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Franz Kafkas „Die Verwandlung“

Inhalt und Deutungsansätze


Kapitel I

Gregors Zimmer (S. 5 - 6)


Gregors Sorge, Lärm beim Aufstehen zu verursachen → verkrampfte, übervorsichtige Beziehung
zur Familie
Gregors Zimmer zentral in der Wohnung → allseitiger Druck auf Gregor
Bild einer Dame mit vielen Accessoires aus Pelz aus einer Illustrierten im selbst angefertigten
Holzrahmen → pubertäres Verhalten, Unerreichbarkeit der Frau, Sehnsucht nach Intimität und Nähe
nur eine bloße Fantasie
Verteidigung des Bildes einhergehend mit Aggressivität gegenüber Grete (Kapitel II) → zwanghafte
Verehrung des Bildes, erotische Komponente → deutliche Schwierigkeiten bei Umgang mit Frauen
→ keine Möglichkeit Gregors, sich emotional und sexuell auszuleben

Prokurist und Familie vor verschlossener Tür (S. 11 - 18)


Prokurist Misstrauen gegenüber Gregor → ungerecht wegen Gregors Pflichtbewusstseins
Prokurist stellt Pflichterfüllung über Gesundheit
Bloßstellung Gregors vor eigener Familie durch Prokurist (unbefriedigende Leistung, Vorwürfe des
Chefs) → Machtausübung
Auftritt des Prokuristen → Veranschaulichung enormer Druck auf Angestellte
=> Gregor wird Rückzug und Recht auf selbstbestimmtes/autonomes Leben genommen, inhumane
Berufswelt
Schluchzen Gretes → hohe Sensibilität, erahnt größeres Unglück
Vater klopf mit Faust, schickt nach Schlosser → fordernder Vater (auf Seite des Prokuristen)
Mutter versucht Gregors Verhalten mit Krankheit zu erklären, verweist auf Gregors übergroße
berufliche Verlässlichkeit → Sorge um Sohn, Verständnis
=> Familie sorgt sich einerseits um Gregor, andererseits um sich selbst (Gregor als Ernährer)

Reaktionen auf Gregors Gestalt (S. 18 - 23)


Mutter ohnmächtig
Vater widersprüchliche Gefühle (abwehrend-aggressiv, unsicher, weinend, gewaltsam
zurückdrängend)
Foto von Gregor als Leutnant → Zerrbild der Wirklichkeit, Erinnerung an alten Gregor
Rede Gregors: bitter-ironische Ton, widersprüchliche Gefühle → jahrelang unterdrückte Wut
Rede jedoch unverständlich → niemand versteht Gregor und wird als Gefahr gesehen
Prokurist (anfangs autoritär, sprachgewandt) wird übermäßig ängstlich, komisch-grotesker Abgang
→ Umkehr Machtverhältnis → Entlarvung der Autorität als bedeutungslose Leere
Flucht des Prokuristen → Problem wird Familie überlassen
Mutter ruft laut um Hilfe, setzt sich beim Zurückweichen auf gedeckten Tisch → keine Erkenntnis
Gregors Menschlichkeit oder seinem Bedürfnis nach Nähe und Akzeptanz
Vater benutzt Stock des Prokuristen als Waffe gegen Gregor → Symbol der beruflichen
Unterdrückung in der Hand des familiären Drucks → Zusammenhang beruflichen und privaten
Lebens
Vater drängt mit Füßestampfen, Zischen und Schwenken von Stock und Zeitung (unnötig, da

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Gregor sich bereits im Rückzug befindet) → Entmenschlichung Gregors, Druck auf Gregor,
Gregor: Vater ist „wie ein Wilder“
Vater drängt zum schnellen Handeln, Gregor ist überfordert (bleibt in Tür stecken)
Vater gibt Gregor starken Stoß, schlägt Tür eilig zu → rohes Verhalten gegenüber Gregor
Gregor bleibt heftig blutend liegen → Erniedrigung
=> sobald aus beruflichen Zwängen befreit, geht die Unterdrückung und Erniedrigung durch die
Familie weiter

Kapitel II

Gefangen in der Isolation des eigenes Zimmers (S. 23 - 25)


Isolation, Dunkelheit, geduckte Körperhaltung → Verdüsterung Gregors Gemüt
Licht-Dunkel-Metaphorik → problematische Befindlichkeit Gregors
geduckte Körperhaltung → fremd im eigenen Zimmer, Angst → Unbehaglichkeit Gregors
Gregor verlässt sich auf seine Fühler und seinen Körper
=> Beginn Vertierlichung Gregors
Ablehnung Milch (einstiges Lieblingsgetränk) → Veränderung Geschmackssinn
Grete versorgt Gregor mit Essen → Vertrautheit der Geschwister
Grete bringt Essen im Napf → Grete sieht Gregor schon als Tier
Gregor weiß durch Grete von familiären Gewohnheiten → Grete als vermittelnde Instanz zwischen
Gregor und Familie
Leben in der Wohnung still
Gregor stellt sich altes Familienleben als ruhig, wohlhabend und zufrieden vor → Stolz auf eigene
Leistung zur einstigen finanziellen Situation der Familie → Verdrängung Familienprobleme
kurzzeitige Öffnen der Tür, niemand betritt Gregors Zimmer länger → Familie versucht zu Gregor
zu dringen, allerdings ohne wirkliche Begegnung → Einsamkeit trotz räumlicher Nähe
Tür von außen verschlossen → Umkehrung von freiwilliger Isolation zu gezwungener →
Autonomieverlust Gregors

Versorgung durch Schwester (S. 25 - 27)


Gregor zieht sich zurück → Verleugnung eigener Wünsche und Bedürfnisse (würde lieber
verhungern, als Grete auf Hunger aufmerksam zu machen), gleichzeitig unsichtbar machend →
erschwert Umgang und Verständnis
Zuschlagen der Tür durch Grete und hereintreten auf Zehenspitzen → Verwirrung Gretes → Gregor
als Fremder
Grete hebt mit Fetzen Napf auf, bringt Essen auf alter Zeitung, wirft Essenreste in Kübel → Ekel
Seufzer und Anrufung Heiliger → Widerwillen Gretes
Gregor versucht Gretes Handlungen als Zartgefühl zu deuten → Realitätsverlust
Gregor zieht sich lieber unters Kanapee unter Erstickungsängsten zurück, als sich Grete zu zeigen
=> Gregor denkt sehr einseitig, der Leser wird zum kritischen Hinterfragen Gregors Ansichten
geleitet
Kontrast: menschliche Gefühlswelt – tierisches Körpergefühl und Verhalten
bessere Wundheilung, schlechteres Sehen bei Gregor → Krankenhaus wird aus seinen Fenster kaum
noch erkenntlich → Hoffnung auf Heilung verschwindet
Gregor entwickelt Neigung zu verdorbenem Essen und schleppt dieses durchs Zimmer um dies zu
verzehren
Lust am Essen hält nicht lang
Gewohnheit an Wänden und Decke zu kriechen
zeigt sich mehr der Familie → anfängliche Rücksicht nimmt ab
=> Gregors animalische Seite drängt sich in den Vordergrund, er bleibt aber ein Mensch (Familie

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sieht zunehmend nur noch das Tier)

Gespräche am Tisch – Vermögensverhältnisse der Familie (S. 28 - 31)


Vater legt Vermögensverhältnisse dar → jahrelange Täuschung gegenüber Gregor
Gregor nimmt jahrelange Täuschung als erste erfreuliche Nachricht seit seiner Gefangenschaft auf
→ Gregor viel zu gutgläubig → Misstrauen des Leser gegenüber Gregors Urteilskraft
Gregor schätzt Möglichkeiten zum Geldverdienen der Familienmitglieder zu negativ ein →
Misstrauen des Leser verstärkt sich
Gregor nimmt eher Nachteile in Kauf, als sein Weltbild zu verändern
=> der in Bezug auf die Arbeitswelt kritischer Gregor ist zu leichtsinnig gegenüber seiner Familie
Vermutung: nach Zusammenbruch väterlichen Geschäfts übernimmt Gregor Rolle des Ernährers
aufgrund ungestillten Bedürfnisses nach Nähe und Zusammengehörigkeit
Bedürfnis bleibt ungestillt → gescheiteter Versuch zum Familienoberhaupt zu werden
Gregors Wunsch nach Geborgenheit ohne Erfüllung
=> Gregor als Einzelgänger
Wunsch Grete aufs Konservatorium zu schicken trotz Widerwillen der Eltern und dies Weihnachten
zu verkünden → mangelnde Sensibilität → Gregor versucht Loyalität und Dankbarkeit Gretes zu
sichern → Bestimmung der Erziehung Gretes → Übernahme der Vaterrolle
=> krankhafte, narzisstische Manipulationen zum Durchsetzen seiner Machtausübung, um seine nie
gestillten Bedürfnisse zu befriedigen
=> Gregor bleiben kaputte Familienverhältnisse verborgen, die aus der Umkehr der
Rollenverteilung resultieren
=> Gregor will sich familiäre Zuneigung „erkaufen“

Erste Konflikte mit Grete (S. 32 - 39)


Grete fühlt sich trotz Unbehagens für Gregors Verpflegung zuständig, leidet allerdings darunter
Gregors Bemühungen sich unsichtbar zu machen → Selbsthass, masochistische Züge
Eltern erkennen Gretes Arbeit an → veränderte Position innerhalb der Familie
Grete setzt sich Wunsch der Mutter entgegen, ins Zimmer zu treten → Grete als Expertin für Gregor
Grete erkennt Bewegungsdrang Gregors → beschließt Zimmer umzuräumen → Wegnahme der
Erinnerung an menschliches Leben
Mutter kritisiert Gretes Vorhaben, da das Wegräumen Gregor weiter entmenschlicht → hofft auf
Rückkehr Gregors → Verdrängung der Verwandlung
Mutter verliert beim Anblick Gregors Fassung und leidet an Ohnmachtsanfällen → will Realität
nicht wahr haben
durch Reaktion der Mutter ist Gregor nicht mehr mit Gretes Vorhaben einverstanden → er
unterstellt Grete die Absicht, seine Lage bewusst zu verschlechtern → Sinneswandel bei Gregor
Gregor entwickelt Konfliktpotenzial → zunehmende Frustration
erste Verteidigung beim Wegräumen des Schreibtisches → Identifikation mit Schreiben,
intellektuellem Arbeiten
Grete spricht Gregor mit Namen an und droht mit erhobener Faust → Überlegenheit Gretes
=> Gregor sieht sich immer noch als Mensch und ist bereit dies zu verteidigen
=> Verschärfung Kommunikationsunfähigkeit zwischen Familie und Gregor
=> Geduld Gretes ist am Ende und wendet sich der ohnmächtigen Mutter zu
=> Gretes Verwandlung von verwöhntem Mädchen zur willensstarker, kraftvoller Frau
=> Gretes Verwandlung aus Sicht Gregors: von Verbündeter zur Hauptgegnerin → Gregors
Idealisierung Gretes nimmt stark ab
Gregor bleibt verletzt, orientierungslos und voller Schuldgefühle im Zimmer → mit Abwendung
Gretes verliert Gregor alles

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Rückkehr und Angriff des Vaters (S. 40 - 42)
Grete informiert Vater nur knapp und verfälschend und drückt sich an seine Brust → Seitenwechsel
Gretes, Hinwendung zum Vater = Abkehr von Gregor
Vater missdeutet dies sofort als Ausbruchsversuch Gregors, als hätte er es erwartet →
Konfliktpotenzial schon längst vorhanden
Vater wird gewaltätig, ohne auf Gregors Beschwichtigungsversuche einzugehen → Rivalität
zwischen Vater und Sohn wird zum offnem Konflikt
Froschperspektive Gregors → Unterlegenheit
Kontrast: Vater der Erinnerung als alter, hilfloser Mann – gegenwärtiger Vater als kämpferischer
Rivale
=> Metamorphose Vater → fühlt sich wieder als Familienoberhaupt
Attribute Vater: aufgerichtete Körperhaltung, Uniform Bankangestellter, aufmerksame Blick →
Vitalität und Stärke
Gregor passt Bewegungsabläufe dem Vater an → Gregor passiv
Gregors Assoziation der Situation als Kriegsgeschehen → Existenzbedrohlichkeit Gregors
=> ungleicher Kampf, Umkehr Machtverhältnisse
Apfel dringt in Panzer ein, Gregor fühlt sich bewegungsunfähig → Geschlagenheit, Erniedrigung,
Vernichtung Gregors

Kapitel III

Prekäre Lage der Samsas (S. 42 - 44)


Apfel in Gregors Leib schränkt seine Bewegungen ein → Apfel als (psychische) Wunde →
Erfahrung der Erniedrigung als tief sitzende Last
unterschiedliche Lichtverhältnisse (Gregors Zimmer dunkel – Wohnzimmer hell) → Gregor einsam
und depressiv, Familie gemeinschaftlich
Gregor hat Möglichkeit, Familie zu beobachten → Blick wird von Gregors Innenleben zu den
verändernden Familienstrukturen gelenkt
Familienmitglieder müssen sich auf veränderte Situation anpassen → Mutter Näharbeiten, Grete
Abendkurs für Stenographie und Französisch
Vater übernimmt wieder Kontrolle über Familie → patriarchale Tradition
Entlassung Dienstmädchen und Einstellung einer neuer Bediensteten (vitaler unf kräftiger für
körperliche Arbeiten)
=> neue Personen tauchen auf (nachher Zimmerherren) → Wandlung Familie von geschlossenen
zum offenen Raum

Zunehmende Vernachlässigung Gregors (S. 44 - 48)


Hinwendung Familie zur Außenwelt → Verelendung Gregors
anfangs Mitleid und Verständnis von Gregor gegenüber seiner Familie, nachher Wut und
Verbitterung
Wunde beginnt beim Anblick der weinenden/trauernden weiblichen Familienmitglieder zu
schmerzen → Gregor empfindet Belastungen der Familie als unzumutbar
Aufkommen alter Erinnerungen von vor der Verwandlung, in der Gregor die
Familienangelegenheiten unter Kontrolle hatte → Schuldgefühle wegen der neuen Situation bei
Gregor
=> Wut über Vernachlässigung und gleichzeitig Schuldgefühle über eigene Nutzlosigkeit
Lieblosigkeit Gretes → Gräuel und Verärgerung gegenüber Gregor
Gregor macht nonverbal auf den schlechten Zustand des Zimmers aufmerksam → Gregor will
Schuldgefühle bei Grete auslösen → Grete bleibt unberührt
Appetitlosigkeit Gregors → Hinweis auf langsames Sterben

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Aggressivität Gregors nimmt zu → Verzweiflung
Beleidigung durch die furchtlose Bedienstete „Mistkäfer“ → Erniedrigung Gregors → letzter Rest
von Gregors Privatsphäre und Selbstachtung wird beschädigt → Aufzeigen von Gregors
Erbärmlichkeit und Nichtsnutzigkeit

Ankunft Zimmerherren – Einbruch der Fremdherrschaft (S. 48 - 49)


drei Zimmerherren werden als Untermieter aufgenommen
Zimmerherren beanspruchen Sitzplätze am Tisch, die zuvor von Gregor und den Eltern besetzt
wurden und wünschen nach Bewirtung (damit rauben sie der Familie Zeit) → Einmischung in die
Familie
Zimmerherren bringen eigene Möbel mit, sind auf Ordnung fixiert → Dinge werden in Gregors
verstaut → Gregors Zimmer als Rumpelkammer
unterwürfiges Verhalten der Familienmitglieder gegenüber den Zimmerherren → Verschiebung der
Machtverhältnisse
Familie ist ständig um Wohlergehen der Zimmerherren besorgt → Privatsphäre wird aufgebrochen
→ Individualität der Familie wird geraubt
Zimmerherren fordern Erfüllung der Bedürfnisse, ohne Rücksichtnahme auf Familie (nehmen Essen
am Familientisch ein und äußern sich kritisch darüber)
=> zuvor autonome Familie wird durch äußere Macht von souveränen Charakteren zu willenlosen
Untertanen

Gretes Violinspiel und die Folgen (S. 50 - 53)


Vater als Diener im eigenen Haus
Vater bietet, ohne Grete zu fragen, das Violinspiel an
Zimmerherren achten penibel auf Ordnung und Sauberkeit, achten allerdings nicht Gretes Spiel →
materielle Orientierung der Zimmerherren, kein Gespür für Kunst
Zimmerherren ziehen sich vom Violinspiel zurück → Desinteresse und Nervosität
Gregor fühlt sich von Musik angezogen → temporäre Überbrückung der Depression
Kontrast: Zimmerherren (Kraft, materielle, körperliche Interessen, wenig komplexes Innenleben,
Vitalität) – Gregor (körperliche Schwäche, geistiges Interesse, kompliziertes und zerrissenes
Innenleben, Zerbrechlichkeit)
Anziehungskraft der Musik zu Gregor → erotisches Interesse an der Schwester
Wunschtraum Grete durch Versprechen des Konservatoriums ins Zimmer zu locken und nie wieder
frei zu lassen → inzestuöse Neigungen → Wunsch Gregors, seine Schwester durch kindliche
Abhängigkeit zu besitzen
anfauchen der Zimmerherren → bewusstes Einsetzen der Schreckgestalt
=> Bereitschaft für Aggression, völliges Missverstehen von Gretes Bedürfnissen
Wunsch Gregors, dass sich Grete ihm freiwillig zuwende und er sich zum Küssen des Halses erhebe
→ Kontrast: Grete entgegnet mit Gleichgültigkeit, Abneigung und Ekel → Unverständnis der
Geschwister
=> Gregor als vollkommen Verzweifelter, jedoch autonom Handelnder
Gregor wird entdeckt → Zimmerherren kündigen den Vertrag und weisen auf die krankhafte und
unmenschliche Umgangsform, sowie auf innerfamiliäre Abgründe hin → Familie bleibt verstört
zurück

Familienrat und Tod Gregors (S. 53 - 59)


Abgang Zimmerherren → Gregor offenbart sich als deutliches Problem → Familie wünscht sich
endgültige Lösung in Bezug auf Gregor
Vater sackt auf Sessel zusammen → verzweifelter Versuch die Situation zu entschärfen und
Oberhand zu behalten hat zu viel Energie gekostet

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Gregor erstarrt → Furcht
Grete lässt Violine fallen → bedeutende Entscheidung wurde getroffen
Grete bezeichnet Gregor als „es“ → völlige Entmenschlichung Gregors
Mutter asthmatischer Anfall → handlungsunfähig
Gretes Weinkrampf → Manipulation an den Vater
Vater akzeptiert Gretes „Nein“ sofort → Grete übt Macht aus
=> Entfremdung der Familie zu Gregor weit fortgeschritten
Grete argumentiert, dass das Insekt nicht Gregor sein könne → sie sieht nicht Gregors Sehnsucht
nach Nähe und Zusammengehörigkeit → Todesurteil an Gregor durch Grete → versteckter Appell,
Suizid zu begehen
Rückzug Gregor → akzeptiert Forderung
Paralyse der Familienmitglieder → stille Akzeptanz
Gregors Rückzug viel kraftaufwendiger als Eintreten → schwere Enttäuschung
Grete schließt Tür → überlässt Gregor seinem Schicksal
=> endgültige Isolation und Abstoßung Gregors
Staub auf Rücken, faulender Apfel → Verelendung und Gewalt durch Familie
trotzdem denkt Gregor an Familie positiv zurück
Gregor stirbt friedlich im Einverständnis der Familie
Tod um drei Uhr, Niedersinken des Kopfes, Hineinstechen in die Seite durch die Bedienstete →
Bild des leidenden und sterbenden Jesu

Ausblick auf ein neues Leben für die Familie Samsa (S. 59 - 60)
neue Familienkonstellation → Hoffnung auf positiven Neubeginn
Öffnen der Fenster, Hineinlassen frischer Luft → erneute vertrauensvolle Öffnung zur Außenwelt
Vater Mittelpunkt der Familie
zärtliches Zusammenleben
Rauswurf Zimmerherren, Entlassung Bedienstete und Kündigung Wohnung → Neuanfang →
Auslöschung Gregors aus dem Gedächtnis → Wertlosigkeit von Gregors Existenz
=> neue innere Stabilität der Familie
äußere Lebensumstände radikal verändert → Tilgung Erinnerung an Gregor
Fahren mit der Straßenbahn → erste Szene außerhalb der Wohnung → Freiheit der Familie
Jugendlichkeit und Schönheit Gretes → Hoffnung auf Heirat
=> Familie nach bürgerlichem Idealbild entsteht
=> Gregor war ständiger Störfaktor

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Herausarbeitung wichtiger thematischer Aspekte
Gregor und sein Beruf
- wird von Gregor als anstrengend empfunden
- möchte gern kündigen
- ist gezwungen, die Schulden seiner Eltern beim Chef abzuarbeiten
- ist Ernährer der Familie
- empfindet den Umgang mit Kollegen kalt
- kann leicht gekündigt werden
==> opfert sich für seine Familie auf
==> Alternativlosigkeit

Gregor als Insekt


Die Nichtdarstellbarkeit des Insekts
- der Leser soll eigene Vorstellung entwickeln
- Erhöhung der Spannung
- im Vordergrund steht der Umgang der Familie mit der Verwandlung --> Reaktionen,
Konfrontationen
- Insekt soll nicht fassbar werden
- Nicht-zeigen Gregors --> Aufopferung, Gregor bleibt im Hintergrund
- Fülle möglicher Bedeutungen würde zerstört werden
- es bleiben Faszinationen, aber auch Grauen/Ekel

Grete pflegt das Ungeziefer


- sieht in das Zimmer und schlägt die Tür direkt wieder zu --> Neugier? Ekel? Angst?
Vorsicht?
- Grete geht zuerst (vor den Eltern) zu Gregor --> Schützt sie die Eltern vor Gregors
neuem Erscheinungsbild?
- trägt Gregors Napf mit einem Fetzen aus dem Zimmer --> Ekel? Akzeptanz der
Tierform? Angst/Ungewissheit?
- bringt ihm verschiedene Speisen (auch Abfälle), breitet es auf einer Zeitung aus und
verlässt das Zimmer
--> Test auf Menschlichkeit Gregors? Fürsorge? Experiment?
--> Isolation/Abgrenzung von/zu Gregor? Privatsphäre für Gregor? Angst/Abscheu?
- schließt ab bzw. wieder auf und macht Geräusche mit dem Schlüssel
--> Konditionierung Gregors
- wirft die Essensreste in den Müll
--> Gregors Hinterlassenschaften
- beeilt sich bei Tätigkeiten in Gregors Zimmer
==> Grete ist der Trost, Hoffnung
==> Er täuscht sich selbst, weil er weiß, dass er sich alleine nicht durchsetzen kann

Die Wunde in Gregors Rücken - Inhalt und Deutung


- die Wunde stammt vom Vater --> Gregor trägt vom autoritären Erziehungsstil
des Vaters bleibende seelische Verletzungen davon
- die Familie lässt Gregor aus schlechtem Gewissen/Schuldgefühlen für kurze Zeit am
Familienleben teilnehmen (Versuche, einer teilweisen Wiedergutmachung)
- die Wunde schmerzt Gregor, wenn er seine Familie leiden sieht --> Gregor sorgt
sich weiter um die Familie
- Er hat Schuld- und Schamgefühle, fühlt sich verantwortlich für die Leiden der

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anderen
- im Sterben hört die Wunde auf zu schmerzen --> findet eine friedliche Haltung zur
Familie (Erlösung von den Schuldgefühlen)

Der Familienalltag der Samsas (Kapitel III)


- abendliches Öffnen von Gregors Zimmertür
- Zusammensitzen der anderen Familienmitglieder in der Stube
- Aufnahme von Berufen (Vater, Mutter, Schwester)
- Verkauf von Schmuck --> finanzielle Bedrängnis
- Einzug von drei Untermietern
- Einstellung einer neuen Bedienerin
- Vernachlässigung Gregors, sein Zimmer wird zur ,,Rumpelkammer"
- einsetzende Appetitlosigkeit Gregors und Gefühle der Wut wegen seiner
Vernachlässigung
- offener Streit darüber, wer für Gregor zuständig ist, wie man Gregor zu behandeln
hat
--> zunehmende Belastung des Familiensystems
--> Öffnung der Familie zur Außenwelt führt zu gleichzeitigem Verlust persönlicher
Freiheiten/Abwendung von Gregors Wut
==> Verfall der Familie, Konflikte treten klar hervor, Gregors Ausschluss und
,,Vertierlichung"
- Vater lässt sich wieder umsorgen
- dienende Tätigkeiten des Vaters
- Vater legt seine Dienstuniform nicht mehr ab, Gefühl des ,,arbeiten müssen"/Zwang

„War er ein Tier, da ihn Musik so ergriff?“


- Gregor nimmt sein Äußeres an, schämt sich nicht mehr
- verhält sich zum ersten Mal praktisch rücksichtslos gegenüber seiner Familie
==> Gregor stellt seine eigenen Gefühle in den Vordergrund

Perspektiven des Lesers und von Gregor


Perspektive des Lesers
- Grete handelt aus reinem Pflichtgefühl
- Grete schafft es, dass die Familie auf sie angewiesen ist
- Grete fühlt sich zu Gregor ,,irgendwie“ verbunden
- Grete nimmt Gregor die Menschlichkeit
- Gregor lässt sich zunehmend auf das Tiersein ein/Gregor hält wegen Grete an seiner
Menschlichkeit fest

Perspektive Gregors
Grete...
- ist einfühlsam, hilfsbereit und gütig
- liebt ihn
- sorgt sich um ihn
- wird sich an seinen Anblick gewöhnen
- bleibt Gregors Vertrauens-/Bezugsperson
--> Grete wird von Gregor idealisiert

- Grete ist die Hoffnung auf eine ,,Rückkehr zur Normalität"


- Grete als Verbindung zur Außenwelt

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- Grete schätzt frühere Bemühungen Gregors wert
- Beschützerinstinkt Gregors
- Gregor hält durch die Anwesenheit von Grete an seiner Menschlichkeit fest

Kritik an die Gesellschaft


Kafka war Beamter der Arbeiter- und Unfallversicherung → Einblick in die Lebensumstände vieler
Zeitgenossen
Gregor Handlungsreisender mit niedriger Position in streng hierarchischem System
Gregors Chef hat Angewohnheit, sich aufs Pult zu setzen → von oben herab reden
Krankmeldung führe zu schlechtem Gewissen bei Gregor
Arbeit dringt bis in die Privatsphäre (Prokurist)
Gregor studiert Fahrpläne in Freizeit → Abhängigkeit von der Uhr/Zeit
Arbeiter-Chef-Verhältnis ist misstrauisch
Gregor denkt sofort nach dem Aufstehen an seine Arbeit
=> Abschalten ist räumlich und psychisch kaum möglich
=> Abhängigkeit der Arbeiter → aufgestaute Aggressionen
=> Widerspruch zwischen Denken und pflichtbewusstem Handeln → gespaltetes Bewusstsein als
Folge des beruflichen Drucks → Gefahr, sich selbst zu verlieren (Verwandlung)
Gregor versteht zwar Kontroll- und Zwangsmechanismen, kann sich aber nicht selbst befreien
Gregor läuft Prokuristen nach, um ihn für sich zu gewinnen und Unheil von der Familie
abzuwenden → Unterwerfung
=> Arbeiter außerstande, notwendige Konsequenzen zu ziehen, „Kreatur des Chefs, ohne Rückgrat
und Verstand“
Eltern sind für berufliche Situation Gregors verantwortlich
Familie lebt auf Gregors Kosten, akzeptieren ihn aber nicht als Familienoberhaupt
=> beruflich wie privat wird Gregor ausgebeutet
=> inhumane Arbeitswelt → Haltung eines Untertanen (weder selbstständiges Denken noch
Handeln) → Verunsicherung, Beraubung der Menschlichkeit → Rebellion der Arbeiter wird
unterdrückt

Insektenmetapher
untergeordnete Position, devot-kriechende Haltung, (finanzielle) Existenz ist ständig gefährdet →
Insekt als Zustandsbild des Angestellten
Gregor kann weder arbeiten noch Familie dienen (die Ausbeutung ist somit beendet), muss zum
Überleben wie ein Kleinkind versorgt werden → Druck zur Sicherung der Existenzgrundlage
verschiebt sich auf das Umfeld → zunehmende Hilflosigkeit Gregors als getarnte Revolte mit
Umkehr des Ausbeutungsverhältnisses → Insektenmotiv als Ausstieg aus ausbeuterischem System

Gregors Schicksal => Ausstieg aus der Gesellschaft und parasitäre Lebensweise für zur
Selbstvernichtung:
physische Vernichtung, da eine solche Lebensweise nicht geduldet wird, und
psychisch Vernichtung, da der von außen herangetragene Schuldspruch der Wertlosigkeit
verinnerlicht wird

Biografische Impulse zur Entstehung von „Die Verwandlung“


„Die Verwandlung“ ursprünglich nur eine kleine Idee, erst im Prozess des Schreibens wuchs der
Umfang des Textes
Übermacht, Tyrannei, Bedrohlichkeit Kafkas Vaters → spannungsreiche, hasserfüllte Beziehung →
gegenseitiges Unverständnis, ungleiche Interessen, konträre Lebensweise
Kafka fühlte sich in seiner Familie wie ein Fremder

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geliebte Schwester Ottla schlug sich im Familienstreit um Erhaltung der Fabrik auf Seite der Eltern
→ Enttäuschung und Verrat aus Kafkas Sicht
als Julie Kafka vom Briefkontakt zwischen Franz und Felice Bauer erfuhr, öffnete sie einen Brief
und schrieb sogar heimlich einen selbst, Felice reagierte zustimmend und schnitt genannte Themen
an, Kafka erfuhr davon → Kafkas Gefühl, von Felice unverstanden zu sein → tiefe Betroffenheit
Felices Briefe blieben eine Zeit lang aus → Furcht Kafkas, verlassen worden zu sein → starke
Selbstzweifel
=> Kafka erlitt Vertrauensbrüche und Enttäuschungen durch Geliebte
„niedergedrückt“ durch übermächtigen Vater → Minderwertigkeitsgefühl
=> ekelhaftes Insekt als Bild für Enttäuschungen und daraus folgenden Minderwertigkeits- und
Ohnmachtsgefühlen; Furcht, wie ein unwillkommener Parasit zerquetscht zu werden
asketische Junggesellen- und Schriftstellerexistenz Kafkas → Gefühl von Nutz- und Wertlosigkeit
in Angesicht derjenigen, denen der Lebensgenuss scheinbar mühelos gelinge
„Mein Leben besteht und bestand im Grunde von jeher aus Versuchen zu schreiben und meist aus
misslungenen. Schrieb ich aber nicht, dann lag ich auch schon auf dem Boden, wert hinausgekehrt
zu werden.“ (Zitat Kafkas) → parallel zur Entsorgung Gregors Leichnams
Vater bezeichnete z. T. Kafkas Freunde als „Ungeziefer“
„Samsa“ sehr ähnlich zu „Kafka“
=> Gregor Samsa = Franz Kafka

,,Die Verwandlung“ und das Judentum


Die ,,Dreinationenstadt“ Prag
- Vielvölkerstaat der Habsburger Monarchie bis zu seiner Auflösung 1918
- wurde von 3 Nationen bewohnt
- seit dem 9./10. Jahrhundert von einheimischen Tschechen/eingewanderten Deutschen und
tschechisch oder deutsch sprechenden Juden bewohnt
- Auseinandersetzung der drei Bevölkerungen prägten die Stadt
- Treffpunkt westlicher/östlicher Kulturen
- zu Kafkas Lebzeiten --> * 90% der Bevölkerung waren Tschechen
* 5% waren deutsch-österreichisch
* 5% waren Juden
- Niederlage des tschechisch-protestantischen Adels im 30-jährigen Krieg führte dazu, dass
– die tschechische Sprache zu den niedrigen Sprachen absank
– die deutsche und französische Sprache aufstiegt (Hofsprache)
- im Prag des Habsburgerreiches des 19. Jahrhundert --> * Tschechen bilden haupt-
sächlich die untere und
mittleren Bevölkerungs-
schichten
* deutsch-österreichische
Bevölkerung bildet die
dünne Oberschicht
- Deutsch --> durch Kaiser Joseph II. (1765 - 1790) zur offiziellen Amtssprache
- Verdeutschung Prags verursacht
– die Entstehung von ,,antideutschen“ Tendenzen bei der tschechischen Bevölkerungsgruppe
– antisemitischen tschechischen Nationalismus
- deutschsprachige Bevölkerungsgruppe richtet sich kaisertreu nach Wien aus
- währenddessen strebte die tschechische Bevölkerung die Befreiung von der österreichischen
Herrschaft an
- somit stand die jüdische Bevölkerung zwischen der verfeindeten deutschen und tschechischen
Bevölkerungen (neigte sich überwiegend der deutschen Bevölkerungsgruppe zu)

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- Nationalismus der tschechischen Bevölkerung richtete sich dadurch nicht nur gegen die
Deutschen, sondern auch gegen die Juden
- Juden besuchen deutsche Schulen/Universitäten (wie auch Kafkas Vater)
- hierdurch erhofften sie sich einen gesellschaftlichen Aufstieg
- bei einem Bevölkerungsanteil (in Böhmen) von nur 1,46% waren 29,8% der deutschen Karls-
Universität Juden
- die jüdische Bevölkerung hatte die Gleichberechtigung neben den anderen Nationen dem
Toleranzedikt von Kaiser Joseph II. und seiner Erweiterung durch Kaiser Franz Josef zu verdanken
==> Emanzipation der Juden, die bisher an ein Leben in Ghettos gewohnt waren
- Judenemanzipation war die Ursache für einen neuen tschechischen Nationalismus
- meisten Juden waren deutschsprachig --> anwachsende antideutsche Stimmung enthielt
antisemitische Tendenzen
- diese antisemitische Tendenzen wurden durch die wirtschaftliche Besserstellung der Juden
verstärkt
- Zunahme der antisemitischen Ausschreitungen trotz der Judenemanzipation
- Kafka selbst wurde mit antisemitischen Ausschreitungen konfrontiert
- er hat bewusst die gewaltsame Ausschreitung gegen Deutsche, vor allem aber gegen Juden,
miterlebt

Die Verwandlung (Expressionismus 1910-1923)


- Literatur der Moderne → lässt sich nicht leicht begreifen
- 1890-1930 → es entstehen verschiedene Strömungen neben einander
– entfaltet mit gewaltiger Energie des Aufbegehrens, einen künstlerischen Protest gegen
autoritätshörige Bürgertum des deutschen Kaiserreichs
– mit Leidenschaft und Ekstase gezeichnete apokalyptische Bilder der modernen Großstadt,
der Einsamkeit und Leere entstehen
– Sehnsucht nach einem neuen Sinn, einem neuen Menschenbild
– Beginn des ersten Weltkrieges → Dichter begrüßen den Krieg freiwillig, in der Erwartung
der Erlösung aus der bürgerlichen Selbstzufriedenheit
– nach der Erfahrung des Massensterbens werden sie zu Kriegsgegnern
– Grauen der Vernichtung wird auch in Literatur und Kunst verarbeitet
– Erinnerungen an den Krieg wird zur Mahnung/Modell deutscher Stärken

das Drama
– erlebt 1919-1923 eine Hochphase im Expressionismus
– Moderne Bühnen und das elektrische Licht bieten neue Möglichkeiten der Inszenierung
– zeigt die gequälten Seelen der Moderne
– Themen sind Traum und Realität, das Ich wird der Welt ausgeliefert (Krieg)
– Sprache ist monologisch, subjektiv und selbstreflektiv
– Einzelbilder und Stationen wechseln (Stationen Drama), Chöre und Tänze intensivieren
Gefühle, Raum und Zeit bleiben vage
– neu ist das Kabarett, wichtige sind: Wedekind, Tucholsky, Ringelnatz und die Dadaisten

Gesamtdeutungsansätze
– biografische Parallelerzählung, besonders im Bezug auf den Vater-Sohn-Konflikt („Die
Verwandlung“ als Verarbeitung von Kafkas Problemen)
– Verkäferung als Akt äußerer Entfremdung von der Umwelt, als (rückläufige) Entwicklung
und unbewusster Aggression
– Gregor als Beispiel für die Entfremdung des Einzelnen in der beginnenden Moderne und

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deren Arbeits- und Lebenswelt
– verkäfertes Individuum als Kritik an der Gesellschaft, vor allem dem Kapitalismus und
dessen innewohnenden Entfremdungen (teils marxistische Deutung)
– Ablösen des Menschen von sich bzw. Gott, womit Verlust von Sinn und Mitgefühl
verbunden sind (Nihilismus)
– Verurteilung des Menschen durch Erniedrigung zum Käfer
– Gregor als Betroffener des Ödipuskomplexes
– Sicht und Reaktion der Gesellschaft auf ein intellektuell-künstlerisches Leben
– Rebellion eines Einzelnen gegen Unterdrückungsmächte (Rebell als Märtyrer)
– Konfrontation der Familie mit ihrer eigenen Zerrüttung und Hässlichkeit
– Gregor als Bild für das Schicksal der Juden

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Übersichten
Das Käfermotiv (Ungeziefermotiv)

Gesellschaftskritisch
Ausdruck eines durch soziale und gesellschaftliche Mechanismen erniedrigten Menschen
– Ausbeutung von Arbeitern und Angestellten in der modernen Arbeitswelt
– total Kontrolle bis in das Privatleben hinein
– Bürokratisierung
→ Folge: Verinnerlichung eines pathologischen Arbeitsethos, Selbstentfremdung

Metapher für das Judentum


Ausdruck der gesellschaftlichen Sonderrolle der Juden als Pariavolk
– Heimatlosigkeit als Ursache des Dilemmas vieler Juden weltweit, sich entweder anzupassen
oder als rückständig zu gelten
– Spiegelung der Verachtung des jüdischen Volkes in der Ungeziefermetapher
– Ungeziefer als Ausdruck der Fremdheit, Nichtigkeit, des Ausgestoßenseins und des
Stummseins
– Schicksal Gregor Samsas als visionäre Vorschau auf die drohende Vernichtung eines
Großteils der europäischen Juden

Psychoanalytisch
Ausdruck des Rückfalls in ein überwundenes Entwicklungsstadium
– Vater-Sohn-Konflikt als Symptom des Ödipuskomplexes
→ Folge: Verhinderung der emotionalen und sexuellen Reifung sowie bleibende Kindheitlichkeit
des Sohnes

Biografisch
Ausdruck aktueller lebensgeschichtlicher Fragen und Probleme des Autors
– Gefühl der Entfremdung von der eigenen Familie, innerfamiliäre Konflikte (insbesondere
mit dem Vater Hermann Kafka)
– Minderwertigkeitsgefühl infolge der eigenen Junggesellenexistenz bei gleichzeitiger
Idealisierung der Ehe
– Gefühl des „Andersseins“, entfernte Position des Künstlers bzw. Schriftstellers von der
übrigen Gesellschaft
→ Folge: mangelndes Zugehörigkeitsgefühl, Suche nach der eigenen Identität

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Untersuchungsaspekte der Erzählung „Die Verwandlungen“

Das Nahrungsmotiv
„Nahrung“ als Metapher für den Lebenssinn, Lebensinhalt und Lebenswillen
– Kontrast zwischen dem Appetit der Zimmerherren und der Appetitlosigkeit Gregors als
Symbol für deren jeweiliges Verhältnis zum Leben
– materialistische und idealistische Lebensmodelle im Vergleich

Die Bedeutung der Räume


Die Raumaufteilung als Symbol für äußere und innere Befindlichkeit der Hauptfigur
– die Lage von Gregors Zimmer als Hinweis auf den familiären und beruflichen Druck
– das Verschließen der Türen von innen und von außen als Symbol für die Ursache und
Richtung der Ausgrenzung
– Das Zurückdrängen Gregors in sein Zimmer als Zeichen für die Abschiebung in die totale
Isolation

Das Außenseitermotiv
Gregor Samsa als Außenseiter in Familie und Gesellschaft
– die „Vertierung“, die verschiedene Phasen durchläuft, als Prozess schleichender
systematischer Ausgrenzung
– die Familie als Modell der Gesellschaft: Parallelen zwischen der innerfamiliären und
verschiedenen Formen gesellschaftlicher Ausgrenzung

Die Figuren und ihre Beziehungen zueinander


Charaktere und Typen in der Erzählung „Die Verwandlung“
– die weibliche Erzählfiguren (Mutter, Schwester, Pelzdame): traditionelle oder unzeitgemäße
Frauenbilder?
– Gregors Verhältnis zu Frauen
– die innere und äußere Entwicklung der Vaterfigur in Abhängigkeit zu der Verwandlung des
Sohnes
– die „Typen“ der Erzählung (Prokurist, Bedienerin, Zimmerherren) als Verkörperung von
Lebensmodellen und -prinzipien
– die innere und äußere Entwicklung der Schwester

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Erzähltheoretische Aspekte

Erzählperspektive
– mit Ausnahme des letzten Abschnitts (ab dem Tod der Hauptfigur) personales
Erzählverhalten aus der Sicht der Hauptfigur Gregor Samsa
– Einblicke in das Innenleben Gregors durch innere Monologe und erlebte Rede
– Welchsel der Erzählperspektive nach Gregors Tod: szenisches Erzählen und zum Teil
auktoriales Erzählverhalten

Sprachliche Gestaltungsmittel
– sachlicher, nüchterner Sprachstil
– sprachliche Komplexität im Bereich der Syntax: vorwiegend hypotaktischer Satzbau,
Nebensatzgefüge und Einschübe
→ differenzierter Einblick in das konkrete Leben als Insekt inmitten der Normalität einer
bürgerlichen Familie

Die Frage nach der Gestaltung


– Zugehörigkeit zur Gattung Erzählung
– Bezüge zu weiteren Erzählformen, z.B. zum Märchen (durch das Thema der Verwandlung
eines Menschen zum Tier), zur Parabel (durch die verschlüsselte Aussageabsicht) und zur
Novelle (durch die Kunstfertigkeit der formalen Gestaltung und die Ausgestaltung einer
„unerhörten Begebenheit“)

Formaler Aufbau der Erzählung


– Kapitel mit jeweils unterschiedlichen thematischen Schwerpunkten
– Kapitel I thematisiert den Beruf, Kapitel II die Familie und Kapitel III die innere Welt
und den Tod Gregors
– parallele Gestaltung der Kapitelenden: Zurückdrängen Gregors (in den Kapiteln I und II
durch den Vater, in Kapitel III durch die Schwester)
– leitmotivische Verwendung der Zahl 3: drei Kapitel, drei Zimmerherren, drei Angehörige
Gregors (die einerseits eine Verwandlung durchlaufen) und drei Hausangestellte
– Verhältnis zwischen Erzählzeit und erzählter Zeit: Wechsel von zeitdehnenden (insbesondere
im gesamten Kapitel I) und zeitraffenden (insbesondere bei der Beschreibung von Gregors
Anpassungsprozess an seinen Tierkörper in Kapitel II) Erzählpassagen

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Verwandlungen der Familienmitglieder

Personenkonstellation

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