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Fo l g e m t s c h r i ft f ü r j unge C h r i s ten

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Folge m

ige Geist
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Der He

5/2004
Folge mir nach
1
Inhalt/Impressum

Inhalt
Aus aktuellem Anlass:
Folge mir nach – nur der Titel einer Zeitschrift? ............................................ 4
Dem Herrn folgen – warum denn? ............................................................... 7
Versammlung Gottes:
Der Heilige Geist – eine göttliche Person auf der Erde (Teil 1) ................... 10
Bibelstudium:
„Ich bin“ – Titel Gottes und des Herrn Jesus .............................................. 14
Zum Nachdenken:
Pinnwand .................................................................................................. 18
Versammlung Gottes:
Versammlung Gottes – Das Miteinander der Versammlungen (Teil 10) ...... 20
Bibel praktisch:
Wo ist meine Furcht – Gottesfurcht? ........................................................... 26
Christliche Freiheit ..................................................................................... 29
Zwei Geschenke Gottes für jeden Christen – Teil 1: Kinder Gottes ............. 30
Streiflicht:
Der Prophet Habakuk ............................................................................... 33
Gute Botschaft:
Einsteigen .................................................................................................. 36

Impressum
Herausgeber: Anschrift der Redaktion:
Christliche Schriftenverbreitung Rainer Brockhaus · Kormoranweg 18 · 46487 Wesel
Hückeswagen Tel.: (02 81) 6 08 19 · Fax: 6 36 17
PF 100 153 E-mail: rbrockhaus@gmx.de
42490 Hückeswagen Internet: http://www.folgemirnach.de
Telefon: (0 21 92) 9 21 00
Telefax: (0 21 92) 92 10 23 Herstellung:
E-mail: info@csv-verlag.de Layout und Satz:
Andre Dietermann, www.dtp-medien.de, Haiger
Druck: Brockhaus Druck, Dillenburg

Folge mir nach erscheint sechswöchentlich;


Abo-Preis 13,-- (zzgl. Porto Inland: 2,50; Porto Aus- Bildnachweis:
land: 4,--); Musterhefte können jederzeit angefordert Project Photos: 1, 12, 20
werden; Abonnements und Änderungen im Abonnement R. Dietermann: 5, 10, 29
bitte an den Herausgeber. Bibelübersetzung: Elberfelder
Übersetzung Version 2003
imagelibrary: 6, 24, 26, 31, 33, 35

2
Das persönliche Grußwort

V or einigen Jahren saß ich im Garten und wartete darauf, dass


unser jüngstes Kind – damals vielleicht eineinhalb Jahre alt – um die
Hausecke zu mir in den Garten käme. Nachdem ich zweimal ohne
Erfolg gerufen hatte, stand ich auf, damit mich der Kleine sehen
konnte. Sofort setzte er sich in Bewegung. In der Zuversicht, dass er
nun zu mir kommen würde, ging ich wieder um die Hausecke und
setzte mich auf meinen Stuhl. Was geschah? Nichts!
Also ging ich wieder um die Ecke und rief meinen Sohn. Wieder kam
er ein Stück, so dass ich mich hoffnungsvoll zu meinem Stuhl zurück-
begab. Fehlanzeige! Also ging ich ein drittes Mal um die Ecke. Diesmal
blieb ich stehen – und tatsächlich kam der kleine Kerl dann schnur-
stracks zu mir hergehopst. Er freute sich – und ich mich natürlich auch,
auch wenn unser Kleiner noch den Gehorsam aufs erste Wort zu lernen
hatte!
Durch dieses Erlebnis wurde mir klar, wie wichtig es für uns als Christen
ist, den Blick nicht vom Herrn Jesus zu lassen. Wie oft und lange muss
Er manchmal auf uns warten! Er verschwindet ja nie „um die Ecke“.
Aber wir lassen uns so oft ablenken und bleiben stehen oder drehen
uns sogar um.
Dabei hat Er jedem von uns zugerufen: „Folge mir nach!“ Dieser Auf-
forderung dürfen und sollen wir Folge leisten (Seite 4 und Seite 7). Wir
sollen auf Ihn schauen, hinschauen, Ihn sozusagen mit ganzer Anstren-
gung fixieren. Und wo „finden“ wir Ihn? Allein in der Bibel! Hast du
dich schon einmal mit seinen Namen beschäftigt (Seite 20)? Mit seiner
inneren Herrlichkeit als der Mensch Jesus, wie Er seinen Lebenswandel
hier auf der Erde geführt hat? Aber auch, wie herrlich seine Person jetzt
ist, nachdem Er sich zur Rechten Gottes gesetzt hat?
Auch heute lädt uns der Retter und Herr ein: „Kommt und seht!“ (Joh
1,39). Kommen und schauen, das musst du selbst tun. Dazu wollen wir
dich auch mit diesem neuen Heft gerne wieder neu einladen.

Folge mir nach


3
Folge mir nach
Zeitschrift für junge Christen

Folge mir nach –


nur der Titel einer
Zeitschrift? Wählen – Wahlen
Satanismus
6/2002
Folge
mir na
ch
Frauenpower

H
1

ast du neulich in „Folge mir nach“ gelesen ...? … Das „Folge


mir nach“-Team schreibt ... Ich lese zum ersten Mal „Folge mir nach“ ...
3 Jahrgänge „Folge mir nach“ zu verkaufen!

„Folge – mir – nach!“ – Das sind drei Ich soll nicht einem Menschen nachfolgen
Worte aus dem Mund deines Erlösers! Klar – und sei er auch ein noch so entschiedener
und eindeutig. Liebevoll befehlend. Keine Christ. Aber ich darf solche, die in der Nach-
Ausrede zulassend. 14-mal kannst du sie folge des Herrn Jesus treu sind, nachahmen,
in deiner Bibel nachlesen. Und darüber indem ich Ihm ebenso treu nachfolge. Der
nachdenken. Apostel Paulus konnte die Gläubigen auffor-
dern: „Seid meine Nachahmer, wie auch ich
Wer soll nachfolgen? – Du und ich, Christi“ (1. Kor 11,1; vgl. auch Heb 13,7).
jeder persönlich. Die Aufforderung „Folge
mir nach“ gibt es in Gottes Wort nur in Was ist das: nachfolgen? – Nachfol-
der Einzahl. Das soll heißen: Achte nicht gen heißt: Dicht hinterher gehen und
in erster Linie darauf, was der andere tun nachahmen. Dazu muss ich den, dem ich
und lassen soll, sondern sieh zunächst auf nachfolge, ständig im Auge behalten. Ein
deinen eigenen Weg. Als Petrus im Blick Blick auf die schwierigen Umstände – und
auf Johannes fragte: „Herr, was wird aber ich verlangsame meinen Schritt. Ein Blick
mit diesem?“, bekam er zur Antwort: „Was in die Welt – und ich stolpere und komme
geht es dich an? Folge du mir nach!“ (Joh zu Fall. Ganz schlimm wird es, wenn ich Ihn
21,21.22) Erst, wenn wir selbst treu in der ganz aus den Augen verliere. Dann gehe
Nachfolge des Herrn Jesus sind, kann Er ich unweigerlich in die Irre. Lass es nicht
uns auch gebrauchen, anderen dabei eine so weit kommen! Bedenke: Petrus „folgte
Hilfe zu sein. Ihm von ferne“ – und verleugnete Ihn dann!
(Mt 26,58).
Wem soll ich nachfolgen? – Natürlich Ihn im Auge behalten heißt: Ihn in seinem
dem Herrn Jesus! Er ist der Lehrer – ich bin Wort betrachten. Hast du schon einmal
sein Schüler, der von Ihm lernen soll. Er ist über seine Gesinnung nachgedacht? Er
der Meister – ich bin sein Jünger, der es Ihm erniedrigte sich freiwillig und war gehorsam
nachmachen soll. Er ist der Herr – ich bin (Phil 2,5–8). Er war sanftmütig und von
sein Knecht, der Ihm gehorchen soll. Er ist Herzen demütig (Mt 11,29). Er war voller
der Hirte – ich bin wie ein orientierungsloses Liebe. Hast du schon einmal darauf geach-
Schaf, das ohne Ihn nur falsche Wege geht. tet, wie Er sich im täglichen Leben verhielt?

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Folge mir nach – nur der Titel einer Zeitschrift?

Wie Er mit den Menschen sprach? Wie Er Mt 8,22). Denke einmal über die Beleh-
auf Spott oder Verleumdungen reagierte? rung des Herrn nach: „Wenn jemand zu
Was Er sagte, wenn Ihm geschmeichelt mir kommt und hasst nicht seinen Vater
wurde? Wie Er die Versuchungen des Teu- und seine Mutter und seine Frau und seine
fels abwehrte? Wie Er sich der Obrigkeit Kinder und seine Brüder und Schwestern,
unterwarf? Welche Hilfsbereitschaft Er dazu aber auch sein eigenes Leben, so kann
hatte? Wie Er für die Rechte und die Hei- er nicht mein Jünger sein“ (Lk 14,26). Dabei
ligkeit Gottes eintrat? – In allen Bereichen geht es natürlich nicht darum, gegenüber
ist Er das vollkommene Vorbild für jeden Mitgliedern deiner Familie Gefühle des
von uns! Und wenn du das alles bei Ihm Hasses zu nähren, sondern einfach darum,
siehst – spornt es dich dann nicht an, Ihn aus Rücksicht auf Verwandte oder Freunde
nachzuahmen? Ja, sagst du vielleicht, aber keine Kompromisse auf Kosten deines Herrn
das ist leichter gesagt als getan! Stimmt. einzugehen.
Aber der Herr Jesus selbst fordert dich Der zitierte Vers zeigt aber noch ein anderes
dazu auf! Hindernis: das eigene „ich“. Hierzu gehört
zum Beispiel der Wunsch nach einem mög-
Wie kann ich nachfolgen? – Indem ich lichst bequemen Leben, vollgestopft mit
Hindernisse aus dem Weg räume. Vieles in allerlei Freizeitaktivitäten oder Befriedigung
meinem Leben kann mich nämlich von der diverser Begierden. Deshalb sagt der Herr
Nachfolge des Herrn Jesus abhalten. Jesus: „Wenn jemand mir nachkommen will,
Ein Beispiel liefert der reiche Jüngling. Für der verleugne sich selbst und nehme sein
ihn war sein Vermögen alles. Er hatte den Kreuz auf und folge mir nach“ (Mt 16,24).
Wunsch, ewiges Leben zu bekommen, als er Sein Kreuz aufnehmen heißt zweierlei:
aber die Aufforderung erhielt, seine Habe zu Einerseits soll ich verwirklichen, dass ich
verkaufen und sie den Armen zu geben und dieser Welt gestorben bin, d.h., dass mich
dem Herrn nachzufolgen, ging er betrübt die Welt mit ihren Verlockungen nicht mehr
weg (vgl. Mt 19,16–22). Wie oft bist du in erreichen kann. Andererseits soll ich die
Gedanken mit deinen Finanzen beschäftigt?
Wie wichtig ist dir deine irdische Karriere?
Ein anderer, der dem Herrn nachfolgen
wollte, hatte so starke fami-
liäre Bindungen, dass
diese ihm zu einem
Hindernis
wurden
(vgl.

Folge mir nach


5
Folge mir nach – nur der Titel einer Zeitschrift?

Verachtung, die mit dem Kreuz verbunden Zwei Vorbilder für Nachfolge
ist, auf mich nehmen, d.h., es ruhig ertragen,
wenn sie mich um Christi willen belächelt, Bartimäus war ein blinder Bettler – ein
benachteiligt oder gar verfolgt. treffendes Bild von dem geistlichen Zustand,
Aus all dem lernen wir: Wer Ihm wirklich in dem wir vor unserer Bekehrung waren.
nachfolgen will, muss die Prioritäten in Aber der Herr Jesus erbarmte sich über
seinem Leben richtig setzen. Aber: Nur wer ihn und machte ihn sehend. Was war das
Ihn wirklich liebt, bekommt die Kraft dazu, Erste, was Bartimäus dann sah? Jesus! Und
solche Hindernisse dauerhaft abzubauen. was tat er dann? Gottes Wort berichtet: Er
Und es lohnt sich! „folgte ihm nach und verherrlichte Gott“ (Lk
18,43; vgl. auch Mk 10,46–52). Obwohl er
keine spezielle Aufforderung dazu erhielt!
Freiwillig. Er war einfach überwältigt von
der Person seines Retters. Und dankbar!
– Hat der Herr Jesus nicht auch deine Augen
geöffnet? Wie dankst du Ihm dafür?

Matthäus war ein Zöllner. Rein äußerlich


kam er treu seinen beruflichen Pflichten
nach: Er saß am Zollhaus. Bei den Juden
war sein Berufsstand verachtet, denn viele
Zöllner arbeiteten für die eigene Tasche.
Daher wurde sicher auch Matthäus von
ihnen gemieden. Aber eines Tages kommt
der Herr Jesus dort vorbei und ruft ihm ganz
Was bringt das: nachfolgen? – Eigentlich unvermittelt zu: „Folge mir nach!“ (Lk 5,27).
sollte es ja schon reichen, wenn du es aus Dass jemand ihn, den Zöllner, überhaupt
Liebe zu Dem tust, der sein Leben für dich wollte, überwältigte ihn offenbar so sehr,
gelassen hat! Er wird dadurch erfreut und dass er sofort aufstand und – alles verlas-
auch geehrt. Aber es ist auch zum Segen für send – Ihm nachfolgte. Wie intensiv muss
deine Umgebung: Deine Nachfolge spornt er während seiner Nachfolge den Herrn
andere an, es ebenso zu tun. Schließlich Jesus betrachtet haben, dass er benutzt
wirst du aber auch selbst gesegnet. Du werden konnte, eines der vier Evangelien
wirst innere Freude verspüren, du wirst vor zu schreiben!
Gefahren bewahrt und du erkennst bei den Hat der Herr Jesus dir nicht auch schon
täglichen Entscheidungen viel leichter den mindestens einmal zugerufen: „Folge mir
Willen Gottes. nach?“ – Du weißt es nicht? Dann schließe
dieses Heft einfach wieder ...!
Egbert Brockhaus

Folge du mir nach!


Johannes 21,22

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Dem Herrn folgen – warum denn?

Dem Herrn folgen –


warum denn?
Gedanken zu Johannes 6

M enschen, wohin das Auge sieht. Wo wollen sie denn alle hin? Sie
gehen zum See. Aber nicht, um dort einen schönen Nachmittag zu ver-
bringen! Nein, sie gehen zu einem Mann mit Namen Jesus. Das ist „in“.
Schließlich tut dieser Mensch jede Menge Zeichen und Wunder. Er macht
Kranke gesund, Er heilt Lahme, Er gibt Blinden das Augenlicht zurück,
und Er vertreibt sogar die unreinen Geister. Diesen Jesus muss man ein-
fach live erlebt haben. Immer mehr Menschen kommen. Schließlich sind
es allein 5.000 Männer – Frauen und Kinder nicht einmal mitgezählt.

Nahrung für Seele und Leib Ihnen ist klar: „Dieser ist wahrhaftig der
Prophet, der in die Welt kommen soll“ (Vers
Wenn Jesus redet, hören alle zu. So wie Er 14). Doch was tut der Herr Jesus? Lässt er
redet sonst keiner. Gespannt hängen die sich feiern? Sonnt er sich in der Anerken-
Menschen an seinen Lippen. Sie vergessen nung der Menschen? Ganz und gar nicht!
alles um sich herum, auch die Zeit. Im Gegenteil. „Da nun Jesus erkannte,
dass sie kommen und ihn ergreifen wollten,
Was der Herr Jesus zu sagen hat, ist die um ihn zum König zu machen, zog er sich
Nahrung für die Seele. Er hat Worte Got- wieder auf den Berg zurück, er allein“ (Vers
tes an die Menschen. Aber Er vergisst auch 15). Der Herr Jesus sah tiefer als andere
nicht das leibliche Wohl dieser großen Menschen. Er prüfte die Beweggründe und
Menschenmenge. Motive seiner Zuhörer und erkannte, dass
der Grund ihrer Begeisterung darin lag,
Vor lauter Begeisterung hatten die meisten dass sie seine Wunder sahen. Seine Person
wohl vergessen, etwas zu essen mitzubrin- interessierte nicht so sehr.
gen. Jetzt haben sie Hunger, aber nichts zu
essen. Doch der Herr Jesus rettet die Situ- Die Menschen aber lassen nicht locker.
ation und tut ein weiteres Wunder. Alle be- Sie suchen Ihn und finden Ihn auch. Ob
kommen genug zu essen. Alle werden satt. Er sich jetzt zum König machen lässt? Ob
Und es bleibt sogar übrig. Er es vielleicht schafft, die Juden von dem
Joch der Römer zu befreien? Jetzt fängt Er
an zu reden. Die Menschen sind gespannt.
Jesus als König? Was Er ihnen wohl zu sagen hat? Hat Er
es sich anders überlegt? Hält Er eine An-
Jetzt sind die Menschen noch begeisterter. trittsrede als König? Kommt endlich eine
Folge mir nach
7
Regierungserklärung? Im Gegenteil! Der sprach Jesus zu ihnen: Wahrlich, wahrlich,
Herr Jesus fängt an, vom Glauben zu re- ich sage euch: Wenn ihr nicht das Fleisch
den. Seine Aussage ist klar und deutlich: des Sohnes des Menschen esst und sein
„Dies ist das Werk Gottes, dass ihr an den Blut trinkt, so habt ihr kein Leben in euch
glaubt, den er gesandt hat“ (Vers 29). Diese selbst“ (Vers 53).
Worte polarisieren. Sie provozieren Fragen
bei den Zuhörern. Enttäuschung macht
sich breit. Enttäuschung

Jetzt haben die Menschen endgültig genug.


Das Brot des Lebens Wie kann man nur so radikal und kompro-
misslos sein? Mit diesem Jesus wollen sie
Doch der Herr Jesus ist noch nicht am nichts zu tun haben. Kann Er denn nicht
Ende. Jetzt spricht Er von dem aus dem etwas freundlicher reden? Gibt es denn
Himmel gekommenen Brot des Lebens, keinen anderen Weg? Nein, so einen Jesus
das Er selbst ist. Diese Worte polarisieren wollen sie nicht. Sie gehen lieber weg. Die
noch mehr. Die Begeisterung weicht. Die Bibel sagt: „Von da an gingen viele von sei-
Juden fangen an zu murren. War das nicht nen Jüngern zurück und wandelten nicht
anmaßend von diesem Jesus? Wie kann mehr mit ihm“ (Vers 66). Von den 5.000
Er so was sagen! Schließlich war Er doch begeisterten Anhängern sind nicht mehr
nur der Sohn von Joseph. Den kannten sie. viele übrig geblieben. Sie waren Ihm eine
Der war ein einfacher Zimmermann gewe- Zeitlang nachgefolgt, aber jetzt ist endgül-
sen. Da kann sein Sohn doch nicht von tig Schluss damit: „Diese Rede ist hart, wer
sich behaupten, Er sei aus dem Himmel kann sie hören“? – so fragen sie. Einen sol-
gekommen (Vers 42)! chen Jesus? – nein danke!

Aber der Herr Jesus hat noch mehr zu sa- Der Herr Jesus lässt sie gehen. Er versucht
gen. Er macht unmissverständlich klar, dass auch nicht, sie umzustimmen. Traurig sieht
es nur einen Weg zum Leben gibt – und das Er ihnen nach. Es tut Ihm weh, dass die
ist Er selbst! „Ich bin das lebendige Brot, Menschen Ihn nur wollen, weil Er ihnen
das aus dem Himmel herniedergekommen Gutes tut. Es tut Ihm weh, dass sie Ihn
ist; wenn jemand von diesem Brot isst, wird nicht wirklich erkennen und auch nicht an
er leben in Ewigkeit. Das Brot aber, das ich Ihn glauben wollen.
geben werde, ist mein Fleisch, das ich ge-
ben werde für das Leben der Welt“ (Vers
51). Jetzt fangen die Juden sogar an zu Eine wichtige Frage
streiten. „Wie kann dieser uns sein Fleisch
zu essen geben“, fragen sie ärgerlich (Vers Allein bleibt der Herr Jesus zurück! Wirklich
52)? Und der Herr Jesus lässt nicht locker. allein? Nein, alle sind sie doch nicht wegge-
Was die Menschen von Ihm denken, spielt gangen. Da sind noch die Zwölf, die schon
keine Rolle. Er passt seine Aussagen nicht länger bei ihm waren. Was mögen sie wohl
der Meinung der Menschen an. Toleranz ist gedacht haben? Der Herr Jesus freut sich,
hier nicht gefragt. Er sagt ihnen die Wahr- dass sie noch da sind. Aber er sagt nicht:
heit und spricht deutlich von seinem Tod, „Schön, dass ihr geblieben seid“. Nein, er
spricht davon, dass nur der Glaube an ei- stellt ihnen eine präzise Frage: „Wollt ihr
nen gestorbenen Christus Leben gibt. „Da etwa auch weggehen?“ (Vers 67). Der Herr

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Dem Herrn folgen – warum denn?

Jesus ist sich sicher, dass sie nicht wegge- denschaft nachfolgen. Damit ist allerdings
hen wollen, aber Er möchte die Motive eine Konsequenz verbunden. Wenn wir
ihrer Herzen aufdecken. Sie sollen in sich Ihm nachfolgen, sind wir nicht mehr selbst
hineinhorchen und sich selbst die Frage die Nr. 1 in unserem Leben, sondern dann
beantworten, warum sie eigentlich bei Ihm hat Er den ersten Platz. „Das Leben ist für
bleiben. mich Christus“ – so formuliert der Apos-
tel Paulus diesen Totalitätsanspruch des
Herrn Jesus. Und dieser Christus ist in der
Eine entscheidende Antwort Welt verworfen. Wer Ihm folgt, kann nicht
damit rechnen, in dieser Welt etwas zu gel-
Und die Antwort lässt nicht lange auf sich ten.
warten. Stellvertretend für alle gibt Simon Herr, zu wem
Petrus die entscheidende Antwort: „Herr, Welche Antwort
zu wem sollen wir gehen? Du hast Worte würden wir heu- sollen wir ge-
ewigen Lebens; und wir haben geglaubt te auf die Frage
und erkannt, dass du der Heilige Gottes unseres Herrn hen? Du hast
bist“ (Vers 68.69). Das gleicht einem Of- geben? Welchen Worte ewigen
fenbarungseid. Das waren klare Worte. Weg wollen wir
Für die Jünger gab es keine Alternative. gehen? Den Weg Lebens; und
Sie hatten Ihn erlebt – nicht nur seine mit dem Herrn
Wunder, sondern vor allem Ihn selbst. Jesus, oder den wir haben
Sie hatten Ihn als den Heiligen Gottes er- eigenen Weg? geglaubt und
kannt. Das genügte. Mehr brauchten sie An Alternati-
nicht, und weniger hätte sie nie befriedi- ven mangelt es erkannt,
gen können. nicht. Aber sind
es wirklich Alter- dass du der
nativen? Gibt es Heilige Gottes
Der Herr Jesus sucht Nachfolger einen Weg, der
mit dem Weg der bist.
Der Herr Jesus stellt auch dir und mir die Nachfolge zu ver- Johannes 6.68-69
Frage, warum wir Ihm eigentlich nachfol- gleichen wäre?
gen. Das heißt, Er weiß es eigentlich ganz
genau, aber Er möchte, dass wir darüber Es macht wenig Sinn, dem Herrn Jesus
nachdenken. Bei Ihm gibt es keinen Nach- aus Zwang zu folgen. Es macht wenig
folgezwang. Er lässt die Menschen gehen, Sinn, dem Herrn Jesus nur deshalb zu
die Ihn nicht wollen. Er sucht keine Nach- folgen, weil die andern das auch tun. Es
folger, die Ihm nur der äußeren Vorteile macht wenig Sinn, dem Herrn Jesus nur
wegen nachfolgen. Nein, unsere Nach- zu folgen, weil die Eltern das so wollen.
folge darf und soll Herzenssache sein. Nachfolge muss Herzensüberzeugung
Aber wer Ihn einmal wirklich erkannt und sein. Der Herr Jesus möchte uns ganz. Er
erlebt hat, der wird auch den Wunsch im hat alles für uns getan. Er hat sein Leben
Herzen haben, Ihm zu folgen. Wer weiß, gegeben. Diesem Herrn aus Liebe zu fol-
was der Herr Jesus für Ihn getan hat, der gen und ganz nah bei Ihm zu bleiben – das
wird auch bei Ihm bleiben wollen. Was lohnt sich immer!
der Herr Jesus sucht, sind Menschen, die
Ihm mit tiefer Hingabe und großer Lei- Ernst-August Bremicker

Folge mir nach


9
Der Heilige Geist –
seine Person und sein Wirken
Teil 1: Der Heilige Geist – eine göttliche
Person auf der Erde

D ie Zeit des Christentums


ist besonders durch die Gegenwart
des Heiligen Geistes auf der Erde gekenn-
zeichnet. Er konnte erst nach Golgatha, nach der Verherrlichung des
Herrn, auf die Erde kommen (Joh 7,39). Eine solche Zeitepoche wird es
nie wieder geben, und so ist es äußerst wertvoll, mehr über die Person
und das Wirken des Heiligen Geistes zu erfahren. Ein bewusst kurz ge-
haltener Überblick in drei Folgen soll hierzu den Einstieg erleichtern.

1. Gottheit und Personalität des Hei- den ewigen Geist Gott geopfert; nur
ligen Geistes Gott ist im absoluten Sinn ewig.

1.1 Der Heilige Geist ist Gott 1.2 Der Heilige Geist ist Person

Viele stellen sich unter dem Heiligen Geist Wenn die Gottheit des Heiligen Geistes
eine Kraft, einen Einfluss vor. Aber Er ist bezeugt wird, so wird darüber hinaus auch
viel mehr, nämlich eine göttliche Person – verdeutlicht, dass Er nicht nur eine Kraft,
Gott, der Heilige Geist. Er ist genauso Gott ein göttlicher Impulsgeber, sondern wirklich
wie der Vater und der Sohn. Einige Texte eine Person ist. Diese Wahrheit ist ebenso
belegen dies unzweideutig: wie die Sohnschaft des Herrn Jesus oft an-
Mt 3,16.17 (die Taufe des Herrn): Va- gegriffen worden. Einige Textstellen bele-
ter, Sohn und Heiliger Geist sind hier als gen das soeben Erwähnte:
Drei-Einheit offenbart. Apg 5,3.4: Ananias hatte den Heiligen
Mt 28,19: Menschen sollten auf den Geist belogen; man kann keine Kräfte
Namen des Vaters, des Sohnes und des belügen.
Heiligen Geistes getauft werden; der Apg 13,2: Der Geist sprach zu den Ver-
Heilige Geist wird damit ohne jede Ein- sammelten; auch das bezeugt seine Per-
schränkung auf die gleiche Ebene ge- sonalität.
stellt wie die beiden anderen Personen Apg 16,6: Der Geist Jesu erlaubte etwas
der Gottheit. nicht, Kräfte können nichts verbieten.
2. Kor 13,13: Wieder werden der Herr
Jesus, Gott und der Heilige Geist „in ei- Einige weitere Bibelstellen geben vertieften
nem Atemzug“ genannt. Aufschluss über die Person und Gottheit
Heb 9,14: Der Herr Jesus hat sich durch des Geistes Gottes:

10
Der Heilige Geist

Bibelstelle Ausdruck Hinweis auf


Der Heilige Geist ist Gott:
1. Kor 2,11 Er erforscht alles. Allwissenheit
Ps 139,7.8 Das Fliehen vor dem Geist Allgegenwart
Hiob 33,4 Er hat „geschaffen“. Schöpfermacht

Der Heilige Geist ist Person:


1. Kor 2,11 Er weiß alles. Geist, Verstand
Eph 4,30 Man kann Ihn betrüben. Empfindungen
1. Kor 12,11 Er wirkt, wie Er will. Willen

Weitere „Eigenschaften“ des Heiligen Geis- Mt 1,18: Maria würde schwanger erfun-
tes: Er den werden vom Heiligen Geist.
liebt (Röm 15,30), Mt 1,20: Das in ihr Gezeugte ist vom Hei-
tröstet (Joh 14–16), ligen Geist.
hört (Joh 16,13), Mt 3,16: Der Heilige Geist kommt in Ge-
spricht (Joh 16,13), stalt einer Taube auf den Sohn hernie-
lehrt (Joh 14,26), der.
erinnert (Joh 14,26), Der Herr wurde mit Heiligem Geist und
überführt (Joh 16,8), mit Kraft gesalbt (Apg 10,38).
verbietet (Apg 16,7), Der Herr Jesus hat sich durch den ewi-
man kann Ihm widerstehen (Apg 7,51 gen Geist ohne Flecken Gott geopfert
Jes 63,10), (Heb 9,14).
man kann Ihn lästern (Mt 12,31). Er wurde gerechtfertigt im Geist (1. Tim
3,16): Der Herr ist in einem Maß unge-
Der Heilige Geist wirkte zur Zeit des Alten recht beschuldigt worden, dass der Geist
Testaments anders als jetzt. Er überkleide- nicht anders konnte, als besonders durch
te die damaligen Gläubigen eine Zeitlang, die Auferweckung (1. Pet 3,18; Röm 1,4)
aber Er wohnte nicht – bleibend – in ihnen. zu zeigen, wie gerecht der ist, den Men-
Sowohl der Sohn Gottes als auch der Geist schen als den schlimmsten der Verbre-
Gottes werden im Alten Testament nur ver- cher behandelt hatten.
hältnismäßig selten erwähnt.
3. Titel und Tätigkeiten des Heiligen
2. Das Wirken des Heiligen Geistes Geistes
in Verbindung mit der Menschwer-
dung des Herrn Im Johannesevangelium unterrichtet der
Herr Jesus seine Jünger ausführlich über
Bemerkenswert ist die unmittelbare „An- den Heiligen Geist und über sein Kommen
teilnahme“ des Heiligen Geistes an der und Wirken. Er bezeichnet Ihn als „Sach-
Menschwerdung, dem Leben, dem Sterben walter“ (Joh 14,16.26; 15,26; 16,7; gr. pa-
und der Auferweckung des Herrn Jesus: rakletos). Er ist also
Lk 1,35: Der Engel kündigt Maria an, „Rechtsanwalt“: Er nimmt sich der Sa-
dass der Heilige Geist über sie kommen che, der Interessen der Kinder Gottes
würde. an;
Folge mir nach
11
„Tröster“: Wie oft weinen wir, brauchen liert die Worte, „er verwendet sich für
Trost. Da ist jetzt jemand, der mein Trös- Heilige Gott gemäß“ (Röm 8,27). Kann
ter sein kann und sein will; der Heilige Geist etwa zu sich selbst be-
„Fürsprecher“: Wie oft fehlen uns die ten?! Unmöglich. Dieses Sich-Verwenden
Worte! Dann nimmt sich der Geist unse- des Geistes ist doch zum Vater und zum
rer Schwachheit an (Röm 8,26.27). Sohn gerichtet! Der Heilige Geist ist da-
her viel eher der Impuls, die Kraft, die
In den gleichen Reden erwähnt der Herr Person, die mich zum Vater, zum Sohn
Jesus insgesamt sieben Tätigkeiten des Hei- leitet (vgl. auch Eph 2,18 und Phil 3,3).
ligen Geistes: Er würde Ein Beten zum Heiligen Geist ist daher
aus biblischer Sicht nicht zu verantwor-
1. sie alles lehren (Joh 14,26), ten.
2. die Jünger an alles erinnern, was der
5. Der Heilige Geist und die Inspira-
Herr ihnen gesagt hatte (Joh 14,26),
tion
3. von dem Herrn zeugen (Joh 15,26),
4. die Welt überführen
von Sünde, Gerechtig- In auffälliger Weise spricht
keit und Gericht (Joh die Schrift im Zusammen-
16,8–11), hang mit dem Entstehen
5. die Seinen in die gan- des göttlichen Textes von
ze Wahrheit leiten (Joh der Wirkung des Heiligen
16,13), Geistes: „Heilige Menschen
6. das Kommende verkün- Gottes redeten, getrieben
digen (Joh 16,13), vom Heiligen Geist“ (2. Pet
7. den Herrn Jesus ver- 1,21).
herrlichen (Joh 16,14). Das war Leitung durch den
Geist in allerhöchster Form.
4. Beten zum Heiligen Seine Gedanken wurden
Geist? irrtumslos, fehlerfrei for-
muliert, und das in einer
Wenn der Heilige Geist menschlichen Sprache:
Gott ist, so stellt sich die Unendliche Gedanken in
Frage, ob ich dann nicht einer endlichen Form! Das
zu Ihm beten, Ihn anbeten gibt unserem Glauben ein
kann. Viele Christen bejahen diese Frage. unerschütterliches Fundament, besonders
Drei Aspekte können bei der biblischen Fra- in Bezug auf den Herrn Jesus. Jemand hat
genbeantwortung vielleicht hilfreich sein: es so formuliert: „Wir wagen es nicht, ohne
den geschriebenen Christus zu sein, oder
1. Die Schrift schweigt über ein Beten zum von Ihm abzuweichen“1. Wie die Inspiration
Heiligen Geist, berichtet darüber nichts. (vgl. 2. Tim 3,16: „von Gott eingegeben“)
Das sollte uns bereits nachdenklich und erfolgte, weiß kein Mensch, denn dazu
zurückhaltend werden lassen. müsste man selbst inspiriert sein. Doch die
2. Der Herr Jesus betete nie zum Heiligen Tatsache an sich ist unumstößlich gegeben,
Geist, die Apostel ebenfalls nicht. Der und an ihr gilt es, mit aller Kraft festzuhalten.
Grund hierfür scheint folgender zu sein: Gott sprach zu Menschen und befähigte sie,
3. Wir sollen im Heiligen Geist beten (Jud göttliche Gedanken auszudrücken – in ihrer
20)! Der in mir wohnende Geist formu- „Färbung“, mit ihrem Vokabular, aber feh-
1
J. N. Darby in Collected Writings, Band 5, Seite 338

12
Der Heilige Geist

lerlos. So redete der Heilige Geist beispiels- ihre Fremdlingschaft auf der Erde zu been-
weise durch Jesaja (Apg 28,25). den und ins Vaterhaus zu gelangen. Dann
Der ebenfalls inspirierte Apostel Paulus be- wird der Heilige Geist nicht mehr auf der
schreibt im 1. Korintherbrief, wie das ihm Erde wohnen. Wohl wird Er auch danach
Offenbarte auch die Christen damals und noch auf der Erde wirken. Zum Beispiel
uns heute erreichte: wird Er „ausgegossen“ werden über alles
Fleisch (Joel 3,1; Jes 32,15), wenn Israels
1. 1. Kor 2,10: Gott hatte ihm Geheimnis- Wiederherstellung kommen wird. Aber nie
se offenbart, und zwar „durch seinen wieder wird Er in Einzelnen oder in einer
Geist“; Gemeinschaft von Menschen (wie der Ver-
2. 1. Kor 2,13: Das Gehörte wurde jetzt sammlung) wohnen!
in Worten verkündigt, und wieder ist
der Geist beteiligt: „gelehrt durch den 7. Bilder und Bezeichnungen des
Geist“; Geistes
3. 1. Kor 2,15: Der Christ kann das so Emp-
fangene geistlich, d.h. als eine durch den Gott gebraucht in seinem Wort verschiede-
Geist geprägte Person, beurteilen; das ist ne Bilder, um uns das Wesen und Wirken
die Aufnahme des inspirierten Wortes in des Heiligen Geistes zu verdeutlichen, zum
unsere Herzen. Beispiel
eine Taube (Mt 3,16);
Im 2. Timotheusbrief weist Paulus darauf den Wind (Joh 3,8; Apg 2,2);
hin, dass „alle Schrift“ von Gott eingegeben Wasser (Joh 4,14; 7,38);
ist (Kap. 3,16). Alles, was Gott in der Bibel einen Knecht (1. Mo 24);
haben wollte, auch Worte der Menschen ein Siegel (Eph 1,13);
und selbst Satans, gehören zu „alle Schrift“! die Salbung (1. Joh 2,20);
Diese Verbalinspiration (göttliche Eingebung das Unterpfand („Anzahlung“) (2. Kor
jedes Wortes) bezieht sich natürlich auf den 1,22; 5,5).
Text in den Ursprachen; Übersetzungen sind
nicht inspiriert und bleiben Menschenwerk. In Verbindung mit den anderen Personen
Die Autoren selbst waren beim Niederschrei- der Gottheit und mit Gott selbst wird der
ben nicht als Diktiermaschinen tätig; ihre Heilige Geist als
Fähigkeiten kamen mit zum Ausdruck, zum Geist Christi (Röm 8,9),
Beispiel ihr Schreibstil, ihr Beruf etc. Doch Geist Gottes (Röm 8,14),
dieses „menschliche Element“ beeinträch- Geist der Sohnschaft (Röm 8,15) und
tigte die irrtumslose Niederschrift des gött- Geist des Sohnes (Gal 4,6)
lich eingegebenen Wortes Gottes in keiner bezeichnet.
Weise. Das ist ein göttliches Wunder!
Einige dieser Ausdrücke werden in den
nächsten Folgen noch behandelt. Zugleich
6. Wie lange bleibt der Heilige Geist
soll auch zum eigenen Nachdenken über die
auf der Erde?
Bedeutung dieser Bilder angeregt werden.
Zu seinen Jüngern sagte der Herr Jesus, Danken wir dem Herrn genügend für die
dass der Heilige Geist „in Ewigkeit“ bei ih- wunderbare Gabe des Heiligen Geistes und
nen bleiben würde (Joh 14,16). Die gläubi- für sein Wohnen in den Gläubigen?
gen Christen, die diesen Geist empfangen Nach einer Vortragsreihe von
haben, werden aber nicht ewig auf der Klaus Sander
Erde bleiben, weder individuell noch kol-
lektiv. „Und der Geist und die Braut sagen: Im nächsten Heft: Der Heilige Geist und
Komm!“ (Off 22,17). Beide warten darauf, der einzelne Gläubige
Folge mir nach
13
Bibelstudium
„Ich bin“ – Titel Gottes und des Herrn Jesus

D ie Namen und Eigenschaften, mit


denen Gott und der Herr Jesus in der
„keine Zeit“ hatte, hinsetzt und 140
Seiten „nur“ damit füllt, Titel des Herrn
Bibel erwähnt werden, sind kaum zu herauszuschreiben, zeigt es uns, wie
überblicken. Und doch lohnt es sich immer wertvoll diese Arbeit sein muss! Ist das
wieder, zu forschen und auch einmal den ein Ansporn für dich, neben die Bibel
einen oder anderen Ausdruck näher zu ein Heft zu legen, in das du jeden Titel
untersuchen. Das ist Bibelarbeit! des Herrn einträgst, um einmal darüber
Gerne empfehlen wir euch einen nachzudenken?
umfangreichen Artikel im Englischen: Einen ersten Anstoß dazu und zu
In den gesammelten Werken von vertiefendem Bibelstudium über
John Nelson Darby finden sich in dem die Person unseres Herrn mag eine
Band „Miscellaneous Writings“ Band 5 interessante Auflistung geben, die uns
zwei Artikel über die Namen und Titel zugesandt worden ist (wir drucken
von Christus in den Evangelien, der nachstehend einen Auszug dieser
Apostelgeschichte und den Briefen des Liste ab). Es handelt sich weder um
Neuen Testamentes. Artikel? Es sind den Anspruch noch um den Versuch,
schlicht Namenslisten! Unter anderem vollständig zu sein. Das überlassen wir
arbeitet Darby die Titel heraus, die nur in gerne euch! Allen, die den Namen Gottes
einem Bibelbuch und dann auch nur ein und des Herrn Jesus lieben, wünschen
einziges Mal vorkommen. Wenn sich ein wir viel Freude beim Nachschlagen,
Bruder mit solchen Begabungen wie J. Überdenken und Weiterforschen!
N. Darby, der vor lauter Arbeit eigentlich
Name Stelle Parallelstelle
Die 7 „Ich bin“ im Johannesevangelium
Das Brot des Lebens Joh 6,35.38.57 Manna 2. Mo 16,13–26; Speisung der 5000 Joh
6,1–15
Das Licht der Welt Joh 8,12 Samariterin Joh 4,5–42; Heilung d. Blinden Joh
9; Joh 1,2 ff.; Mich 7,8; Jes 49,6 (* Nationen);
Off 2,1
Die Tür Joh 10,9 Arche 1. Mo 6,16; 7,16; 10 Jungfrauen Mt 25,1–13;
Off 3,7
Der gute Hirte Joh 10,11–14 verlor. Schaf Lk 15,4–7; Psalm 23; Jes 40,11
Die Auferstehung und das Joh 11,25 Lazarus Joh 11,1–45; Jüngling zu Nain Lk 7,11–17;
Leben Jesu Auferstehung Lk 24,1–12; Off 2,8;3,14
Der Weg, die Wahrheit, das Joh 14,6 verlor. Sohn Lk 15,11 ff.; Zachäus Lk 19,1–10;
Leben Nikodemus Joh 3,1–21; Off 3,7

14
Bibelstudium – Titel Gottes und des Herrn Jesus

Der Weinstock Joh 15,5.1 Heilung des Gelähmten Apg 3,1–16; Kämmerer
Apg 8,26 ff.; Zeugnis der verfolgten Christen Apg
11,19–24
„Ich bin der HERR“ im Alten Testament
Ich bin der HERR, der dich 1. Mo 15,7 Ab 2. Mo 3 bis Ende 5. Mo
herausgeführt hat
… der dich heilt 2. Mo 15,26 Mt 9,35; Mk 1,35; Lk 4,23
... der Gott, der dich heraus- 2. Mo 20,2 2. Mo 12,51
geführt hat ...
... der euch heiligt 2. Mo 31,13 3. Mo 20,8
... der ich euch abgesondert 3. Mo 20,24 Ab. 2 Mo 26
habe
... der deine Übertretungen Jes 43,25 1. Joh 1,9
tilgt
... der dich gerufen hat Jes 45,3 Mt. 9,22; 16,24; Lk 9,23.59;Mk 8,34
... der dies alles wirkt Jes 45,7
... der Gerechtigkeit redet Jes 45,19 Hiob 21,22; 36,31
... der dich lehrt zu tun Jes 48,17 1. Mo 2,17; Gal 5,14; Jak 2,11
... der euch tröstet Jes 51,12 2. Kor 1,4; 7,6; Jes 40,1; 51,3.12; 66,13; Off 7,17
... dein Gott, der das Meer Jes 51,15 Mk 4,39
erregt
... der da spricht: Hier bin Jes 52,6 1 Kön 19,11.12
ich!
... der mächtig ist zu retten Jes 63,1 Lk 2,11
... der die Ungerechtigkeit der 2. Mo 20,5.6 5. Mo 28,22
Väter heimsucht ...
... ich rede Hes 12,25 z.B. 1 Mo 35
... ihr Gott, und werde ihnen Sach 10,6
antworten
Sonstige Vorkommen
Ich bin Gott, der Allmäch- 1. Mo 17,1 1. Mo 28,3; 43,14; 48,3; 49,25; 2. Mo 6,3; 4. Mo
tige 24,4; Ruth 1,20f; Hiob 5,17; 6,4.14 ; 8,3.5; 11,7;
13,3; 15,25; 21,15.20 … Jes 13,6; 2. Kor 6,18,
Off 1,8; 4,8; 15,3; 16,7.14; 19,6.15; 21,22 …
insgesamt ca. 57 Vorkommen
... der Gott Abrahams, 1. Mo 26,24 2. Mo 3,6; Mt 22,32; Mk 12,26; Apg 7,32
(Jakobs, Isaaks)
... der Gott von Bethel 1. Mo 31,13
... der Gott meines Vaters 1. Mo 31,42
… der ich bin: „ICH BIN” 2. Mo 3,14

Folge mir nach


15
... der HERR 2. Mo 6,2 2. Mo 6,29; 7,5.17; 10,2; 14,4.18; 20,2; 29,46; 3.
Mo 11,1; 18,2 … 1. Kön 20,13; Jes 49,23
... der HERR, euer Gott … 2. Mo 6,7 2. Mo 8,22; Jer 24,7
... bin ein eifernder Gott 2. Mo 20,5 5. Mo 5,9
... dass ich bin, der da ist 5. Mo 32,39
... dass ich Gott bin Ps 46,11 „dein Gott“: Ps 50,7; Jes 41,10; 46,9; „der Gott
Israels“: Jes 41,17
… bin der Erste, und bei den Jes 41,4
Letzten … derselbe
... der H ERR , das ist mein Jes 42,8
Name
... der HERR, dein Gott, ich, Jes 43,3 Jes 54,5
der Heilige Israels
... und außer mir ist kein Jes 43,11 Lk 1,47; Lk 2,30
Heiland
... euer Heiliger, ich, der Jes 43,15 Ps 149,2; 121,2; Jes 43,15
Schöpfer Israels, euer König
... der Erste und ich bin der Jes 44,6 Off 1,17; Jes 48,12; Off 2,8
Letzte
... ich bin Gott, und keiner Jes 45,22 Joel 2,27
sonst
... bin Gott, und gar keiner Jes 46,9 „und keiner sonst“: Jes 45,22
wie ich
... dass ich der HERR, dein Jes 49,26 Tit 2,10
Heiland bin
... ich bin Zeuge, spricht der Jer 29,23
HERR
... der Gott alles Fleisches Jer 32,27 Jes 54,5; Jos 3,13
... ihr Erbteil, ... ich bin ihr Hes 44,28 1. Mo 15,1 (sehr großer Lohn) 3. Mo 20,24;
Besitztum 5. Mo 10,9; Jos 13,33
Ich bin heilig 3. Mo 11,44 Insgesamt 5 Mal
ich bin Gott und nicht ein Hos 11,9 Off 3,7
Mensch, der Heilige
... Vater bin; ... wenn ich Mal 1,6
Herr bin
... ein großer König, … der Mal 1,14 (ich bin der HERR, dein Gott; der HERR der Heer-
HERR der Heerscharen; König Off 19,6 scharen [Zebaoth] ist mein Name) Jes 51,15; 6,3;
der Könige (der auf dem Ps 24,7; 95,3; Off 4,9;
Thron sitzt); König der Herr-
lichkeit

16
Bibelstudium – Titel Gottes und des Herrn Jesus

Sein Name ist ...


Der HERR ist ein Kriegsmann, 2. Mo 15,3
HERR ist sein Name
Jah ist sein Name, und froh- Ps 68,5 Ps 83,19
locket vor ihm
Der HERR der Heerscharen ist Jes 51,15 Jes 54,5; Jer 10,16; 32,18; Amos 4,13
sein Name/Gott der ganzen
Erde
… ein Mann, sein Name ist Sach 6,12
Spross
Der HERR, unsere Gerechtig- Jer 23,6
keit; – sein Name, mit dem
man ihn nennen wird

Parallelstellen normal geschrieben: gleicher Wortlaut;


kursiv geschrieben: ähnlicher Wortlaut oder passende Begebenheit

Ju. N.

Sein Name wird ewig sein, solange die Sonne besteht,


wird sein Name fortbestehen; und in ihm wird man sich
segnen, alle Nationen werden ihn glücklich preisen.
Psalm 72,17

Heilig und furchtbar ist sein Name.


Psalm 111,9

Sein Name ist hoch erhaben.


Psalm 148,13

Heilig ist sein Name.


Lukas 1,49

Darum hat Gott ihn auch hoch erhoben und ihm den
Namen gegeben, der über jeden Namen ist.
Philipper 2,9

Folge mir nach


17
Pinnwand

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du deinem G uf: P h il ip p e r 4 Prophet im N
ordreich Israel
dazu sogar a icht mehr ga
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fordert dich d ie L a g e n ag ihn nich
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n. 0 andere
konzentriere Propheten sa
gen dem König
Glück voraus. stets

Folge mir nach


18 19
Das Miteinander der
Versammlungen
Versammlung Gottes – Teil 10

I n der letzten Ausgabe haben wir uns damit beschäftigt, dass der Heilige Geist die
Einheit der Versammlung (Gemeinde, Kirche) bewirkt hat und in der Versammlung wirkt.
Das tut er bis heute durch die Gaben, damit die Versammlung auferbaut wird; Er wirkt
durch Brüder und Schwestern, damit die Versammlung Gottes auf der Erde auch zur
Ehre Gottes ist. Nun wollen wir betrachten, welche Auswirkungen das Wirken des Geistes
Gottes für das Verhältnis von Versammlungen untereinander hat. Das ist ein wichtiger Teil
des Themas – denn nicht die weltweit existierende Versammlung kommt an einem Ort
zusammen, sondern die Gläubigen kommen jeweils örtlich zusammen und stellen so die
Versammlung Gottes an einem Ort dar.

Es gibt eine Menge praktischer Fragen bei worden, dass alle, die dem Evangelium
diesem Thema, dem Miteinander von Ver- geglaubt haben, zu einem Leib getauft
sammlungen (Gemeinden, Kirchen). Hier worden sind (1. Kor 12,13) und damit zu der
eine kleine Kostprobe: einen Versammlung Gottes gehören.

• Was haben Versammlungen an zwei ver- Die örtliche Versammlung und die
schiedenen Orten miteinander zu tun? weltweite Versammlung
• Was passiert, wenn ein neues Zusammen-
kommen entsteht? Die Versammlung Gottes in einer Stadt,
• Wie kann man wissen, ob eine Gruppe sagen wir Hamburg, umfasst alle Gläubigen,
von Gläubigen „als Versammlung“ die an diesem Ort leben. Zugleich ist „die
zusammenkommt oder nicht (gibt es Versammlung Gottes in Hamburg“ ein Teil
so etwas wie eine „Anerkennung“, und der „Versammlung Gottes“ auf der ganzen
wenn ja von wem?)? Erde. Die Versammlung Gottes in New York,
• Tragen wir eine Verantwortung gegen- oder wo auch immer, gehört zu derselben
über Gläubigen, die sich in einer anderen Versammlung Gottes. Damit ist schon klar,
Stadt versammeln? dass die „Versammlung Gottes in Hamburg“
nicht losgelöst, unabhängig von der „Ver-
Über solche Fragen ist viel nachgedacht, sammlung Gottes in New York“ ist – beide
gesprochen und geschrieben worden. Leider sind Teil desselben Leibes, und Christus ist
entsteht dabei manchmal mehr Hitze als das Haupt.
Licht. Aber das soll uns nicht davon abhal-
ten, auch zu diesem Thema noch einmal Aber es gibt doch so viele Gemein-
die alte Frage zu stellen: Was sagt die Schrift schaften in einer Stadt!
(Röm 4,3; Gal 4,30)?
In unserer Themenreihe ist schon gezeigt Nun wäre es biblisch, wenn sich alle Christen

20
Die Versammlung Gottes – Das Miteinander

in einer Stadt auch nach den Grundsätzen betont Paulus immer wieder das Miteinander
der Bibel versammelten (entweder an einem der Versammlungen:
Ort, oder, wenn das aus Platzgründen nicht
möglich ist, in Übereinstimmung und Har- • „samt allen, die an jedem Ort den Namen
monie miteinander). Ganz am Anfang war unseres Herrn Jesus Christus anrufen ...“
das so. Heute sieht es leider anders aus. (1,2).
Man hat viele Versammlungen, Gemeinden, • „wie ich überall in jeder Versammlung
Kirchen, Gemeinschaften, usw. gegründet. lehre“ (4,17).
Die Bibel kennt aber keine Mitglieder von • „so ordne ich es in allen Versammlungen
Gemeinschaften, sondern nur Glieder des an“ (7,17).
Leibes Christi. Was kann man da tun? • „… noch die Versammlungen Gottes“
(11,16).
Der Glaube schaut eben nicht auf die vielen • „Oder ist das Wort Gottes von euch
Systeme, die die Menschen geschaffen ausgegangen? Oder ist es zu euch allein
haben, sondern auf das, was Gott geschaffen gelangt?“ (14,36).
hat: den einen Leib, die eine Versammlung.
Und auf dieser Basis kommt man zusammen, „Ihr seid Christi Leib“
nicht als „Mitglieder“, sondern als „Glieder
des Leibes Christi“. Wenn das geschieht, Die Korinther waren genau so belehrt und
und wenn diese Gläubigen die Autorität des unterrichtet worden wie die anderen örtli-
Herrn anerkennen, sind sie ein „Ausdruck“, chen Versammlungen, sie waren eben nicht
ein „Zeugnis“ von der Versammlung Gottes „der Leib Christi“, sondern „Christi Leib“
(ein „Leuchter“, Offenbarung 2 und 3). (12,27). Das bedeutet:
1. Sie waren ein Teil des Leibes Christi,
Einheit bewahren, aber wie? und
2. sie trugen die Charakterzüge des Leibes
Es geht nicht darum, eine neue Einheit Christi.
zu schaffen. Es geht vielmehr darum, das
anzuerkennen, was Gott geschaffen hat: Genauso könnte man zu einer Gruppe von
die Einheit des Leibes Christi. Aber es gibt Besuchern aus Amerika sagen: „Ihr seid
doch etwas, wofür wir als Gläubige ver- Amerikaner“. Damit sind sie noch längst
antwortlich sind. Wir sollen die Einheit des nicht die Amerikaner, alle Amerikaner. Sie
Geistes bewahren (Eph 4,3) – die Einheit sind ein Teil davon, und sie tragen deren
des Leibes bewahrt Gott, aber wir sollen Charakterzüge. Eigentlich sollte das ohnehin
das praktisch ausleben und in Gehorsam klar sein. Wie viele Körper gehören eigentlich
Gott gegenüber sowie in Gemeinschaft und zu einem Kopf? Wie viele Leiber gehören zu
Harmonie als Gläubige miteinander unseren Christus, dem Haupt? Natürlich nur einer!
Weg gehen. Ein Versprechen, dass das ein-
fach sein wird, gibt uns die Bibel nicht. Im Gültig im Himmel
Gegenteil, dafür sind einige Eigenschaften
oder christliche Tugenden nötig: Demut, Damit ist auch klar, dass eine örtliche
Sanftmut, Langmut, einander ertragend in Versammlung stellvertretend für die ganze
Liebe … (Eph 4,2). Versammlung Gottes handelt. Wenn bei-
spielsweise die Versammlung in Hamburg
„… mit allen … an jedem Ort …“ einen Gläubigen aus der Gemeinschaft aus-
schließen muss, gilt das für jede andere Ver-
Im ersten Brief an die Korinther (in dem es ja sammlung auf der ganzen Erde (Mt 18,18).
um das praktische Versammlungsleben geht) Der Herr sagt sogar, dass es im Himmel gilt.
Folge mir nach
21
Wie kann das sein? Nur dadurch, dass der Gläubigen erzählten in ihrer Umgebung
Herr Jesus selber der Mittelpunkt ist, dass vom Herrn, sowohl den Juden als auch den
die Aufmerksamkeit Ihm gilt, und dass seine Griechen. Der Herr segnete ihre Arbeit. Viele
Rechte respektiert werden. bekehrten sich (Apg 11,19–21). Wieder
stellt sich die Frage, wie die Versammlung
Das Miteinander der „urchristlichen“ in Jerusalem darauf reagierte. Von Desinter-
Versammlungen esse oder Unabhängigkeit keine Spur: „Die
Kunde über sie kam aber zu den Ohren der
Es ist interessant, dass man dieses Muster Versammlung, die in Jerusalem war, und sie
schon bei den Versammlungen findet, die in sandten Barnabas aus, dass er hindurchzöge
der Apostelgeschichte beschrieben werden. bis nach Antiochien“ (V. 22).
Dazu kurz drei Beispiele aus dem prakti-
schen Miteinander der Gläubigen damals: Barnabas kommt an, sieht, was die Gnade
Gottes in Antiochien bewirkt hat, kann sich
Beispiel 1: Samaria und Jerusalem darüber freuen, und ermahnt diese jungen
Gläubigen, mit ganzem Herzensentschluss
Durch eine Christenverfolgung in Jerusalem bei dem Herrn zu bleiben. Damit noch
(Apg 8,1) waren viele Gläubige geflohen und nicht genug. Als Nächstes sehen wir, dass
waren so in den Gegenden von Judäa und Barnabas nach Tarsus geht, dort Saulus
Samaria zerstreut worden. Es ist schön zu aufsucht, und auch ihn nach Antiochien
sehen, dass sie sich gleich daran machten, bringt (V. 25.26). Drittens kommen Pro-
dort, wo sie hinkamen, die gute Botschaft pheten von Jerusalem nach Antiochien und
weiterzusagen. Die Frucht blieb nicht aus. üben dort ihre Gabe aus – eine schöne Art,
Viele Menschen bekehrten sich. die Einheit des Leibes auszudrücken, denn
Gaben sind ja für den ganzen Leib da (Eph
Wie reagieren nun die Apostel, die noch in 4,12). Viertens unterstützen die Gläubigen
Jerusalem waren? Weisen sie darauf hin, in Antiochien die Gläubigen in Judäa. Sie
dass sie ja schließlich in Jerusalem wohn- beschließen, den Gläubigen dort, die unter
ten und daher nichts mit Samaria zu tun einer Hungersnot leiden, Hilfe zu senden,
hätten? Keineswegs! „Als aber die Apostel in und tun es auch.
Jerusalem gehört hatten, dass Samaria das
Wort Gottes angenommen habe, sandten sie Beispiel 3: Eine schwierige Frage
Petrus und Johannes zu ihnen“ (V. 14).
In Apostelgeschichte 15 lesen wir, dass eine
Gott führt es sogar so, dass die Gläubigen in schwierige Frage aufkam. Einige kamen
Samaria erst dann den Heiligen Geist emp- aus Judäa und behaupteten, dass man
fingen, als Petrus und Johannes ankamen bestimmte Teile des Gesetzes Moses halten
und ihnen die Hände auflegten. Gott machte müsse, um errettet zu werden (sie beton-
auf diese Weise ganz klar, dass es nicht etwa ten besonders die Beschneidung). Für die
eine „Samaritische Kirche“ gab, unabhängig Juden, die Christen geworden waren, war
von einer „Jerusalemer Kirche“, sondern nur es schwer zu verstehen, dass Gott (im Alten
eine Versammlung Gottes. Testament) Anweisungen gegeben hatte,
die jetzt nicht mehr gültig sein sollten. Dass
Beispiel 2: Antiochien und Jerusalem es nicht einfach war, diese Frage zu lösen,
merken wir sofort: Es entstand „ein nicht
Der Siegeszug des Evangeliums ging weiter. geringer Wortwechsel“.
Zwar geschah dies nicht ohne Widerstand,
es gab immer noch Verfolgung. Aber die Was sollte geschehen? Das einfachste wäre

22
Die Versammlung Gottes – Das Miteinander

sicherlich gewesen, jedem seine „‚Freiheit“ gemeinsam besprochen, entschieden, und


zu lassen. Sollten doch die Gläubigen, die zwar dort, wo das Problem seinen Ursprung
einen jüdischen Hintergrund hatten, die hatte. Die Antwort wird dann den Gläubigen
Sache für sich entscheiden, und die aus den in anderen Gegenden mitgeteilt.
Heiden nach ihrer Überzeugung handeln.
Interessanterweise geschieht das aber nicht. Drei Wege
Stattdessen gehen Paulus und Barnabas
nach Jerusalem, der jüdischen Hoch- Die verschiedenen Meinungen, die es zum
burg, um diese Frage gemeinsam mit den Thema des Miteinanders von Versamm-
Ältesten und Aposteln dort zu besprechen. lungen gibt, lassen sich in drei Gruppen
Es war nicht einfach. Wieder entsteht „‚viel einteilen. Der biblische Weg ist der Weg der
Wortwechsel“ (V. 7), aber die Frage wird Einheit (3. Spalte).

Unabhängigkeit Zentralismus Einheit


„Tut, was euch gefällt” „Tut, was man „Trachtet danach, die
euch sagt” Einheit des Geistes zu
bewahren”
1. Struktur Unabhängige Gruppen. Hierarchie. Ein Leib.
2. Grundsatz Autonomie der „Ortsge- Die Zentrale Harmonische Gemein-
meinde“. bestimmt. schaft.
3. Binden / Gilt nur am Ort. Die Zentrale ent- Geschieht durch die örtliche
Lösen, Zucht scheidet. Versammlung und wird
von allen Versammlungen
anerkannt.
4. Eine Andere Versammlungen Die Zentrale ent- Andere Versammlungen
Versamm- haben damit nichts zu scheidet. beten dafür und kümmern
lung toleriert tun und sollen sich nicht sich darum. Wenn das nicht
Böses „einmischen“. hilft, müssen sie sich davon
trennen.
5. Die Kon- Eine „strenge“ Versamm- Kommt auf die Absonderung vom Bösen
sequenz von lung kann sich nicht vom Entscheidung der wird praktiziert.
Punkt 4 Bösen trennen, denn Zentrale an.
andere Orte bleiben mög-
licherweise mit dem Bösen
in Gemeinschaft. So kann
es sein, dass man dort mit
denen das Brot bricht, von
denen man sich trennen
wollte und trennen müsste.
6. Eine Die anderen Versamm- Entscheidung der Andere Versammlungen
Versammlung lungen kümmern sich Zentrale muss bemühen sich zu helfen.
begeht einen nicht darum, leisten keine akzeptiert werden.
Fehler Hilfe.
7. Eine neue Sie ist eine neue „unab- Anerkennung durch Die neue Versammlung
Versammlung hängige Versammlung“, die Zentrale. sucht die Gemeinschaft
entsteht also besteht kein Hand- mit anderen, die sich auch
lungsbedarf. auf biblischer Grundlage
versammeln.
Folge mir nach
23
Es ist sicher am einfachsten, das zu tun, was biblische Weg der Einheit dagegen erfordert
einem gefällt. Etwas schwieriger, aber immer Abhängigkeit und viel Demut. Aber ist es
noch relativ einfach, ist der Weg des Zentra- nicht der Mühe wert?
lismus, man handelt nach Anweisung. Der

... der Versammlung Gottes, die in Korinth ist, den


Geheiligten in Christus Jesus, den berufenen Heiligen,
samt allen, die an jedem Ort den Namen unseres Herrn
Jesus Christus anrufen, ihres als unseres Herrn.
1. Korinther 1,2
Doch wie der Herr einem jeden zugeteilt hat, wie Gott
einen jeden berufen hat, so wandle er; und so ordne
ich es in allen Versammlungen an.
1. Korinther 7,17

Einwände und Antworten

„Im Neuen Testament sehen wir, dass Probleme immer lokal gelöst werden.“
Auch diese Behauptung hält einer biblischen Prüfung nicht stand. Man denke nur an die
Beispiele aus Apostelgeschichte 8 und 11 und 15, die im Text besprochen worden sind
und die von grundsätzlicher Bedeutung für die Versammlung Gottes waren.

24
Die Versammlung Gottes – Das Miteinander

„Wir dürfen uns kein Urteil darüber erlau-


„Eine Versammlung kann man nicht
ben, ob sich eine Gruppe von Christen
unter Zucht stellen, sondern nur Einzel-
zum Namen des Herrn hin versammelt
personen.“
oder nicht. Das weiß nur der Herr.“
Das ist richtig („tut den Bösen von euch
Diese Aussage hört sich zwar zunächst
hinaus“, 1. Korinther 5,13 etc.). Es kann
einmal gut an, ist aber bei genauerem
aber auch sein, dass ein Zusammen-
Hinsehen nicht haltbar.
kommen als solches den biblischen Weg
Nach Matthäus 18,18–20 sind die
verlässt und daher nicht mehr als Zusam-
Beschlüsse einer Versammlung gültig,
menkommen zum Namen des Herrn hin
weil der Herr in der Mitte ist. Wir können
anerkannt werden kann. Das heißt also
und müssen diese Beschlüsse respektie-
nicht, dass man ein solches Zusammen-
ren, wenn wir die Gewissheit haben, dass
kommen, eine solche Versammlung unter
man sich an dem betreffenden Ort wirk-
Zucht stellt, sondern dass man – wenn
lich zum Namen des Herrn Jesus versam-
alles andere nicht hilft – die Gemeinschaft
melt. Wenn wir davon nicht ausgingen,
mit ihr aufgibt oder (wenn man dort
würden wir keine Gemeinschaft mit einer
wohnt) sich von ihr zurückzieht.
solchen Versammlung praktizieren.
Ob sich nun eine Gruppe von Christen
zum Namen des Herrn hin versammelt, „Wenn man sich zum Namen des Herrn hin
hängt davon ab, ob sie die Autorität des versammeln will, braucht man erst einmal
Herrn anerkennen, indem sie die bibli- eine Genehmigung.“
schen Grundsätze praktizieren.
Davon lesen wir in Apostelgeschichte 11
nichts (und auch sonst nicht). Barnabas
kam nicht von Jerusalem nach Antio-
„Aber haben wir denn das Recht, eine Ver- chien, um eine Genehmigung zu erteilen.
sammlung ‚anzuerkennen‘ oder nicht?“ Allerdings lesen wir auch nicht von dem
anderen Extrem: Die Gläubigen in Anti-
Das Wort Recht sollten wir hier gar nicht
ochien haben keineswegs den Besuch
und das Wort Anerkennung sollten wir
des Barnabas abgelehnt. Sie stellten sich
hier vorsichtig benutzen. „Erkennen“
nicht auf den Standpunkt, dass dies eine
wäre vielleicht besser. Wenn ein Freund
unerwünschte Einmischung sei.
auf mich zukommt, werde ich ihn an
Wenn Menschen sich bekehren und dann
seinen Gesichtszügen usw. „erkennen“.
nach der Bibel versammeln möchten,
Dadurch wird er nicht mein Freund, das
werden sie den Wunsch haben, das in
war er vorher schon, aber nun habe ich
Gemeinschaft mit denen zu tun, die diesen
ihn als solchen erkannt.
Weg schon vor ihnen gefunden haben. So
Es geht nämlich nicht darum, einen
war es auch damals.
Status zu verleihen, sondern es geht
Es geht also nicht um eine „Genehmigung“,
darum, bei einer Gruppe von Gläubigen
sondern um den aufrichtigen Wunsch,
die „Züge“ zu erkennen, die zu einem
„zum Namen des Herrn hin versammelt“
Zusammenkommen zum Namen des
zu sein, d.h. seine Rechte zur Leitung und
Herrn hin gehören (dass seine Autorität
in Bezug auf geziemendes Verhalten zu
geachtet wird, etc.). Wenn wir diese Züge
beachten. Das wird dann in der Praxis
nicht erkennen, können wir es nicht als
sichtbar.
Darstellung der Versammlung an dem
betreffenden Ort (an-)erkennen.
Michael Hardt
Folge mir nach
25
Wo ist meine Furcht –
Gottesfurcht?

D as war in der Tat ein beklagens-


werter Zustand im Volk Gottes: Man
fragte nicht mehr nach dem Willen Gottes, sondern lebte in Gleichgültigkeit
und Unglauben und verachtete den Namen Gottes. Mit diesen drei Kenn-
zeichen endet die Geschichte Israels im Alten Testament. Es fehlte an wahrer
Gottesfurcht – ein wichtiges Thema im Leben eines Gläubigen, mit dem man
sich nicht früh genug beschäftigen kann.

Einige Jahrzehnte vorher hatte es noch eine chen waren und zugleich noch andere in die
wunderbare Belebung unter den zerstreu- Irre führten (vgl. Mal 2,8). Und worin bestand
ten Juden gegeben. Alle, deren Geist Gott die Hauptursache dieses Missstands? In der
erwecken konnte (vgl. Esra 1,5), machten sich fehlenden Gottesfurcht!
auf, um den Altar, das Haus Gottes und die
Stadt Jerusalem wieder aufzubauen. Doch Gottesfurcht? – Dieser Begriff klingt (vielleicht)
von dieser geistlichen Bewegung war nichts sehr altertümlich. Aber die Verwirklichung
mehr zu sehen. Alles war in leblosen Formen von Gottesfurcht schon als Jugendlicher ist
erstarrt. Doch nicht allein das: Als Gott dem von so zentraler Bedeutung, da wahre Got-
sogenannten Überrest durch den Propheten tesfurcht die richtigen Weichen stellt. Daher
Maleachi eine ernste Botschaft übermitteln wollen wir uns an dieser Stelle etwas näher
lässt, tritt ihre Bosheit offen zu Tage. Sie rea- mit diesem „Begriff“ auseinandersetzen.
gieren mit acht vermessenen Fragen an Gott
– nicht weil sie unwissend waren, sondern Gott ehren und das Böse meiden
weil sie ihre Bosheit nicht einsehen und Gott
herausfordern wollten. Gottesfurcht ist nichts anderes, als vor Gott
die (Ehr)Furcht zu haben, die Ihm gebührt.
Unter diesen arroganten Leuten befanden Denn Er ist der Ewige und Wahrhaftige.
sich nicht allein Personen des „einfachen Er ist Licht, und gar keine Finsternis ist in
Volkes“. Nein, auch die Führungsschicht Ihm (vgl. 1. Joh 1,5). Sein Name ist groß
(repräsentiert durch die Priester) gehörte und furchterregend (vgl. Mal 1,11.14). Er
dazu. Wie groß war ihre Verantwortung! ist „langsam zum Zorn und groß an Kraft,
Maleachi weist darauf hin, was von ihnen und er hält keineswegs für schuldlos den
erwartet wurde: „Denn die Lippen des Schuldigen“ (Nah 1,3). Wir dagegen sind
Priesters sollen Erkenntnis bewahren, und das kleine Menschen, die von der Gnade Gottes
Gesetz sucht man aus seinem Mund, denn abhängig sind. Dieses Bewusstsein war den
er ist ein Bote des HERRN der Heerscharen“ Priestern völlig abhanden gekommen. Des-
(Mal 2,7). halb stellt ihnen Gott die ernste Frage – und
Gott muss gerade diese Personengruppe ernst wir empfinden den traurigen Beiklang –: „Ein
zur Rede stellen. Sie waren es, die abgewi- Sohn soll den Vater ehren und ein Knecht

26
Wo ist meine Furcht – Gottesfurcht?

seinen Herrn. Wenn ich denn Vater bin, wo dar. Sie ist geradezu frei von Misstrauen und
ist meine Ehre? Und wenn ich Herr bin, wo bewirkt keinerlei Zurückhaltung im Blick auf
ist meine Furcht?“ (Mal 1,6). das Gute. So war es auch bei den Leviten
damals. Obwohl sie vor dem Namen Gottes
Dreimal muss Gott den Priestern vorhalten, zitterten, wandelten sie in Frieden mit Ihm
dass seinem Namen nicht die angemessene (vgl. Mal 2,6). Das eine schließt das andere
Ehre gegeben wurde, ja, dass dieser verachtet nicht aus.
und entweiht wurde (vgl. Mal 1,6.12; 2,2). Ihre
unreinen Opfergaben (vgl. Mal 1,6–14) und Diese Ausgewogenheit der Beziehung zu dem
ihre parteiische Handhabung des Gesetzes Herrn fehlte dem Knecht in Lukas 19, der das
(vgl. Mal 2,9) bewiesen, dass ihre Herzen ihm anvertraute Pfund in einem Schweißtuch
böse waren. Hätten sie dem Namen des verwahrte. „Ich fürchtete dich“, begründet er
HERRN Ehre gegeben, wären sie zwangsläufig
davor zurückgeschreckt, Böses zu tun. In
diesem Sinn ist auch der Vers aus Sprüche 8
Er ist langsam
zu verstehen: „Die Furcht des HERRN ist: das
Böse hassen“.
zum Zorn und groß
Wie ganz anders war es damals, als der
an Kraft, und er
Stamm Levi (diesem Stamm gehörten die
Priester an) von Gott zu seinem Dienst
hält keineswegs
erwählt wurde. Gott erinnert die Priester
daran: „Und er fürchtete mich und zitterte vor für schuldlos den
meinem Namen. Das Gesetz der Wahrheit
war in seinem Mund, und Unrecht fand sich Schuldigen.
nicht auf seinen Lippen“ (Mal 2,5.6). Nahum 1,3
Ist das Verhalten dieses Stammes nicht auch sein Tun, „weil du ein strenger Mann bist: Du
beispielhaft für uns? Oder glauben wir, dass nimmst, was du nicht hingelegt, und erntest,
das „Fürchten“ und „Zittern“ nicht zu Söhnen was du nicht gesät hast“ (Vers 21). Hatte
Gottes passt, die von jeglicher Knechtschaft dieser Mann eine so große Furcht vor seinem
befreit sind und freien Zugang zu ihrem Vater Herrn, dass er wie gelähmt war? Keineswegs!
haben? Bedenken wir, was der Apostel Petrus Wenn er seinen Herrn (in der richtigen Weise)
in seinem ersten Brief zu diesem Thema gefürchtet hätte, wäre er nicht zu bremsen
sagt: „Und wenn ihr den als Vater anruft, gewesen, mit seinem Pfund zu handeln.
der ohne Ansehen der Person richtet nach Nein, dieser Knecht hatte nicht zu viel Furcht,
eines jeden Werk, so wandelt die Zeit eurer sondern zu viel Misstrauen. Es mangelte ihm
Fremdlingsschaft in Furcht“ (1. Pet 1,17). Das an Kenntnis und Vertrauen. Hätte er nur den
gilt auch dir und mir heute noch! Die Sache richtigen Blick für seinen gütigen und zugleich
ist zu ernst, als dass man leichtfertig darüber gerechten Herrn gehabt und seine Autorität
hinweggehen könnte. über sich anerkannt! Dann wäre er reichlich
belohnt worden.
Gottesfurcht befreit von Misstrauen
Wahre Gottesfurcht führt uns nicht von Gott
Wenn die wahre Gottesfurcht einerseits bei weg, sondern in die vertraute Gemeinschaft
uns Hemmschwellen (im Blick auf das Böse) mit Ihm. Denn nur dem Gottesfürchtigen
auslöst – und dafür dürfen wir dankbar sein kann Gott seinen Willen kundtun. Das hatte
–, so stellt sie andererseits kein Hindernis schon David erkannt, wenn er sagt: „Wer
für den vollen Genuss des Segens Gottes ist nun der Mann, der den Herrn fürchtet?
Folge mir nach
27
Wo ist meine Furcht – Gottesfurcht?

Er wird ihn unterweisen in dem Weg, den Gehörst du auch zu denen, die den Herrn
er wählen soll.“ Und: „Das Geheimnis fürchten? – Du wirst freilich nicht die Auf-
des HERRN ist für die, die ihn fürchten“ merksamkeit deiner Mitmenschen auf dich
(Ps 25,12.14). ziehen, dafür aber die Aufmerksamkeit
deines Herrn. Und das ist das Entscheidende!
Wahre Gottesfurcht führt auch nicht in die Außerdem wird deine Herzenshaltung
Isolation. Zur Zeit Maleachis jedenfalls finden „schriftlich festgehalten“. Welch eine Ehre,
wir erfreulicherweise eine (kleine) Schar von dass Gott deinetwegen ein „Gedenkbuch“
Personen, die sich miteinander unterhielten. schreiben lässt! Wer Ihn heute ehrt, wird bald
„Da unterredeten sich miteinander, die den von Ihm geehrt.
HERRN fürchten, und der HERR merkte auf und
hörte; und ein Gedenkbuch wurde vor ihm Hartmut Mohncke
geschrieben für die, die den HERRN fürchten
und die seinen Namen achten“ (Mal 3,16).

Die Furcht des HERRN ist rein, bestehend in Ewigkeit. Die


Rechte des HERRN sind Wahrheit, sie sind gerecht
allesamt. Ps 19,10
Die Furcht des HERRN ist der Anfang der Erkenntnis; die
Narren verachten Weisheit und Unterweisung. Spr 1,7
Die Furcht des HERRN ist: das Böse hassen. Stolz und
Hochmut und den Weg des Bösen und den Mund der
Verkehrtheit hasse ich. Spr 8,13
Die Furcht des HERRN ist der Weisheit Anfang; und die
Erkenntnis des Heiligen ist Verstand. Spr 9,10
Die Furcht des HERRN mehrt die Tage, aber die Jahre der
Gottlosen werden verkürzt. Spr 10,27
In der Furcht des HERRN ist ein starkes Vertrauen, und
seine Kinder haben eine Zuflucht. Spr 14,26
Die Furcht des HERRN ist eine Quelle des Lebens, um den
Fallstricken des Todes zu entgehen. Spr 14,27
Die Furcht des HERRN ist Unterweisung zur Weisheit, und
der Ehre geht Demut voraus. Spr 15,33
Die Furcht des HERRN ist zum Leben; und gesättigt ver-
bringt man die Nacht, wird nicht heimgesucht vom
Unglück. Spr 19,23

28
Christliche Freiheit

Christliche Freiheit

F ür die Freiheit hat Christus uns frei gemacht; steht nun


fest, und lasst euch nicht wiederum unter einem Joch der
Knechtschaft halten (Galater 5,1).

Auf einem Markt in Indien verkaufte ein ihm seine alten Gewohnheiten und Lebens-
Bauer Wachteln. Damit sie nicht wegfliegen weisen oft noch schwer zu schaffen. Er
konnten, hatte er jedem Vogel eine Schnur kann sie nicht einfach abschütteln. Doch
um ein Bein gebunden. Die Schnüre waren der Glaubende ist frei – durch das Kreuz
an einem Ring in der Mitte befestigt, der von Golgatha von jeder Fessel befreit, von
von einem Pflock am Boden festgehalten früheren Gewohnheiten ebenso wie von den
wurde. Die Wachteln „marschierten“ nun, vergeblichen Besserungsversuchen. In dieser
so angebunden, trübselig im Kreis umher Gewissheit kann er freudig für den Herrn
wie Zirkuspferde. Jesus leben und findet dann auch die Kraft,
jede Versuchung zu meiden.
Ein frommer Brahmane (Angehöriger der
obersten Kaste der Hindus), der es mit der Entnommen aus dem Kalender: Der Herr
Ehrfurcht vor dem Leben sehr ernst nahm, ist nahe
erkundigte sich nach dem Preis und sagte
dann zu dem Bauern: „Ich möchte sie alle
kaufen.“ Der war natürlich erfreut. Der Brah-
mane bezahlte und sagte: „Jetzt möchte ich
den Vögeln die Freiheit schenken. Schnei-
den Sie die Schnüre durch und lassen Sie
sie frei!“ Da nahm der Bauer ein Messer und
zerschnitt die Fesseln.

Aber was geschah? Die Wachteln liefen


weiter im Kreis herum! Schließlich musste
er sie fortscheuchen. Doch sie flogen nur
ein kurzes Stück. Dann landeten sie und
liefen wieder im Kreis herum. Es war nicht
zu fassen: Sie waren frei, losgebunden, nie-
mand hielt sie fest, und doch marschierten
sie weiter im Kreis herum wie zuvor.

Gleicht nicht mancher Christ diesen Vögeln?


Obwohl er wahrhaft in Buße und Glauben
zum Herrn Jesus gekommen ist, machen
Folge mir nach
29
Zwei Geschenke Gottes
für jeden Christen
Teil 1: Kinder Gottes
neue Geburt, Vertrautheit und ein reiches Erbe

G ott hat uns als Christen reich beschenkt – mit bleibenden Dingen.
Manche dieser „Geschenke“ sind zwar einander ähnlich – doch gleich sind sie
nicht. Dazu gehören auch die Segnungen, Kinder und zugleich Söhne Gottes
sein zu dürfen. Wir wollen diese beiden Geschenke ein wenig auspacken, uns
ansehen, um sie dann vermehrt benutzen und ausleben zu können. Heute
beginnen wir mit einer der beiden Gaben Gottes, nämlich der Kindschaft.

Kinder und Söhne bzw. Töchter gehören Namen glauben, die nicht aus Geblüt, noch
zum Alltag der Menschen. Ihr Verhalten und aus dem Willen des Fleisches, noch aus
ihre Beziehung zu ihren Eltern ebenfalls. Und dem Willen des Mannes, sondern aus Gott
damit wir an Raum und Zeit gewöhnten geboren sind.“
Menschen die Segnungen Gottes besser ver-
stehen, benutzt Er diese bekannten Fakten, Wir sind „aus Gott geboren“: Gott bewirkt,
um uns seine Person und unseren Reichtum dass wir eine neue Natur, neues, ewiges
verständlicher vorzustellen. Wir wollen uns in Leben empfangen. Das ist die göttliche Seite
diesem Text auf drei Kernpunkte beschrän- dieses Geschehens. Und wie im natürlichen
ken, um die Wahrheit Gottes über Kindschaft Leben, so ist es auch im geistlichen: Ein
in ihren Grundzügen zu erkennen: Kind, das geboren wird, wirkt bei der Geburt
nicht mit – es wird geboren. So ist es auch
1. Wie wird man ein Kind Gottes und was hier: Es ist das alleinige Wirken Gottes, das
bedeutet das? hier gezeigt wird.
2. Wie kann diese Beziehung ausgelebt
werden? Wir sind Kinder Gottes geworden, weil wir
3. Wie sieht die Zukunft der Kinder Gottes an den Namen des Herrn Jesus glauben;
aus? das bedeutet, Ihn in der Größe und Würde
seiner Person und seines Werkes am Kreuz
1 Wie werde ich ein Kind Gottes und anzuerkennen und als Retter anzunehmen.
was bedeutet das? Das ist unsere, die menschliche Seite, um
zur Kindschaft zu gelangen.
Johannes 1,12 ist der erste Schlüsselvers
zu diesem Thema: „So viele ihn aber auf- Kinder Gottes werden wir also durch die
nahmen, denen gab er das Recht, Kinder neue Geburt und durch den Glauben.
Gottes zu werden, denen, die an seinen

30
Zwei Geschenke Gottes für jeden Christen

Was gibt mir denn die innere Gewissheit, „Brief“, Gottes Wort, regelmäßig und inter-
dass ich ein Kind Gottes bin? essiert lesen. Und dann ist es der normale
Wunsch, das Leben in Übereinstimmung
Römer 8,16 belehrt uns: „Der Geist selbst mit dem neuen, ewigen Leben zu führen,
bezeugt mit unserem Geist, dass wir Kinder das wir durch unsere neue Geburt erhalten
Gottes sind.“ Der Heilige Geist, der in haben:
uns wohnt, seitdem wir das Evangelium
unseres Heils geglaubt haben (Eph 1,13), Epheser 5,1: „Seid nun Nachahmer
bewirkt in bzw. mit unserem Geist, dass wir Gottes, als geliebte Kinder, und wandelt
die Aussagen des Wortes Gottes (wie zum in Liebe.“ Aus dem Zusammenhang und
Beispiel Johannes 1,12) uns ganz fest zu aus dem Vers selbst werden hier wertvolle
Eigen machen und dann selbst bezeugen Hinweise für unsere Praxis gegeben:
können: Ja, ich bin durch Gottes Gnade ein
Kind Gottes, denn ich habe an den Namen Kinder Gottes haben eine Verantwortung,
des Sohnes Gottes geglaubt. So weiß ich, im Miteinander als Christen zueinander
dass mir alle Sünden vergeben sind (1. Joh „gütig, mitleidig, einander vergebend“ (Eph
2,12) und ich aus Gott geboren bin. Und nie 4,32) zu sein. Die gemeinsame, vertikale
mehr werde ich aus seiner Hand entrissen Liebe zu Gott wirkt sich dann auch horizon-
werden können (Joh 10,29). tal aus. Praktizieren wir sie?!

Als „geliebte Kinder“ sind wir berufen,


Gottes Nachahmer zu sein: Wie viel hat Er
uns vergeben, wie mitleidig war Er mit uns!
Und diese Haltung Gottes darf und soll (und
kann, durch den Heiligen Geist!) jetzt unser
Miteinander prägen!

Philipper 2,14–16: „Tut alles ohne Murren


und zweifelnde Überlegungen, damit ihr
untadelig und lauter seid, unbescholtene
Kinder Gottes inmitten eines verdrehten
und verkehrten Geschlechts, unter dem ihr
Wer einmal an den Namen des Sohnes scheint wie Lichter in der Welt, darstellend
Gottes geglaubt hat, ist und bleibt also für das Wort des Lebens.“ Diese Verse geben
ewig ein Kind Gottes. Diese Sicherheit führt uns Unterricht für das Verhalten in der
dazu, dass wir – wie ein Kind zu seinem Welt:
Vater – in vollem Vertrauen immer zu Gott
kommen können. Er liebt uns, und Er Kinder Gottes führen ihr Leben in Dank-
hört jederzeit gerne unsere Freuden und barkeit und überlassen Gott ihre Führung.
Sorgen!
Sie leben zwar inmitten einer schlimmen
2 Was bedeutet es für mich im Alltag, Gesellschaft, aber deren Kennzeichen
ein Kind Gottes zu sein? übernehmen sie nicht (Ellenbogenverhal-
ten, Missachtung von Autorität, Geldliebe,
Wer Gott als seinen Vater kennt, wird natür- „Affenliebe“ zu den eigenen Kindern, sexu-
licherweise auch zu Ihm beten und seinen elle Unreinheit in Gedanken und Taten).

Folge mir nach


31
Zwei Geschenke Gottes für jeden Christen

Nur so sind sie in der Lage, das Wort des sein – wesensmäßig, gleichförmig „mit
Lebens, Christus selbst, in ihrem Lebenskreis seinem Leib der Herrlichkeit“ (Phil 3,21, Joh
sichtbar werden zu lassen und dann auch 17,22). Das ist die öffentliche Seite unserer
Menschen aus dieser verdrehten Generation Zukunft: Alle Menschen werden uns so – Ihm
den Weg zur Befreiung zu weisen. gleich – sehen!

3 Was für eine Hoffnung habe ich als Kinder Gottes werden den Herrn Jesus
Kind Gottes? sehen, wie Er ist: seine Person, seine
Herrlichkeit (Joh 17,24) als Erlöser, als
Hoffnungslose Menschen gibt es gerade eingeborener Sohn des Vaters, als Lamm
genug um uns her; da dürfen Christen mit – so werden wir Ihn sehen, bewundern
Fug und Recht auf eine sichere Zukunft und anbeten! Diese „private“ Seite unserer
bauen: Erwartung wird für die ungläubigen Men-
schen verborgen bleiben.
Römer 8,17 gibt uns einen ersten Ausblick
auf unsere Zukunft: „Wenn aber Kinder, so Dieses Wissen um die herrliche Zukunft
auch Erben – Erben Gottes und Miterben als Kind Gottes führt zur persönlichen
Christi.“ Kinder Gottes sind als „Famili- Selbstreinigung jedes Einzelnen. Wer um
enmitglieder“ Teilhaber an dem, was Gott diese frohe Hoffnung weiß, möchte jetzt,
bzw. der Herr Jesus bald öffentlich einset- in jedem Augenblick, seinem Erlöser ohne
zen wird: Das große Reich Gottes wird in belastetes Gewissen entgegengehen können.
Herrlichkeit errichtet, und wir werden als Bist du bereit?!
Kinder miterben, d.h. mit Christus zusam-
men herrschen.
Ergänzung zum Thema
1. Johannes 3,1–3: „Seht, welch eine
Liebe uns der Vater gegeben hat, dass wir Wer über dieses Thema Weiteres erforschen
Kinder Gottes heißen sollen! Und wir sind möchte, wird zweierlei Arten von Textstellen
es. (...) Geliebte, jetzt sind wir Kinder Gottes, finden:
und es ist noch nicht offenbar geworden,
was wir sein werden; wir wissen, dass wir, Verse, in denen der Begriff „Kinder Gottes“
wenn es offenbar werden wird, ihm gleich wie hier beschrieben ausgeführt wird: 1. Joh
sein werden, denn wir werden ihn sehen, wie 3,10; 5,2; Röm 8,21; Joh 11,52;
er ist. Und jeder, der diese Hoffnung zu ihm
hat, reinigt sich selbst, wie er rein ist.“ Stellen, in denen dieser Begriff eine wei-
tere, allgemeinere Bedeutung hat: Lk 7,35;
Nochmals strahlt die Liebe des Vaters aus Gal 4,31; Eph 5,6; 1. Pet 1,14.
diesen Versen hervor, die Er uns gegeben
hat. Was für ein großes Geschenk haben Viel Freude und Segen beim Forschen und
wir mit dieser Liebe empfangen! Nachdenken über dieses Thema!

Wenn wir einmal öffentlich mit dem


Herrn Jesus erscheinen werden, werden Martin Schäfer
wir Ihm gleich sein; das sprengt jetzt unser
Vorstellungsvermögen, wird aber dennoch Im nächsten Heft: Teil 2: Söhne Gottes –
Wirklichkeit werden: dem Herrn Jesus gleich Auserwählung, Anbetung und treue Praxis

32
Streiflicht: Der Prophet Habakuk

Der Prophet Habakuk –


Vom Fragen zu Frieden und Freude

M it Habakuk führt uns unser Streifzug jetzt zu einem „klei-


nen Propheten“, der jedem hilft, der Fragen an Gott hat. Hast du
nicht auch schon erlebt, dass Gott bei vielem Schlimmen nicht
eingreift oder Dinge „zulässt“, die du nicht verstehen kannst – und
hast (insgeheim oder laut ausgesprochen) „Warum?“ gefragt?

Der Bote und die Botschaft: meine Klage ... HERR, ich habe deine Kunde
vernommen, ich fürchte mich; HERR, belebe
Das Buch des Propheten Habakuk hat einen dein Werk inmitten der Jahre, inmitten der
sehr persönlichen Charakter. Er bringt keine Jahre mache es kund; im Zorn gedenke des
Botschaften direkt an das Volk, sondern der Erbarmens! ... Ich aber, ich will in dem HERRN
Leser wird Zeuge eines Dialogs zwischen Gott frohlocken, will jubeln in dem Gott meiner
und Habakuk. Habakuk erlebt, wie böse und Rettung“ (Hab 1,3.13b.14; 2,1; 3,2.18).
ungerecht sich Gottes Volk benimmt. Er fragt
Gott, warum dieser zusieht. Gott antwortet Lässt Gott Ungerechtigkeit
ihm, dass Er sein Volk durch die Chaldäer durchgehen?
– also das Reich Babylons – züchtigen wird.
Das wiederum wirft bei Habakuk die Frage Wer kennt das nicht, was Habakuk hier
auf, ob es gerecht ist, wenn ein böses Volk erlebt: Da geschehen Dinge, mit denen ich
wie Israel durch ein gänzlich gottloses Volk mich nicht abfinden kann oder will. Ein
wie Babylon gerichtet wird. Gott gibt Haba- Schulkollege hat mich auf dem Kieker und
kuk auch darauf Antwort ... kommt damit gut an. Ein Arbeitskollege
mobbt mich und macht selbst Karriere. Mein
Streiflicht aus dem Propheten Haba- (leiblicher) Bruder oder meine Schwester
kuk: verpetzt mich und kommt selbst ungescho-

„Warum lässt du mich Unheil sehen und


schaust Mühsal an? ... Warum schaust du
Räubern zu, schweigst, wenn der Gottlose
den verschlingt, der gerechter ist als er,
und machst die Menschen den Fischen des
Meeres gleich, dem Gewürm, das keinen
Herrscher hat? ... Auf meine Warte will ich
treten und auf den Turm mich stellen und
will spähen, um zu sehen, was er mit mir
reden wird und was ich erwidern soll auf
Folge mir nach
33
ren davon. Schlimmer ist es noch, wenn und Verbitterung frei und gab ihm Freude
jemand aus dem Volk Gottes, wie bei und Geduld.
Habakuk, auf Kosten anderer Gottes Willen
völlig missachtet. Das alles ist ungerecht, es Habakuk bekommt hier eine ähnliche Ant-
verstößt gegen Gottes Gerechtigkeit – und wort wie Asaph: Das ungerechte Volk wird
doch greift Gott nicht ein. Es scheint, als von Babylon überrannt werden (1,6 ff.).
sehe Er teilnahmslos zu. Da kommen Fragen Das ist eine Antwort, die dem Zweifel und
auf: „Warum lässt Gott das zu? Warum hilft der Resignation den Boden entzieht: Gott ist
Er mir nicht? Warum lässt Er böse Dinge gerecht. Das müssen wir einfach festhalten.
geschehen?“ Das bedeutet auch, dass Ungerechtigkeit
(also alles, was Gottes Willen widerspricht)
Wie geht ein gläubiger Christ mit solchen verurteilt wird – zu seiner Zeit. Habakuk
Situationen um? Man kann kämpfen: Die hatte Ungerechtigkeit gerade im Volk Gottes
Gerechtigkeit muss doch siegen, also los vor Augen. Dort fängt Gott mit seinem
wie Robin Hood! Man kann zweifeln: Gibt Gericht an; auch heute noch (1. Pet 4,17).
es Gott überhaupt, wenn ich doch nichts
von Ihm bemerke? Man kann resignieren: Warum tut Gott, was Er tut?
Treu nach Gottes Wort zu leben ist in der
heutigen Zeit eben nicht mehr machbar. Mit dem Hinweis, dass der gerechte Gott
Man kann Gott Vorwürfe machen: Es ist Ungerechtigkeit auf lange Sicht nicht
ungerecht, dass es dem Gerechten schlech- durchgehen lässt, wollte Habakuk sich nicht
ter geht als dem Ungerechten! Man kann begnügen. Und unsereins geht es manchmal
zynisch werden: Wenn Gott scheinbar den ähnlich. So einfach wollen wir es uns nicht
Gottlosen belohnt, dann kann ich es noch machen, sondern wir möchten schon gern
ärger treiben, oder zumindest mit gleicher verstehen, warum Gott so handelt. „Warum-
Münze heimzahlen. War die richtige Reak- Fragen“ sind erlaubt. Oft genug liest man
tion dabei? in der Bibel, dass gläubige Menschen Gott
nach dem „Warum“ gefragt haben – nach
Asaph machte Ähnliches mit und hat dar- dem Grund für sein Handeln. Solche Fragen
über einen Psalm geschrieben. Es war für sind nur dann falsch, wenn man damit Gott
ihn schier unerträglich, dass die gottlosen anklagt. Sollte Gott aber nicht Fragen akzep-
Menschen scheinbar sorglos leben konnten tieren, die in der Erwartung gestellt wurden,
und immer reicher wurden (Ps 73,12). dass Er weiterhelfen und den inneren Frie-
Wie er damit umging, ist lehrreich: Erstens den wieder herstellen kann?
machte er es den Gottlosen nicht nach,
sondern blieb Gott treu (V. 15). Dabei half So war es bei Habakuk (vgl. 2,1). Und
ihm, dass er sich – zweitens – Gottes Pläne dass er weiterfragt, erscheint berechtigt: Ist
und Ziele neu bewusst machte: Er hielt an es etwa gerecht, wenn Gott ausgerechnet
der Wahrheit fest, dass Gott gerecht ist und ein noch schlimmeres, ja gänzlich gottloses
Ungerechtigkeit richten wird. Nicht jetzt, Volk als Richter über sein Volk benutzen
sondern zu seiner Zeit. Dabei war es sicher will (1,13)? Darauf hat Gott drei Antworten.
nützlich für ihn, sich nicht mit Gedanken der Erstens: „Der Gerechte wird durch seinen
Rache aufzuhalten, sondern sich an Gott zu Glauben leben“ (2,4). Damit wird Habakuk
orientieren und zu erfreuen (V. 17.23 ff.). bestätigt, dass kein Glaubender in diesem
Sicher, das war mühsam für ihn (V. 16), aber Gericht untergehen wird (vgl. 1,12). Zwei-
es lohnte sich: Gott machte ihn von Frust tens wird der Gottlose, den Gott zum Gericht

34
Streiflicht: Der Prophet Habakuk

benutzt hat, auch selbst gerichtet werden sich freuen, von Ihm angenommen zu sein
(2,6 ff.) – Gott übersieht keine Sünde. Und (3,16.18.19) – angenommen von dem all-
drittens ist Gott souverän und muss über mächtigen Gott, der regiert, selbst wenn man
seine Handlungen keine Rechenschaft es (noch) nicht sieht. So bekommt Habakuk
ablegen (2,20). durch die Antworten auf seine Fragen Frie-
den und Freude. Jeder, der Fragen an Gott
Vom Fragen zu Frieden und Freude hat, kann das erleben. Nicht immer gibt
Gott konkrete Antwort. Aber Frieden gibt
Gottes Antworten bringen Habakuk zu Er (Phil 4,7), und wenn man den hat, kann
ehrfürchtigem Lobpreis (Kap. 3). Er ist man sich freuen – selbst wenn man immer
beeindruckt von Gottes Allmacht und Sou- noch nicht versteht.
veränität. Er lässt Gottes Größe und Macht
vor seinem inneren Auge vorüberziehen und Literaturempfehlung: Manfred Müller,
wird dabei selbst ganz klein (3,16). Wie gut, Die Stimme der Propheten (CSV 1995),
dass er vor Gott keine Angst haben muss. S. 40–62
Im Gegenteil, er genießt Frieden und kann
Thorsten Attendorn

Ich aber, ich will in dem HERRN frohlocken,


will jubeln in dem Gott meiner Rettung.
Habakuk 3,18

Folge mir nach


35
Einsteigen!
Ich schäme mich des Evangeliums nicht, denn es ist
Gottes Kraft zum Heil jedem Glaubenden.
Römer 1,16

Der Seiltänzer ließ ein Seil über den Abgrund spannen. Bevor er seinen Fuß darauf
setzte, rief er dem Publikum zu, das gespannt zuschaute: „Glauben Sie, dass ich über
dieses Seil laufen kann, ohne abzustürzen?“ Alle riefen: Ja! Darauf ging er in Schwindel
erregender Höhe hinüber und erntete großen Beifall. Dann nahm er eine Schubkarre
und rief: „Glauben Sie auch, dass ich damit hinüberkomme?“ Unter allgemeinem Beifall
schrieen alle: „Ja, das glauben wir auch!“ –
In nächster Nähe stand eine Dame, die begeistert in die Hände klatschte. Der Artist wandte
sich ihr zu mit den Worten: „Dann seien Sie so gut und steigen Sie ein.“ Die Dame wurde
bleich und lehnte ab.

Glauben – aber nicht einsteigen.


Das ist das Problem von vielen.
Was hilft ein Glaube, wenn man
nicht persönlich zu Jesus Chris-
tus kommt und Ihm sein Leben
anvertraut? Alle aber, die den
Glaubensschritt zu Ihm getan
haben, können bezeugen: Er
schenkt inneren Frieden, von
dem wir bis dahin keine Ahnung
hatten.

Und wie sieht dieser Glaubens-


schritt praktisch aus? Bete zum
Herrn Jesus Christus, und decke
Ihm dein ganzes Leben auf.
Glaube, dass Er auch für dich persönlich am Kreuz sterben musste, und danke Ihm, dass
er auch für dich alles gut gemacht hat vor Gott.
„Der Glaube aber ist … eine Überzeugung von Dingen, die man nicht sieht. – Ohne
Glauben aber ist es unmöglich, Gott wohlzugefallen; denn wer Gott naht, muss glauben,
dass er ist und denen, die ihn suchen, ein Belohner ist“ (Hebräer 11,1.6).

36

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