
angebracht. Enhancement der M oral sollte nicht mit einem Enhancement
der Ethik verwechselt werden. Verhaltensweisen so zu ändern, dass sie auf
einer Linie mit dem liegen, was Menschen bereits als gewöhnliches mora­
lisches Verhalten ansehen, kann niemals durchdachte Entscheidungen zwi­
schen konfligierenden moralischen Pflichten oder die Anpassung unserer
sozialen Norm en zur Verbesserung der menschlichen Lebensbedingungen
ersetzen. Beide miteinander zu verwechseln - und viele herrschende Mächte
werden dies wollen - kann der Menschheit nur mehr Leid bringen. Wenn Sie
mich in eine Schublade stecken wollen, dann nicht in die eines Skeptikers des
Enhancements der Moral, sondern in die eines Zynikers ihm gegenüber.
Wir sind eine Spezies, die Individuen zu sozialer Konformität sozialisiert
und Menschen produziert, die denken, dass sie die Moral erkennen, wenn sie
sie sehen, und die hochgradig motiviert sind, mehr von ihr zu wollen (zu­
mindest von anderen). Es wird neuartige Hirnmodifikationen geben, worin
auch immer sie bestehen mögen, die unsere Erwartungen erfüllen, ein Enhan­
cement der Moral zu liefern, und Menschen werden sie anwenden wollen.
Zum Glück für unsere Spezies werden wir zudem auch fähig sein, unsere
eigenen Moralvorstellungen und jede vorgeschlagene Veränderung an ihnen
zu hinterfragen.

Aus dem Englischen übersetzt von Heiner Koch, Frank Lachmann und Bea
Zorn.
Neuroethik und die möglichen Arten des Enhancements der Moral 47

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