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E 13.

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So kommen Sie ins Gespräch
Tipps für Ihren Vortrag vor Laien

Jürg Häusermann

Fachfremde Zuhörer können ein dankbares Publikum sein, wenn Sie sie ernst nehmen und wenn
Sie sie verständlich ansprechen.
Um Ihr Publikum ernst zu nehmen, müssen Sie sich bewusst machen, dass Sie es mit Bürgern zu
tun haben, die die Verantwortung für Ihre Forschung mittragen. Sie stehen zwar am Rednerpult,
aber Sie treten in einen Dialog, der schon längst begonnen hat.
Damit Ihr Stoff verständlich wird, müssen Sie ihn drastisch reduzieren. Aber um Ihr Publikum
wirklich anzusprechen, müssen Sie auch bereit sein, persönlich zu werden und etwas von sich
preiszugeben.

Gliederung Seite

1. Dialog auf zwei Ebenen 2


2. Bereiten Sie den Inhalt auf 4
2.1 Ihr Kommunikationsziel 4
2.2 Ihre Hauptbotschaft 5
2.3 Der Aufbau 6
3. Auch sprachlich, sprecherisch, körpersprachlich: bereit zum Dialog 9
3.1 Sprachlich: am Alltag orientiert 9
3.2 Sprecherisch: fragend, antwortend, bekennend 10
3.3 Körpersprachlich: entgegenkommend 11
4. Visualisieren Sie mit Bedacht 12
4.1 Sparsam gestalten 13
4.2 Bilder mit dem Publikum interpretieren 14

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E 13.1 Werkzeugkasten: Welche Instrumente wofür?

Vortrag für Fachfremde

1. Dialog auf zwei Ebenen


Dialog auf der Mit Ihrem Vortrag tragen Sie Ihr Thema an die Öffentlichkeit. Dabei
gesellschaftlichen Ebene sind Sie, die Rednerin oder der Redner, ohne Zweifel die Hauptper-
son. Dennoch ist Ihre Rede ein Teil eines gesellschaftlichen Dialogs.
Die Leute, die heute vor Ihnen sitzen, werden morgen mit ihrer Stim-
me über den Fortgang der Forschungspolitik entscheiden. Und über-
morgen werden Sie zusammen mit ihnen bei irgendeinem anderen
Thema ebenso sehr Laie sein und sich ebenso sehr wie sie an der Sa-
che beteiligt oder übergangen fühlen. Genau genommen, brauchen Sie
also nicht mehr in den Dialog einzutreten; Sie sind bereits im Dialog.

Dialog während des Dies sollte sich auch auf der konkreten Ebene Ihres Vortrags ausdrü-
Vortrags cken. Auch da treten Sie einerseits als Fachperson auf, deren Kompe-
tenz gefragt ist. Andererseits aber klappt jedes kommunikative Vermit-
teln – jedes Lehren, Informieren, Präsentieren – nur, wenn ein Aus-
tausch zustande kommt.

Ihre Zuhörer haben ihre eigenen Erfahrungen. Wenn es Ihnen gelingt,


diese im Vortrag zu berücksichtigen, werden beide Seiten mehr profi-
tieren. Natürlich bringen Ihre Zuhörer auch ihre Vorurteile und Miss-
verständnisse mit. Aber manchmal ist, was sie sagen, nicht nur unan-
genehm, sondern auch realistisch.

Sie können Ihr Publikum in die Verantwortung für den Ablauf Ihres
Vortrags einbeziehen. Zwar sind für seinen informativen Gehalt immer
Sie selbst verantwortlich; aber für anderes sind Ihre Zuhörer mindes-
ten so kompetent – etwa dann, wenn es darum geht, die gesellschaftli-
chen Konsequenzen zu diskutieren. Und natürlich kann die Beteili-
gung des Publikums den Lernertrag vergrößern.

Möglichkeiten, den Wesentlich ist, dass Sie die Art des Dialogs, den Sie ermöglichen wol-
Dialog zu planen len, ebenso sorgfältig planen wie den inhaltlichen Gehalt Ihres Vortrags:

• Planen Sie nicht nur den inhaltlichen, sondern auch den dialogi-
schen Ablauf: Wie interaktiv soll der Vortrag sein und wie vermit-
teln Sie dies Ihrem Publikum?
• Widmen Sie besondere Sorgfalt dem Dialoginstrument Frage: In
welchen Situationen werden Sie eine Frage stellen? Mit welcher
Absicht? Was sollen die Zuhörer mit Ihren Antworten beitragen?
• Fragen Sie sich nicht nur, mit welcher Hauptaussage Ihr Vortrag
aufhören soll, sondern fragen Sie sich auch, mit welcher Aktivität
des Publikums er aufhören soll.

Handout E 13.1-1 Möglichkeiten, den Dialog zu planen

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Werkzeugkasten: Welche Instrumente wofür? E 13.1

Vortrag für Fachfremde

Führen Sie dialogische Elemente so früh wie möglich ein


Wahrscheinlich zählen Sie darauf, dass schon während Ihres Vortrags
Reaktionen aus dem Publikum kommen. Sie stellen z. B. Fragen und
hoffen auf Antworten. Sorgen Sie deshalb dafür, dass das Publikum
gleich in den ersten Minuten aktiv wird! Es müssen nicht unbedingt
Antworten auf Fragen sein; auch viel anderes ist möglich, z. B.:

Was aus dem Publikum


• Lachen zurückkommt
• Applaus
• Handheben
• Zwischenruf
• Platzwechsel
• Kurze Frage-Antwort-Sequenz mit dem Sitznachbarn

Stellen Sie nur Fragen, deren Antworten Sie interessieren


Das wohl wichtigste verbale Mittel des Dialogs ist die Frage. Deshalb
stellen leider viele Redner Fragen um des Fragens willen – und sind
enttäuscht, wenn sie keine Antworten bekommen.

Dies geschieht oft dann, wenn leicht zu erkennen ist, dass der Redner
die Frage aus rein taktischen Gründen einsetzt. Die Frage soll nur die
Eintönigkeit des Vortrags unterbrechen, führt aber nirgendwo hin. Zu
diesem Typ gehören alle Fragen, deren Antworten Sie bereits kennen.
("Wie wird wohl der Begriff X von der Wissenschaft definiert?" –
"Welches ist der Hauptbestandteil des Medikamentes Y?" – "Wo fand
die entscheidende Schlacht um Z statt?")

Wählen Sie stattdessen echte Fragen – solche, auf deren Antworten Fragearten während
Sie selbst gespannt sein können. Und wählen Sie Fragen, deren Ant- des Vortrags
worten weiterführen:

Fragearten während des Vortrags


• Stellen Sie Fragen, die subjektiv beantwortet werden können. (Nicht: "Welches ist die wichtigste
Art der Geldanlage?" Sondern: "Welches ist für Sie die wichtigste Art der Geldanlage?")
• Stellen Sie eher offene statt geschlossene Fragen. Eine offene Frage ermöglicht längere, indivi-
duelle Antworten (z. B.: "Wie bringen Sie Ihr Pferd dazu, in den Anhänger zu gehen?"). Eine ge-
schlossene Frage zielt auf eine eng definierte Antwort ab (z. B.: "Was spritzen Sie Ihrem Pferd,
wenn Sie die Nerven verloren haben?") bzw. auf ein Ja oder ein Nein.
• Stellen Sie Fragen, deren Antworten Sie notieren, systematisieren und auswerten können (z. B.:
"Was alles gehört für Sie zum Phänomen X?").

Handout E 13.1-2 Fragearten während des Vortrags

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Werkzeugkasten: Welche Instrumente wofür? E 13.1

Vortrag für Fachfremde

Literaturhinweise

[1] Davis, Martha: Scientific Papers and Presentations. Burlington; San Diego;
London. 2. Aufl. 2004
[2] Häusermann, Jürg / Käppeli, Heiner: Rhetorik für Radio und Fernsehen. Aarau;
Frankfurt/Main. 2. Aufl. 1993.
[3] Hey, Barbara: Präsentieren in Wissenschaft und Forschung. Weinheim. Wiley-
VCH. 1. Aufl. 2008

Informationen zum Autor:


Jürg Häusermann, geboren 1951 in Winterthur, ist Professor für Medienanalyse und Medienpro-
duktion an der Universität Tübingen. Er bildet seit bald 30 Jahren Journalistinnen und Journalisten
aus und gibt hochschuldidaktische Kurse im Bereich Rhetorik. Jürg Häusermann ist u. a. Autor der
Lehrbücher „Rhetorik für Radio und Fernsehen" (mit Heiner Käppeli) und „Journalistisches Texten".

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