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AU F N A H M E T E C H N I K

Der gemessene Motivkon-


trast betrug nur 3 Blenden
Differenz (= 4 Zonen), so dass
ich eine N+2 Entwicklung
riskierte, um insbesondere
die stark vergilbten Ziffer-
blätter deutlich aufzuhellen.
Selbst bei Mittelformatauf-
nahmen ist eine N+2 Ent-
wicklung oft bereits grenz-
wertig, weil das Korn sehr
schnell zu groß werden kann.
Meine Bedenken bei der
Aufnahme erwiesen sich
jedoch als unbegründet, was
ich vor allem der super-fein-
körnigen „Idealkombination“
Delta 100 in XTOL 1+1 zugute
halte. Aufgenommen im Mit-
telformat mit einem 135 mm
Makro-Objektiv bei Blende
16, Delta 100 in XTOL 1+1
und auf Moersch Select Sepia
in Separol HE vergrößert;
abschließend selengetont.

Schritt für Schritt zum Zonensystem (1)

Mit Systematik zu
besseren Fotos
An Literatur und Informationen zum Zonensystem mangelt es nicht
– angefangen bei den Werken von Altmeister Ansel Adams, der die-
ses Verfahren, wenn auch nicht erfunden, so aber doch verbessert
und populär gemacht hat, bis hin zu den Büchern und Workshops
von Andreas Weidner und anderen Autoren und Referenten. Sie alle
vermitteln das Know-how sowohl in der Theorie als auch in der
Praxis. Man sollte meinen, damit sei alles gesagt – und doch kann
es nicht oft genug betont und beschrieben werden, wie man mit
konsequenter Anwendung des Zonensystems zuverlässig und präzi-
se zu besseren Ergebnissen kommt. Mit diesem Beitrag startet eine
mehrteilige Serie von Wolfgang Mothes, einem ausgewiesenen
Praktiker, zu Prinzip und Anwendung des Zonensystems.

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DAS ZONENSYSTEM. UM KEINEN Foto-Massenmarktes im kleiner gewordenen


anderen Begriff in der Schwarzweißfotografie Bereich der klassischen Schwarzweißfotogra- Bei diesem in der beginnenden
ranken sich so viele Mythen. Alle kennen ihn, fie eine bewusste Rückbesinnung auf die tra- Dämmerung aufgenommen Bild
und nur die Wenigsten wissen ganz genau, ditionellen Werte eingesetzt hat. Was genau ergab die Kontrastmessung einen
was es damit auf sich hat. Ein Fotograf, der ist denn das Zonensystem, werden Sie viel- leicht erhöhten Kontrast, so dass
das Zonensystem beherrscht und anwendet, leicht fragen. Wenn man versucht, diese eine N-1 Entwicklung, die die
gilt als ein Könner und als Meister seines Frage möglichst einfach zu beantworten, so Lichter um eine Zone komprimiert,
Fachs. Ob zu recht oder zu unrecht, werden könnte man sagen: gewählt wurde. Die Spitzlichter in
wir noch sehen. Das Zonensystem ist ein Belichtungs- und Ent- der Mitte des Bildes anzumessen,
Das Zonensystem ist alt, sehr alt sogar. Seit wicklungsverfahren in der Schwarzweißfoto- wäre ein Fehler gewesen, der
seiner Systematisierung durch Altmeister grafie, mit dessen Hilfe der Fotograf ein Ne- einen viel zu hohen Kontrast sug-
Ansel Adams in den vierziger Jahren des ver- gativ mit einem möglichst großen Tonwert- geriert hätte. Spitzlichter werden
gangenen Jahrhunderts, hat die Fototechnik umfang erhält, das dem Motivkontrast ange- bei einer Kontrastmessung grund-
auch im Bereich der Filme, Entwickler und passt ist und das sich ohne Verluste in den sätzlich nicht berücksichtigt.
Fotopapiere einen enormen Entwicklungs- Lichtern und Schatten und ohne größere Ma- Aufgenommen im Kleinbildformat
sprung gemacht. Ist das Zonensystem daher nipulationen beim Positivprozess auf Fotopa- mit einem 19 mm Objektiv bei
überhaupt noch aktuell und notwendig? pier mittlerer Gradation kopieren lässt. Um Blende 8, Delta 100 in XTOL 1+1
Wenn man seine Bedeutung daran misst, wie dies zu erreichen, wird bereits bei der Aufnah- kontrastreduziert entwickelt (N-1)
oft es in der zeitgenössischen Schwarzweiß- me der Motivkontrast mit Hilfe eines Spotbe- und auf Moersch Select Sepia mit
fotografie erwähnt und diskutiert wird, so lichtungsmessers ausgemessen und die Film- Separol HE vergrößert; abschließend
scheint es aktueller zu sein als je zuvor. Viel- entwicklung an den gemessenen Motivkontrast selengetont.
leicht liegt diese Aktualität auch daran, dass angepasst. Ist der Motivkontrast zu niedrig, so
in Zeiten der Digitalisierung des gesamten wird der Film anschließend kontraststeigernd

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Dieses über 25 Jahre alte Bild


soll als Beweis dafür dienen,
dass es letztlich weniger auf das
Zonensystem als auf das Auge
des Fotografen ankommt. Ja,
auch diese Erkenntnis gehört
unbedingt in eine Darstellung
des Zonensystems, das nicht per
se zu guten Bildern führt.
Ich hatte damals während mei-
nes Studiums für eine Tages-
zeitung als Fotoreporter gearbei-
tet und kam mit dem Wagen rein
zufällig an dieser Szenerie vor-
bei. Ich selbst wäre vorbei ge-
fahren, wenn mich nicht meine
Frau, die mich begleitete, auf
dieses Motiv aufmerksam ge-
macht hätte. Sofort anhalten,
aus dem Auto springen und fo-
tografieren – ohne auch nur den
geringsten Gedanken an den
Motivkontrast, Tonwerte und
Zonen zu verschwenden – war
eines. Aufnahmedaten liegen mir
keine mehr vor, außer: FP-4 in entwickelt, ist er zu hoch, was viel öfter vor- werte eines Motivs individuell vorherbestim-
Emofin entwickelt. kommt, so erfolgt eine kontrastsenkende men und entsprechend den eigenen Vorstel-
Entwicklung. Durch vorhergehende Tests sei- lungen im Bild unabhängig voneinander dar-
ner Gerätschaften und seiner Film- stellen kann. Natürlich funktioniert es nicht,
/Entwicklerkombination kann der Fotograf in demselben Bild ein mittelgraues Auto
vorhersehen und auch in gewissen Grenzen strahlend weiß und ein daneben stehendes
dabei bestimmen, wie die Tonwerte seines beiges Taxi abgrundtief schwarz erscheinen zu
Motivs im späteren Print wiedergegeben wer- lassen. Das wäre Zauberei und von Zauberei
den. Wenn ich schreibe „in gewissen Gren- ist das technisch-wissenschaftlich geprägte
zen“ so meine ich damit, dass es natürlich Zonensystem weit entfernt. Sie müssen sich
keinen Sinn ergibt, mit Hilfe des Zonensy- also schon für einen bestimmten Tonwert als
stems einen Rappen zu einem Schimmel ma- Richttonwert entscheiden, den Sie exakt be-
chen zu wollen. Ein solchermaßen manipulier- stimmen wollen; alle anderen Tonwerte im
tes Bild wäre hoffnungslos überbelichtet, ent- Bild folgen dann der Richtung des von Ihnen
hielte keine Schwärzen und wäre daher nur vorgegebenen Tonwertes und ordnen sich ihm
des Papierkorbs würdig. Man kann aber sehr zwangsläufig unter. Eine Ausnahme davon,
wohl entscheiden, ob man z.B. ein dunkles dass man nicht mehrere Tonwerte unabhängig
Motivteil sehr dunkel, fast ohne Zeichnung voneinander bestimmen kann, macht aller-
darstellen möchte, oder ob es noch voll dings die Lichterdarstellung durch die Ver-
durchgezeichnet sein soll – gleiches gilt im kürzung oder Verlängerung der Entwick-
übrigen für alle Tonwerte – bzw. wie die Ge- lungszeit. Hiermit können wir – selbstredend
samtcharakteristik eines Bildes ausfallen soll: auch nur in gewissen Grenzen – das Verhält-
Schwer und dramatisch oder leicht und luftig. nis von Schatten zu den Lichtern, also das
An dieser Stelle möchte ich aber gleich eine Verhältnis dunkler und heller Tonwerte zuein-
weit verbreitete Meinung verabschieden, wo- ander, steuern, so dass die vorher getroffene
nach man mit dem Zonensystem alle Grau- Aussage, dass man sich stets für einen Ton-

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wert entscheiden muss, streng genommen


nur für eine Belichtung ohne eine anschlie-
ßende modifizierte Entwicklung gilt.

Systematisches Arbeiten

Das Zonensystem hat also, sein Name sagt es


bereits, sehr viel mit Systematisierung und
auch mit Standardisierung zu tun. Fotografen,
die nicht willens oder in der Lage sind, syste-
matisch zu arbeiten, sollten sich gar nicht erst
daran versuchen. Ob sie deshalb traurig sein
müssen, ist eine ganz andere Frage und hängt
ganz stark davon ab, welche Richtung der
Fotografie bzw. welche Motive sie bevorzu-
gen. Für Fotografen, die Zeit und Ruhe ha-
ben, vor der Aufnahme den Motivkontrast
auszumessen und zu bewerten und die Film-
entwicklung davon abhängig zu machen,
macht das Zonensystem durchaus Sinn. In
weiten Bereichen der Fotografie – z.B. in der
Reportage- oder Street-Fotografie – bleibt gar
keine Zeit hierfür, weil der Fotograf spontan
reagieren und „zupacken“ muss und natürlich
nicht erst auf eine vorhergehende Bestim-
mung des Motivkontrastes warten kann.
Über eines müssen wir uns von vornherein im
Klaren sein: Das Zonensystem macht aus ei-
nem uninspirierten Fotograf keinen Meister-
fotografen, und umgekehrt geht die Anzahl Motivklingel, die hoffentlich im Kopf eines
von meisterhaften Fotografien, die im Laufe jeden Fotografen zu schellen anfängt, wenn Insbesondere wenn es darum geht,
der Fotogeschichte gänzlich ohne das Zonen- er auf ein gutes Motiv trifft. Andererseits ver- den Kontrast durch die Dimmung
system entstanden sind, sicherlich in die Hun- setzt uns das Zonensystem in die Lage, zum der Lichter zu senken, leistet ein
derttausende. Tante Emma an ihrem achtzig- Regisseur über die Tonwerte zu werden, in- moderner Zweibadentwickler wie
sten Geburtstag auf dem Sofa unter dem Bild dem wir diese nach unseren Vorstellungen der MZB von Moersch-Photochemie,
mit dem röhrenden Hirsch wird sicher auch manipulieren können. Kreativität und Zonen- der sich im übrigen im Vergleich zu
unter Anwendung des Zonensystems die Fo- system sind also keinesfalls feindliche Brüder. anderen Zweibadentwicklern auch
togeschichte nicht wirklich bereichern. Das Im Gegenteil: Richtig angewandt gibt uns das sehr gut abstimmen lässt, Hervor-
Zonensystem ist ein stringentes Regelwerk. Zonensystem Gestaltungsmöglichkeiten, die ragendes. Zwar weist dieses Motiv
Man fragt sich daher unwillkürlich: Passen wir ohne es nicht in gleichem Ausmaß hätten. nur einen geringen Kontrast auf, ich
denn strenge Regeln und Kreativität über- Trifft diese Aussage angesichts der techni- wollte es aber aus Gründen der
haupt zusammen? Entsteht denn das Außer- schen Entwicklung überhaupt noch zu bzw. Leichtigkeit in die höheren Zonen le-
gewöhnliche oftmals nicht erst durch die brauchen wir das Zonensystem heutzutage gen. Daher war ein Zurücknehmen
Durchbrechung von Regeln? Die Fotografie wirklich noch? Gute Frage, die sich mit einem der Lichter durchaus angesagt.
kann eine Kunstform sein, und was wäre die kategorischen „Jein“ beantworten ließe. Beachten Sie bei dem Bild bitte die
Kunst, wenn sie sich in ein Korsett fester Re- „Ja“ deshalb, weil es uns in die Lage versetzt, Fenster und die darin noch deutlich
geln und Konventionen zwängen ließe? Dies dass – geeignete Motive und Ruhe beim Foto- sichtbaren Trittgitter, die gerade
sollten wir immer im Hinterkopf behalten, grafieren vorausgesetzt – eine mangelnde Fo- richtig gezeichnet sind – und alles
wenn wir uns mit einem Regelwerk wie dem totechnik unseren Bildideen nicht länger im ohne Zonensystem. Delta 100 in
Zonensystem beschäftigen und seine Vorteile Wege stehen wird. Wir erhalten durch das MZB, Moersch Select Sepia in
für uns nutzen wollen. Das Zonensystem ist Beherrschen des Zonensystems eine enorme Separol NE, selengetont.
kein Selbstzweck und ersetzt keinesfalls die Belichtungssicherheit, die es uns ermöglicht,

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deutlich höheren „Verständnisebene“ zu foto-


grafieren. Auf einen Nenner gebracht: Unsere
Fototechnik wird sich auf allen Ebenen deut-
lich verbessern, weil wir die Grundlagen der
Schwarzweißfotografie begriffen haben und
sie sicher und vorhersehbar für unsere Bild-
ideen nutzen können. Die zwangsläufig be-
dächtige Arbeitsweise führt weiterhin dazu,
dass wir uns eingehend mit unserem Motiv
auseinandersetzen können. Ganz nebenbei
wird dadurch auch Material eingespart, und
es werden Schnellschüsse vermieden, die sich
im Nachhinein als unbefriedigend erweisen.
„Nein“ deshalb, weil moderne Filme und Ent-
wickler gemeinsam einen Belichtungsumfang
erreichen, von denen der gute Ansel Adams
zu seinen Zeiten nur geträumt hätte. Lichter
der Zonen XI und XII werden heute ohne Pro-
bleme aufgezeichnet und lassen sich mit et-
was Geschick – oft reicht schon einfaches
Nachbelichten mit weicher Gradation – auch
zu Papier bringen. Stichwort „Nachbelichten
mit weicher Gradation“: Damit wären wir
schon bei den kontrastvariablen Barytpapieren
angekommen, die eine solche Revolution dar-
stellen, dass man auf den kleinen Teil des
Zonensystems, der sich mit der Positivtechnik
auseinandersetzt, wirklich getrost verzichten
kann. Wir sind also heute auf das Zonen-
system keinesfalls mehr im gleichen Ausmaß
angewiesen, wie das die altvorderen Licht-
bildner noch waren.

Nach wie vor aktuell

Dennoch: Die Stärken des Zonensystems kom-


men auch heute noch zum Tragen. Moderne
Papiere hin, moderne Papiere her: Ohne ein
gutes Negativ können Sie sich in der Dunkel-
kammer abmühen wie Sie möchten, Sie wer-
den es zu keinem befriedigenden Bild brin-
gen. Das Zonensystem verhilft uns zu solch
Das Bild habe ich mit Hilfe eines auch bei schwierigen Kontrastverhältnissen guten, kontrastangepassten Negativen, die
kombinierten Rot- und Polarisati- gänzlich auf Belichtungsreihen zu verzichten – einen größtmöglichen Informationsgehalt auf-
onsfilters aufgenommen. Beim Zo- die ja bei Negativfilmen ohnehin nur das weisen und sich leicht vergrößern lassen. Was
nensystem mit seinen festgelegten (kleinlaute) Eingeständnis sind, das wir unsere der einzelne Fotograf dann in der Dunkel-
Tonwerten führen Kontrastfilte- Fototechnik nicht richtig im Griff haben. Da- kammer aus diesen Qualitätsnegativen macht,
rungen zu erheblichen Tonwertab- rüber hinaus gewinnen wir Erkenntnisse über ob er sich darauf beschränkt, möglichst alle
weichungen einzelner Grauwerte, die Sensitometrie, also über das Schwärzungs- gespeicherten Informationen im Bild 1:1 wie-
die wir vom Zonensystem her verhalten von Fotoemulsionen in Abhängig- derzugeben – was mitunter sogar etwas lang-
anders kennen und daher mögli- keit von der auf sie auftreffenden Lichtmen- weilig wirken kann – oder ob er sich die Frei-
cherweise falsch einschätzen. ge, die es uns ermöglichen, künftig auf einer heit nimmt, das Negativ nach seinen Vorstel-

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lungen zu interpretieren, ist dann seine Sache. ist allerdings erheblich umständlicher und bil-
Das Negativ wird ihn jedenfalls nicht ein- det daher eine Fehlerquelle, die mit einem Das Motiv war sehr kontrastarm,
schränken. Es ist ein solides Fundament, auf Spot-Handbelichtungsmesser von vornherein weil es sich fast nur aus dunklen
dem sich jedwedes Haus – vom Bungalow bis ausgeschaltet ist. Weiterhin sollten Sie Zugang Tonwerten zusammensetzte. Ich ha-
zum Hochhaus – errichten lässt. zu einem Densitometer haben, mit dem Sie be mit einer N+1 Entwicklung er-
Was benötige ich an Foto-Equipment, wenn ich bei den später noch im einzelnen zu bespre- reicht, dass die wenigen hellen Ton-
nach dem Zonensystem fotografieren möchte? chenden Tests Ihrer Film-/Entwicklerkombina- werte angehoben wurden, was dem
Fangen wir beim billigsten Utensil an, einer tion die Dichtemessungen der Testnegative Motiv zu einer stimmigeren Ober-
Kodak-Graukarte. Nun wird’s deutlich teurer, vornehmen werden. Entweder Sie leihen sich flächenstruktur verhalf. Aufge-
denn Sie benötigen einen Spot-Belichtungs- einen solchen oder, noch besser: „schießen“ nommen im Mittelformat mit einem
messer mit einem Messwinkel von 1 Grad. Sie sich doch einfach einen Densitometer bei 135 mm-Makroobjektiv bei Blende 8
Dieser ist unabdingbar. Am besten geeignet eBay! Dort sind sie in der Regel recht günstig auf Delta 100, in X-tol 1+1 ent-
sind Spot-Handbelichtungsmesser, aber auch zu bekommen. Da das Zonensystem im We- wickelt und auf Moersch Select
in der Kamera eingebaute Spotmessungen sentlichen darauf basiert, dass jedes einzelne Sepia in Separol HE vergrößert, zum
sind mit Abstrichen tauglich. Ihre Handhabung Negativ speziell nach dem bei der Aufnahme Abschluß selengetont.

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Auch nach Ansel Adams sollen als


Ergebnis des Zonensystems keines-
wegs nur Bilder entstehen, die von
den tiefsten Schatten über eine
reichliche Anzahl von mittleren
Tonwerten bis zu den hellsten
Lichtern reichen. Ein großer Vorteil
des Zonensystems besteht gerade
darin, dass man einen gewünschten
Tonwert bewusst herbeiführen
kann. Bei diesem Motiv war der
Kran in Wirklichkeit sehr viel heller,
als ich ihn geprintet habe.
Ich wies ihm einfach die Zone IV zu
und eliminierte ein restliches, nur
ganz leicht angedeutetes Himmels-
blau durch die Verwendung eines
Blaufilters. Den gänzlich weißen
Himmel besorgte dann eine N+1
Entwicklung.
Aufgenommen im Mittelformat mit
einem 45 mm-Objektiv bei Blende 8
und Blaufilter, Delta 100 in XTOL vorhandenen Motivkontrast entwickelt wird, me vermerkt – unterschiedlich entwickelt. Ich
1+1 kontraststeigernd entwickelt benötigen Sie entweder eine Großbildkamera, rate allerdings dringend von dieser Methode
(N+1) und auf Moersch Select Sepia deren Planfilme bekanntlich ohnehin einzeln ab, denn es ist ein ziemliches Gefummel; zu-
mit Separol HE vergrößert; ab- entwickelt werden oder eine Mittelformat- dem ist mir bei eigenen Versuchen immer
schließend selengetont. kamera mit austauschbaren Filmmagazinen. wieder der Spiegel herunter geklappt, noch
Bei der Benutzung von Kleinbildkameras wer- während der Finger im Spiegelkasten war
den Sie nicht umhin kommen, sich wenig- oder der klebende Markierungsstreifen ist
stens drei Gehäuse anzuschaffen. Eins für vom Finger geglitten und vagabundiert im
normale Kontrastsituationen, eins für hohe Kameragehäuse herum – insgesamt keine
Motivkontraste und eins für niedrige. Ideal sehr empfehlenswerte Vorgehensweise.
wären allerdings fünf Gehäuse, da das Zonen- Dass Sie grundsätzlich ein stabiles Stativ ver-
system von fünf verschiedenen Kontrastsitua- wenden, unterstelle ich einfach, denn das
tionen ausgeht. Auch hierbei kann eBay hel- Stativ ist (auch ohne das Zonensystem) einer
fen, die Kosten in Grenzen zu halten (die der wichtigsten Garanten für Qualitätsfoto-
zweiten und dritten oder gar vierten und grafie.
fünften Gehäuse können ja ruhig ganz einfa- Sind denn alle Filme und Entwickler für das
che Modelle sein, denn Sie arbeiten ja ohne- Zonensystem geeignet? Ansel Adams konnte
hin vollkommen manuell, so dass Sie auf teu- nur auf die Filme seiner Zeit zugreifen: Ein-
ren Schnickschnack verzichten können). schichtige Filme mit dicken Emulsionen. Heut-
Manchmal kann man lesen, dass sich Besitzer zutage sind dünnschichtige Filme – oftmals
von Kleinbildkameras ihre Filmabschnitte, die mit definierten Kristallstrukturen wie die Del-
unterschiedliche Motivkontraste enthalten, tas von Ilford oder Kodaks T-Mäxe – die Re-
durch auf den Film geklebte Markierungen, gel. Klassisch aufgebaute Filme wie z.B. Il-
die bei abgenommenem Objektiv und mit in fords Pan F, FP-4 und HP-5 oder auch die
B-Stellung geöffnetem Verschluss auf den Agfapans sind allemal geeignet für das Zo-
Film geklebt werden, kennzeichnen könnten. nensystem mit seinen je nach Motivkontrast
In der Dunkelkammer werden die solcherart modifizierten Entwicklungen. Es besteht aber
markierten Filmabschnitte dann ertastet, zer- kein Grund, die Deltas oder T-Mäxe zu mei-
schnippelt und – wie vorher bei der Aufnah- den, sofern Sie – und das müssen Sie ohne-

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hin, wenn Sie das Zonensystem anwenden äußerst gewissenhaft die einmal erarbeiteten
möchten – die einzelnen Entwicklungspara- Methoden ein, und bleiben Sie bei Ihrem Ma- Ein klassisches Beispiel für die Not-
meter wie z.B. die Temperatur oder auch die terial, egal, ob in der Fotozeitschrift mal wie- wendigkeit einer N-2 Entwicklung
Kippbewegung exakt und reproduzierbar ein- der ein neuer Wunder-Entwickler oder -Film zeigt dieses Bild eines Bahnhofsauf-
halten. Ich verwende ausschließlich den Delta propagiert wird. Am erfolgreichsten wird auf zuges. Ohne eine stark kontrastre-
100, der sich sehr gut für das Zonensystem Dauer derjenige Fotograf sein, der seine Ma- duzierende N-2 Entwicklung wären
eignet. terialien in- und auswendig kennt. Das ist ein die Lichter hoffnungslos ausgefres-
Wählen Sie als Entwickler am besten einen ganz wichtiger Tipp, den Sie unbedingt be- sen gewesen. Im Nachhinein hätte
sogenannten Feinkorn-Ausgleichsentwickler achten sollten. Standardisierung und Metho- ich zusätzlich zu der N-2 Entwick-
wie z.B. den bewährten Kodak D-76 oder den dik sind absolute Erfolgsgaranten in der an- lung sogar eine Vorbelichtung des
baugleichen ID-11 von Ilford. Eine Entwick- spruchsvollen Schwarzweißfotografie. Negativs bei anschließender Verkür-
lungsgeneration weiter ist der von mir für das zung der Belichtung um einen Blen-
Zonensystem ausschließlich genutzte Kodak Text und Fotos: Wolfgang Mothes denwert vornehmen sollen. Dies
XTOL-Entwickler, den ich in der Verdünnung www.wolfgangmothes.de hätte dann zusammen mit der N-2
1+1 einsetze und der in der Verbindung mit Entwicklung die Lichter um 3 Zonen
dem Delta 100 meines Erachtens eine Ideal- komprimiert und dennoch an der
Der zweite Teil dieser Serie stellt in in der kommenden
Kombination darstellt. Schattenbelegung nichts geändert,
Ausgabe die Zonen vor und erklärt das Zusammenspiel
Überhaupt gilt: Standardisieren Sie Ihre Ar- weil sie durch die Vorbelichtung um
zwischen Belichtung und Entwicklung.
beitsabläufe so weit wie möglich, halten Sie eine Zone aufgehellt worden wären.

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Dieses Motiv hatte weni-


ger Kontrast als man auf
den ersten Blick vermuten
könnte. Durch eine N +1
Entwicklung habe ich die
Tonwerte expandiert, wo-
durch insbesondere die
Zifferblätter spürbar auf-
gehellt worden waren. Ein
partielles Nachbelichten
der Ziffernblätter mit har-
ter Gradation führte dann
zu der gewünschten Dar-
stellung der Zeiger und
Skalen. Aufgenommen im
Mittelformat mit 135 mm–
Makroobjektiv bei Blende
11, Delta 100 entwickelt in
XTOL 1+1 und vergrößert
auf Moersch-Select-Sepia
in Separol HE, abschlie-
ßend selengetont.

Schritt für Schritt zum Zonensystem (2)

Kontraste und
Tonwerte im Griff
Im ersten Teil seiner Fortsetzungsserie über das Zonensystem hat Wolfgang
Mothes die Grundlagen dieses klassischen Verfahrens vorgestellt, mit dem
man bei systematischer Anwendung zu hervorragend modulierten Negati-
ven kommt. Sie bilden die Grundlage für Vergrößerungen mit größtmögli-
chem Tonwertumfang. In dieser Folge stellt Wolfgang Mothes die einzelnen
Zonen vor und erklärt, wie man zu ihnen gelangt. Dabei geht er auch auf
das Zusammenspiel von Belichtung und Entwicklung ein, das für die an-
spruchsvolle Schwarzweißfotografie von grundlegender Bedeutung ist.

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ARCHIMEDES SOLL EINMAL GESAGT HABEN: schen Kunstfertigkeit bleibt es dann überlassen,
„Gebt mir einen festen Punkt und ich werde die wie wir dieses Ergebnis interpretieren und das Bei diesem Motiv kam es mir
Erde aus den Angeln heben“. Messergebnis des Belichtungsmessers entspre- darauf an, den Innenraum der
Ähnlich verhält es sich mit dem Zonensystem. Es chend unseren Vorstellungen korrigieren. Kirche dunkler darzustellen als
funktioniert nur, wenn es sozusagen „einen festen vor Ort vorgefunden und den
Punkt“, der hier ein allgemeingültiger Standard Elf Zonen von Weiß bis Schwarz Kontrast zu den Lichtern, der
für Motivhelligkeiten sein müsste, gibt, den jeder gar nicht so groß gewesen war,
kennt und von dem aus sich alle anderen Motiv- Kommen wir nun zu den Zonen. Das Zonensy- zu erhöhen. Ich habe daher
helligkeiten einordnen und beschreiben lassen. stem teilt die Motivhelligkeiten zwischen Schwarz knapper belichtet als gemessen
Zum Glück haben wir Fotografen einen solchen und Weiß in 11 Gruppen (Zone 0 bis Zone X), die und durch eine N+1 Entwicklung
Fixpunkt, nämlich die Graukarte, die genau 18% als Zonen bezeichnet werden. Genau in der Mitte die Lichter aufgehellt, was fast
des auf sie treffenden Lichtes reflektiert. Auf die- dieser Skala liegt die Zone V. Die Zone V ent- des Guten zuviel war.
ses 18-prozentige Grau, das so genannte Neutral- spricht exakt dem oben beschriebenen 18-pro- Aufgenommen im Mittelformat
grau, sind alle Belichtungsmesser geeicht. Egal zentigen neutralen Grau, das uns der Belich- mit 45 mm–Objektiv bei
welche Motivhelligkeiten jeweils vorhanden sind, tungsmesser liefert, wenn eine Graukarte oder Blende 8, Delta 100 entwickelt
der Belichtungsmesser wird uns in Abhängigkeit ein anderes gleichmäßig helles Motiv (z.B. eine in XTOL 1+1 und vergrößert auf
von der eingestellten Filmempfindlichkeit eine weiße Wand oder eine schwarze Fläche) ange- Moersch-Select-Sepia in Separol
Zeit-/Blendenkombination liefern, bei der die messen wird. HE, abschließend selengetont.
unterschiedlichen Helligkeitswerte des angemes- Verkürzen wir nun das Messergebnis um einen
senen Motivs zu einem durchschnittlichen Grau Blendenwert (oder auch um einen Zeitwert), so
gemittelt werden. Ist der angemessene Motivteil erhalten wir, da ja nur noch die Hälfte des Lichtes
gleichmäßig hell oder dunkel, so wird er stets auf den Film gefallen ist, eine dunklere Wiederga-
neutralgrau wiedergegeben. Unserer fotografi- be unserer fotografierten Fläche. Sie erhält nach

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Den Kiosk habe ich in der Däm-


merung aufgenommen. Wegen
der Leuchtschrift war eine N - 2
Entwicklung notwendig, die sich
natürlich auch auf den Schnee
ausgewirkt hatte, so dass ich
diesen beim Printen durch Ab-
wedeln wieder aufhellen musste.
Aufgenommen im Mittelformat
mit 55 mm-Objektiv bei Blende
8, Delta 100 entwickelt in XTOL
1+1 und vergrößert auf Moersch-
Select-Sepia in Separol HE, ab-
schließend selengetont.

dem Zonensystem die Bezeichnung „Zone IV“ helles Grau, das aber noch voll durchgezeichnet
und entspricht einem Dunkelgrau. Verkürzen wir ist und das wir als Zone VII bezeichnen.
das ursprüngliche Messergebnis um zwei Blen- Wie’s jetzt weitergeht wissen Sie: Weitere Belich-
denwerte, fällt nur noch ein Viertel des Lichtes tungsverlängerungen um jeweils einen Blenden-
gegenüber der Belichtung nach Zone V auf den wert gegenüber der vorhergehenden Zone lassen
Film, so dass im Ergebnis ein ziemlich dunkles uns zu den Zonen VIII, IX und schließlich zur Zone
Grau entsteht, das aber noch vollkommen durch- X gelangen, die als Gegenpart der maximal
gezeichnet ist. Ein solches dunkles Grau erhält die schwarzen Zone 0 dem reinen Papierweiß ent-
Zonenbezeichnung III. Durch entsprechende Be- spricht.
lichtungskürzungen um jeweils einen Blenden- Schauen wir uns die einzelnen Zonen doch ein-
wert gegenüber der vorhergehenden Zone ver- mal genauer an:
fahren wir weiter, bis wir schließlich zur Zone 0
gelangen, die das tiefstmögliche erreichbare 1. Zone 0
Schwarz, ohne jede Zeichnung, darstellt. Sie stellt die maximal erzielbare Schwärzung un-
Statt gegenüber unserer Ausgangsmessung auf seres Fotopapiers dar und enthält nicht die ge-
das neutrale Grau der Zone V knapper zu belich- ringsten Bildinformationen. Das Negativ ist voll-
ten und damit in den Tonwertkeller zu gelangen, kommen transparent.
können wir uns natürlich auch ans Licht begeben:
Hierzu verlängern wir das Messergebnis für die 2. Zone I
neutralgraue Zone V um einen Blendenwert und Sie ist tiefschwarz, ebenfalls ohne Zeichnung,
gelangen so, weil jetzt doppelt so viel Licht auf aber gegenüber der Zone 0 lässt sich ein minima-
den Film fällt wie bei der Zone V, zur helleren Zo- ler Unterschied erkennen; das Negativ zeigt eine
ne VI, die ein helles Grau repräsentiert, wie es z.B. ganz geringe Schwärzung. Die Zone I ist das Maß
der Teint eines Weißen darstellt. Verlängern wir für die Bestimmung der Filmempfindlichkeit.
den Belichtungswert für die Zone VI um einen
weiteren Blendenwert, fällt jetzt viermal so viel 3. Zone II
Licht auf den Film wie bei unserer Ausgangsmes- Sie repräsentiert ein sehr dunkles Grauschwarz,
sung nach Zone V. Wir erhalten dadurch ein sehr das eine erste zarte Zeichnung erkennen lässt.

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Schwarze Gegenstände und Stoffe, tiefste Schat- tiert 18% des auf sie treffenden Lichts. Sie ist die
ten im Freien. Zone, auf die alle Belichtungsmesser geeicht sind. Ein klassisches Motiv, an dem
Dunkle Haut oder Schatten auf hellem Teint, brau- sicher kein Fotograf, der sich für
4. Zone III nes Haar, graue Steine oder nasser Straßenbelag. das Zonensystem interessiert,
Die Zone III steht für ein sehr dunkles Grau. Sie ist vorbeigegangen wäre, stellt die-
die erste vollkommen durchgezeichnete Zone 7. Zone VI ser „Werkzeugkasten“ aus dem
und lässt daher alle Oberflächenstrukturen und Sie ist hellgrau und entspricht der Haut eines Lokschuppen dar. Obgleich das
Details erkennen. Sie ist die Zone, auf die die Be- Weißen bei diffuser Beleuchtung. Helle Steine Motiv überwiegend dunkle Ton-
lichtung für durchgezeichnete Schatten gelegt und helle Farben, Betonbauten, Asphalt. werte enthält, sind alle Zonen,
wird. Alle sehr dunklen Gegenstände, die gerade die sich vom tiefsten Schwarz
voll gezeichnet sind, sehr dunkle Baumstämme, 8. Zone VII und dem reinen Papierweiß
schwarze Haare. Sie repräsentiert das hellste Grau und gibt im Po- unterscheiden (Zone I bis IX), im
sitiv noch alle Partien voll durchgezeichnet wie- Bild vorhanden (beachten Sie
5. Zone IV der. Helle, voll strukturierte Flächen, Haut eines bitte die weißen Pfeile und die
Sie ist dunkelgrau und steht für Landschaften im Weißen im Sonnenlicht, weiße unbeschienene jeweilige Zonenbezeichnung).
Schatten, dunkelgrünes Laub, dunkle Steine, Wolken. Sie ist die Zone, auf die die bildwichti- Das Fehlen von Zone 0 und X ist
Gras, feuchte Erde und Holz bei diffusem Licht. gen Lichter entwickelt werden. belanglos, weil es sich ohnehin
im Druck nicht von den Zonen I
6. Zone V 9. Zone VIII und IX unterschieden hätte.
Die Zone V ist neutralgrau (mittelgrau) und reflek- Die Zone VIII ist fast schon weiß, zeigt aber noch

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Und vor allem wissen wir auch, wie wir zu ihnen


kommen (gegenüber der neutralgrauen Zone V
definiert kürzer oder länger belichten). Mit dem
Belichtungsmesser besitzen wir weiterhin ein Ge-
rät, das uns dieses neutrale Grau für alle ange-
messenen einheitlichen Motivhelligkeiten anzeigt.
Durch Verkürzen oder Verlängern des Messergeb-
nisses können wir den angemessenen Motivhel-
ligkeiten nach unserem Wunsch einen beliebigen
Zonengrauwert zuweisen. Beispiel: Wollen wir ein
Motivteil, das dunkelgrau ist (Zone IV), in einem
sehr dunklen Grau, das aber noch voll durchge-
zeichnet ist, wiedergeben (Zone III), so messen
wir es an (es würde jetzt wie Zone V dargestellt
werden) und verkürzen die Messung um zwei
Blendenwerte. Betrug die Messung für die Zone V
Blende 8, 1/125 Sekunde, so belichten wir für die
Zone III mit Blende 16, 1/125 Sekunde (bzw. mit
allen anderen äquivalenten Zeit-/Blendenkombi-
nationen wie es im Beispiel auch Blende 8, 1/500
Sekunde wäre).

Abstimmung von Belichtung


und Entwicklung

Die einzelnen Zonen haben wir jetzt kennen ge-


lernt und können uns deren Helligkeit auch vor-
stellen. So weit so gut. Doch wie erreichen wir,
dass sich deren Helligkeiten auch reproduzierbar
im fertigen Bild wieder finden? Dazu müssen wir
uns als nächstes mit der Belichtung und im An-
schluss daran mit der Filmentwicklung und deren
Wechselbeziehungen auseinandersetzen.
„Belichte auf die Schatten und entwickle die Lich-
einige wenige zarte Strukturen. Weiße Gegen- ter“, so lautet das grundlegende „Gesetz“ in der
Bei diesem Motiv wollte ich si- stände, weiße Oberflächen und weiße Textilien im Schwarzweißfotografie. Gemeint ist damit Fol-
cherstellen, dass sich die helle Sonnenschein, Weiße Wolken bei Sonnenschein. gendes: Die Belichtung (und nicht die Entwik-
Kirche noch von dem Himmel klung!) des Films ist dafür zuständig, wie gut die
unten sauber trennen lässt. Ich 10. Zone IX Schattenbereiche im Bild dargestellt werden. Eine
habe dem Himmel daher die Sie ist noch nicht ganz reinweiß, aber bereits oh- zu kurze Belichtung führt zu einer mangelhaften
Zone VII als Richtzone zugewie- ne jede Zeichnung, das Gegenstück von Zone I. Durchzeichnung der Schatten im Negativ (also
sen, wobei sich die Schatten der hellen bzw. der mehr oder weniger transpa-
harmonisch einfügten. Hätten 11. Zone X renten Stellen des Negativs). War die Belichtung
die Schatten Problem bereitet, Das maximale Weiß des Fotopapiers, Spitzlichter, zu kurz, so ist die ohnehin relativ geringe Schwär-
so hätte ich die Belichtung auf alle direkten Lichtquellen. zung des Negativs im Schattenbereich unzurei-
diese abgestellt und die Lichter chend, mit der Folge, dass die Schatten im Bild
durch eine modifizierte Entwick- Wir wissen nun, wie die Grauwerte der unter- keine ausreichende Durchzeichnung aufweisen.
lung so gesteuert, dass Himmel schiedlichen Zonen im Verhältnis zu dem neutra- Um die zu geringe Schattenzeichnung dennoch
und Kirche gut getrennt worden len Grau aussehen (dunkler oder heller). Sie ha- darzustellen, müsste man die Belichtung im Posi-
wären. ben außerdem einen (Zonen-)Namen bekommen, tivprozess z.B. durch Abwedeln zurücknehmen,
anhand dessen wir uns ihre Helligkeit sofort vor- mit der Folge, dass eine tiefe Schwärzung dann
stellen können und der weltweit verstanden wird. nicht mehr zu erzielen wäre; die Schatten hätten

44 FINE ART FOTO 3/05


AU F N A H M E T E C H N I K

dann zwar noch etwas Zeichnung, sie wären aber sprechen. Durchaus auch werbewirksam ist sie
vergraut und kraftlos. Abhilfe ist praktisch nicht fast immer zu hoch angesetzt. Außerdem hat ja Die Kontrastmessung bei diesem
möglich. War die Belichtung des Films viel zu kurz, bekanntlich der jeweilige Entwickler ein gewichti- Motiv ergab die Notwendigkeit
so sind die Schattenbereiche des Negativs voll- ges Wörtchen mitzureden, wenn es um die tat- einer N-1 Entwicklung. Im
kommen transparent und man erhält im Positiv sächliche Empfindlichkeit geht, die ein bestimmter Nachhinein wäre entgegen der
nur eine schwarze Fläche. Außer dem Öffnen der Film mit eben diesem Entwickler erzielt. Meist Messung eine N-2 Entwicklung
Kamera im Hellen bei einem eingelegten und be- wird es so sein, dass eine Halbierung der Empfind- sicher die bessere Wahl gewe-
reits belichteten Film ist das Unterbelichten der lichkeit (wir belichten also doppelt so lang wie der sen, weil dadurch die Zeichnung
Schatten so ziemlich der schlimmste Fehler, den Hersteller vorgibt) bei einer gleichzeitigen Verkür- in den Leuchttafeln verbessert
ein Schwarzweißfotograf begehen kann; denn wo zung der Entwicklung der effektiven Empfindlich- worden wäre. Im Zweifel ist es
das Negativ keine Zeichnung mehr enthält, ist mit keit einer Film-/Entwicklerkombination schon we- immer besser, sich für eine N-2
keinem Trick der Welt wieder etwas gutzuma- sentlich näher kommt. Wenn wir aber völlig exakt Entwicklung zu entscheiden, um
chen. belichten wollen, so kommen wir nicht umhin, Informationsverluste in den
Wir müssen also zunächst sicherstellen, dass wir diese effektive Empfindlichkeit unserer Film-/Ent- Lichtern vorzubeugen. Mit einer
den Film stets optimal auf die Schatten belichten. wicklerkombination durch einen Test ein für alle- härteren Gradation kann man im
Nun ist es eine Tatsache, dass die vom Hersteller mal zu bestimmen. Wie das genau geht, sage ich Positivprozess dann immer noch
der Filme angegebene Empfindlichkeit so gut wie Ihnen in der letzten Folge. Korrekturen vornehmen.
nie stimmt, weil sie nach Laborbedingungen und Kommen wir zurück auf den Satz „Belichte auf
Normen festgelegt wird, die der Praxis nicht ent- die Schatten und entwickle die Lichter“ und wen-

FINE ART FOTO 3/05 45


AU F N A H M E T E C H N I K

Es gibt einige wenige Filme, die


sich für das Zonensystem nicht
eignen. Ein Paradebeispiel hier-
für stellen alle Infrarotfilme dar,
bei denen die Belichtung be-
kanntlich nicht exakt gemessen
werden kann, weil die Fotozel-
len nicht für das infrarote Spek-
trum sensibilisiert sind. Für mich
stellt die Infrarotfotografie gera-
de wegen ihrer auch für Geübte
nicht bis ins Letzte möglichen
Kalkulierbarkeit (Stichwort
„Abenteuerfotografie“) eine
schöne Abwechslung zu der sehr
„kopflastigen“ Zonensystem-
Fotografie dar.

den wir uns den letztgenannten zu. wenig Licht abbekommen haben und der Ent-
Zu Beginn einer jeden Entwicklung nimmt die wickler daher nur relativ wenig Silber vorfindet,
Schwärzung (= die Dichte) der belichteten Partien das er zu metallischem Silber reduzieren könnte;
eines Negativs relativ gleichmäßig zu. Bald jedoch sie werden auch bei einer fortdauernden Ent-
bleiben die Schattenpartien stehen, weil sie nur wicklung nicht mehr dichter. Anders hingegen die

46 FINE ART FOTO 3/05


AU F N A H M E T E C H N I K

Lichterpartien des Films, die ja bei der Belichtung


sehr viel Licht abbekommen haben: Dort findet
der Entwickler jede Menge „Silber-Nahrung“ vor,
die es zu reduzieren gilt. Folglich bleibt dort die
Entwicklung nicht stehen; sie schreitet vielmehr
fort, und es findet ein Dichtezuwachs auch dann
noch statt, wenn wesentlich länger entwickelt
wird als eigentlich vorgesehen. Diese unterschied-
liche Reaktion der Schatten und der Lichter wäh-
rend der Entwicklung, machen wir uns beim Zo-
nensystem zunutzte, um deren Verhältnis zuein-
ander zu beeinflussen. Mit der Belichtung regeln
wir – Sie wissen es bereits – wie dunkel die Schat-
tenpartien eines Motivs wiedergegeben werden
sollen und mit der Entwicklung, wie hell die Lich-
terpartien des Motivs im Bild erscheinen sollen. Es
ist uns daher möglich, die Schatten und Lichter
voneinander zu trennen, in dem wir bei konstan-
ter Belichtung die Entwicklung verlängern oder –
umgekehrt – sie mit Hilfe einer verkürzten Ent-
wicklung näher zueinander zu bringen. Es liegt stab festgelegt ist, als „künstlerische“ Freiheits-
dabei auf der Hand, dass eine Entwicklungsver- beraubung ansehe. Jedenfalls ist es mir noch nie Ein klassisches N-2 Motiv, wie es
längerung bei kontrastarmen Motiven, bei denen gelungen, solcherart einen wirklich hervorragen- die meisten Nachtaufnahmen die-
die Schattenbereiche und Lichter nahe beieinan- den Print herzustellen, der mit einem unter Ver- ser Art darstellen. Bei solchen
der liegen, das Mittel der Wahl ist, um diese bes- wendung von verschiedenen Gradationen (Split- Motiven kann man sich in aller
ser zu trennen, während eine Entwicklungsver- belichtung) hergestellten Print auf Regel eine Kontrastmessung spa-
kürzung dafür sorgt, dass weit auseinander gradationsvariablem Barytpapier hätte mithalten ren und von vornherein eine N-2
liegende Schatten und Lichter näher zueinander können. In der Dunkelkammer – also beim Posi- Entwicklung vormerken.
rücken und daher überhaupt erst geprintet wer- tivprozess, und zwar nur da! – lässt die techni- Aufgenommen im Mittelformat
den können. sche Entwicklung das 60 Jahre alte Zonensystem mit 200 mm-Objektiv bei Blende
wirklich alt aussehen. Lediglich als Ausgangs- 16, Delta 100 entwickelt in XTOL
Größtmögliche Freiheit trotz punkt für eine feine Vergrößerung mag die stren- 1+1 und vergrößert auf Moersch-
Systematik ge Methode nach dem Zonensystem noch tau- Select-Sepia in Separol NE,
gen, so dass ich sie hier dennoch nicht in Bausch abschließend selengetont.
Apropos Printen. Beim Positivprozess nach dem und Bogen verdammen möchte. Zu einem besse-
Zonensystem geht der Fotograf so vor, dass er ein ren Bild wird ein Fotograf aber kommen, der sich
Zone V Negativ auf Gradation 2 vergrößert, wo- der fantastischen Möglichkeiten bedient, die ihm
bei er vorher seinen meistverwendeten Abbil- die gradationsvariablen Papiere eröffnen. Inso-
dungsmaßstab und die optimale Blende am Ver- weit dürfen wir Ansel Adams in Frieden ruhen
größerer eingestellt hat. Nach dem Trocknen des lassen.
Positivs wird dann unter Tageslichtbedingungen
(oder unter denselben Licht-Bedingungen, unter Text und Fotos: Wolfgang Mothes
denen die Bilder künftig aufgehängt oder ausge- www.wolfgangmothes.de
stellt werden sollen) verglichen, welche Belich-
tungszeit ein Positiv ergeben hat, das dem Grau-
wert einer Graukarte exakt entspricht. Die so
ermittelte Belichtungszeit ist dann die Standard-
Belichtungszeit, mit der alle künftigen Prints nach
dem Zonensystem hergestellt werden. So jeden- In der kommenden Folge erklärt Wolfgang

falls die reine Lehre. Ich selbst halte mich nicht im Mothes, wie die Belichtung im Zonensystem

Geringsten daran, weil ich schon die Tatsache, gemessen wird und wie sich diese auf die

dass man auf einen bestimmten Abbildungsmaß- Darstellung der Zonen auswirkt.

FINE ART FOTO 3/05 47


AU F N A H M E T E C H N I K

Die Messung dieses Motivs


ergab einen stark erhöh-
ten Kontrast, der eine N -2
Entwicklung erforderte.
Mit einiger Erfahrung wird
es Ihnen gelingen, schon
bei der Aufnahme mit
einer relativ hohen
Trefferquote vorauszusa-
gen, ob und wie Sie modi-
fiziert entwickeln müssen.
Aufgenommen im Großfor-
mat 4x5 inch mit 90mm-
Objektiv bei Blende 32,
Delta 100, N -2 Entwick-
lung in XTOL 1+1, vergrö-
ßert auf Moersch Select
Sepia in Separol HE, ab-
schließend selengetont.

Schritt für Schritt zum Zonensystem (3)

KONTRASTE UND
TONWERTE IM GRIFF
In der dritten Folge erklärt Wolfgang Mothes, wie in dem Zonensystem die Be-
lichtung gemessen wird und welche Auswirkungen es hat, wie man die Belich-
tung auf der Zonenskala platziert. Sie erfahren dabei anhand von praktischen
Beispielen, was eine Richtzone ist und was man unter „Prävisualisieren“ ver-
steht. Dabei weist der Autor darauf hin, dass das Zonensystem keineswegs
nur die Herstellung von originalgetreuen Abbildungen zum Ziel hat, sondern
durch die Beherrschung der Kontrast- und Tonwertsteuerung erst die Voraus-
setzungen einer uneingeschränkten kreativen Fotografie schafft.

38 FINE ART FOTO 4/05


AU F N A H M E T E C H N I K

Wir haben in der letzten Folge gesehen, dass eine lichtungsumfang der verwendeten Film-/Entwick-
verlängerte Entwicklung bei kontrastarmen Moti- lerkombination anzupassen, der seinerseits dem Hier war es notwendig, durch eine
ven, bei denen die Schattenbereiche und Lichter geringen Kopierumfang eines Fotopapiers der ausreichende Belichtung sicher-
nahe beieinander liegen, das Mittel der Wahl ist, normalen Gradation 2 Rechnung trägt. Normale zustellen, dass sich der dunkle
um diese besser zu trennen, während eine Ent- Gradation deshalb, weil nur ein Fotopapier nor- Rand des Bahnsteigdaches noch
wicklungsverkürzung bei kontrastreichen Moti- maler Gradation in der Lage ist, tiefste Schatten deutlich vom Himmel abhob. Die
ven dafür sorgt, dass weit auseinander liegende und hellste Lichter mit einer dazwischen liegen- Kontrastmessung ergab einen
Schatten und Lichter näher zueinander rücken den maximalen Tonwertvielfalt darzustellen. erhöhten Kontrast, der eine N -2
und daher überhaupt geprintet werden können. Wenn ich vom geringen Kopierumfang des Foto- Entwicklung erforderte. Die
Zu klären bleibt nun, wann denn ein Motiv zu papiers spreche, so meine ich damit die Tatsache, Belichtungszeit betrug 1 Minute,
kontrastreich ist, damit wir verkürzt entwickeln dass nur die Zonen III bis VII voll durchgezeichnet wobei ich unmittelbar nachdem
müssten bzw. wann es zu kontrastarm ist, so dass wiedergegeben werden. Zone II und Zone VIII der Minutenzeiger auf der Uhr
eine verlängerte Entwicklung angesagt wäre. führen schon zu Informationsverlusten, weil Teile umgesprungen war, auslöste, um
Beim Zonensystem – ich sagte es in der ersten des Motivs bereits vom Grauschwarz der Zone II doppelte Zeigerkonturen zu ver-
Folge bereits - geht es darum, einen bestimmten verschluckt bzw. vom Weiß der Zone VIII ausge- meiden. Aufgenommen im Mittel-
bei der Aufnahme vorgefundenen Motivkontrast bleicht werden. Diese Erkenntnis ist sehr wichtig format 6x7 mit 500mm-Objektiv
(der sehr hoch sein kann, z.B. in Innenräumen mit für die Kontraststeuerung. Wenn ich also künftig bei Blende 22, Delta 100, N -2 Ent-
Fenstern bei hellem Tageslicht 1:1000, was einer im Rahmen der Kontraststeuerung von bildwichti- wicklung in XTOL 1+1.
Blendendifferenz von 10 entspräche) an den Be- gen Schatten und Lichtern rede, so meine ich da-

FINE ART FOTO 4/05 39


AU F N A H M E T E C H N I K

Das Motiv war sehr kontrastarm;


ich entschloss mich daher, durch
eine N + 2 Entwicklung die Ton-
werte zu expandieren, was eine
deutliche Steigerung der Plasti-
zität zur Folge hatte. Da ich im
Format 4x5 inch fotografierte,
musste ich auch keine Bedenken
wegen eines durch die forcierte
Entwicklung zu groben Korns
haben.
Aufgenommen im Großformat
4x5 inch mit 90mm-Objektiv bei
Blende 32, Delta 100, N + 2 Ent-
wicklung in XTOL 1+1, vergrös-
sert auf Moersch Select Sepia in
Separol HE, abschließend selen-
getont.

mit die voll durchgezeichneten Schatten der Zone Sie erinnern sich erneut an den Satz „auf die
III und die ebenfalls ohne Verluste wiedergegebe- Schatten wird gemessen, während die Lichter
nen Lichter der Zone VII. Diese beiden Zonen sind entwickelt werden“. Wie misst man denn genau
also unsere Bezugszonen für die Kontraststeue- auf die Schatten? Nun, man nimmt seinen Spot-
rung. belichtungsmesser, sucht sich im Motiv den bild-
Im Zonensystem werden fünf verschiedene Kon- wichtigsten Schattenbereich, der bereits eine vol-
trastverhältnisse unterschieden, von denen vier le Durchzeichnung aufweisen soll (Zone III), misst
eine Sonderentwicklung bekommen, damit sie ihn aus der Kameraposition heraus an und erhält
bei hohem Motivkontrast auf den Kopierumfang dabei einen Lichtwert, z.B. 6. Wir haben bereits in
des Papiers passen bzw. bei niedrigem Motivkon- Folge II erfahren, dass jeder Belichtungsmesser
trast diesen ausnutzen. Bevor wir uns in der näch- den jeweils angemessenen Tonwert eines Motivs,
sten Folge näher mit diesen einzelnen Kontrast- egal ob hell oder dunkel, zu einem 18%igen
verhältnissen befassen, müssen wir klären, wie Grau konvertiert. Wenn wir also den gemessenen
die Belichtung im Zonensystem gemessen wird. Lichtwert unkorrigiert übernehmen würden, so
Denn eine exakte Belichtungsmessung ist die Vor- würde unser sehr dunkler Schattenbereich (Zone
aussetzung dafür, dass die einzelnen Kontrastver- III) daher zu einem wesentlich helleren neutral-
hältnisse genau bestimmt werden können. grauen Bereich (Zone V) werden. Um dies zu ver-

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AU F N A H M E T E C H N I K

meiden muss die Messung folglich nach Minus fen in Richtung Unterbelichtung korrigiert, so
korrigiert werden. Bei einem Spotbelichtungs- dass der Motivteil wieder in die Zone III gelangt. Das Zonensystem ist auch bes-
messer, der eine Zonenskala aufweist, geschieht Beispiel: Sie haben einen dunklen Motivteil, dem tens geeignet, um individuelle
dies dadurch, dass wir den gemessenen Lichtwert Sie die Zone III zuweisen möchten, angemessen Bildintentionen verwirklichen zu
6 einfach der Zone III auf der Zonenskala gegen- und dabei die Kombination Blende 5,6, 1/8 Se- können. Ich wollte die ohnehin
überstellen. An der Zeit-/Blendenskala werden kunde erhalten (Zone V). Dieses Messergebnis vorhandene „matschige“ Stim-
uns dann die entsprechenden Zeit-/Blendenkom- muss jetzt um 2 Blendenwerte (= Zeit- oder Licht- mung noch betonen und habe
binationen gezeigt, die alle dazu führen, dass der werte) verkürzt werden, so dass Sie für die Zone daher stark kontrastsenkend
angemessene Motivteil nunmehr in einem gerade III – ich unterstelle, Sie möchten aus gestalteri- entwickelt (N -2), wobei ich die
voll durchgezeichneten sehr dunklen Grau wie- schen Gründen die Blende 5,6 beibehalten – eine obligatorische Schattenzugabe
dergegeben wird (Zone III). Mit einer dieser Kom- Kombination von Blende 5,6 1/30 einstellen müs- etwas verstärkt habe, weil ich
binationen wird dann der Film belichtet. Wird ein sten. Mit dieser Kombination wird dann der Film befürchtete, die Schatten könn-
Spotbelichtungsmesser ohne Zonenskala oder die belichtet. Eine korrekte Belichtung auf die Schat- ten ansonsten zu kraftlos kom-
Spotbelichtung einer Kamera benutzt, so geht ten wäre damit gewährleistet. men. Ein Rotfilter dunkelte den
man bei obigem Beispiel wie folgt vor: Es wird Gehen wir zum besseren Verständnis noch ein- blaugrauen Himmel ab, den ich
wieder der Motivteil, der im Bild wie Zone III wie- mal auf das genannte Beispiel oben zurück, bei beim Printen außerdem noch
dergegeben werden soll, angemessen (er würde dem eine Motivstelle, die im Bild stark dunkel- erheblich abgedunkelt habe.
jetzt neutralgrau wie Zone V wiedergegeben) und grau mit guter Zeichnung wiedergegeben wer-
anschließend wird die Messung um 2 Blendenstu- den sollte, angemessen und der gemessene Licht-

FINE ART FOTO 4/05 41


AU F N A H M E T E C H N I K

Die Originalszene war mir zu


kontrastarm gewesen, es fehlte
einfach der „Knack“. Ich dunkel-
te daher den tiefroten Autolack
mit einem strengen Blaufilter ab
und entwickelte die Lichter für
eine deutliche Tontrennung zwei
Zonen nach oben (N +2). Jetzt
hatte das Bild die notwendige
Kraft und entsprach meinen
Vorstellungen.
Aufgenommen im Format 4x5
inch, 180mm-Objektiv bei Blende
32, Blaufilter, Delta 100 kon-
traststeigernd entwickelt (N +2)
in XTOL 1+1, vergrößert auf
Moersch Select Sepia in Separol
HE, abschließend selengetont.

wert der Zone III gegenübergestellt wurde (das weiß. Belegen wir denselben dunklen Bildteil mit
angemessene Motivteil wurde mit Zone III „be- der Zone II, so würde die hellste Stelle in die Zone
legt“, sagen die Zonensystem-Fotografen dazu). VIII fallen und wäre daher zu einem noch leicht
Wir könnten uns natürlich auch dafür entschei- gezeichneten Weiß geworden. Wir sehen also,
den, denselben Motivteil mit Zone II zu belegen. dass sich alle anderen Zonen in ihrer Helligkeit
Wie würde er dann im Bild aussehen? Nun, er nach der Zone richten, auf die wir unsere Belich-
wäre nun nicht mehr sehr dunkelgrau mit voller tung abgestimmt haben. Diese Zone, auf die be-
Zeichnung (Zone III), sondern er wäre jetzt grau- lichtet wird, wird daher auch „Richtzone“ ge-
schwarz, würde nur eine ganz leichte Zeichnung nannt. Dass auch die Lichter stets der Richtzone
aufweisen und entspräche daher der Zone II. Das bedingungslos folgen und sich ihr entsprechend
Bild wäre jetzt insgesamt um einen Blendenwert eingruppieren, wird sich erst ändern, wenn wir
(Zone) dunkler als es wäre, wenn wir den Motiv- zur Kontrastanpassung die Entwicklung modifi-
teil mit der Zone III belegt hätten. Umgekehrt hät- zieren, also entweder verkürzt oder verlängert
ten wir dem angemessenen Motivteil als dunkel- entwickeln (was ich später darstellen werde). Da-
ste Zone auch die Zone IV zuweisen können. durch verändert sich das Verhältnis von Schatten
Dann wäre dieser Motivteil sowie alle Tonwerte zu den Lichtern. Die Lichter folgen den Schatten
des Bildes natürlich um eine Zone heller gegenü- dann nicht mehr absolut und bedingungslos, son-
ber der Schattenbelegung mit Zone III ausgefal- dern sie folgen ihnen nur noch relativ, nach den
len. „Gesetzen“ ihrer Sonderentwicklung.
Dass eine unterschiedliche Zonen-Belegung der Die Kunst bei der Messung nach dem Zonensy-
Schatten das gesamte Bild verändert, liegt daran, stem besteht eigentlich nur darin, die richtige Zo-
dass sich natürlich alle anderen Zonen nach der ne – in der Regel wird das der bildwichtigste
Zone, auf die belichtet wurde, richten und sich Schattenbereich sein – anzumessen. Prinzipiell
zwangsläufig nach ihr eingruppieren. Beispiel: Be- richtig ist die Zone bzw. der angemessene Motiv-
legen wir einen dunklen Bildteil mit der Zone III, teil dann, wenn sie bzw. er im späteren Bild exakt
so würde, bei einem Motivkontrast von 6 Blen- denjenigen Tonwert aufweist, den Sie sich bei der
denwerten Differenz, die hellste Stelle in die Zone Messung gewünscht haben. Wer sich einen voll
IX fallen und wäre damit bereits ungezeichnet durchgezeichneten Schattenbereich wünscht, die

42 FINE ART FOTO 4/05


AU F N A H M E T E C H N I K

Unter Berücksichtigung der von


mir angewandten Blaufilterung,
die das rötlich-braune Gebäude
links deutlich abdunkelte und
damit den Gesamtkontrast der
Szene erhöhte, ergab sich eine
Normalentwicklung in XTOL 1+1.
Ohne Blaufilterung wäre eine N
+ Entwicklung das Mittel der
Wahl gewesen. Aufgenommen
im Mittelformat mit 75mm-Shift-
Objektiv bei Blende 11, vergrö-
ßert auf Moersch Select Sepia in
Amidol/Catechol (Zweibad),
abschließend selengetont.

angemessene Stelle aber mit der Zone II statt der ben. Das Arbeiten mit dem Zonensystem setzt
Zone III belegt bzw. bei einem in die Kamera ein- aber keineswegs voraus, dass wir immer ein origi-
gebauten Belichtungsmesser entsprechend das nalgetreues Bild anstreben, das möglichst noch
Messergebnis um 3 statt um zwei Blendenstufen tiefstes Schwarz und hellstes Weiß sowie alle Ton-
verkürzt, der darf sich nicht wundern, wenn die werte dazwischen enthält („fully-scaled, ten-zo-
angemessene Stelle im Bild dunkler als gewünscht ned print“ – wie es meines Wissens Ansel Adams
wiedergegeben wird bzw. wenn das Bild insge- einmal formuliert hat). Nun gibt es natürlich Bild-
samt zu dunkel erscheint. Oft wird sich der Foto- intentionen, bei denen ein „Zehn-Zonen-Bild“ gar
graf bemühen, die vor Ort vorgefundenen Motiv- nicht erwünscht ist, weil der Fotograf z.B. bewusst
helligkeiten möglichst naturgetreu wiederzuge- im Bild einen niedrigen Kontrast anstrebt, der gar

FINE ART FOTO 4/05 43


AU F N A H M E T E C H N I K

nicht alle Zonen umfassen kann. Beispielsweise eine N + Entwicklung zu erhöhen, sei dahinge-
Auch Panoramakameras mit enthalten Low-Key-Aufnahmen nur dunkle bzw. stellt. Möglicherweise wäre ein Expandieren der
Rotationsoptik eignen sich High-Key-Aufnahmen nur helle Tonwerte. Aber Tonwerte hier eher ein „Stimmungskiller“.
grundsätzlich für das Zonen- auch hierbei helfen uns die Erkenntnisse, die wir Ein großer Vorteil des Zonensystems liegt ja gera-
system. Man sollte nur darauf aus der Beschäftigung mit dem Zonensystem ge- de darin, dass wir in Grenzen die Tonwerte nach
achten, dass sie einen relativ wonnen haben. Denn wir wissen nun, wie wir unseren Vorstellungen bestimmen können, in-
großen Langzeitbereich aufwei- diese begrenzte Tonwertvielfalt belichtungstech- dem wir das fertige Bild bei der Aufnahme „prä-
sen, der das Einstellen von ge- nisch auf der Zonenskala platzieren müssen: Bei visualisieren“, wie es im Zonensystem so schön
wünschten Zeit-/Blendenkom- Low-Key-Aufnahmen werden die hellsten Motiv- heißt. Mit „Prävisualisieren“, der Name sagt es
binationen ermöglicht. tonwerte mit der Zone V belegt, so dass sich alle bereits, wird die Fähigkeit bezeichnet, bereits bei
Aufgenommen mit der anderen Motivtonwerte nur noch in den dunklen der Aufnahme voraussehen zu können, mit wel-
Mittelformat-Noblex, Delta 100 Bereich erstrecken können; bei High-Key machen chem Grauwert der angemessene Motivteil im
kontrastreduziert entwickelt wir es umgekehrt und platzieren die dunkelsten fertigen Bild wiedergegeben wird. Dagegen gibt
(N -2) in XTOL 1+1, vergrößert Motivbereiche in die Zone V. es nichts einzuwenden, schließlich hat das Zonen-
auf Moersch Select Sepia in system ja die Kontrolle und Steuerung der Ton-
Separol HE, abschließend selen- Die Prävisualisierung und werte zum Ziel. Oft jedoch wird dieser Begriff in
getont. ihre Grenzen dem Sinne gebraucht, dass der Zonensystem-Fo-
tograf ein ganzes Bild in seinen spezifischen Ton-
An dieser Stelle ist es mir wichtig, noch einmal werten quasi fertig vor seinem geistigen Auge se-
deutlich darauf hinzuweisen, dass das Zonensy- hen könnte, so als hinge es bereits an der Wand.
stem nicht dazu führen darf, dass sich ein Foto- Das ist natürlich Humbug, denn ich möchte den
graf in seiner Kreativität einschränkt und nur Fotografen sehen, der das kann! So wenig wie
noch die Jagd nach möglichst vielen Grauwerten ein normal sterblicher Musiker angesichts einer
betreibt. Partitur, die er in Händen hält, das Musikstück be-
Leider tun dies viel zu viele, was dazu führt, dass reits hört, so wenig kann ein Fotograf ein kom-
Bilder nach dem Zonensystem (und auch die ge- plexes Bild, das aus einer Unzahl von Grautönen
wählten Motive) mitunter sehr gleichförmig aus- besteht, im Voraus sehen, nur weil er weiß, wie er
sehen! Gleichmacherei ist aber der Tod jeder Kre- die Schatten belegt und die Lichter gesteuert hat.
ativität. Es gibt viele gute Gründe ein Bild ganz Natürlich kann er sagen: „Wenn ich die gemesse-
anders auszuarbeiten und auf die Darstellung al- ne Stelle mit dieser oder jener Zone belegt und
ler Tonwerte zu verzichten. Ob man z.B. bei einer die Entwicklung so und so durchgeführt habe,
extrem kontrastarmen Nebelstimmung, die viel- dann müsste eine andere Stelle des Motivs in die
leicht nur drei Zonen aufweist, unbedingt immer Zone XY fallen“. Der Zonensystem-Fotograf kann
gut damit beraten wäre, die Tonwertvielfalt durch also andere Tonwerte ableiten. Er kann natürlich

44 FINE ART FOTO 4/05


AU F N A H M E T E C H N I K

The Image of Beauty


Die Hahnemühle Digital FineArt Collection: TIPA
prämiert als „Bestes Fine Art Inkjet Foto Papier in Europa“.
Die Papiere aus der ältesten deutschen Künstler-
papierfabrik sind weltweit führende Medien für
exklusive, künstlerische Fotografie und Foto-
reproduktionen. Sie bestechen durch einen großen
Farbraum, einen hohen Schwarzwert, ihre viel-
Mein Ziel war es, die roten Blüten möglichst stark abzudunkeln, um fältigen Oberflächen und die beeindruckende
eine Art Low-Key-Aufnahme zu erreichen. Ich habe daher ein ziemlich Haptik von Echt-Bütten- sowie Baumwollpapieren.
strenges Blaufilter verwendet, das das rötliche Spektrum weitestge-
hend gesperrt hat. Wegen der Zeichnung in den Blütenstängeln habe
ich auf eine N + Entwicklung verzichtet, die sich normalerweise bei
diesem Motiv angeboten hätte.

auch vorhersehen, ob ein Bild insgesamt dunkler oder heller, kontra-


streicher oder kontrastärmer wiedergegeben wird – nur, das Zu-
sammenspiel aller Tonwerte, das erst ein Bild ausmacht, bereits bei
der Aufnahme exakt vor Augen zu haben, das ist einfach nur foto-
grafisches Jägerlatein. Lassen Sie sich also nicht irritieren, wenn Sie
feststellen, dass sich Ihre Fähigkeit, ein Bild zu prävisualisieren, in
überschaubaren Grenzen hält.
Zurück zur Belichtungsmessung: Es bedarf schon einer gewissen
Übung, um sicher zu erkennen, welcher Motivteil auf welcher Zone
liegt. Manchmal wird empfohlen, die Augen zusammenzukneifen
oder das Motiv durch ein spezielles Filter (Kodak Serie 90 Wratten
Filter) anzuvisieren, um den bildwichtigsten Schattenbereich zu er-
mitteln. Probieren Sie es aus, vielleicht helfen Ihnen diese Methoden.
Ich selbst kann mit diesen Hilfsmitteln nicht viel anfangen. Sie müs-
sen ohnehin Ihre eigenen Erfahrungen sammeln. Daran führt kein Audrey Hepburn – JC-08 · Image © Jack Cardiff 2004

Weg vorbei und Fehler sind dabei zwangsläufig vorprogrammiert. Die Jack Cardiff Edition der Regan Gallery gedruckt auf
Das ist nicht weiter tragisch, denn ein Zonensystem-Anfänger German Etching, einem Echt-Bütten InkJet-Papier aus
kommt wohl kaum um Fehler herum. Wichtig ist nur, dass Sie einen der Hahnemühle Digital FineArt Collection.
erkannten Fehler nicht ein zweites Mal machen. Um dies zu vermei-
den, müssen Sie sich angewöhnen absolut methodisch zu arbeiten,
sich gewissenhaft Aufzeichnungen über die Aufnahmedaten und helen@regan-production.co.uk · www.jackcardiff.co.uk

Zonenbelegungen zu machen und diese auch auszuwerten. Mit der


Zeit haben Sie dann so viel Erfahrungsschatz zusammengetragen,
dass Sie die Zonenbelegung sicher beherrschen.
Wolfgang Mothes
www.wolfgangmothes.de

In der nächshten Folge zeigt Wolfgang Mothes anhand von typischen


Aufnahmesituationen, wie man die unterschiedlichsten Kontrastverhältnisse
The Art of Expression since 1584
dfa@hahnemuehle.de · www.hahnemuehle.de
durch eine auf die Belichtung abgestimmte Entwicklung meistert.

FINE ART FOTO 4/05 45


AU F N A H M E T E C H N I K

Eine typische Aufnahmesituation, bei der ein erfahrener Fotograf auch ohne Kontrastmessung weiß, dass eine N -2 Entwicklung
notwendig wird, um den großen Motivkontrast zu bewältigen. Aufgenommen im Mittelformat mit 45 mm-Objektiv auf Delta
100, N-2 Entwicklung in XTOL 1+1, vergrößert auf Moersch Select Sepia in Separol HE, Selentonung.

Schritt für Schritt zum Zonensystem (4)

Kontraste und
Tonwerte im Griff
In dieser Folge seiner Fortsetzungsserie über das Zonensystem stellt Wolfgang
Mothes die fünf vom Zonensystem unterschiedenen Kontrastsituationen dar
und erklärt anhand von vielen Beispielen aus der Praxis, wie man diese durch
eine modifizierte Entwicklung in den Griff bekommt. In der fünften und letzten
Folge geht es um die Kalibrierung Ihrer Geräte, Materialien und Chemie.

38 FINE ART FOTO 1/06


AU F N A H M E T E C H N I K

IN DER LETZTEN FOLGE HABEN WIR Schattenbelegung mit der Zone III ein zu hoher
gesehen, wie die Belichtungsmessung nach dem Kontrast wäre, der nach einer verkürzten Ent- Ohne eine N -2 Entwicklung wäre
Zonensystem erfolgt und welche Auswirkungen wicklung verlangen würde. es nur durch langes Nachbelichten
es hat, wie wir die Belichtung steuern. Wie geht Schauen wir uns nun die 5 verschiedenen Kon- mit der Gefahr von schwarzen
es nun ganz praktisch vor Ort weiter, nachdem trastsituationen des Zonensystems näher an. Rändern möglich gewesen, die
wir die Belichtung für die bildwichtigen Schatten Der Normalkontrast. Er liegt bei einer Differenz Zeichnung in den Fenstern zu
gemessen haben? Ganz einfach: Wir merken uns von 4 Blendenwerten (= 5 Zonen) vor und wäre Papier zu bringen.
den Lichtwert, den wir für diese Schatten erhal- bei einer Belegung der Schatten mit Zone III ohne Aufgenommen im Kleinbildformat
ten und die wir mit Zone III belegt haben, z.B. weitere Maßnahmen auf ein Papier normaler Gra- mit 15 mm-Objektiv auf Delta 100,
Lichtwert 5, und messen nun die bildwichtigsten dation zu printen. Bei unserer Schattenbelegung N -2 Entwicklung in XTOL 1+1,
Lichter zur Kontrastbestimmung. Achtung: Diese mit Zone III fielen die Lichter auf Zone VII und hät- vergrößert auf Moersch Select
Messung des Motivkontrastes vor der Aufnahme ten daher ebenfalls noch volle Zeichnung. Eine Sepia in Separol HE, Selentonung.
und – als deren Ergebnis – das Festlegen der Ent- Kontrastsituation von 4 Blendenwerten Differenz
wicklung, ist das A und O des Zonensystems. (= 5 Zonen) bedarf daher einer normalen Ent-
Noch einmal zur Wiederholung: Wenn ich im Fol- wicklung.
genden von bildwichtigen Schatten oder Lichtern Erhöhter Kontrast. Hier zeigt die Messung eine
spreche, so meine ich damit jeweils voll durchge- Blendendifferenz von 5 (= 6 Zonen) an. Bei unse-
zeichnete Schatten oder Lichter, also Zone III für rer üblichen Belegung der Schatten mit Zone III
die Schatten und Zone VII für die Lichter. Ange- gerieten die Lichter bereits in die Zone VIII und
nommen, die Messung auf diese bildwichtigsten wären daher kaum noch gezeichnet. Durch eine
Lichter hätte in unserem oberen Beispiel zu einem definierte verkürzte Entwicklung, die nach Ansel
Lichtwert von 11 geführt. Wir hätten dann eine Adams N - 1 genannt wird (= Normalentwicklung
Differenz von 6 Blendenstufen, was – wie wir im minus 1 Zone), rutschen die Lichter wieder in die voll
Folgenden sehen werden – bei unserer üblichen durchgezeichnete Zone VII.

FINE ART FOTO 1/06 39


AU F N A H M E T E C H N I K

Dem Bild sieht man nicht an, wie


abgrundtief dunkel es in dem
Klosterkeller war. Ich habe 6
Minuten belichten müssen, um
genügend Zeichnung in den
Schatten zu erhalten. Bei dem
gleißenden Sonnenlicht außen
reichte selbst eine N -2 Ent-
wicklung nicht vollends aus, um
die Lichter einzubremsen.
Aufgenommen im Format 4x5“
mit 90 mm-Objektiv auf Delta
100, Entwicklung in XTOL 1+1,
vergrößert auf Moersch Select
Sepia in Separol WA, Selen-
tonung.

Hoher Kontrast. Ein hoher Kontrast liegt vor, Welchen Einfluss die modifizierten Entwicklungen
wenn unsere Messung eine Blendendifferenz von auf die Lichter haben, wissen wir nun. Was ge-
6 oder mehr ergäbe (= 7 Zonen oder mehr). Beim schieht dadurch aber mit den anderen Zonen?
obigen Beispiel der Schattenbelegung mit Zone III Bisher ist uns nur bekannt, dass eine modifizierte
würden die hellsten Lichter in die Zone IX geraten Entwicklung auch Konsequenzen für die mittle-
und wären ungezeichnet weiß. Sie müssten also ren und tiefen Tonwerte mit sich bringt, wenn
durch eine stark verkürzte Entwicklung um zwei auch nur in einem deutlich geringeren Umfang.
Zonen herunterentwickelt werden, damit sie wie- Obwohl diese Auswirkungen einer verkürzten
der in die Zone VII gerieten. Eine solche Entwick- oder verlängerten Entwicklung auf die mittleren
lung wird N -2 Entwicklung genannt. Tonwerte und die Schatten nicht spektakulär
Niedriger Kontrast. Bei ihm messen wir eine Diffe- sind, gilt es dennoch entgegenzusteuern. Daher
renz von 3 Blendenwerten (= 4 Zonen). Wir ha- muss bei einer N -1 Entwicklung die Schatten-
ben die Schatten wieder mit Zone III belegt und zeichnung durch eine Belichtungszugabe von 1/3
erhielten nun die Zone VI für unsere bildwichti- bis 1/2 Blende gestärkt werden und bei einer N -2
gen Lichter. Diese wären folglich hellgrau und da- Entwicklung muss 2/3 Blenden länger belichtet
mit zu dunkel. Durch eine verlängerte Entwick- werden. Umgekehrt muss bei einer verlängerten
lung, die N +1 bezeichnet wird, werden die Lich- Entwicklung nach N +1 die Dichte in den Schat-
ter um eine Zone in die Zone VII hochentwickelt. ten durch eine Belichtungsverkürzung von 1/3 bis
Sehr niedriger Kontrast. Er liegt bei einer gemesse- 1/2 Blende zurückgenommen werden und bei ei-
nen Differenz von 2 Blendenwerten (= 3 Zonen) ner N + 2 Entwicklung gar um 1 Blende.
vor. Bei unserer üblichen Schattenbelegung von Im Prinzip wär’s das schon mit dem Zonensystem.
Zone III gerieten die Lichter nur bis zur neutralgrau- Kompliziert? Nicht wirklich, denn was machen
en Zone V und wären daher viel zu dunkel; man wir denn schon? Wir messen unser Motiv aus, be-
könnte bei dieser Konstellation kaum mehr von lichten auf die Schatten und entwickeln je nach
Lichtern sprechen. Hier hilft eine stark verlängerte gemessenem Motivkontrast, normal, verkürzt
N +2 Entwicklung, die Lichter um zwei Zonen nach oder verlängert und nutzen so den Kopierumfang
oben in die gewünschte Zone VII zu bringen. unseres Fotopapiers voll aus.

40 FINE ART FOTO 1/06


AU F N A H M E T E C H N I K

Nun, ganz so einfach ist es dennoch nicht, denn raten. Sie wären also insgesamt um 3 Zonen
es gibt noch einiges zum Kontrastausgleich zu komprimiert worden. Natürlich wäre das Bild da- Anders als man auf den ersten
berücksichtigen. durch in seiner Gesamtcharakteristik dunkler ge- Blick vermuten könnte, habe ich
worden und es gäbe ausgeprägtere Schattenbe- die Negativentwicklung dieses
Kontraste ausgleichen reiche. Es ist oftmals also auch eine Frage des Bildes aus dem Petersdom um
Geschmacks, in welche Zone man die bildwichti- zwei Zonen verlängert (N +2),
Reicht bei einer Belegung der Schatten mit Zone gen Schatten legt. weil ich die Lichtstrahlen stärker
III z.B. eine N -2 Entwicklung nicht aus, um die Generell gilt – ich hatte bereits oben darauf hin- vom Gebäude trennen wollte.
Lichter auf Zone VII herunterzuentwickeln, so gewiesen – dass als Ergebnis unserer Anwendung Aufgenommen im Mittelformat
könnte sich der Fotograf auch fragen, ob er denn des Zonensystems keineswegs immer ein fully- mit 45 mm-Objektiv auf Delta
wirklich die bildwichtigen Schatten auf die voll scaled ten-zoned print herauskommen muss. 100, N +2 Entwicklung in XTOL
durchgezeichnete Zone III legen muss, oder ob es Selbstverständlich sind wir frei, welche Richtzone 1+1, vergrößert auf Moersch
das Motiv nicht auch zulässt, diese Schatten in wir für unsere Belichtung auf die Schatten aus- Select Sepia in Separol WA,
die nur noch ganz schwach gezeichnete Zone II wählen. Sieht es unsere Bildidee vor, so kann dies Selentonung.
zu legen. Dadurch gerieten die Lichter, die ja der durchaus auch die Zone IV oder gar V sein, so
Belichtung für die Richtzone folgen müssen, dass wir als dunkelsten Tonwert nur noch Dun-
ebenfalls um eine Zone nach unten und wären – kelgrau bzw. Neutralgrau statt Schwarz erhielten.
unterstellt sie hätten sich vorher in der reinwei- Nehmen wir einmal an, wir hätten bei einem Mo-
ßen Zone X befunden – in Verbindung mit der tivkontrast von 4 Zonen Differenz (= 5 Zonen,
N -2 Entwicklung in die erwünschte Zone VII ge- was ein Normalkontrast darstellen würde) be-

FINE ART FOTO 1/06 41


AU F N A H M E T E C H N I K

Das Zonensystem ist keineswegs


nur eine Domäne der Land-
schaftsfotografie wie viele seit
AA meinen. Um ein tiefschwar-
zes Ziffernblatt zu gewährlei-
sten, habe ich es mit Zone I be-
legt und eine N +2 Entwicklung
vorgenommen, durch die die
Lichter so weit expandiert wur-
den, dass die Ziffernblätter ohne
Probleme reinweiß geprintet
werden konnten.
Aufgenommen im Mittelformat
mit 135 mm-Makroobjektiv auf
Delta 100, N +2 Entwicklung in
XTOL 1+1, vergrößert auf
Moersch Select Sepia in Separol
HE, Selentonung.

schlossen, Zone IV als Richtzone für die Belich- generell normal, verkürzt oder verlängert ent-
tung auf die Schatten zu wählen, weil wir ein hel- wickelt werden müsste. Diese pauschale Aussage
les, leichtes Bild anstreben. Dann kämen die bild- ist ohne Berücksichtigung der Richtzone für die
wichtigen Lichter auf Zone VIII zu liegen und Belichtung aber unzutreffend.
wären nicht mehr optimal durchgezeichnet. Folg-
lich würden wir hier eine N -1 Entwicklung vor- Stimmungen erhalten
nehmen, um die Lichter auf die Zone VII zu brin-
gen. Sie sehen an diesem Beispiel: Obwohl wir Bei kontrastarmen Motiven müssen nicht zwangs-
einen Normalkontrast von 4 Zonen Differenz vor- läufig die Tonwerte durch eine verlängerte Ent-
liegen hatten, haben wir kontrastsenkend ent- wicklung gespreizt werden. Das Beispiel einer
wickeln müssen, weil wir als Richtzone für die stimmungsvollen Nebelstimmung aus der letzten
Schattenbelichtung die hohe Zone IV gewählt ha- Folge, die ihren spezifischen Reiz gerade durch
ben. Man kann also nicht sagen, dass generell bei die wenigen Tonwerte erhält, belegt dies. Wenn
Normalkontrast normal entwickelt wird, bei ho- wir einen so niedrigen Motivkontrast haben, dass
hem Kontrast verkürzt und bei niedrigem Kon- der Belichtungsumfang – also das Verhältnis der
trast verlängert, weil die Lichtersteuerung über dunkelsten zu den hellsten Stellen, die unsere
die Entwicklungsdauer auch von der Richtzone Film-/Entwicklerkombination aufzeichnen kann –
für die Belichtung abhängt. Dies wird von Anfän- größer als dieser sehr niedrige Motivkontrast ist
gern des Zonensystems oft übersehen; in Inter- und wir die Tonwerte nicht expandieren wollen,
netforen kann man z.B. immer wieder lesen, dass so haben wir einen echten Belichtungsspielraum,
bei einem Motivkontrast von X-, Y-, Z-Blenden der es uns erlaubt, unser Motiv ohne Tonwertver-

42 FINE ART FOTO 1/06


AU F N A H M E T E C H N I K

luste im Rahmen dieses Belichtungsumfangs nach


unten oder nach oben auf der Zonenskala zu ver-
schieben. Im Klartext: Wir können unser kontrast-
armes Motiv also wahlweise kürzer oder auch län-
ger belichten. Tonwertverluste können dabei
keine auftreten, solange wir den Belichtungsspiel-
raum nicht durch Überschreiten des Belichtungs-
umfangs verschenken. Die bessere Wahl bei ei-
nem Belichtungsspielraum ist aber immer eine
möglichst kurze Belichtung, also auch hier eine
Belichtung auf die Schatten. Vorteil: Eine knappe-
re Belichtung führt immer zu einem kleineren
Korn und höherer Konturenschärfe, weil nicht so
viel Licht in der Emulsion herumvagabundieren
kann und daher der sogenannte Diffusionslichthof
unterdrückt wird.

Mit dem Zonensystem gestalten

Generell gilt, dass immer dann normal entwickelt (zu hellen) Schatten im Positivprozess durch Nach-
wird, wenn der von uns gewünschte (prävisuali- belichten eine Zone herunter. Das entspricht zwar Erst eine Blaufilterung des dun-
sierte) Kontrast auch tatsächlich gemessen wird. nicht der reinen Lehre des Zonensystems; wer sich kelroten Feuerwehrfahrzeugs
Beispiel: Wir wünschen eine schwere Schatten- aber nicht als Fundamentalist sondern als ergeb- schaffte die Voraussetzung, dass
wiedergabe (Zone II) und sehr helle, kaum noch nisorientierter Pragmatiker versteht, erzielt auch die Schatten mit Zone II belegt
gezeichnete Lichter (Zone VIII). Das macht eine damit sehr gute Ergebnisse. Nur Großbildfotogra- werden konnten. Eine N +1
Blendendifferenz von 6 Blenden (7 Zonen), was an fen sind stets fein raus, weil sie eine N +2 Ent- Entwicklung brachte dann den
sich ein hoher Kontrast wäre, der normalerweise wicklung nicht scheuen müssen. gewünschten Knack in das Bild.
zu einer verkürzten Entwicklung führen würde. Das Zonensystem bedeutet in erster Linie kreative Aufgenommen im Mittelformat
Unsere Messung ergab eine Lichtwertdifferenz Kontrastbewältigung durch eine auf den Motiv- mit 200 mm-Objektiv, Blaufilter,
von 6 Lichtwerten. Es wird nun trotz des hohen kontrast abgestimmte Belichtung und Entwick- Delta 100, N +1 Entwicklung in
Kontrastes normal entwickelt, weil wir dieses Er- lung. Weitere effektive Kontraststeuerungsmög- XTOL 1+1, vergrößert auf
gebnis ja prävisualisiert haben. Oder umgekehrt: lichkeiten sind der Einsatz von Farbfiltern und die Moersch Select Sepia in Separol
Wir haben eine Lichtwertdifferenz von nur Vorbelichtung des Filmmaterials (siehe meine Ab- HE, Selentonung.
2 Lichtwerten gemessen und wollen diese in die handlung zur Vorbelichtung in Heft 2/04 von
Zonen III – V platzieren. Trotz des sehr niedrigen FINE ART FOTO, zu beziehen beim Verlag).
Motivkontrastes wird auch hier normal entwickelt. Alle diese Methoden werden vor oder bei der Auf-
Was wir noch wissen müssen: Einer verlängerten nahme angewandt. Daneben gibt es noch nach-
Entwicklung sind – insbesondere in der Kleinbild- träglich anzuwendende Kontraststeuerungsmög-
fotografie – Grenzen gesetzt, denn durch sie wird lichkeiten durch Abschwächen oder Verstärken.
insbesondere das Korn stark vergrößert. Eine Allerdings sind dies „Grobmethoden“ mit teil-
N +2 Entwicklung ist daher aus Qualitätsgründen weise gravierenden Nachteilen, so dass Sie besser
für Kleinbildfotografen tabu. Selbst Mittelformat- eine Bogen darum machen sollten. Eine Ausnah-
fotografen sollten ein kritisches Auge darauf wer- me hiervon stellt eine Selentonung des Negativs
fen, ob sie nicht lieber auf eine N +2 Entwicklung dar, mit der die Dichte in den Lichtern um bis zu
verzichten sollten, weil nicht alle Filme dafür einer Zone angehoben werden kann. In Verbin-
gleich gut geeignet sind; manche überhaupt dung mit einer N +1 Entwicklung kann man so
nicht. Ersatzweise bietet sich eine N +1 Entwik- annähernd das Ergebnis einer N +2 Entwicklung
klung und eine anschließende Selentonung des erreichen, ohne dass das Korn unerträglich ver-
Negativs an (siehe unten). Oder Sie machen es größert werden würde. Halbwegs empfehlens-
sich noch einfacher, entwickeln nach N +1, legen und daher erwähnenswertwert ist ein sehr vor-
die Richtzone für die Schattenbelichtung 1 Zone sichtiges(!) Aufhellen der Lichter im Positiv mit
höher als eigentlich gewünscht und belichten die stark verdünntem Farmer’schen Abschwächer.

FINE ART FOTO 1/06 43


AU F N A H M E T E C H N I K

Negative, die nach dem Zonen-


system entstanden sind, geben
dem Fotografen alle Freiheiten
der Interpretation; die manchmal
langweilige reine Abbildung des
vermeintlichen Originaleindrucks
bei der Aufnahme ist also kei-
neswegs Pflicht für den Zonen-
systemfotografen. Mit einer
strengen Rotfilterung und einem
massiven Nachbelichten vor
allem der Bildränder habe ich
dieses Motiv dramatisiert.
Aufgenommen im Mittelformat
mit 200 mm-Objektiv, Rotfilter
29A, Delta 100, Normalentwick-
lung in XTOL 1+1, vergrößert auf
Moersch Select Sepia in Separol
WA, Selentonung.

Wenn Sie sich mit dem Zonensystem bereits be- Bild sind, können Sie sich von vorne herein eine
schäftigt haben, wird Ihnen womöglich aufgefal- N -2 Entwicklung vormerken und zwar unabhän-
len sein, dass viele Teleaufnahmen, bei denen gig davon, was Sie messen. Apropos Messen. Ei-
wegen des engen Bildwinkels oftmals verwandte ne Messung auf die Schatten wird oftmals nicht
Tonwerte im Bild zu finden sind, nach einer ver- mehr möglich sein, weil der Messbereich unseres
längerten Entwicklung verlangen. Umgekehrt Belichtungsmessers unterschritten wird. Was also
verhält es sich mit den Weitwinkelaufnahmen, die tun? Abhilfe schafft hier eine Ersatzmessung auf
aufgrund ihres großen Bildwinkels sehr viele un- die Lichter, bei der allerdings folgendes beachtet
terschiedliche Kontraste und dabei oftmals auch werden muss: Da die obligatorische N -2 Entwick-
Hochlichter und Spitzlichter wie Laternen oder lung die Lichter um zwei Zonen abdunkelt, müs-
die Sonne auf das Bild bringen; hier hilft vielfach sen Sie diesem Umstand natürlich bei der Mes-
nur eine verkürzte Entwicklung, um die Kontraste sung der Lichter Rechnung tragen. Messen Sie
in den Griff zu bekommen. Wenn man dies weiß, daher ein Motivteil an, das der Zone VII entspricht
kann man von vorne herein entsprechend gegen- (z.B. ein beleuchtetes Fenster mit vollständiger
steuern. Durchzeichnung). Nun verlängern Sie die gemes-
Kleinbildfotografen, die regelmäßig große Abbil- sene Belichtung nicht wie gewohnt um zwei son-
dungsmaßstäbe bei ihren Prints bevorzugen, kön- dern jetzt um 4 Blendenwerte, so dass sie an sich
nen wegen des „Aufblasens“ der Negative und die Zone IX ergäbe. Mit den angezeigten Zeit-
des damit einhergehenden größeren Streulichtan- /Blendenkombinationen wird dann belichtet. Un-
teils erwägen, diese künftig auf Gradation 3 als sere verkürzte N -2 Entwicklung sorgt nun dafür,
Standardgradation zu vergrößern. dass die Lichter von der Zone IX in die Zone VII
Thema Nachtaufnahmen. Wenn Lichtquellen (ge- rutschen und damit dem angemessenen Motivteil
meint sind z.B. hell beleuchtete Fenster, aber kei- entsprechen. Übrigens werden Nachtaufnahmen
ne Spitzlichter wie direkte Lichtquellen) mit im in der Regel nicht wirklich nachts sondern in der

44 FINE ART FOTO 1/06


AU F N A H M E T E C H N I K

The Image of Beauty


Die Hahnemühle Digital FineArt Collection: TIPA
prämiert als „Bestes Fine Art Inkjet Foto Papier in Europa“.
Die Papiere aus der ältesten deutschen Künstler-
papierfabrik sind weltweit führende Medien für
exklusive, künstlerische Fotografie und Foto-
reproduktionen. Sie bestechen durch einen großen
Farbraum, einen hohen Schwarzwert, ihre viel-
fältigen Oberflächen und die beeindruckende
Haptik von Echt-Bütten- sowie Baumwollpapieren.

Diese Aufnahme aus dem Lokschuppen war völlig unproblematisch,


weil – auch das soll vorkommen! – die Kontrastmessung einen Nor-
malkontrast ergab. Eventuell zu hell geratene Schatten lassen sich
meistens problemlos nachbelichten.

fortgeschrittenen Dämmerung gemacht, wenn sich z.B. noch die


Gebäudekanten von dem Himmel abheben. In FINE ART FOTO
2/03 habe ich zur Nachtaufnahmetechnik in Schwarzweiß geschrie-
ben (das Heft kann beim Verlag nachbestellt werden). Nachtaufnah-
men erfordern stets lange Belichtungszeiten. Da im Langzeitbereich
– etwa ab einer Sekunde Belichtungszeit – die Filmschwärzung im
Verhältnis zur Belichtungsdauer überproportional abnimmt (einfa-
cher ausgedrückt: der Film wird mit zunehmender Belichtungsdauer
immer unempfindlicher = Schwarzschildeffekt), muss die Belichtung
entsprechend verlängert werden. Das Ausmaß der Belichtungszuga-
be ist von Film zu Film verschieden und kann den jeweiligen Daten-
blättern entnommen werden; ebenso das Ausmaß der durch die Be- Marilyn Monroe – JC-25 · Image © Jack Cardiff 2004
lichtungsverlängerung notwendig gewordenen Entwicklungsver-
Die Jack Cardiff Edition der Regan Gallery gedruckt auf
kürzung).
German Etching, einem Echt-Bütten InkJet-Papier aus
Wenn Sie die bisherigen Folgen gelesen haben, so wissen Sie nun al- der Hahnemühle Digital FineArt Collection.
les über das Zonensystem. Was Sie aber noch nicht wissen, ist: Wie
teste ich meine Geräte, um das Gelesene auch wirklich umsetzen
und anwenden zu können? Diese Frage beantwortet der in der
helen@regan-production.co.uk · www.jackcardiff.co.uk
nächsten Ausgabe folgende, abschließende Teil meiner Darstellung
des Zonensystems.

Wolfgang Mothes
www.wolfgangmothes.de

Nachspann: In der fünften und letzten Folge lesen Sie alles über die
The Art of Expression since 1584
dfa@hahnemuehle.de · www.hahnemuehle.de
Kalibrierung Ihrer Geräte, Materialien und Chemie.

FINE ART FOTO 1/06 45


AU F N A H M E T E C H N I K

Das alte Klärwerk war nur


provisorisch mit Baustrah-
lern ausgeleuchtet gewesen.
Schon auf den ersten Blick
war mir klar, dass nur eine
N-2 Entwicklung den hohen
Motivkontrast printbar auf
das Negativ würde übertra-
gen können, was die sicher-
heitshalber durchgeführte
Kontrastmessung dann auch
bestätigte.
Aufgenommen im
Mittelformat mit 50mm-
Objektiv bei Blende 11,
Delta 100 kontrastsenkend
in XTOL 1+1 entwickelt und
auf Moersch Select Sepia in
Separol HE vergrößert, ab-
schließend selengetont.

Schritt für Schritt zum Zonensystem (5)

Die richtige Kalibrierung


In der fünften und letzten Folge seiner Zonensystem-Reihe erklärt Wolfgang
Mothes, wie Sie Ihre Filme, Chemie, Papiere und Gerätschaften durch Testrei-
hen so aufeinander abstimmen (kalibrieren) können, dass sie künftig damit re-
produzierbare Ergebnisse in höchster Qualität erhalten. Sie sind danach in der
Lage, Negative zu erzielen, die den gesamten Motivkontrast mit einem Maxi-
mum an Tonwertinformationen wiedergeben können und die sich außerdem re-
lativ leicht vergrößern lassen. Nebenbei haben Sie außerdem eine sehr hohe
Belichtungssicherheit erreicht, die es Ihnen ermöglicht, künftig auf material-
verzehrende Belichtungsreihen zu verzichten.

38 FINE ART FOTO 2/06


AU F N A H M E T E C H N I K

KOMMEN WIR IN DER LETZTEN FOLGE


zum „ungemütlichen Teil“ des Zonensystems,
nämlich die Abstimmung der Kontraststeuerung
auf Ihre Filme, Chemie, Papiere und Gerätschaf-
ten, auch „Kalibrierung“ genannt. Um Ihr Materi-
al zu kalibrieren, müssen Sie nun eine Reihe von
Tests machen, die ein sehr sorgfältiges Arbeiten
und gewissenhaftes Protokollieren der Ergebnisse
voraussetzt. Wer hier schludert, braucht erst gar
nicht anzufangen. Wichtig zu wissen: Nachdem
Sie Ihr bevorzugtes Material einmal kalibriert ha-
ben, dürfen Sie dieses – auch Teile davon – nicht
auswechseln, ohne dass die Testergebnisse hinfäl-
lig werden. Die Testergebnisse gelten also nur für
den Film, den Entwickler, das Papier und die Ge-
rätschaften, mit denen Sie den Test unternom-
men haben. Müssen Sie deshalb zusammenzuk-
ken, wenn mal wieder ein neuer „Wunderent-
wickler“ auf den Markt gekommen ist, der alles
besser können soll? Mitnichten! Zonensystemfo-
tografen erkennt man auch daran, dass sie „wer-
tekonservativ“ bei dem Bewährten bleiben und
damit deutlich bessere Ergebnisse erzielen als Fo-
tografen, die ständig den neusten Film und den
aktuellsten Entwickler benutzen.
Die Testreihe beginnt mit der Festlegung der ef-
fektiven Empfindlichkeit Ihrer Film-/Entwickler-
kombination und der Bestimmung der Normal-
entwicklungszeit.
Feststellen der effektiven
Warum übernehmen wir nicht die Angaben der Der Arzt stand im Lichtkegel
Empfindlichkeit
Hersteller? Das wäre doch viel einfacher. Die An- einer OP-Lampe. Bei einer sol-
gaben der Hersteller sind sicherlich nicht bewusst Wir fotografieren bei bedecktem Himmel im Frei- chen Beleuchtung geht es in
messtechnisch irreführend zustande gekommen, en vom Stativ aus eine vollkommen gleichmäßig erster Linie darum, die Lichter-
aber sie berücksichtigen nicht die bei den Anwen- helle Testfläche, am besten eine Graukarte, die dichte zu begrenzen, um ein
dern gegebenen spezifischen Bedingungen im vor einem nicht reflektierenden Hintergrund be- Ausfressen im Positivprozess zu
Hinblick auf die verwendeten Filme, Chemie, Fo- festigt ist, der auch einheitlich grau oder schwarz vermeiden. Daher habe ich –
topapiere, Wasserqualität, Gerätschaften (Belich- sein sollte. Kunstlicht ist für den Test nicht geeig- ohne vorher die Kontraste aus-
tungsmesser, Kameraverschluss, Vergrößerer, net, da panchromatische Filme für Kunstlicht et- gemessen zu haben - nach N-2
Dunkelkammer etc.). Und sie berücksichtigen was weniger empfindlich sind (es sei denn, Sie ar- entwickelt, was sich später als
auch nicht die Tatsache, dass Fotopapier für eine beiten hauptsächlich unter Kunstlichtbedingun- richtig herausgestellt hatte.
Tontrennung der maximalschwarzen Zone 0 von gen). Dabei verwenden wir unser am meisten ge- Wenn man keine Zeit für eine
der immer noch völlig ungezeichneten aber nicht brauchtes Kameragehäuse und unser bevorzug- Kontrastmessung hat, aber unsi-
mehr ganz maximal schwarzen Zone I mehr Licht tes Objektiv plus angepasster Streulichtblende, cher ist, ob nicht der Motiv-
benötigt, als ihr die auf theoretischen Erkenntnis- das in Unendlichkeitsstellung defokussiert ist und kontrast zu hoch sein könnte, so
sen beruhenden Testverfahren der Industrie zubil- nehmen einen Abstand zur Graukarte ein, der et- sollte man immer eine kontrast-
ligen. wa dem 20-fachen der verwendeten Brennweite senkende N-1 bzw. N-2 Ent-
Als erstes müssen Sie also die effektive Empfind- entspricht. Wir achten darauf, dass auf unser wicklung vornehmen.
lichkeit Ihrer Film-/Entwicklerkombination festle- Testobjekt kein Schatten fällt und dass sich die
gen und anschließend die darauf basierende Nor- Beleuchtungsverhältnisse nicht während der Test-
malentwicklungszeit bestimmen. belichtungen geändert haben. An dem Spot-Be-
lichtungsmesser wird die vom Hersteller angege-
bene Filmempfindlichkeit eingestellt, z.B. 27 DIN.

FINE ART FOTO 2/06 39


AU F N A H M E T E C H N I K

Die Kuppel der Kirche wies noch


nicht einmal einen Normalkon-
trast auf, was bei solchen Mo-
tiven selten vorkommt. Schüt-
zenswerte Lichter gab es bis auf
die Kuppel-Laterne nicht, so dass
eine N+1 Entwicklung das Mittel
der Wahl war. Durch einfaches
Nachbelichten konnte die Zeich-
nung in der Laterne sicherge-
stellt werden.
Aufgenommen im Mittelformat
6x7 mit 45mm-Objektiv bei
Blende 11, Delta 100 kontrast-
steigernd in XTOL 1+1 entwik-
kelt und auf Moersch Select
Sepia in Separol HE vergrößert,
abschließend selengetont.

Das erste Bild wird mit vollkommen aufgesetztem ne I Negativ und belichten dieses Zone I Negativ
Objektivdeckel bei – zur Sicherheit, dass keinerlei durch Veränderung der Blende definiert kürzer
Licht eindringen kann – kleinster Blende und kür- oder länger, bis wir eine Dichte von 0,10 über
zester Belichtungszeit gemacht. Dadurch erhalten dem Grundschleier messen können.
wir ein Negativ, das nach dem Entwickeln voll- Hierzu stellen wir vorher schriftlich einen Belich-
kommen transparent ist und das benötigt wird, tungsplan auf, den wir dann minuziös fotogra-
um bei der späteren Densitometer-Messung den fisch abarbeiten.
sog. Grundschleier zu bestimmen, der von den Ausgehend von dem mit der Hersteller-Empfind-
gemessenen Dichten abgezogen werden muss lichkeitsangabe von 27 DIN erzielten Messergeb-
(der Densitometer muss auf den Grundschleier nis für die Zone I, nämlich Blende 8 1/500 Sekun-
„eingenullt“ werden). Als Grundschleier wird der de, könnte der Belichtungsplan etwa so aus-
Umstand bezeichnet, dass auch ein völlig trans- sehen:
parent erscheinendes Negativ eine minimale
Dichte aufweist. 1) Blende 11 = 30 DIN
Nun messen Sie Bei Blende 8 – wohlgemerkt, an 2) Blende 8 2/3 = 29 DIN
unserem Spotbelichtungsmesser ist die Empfind- 3) Blende 8 1/3 = 28 DIN
lichkeitsangabe des Filmherstellers von im Beispiel 4) Blende 8 = 27 DIN
27 DIN eingestellt – die Testfläche an und verkür- 5) Blende 5,6 2/3 = 26 DIN
zen die (ausgeglichene) gemessene Zeit (z.B. 1/30 6) Blende 5,6 1/3 = 25 DIN
Sekunde) um 4 Stufen und behalten diese Zeit 7) Blende 5,6 = 24 DIN
künftig als Konstante bei (also 1/500 Sekunde). 8) Blende 4 2/3 = 23 DIN
Denn wie Sie schon wissen, steht eine um 4 Be- 9) Blende 4 1/3 = 22 DIN
lichtungswerte gegenüber der ausgeglichenen 10) Blende 4 = 21 DIN
Messung nach Zone V verkürzte Zeit für die Zone Die Belichtungszeit beträgt dabei stets 1/500 Se-
I. Um diese Zone I geht es auch im Folgenden, kunde.
denn sie ist ja bekanntlich maßgebend für die Fil-
mempfindlichkeit. Wir erzeugen nun also ein Zo- Sie sehen also: Wir gehen von der mit der Her-

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AU F N A H M E T E C H N I K

steller-Empfindlichkeit von 27 DIN gemessenen Nun entwickeln wir den Film gewissenhaft nach
Belichtungskombination für das Zone I Negativ der Herstellerangabe und messen anschließend Der advocatus diaboli in mir
aus, nämlich Blende 8 1/500 Sekunde und grup- mit dem Densitometer die Dichten der Negative kann es sich nicht verkneifen:
pieren unsere Belichtungsreihe zur Feststellung aus. Dasjenige Negativ, das eine Dichte von 0,10 Das Zonensystem ist sehr hilf-
der effektiven Empfindlichkeit um diesen Wert über dem ganz zu Anfang mit aufgesetztem Ob- reich, aber kein Selbstzweck.
herum. Da die Erfahrung lehrt, dass die effektive jektivdeckel angefertigten Negativ (= Zone 0) er- Wahrheitsgemäß muss man
Empfindlichkeit höchstwahrscheinlich geringer gibt, gibt uns künftig die effektive Empfindlich- sagen: Es geht auch ohne, wie
sein wird als die Herstellerangabe von 27 DIN, er- keit der von uns verwendeten Film-/Entwickler- diese Autofokus-Zeitautomatik-
streckt sich unsere Belichtungsreihe mehr in Rich- kombination an, die allen weiteren Tests zu Grun- Aufnahme mit einer Minilux aus
tung geringere Empfindlichkeit als umgekehrt. de gelegt wird. der Hand beweist. Allerdings
Wir beginnen also unsere Belichtungsreihe bei Statt mit dem Densitometer zu messen, können wäre der recht hohe Motiv-
Ziffer 1) und machen die erste Aufnahme mit Sie auch die von Andreas Weidner in seinem kontrast ohne den stark ausglei-
Blende 11, dann drehen wir den Blendenring auf Buch „Workshop“ beschrieben Methode der Ka- chenden Moersch Zweibadent-
8 2/3 und machen die zweite Aufnahme und die- librierung mit Hilfe eines Spotbelichtungsmessers wickler MZB kaum so gut über-
sen Vorgang wiederholen wir so lange, bis wir die anwenden. Sie funktioniert einwandfrei. Manch- tragbar gewesen.
letzte Aufnahme unserer Belichtungsreihe mit mal wird auch der visuelle Vergleich mit bestimm-
Blende 4 gemacht haben. Den Rest des Filmes be- ten Graukeilen empfohlen, wovon ich Ihnen je-
lichten wir mit beliebigen Motiven, damit der Ent- doch abraten möchte, weil man dabei zu leicht
wickler die gleichen Arbeitsbedingungen vorfin- daneben tippt.
det wie später. Mit der Festlegung der effektiven Empfindlichkeit

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Motive wie die alte Bahnhofs-


treppe im nächtlichen Licht-
schein bedürfen grundsätzlich
einer komprimierenden N-2
Entwicklung, damit die Lichter
printbar gedimmt werden. Ich
will Sie nicht dazu aufstacheln,
aber angesichts solcher Motive
kann man sich eine vorherige
Messung des Motivkontrastes
eigentlich ersparen.
Aufgenommen im Mittelformat
6x6 mit 50mm-Objektiv bei
Blende 11, Delta 100 kontrast-
senkend in XTOL 1+1 entwickelt
und auf Moersch Select Sepia in
Separol NE vergrößert, ab-
schliessend selengetont.

hätten wir nun sichergestellt, dass eine korrekte wir darauf, dass wir nicht in den Langzeitbereich
Belichtung auf die Schatten unter Berücksichti- mit seinem Reziprozitätsfehler gelangen und pas-
gung unserer Materialien und Geräte künftig sen notfalls die Blende an. Zwischendurch ma-
möglich ist. chen wir immer mal wieder eine Aufnahme mit
Kommen wir jetzt zum nächsten Schritt, denn es aufgesetztem Objektivdeckel, um ein transparen-
gilt nun die Zeichnung der Lichter, d.h. unsere tes Zone 0-Negativ zur Bestimmung des Grund-
künftige Normalentwicklungszeit, ebenfalls exakt schleiers zu erhalten. Nun zerschneiden wir den
festzulegen. Film in der Dunkelkammer in vier gleich große
Stücke und entwickeln jedes Teilstück mit unter-
Festlegen der Normalentwick- schiedlichen Zeiten: Das erste mit der Hersteller-
lungszeit angabe, das zweite mit einer um 10 % verlänger-
ten, das dritte mit einer um 20 % verkürzten und
Unter Verwendung der von uns ermittelten Nor- das vierte Teilstück mit einer um 30 % verkürzten
malempfindlichkeit stellen wir von unserem Test- Herstellerzeit. Dabei fügen wir bei jeder Entwik-
objekt unter den gleichen Bedingungen, wie ein- klung einen halben beliebig belichteten Film glei-
gangs bei der Ermittlung der effektiven chen Fabrikats bei, damit der Entwickler etwa
Empfindlichkeit beschrieben, einen ganzen Film gleichviel arbeiten muss, wie später bei einem
ausschließlich mit Zone VIII Negativen her. Dazu ganzen Film.
visieren wir unser Testobjekt an, gleichen die Be- Nun wird wieder gemessen. Dasjenige Negativ,
lichtung z.B. unter Verwendung der Blende 5,6 das einen Dichtewert von 1,30 über der Dichte
aus (Zone V) und Verlängern das Messergebnis des Grundschleiers ergibt, repräsentiert unsere
um 3 Belichtungswerte (Zone VIII). Dabei achten neue Normalentwicklungszeit. Eventuell müssen

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Sie die gewünschte Dichte durch Einkreisen mit


weiteren Versuchen erzielen. Wie oben schon ge-
sagt: in der Regel darf man erwarten, dass es ein
Negativ mit einer verkürzten Entwicklungszeit sein
wird.
Wir haben also jetzt die auf unser Equipment ge-
eichte effektive Empfindlichkeit unseres haupt-
sächlich verwendeten Filmes festgestellt und des-
sen Standard-Entwicklungszeit bestimmt, mit der
wir künftig alle Aufnahmen mit normalem Motiv-
Kontrast belichten und entwickeln werden. Das ist
schon sehr viel, ja ich möchte sagen, das ist schon
die halbe Miete. Die halbe Miete? Jetzt meldet
sich mal wieder der advocatus diaboli in mir zu
Wort, der es sich einfach nicht verkneifen kann,
anzumerken, dass bequemere Fotografen sich be-
reits in diesem Stadium gelassen zurücklegen kön-
nen, weil sie nach Maßgabe des folgenden Satzes
damit künftig 95% aller fotografischen Situatio-
nen gut lösen können: Unter Zugrundelegung der
effektiven Empfindlichkeit und der Normalent-
wicklungszeit verkürzen sie bei sehr kontrastrei- unserer effektiven Empfindlichkeit belichtet, wo-
chen Motiven einfach die Entwicklung um 35 - bei wir nicht vergessen, hin und wieder eine Auf- Der Motivkontrast war geringer
40% und belichten etwa 1/2 Blendenwert länger, nahme mit aufgesetztem Objektivdeckel zu ferti- als ein Normalkontrast und es
bzw. verlängern die Entwicklung bei kontrastar- gen (= Zone 0), damit wir bei der späteren handelte sich zudem um ein sehr
men Motiven um 30% und belichten dabei 1/2 Dichtemessung den Grundschleier abziehen kön- „technisches“ Motiv, so dass ich
Blendenwert kürzer. „Zonensystem light“ sozusa- nen. Wir zerschnippeln den Film in 3 Teile und eine N+1 Entwicklung vorgenom-
gen! So leid es mir tut, liebe Jünger der reinen entwickeln diese getrennt, wobei wir wieder je- men und im Positivprozess zu-
Lehre, diese Methode funktioniert in der Praxis er- weils ein größeres, beliebig belichtetes Filmstück dem hart gefiltert habe. Ich
staunlich gut. Selbst Kodak ist sich nicht zu scha- mitlaufen lassen. Den ersten Filmabschnitt ent- hätte natürlich auch eine N+2
de (warum auch?) sie in seinem Buch „Advanced wickeln wir 10% kürzer als unsere ermittelte Nor- Entwicklung vornehmen können,
Black and White Photography“ als immerhin „ad- malentwicklungszeit, den zweiten 20% und den hatte aber trotz des Mittel-
vanced“ zu propagieren! dritten 30% kürzer. Danach erfolgt die Auswer- formats Bedenken wegen einer
Dennoch, wir wollen mehr, nein, wir wollen alles! tung am Densitometer: Diejenige Entwicklungs- Kornvergrößerung.
„Mehr“ bzw. „Alles“ heißt in diesem Falle, dass dauer ist richtig, die die Dichte eines Zone VIII Ne- Aufgenommen im Mittelformat
wir die Entwicklungszeiten für die einzelnen gatives von 1,30 aufweist. Gegebenenfalls müs- 6x7 mit 45mm-Objektiv bei
Kontrastsituationen exakt bestimmen. sen wir auch hier das Procedere wiederholen, um Blende 16, Delta 100 kontrast-
die richtige Dichte einzukreisen. Spätestens nach steigernd in XTOL 1+1 entwik-
Die Ermittlung aller Entwicklungs- dem zweiten Durchgang sollten Sie aber so weit kelt und auf Moersch Select
zeiten für die Kontraststeuerung sein, die geforderte Dichte von 1,30 annähernd Sepia in Separol HE vergrößert,
erreicht zu haben. abschließend selengetont.
Fangen wir an mit der N-1 Kalibrierung, die es uns Gleichermaßen verfahren wir bei der Festlegung
bei leicht erhöhtem Motivkontrast gestattet, die der N-2 Entwicklungszeit, die es uns ermöglicht,
bildwichtigen Lichter um eine Zone herunter zu bei hohen Kontrasten die Lichter um 2 Zonen (von
entwickeln. Wir verwenden wieder unseren Test- Zone X auf Zone VIII) herunter zu entwickeln (zu
aufbau, stellen am Spot-Belichtungsmesser unsere komprimieren): Die am Testobjekt gemessene Be-
ermittelte effektive Empfindlichkeit ein und be- lichtung wird jetzt aber um 5 Belichtungswerte
lichten einen Film mit Zone IX Negativen, indem verlängert (= Zone X). Der vollständig so fotogra-
wir den gemessenen, ausgeglichenen Wert (= Zo- fierte Film wird in 3 Teile geschnitten und diese je-
ne V) um 4 Blendenwerte überbelichten (also z.B. weils mit einer um 25, 35 und 45% verkürzten
1/15 Sekunde statt gemessener 1/250 Sekunde). Entwicklung gegenüber der ermittelten N-1 Ent-
Mit dieser Kombination wird der gesamte Film mit wicklungszeit entwickelt. Diejenige Entwicklungs-

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Es dämmerte bereits stark, ohne


dass schützenswerte Lichter im
Bild gewesen wären. Der Motiv-
kontrast war daher relativ ge-
ring, so dass ich nach N+1 ent-
wickeln konnte, um den Schnee
aufzuhellen und dem Bild insge-
samt mehr Biss zu geben.
Aufgenommen im Mittelformat
6x7 mit 75mm-Objektiv bei
Blende 8, Delta 100 kontraststei-
gernd in XTOL 1+1 entwickelt
und auf Moersch Select Sepia in
Separol NE vergrößert, abschlies-
send selengetont.

zeit ist richtig, deren Negative eine gemessene gen, wenn Sie trotz aller Sorgfalt beim Kalibrieren
Dichte eines Zone VIII Negativs aufweisen, also nicht ganz exakt die geforderten Negativdichten
wie oben 1,30. erzielen. Es reicht für die Praxis allemal, wenn Sie
Kommen wir nun zur Festlegung der N+1 Entwik- diesen deutlich nahe kommen. Überhaupt werden
klungszeit, mit deren Hilfe wir kontrastarme Moti- Sie feststellen, dass Sie – sollten Sie den Kalibrier-
ve um eine Zone hoch entwickeln können (die Ton- vorgang ein zweites Mal unternehmen – so gut
werte werden gestreckt oder „expandiert“), also wie nie exakt die gleichen Werte auf Punkt und
z.B. um die Lichter von der Zone VII in die Zone VIII Komma bekommen werden wie beim ersten Ver-
zu bringen. Die Versuchsanordnung ist wieder die such. Zwei verschiedene Fotografen gar, die die
gleiche wie gewohnt. Die am Testobjekt gemesse- Kalibrierung parallel nebeneinander nach dersel-
ne Belichtung wird jetzt um 2 Belichtungswerte ben Methode durchführen, kommen so gut wie
verlängert (= Zone VII). Der damit fotografierte immer auf unterschiedliche Zeiten bzw. Negativ-
Film wird in 3 Teile geschnitten und diese jeweils dichten. Dieses „Problem“ ist hinlänglich bekannt
mit einer um 20, 30 und 40% gegenüber der Nor- und hat seine Ursache hauptsächlich darin, dass
malentwicklung verlängerten Entwicklung ent- sich die zur Kalibrierung benutzten Gerätschaften
wickelt. Diejenige Entwicklungszeit ist richtig, de- (Belichtungsmesser, Kameraverschlüsse) voneinan-
ren Negative eine gemessene Dichte eines Zone VIII der unterscheiden; aber auch die geringsten Un-
Negativs aufweisen, also wie immer 1,30. terschiede in der Arbeitsmethode (z.B. Kippvor-
Ich hatte bereits in einer früheren Folge gesagt, gang) spiegeln sich in unterschiedlichen Ergebnis-
dass eine N+2 Entwicklung, mit der die Lichter um sen wieder. Was zählt, ist nur Ihr eigenes Ergebnis,
2 Zonen expandiert werden können, bei Kleinbild sofern es mit größter Sorgfalt erzielt wurde.
aus Qualitätsgründen (starkes Korn) überhaupt Damit wären wir am Ende der Kalibrierung ange-
nicht und bei Mittelformat eingeschränkt ver- kommen. Jetzt sind Sie in der Lage, das Zonensy-
wendbar ist, so dass sie eine Domäne der Groß- stem in seiner ganzen Vielfalt zu nutzen. Sie ha-
bildfotografie bleibt. Daher nur in Kürze: Hier wird ben eine enorme Belichtungssicherheit erreicht
die N + 1 Entwicklungszeit etwa um 30, 40 und und die unterschiedlichsten Kontrastverhältnisse
50 Prozent verlängert und nach dem gleichen bei der Aufnahme bereiten Ihnen keine Sorgen
Prinzip verfahren wie oben. mehr. Vorbei sind die Zeiten von materialverschlin-
Wichtig zu wissen: Lassen Sie sich nicht entmuti- genden Belichtungsreihen.

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Schlussbemerkung:

Wenn Sie die vier Folgen meines Zonensystem-Ar-


tikels in der FINE ART FOTO gelesen und
vielleicht auch nachvollzogen haben (ältere Hefte
können beim Verlag nachbezogen werden), so
sollte das Zonensystem für Sie keine „Geheimwis-
senschaft“ mehr sein, um die man wegen ihrer
Kompliziertheit einen Bogen schlagen müsste. Ob
Sie es künftig anwenden oder nicht, ist Ihre Ent-
scheidung. In jedem Fall dürfte sich aber Ihr Ver-
ständnis für die Schwarzweiß-Fotografie und da-
mit Ihre Fototechnik verbessert haben. Falls dies
geschehen ist, wäre schon viel erreicht. Wunder
dürfen Sie von dem Zonensystem ohnehin nicht
erwarten. Sein größter Vorteil in der heutigen Fo-
tografie liegt m.E. darin, dass es nach wie vor die
grundlegenden Erkenntnisse der Schwarzweißfo-
tografie vermittelt.
Ich selbst zum Beispiel – ich schrieb es bereits in
Folge II – verzichte vollkommen darauf, im Positiv-
prozess nur mit normaler Gradation, einer festge-
legten Belichtungszeit und Blende und einem vor-
gegebenen Abbildungsmaßstab zu arbeiten –
obwohl dies sozusagen die „reine Lehre des Zo-
nensystems“ verlangen würde. Stattdessen ver- len und fast allen Fällen eines erhöhten Kontrastes
wende ich Baryt-Gradationswandelpapier locker gewachsen. Ansel mag von oben bitte Ich erinnere mich noch, dass ich
(Moersch Select Sepia, entwickelt in Separol HE weghören: Wenn ich unbeschwert mit Kleinbild bei diesem Motiv keinen Spot-
oder NE), belichte mit unterschiedlichen Grada- fotografieren möchte, dann greife ich ebenfalls Belichtungsmesser dabei hatte,
tionen nach oder wedele ab und scheue mich dazu. Man ist ja schließlich kein Fundamentalist! so dass eine Bestimmung des
auch nicht, ganze Bildteile völlig zuzubelichten, Motivkontrasts entfiel. Ich ent-
wenn es meine Bildidee so vorsieht. Kurz und Ich habe in den fünf Folgen versucht, das Zonen- schloss mich zu einer Normal-
gut: Ich mache in der Dunkelkammer, was ich system so knapp wie möglich und so ausführlich entwicklung, musste dann aber
will! Tun Sie es ebenso! Dabei wissen wir erstaun- wie nötig nachvollziehbar darzustellen. Wer sich im Positivprozess ziemlich hart
licherweise auch noch den guten Ansel Adams intensiver damit auseinandersetzen möchte, dem printen, um dem Engel mehr
auf unserer Seite, denn gerade er als der „Erfin- seien folgende Veröffentlichungen ans Herz ge- Licht zu geben und die Szenerie
der“ des Zonensystems bediente sich im Positiv- legt: zu dramatisieren. Besser wäre es
prozess aller nur denkbaren Tricks, wie man in sei- gewesen, die Tonwerte sogleich
nem Buch „Das Positiv“ nachlesen kann. - Ansel Adams, Das Negativ, Christian Verlag mit einer N+1 Entwicklung zu
Worin das Zonensystem aber nach wie vor un- - Andreas Weidner, Workshop, VERLAG PHOTO- expandieren.
schlagbar ist: Es verhilft uns zu hervorragenden GRAPHIE1994, vergriffen, aber antiquarisch im- Aufgenommen im Mittelformat
Negativen, die – wenn wir es bei der Aufnahme mer wieder erhältlich 6x7 mit 200mm-Objektiv bei
so wollten – den größtmöglichen Informationsge- - Peter Fischer-Piel, Das Zonensystem in der Blende 16, Delta 100 normal ent-
halt an Tonwerten aufweisen, und die außerdem Schwarzweiß- und Farbfotografie, ikoo Buch- wickelt in XTOL 1+1 und auf
noch recht einfach zu vergrößern sind. Wenn das verlag 1986, ebenfalls vergriffen Moersch Select Sepia in Separol
auch heutzutage nichts ist! Ansel selig sei Dank! - Henk Roelfsema, Das Zonensystem, VERLAG HE vergrößert, abschließend
Und falls Sie immer noch keine Lust bekommen PHOTOGRAPHIE 1990, (eher für Fortgeschritte- selengetont.
haben, sich in die Gruppe der Zonis einzureihen, ne zu empfehlen).
so hätte ich noch einen Tipp parat: Verwenden
Sie doch künftig einfach den Zweibad-Aus- Wolfgang Mothes
gleichsentwickler MZB von Moersch-Photoche- www.wolfgangmothes.de
mie. Mit diesem sind Sie allen Fällen des norma-

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