You are on page 1of 3

TEXT 7

„Alles sei möglich im Kino“ sagte Agnes Varda damals im Jahre 1966. Dies war bei dem New York
Film Festival während einer Konversation über Gestaltung und Inhalt mit Pier Paolo Pasolini und
anderen Koryphäen des Films. Im Laufe der Jahrzehnte, sogar als Regisseure wie Ms. Varda ihre
Filmkameras gegen Digitalkameras eintauschten und Kinobesucher zu Stubenhockern wurden die
Filme und Serien in exzessivem Maße konsumieren, präsentierten sie und viele andere Größen
der Welt ihre Arbeiten weiterhin bei diesem Festival. Jetzt ist das New York Film Festival 55 Jahre
alt, MS Varda ist 89 Jahre als und sie ist zurück mit „Faces Places“, ein Film der, wie diese
Veranstaltung, eine nahezu heilige Auffassung vom Kino als Kunst beibehält. Das New York
Filmfestival ist für viele gleichzusetzen mit der Hauptliste der ausgewählten Filme, den etwa zwei
duzend Titel, die vom Komitee aufgestellt wurden, was jetzt vom Leiter des Festivals, Kent Jones,
geleitet wird. Diese Filme ziehen die meiste Aufmerksamkeit auf sich, zum Teil wegen ihrer Stars
und Autoren. Dieses Jahr können Sie Kate Winslet in Kostümen aus den 1950er Jahren im Film
„Wonder Wheel“ sehen, der neuste Film von Woody Allen und der Abschlussfilm des Festivals. An
einem anderen Tag können Sie von Mary J. Blige zu Tränen gerührt werden in dem Drama
„Mudbound“ von Dee Rees (bekannt für „Pariah“) das in den 1940er Jahren spielt. Noah
Baumbach ist zurück mit „The Meteorit Stories (Neu und Ausgewählt)“; und Richard Linklater
startet die Feier mit „Last Flag Flying“.

Wie bei anderen derartigen Veranstaltungen zeigt das New Yorker Festival aber genug vielfältige
Arbeiten. Dieses Jahr sind 99 Spielfilme und 69 Kurzfilme umfasst worden, sowohl Spiel- als auch
Sachfilme aus der ganzen Welt, die Filmliebhabern die Möglichkeit geben, in alle Bereiche
einzutauchen, sich in ihren Geschmack zu bestätigen und diesen manchmal in Frage zu stellen. im
Grunde genommen ist das Festival eine Feier von Filmen und eine 18-tägige Werbung für seinen
Besitzer, die Film Society of Lincoln Center. Wie immer ist es auch eine fortlaufende Übung in der
Kanonbildung. So ist es bemerkenswert, dass die Ausgabe 2017 eine beträchtliche Anzahl
weiblicher Regisseure - ein Drittel des Hauptdarstellers - umfasst, die als politische Aussage
gelesen werden können, aber grundsätzlich eine Anerkennung exzellenter Arbeit ist.

Seit ich "Faces Places" bei seiner Premiere in Cannes im Mai gesehen habe, hat sich Frau Vardas
neueste Dokumentation auf meiner laufenden Liste der besten Titel des Jahres etabliert. Der Film
wurde mit dem französischen Künstler JR gedreht und ist ein entzückender, zärtlich
herzzerreißender Mäander durch Kunst, Leben, Geschichte, Erinnerung und Landschaft. Wie es
bei Frau Vardas Filmen oft der Fall ist, faltet sich diese auf verschiedenen Umwegen,
einschließlich eines Zwischenstopps in einem Schweizer Dorf, das ihr Gesicht mit einigen der
Geister, die sie heimsuchen, ergreifend berührt. Wie die meisten Auswahlen in der Hauptliste
erhält auch dieser eine amerikanische Version. Aber auf dem Festival können Sie auch die
Regisseure persönlich sehen; Wie viele der vorgestellten Teilnehmer werden Frau Varda und JR
bei ihren Vorführungen anwesend sein. (Der Film wird am 6. Oktober in New York eröffnet.)

„Spoor“, einer der besten filme des Festivals, hat noch keinen nationalen Filmverleiher bekommen,
also versuchen Sie unbedingt sich ein Ticket zu schnappen. Unter der Regie der polnischen
Filmveteranin Agniezka Holland („EuropaEuropa“) und ihrer Tochter Kassa Adamek eröffnet
„Spoor“ mit einer dunklen, märchenhaften Note mit einer Reihe von schaurig-schönen,
nebelverhangenen Landschaft. Der Film lebt sich schnell in das Leben von Janina (fantastisch
gespielt von Agnieszka Mandant )(?), einer pensionierten Ingenieurin Ingenieurin, die auf dem
Land in völliger Isolation mit ihren zwei Hunden lebt, die sie als ihre Ersatzkinder betrachtet. Als die
Hunde verschwinden, begibt sie sich auf eine seltsame, gelegentlich lustige und immer
gewalttätigere Reise in verschiedenste Herzen der Finsternis- sowohl in ihre eigene als auch die
von anderen- was in gleichermaßen emotionalem als auch politischen Sinn eine Wucht/kraftvoll ist.

Wie „Spoor“ ist auch der Film „Western“ von Valeska Grisebach keiner, der die Politik in den
Vordergrund stellt, sondern schleicht sie in eine täuschend oberflächlichen bescheidenen
Geschichte ein. Der Schauplatz hier ist eine Baustelle im ländlichen Bulgarien, wo deutsche
Arbeiter, alle männlich, ein Wasserkraftwerk bauen. Es dauert nicht lange, bis die gelangweilten
und isolierten Arbeiter anfangen sich schlecht zu Benehmen, sie belästigen weibliche
Schwimmerinnen, hissen die deutsche Flagge attackieren Einwohner, die zurückschlagen. Einer
der Deutschen (Meinhard Neumann, ein sehr großer Mann) sticht allerdings in einer Geschichte
heraus, die sich so vertraut wie ein John Ford Film anfühlen könnte, sollte jemand auf das Gefühl
von Heimatlosigkeit und Unzufriedenheit im zeitgenössischen Europa eingestellt sein. Ms.
Grisebach hat ein Gefühl für Stimmung, Ort und authentische vom Leben gekennzeichnete
Gesichter.

Zu den weiteren Höhepunkten dieser ersten Woche gehört Lucrecia Martels Film "Zama", eine
wunderbar aussehende, formal einfallsreiche und oft auch eine trocken-witzige Erkundung des
Kolonialismus, seiner Verbrechen und Absurditäten,der im 18. Jahrhundert in Südamerika spielt.
(Genau wie „Faces Places“ und „Spoor", verfügt "Zama" über unvergessliche Kurzauftritte von
Tieren, einschließlich eines neugierigen Lamas und eines edlen Pferdes.) "The Florida Project“, ein
Film, der auf 35-Millimeter gedreht wurde, erzählt eine wunderschöne, großzügige und oftmals
wilde Geschichte von Kindern, die versuchen es am Rande der Gesellschaft durchzuhalten. „Call
me by Your Name", der Neueste von Luca Guadagnino ("Ich Bin Liebe"), ist eine schmerzhafte,
göttlich gespielte Geschichte über das Erwachsenwerden eines Jugendlichen, der sich in einen
männlichen Studenten / Stipendiaten verliebt.
Um jedoch die komplette New York Film Festivalerfahrung zu erleben müssen Sie über des
Hauptprogramm hinausschauen. Das Festival hat seit langem zusätzliche Programme eingebaut,
die jetzt genauso wichtig für die Veranstaltung sind wie die andere sensationellere Filmaususwahl.
In diesem Jahr gab es eine Reihe von Restaurationen, eine schmackhafte Robert-Mitchum-
aufnahme / Abriss und verschiedene Gespräche auf der Bühne, unteranderem mit Ed Lachman
und Vittorio Storaro, zwei Superstar / berühmte -Kameramänner, deren Werke auch im
Hauptprogramm enthalten sind. Ms. Lachman, dessen außerordentliche Ausdrucksstärke in Todd
Haynes Werk '"Wonderstruck" zu sehen ist, bleibt dem drehen von Filmen treu. Der ebenso
versierte Mr. Storaro, der "Wonder Wheel" gedreht hat, hat mit Digitalkameras gearbeitet.

Eine viel verstörenderes Familienbild findet sich in einer anderen Spotlightauswahl: „Did you
wonder who fired the gun?“ der entschlossen unabhängige, amerikanische Filmemacher Travis
Wilkerson führte bei diesem Film, der auf einer wahren Begebenheit beruht, er berichtet nämlich
über dem Mord von 1946 bei dem ein schwarzer Mann von einem seiner Verwandten umgebracht
wurde. Mr. W leiht dem Film Seine Stimme als Erzähler aus und holt dabei das ausdrucksvollste
aus seiner tiefgründigen, und dunkel düster klingenden, bedeutsamen Stimme heraus. Dadurch
geht er durch eine persönliche und politische Reise durch das gespenstische
und durchwühlt das Persönliche und das Politische, reist durch unheimlich einsame Nebenwege
von Alabama und taucht tief in die schmerzvolle Geschichte ein. Das Ergebnis ist ein
eindringlicher, oft ätzender Blick auf Amerikas Vergangenheit und Gegenwart durch den
Blickwinkel von Familie, Patriarchat, weißer Vorherrschaft und afroamerikanischem Widerstand.

Mr. Wilkersons Film hätte auch in Projections, das selbsternannte experimentelle Programm des
Festivals oft auch ein guter Ort zum abhängen, miteingebet werden. Das diesjährige Angebot
umfasst eine Auswahl von Kevin Jerome Everson, einem Filmemacher und Künstler, der beim
Whitney Biennial ausgezeichnet wurde. Mr. Eversons stärkste Arbeit in Projektionen ist der
schwarz-weiß Film "Tonsler Park", eine rigorose, scheinbar geradlinige 80-minütige Untersuchung
der Politik des täglichen Lebens in erster Linie durch schwarze männliche und weibliche
Umfragearbeiter in Charlottesville, VA, am Nov. . 8, 2016. Das gesamte Stück besteht aus meist
Frontalaufnahmen, die mit einer weitgehend fixierten Kamera aufgenommen und von einer herrlich
plappernden Stimmung begleitet werden.

You might also like