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Unterrichtung
durch die Bundesregierung
Inhaltsverzeichnis
Seite
A. Zusammenfassende Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5
B. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6
Zugeleitet mit Schreiben des Bundesministeriums des Innern vom 7. Oktober 2003 gemäß Anlage II Kapitel II Sachgebiet A
Abschnitt III Buchstabe c des Einigungsvertrages vom 31. August 1990 (BGBl. 1990 II S.885, 1150).
Drucksache 15/1777 –2– Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode
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c. Ermittlungen in Österreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8
d. Ermittlungen in der Schweiz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8
e. Ermittlungen in Luxemburg und Liechtenstein . . . . . . . . . . . . . 8
1. Übersicht Gerichtsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9
Seite
D. Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24
E. Anlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28
Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30
Drucksache 15/1777 –4– Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode
Stellungnahme der Bundesregierung zu dem 2. Begleitung gerichtlicher Verfahren der Bundesanstalt für
Bericht der Unabhängigen Kommission zur vereinigungsbedingte Sonderaufgaben (BvS) und des
Überprüfung des Vermögens der Parteien und Bundesamtes zur Regelung offener Vermögensfragen
Massenorganisation der DDR (BARoV) im In- und Ausland.
Wie die Bundesregierung in Ihrer Stellungnahme zum Be- 3. Begleitung der Verwertung des festgestellten und gesi-
richt der Unabhängige Kommission zur Überprüfung des cherten PMO-Vermögens durch die BvS und Verwen-
Vermögens der Parteien und Massenorganisation der DDR dung für die gesetzlich festgelegten Zwecke.
vom 24. August 1998 (Bundestagsdrucksache 13/11353)
festgestellt hat, war die Berichtspflicht der Unabhängige Bis zum jetzigen Zeitpunkt ist die Aufgabe der UKPV, de-
Kommission gemäß den Maßgaben des Einigungsvertrages ren Tätigkeit gesetzlich nicht befristet ist, nicht beendet.
erfüllt, nachdem die UKPV im Jahre 1996 bereits Teilab- Insbesondere sind, solange die sachlich begründete Aus-
schlussberichte über das Vermögen der Christlich-Demo- sicht besteht, Vermögenswerte im In- und Ausland zu si-
kratischen Union Deutschlands (CDU der DDR), der De- chern, entsprechende Ermittlungen durchzuführen und ge-
mokratischen Bauernpartei Deutschlands (DBD), der richtliche und außergerichtliche Verfahren zu führen. Bis
Liberal-Demokratischen Partei Deutschlands (LDPD) und diese Maßnahmen umgesetzt sind oder keine Aussicht mehr
der National-Demokratischen Partei Deutschlands (NDPD) besteht, Vermögen zu ermitteln und zu sichern, dient der
(Bundestagsdrucksache 13/5376), der Freien Deutschen Ju- Fortbestand der Unabhängigen Kommission zur Überprü-
gend (FDJ) (Bundestagsdrucksache 13/5377) sowie im fung des Vermögens der Parteien und Massenorganisation
Jahre 1998 den Bericht über das Vermögen der Sozialisti- der DDR dem gesetzlichen Ziel der Sicherung der Chancen-
schen Einheitspartei Deutschlands (SED), jetzt: Partei des gleichheit der Parteien in der Bundesrepublik Deutschland
Demokratischen Sozialismus (PDS), des Freien Deutschen und der Verwendung des seinerzeit materiell-rechtsstaats-
Gewerkschaftsbundes (FDGB) und der sonstigen politi- widrig erworbenen Vermögens im Rahmen der gesetzlichen
schen Organisationen (Bundestagsdrucksache 13/11353) Vorgaben.
vorgelegt hatte. Hinsichtlich der im Bericht angesprochenen Auflösung der
Gleichwohl besteht gemäß der Stellungnahme der Bundes- Arbeitsgruppe Koordinierte Ermittlungen (AKE) wird
regierung zum Bericht der Unabhängige Kommission zur durch die BvS die erforderliche fachliche Unterstützung für
Überprüfung des Vermögens der Parteien und Massen- die Arbeit der UKPV gesichert.
organisation der DDR vom 24. August 1998 Über die nach dem Altschuldenregelungsgesetz zur Verfü-
(Bundestagsdrucksache 13/11353) die Verpflichtung der gung stehenden Mittel von 401,4 Mio. Euro hinaus geht die
Unabhängige Kommission, dem Deutschen Bundestag über UKPV nach dem Bericht davon aus, dass mindestens wei-
die Bundesregierung Nachtragsberichte zu den Ergebnissen tere 33,9 Mio. Euro im Rahmen der gesetzlich vorgegebenen
ihrer Tätigkeit zuzuleiten. Zwecke zur Verfügung stehen werden. Nach Auffassung der
Einen solchen Nachtragsbericht legt die Unabhängige Kom- Bundesregierung stellt diese Summe lediglich einen unter
mission zur Überprüfung des Vermögens der Parteien und Berücksichtigung der bisher bekannten Risiken ermittelten
Massenorganisation der DDR nunmehr vor. Der Bericht stichtagsbezogenen Näherungswert dar, der noch mit erheb-
umfasst die Tätigkeit und den Stand der Aufgabenerledi- lichen Risiken behaftet ist. Die Bereitstellung von Mitteln
gung der UKPV seit Vorlage des letzten Berichts am für die Stiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur sollte
24. August 1998 für den Zeitraum 1998 bis 2002 im Hin- nach Auffassung der Bundesregierung daher erst im Zusam-
blick auf die verbliebenen drei Tätigkeitsfelder der UKPV: menhang mit der Schlussabrechnung des PMO-Vermögens
ab 2004 erfolgen.
1. Ermittlung und Sicherung von im Ausland belegenen
Vermögen der Partei- und Massenorganisationen der Der Deutsche Bundestag wird gebeten, den Bericht der
ehemaligen DDR (PMO-Vermögen). UKPV zur Kenntnis zu nehmen.
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode –5– Drucksache 15/1777
Bericht der Unabhängigen Kommission zur den, während andererseits sämtliche Rückstellungen
Überprüfung des Vermögens der Parteien und für Rechtsverfolgungskosten (unter der Hypothese
Massenorganisationen der DDR eines Verfahrens durch sämtliche Instanzen1) und
eventuelle Verurteilungen (zur Herausgabe, zu Scha-
A. Zusammenfassende Einführung densersatz etc.) in die Einnahmen- und Ausgaben-
Die Unabhängige Kommission zur Überprüfung des Vermö- rechnung eingestellt sind.
gens der Parteien und Massenorganisationen der DDR (im
Die Unabhängige Kommission sieht es als wahr-
Folgenden: Unabhängige Kommission) hat letztmals am scheinlich an, dass
24. August 1998 einen umfassenden Bericht vorgelegt. Dort
heißt es: – allein aus den laufenden Verfahren mit weiteren
Zuflüssen in der Größenordnung von rund
„Über wesentliche Ergebnisse der nach Vorlage dieses Ab- 336,5 Mio. Euro zu rechnen sein wird (siehe D.I.2.
schlussberichts noch fortgesetzten Ermittlungen sowie über des Berichts),
den Ausgang der verwaltungsgerichtlichen Verfahren wird
die Unabhängige Kommission in Nachtragsberichten infor- – sich aus den augenblicklich verfolgten Spuren zu
mieren.“ im Ausland belegenem Vermögen weiteres noch
verstecktes und verschleiertes Partei- und Staats-
Ein solcher Nachtragsbericht wird hiermit vorgelegt. vermögen der DDR feststellen lässt (siehe D.I.1.
Nach der seinerzeitigen Stellungnahme der Bundesregie- des Berichts).
rung zu dem erwähnten Bericht sollte die Unabhängige Insgesamt geht es derzeit demnach vermutlich um
Kommission noch zu sichernde Vermögenswerte und anschlie-
– weiterhin Ermittlungen führen, insbesondere im Ausland ßende Verwendungsentscheidungen in der Größen-
zum Vermögen der SED/PDS, ordnung zwischen rund 370 Mio. Euro (336 Mio.
plus 34 Mio.) und etwa 500 Mio. Euro.
– noch erhebliche Vermögenswerte in schwierigen gericht-
lichen Verfahren im In-und Ausland sichern, vor allem d) Seit Bestehen der Unabhängigen Kommission hat
im Streit um die Novum Handelsgesellschaft mbH, diese im Zusammenwirken mit der Treuhandanstalt/
BvS bislang die Summe von 1,535 Mrd. Euro
– die Verwertung des festgestellten und gesicherten Ver- (3,002 Mrd. DM) ermittelt, sichergestellt und einge-
mögens und die Verwendung für die gesetzlich festge- trieben (siehe C.III.1.a. des Berichts).
legten Zwecke begleiten.
2. Ein arbeitsaufwendiger Schwerpunkt der Tätigkeit von
Die Unabhängige Kommission und ihr Sekretariat sind dem Unabhängiger Kommission und Sekretariat liegt nach
nachgekommen. Jedoch sind die bezeichneten Aufgaben wie vor im Novum-Verfahren. Der in Berlin anhängige
noch nicht erledigt. Ursächlich dafür sind Prozess gestaltet sich langwierig, doch sind die Erfolgs-
chancen als günstig zu bewerten.
– die Komplexität der Sachverhalte,
Seit November 2001 finden vor dem Oberverwaltungs-
– die Schwierigkeit der Ermittlungen (namentlich im gericht Berlin mündliche Verhandlung und Beweisauf-
Ausland) und nahme in zweiter Instanz statt. Die Zeugen- und Partei-
– die Langwierigkeit anhängiger Gerichtsverfahren. vernehmungen (Frau Steindling) sind im April 2003
abgeschlossen worden. Da das Oberverwaltungsgericht
1. Gleichwohl war und ist die Tätigkeit der Unabhängigen wegen eines noch nicht rechtskräftig abgeschlossenen
Kommission und ihres Sekretariats erfolgreich. gerichtlichen Verfahrens vor den Zivilgerichten (Bewei-
santrag der Klägerinnen Steindling und Novum Handels-
a) Ausweislich der von der Bundesanstalt für vereini- gesellschaft mbH) vorläufig nicht entscheiden kann,
gungsbedingte Sonderaufgaben (BvS) zum 31. De- lässt ein Urteil des Oberverwaltungsgericht auf sich war-
zember 2002 erstellten Bilanz sind die nach dem Alt- ten. Angesichts der beträchtlichen Streitsumme ist mit
schuldenregelungsgesetz bis zum Jahr 2004 aus den der Ausschöpfung des Instanzenweges zu rechnen.
Einkünften insgesamt bereitzustellenden Mittel von
785 Mio. DM (401,4 Mio. Euro) für den Erblastentil- Ein günstiges Ergebnis zugunsten BvS/Unabhängige
gungsfonds und für Zwecke des Denkmalschutzes Kommission vorausgesetzt, sind zivilrechtliche Nachfol-
bereits derzeit zu 100 % erwirtschaftet. geprozesse in der Schweiz weiter zu führen, um über die
dem PMO-Vermögen zustehenden Beträge endgültig
b) Schon jetzt stehen darüber hinaus voraussichtlich verfügen zu können. Diese anhängigen Verfahren sind
33,9 Mio. Euro zur Vergabe im Rahmen der gesetz- bis zum Vorliegen der rechtskräftigen verwaltungsge-
lich vorgegebenen Zwecke zur Verfügung (siehe richtlichen Entscheidungen zu der Frage, ob die Firma
C.III.1.d. des Berichts). Novum zum SED- oder zum KPÖ-Vermögen gehört,
ausgesetzt.
c) Diese 33,9 Mio. Euro sind unter den Gesichtspunkten
einer verantwortlichen und vorsichtigen Buchfüh- 3. Zu im Ausland belegenem Vermögen wird derzeit in fol-
rung ermittelt. Sie stellen realistischerweise ein ver- genden Ländern ermittelt: Liechtenstein, Luxemburg,
mutliches Minimum dar. Zugrunde gelegt ist eine
worst-case-Betrachtung. Das heißt, dass zu erwar-
tende Einkünfte aus den rechtshängigen Verfahren 1) Siehe hierzu die Anmerkung – Fußnote 2 – auf Seite 40 (zu Rechts-
(z. B. dem Novum-Prozess) nicht berücksichtigt wer- verfolgungskosten).
Drucksache 15/1777 –6– Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode
Österreich, Schweiz und Ungarn (siehe C.I.2. des Be- (siehe oben 1.c und D.I. des Berichts) handelt es sich um
richts). eine ungewöhnlich günstige Nutzen/Kosten-Relation.
Im vorliegenden Bericht wird davon abgesehen Einzel-
heiten darzustellen, um nicht den Erfolg laufender Er- B. Einleitung
mittlungen zu gefährden. B.I. Gegenstand des Berichts
Diese Ermittlungen sind ausnahmslos kompliziert und Der Bericht hat den Stand der Aufgabenerledigung seit dem
schwierig. Allenthalben spielen Fragen des Bankge- Bericht der Unabhängigen Kommission vom 24. August
heimnisses eine Rolle. Festgelegte Aufbewahrungsfris- 1998 über das Vermögen der Sozialistischen Einheitspartei
ten für Bankbelege sind abgelaufen oder werden in eini- (SED) – jetzt: Partei des Demokratischen Sozialismus
ger Zeit ablaufen. Teilweise steht die erklärte und (PDS) –, des Freien Deutschen Gewerkschaftsbundes
gelegentlich sogar vertraglich abgesicherte Koopera- (FDGB) und der sonstigen politischen Organisationen der
tionsbereitschaft von Leitungsebenen in eklatantem Ge- ehemaligen DDR an den Deutschen Bundestag (Bundes-
gensatz zur tatsächlichen Bereitschaft nachgeordneter tagsdrucksache 13/11353) zum Gegenstand.
Instanzen und Personen, die zugesagte Unterstützung
auch praktisch zu gewähren. Schlussberichte zum Vermögen der Christlich-Demokrati-
schen Union Deutschlands (CDU der DDR), Demokrati-
Trotz aller Schwierigkeiten müssen die Auslandsermitt- schen Bauernpartei Deutschlands (DBD), Liberal-Demo-
lungen gemäß dem der Kommission durch Gesetz erteil- kratischen Partei Deutschlands (LDPD), National-Demo-
ten Auftrag fortgesetzt werden, zumal es um die Verfol- kratischen Partei Deutschlands (NDPD) sowie zu dem der
gung klarer Rechtspositionen der Bundesrepublik Freien Deutschen Jugend (FDJ) sind dem Bericht vom
Deutschland geht. Solange die Unabhängige Kommis- 24. August 1998 vorausgegangen (Bundestagsdrucksache
sion und ihr Sekretariat zur Verfolgung und Abwicklung 13/5376 vom 1. August 1996; Bundestagsdrucksache 13/
rechtshängiger Verfahren (insbesondere Novum) ohne- 5377 vom 1. August 1996).
dies weiterbestehen müssen, können die entsprechenden Diese zusammen geben einen Überblick über das Vermögen
Nachforschungen auch ohne zusätzlich entstehende Be- aller Parteien, politischen Organisationen und verbundenen
lastungen weitergetrieben werden. Unternehmen, die unter §§ 20a und 20b Parteiengesetz der
Unabdingbar für einen Erfolg der Bemühungen bleibt DDR fallen.
eine fortgesetzte und nachhaltige Unterstützung auf poli- Der Gegenstand des vorgelegten Berichts ergibt sich aus der
tischer Ebene. Stellungnahme der Bundesregierung zu dem Bericht der
Unabhängigen Kommission vom 24. August 1998 (Bundes-
4. In Verfolgung der ihr aufgegebenen Ziele arbeiten die
tagsdrucksache 13/11353). Dort sind die Gebiete festgelegt,
Unabhängige Kommission und ihr Sekretariat eng mit
auf denen die Unabhängige Kommission ihre Aufgaben
der BvS und mit der Arbeitsgruppe Koordinierte Ermitt-
fortsetzen soll. Danach hat sie
lungen (AKE) unter Federführung des Bundesministers
der Finanzen zusammen. Unter diesem Aspekt besteht – weiterhin Ermittlungen zu führen, insbesondere im Aus-
Besorgnis über die bestehende Absicht des Bundesmi- land zum Vermögen der SED/PDS;
nisteriums der Finanzen, die Tätigkeit der AKE zum
31. Dezember 2003 zu beenden. Im Fall der Realisie- – noch erhebliche Vermögenswerte in schwierigen gericht-
rung würden die Arbeit der Unabhängigen Kommission lichen Verfahren im In- und Ausland zu sichern, vor al-
und ihres Sekretariats deutlich erschwert. Die Unabhän- lem im Streit um die Novum Handelsgesellschaft mbH;
gige Kommission appelliert deshalb an die Entschei- – die Verwertung des festgestellten und gesicherten Ver-
dungsträger, diese Absicht zu überdenken. Es muss die mögens und dessen Verwendung für die gesetzlich fest-
Möglichkeit erhalten bleiben, sowohl Partei- als auch gelegten Zwecke zu begleiten.
Staatsvermögen zu ermitteln. Jedenfalls muss dafür
Sorge getragen werden, dass durch Übertragung der Ak-
tenbestände sowie durch konkrete Maßnahmen zum B.II. Zusammensetzung, Rechtsgrundlagen
Transfer von personellem und inhaltlichem Know-how und Aufgaben der Unabhängigen
die Arbeitsfähigkeit der Unabhängigen Kommission un- Kommission
eingeschränkt erhalten bleibt.
B.II.1. Zusammensetzung der Unabhängigen
5. Das Sekretariat der Unabhängigen Kommission hat sei- Kommission
nen Beitrag zum Bürokratieabbau vorbildlich erbracht. Die Unabhängige Kommission setzt sich wie folgt zusam-
Der Personalbestand ist seit 1997 (Basiswert für den Be- men2):
richt vom 24. August 1998) von 32 Mitarbeitern (14 hö-
herer Dienst, 15 gehobener Dienst, 3 mittlerer Dienst) auf Vorsitzender: Dr. Christian v. Hammerstein (Berlin)
jetzt 7 (3 höherer Dienst, 2 gehobener Dienst, 2 mittlerer Stellv.
Dienst) zurückgegangen. Dieser Stamm muss bis zur Be- Vorsitzender: Georg Reinicke (Berlin)
endigung der Arbeiten der Unabhängigen Kommission
erhalten bleiben und bei Bedarf verstärkt werden.
2) In dem Berichtszeitraum von 1998 bis 2003 gab es keine personellen
Personal- und Sachhaushalt der Unabhängigen Kommis- Veränderungen in der Zusammensetzung der Unabhängigen Kom-
sion belaufen sich derzeit auf jährlich etwa knapp 1 Mio. mission. – Dr. Neuling nimmt derzeit an den Sitzungen der Kommis-
Euro. Im Verhältnis zu den noch zu sichernden Beträgen sion nicht teil.
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode –7– Drucksache 15/1777
Mitglieder: Lothar Anys (Dresden) lage. Für die Ermittlung des Vermögens stehen der
Arne Börnsen (Ritterhude-Platjenwerbe) Unabhängigen Kommission wie einem parlamentarischen
Barbara Erdmann (Berlin) Untersuchungsausschuss die Befugnisse der Beweisauf-
Hermann Fellner (Freudenberg) nahme nach der Strafprozessordnung zur Verfügung.
Reinhard Krämer (Willich) Für das von der Unabhängigen Kommission festgestellte
Reiner Krziskewitz (Bernburg) und von der BvS verwaltete Vermögen gilt:
Dr. Birgit Laubach (Berlin)
Wolfgang Lüder (Berlin) – Das Vermögen ist durch das Bundesamt zur Regelung
Dr. Volker Manhenke (Kleinmachnow) offener Vermögensfragen (BARoV) im Einvernehmen
Dr. Christian Neuling (Berlin) mit der Unabhängigen Kommission an die früher Be-
Prof. Dr. Joachim Rottmann (Bonn) rechtigten oder deren Rechtsnachfolger zurückzuführen.
Dr. Hans-Andreas Schönfeldt (Berlin) – Soweit dies nicht möglich ist, ist das Vermögen zuguns-
Gerhard Zerth (Oberursel) ten gemeinnütziger Zwecke, insbesondere der wirt-
Georg Zschornack (Zescha) schaftlichen Umstrukturierung, in den neuen Bundeslän-
Seit ihrer Einsetzung im Juni 1990 hat die Unabhängige dern zu verwenden.
Kommission 83 Sitzungen durchgeführt. Einen Teil ihrer Diese grundsätzliche Bestimmung des Einigungsvertrages
Entscheidungsbefugnisse (in Einzelfällen und bei bestimm- wurde später in folgender Weise modifiziert:
ten Fallgruppen) hat sie dem Leiter des Sekretariats als De-
legationsentscheidungen übertragen3). – Nach dem Altschuldenregelungsgesetz7) sind 735 Mio.
DM (375,8 Mio. Euro) in Ratenzahlungen bis zum Jahr
An den Sitzungen der Unabhängigen Kommission nehmen 2004 zur Abdeckung der Altschulden der neuen Länder
gemäß § 5 Abs. 3 Satz 1 der Parteivermögenskommissions- an den Erblastentilgungsfonds zu zahlen.
verordnung (PVKV) Vertreter der BvS und des Bundesmi-
nisteriums des Innern teil. Gemäß § 5 Abs. 3 Satz 2 PVKV – Nach dem nämlichen Gesetz sind 50 Mio. DM
kann das Bundesministerium des Innern bei Bedarf weitere (25,6 Mio. Euro) bis zum Jahr 2004 für gemeinnützige
Bundesministerien beteiligen. Das Bundesministerium des Zwecke nicht staatlicher Träger, insbesondere im Denk-
Innern hat bisher Vertreter der Bundesministerien der Finan- malschutz, zu verwenden.
zen und der Justiz zu Sitzungen der Unabhängigen Kom- – Nach dem entsprechenden Errichtungsgesetz8) sind der
mission hinzugezogen. Stiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur – über die
jährlichen Zuschüsse durch den Bund hinaus – im Rah-
B.II.2. Rechtsgrundlagen und Aufgaben der men der Verfügbarkeit Mittel aus dem PMO-Vermögen
Unabhängigen Kommission vorrangig zur Erfüllung des Stiftungszweckes zur Verfü-
gung zu stellen9).
Rechtsgrundlagen für die Arbeit der Unabhängigen Kom-
mission sind die §§ 20a und 20b des Parteiengesetzes der – Darüber hinaus verfügbares Vermögen hat die BvS im
DDR mit den Maßgaben des Einigungsvertrages4), der § 29 Einvernehmen mit der Unabhängigen Kommission wie-
Abs. 2 Vermögensgesetz (VermG)5) und die Parteivermö- derum für die im Einigungsvertrag bestimmten gemein-
genskommissionsverordnung (PVKV)6). nützigen Zwecke zu verwenden.
Danach steht das Vermögen der Parteien und Massenorgani- Nur soweit Vermögen nachweislich nach materiell-rechts-
sationen, das am 7. Oktober 1989 bestanden hat oder seit- staatlichen Grundsätzen im Sinne des Grundgesetzes erwor-
her an die Stelle dieses Vermögens getreten ist, unter treu- ben worden ist, wird es den Parteien und sonstigen Institu-
händerischer Verwaltung. Die treuhänderische Verwaltung tionen wieder zur Verfügung gestellt. Die hierfür erforderli-
wird von der BvS, vormals Treuhandanstalt, im Einverneh- chen rechtlichen Feststellungen erarbeitet die Unabhängige
men mit der Unabhängigen Kommission ausgeübt. Kommission. Die auf diesen Feststellungen beruhenden
Entscheidungen trifft die BvS im Einvernehmen mit der Un-
Damit wird das im Einigungsvertrag bestimmte Ziel ange- abhängigen Kommission.
strebt, die Chancengleichheit zwischen den Parteien und
Institutionen unter demokratischen Verhältnissen herzustel-
len und die diesen zuwiderlaufende, in über vier Jahrzehn- C. Stand der Aufgabenerledigung
ten erfolgte Vermögensbereicherung rückgängig zu ma- (rechnerisch zum 31. Dezember 2002)
chen. C.I. Durchführung weiterer Ermittlungen zum
Die Unabhängige Kommission hat mit ihrem Sekretariat das Auslandsvermögen der SED/PDS
Vermögen zu ermitteln und im Einzelnen konkret festzustel- C.I.1. Ausgangslage
len. Sie schafft damit die für die treuhänderische Verwal-
tung dieses Vermögens durch die BvS erforderliche Grund- In den mit der PDS abgeschlossenen Vergleichen vom
14. Mai 1992 zum Auslandsvermögen und vom 18. Juli 1995
zum übrigen Vermögen, in dem die Partei bis auf wenige
3) Siehe § 7 Abs. 1 Parteivermögenskommissionsverordnung (PVKV). Ausnahmen auf ihr gesamtes Altvermögen verzichtete,
4) Artikel 9 Abs. 2 Einigungsvertrag vom 31. August 1990 in Verbin-
dung mit Anlage II Kapitel II Sachgebiet A Abschnitt III (BGBl. II
S. 885, 1150). 7) Vom 6. März 1997 (BGBl. I S. 434).
5) In der Fassung der Bekanntmachung vom 21. Dezember 1998 8) Gesetz über die Errichtung einer Stiftung zur Aufarbeitung der SED-
(BGBl. I S. 4026). Diktatur vom 4. Mai 1998 (BGBl. I S. 843).
6) Vom 14. Juni 1991 (BGBl. I S.1243). 9) § 3 – Stiftungsvermögen, Abs. 3.
Drucksache 15/1777 –8– Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode
erteilte die PDS der BvS eine Generalvollmacht, über be- C.I.2.b. Ermittlungen in Ungarn
kanntes und über in der Zukunft entdecktes bisher unbekann-
tes Vermögen der PDS zu verfügen. Damit kann die BvS als C.I.2.b.aa. Prüfung in der Ungarischen
wirtschaftliche Eigentümerin im zivilrechtlichen Rechtsver- Nationalbank (MNB)
kehr auch im Ausland auftreten. Die hierfür erforderlichen Die MNB hat sich im April 2000 verpflichtet, über das bei
Ermittlungen nimmt die Unabhängige Kommission mit ih- ihr vorhandene DDR-Parteivermögen Auskunft zu erteilen.
rem Sekretariat vor. Allerdings ist sie dieser Verpflichtung bisher nicht in einem
die Unabhängige Kommission zufriedenstellenden Maße
C.I.2. Ermittlung und Sicherung des nachgekommen. Es gibt – bei gleichzeitiger verbaler Be-
Auslandsvermögens kundung von Hilfsbereitschaft – erhebliche Widerstände bei
der konkreten Einlösung der Zusagen vor Ort.
C.I.2.a. Allgemeines
Die Ermittlungen der Unabhängigen Kommission richten C.I.2.b.bb. Prüfung im ungarischen
sich derzeit insbesondere auf die Feststellung und Sicherung Finanzministerium
von DDR-Parteivermögen im Ausland. Bei den entspre-
chenden Ermittlungen war und ist die Unabhängige Kom- Im Zuge der politischen Wende in Ungarn sind zahlreiche
mission auf sich selbst gestellt. Sie hat durch die PDS keine Unterlagen über frühere Transfers von Parteivermögen der
konkreten Hinweise zu Größenordnung und Aufbewah- DDR in das ungarische Finanzvermögen verbracht worden.
rungsorten dieses wohl ausschließlich über Treuhänder und Obwohl auch hier im Oktober 1999 auf hoher politischer
Strohmänner verwalteten Vermögens erhalten. Ebene eine Vereinbarung über die Offenlegung der Trans-
fers erreicht werden konnte, ist die Durchsetzung dieses An-
Auf der Grundlage der ihr übertragenen Ermittlungsrechte spruchs bisher verhindert worden. So wurden beispiels-
hat die Unabhängige Kommission konkrete Spuren verfolgt, weise im Anschluss an die genannte Absprache im
die sich aus eigenen Nachforschungen und dem Material an- Finanzministerium bereits für eine Einsicht zugesagte Un-
derer Ermittlungsbehörden ergaben. Auf dieser Grundlage terlagen vernichtet.
hat die Unabhängige Kommission ihre Ermittlungen in den
einzelnen Ländern aufgenommen. Diese gestalten sich wie C.I.2.b.cc. Prüfung in der Ungarischen
folgt: Außenhandelsbank (MKB)
In Ungarn wurde in Verhandlungen sowohl mit der seiner- Bei der Ungarischen Außenhandelsbank handelt es sich seit
zeitigen Regierung Horn (Finanzminister Medgyessy) als Mitte der 90er-Jahre um eine Tochtergesellschaft der Baye-
auch mit der Regierung Orban die Möglichkeit erwirkt, dass rischen Landesbank. Mit Unterstützung des Finanzministers
von der Unabhängigen Kommission beauftragte Wirt- des Freistaates Bayern konnte am 4. Juli 2000 eine Verein-
schaftsprüfer in die Unterlagen in der Pénzintézeti Központ barung mit der MKB erzielt werden, nach der Bankunterla-
Bank (PK), einem zentralen Geldinstitut mit deutlichen Be- gen mit DDR-Vermögensbezug eingesehen und ausgewertet
zügen zum Ausland, im Finanzministerium und in anderen werden konnten. Diese Prüfung konnte bisher aufgrund von
Institutionen einsehen dürfen. Meinungsverschiedenheiten in einer Reihe von Punkten
Auch in Österreich ist es in schwierigen und durch immer nicht abgeschlossen werden.
wieder neue Hindernisse erschwerten Verhandlungen gelun-
gen, die Genehmigung zur Sichtung der Bankunterlagen der C.I.2.c. Ermittlungen in Österreich
Central Wechsel- und Creditbank AG (CWC AG) in Wien,
einer früheren Tochtergesellschaft der Ungarischen Natio- Diese Ermittlungen konzentrieren sich in erster Linie auf
nalbank, zu erhalten. Diese Bank spielte bei den Transfers die bis 2001 zur MNB gehörende Central Wechsel- und
von Parteivermögen wie auch von Staatsvermögen der DDR Creditbank AG i. L. (CWC AG), die heute der im ungari-
ins westliche Ausland eine zentrale Rolle. schen Staatseigentum befindlichen Magyar Követeléskezelö
Rt. gehört. Auch hier wurden bisher sowohl aufgrund des
In der Zusammenarbeit mit der Schweiz, Liechtenstein und massiven Widerstands von Bankmitarbeitern als auch be-
Luxemburg wird Rechtshilfeersuchen mit konkreten Anga- hindernder ungarischer Einflussnahme weiterführende Aus-
ben zu Kunden und Banken im Allgemeinen entsprochen. künfte verhindert.
Insbesondere mit der Bezirksanwaltschaft Zürich, die bei
Ermittlungen zum DDR-Vermögen für die Gesamtschweiz
zentral zuständig ist, hat sich der Rechtshilfeverkehr gut C.I.2.d. Ermittlungen in der Schweiz
entwickelt. Die Unabhängige Kommission hat bereits in der Vergangen-
Anders verhält es sich in diesen Staaten bisher bei allgemei- heit Parteivermögen der DDR in Millionenhöhe (DM) in der
nen Bankanfragen zum Parteivermögen wie auch zum Schweiz festgestellt und gesichert (vgl. Bericht vom
Staatsvermögen der DDR. Hier verweigern die Geldinstitute 24. August 1998, S. 270 ff.). Die Unabhängige Kommission
regelmäßig unter Hinweis auf das Bankgeheimnis jede Aus- ist aufgrund ihrer Ermittlungen der Überzeugung, dass zu
kunft. DDR-Zeiten darüber hinausgehende Beträge in die Schweiz
geflossen sind. Die Unabhängige Kommission ist außerdem
Die einzelnen Prüfbereiche stellen sich wie nachstehend der Auffassung, dass der Bundesrepublik Deutschland als
dar. Von einer Berichterstattung im Detail muss jedoch ab- Rechtsnachfolgerin der DDR auch insoweit Auskunftsan-
gesehen werden, um nicht laufende Ermittlungen zu gefähr- sprüche zustehen. Die entsprechenden Verhandlungen mit
den. Schweizer Stellen dauern an.
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode –9– Drucksache 15/1777
C.I.2.e. Ermittlungen in Luxemburg und rechnungsscheck, den die PDS am 31. Mai 1990 – einen
Liechtenstein Tag vor Inkrafttreten der §§ 20a und b PartG-DDR – ausge-
stellt und an Younes übergeben hatte. Dieser legte den
Wie in der Schweiz ist auch in Luxemburg und Liechten-
Scheck am 6. Juni 1990 bei der Deutschen Handelsbank AG
stein davon auszugehen, dass erhebliche DDR-Vermögens-
vor, worauf der Betrag noch am gleichen Tag dem dort für
transfers über diese Länder gelaufen sind. Bei den Ermitt-
die Islamische Religionsgemeinschaft e. V. geführten Konto
lungen der Unabhängigen Kommission erweist sich das
gutgeschrieben wurde. Nach Aufdeckung dieses Vorgangs
Bankgeheimnis als erhebliches Hindernis. Andererseits
stellte die Treuhandanstalt im Januar 1992 durch Verwal-
wird akzeptiert, dass sich die Bundesrepublik Deutschland
tungsakt gegenüber der Islamischen Religionsgemeinschaft
und die für sie im Bereich des PMO-Vermögens handelnde
fest, dass der Betrag von umgerechnet 37,5 Mio. DM
Unabhängige Kommission insoweit in einer Sonderposition
(19,2 Mio. Euro) nebst Zinsen ihrer treuhänderischen Ver-
befinden. Die entsprechenden Ermittlungen einschließlich
waltung untersteht. Die Gelder wurden von der Treuhandan-
der Verhandlungen mit den zuständigen Luxemburger und
stalt sichergestellt und auf eigene Konten überführt.
Liechtensteiner Institutionen dauern an.
Die auf Aufhebung des Bescheides und Rückzahlung der
C.II. Sicherung von Vermögenswerten in Gelder gerichtete Klage der Islamischen Religionsgemein-
schwierigen gerichtlichen Verfahren schaft e.V. hatte vor dem Verwaltungsgericht Berlin zu-
im In- und Ausland nächst Erfolg. Nach einem Teilerfolg der Treuhandanstalt
beim Oberverwaltungsgericht Berlin hat das Bundesverwal-
C.II.1. Übersicht Gerichtsverfahren tungsgericht die Klage mit Urteil vom 10. Dezember 1998
Die Unabhängige Kommission war an zahlreichen Verwal- in vollem Umfang abgewiesen. Zur Begründung hat das
tungsrechtsstreitigkeiten beteiligt. Diese sind von den be- Bundesverwaltungsgericht ausgeführt, dass der Geldbetrag
troffenen Parteien und politischen Massenorganisationen an- unstreitig aus dem SED/PDS-Altvermögen stamme und die
gestrengt worden, indem sie Rechtsmittel gegen die von der relevante Vermögensveränderung nicht bereits mit der
BvS getroffenen Maßnahmen eingelegt haben. Angegriffen Scheckausstellung am 31. Mai 1990, sondern erst mit der
wurden in erster Linie die feststellenden Verwaltungsakte, Gutschrift des Scheckbetrages auf dem Konto der Islami-
mit denen die Treuhandanstalt/BvS die von Gesetzes wegen schen Religionsgemeinschaft e. V. am 6. Juni 1990 stattge-
seit dem 1. Juni 1990 angeordnete treuhänderische Verwal- funden habe. Zu diesem Zeitpunkt hätten Vermögensverän-
tung des Vermögens der Parteien und Massenorganisationen derungen aber nur noch mit (einer hier nicht vorliegenden)
der DDR (PMO-Vermögen) konkretisiert hatte. Zustimmung der Unabhängigen Kommission wirksam wer-
den können. Damit unterfalle der streitige Betrag – wie von
Ein weiterer Schwerpunkt lag in verwaltungsgerichtlichen der Treuhandanstalt festgestellt – der treuhänderischen Ver-
Auseinandersetzungen über die vermögensrechtlichen Re- waltung.
stitutionsentscheidungen, die vom Bundesamt zur Regelung
offener Vermögensfragen (BARoV) im Einvernehmen mit Die hiergegen von der Islamischen Religionsgemeinschaft
der Unabhängigen Kommission (§ 29 Abs. 2 Vermögensge- e. V. erhobene Verfassungsbeschwerde wurde vom Bundes-
setz – VermG – ) getroffen wurden. verfassungsgericht mit Beschluss vom 21. April 1999 nicht
zur Entscheidung angenommen. Die daraufhin von der Isla-
Schließlich wurden in zahlreichen zivilrechtlichen Rechts- mischen Religionsgemeinschaft e. V. erhobene Individual-
streitigkeiten Vermögenswerte des PMO-Vermögens gesi- beschwerde zum Europäischen Gerichtshof für Menschen-
chert. In vielen Fällen ging es um die Rückforderung von rechte wurde mit Entscheidung vom 5. Dezember 2002 als
Darlehen, die von den Parteien und Massenorganisationen unzulässig zurückgewiesen.
juristischen Personen und Privatpersonen ohne Zustimmung
der Unabhängigen Kommission ausgereicht wurden. Auch
standen Schadensersatzklagen der von Maßnahmen der C.II.3. Verwaltungsrechtsstreit Steindling/
treuhänderischen Verwaltung Betroffenen im Vordergrund. Novum Handelsgesellschaft mbH
Insbesondere waren die Unabhängige Kommission und die C.II.3.a. Verwaltungsrechtsstreit
BvS seit dem Bericht vom 24. August 1998 mit den nach- In dem derzeit vor dem Oberverwaltungsgericht Berlin ge-
stehend aufgeführten umfangreichen gerichtlichen Verfah- führten Verwaltungsrechtsstreit geht es im Wesentlichen um
ren befasst: die Frage, ob die Novum Handelsgesellschaft mbH (im Fol-
genden: Novum) ein SED-Unternehmen oder ein Unterneh-
C.II.2. Verwaltungsrechtsstreit Islamische men der Kommunistischen Partei Österreichs (KPÖ) ist.
Religionsgemeinschaft e. V.
Im Bericht der Unabhängigen Kommission10) wurde über C.II.3.a.aa. Hintergrund des Verfahrens
diverse Zahlungen aus dem SED/PDS-Vermögen an Herrn
Abdel Majid Younes berichtet11). In den Zahlungen war un- Bei der Novum handelt es sich um ein Unternehmen in der
ter anderem eine Spende in Höhe von 75 Mio. Mark der Rechtsform einer GmbH mit Sitz im ehemaligen Ost-Berlin,
DDR an die von Younes vertretene Islamische Religionsge- das bis zur Wende im DDR-Außenhandel vornehmlich mit
meinschaft e. V. enthalten. Die Zahlung erfolgte per Ver- Österreich tätig war. Alleingesellschafterin der Novum ist
seit 1983 die Wiener Geschäftsfrau Rudolfine Steindling.
Frau Steindling war als professionelle Treuhänderin nicht
10) Bundestagsdrucksache 13/11353 vom 24. August 1998. nur für Firmen tätig, die die KPÖ zu ihrem „Wirtschaftsbe-
11) Band 2, E.III.2. Spenden, sonstige Unterstützungen und Darlehen, reich“ zählt, sondern auch für den Bereich Kommerzielle
Buchst. e) – S. 139/140. Koordinierung (KoKo) der ehemaligen DDR.
Drucksache 15/1777 – 10 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode
Seit 1953 haben sowohl Frau Steindling als auch vier von Parallel zum Berufungsverfahren haben die Klägerinnen un-
fünf ihrer Vorgänger als Novum-Gesellschafter notariell be- ter Hinweis auf den in erster Instanz gewonnenen Prozess
urkundete Treuhanderklärungen abgegeben, in denen sie je- versucht, die angefochtenen Bescheide im Wege des vorläu-
weils sinngemäß erklären, dass sie die Geschäftsanteile der figen Rechtsschutzes einstweilig außer Vollzug zu setzen.
Novum nicht für sich selbst, sondern treuhänderisch für die Diese Anträge hat das Oberverwaltungsgericht Berlin durch
SED-Firma Zentrag halten. Beschlüsse vom 9. November 1998, unter anderem mit
In der DDR gehörte die Einschaltung von Vertrauensleuten Blick auf die neu aufgefundenen Beweismittel, zurückge-
der Partei als Gesellschafter von Parteifirmen zur üblichen wiesen. Auch die in der Folgezeit wiederholten Anträge der
Form der Verdeckung des Parteivermögens und die Abgabe Klägerinnen hatten keinen Erfolg.
derartiger notariell beurkundeter Treuhanderklärungen zu Seit November 2001 finden vor dem Oberverwaltungsge-
den üblichen Sicherungsmaßnahmen der SED zum Schutz richt Berlin mündliche Verhandlung und Beweisaufnahme
gegen untreue Treuhänder oder deren – in der Regel – un- statt. Bislang wurden Zeugen in Berlin, Hallein (bei Salz-
wissenden Erben. Deswegen hat die Treuhandanstalt (jetzt:
burg) und Wien vernommen. Im April 2003 wurde erstmals
BvS) unter dem 14. Januar 1992 – nach einer entsprechen-
auch Frau Steindling im Wege der Parteivernehmung durch
den Feststellung der Unabhängigen Kommission – mit so-
ein deutsches Gericht zu den Umständen der Abgabe ihrer
fort vollziehbaren Bescheiden festgestellt, dass es sich bei
Treuhanderklärungen befragt. Wann mit einer Entscheidung
der Novum um eine mit der SED verbundene juristische Per-
son (Bescheid 1) und bei den von Frau Steindling gehaltenen des Oberverwaltungsgerichts Berlin gerechnet werden
Geschäftsanteilen um SED-Vermögen (Bescheid 2) handelt. kann, ist derzeit vor allem deswegen offen, weil die Kläge-
rinnen (Frau Steindling und Novum) einen Beweisantrag
gestellt haben, der eine Einsichtnahme in die Urkunden-
C.II.3.a.bb. Verwaltungsgericht Berlin (1. Instanz) sammlung des Notariats erforderlich macht, bei welchem
Gegen diese Bescheide haben sowohl die Novum als auch die Novum-Gesellschafter ihre Treuhanderklärungen abge-
Frau Steindling Klage erhoben, denen das Verwaltungsge- geben haben. Zu diesem Zweck haben die Klägerinnen
richt Berlin mit Urteilen vom 12. Dezember 1996 (schriftli- beim zuständigen Landgericht Berlin einen Antrag auf Ent-
che Begründung am 12. Mai 1997) stattgegeben hat. Das bindung von der Schweigepflicht gestellt, der abschlägig
Verwaltungsgericht Berlin hat dabei den notariellen Treu- beschieden wurde. Gegen diesen Beschluss sind Rechtsmit-
handerklärungen keine durchgreifende Bedeutung beige- tel bis zum Bundesgerichtshof möglich.
messen, sondern sich die Behauptung der Klägerinnen zu
eigen gemacht, die Treuhanderklärungen seien jeweils ohne
C.II.3.b. Rückführung von Vermögenswerten der
Kenntnis der SED/Zentrag und nur zu – heute nicht mehr
aufklärbaren – Täuschungszwecken von den Gesellschaf- Novum
tern der Novum abgegeben worden, in Wahrheit gehöre die Im Zuge weiterer Ermittlungen der Unabhängigen Kommis-
Novum der KPÖ. Die BvS war aufgrund der systematischen sion und der Ausübung der treuhänderischen Verwaltung
Vernichtung von Akten bei der SED und der Zentrag in ih- durch die BvS wurde festgestellt, dass die Novum und deren
ren Möglichkeiten, deren Kenntnis von den Treuhanderklä- Tochterfirma Transcarbon zur Zeit der Wende über erhebli-
rungen zu beweisen, eingeschränkt. Darüber hinaus war es che Vermögenswerte auf Konten in der Schweiz und in Ös-
den Klägerinnen gelungen, eine Vielzahl von Zeugen mit terreich verfügten.
enger Verbindung zur SED und KPÖ aufzubieten, die über-
einstimmend aussagten, sie hielten die Novum für eine Der BvS gelang es, Guthaben von rund 40 Mio. DM
Firma der KPÖ. (20,5 Mio. Euro) sicherzustellen und in die Bundesrepublik
zurückzuführen. Im Übrigen waren die Konten durch Frau
C.II.3.a.cc. Aufgefundene Beweismittel Steindling nach Inkrafttreten der §§ 20a und 20b PartG-
DDR, aber noch vor Feststellung der Novum und ihrer
Nach Erlass des Urteils des Verwaltungsgerichts Berlin Tochterfirma Transcarbon als Parteibetriebe, größtenteils
konnten weitere wichtige Beweismittel aufgefunden wer- geleert worden.
den, die die treuhänderische Anbindung der Novum an die
SED zusätzlich belegen. Aufgrund des Hinweises eines In- Von Konten bei den Schweizer Banken Cantrade Privatbank
formanten wurden 1997 bei einem Berliner Notar Vermerke AG und Coutts & Co. AG überwies Frau Steindling ca.
beschlagnahmt, in denen festgehalten wird, dass durch 180 Mio. DM (92 Mio. Euro). Diese Transaktionen sind in
Rechtsvertreter von Frau Steindling die Handakte des No- den Büchern der Novum nicht nachvollziehbar und ohne er-
tars, bei dem die Gesellschafter der Novum ihre Treuhand- kennbaren wirtschaftlichen Hintergrund erfolgt.
erklärungen hatten beurkunden lassen, um prozessrelevante
Dokumente „bereinigt“ wurde und Zeugen beeinflusst wer- Rund 250 Mio. DM (128 Mio. Euro), die auf Konten bei der
den sollten. Aufgrund dieser Beschlagnahme musste Frau Bank Austria (Österreich) lagen, ließ Frau Steindling über
Steindling auch einräumen, dass sich die seit Jahren ver- Nostro-Konten der Bank Austria (Schweiz) von Wien nach
schollene Originalhandakte des Notars in ihrem Besitz in Zürich transferieren. Nach kurzfristiger Anlage in Zürich
Wien befand. veranlasste Frau Steindling die Bank Austria (Schweiz), ihr
die Gelder in Wien bar auszuzahlen. Die Gelder wurden so-
C.II.3.a.dd. Oberverwaltungsgericht Berlin dann durch Anlage in anonymen Wertpapieren (Juxten
(2. Instanz) Bons) und Sparbüchern „gewaschen“ und sind seither ver-
schwunden.
Gegen die Urteile des Verwaltungsgerichts Berlin haben die
BvS und die Unabhängige Kommission im Dezember 1996 Wegen dieser Abverfügungen sind in der Schweiz zwei Pro-
Berufung beim Oberverwaltungsgericht Berlin eingelegt. zesse anhängig:
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 11 – Drucksache 15/1777
– Zum einen wird Frau Steindling in Höhe des Gesamtbe- bergbaus mit Sitz ursprünglich in Gleiwitz. An ihr waren
trages der Abverfügungen (nebst Zinsen) wegen Verun- u. a. die PREUSSAG AG (Geschäftsanteil: 12,65 %) und
treuung und ungetreuer Geschäftsführung auf Schadens- die Bergwerksverwaltung Oberschlesien GmbH (Geschäfts-
ersatz in Anspruch genommen. Im Falle eines Obsiegens anteil: 22,88 %) beteiligt. Letztere war eine 100 %ige Toch-
kann jedenfalls auf einen Betrag von rund 142 Mio. DM ter der Reichswerke AG für Berg- und Hüttenbetriebe „Her-
(73 Mio. Euro) nebst Zinsen zugegriffen werden. Diese mann Göring“. Gegenstand des Unternehmens war die
Summe, die Frau Steindling bei der Züricher Kantonal- Vermarktung der von den beteiligten Grubenbesitzern er-
bank auf ihren Namen hinterlegt hat, um die Aufhebung zeugten Kohleprodukte.
einer von den schweizerischen Ermittlungsbehörden ver-
Die OSS erwarb 1939 das zuvor im Eigentum der Pschorr
fügten Kontensperrung zu erreichen, ist durch einen Ar-
Bräu AG stehende Objekt für 1,32 Mio. RM und wurde am
rest zugunsten der BvS gesichert.
27. März 1940 als Eigentümerin im Grundbuch eingetragen.
– Zum anderen wird die Bank Austria (Schweiz) wegen ei- Im Jahre 1945 stellte die OSS ihre ursprüngliche geschäftli-
nes Teilbetrages von 250 Mio. DM (128 Mio. Euro) un- che Tätigkeit ein, verlegte 1948 ihren Sitz von Gleiwitz
ter dem Gesichtspunkt von Beihilfe und Geldwäsche in nach Berlin, Kurfürstendamm 52, und beschloss zugleich
Anspruch genommen. Zwischenzeitlich ist ein Mitarbei- die Liquidation des Unternehmens.
ter der Bank im Hinblick auf die Beteiligung an den von
Frau Steindling vorgenommenen Transaktionen in der Das antragsbehaftete Grundstück wurde am 2. Dezember
Schweiz wegen mangelnder Sorgfalt in Bankgeschäften 1949 aufgrund des Gesetzes des Magistrates von Groß-Ber-
strafrechtlich verurteilt worden. lin vom 8. Februar 1949, der so genannten „Liste 3“, unter
der laufenden Nummer 600 des Teiles B der Liste enteignet
Beide Zivilrechtsverfahren sind allerdings bis zur abschlie- und in Volkseigentum überführt. Nach Eintragung von
ßenden Entscheidung der deutschen Verwaltungsgerichte Volkseigentum und mehreren Rechtsträgerwechseln erwarb
– das heißt einer eventuell noch abzuwartenden Entschei- der OEB Fundament das Grundstück durch Tauschvertrag
dung des Bundesverwaltungsgerichts – ausgesetzt. vom 27. Juli 1966.
Aufgrund der Nutzung des Hauses in der Wendezeit durch
C.II.3.c. Staatsanwaltliches Ermittlungsverfahren
eine Vielzahl von Bürgerrechtsbewegungen wurde das Haus
Wegen der von Frau Steindling veranlassten Abverfügung unter der Bezeichnung „Haus der Demokratie“ bekannt.
der Gelder von den Konten der Novum und der Transcarbon
waren staatsanwaltliche Ermittlungsverfahren in Berlin und Im Jahre 1999 verkaufte die BvS im Einvernehmen mit der
Zürich anhängig. Die Staatsanwaltschaft Berlin hat das Er- Unabhängigen Kommission das Objekt an die Deutscher
mittlungsverfahren am 29. Januar 2003 wegen Eintritts der Beamtenwirtschaftsbund GmbH zu einem Kaufpreis von
absoluten Verjährung eingestellt. Gegen diese Entscheidung 14,7 Mio. DM (7,5 Mio. Euro).
ist Beschwerde eingelegt. Die Staatsanwaltschaft Zürich hat Die OSS begründete durch ihre 1992 bestellte Nachtragsli-
am 13. Dezember 2002 das Verfahren vorläufig eingestellt, quidatorin ihren ursprünglichen Restitutionsantrag und spä-
„bis das Oberverwaltungsgericht Berlin über die Zugehörig- teren Antrag auf Erlösauskehr mit einer entschädigungslo-
keit der Novum entschieden hat“. sen Enteignung durch den Magistrat von Groß-Berlin. Die
Ob Frau Steindling und andere Beteiligte wegen Urkunden- Beschlagnahme des Grundstückes sei erst nach dem Verbot
unterdrückung, Prozessbetruges oder uneidlicher Falschaus- des sowjetischen Stadtkommandanten Generalmajor
sage strafrechtlich belangt werden, ist derzeit offen. Nach Kotikow erfolgt, weitere Sequestrationen nach SMAD-Be-
Ansicht der Staatsanwaltschaft Berlin ist eine strafrechtliche fehl Nr. 124 vorzunehmen; sie sei tatsächlich erst nach der
Verfolgung vom Ausgang der verwaltungsgerichtlichen Ver- Gründung der DDR erfolgt und nicht bereits im Jahre 1945
fahren abhängig. durch die Einsetzung eines Treuhänders. Diese sei aufgrund
der Initiative der OSS selbst erfolgt, nicht aber behördli-
cherseits bedingt gewesen. Da die Enteignung somit nicht
C.II.4. Verwaltungsrechtsstreit Freier Deutscher mehr auf besatzungsrechtlicher oder besatzungshoheitlicher
Gewerkschaftsbund (FDGB) Befugnis erfolgt sei, würde der Berechtigung der OSS nicht
Der Verwaltungsrechtsstreit FDGB wird im Zusammenhang der Ausschlussgrund des § 1 Abs. 8a Vermögensgesetz
mit der Beendigung der treuhänderischen Verwaltung des (VermG) entgegenstehen.
FDGB-Vermögens unter C.III.2.a.ee. erörtert.
Nach ablehnendem Bescheid und Widerspruchsbescheid
des Bundesamtes zur Regelung offener Vermögensfragen
C.II.5. Verwaltungsrechtsstreit „Haus der (BARoV) erhob die OSS 1998 fristgerecht Klage vor dem
Demokratie“ Verwaltungsgericht Berlin (VG Berlin). Dieser wurde mit
In Bezug auf das im Zeitraum der Wiedervereinigung im Ei- Urteil des VG Berlin vom 5. Oktober 2001 stattgegeben; die
gentum des Organisationseigenen Betriebs (OEB) Funda- Revision wurde nicht zugelassen.
ment stehende Grundstück Friedrichstraße 165/Ecke Beh- Die hiergegen von der beklagten Bundesrepublik Deutsch-
renstraße 25–26 in Berlin („Haus der Demokratie“), klagt land, vertreten durch das BARoV und die BvS – im Einver-
die Oberschlesische Steinkohlesyndikat GmbH i. L. (OSS) nehmen mit der UKPV – erhobenen Nichtzulassungsbe-
in einem verwaltungsgerichtlichen Verfahren auf Auskehr schwerden wurden im Wesentlichen damit begründet, dass
des von der BvS erzielten Verkaufserlöses in Höhe von es sich – entgegen der Auffassung des VG Berlin – um eine
14,7 Mio. DM (7,5 Mio. Euro). Unternehmensrestitution handele, zumindest aber die für
Bei der OSS handelt es sich um einen Zusammenschluss der eine Unternehmensrestitution geltenden Grundsätze anzu-
Grubenbesitzer im Bezirk des Oberschlesischen Steinkohle- wenden seien. Danach sei für die Antragsberechtigung der
Drucksache 15/1777 – 12 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode
OSS entscheidend, ob das analog § 6 Abs. 1a Satz 2 VermG Das verwaltungsgerichtliche Urteil stärkt zudem die Stel-
notwendige Quorum von über 50 % der Gesellschafter er- lung der BvS in Zivilverfahren, die die BvS als treuhänderi-
reicht sei; dies habe das VG Berlin nicht aufgeklärt. Bei der sche Verwalterin des ehemals von Girke betreuten SED/
Feststellung des Quorums sei auch zu berücksichtigen, wie PDS-Vermögens derzeit im Ausland führt. So hatte Girke
hoch die staatlichen Anteile an einzelnen in der OSS zusam- dem Prager Rechtsanwalt Dr. Jan Vysata ein Darlehen in
mengeschlossenen Gesellschafter waren, da diese bei der Höhe von 440 000 DM (ca. 225 000 Euro) zur Verfügung
Berechnung unberücksichtigt bleiben müssten. Darüber- gestellt. Das Klageverfahren zur Rückführung der Gelder in
hinaus sei von einer rechtzeitigen Beschlagnahme auszuge- das Sondervermögen ist vor dem Bezirksgericht Prag 4 an-
hen, sodass die Enteignung auf besatzungsrechtlicher oder hängig. Im Zusammenhang mit einem von der in Luxem-
besatzungshoheitlicher Grundlage erfolgt sei. Der Rückga- burg ansässigen Tochtergesellschaft der ORVAG AG, der
beberechtigung der OSS stehe daher der Ausschlussgrund „Gesellschaft für die Förderung des Presse- und Verlagswe-
des § 1 Abs. 8a VermG entgegen. Schließlich ergebe sich sens“, an die griechische Druckerei Typoekdotik A. E. aus-
der Ausschluss der Berechtigung aufgrund der Verstrickung gereichten Darlehen, waren dem Sondervermögen Schäden
der OSS in das nationalsozialistische Unrecht unter ande- in Höhe von über 5,5 Mio. DM (2,8 Mio. Euro) entstanden.
rem deshalb, weil in den Kohlegruben in erheblicher Anzahl Ein entsprechendes Klageverfahren über 5,5 Mio. DM
auch Zwangsarbeiter und Häftlinge aus Konzentrationsla- (2,8 Mio. Euro) ist erstinstanzlich gegen die Typoekdotik
gern eingesetzt wurden. A. E. vor einem Zivilgericht in Luxemburg anhängig. In ei-
Mit Beschluss vom 25. Oktober 2002 hat das Bundesver- nem weiteren Klageverfahren in der Schweiz konnte ein aus
waltungsgericht die Entscheidung des VG Berlin über die dem Vermögen der Corefina-Anstalt veruntreuter Betrag in
Nichtzulassung der Revision aufgehoben und die Revision Höhe von 240 000 DM (ca. 123 000 Euro) über zwei Instan-
zugelassen. Über diese wurde bisher noch nicht entschie- zen bereits erfolgreich gegen den Schweizer Rechtsanwalt
den. Dr. Georg Lechleiter eingeklagt werden.
Girke selbst ist zwischenzeitlich wegen Veruntreuung von
C.II.6. Verwaltungsrechtsstreit Treuhand-, Parteivermögen mit Urteil des LG Berlin vom 14. Februar
Verwaltungs- und Organisations GmbH 2000 (22 Js 788/93 Kls 22/98) rechtskräftig zu einer Geld-
(T.V.O. GmbH) und Bewährungsstrafe verurteilt worden.
Dieser Zuwachs (Jahresabschluss 1997 bis Jahresabschluss 2002) setzt sich im Einzelnen wie folgt zusammen (Im nachfol-
genden Text ist erläuternd auf die beigefügten Buchstaben a) bis f) Bezug genommen):
Stand: Stand:
31.12.1997 31.12.2002 Entwicklung/
Zuwachs
TDM TDM
in Prozent
TEUR TEUR
1. SED/PDS
1.1. Rentenfonds1) 424.163 424.163 TDM 0,0 %
216.871 TEUR 216.871
1.2. Mobilien/Immobilien-Verwertung 290.700 391.561 TDM 34,7 % b)
nik (GST), dem Solidaritätskomitee der DDR (SODI), dem Demokratischen Frauenbund Deutschlands (DFD) sowie dem Komitee der Antifa-
schistischen Widerstandskämpfer (IVVdN) zusammengefasst.
Drucksache 15/1777 – 14 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode
Der Zuwachs um 13,7 % (185 Mio. Euro)a) seit 1998 ist über- sen aus der Liquidation von Einrichtungen des PMO-Ver-
wiegend auf die Verwertung der festgestellten Vermögens- mögens. Bei der SED/PDS liegt dieser Zuwachs bei
werte zurückzuführen, die im Einvernehmen mit der Unab- 16,9 % (8 393 TEUR)e).
hängigen Kommission von der BvS durchgeführt wurde.
An Erlösen aus Darlehen konnte bei der SED/PDS ein Ver-
Ein Schwerpunkt der Zuwächse liegt im Immobilienbe- mögenswert von 76 266 TEUR erzielt werdenf).
reich. So weist die Aufstellung zum Beispiel bei der SED/
PDS einen Zuwachs in Höhe von 34,7 % (51 569 TEUR)b) Die Verwertungserlöse seit dem 31. Dezember 1997 wurden
aus. Auch in anderen Vermögensbereichen wie bei dem für die Ratenzahlungen nach dem Altschuldenregelungsge-
Freien Deutschen Gewerkschaftsbund (FDGB)c) und bei der setz zur Abtragung der Altschulden der neuen Länder und
ehemaligen landwirtschaftlichen Massenorganisation Verei- ihrer Kommunen sowie für Maßnahmen des Denkmalschut-
nigung der gegenseitigen Bauernhilfe (VdgB)d) stehen die zes verwendet.
Immobilienverwertungen im Vordergrund.
Die Immobilien der SED/PDS und anderer Organisationen C.III.1.b. Grundvermögen
sind unter anderem in Paketverkäufen an die Treuhand Lie- Gesamtzahl der im Eigentum, Gebäudeeigentum, in Rechts-
genschaftsgesellschaft mbH (TLG) und die landwirtschaftli- trägerschaft (Finanzvermögen) und in Nutzung der Parteien
chen Liegenschaften der VdgB an die Bodenverwaltungs- und politischen Organisationen stehenden Immobilien.
und -verwertungsgesellschaft mbH (BVVG) zu Verkehrs-
werten veräußert worden. Beide Verwertungsgesellschaften Diese umfassten zum 31. Dezember 2002 insgesamt:
sind im Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen 6 843 Objekte
(BMF) tätig. Sie verteilen sich auf die einzelnen Parteien und Organisat-
Ein weiterer Schwerpunkt der Zuwächse liegt bei Unter- ionen wie folgt (Angaben der BvS zum Stand: 31. Dezem-
nehmensveräußerungen bzw. bei der Erzielung von Erlö- ber 2002):
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 15 – Drucksache 15/1777
31.12.1997 31.12.2002
b) Ge-
Gesamt a)1) Ge- c) d)
Eigen- bäude- Rechts- Nut- Gesamt Eigen- bäude- Rechts- Nut-
Stand Stand tums- eigen- träger- zungs-
31.12.97 tums- eigen- träger- zungs-
objekte tums- objekte objekte 31.12.02 objekte2) tums- objekte objekte
objekte objekte
1. PDS
– Zentrag 754 415 4 327 8 771 420 8 330 13
– Fundament 809 167 57 527 58 913 197 128 551 37
– SED direkt 109 11 73 14 11 201 16 162 14 9
– Auslandsvermögen 5 5 0 0 0 5 5 0 0 0
2. CDU/DBD 91 28 10 49 4 103 29 22 49 3
3. LDPD 75 25 14 35 1 118 26 56 34 2
4. NDPD 42 9 2 29 2 51 9 10 29 3
5. FDGB
– Bundesvorstand 552 300 115 124 13 602 313 142 128 19
– Wismut 66 45 8 9 4 73 43 15 11 4
– Feriendienst 1.062 727 76 246 13 1.120 737 109 254 20
– Sozialversicherung 2 0 0 2 0 77 76 0 1 0
6. FDJ
– FDJ 49 3 2 41 3 56 3 7 41 5
– sonstige Gesellsch. 47 25 2 19 1 57 27 7 22 1
7. VdgB 1.950 1.222 101 623 4 2.109 1.317 113 674 5
8. GST 367 5 4 355 3 402 4 30 360 8
9. Kulturbund der DDR 61 9 2 49 1 76 9 15 49 3
10. DSF 39 2 6 31 0 47 2 13 31 1
11. Sonstige Objekte3) 49 2 21 25 1 62 3 31 26 2
SUMME 6.129 3.000 497 2.505 127 6.843 3.236 868 2.604 135
a) Eigentum: Die Organisation ist zivilrechtlich Eigentümerin des Grundstücks.
b) Gebäudeeigentum: Nach dem Zivilgesetzbuch der DDR konnte ein von den Rechtsverhältnissen an Grund und Boden unabhängiges Eigentum an
den darauf stehenden Gebäuden erworben werden.
c) Rechtsträgerobjekte: Die hier bezeichneten volkseigenen Objekte wurden von der Organisation als Rechtsträger genutzt. Sie sind dem Finanzver-
mögen nach Artikel 22 Abs.1 des Einigungsvertrages zuzuordnen.
d) Nutzung: Es handelt sich hier um Objekte, die von der Organisation z. B. gemietet oder gepachtet wurden.
1) Einschließlich: 111 Mischobjekte (Mischobjekt: Mischobjekte enthalten sowohl Anteile des PMO-Vermögens als auch Anteile des Finanzvermö-
gens).
2) Einschließlich: 132 Mischobjekte.
3) Unter Punkt 11. sind die Objekte der URANIA, des Demokratischen Frauenbundes Deutschlands (DFD), des Nationalrates der Nationalen Front
der DDR, des Verbands der Journalisten, der Liga für Völkerfreundschaft, des Friedensrates der DDR, des Zentralen Ausschusses für Jugendwei-
he in der DDR (ZAJ) und der antifaschistischen Widerstandskämpfer zusammengefasst.
Im Bereich der Vereinigung der gegenseitigen Bauernhilfe genossenschaften in den neuen Bundesländern übergeben.
(VdgB) wurden neben den hier genannten Objekten weitere Die hiervon nicht betroffenen Grundstücke (verbliebene
2 649 Objekte der in den Bereich der VdgB eingebundenen Rechtsträgerobjekte) gingen überwiegend an die jeweils zu-
Bäuerlichen Handelsgenossenschaften (BHG) festgestellt ständigen Oberfinanzdirektionen.
Nach dem Beschluss der Unabhängigen Kommission vom Die hier benannten Grundstücksobjekte sind in der voran
17. November 1992 gehören die Bäuerlichen Handelsge- beigefügten Übersicht nicht enthalten.
nossenschaften als Handelsorganisationen nicht zu den poli-
tischen Organisationen.
C.III.1.c. Ertrag und Aufwand
Die den Genossenschaften nach dieser Regelung zugehöri-
gen Grundstücke wurden daher aus der treuhänderischen Die für die Überprüfung des PMO-Vermögens bei der BvS
Verwaltung herausgenommen. Dabei wurden die Eigen- und der Unabhängigen Kommission im Zeitraum von 1990
tumsgrundstücke, was den überwiegenden Anteil umfasst, bis 2002 angefallenen Kosten stehen in folgendem Verhält-
dem Deutschen Raiffeisenverband e. V. für seine Mitglieds- nis zum Wert des sichergestellten Vermögens:
Drucksache 15/1777 – 16 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode
Sichergestelltes Vermögen 1 535 Mio. Euro dung mit dem Einigungsvertrag öffentlich-rechtliche Ver-
(einschließlich Zinsen)13) (3 002 Mio. DM) waltungstätigkeit. Die dabei anfallenden Kosten sind steuer-
– Stand: 31. Dezember 2002 – finanziert. Sie werden von den Haushalten der BvS
(siehe C.III.1.a. des Berichts) (Geschäftsbereich Bundesministerium der Finanzen) und
des Bundesministeriums des Innern (Unabhängige Kom-
Verwaltungs- und Personalkosten 122,6 Mio. Euro mission) getragen.
incl. Honorar- , Rechts- und (239,8 Mio. DM)
Ausschreibungskosten von Soweit Kosten durch die treuhänderische Verwaltungstätig-
Unabhängiger Kommission keit der Teuhandanstalt/BvS angefallen sind, welche nicht
und Treuhandanstalt/BvS mit der öffentlich-rechtlichen Aufgabe im Zusammenhang
stehen (wie typischerweise von einem Vermögensverwalter
Anteil dieser Kosten am sicher- aufzuwendende Kosten, so genannte „vermögensnützliche
gestellten PMO-Vermögen von Kosten“), werden sie vom PMO-Vermögen getragen. Da-
1990 bis Jahresabschluss 2002 8,0 % runter fallen Kosten, die zur Erhaltung des Vermögens auf-
gewendet werden, z. B. für Reparaturen, Verwaltung der
Die Überprüfung des PMO-relevanten Vermögens ist nach Immobilien durch Grundstücksgesellschaften, Sachverstän-
den Vorschriften des Parteiengesetzes der DDR in Verbin- dige etc.
Im Einzelnen stellen sich die Ausgaben der UKPV und BvS
13) Nach Angaben der Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonder- ab 1990 und ihre Umlage auf das PMO-Vermögen wie folgt
aufgaben (BvS). dar:
davon
Kosten davon An-
Bundes-
Bei der Treuhandanstalt/BvS Gesamt teil PMO
haushalt
(TEUR) (TEUR) (TEUR)
Personal- und Sachkosten1) für den Zeitraum 1991 bis 31.12.2002 34.790 21.993 12.797
Weitere durch die Verwaltung des PMO-Vermögens für den Zeitraum 1991 bis
einschließlich 31.12.2002 angefallene Kosten1)
Honorarkosten
für Sachverständige, Wirtschaftsprüfer, Berater sowie Geschäftsführungstätig-
keit und Einsatz von Liquidatoren 29.413 28.428 985
Rechtskosten 14.513 8.744 5.769
Kosten für Ausschreibungen 879 879 0
Das PMO-Vermögen wird danach für den Tätigkeitszeit- – Honorarkosten in Höhe von ca. 28 428 TEUR
raum 1991 bis 2002 mit den bisher insgesamt entstandenen – Rechtskosten in Höhe von ca. 8 744 TEUR
Verwaltungs- und Personalausgaben der BvS in Höhe von
ca. 21 993 TEUR belastet, zuzüglich bisher entstandener – und Kosten für Ausschreibungen ca 879 TEUR
weiterer – insgesamt mit 60 044 TEUR.
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 17 – Drucksache 15/1777
davon
Kosten davon An-
Bundes-
Bei der Treuhandanstalt/BvS Gesamt teil PMO
haushalt
(TEUR) (TEUR) (TEUR)
Personal- und Sachkosten (für den Zeitraum 1991 bis 1997) 27.544 17.500 10.044
Weitere durch die Verwaltung des PMO-Vermögens für den Zeitraum 1991 bis
einschließlich 31.12.1997 angefallene Kosten
Honorarkosten
für Sachverständige, Wirtschaftsprüfer, Berater sowie Geschäftsführungstätig- 23.640 22.868 772
keit und Einsatz von Liquidatoren
Rechtskosten 11.622 7.194 4.428
Kosten für Ausschreibungen 876 876 0
Übersicht über Einnahmen und Ausgaben aus dem PMO-Vermögen der ehemaligen DDR zum 31. Dezember 200214)
1) Vgl. Ausführungen zu den Kosten (Treuhandanstalt/BvS und UKPV) siehe C.III.1.c.aa. des Berichts.
2) Aufgrund des Vorsichtsprinzips wurden Rückstellungen für potenzielle Inanspruchnahmen aus laufenden Gerichtsverfahren gebildet. Im Wesent-
lichen sind der materiell-rechtsstaatliche Erwerb bzw. Schadensersatzansprüche wegen nicht ordnungsgemäßer treuhänderischer Verwaltung so-
wie vermögensrechtliche Ansprüche Streitgegenstand in den Prozessen.
3) Der Saldo II bezieht sich auf den ausgewiesenen Überschuss der Einnahmen über die Ausgaben zum 31. Dezember 2002 ohne Verwendung – un-
ter Berücksichtigung des für die Ausgaben 2002 angewandten Aufteilungsschlüssels –.
4) Der Saldo III zeigt das verfügbare Vermögen nach Abzug der Verwendung.
14) In der oben genannten Übersicht ist das treuhänderisch verwaltete PMO-Vermögen, das bisher in der Buchhaltung einnahme- und/oder ausgabe-
wirksam wurde bzw. voraussichtlich wird, erfasst. Dementsprechend unberücksichtigt bleiben die anrechenbaren Verkehrswerte bei Verkäufen
nach dem Bürgermeistermodell und Verkäufe der Kommunen an Dritte, die nicht über die Buchhaltung der BvS gelaufen sind (100%ige FEDI-Er-
lösauskehr).
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 19 – Drucksache 15/1777
1) Die Schätzung der erwarteten Einnahmen basiert auf einer Einzelanalyse. Streitbefangene voraussichtliche Einnahmen werden nicht ausgewie-
sen, damit sind auch die klageweise geltend gemachten Forderungen in Sachen Novum nicht enthalten.
2) Gemäß worst-case-Betrachtung wurden auf Basis der Streitwerte der aktuellen Gerichtsverfahren (außer Novum) die Rechtsverfolgungskosten
über alle drei möglichen Instanzen ermittelt. Anschließend erfolgte insgesamt ein Abschlag von etwa 70 % (Erfahrungswert). Zu diesem Betrag
wurden die noch offenen geschätzten Verfahrenskosten des Novum-Komplexes hinzugerechnet. Von der so ermittelten Summe wurde ein weite-
rer Abschlag für die erwarteten nicht vermögensnützlichen Kosten vorgenommen. Der so ermittelte Wert wurde schließlich als zu erwartende
Rechtsverfolgungskosten in den erwarteten Ausgaben eingestellt.
Es wurden keine Rechtsverfolgungskosten bei verwaltungsgerichtlichen Verfahren, in denen die BvS Beigeladene ist, aufgenommen.
3) Die Einschätzung der Erlösauskehr aus Restitutionen erfolgt anhand der bekannten noch offenen nicht rechtshängigen Restitutionsverfahren unter
Berücksichtigung der erzielten Kaufpreise (soweit nicht bereits bei gerichtlichen Rückstellungen berücksichtigt). Zusätzlich wurde das Risiko auf
Erlösauskehrberechtigung für angeblich nicht vom DGB-Vergleich erfasste Grundstücke beachtet.
4) Für aktuell anstehende, noch nicht gerichtsanhängige Verfahren bzw. Problemkreise wurden nach dem Vorsichtsprinzip 5 000 TEUR in den sons-
tigen erwarteten Ausgaben berücksichtigt.
C.III.2.a.cc. Beendigung der Liquidation gewesen, das eine Bestellung wirksam hätte vornehmen
können. Darüber hinaus sei das Verwaltungsverfahren über
Am 13. September 1999 wurde die Beendigung der Liqui-
das Vermögen des FDGB aufgrund der gemeinsamen Erklä-
dation des Dachverbandes FDGB im Bundesanzeiger be-
rung vom 8. Juli 1999 beendet. Schließlich seien die Einzel-
kannt gegeben.
gewerkschaften nicht mehr berechtigt, durch die Liquidato-
Das Vermögen des Dachverbandes FDGB weist gemäß Ab- ren über die Verwendung des Liquidationserlöses zu
schlussbilanz einen Liquidationserlös in Höhe von bestimmen, da sie in den mit der BvS und der Unabhängi-
68 825 387,21 DM (35 189 861,70 Euro) aus. gen Kommission geschlossenen Einzelvergleichen hierauf
gerade verzichtet hätten.
C.III.2.a.dd.Abwicklung der Restaufgaben Nach ablehnendem Bescheid und Durchführung des Wider-
Die verbleibenden Restaufgaben, insbesondere die Erstel- spruchsverfahrens erhoben die neuen Liquidatoren als Ver-
lung der Entgeltbescheinigungen (Lohnarchiv), die Archi- treter für den Dachverband FDGB am 14. August 2000
vierung von Unterlagen sowie die Erfüllung von möglichen Klage vor dem Verwaltungsgericht Berlin und begehrten im
ausstehenden Grundsteuerverbindlichkeiten des Dachver- Wesentlichen den Erlass eines oder mehrerer Verwaltungs-
bandes FDGB werden von der Vermögensverwaltung des akte über die Wiederzurverfügungstellung des unter treu-
FDGB GmbH i. L. erledigt. händerischer Verwaltung stehenden Vermögens des FDGB
sowie den Erlass eines Verwaltungsaktes zur Beauftragung
einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, welcher hierdurch
C.III.2.a.ee. Gerichtliche Auseinandersetzung mit ermöglicht werden sollte, die Eröffnungsbilanz des FDGB,
neu bestellten Liquidatoren des FDGB den Jahresabschluss 1994 sowie den Abschluss des FDGB
Nach Abgabe der gemeinsamen Erklärung vom 8. Juli 1999 zu überprüfen.
kam es zwischen Vertretern der Einzelgewerkschaften und Nachdem in dem verwaltungsgerichtlichen Verfahren die
den FDGB-Liquidatoren zu offenen Auseinandersetzungen. Klägerseite ihre Anträge zunächst modifiziert und im Rah-
Am 2. August 1999 wurden in einer „Mitgliederversamm- men der mündlichen Verhandlung auf Feststellung der Un-
lung“, der die Vorsitzenden der Ost-Einzelgewerkschaften wirksamkeit der gemeinsamen Erklärung vom 8. Juli 1999
angehörten, die Bestellungen der bisherigen FDGB-Liqui- umgestellt hatte, wies das VG Berlin am 7. April 2003 die
datoren widerrufen und Hartwig Bugiel, Elvira Werthmann gegen die BvS gerichtete Klage ab. Die Kosten des Verfah-
und Peter Witte zu neuen Liquidatoren des Dachverbandes rens wurden den neuen Liquidatoren persönlich aufgege-
FDGB bestellt. ben. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Ziel dieser Vorgehensweise unter Federführung der IG Me-
tall war und ist es, auf die Verwendung des beim Dachver- C.III.2.b. Besondere Vermögenswerte des FDGB
band FDGB festgestellten Liquidationserlöses Einfluss zu
nehmen und gewerkschaftliche Einrichtungen als Anfalls- Im Rahmen der Liquidation des Dachverbandes FDGB
berechtigte zu bestimmen. wurde die treuhänderische Verwaltung über folgende Ver-
mögenswerte beendet:
Mit anwaltlichem Schreiben vom 19. Oktober 1999 bean-
tragten die neuen Liquidatoren den Erlass eines oder mehre- C.III.2.b.aa. Beteiligung an der Deutschen
rer Verwaltungsakte, durch den bzw. durch die nochmals Wohnungsbaugesellschaft mbH
entschieden werden solle, welche Vermögensgegenstände Erfurt – DEWOG
des Dachverbandes FDGB nicht nach materiell-rechtsstaat-
lichen Grundsätzen erworben worden seien und daher end- Die Deutsche Wohnungsbaugesellschaft mbH Erfurt
gültig dem Dachverband FDGB nicht mehr zur Verfügung (DEWOG) wurde 1929 in Hamburg gegründet. Sie verlegte
gestellt werden könnten. 1937 ihren Sitz nach Erfurt.
Parallel hierzu erstatteten die neuen Liquidatoren für den Hauptgesellschafter war die Bauhütte Fortschritt GmbH mit
Dachverband FDGB mit anwaltlichem Schreiben vom einem Geschäftsanteil von 86,9 %. Gesellschafter der Bau-
6. Januar 2000 gegen die bisherigen Liquidatoren, die die hütte Fortschritt GmbH waren wiederum der Verband sozia-
gemeinsame Erklärung vom 8. Juli 1999 mit der BvS abge- ler Baubetriebe, die Konsumgenossenschaft Volkskraft und
geben haben, Strafanzeige wegen des Verdachts der gemein- eine Reihe von Gewerkschaften. Die DEWOG wurde nach
schaftlich begangenen Untreue (§ 266 StGB). Das Ermitt- 1933 von den Nationalsozialisten enteignet. Nach 1945
lungsverfahren wurde unter Hinweis auf § 154d wurden auf der Grundlage der SMAD-Befehle Nrn. 82 und
Strafprozessordnung von der Staatsanwaltschaft vorläufig 176 die Gesellschaftsanteile der DEWOG wie folgt aufge-
eingestellt. Die Antragsteller wurden zur Klärung der teilt:
Rechtsfragen auf die Durchführung eines verwaltungsge- – Vermögensverwaltung des FDGB GmbH (Geschäftsan-
richtlichen Verfahrens verwiesen. teil: 69,5 %);
Bereits im Vorfeld der verwaltungsgerichtlichen Auseinan- – Konsumgenossenschaft der Stadt Erfurt (Geschäftsan-
dersetzung hatte die BvS im Einvernehmen mit der Unab- teil: 17,4 %);
hängigen Kommission ihre Rechtsauffassung dargelegt,
dass die neu ernannten Liquidatoren des Dachverbandes – Kommunale Wohnungsbaugesellschaft Erfurt mbH (An-
FDGB nicht zur Vertretung des FDGB berechtigt sind, da teil: 13,1 %).
sie nicht wirksam zu Liquidatoren des Dachverbandes Geschäftsgegenstand war die Errichtung von Heimstätten
FDGB bestellt worden seien. Die „Mitgliederversammlung“ und Kleinwohnungen aller Art auf eigenem Bauland bzw.
sei kein satzungsmäßiges Organ des Dachverbandes FDGB auf Baugelände im Erbbaurecht. Es entstanden Kleinwoh-
Drucksache 15/1777 – 22 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode
Zur Erfüllung der dem FDGB satzungsgemäß obliegenden 1990 wandelte sich der Kulturbund der DDR in einen
Durchführung von Erholungsmaßnahmen für FDGB-Mit- rechtsfähigen Verein mit dem Namen „Kulturbund e.V.“
glieder gründete der FDGB zunächst eine „Abteilung Feri- um. Er ist als Dachverband der rechtlich selbstständigen
endienst und Kuren“, der durch staatliche Anordnung die Landesverbände in den fünf neuen Bundesländern und Ber-
„Rechtsfähigkeit“ verliehen wurde. lin organisiert worden.
Die Unabhängige Kommission hat festgestellt, dass das
Im Zuge der Wende beschloss der aus dem FDGB hervorge- Vermögen des aus dem Kulturbund der DDR hervorgegan-
gangene Dachverband FDGB im Februar 1990 die Grün- genen „Kulturbund e. V.“ unter treuhänderischer Verwal-
dung des Organisationseigenen Betriebs (OEB) Reisebüro tung nach den Vorschriften des Parteiengesetzes der DDR in
der Gewerkschaften „Feriendienst“ (OEB FEDI). Verbindung mit der Maßgaberegelung des Einigungsvertra-
Im Juni 1990 gründete die Vermögensverwaltungsgesell- ges steht.
schaft des FDGB GmbH auf dessen Anweisung die FEDI
GmbH in Gründung (i. G.), die jedoch nicht in das Handels- C.III.2.c.bb.Vergleichsverhandlungen
register eingetragen wurde.
Im Rahmen der treuhänderischen Verwaltung war von der
Über das Vermögen des OEB FEDI wurde das Gesamtvoll- Unabhängigen Kommission die schwierige Frage zu klä-
streckungsverfahren mit Beschluss des Amtsgerichts Char- ren, ob und inwieweit der Kulturbund der DDR Vermö-
lottenburg vom 24. Mai 1991 eröffnet. genswerte materiell-rechtsstaatlich im Sinne des Grundge-
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 23 – Drucksache 15/1777
setzes erworben hatte. Hierzu gab es unterschiedliche handanstalt nur eine wertlose „Hülle“ erworben habe. Mit
Auffassungen, die zu verschiedenen Verwaltungsgerichts- notariellen Verträgen vom 28. Februar/21. Dezember 1995
verfahren führten. erwarb er die Anteile „des Aufbauverlages Berlin und Wei-
Im Mittelpunkt des Streits stand die Frage, ob die Staatszu- mar – zuletzt eingetragen im Register der volkseigenen
wendungen materiell-rechtsstaatlich erworben waren. Hier- Wirtschaft“ nunmehr von dem Kulturbund e. V. ein zweites
bei bestand das Problem, dass der Kulturbund e.V. in gro- Mal.
ßem Maße auch Staatszuwendungen für solche kulturelle Die BvS hat als treuhänderische Verwalterin des Vermögens
Tätigkeit erhalten hatte, die politisch nicht belastet war. des Kulturbundes e.V. die erforderliche Zustimmung zu die-
Eine Trennung der Anteile an den Staatszuschüssen für die sen Verträgen mit Lunkewitz versagt. Die Unabhängige
politische Arbeit und für die kulturelle Tätigkeit war nicht Kommission hat ihr Einvernehmen zur Versagung der Zu-
möglich. stimmung erteilt, da sie – wie die BvS – nach wie vor von
Die Unabhängige Kommission hat daher die Frage des ma- der Rechtswirksamkeit des Verlagsverkaufs durch die BvS
teriell-rechtsstaatlichen Erwerbs bei dem Kulturbund e.V. ausgeht. Die vorbezeichnete Sach- und Rechtslage hat zu
nicht mit der gleichen Stringenz wie bei den politischen Par- mehreren gerichtlichen Auseinandersetzungen geführt:
teien bewertet. Soweit Staatszuschüsse für kulturelle Tätig- – Die Erwerber der Aufbau-Verlag GmbH haben die BvS
keiten verwendet wurden, verhält es sich wie bei staatlichen zunächst zivilrechtlich auf Schadensersatz verklagt,
Subventionen, die bis zur Wende im Westen Deutschlands weil diese ihnen angeblich eine wertlose „GmbH-
– seither im gesamten Land – für Theater, Orchester, Kultur- Hülle“ verkauft habe. In zwei Instanzen (Landgericht
vereine und andere kulturelle Einrichtungen und Gruppen ge- Berlin, Kammergericht Berlin) ist die Klage abgewie-
geben wurden und werden. Die Unabhängige Kommission sen worden. Die gegen die Entscheidung des Kammer-
sah es als problematisch an, solche Zuwendungen generell gerichts eingelegte Revision wurde vom Bundesge-
als materiell-rechtsstaatswidrig im Sinne des Grundgesetzes richtshof nicht zur Entscheidung angenommen. Gegen
einzustufen. die Entscheidung haben die Kläger Verfassungsbe-
Um langwierige Rechtsstreitigkeiten zu vermeiden, haben schwerde erhoben, über deren Annahme – soweit be-
die BvS und das Sekretariat der Unabhängigen Kommission kannt – noch nicht entschieden ist.
Vergleichsverhandlungen mit dem Kulturbund geführt. Die – Wegen der von der BvS verweigerten Zustimmung zu
Unabhängige Kommission hatte sich in den Jahren 1996 und dem Kaufvertrag Kulturbund e.V./Lunkewitz hat der
1997 bereits zweimal mit unterschriftsreifen Vergleichsvor- Kulturbund eine Klage vor dem Verwaltungsgericht Ber-
schlägen befasst, welche mit dem früheren Rechtsvertreter lin (VG 26 A 191.95) erhoben. Dieser Verwaltungs-
des Kulturbunds e.V. ausgehandelt waren. rechtsstreit ist von beiden Seiten für erledigt erklärt wor-
den, nachdem die BvS in der mündlichen Verhandlung
C.III.2.c.cc. Problematik Aufbau-Verlag vom 29. November 1999 zu Protokoll erklärt hatte, dass
Die Vergleichsverhandlungen mit dem Kulturbund e.V. eine etwaige treuhänderische Verwaltung hinsichtlich
wurden von den Rechtsstreitigkeiten überschattet, die zwi- des Vermögenswertes „Aufbau-Verlag“ nicht mehr be-
schen dem Käufer des Aufbau-Verlags und der BvS über steht.
das Eigentum am Aufbau-Verlag geführt wurden. Hinter- – Am 16. Mai 2000 haben der Kulturbund e.V. und Lunke-
grund der gerichtlichen Auseinandersetzungen ist folgen- witz eine weitere Klage vor dem Verwaltungsgericht
der: Berlin erhoben (VG 26 A 133.01), mit der sie die angeb-
Der Aufbau-Verlag war 1945 als GmbH gegründet worden, liche Rechtswidrigkeit von Maßnahmen der treuhänderi-
deren Geschäftsanteile ab 1946 von Johannes R. Becher schen Verwaltung feststellen lassen wollen. Mit Urteil
treuhänderisch für den „Kulturbund zur demokratischen Er- des Verwaltungsgerichts Berlin vom 9. Dezember 2002
neuerung“ gehalten wurden. 1955 wurde die Aufbau-Verlag ist auch diese Klage abgewiesen worden. Die Kläger ha-
GmbH im Register Teil B des Handelsregisters als „Gesell- ben die Zulassung der Berufung beim Oberverwaltungs-
schaft mit beschränkter Haftung“ gelöscht und im Register gericht Berlin beantragt (OVG 3 N 15.03), über die noch
Teil C eingetragen, das für volkseigene und organisationsei- nicht entschieden ist.
gene Betriebe angelegt war. Als organisationseigener Be-
trieb ist der Aufbau-Verlag später in das Eigentum der SED C.III.2.c.dd. Auswirkungen auf die
übergegangen, die ihn 1990 aus ihrem Partei- in Volkseigen- Vergleichsverhandlungen
tum überführt hat.
BvS und Unabhängige Kommission haben versucht, in dem
Zum 1. Juli 1990 wurde der Aufbau-Verlag auf der Grund- Vergleich mit dem Kulturbund e.V. auch den Rechtsstreit
lage des „Gesetzes zur Privatisierung und Reorganisation des Kulturbunds e.V. gegen die BvS über die Nichtgenehmi-
des volkseigenen Vermögens“ (TreuhandG) in eine GmbH gung des „zweiten Verkaufs“ des Aufbau-Verlags an den
umgewandelt. Die Anteile an dieser GmbH veräußerte die Verleger Bernd Lunkewitz und seine Gruppe zu erledigen.
Treuhandanstalt mit notariellem Vertrag vom 18. September Die Unabhängige Kommission hatte bereits mit Beschluss
1991 an eine Erwerbergruppe, der unter anderem der Frank- vom 17. Juni 1996 ihr Einvernehmen zum Abschluss eines
furter Verleger Bernd F. Lunkewitz angehört. Vergleichs zwischen der BvS und dem Kulturbund e.V. zur
Nach Abschluss des Vertrages mit der Treuhandanstalt Beendigung aller bestehenden Streitfragen, eingeschlossen
stellte sich Lunkewitz auf den Standpunkt, dass der eigentli- den Rechtsstreit um den Aufbau-Verlag und zur Entlassung
che Vermögensinhaber der Aufbau-Verlag GmbH immer des Kulturbundes e.V. aus der treuhänderischen Verwaltung,
noch der Kulturbund e.V. sei und er deswegen von der Treu- erteilt.
Drucksache 15/1777 – 24 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode
Der Kulturbund e.V. stimmte diesem mit seinem Rechtsver- 302 000 DM (ca. 154 400 Euro) ist vom Kulturbund e.V.
treter ausgehandelten Vergleich letztlich nicht zu, weil der in Übereinstimmung mit seinen satzungsgemäßen Zielen
Vergleich eine Beendigung des Verwaltungsrechtsstreits des zu verwenden.
Kulturbunds e.V. gegen die BvS über deren Nichtgenehmi- – Der Kulturbund e.V. verzichtete unwiderruflich
gung des „zweiten Verkaufs“ des Aufbau-Verlags durch den
Kulturbund e.V. vorsah. Er sah das Risiko einer vom Käufer – auf die Wiederzurverfügungstellung aller Vermö-
des Aufbau-Verlags angedrohten Schadensersatzforderung, genswerte mit Ausnahme der in dem Vergleich frei-
die dieser aus der Zuwiderhandlung gegen die in der Verein- gegebenen Vermögenswerte,
barung vom 28. Februar/21. Dezember 1995 über den – auf die Geltendmachung angeblicher Schäden aus der
„zweiten Verkauf“ festgelegte Mitwirkung des Verlegers Treuhandverwaltung bzw. im Zusammenhang mit
Lunkewitz und seiner Gruppe bei dem Vergleichsabschluss entgangenen Mieteinnahmen,
herleitete.
– auf alle sonstigen Ansprüche. Hiervon ist lediglich
Nach erneuten Verhandlungen wurde der Unabhängigen – wie bereits zu Beginn erwähnt – die Gesamtproble-
Kommission im März 1997 ein weiterer abschlussreifer matik „Aufbau-Verlag“ ausgenommen.
Vergleichsentwurf vorgelegt, zu dem diese am 25. März
Im PMO-Vermögen verblieben nach dem Vergleich Vermö-
1997 ihr Einvernehmen erklärte. Auch der neue Entwurf sah
genswerte im Wert von 2,935 Mio. DM (ca. 1,5 Mio. Euro).
im Prinzip eine Erledigung des um die Genehmigung des
„zweiten Verkaufs“ des Aufbau-Verlags durch die BvS ge- Im Einzelnen handelt es sich bei diesen Vermögenswerten
führten Rechtsstreits vor, allerdings mit einer textlich offe- um
neren Fassung, wonach im Falle des Obsiegens des Verle- – ein Grundstück in Nordhausen im Wert von 825 000 DM
gers Bernd Lunkewitz in den laufenden Zivilprozessen die (ca. 422 000 Euro), das der Stadt Nordhausen zur kultu-
BvS sich verpflichtete, die erforderlichen Erklärungen für rellen Nutzung übertragen worden ist;
eine Übertragung des Aufbau-Verlags abzugeben.
– Erlöse aus der Verwertung von fünf Grundstücken in
Die Zustimmung des Vorstandes des Kulturbundes e.V. zu Höhe von 1 250 000 DM (ca. 640.000 Euro);
dem Vergleich zögerte sich wiederum bis zum Herbst 1997
hinaus. Schließlich wurde der Vergleichsabschluss durch – einen Geldbestand in Höhe von 860 000 DM (ca.
eine einstweilige Verfügung des Kammergerichts Berlin, die 439 700 Euro), von dem der nach dem Vergleich freige-
der Käufer des Aufbau-Verlags erwirkt hat, verhindert. gebene Betrag von 340 000 DM (ca. 173 840 Euro) ab-
gezogen worden ist.
Damit waren die Vergleichsbemühungen zunächst solange
auf Eis gelegt, bis die laufenden Prozesse über den Aufbau- D. Ausblick
Verlag entschieden sein würden. Nach einem Vertretungs-
wechsel bei dem Kulturbund – der Anwalt des Käufers des D.I. Fortbestehende Aufgaben der
Aufbau-Verlags übernahm auch die Vertretung des Kultur- Unabhängigen Kommission
bunds – und nach der für den Verleger Lunkewitz negativen Die Arbeiten der Unabhängigen Kommission und der BvS
Entscheidung des Kammergerichts Berlin wurden erst Ende sind, wie dieser Bericht zeigt, noch nicht abgeschlossen. In
1998 wieder ernsthaft Vergleichsverhandlungen mit dem jedem Fall wird es erforderlich sein,
Kulturbund e.V. aufgenommen. Dies war auch möglich,
weil sich die Beteiligten nunmehr verständigten, die Proble- – weitere Ermittlungen zur Auffindung und Sicherung ver-
matik „Aufbau-Verlag“ auszuklammern. steckten PMO-Vermögens – insbesondere im Ausland –
durchzuführen;
C.III.2.c.ee. Abschluss – anhängige und noch zu erwartende gerichtliche Verfah-
Die Vergleichsverhandlungen wurden erst 1999 zum Ab- ren mit dem Ziel der Sicherung von PMO-Vermögen zu
schluss gebracht. Die Unabhängige Kommission hat in ihrer führen;
Sitzung am 7. Juli 1999 ihr Einvernehmen zu einem Ver- – Einvernehmen zu Entscheidungen des BARoV über die
gleich zwischen der BvS und dem Kulturbund erteilt. Dieser Rückgabe von Vermögenswerten des PMO-Vermögens
sieht im Wesentlichen Folgendes vor: an die früher Berechtigten oder deren Rechtsnachfolger
– Der Kulturbund e.V. erhält zwei Grundstücke im Ge- zu erteilen;
samtwert von rund 6,93 Mio. DM (3,5 Mio. Euro) wie- – an der Verwertung von PMO-Vermögen durch die BvS
der zur Verfügung gestellt. Es handelt sich dabei um ein mitzuwirken und
rund 80 000 qm großes Grundstück am Scharmützelsee
und ein Hausgrundstück in der Innenstadt von Leipzig, – über die Verwendung von sichergestellten PMO-Vermö-
das bereits vom Leipziger Kulturbund für kulturelle gen nach den gesetzlichen Vorgaben zu entscheiden.
Zwecke genutzt wird.
D.I.1. Ermittlung der Vermögenswerte aller
– Der Kulturbund e.V. erhält 340 000 DM (ca. Parteien und der mit ihnen verbundenen
174 000 Euro) aus dem treuhänderisch verwalteten Ver- Organisationen, juristischen Personen
mögen zurück. In diesem Betrag sind von der Treuhand- und Massenorganisationen der DDR im
anstalt/BvS eingezogene Geldbestände der Mitgliedsver-
In- und Ausland
bände und Mitgliedsvereine des Kulturbunds e.V. in
Höhe von ca. 38 000 DM (ca. 19 400 Euro) enthalten, Die Ermittlungen zur Auffindung und Sicherung versteck-
die an die jeweiligen Mitgliedsverbände und Mitglieds- ten PMO-Vermögens im In- und Ausland werden intensiv
vereine auszuzahlen sind. Der Restbetrag von ca. fortgesetzt. Es besteht die Aussicht, bisher noch verstecktes
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 25 – Drucksache 15/1777
und verschleiertes Partei- und Staatsvermögen der DDR Die Unabhängige Kommission ist nach den §§ 63, 65
festzustellen. VwGO in Verbindung mit § 29 Abs. 2 Vermögensgesetz
Mitentscheidend für den Erfolg wird sein, dass auf politi- (VermG) an weiteren Verwaltungsgerichtsverfahren als Bei-
scher Ebene gegenüber den ausländischen Regierungen geladene beteiligt, in denen es um Entscheidungen des
weiterhin nachdrücklich und nachhaltig der Anspruch der BARoV zu Vermögensgegenständen aus dem PMO-Vermö-
Bundesrepublik Deutschland auf ihr bisher vorenthaltenes gen geht. In diesem Bereich sind zwölf anhängige Gerichts-
Vermögen vertreten wird. verfahren noch nicht abgeschlossen. Zahlreiche weitere
Verwaltungsgerichtsverfahren stehen bevor, weil gegen die
D.I.2. Sicherung von PMO–Vermögen in im Einvernehmen mit der Unabhängigen Kommission vom
gerichtlichen Verfahren BARoV getroffenen vermögensrechtlichen Entscheidungen
von den Antragstellern Rechtsmittel eingelegt worden sind.
Bei der BvS sind im PMO-Vermögensbereich derzeit Auch gegen noch ausstehende Entscheidungen des BARoV
62 Gerichtsverfahren15) anhängig, die von der Unabhängi- sind die Einlegung von Rechtsmitteln und nachfolgende
gen Kommission begleitet werden. Dabei handelt es sich verwaltungsgerichtliche Verfahren zu erwarten.
um 34 Verfahren vor den Verwaltungsgerichten, an denen
die Unabhängige Kommission überwiegend nach den §§ 63, Im Einzelnen sind aus diesen Verfahren noch erhebliche
65 VwGO als Beigeladene beteiligt ist, und um 28 Zivilpro- Vermögenswerte zu sichern, die einen Vermögenswert von
zesse. insgesamt etwa 336,5 Mio. Euro haben.
Dies ergibt sich aus folgender Aufstellung des streitbefan-
15) Stand: April 2003. genen Vermögens ( – Stand: 31. Dezember 2002 –)
Falls der Novum-Prozess für die beklagte BvS und die bei- D.II. Voraussetzungen für die weitere
geladene Unabhängige Kommission erfolgreich ausgeht, erfolgreiche Arbeit der Unabhängigen
können für das PMO-Vermögen weitere 250 Mio. Euro hin- Kommission
zukommen, die aber noch überwiegend in weiteren, schwie- D.II.1. Fachliche Unterstützung
rigen Rechtsstreitigkeiten in der Schweiz gesichert werden
müssen. Die Unabhängige Kommission ist auf die Mitarbeit der BvS
angewiesen, welche die treuhänderische Verwaltung des
PMO-Vermögens nach den Vorschriften des Parteiengeset-
D.I.3. Verwertung von Vermögenswerten
zes in Verbindung mit der Maßgaberegelung des Einigungs-
Aus der Mitwirkung der Unabhängigen Kommission bei vertrages durchführt. Ein erfolgreicher Abschluss der Ar-
der durch die BvS durchgeführten Verwertung von PMO- beiten der Unabhängigen Kommission ist nur möglich,
Vermögen (z. B. Unternehmens- und Immobilienverkäufe, wenn die BvS in einem insoweit relevanten Teil mit ihren in
Darlehenseinzug) werden noch Einnahmen in Höhe von der Bearbeitung des PMO-Vermögens erfahrenen Mitarbei-
6,1 Mio. Euro16) erwartet. tern erhalten bleibt.
Bei ihren Ermittlungen im Inland und auch im Ausland ar-
D.I.4. Verwendung der sichergestellten beitet die Unabhängige Kommission erfolgreich mit der Ar-
Vermögenswerte beitsgruppe Koordinierte Ermittlungen (AKE) und deren
Geschäftsstelle zusammen. Das betrifft insbesondere die
Im Jahr 2004 läuft die Ratenzahlungspflicht nach dem Alt- Möglichkeit schneller Abklärung von aufgefundenen, ver-
schuldenregelungsgesetz vom 6. März 1997 (BGBl. I S. 434) mutlich früheren DDR-Vermögen. Die AKE als ein Arbeits-
aus. Nach diesem Gesetz sind aus der Verwertung des PMO- kreis von Behörden unter Leitung des Bundesministeriums
Vermögens insgesamt 785 Mio. DM (401,4 Mio. Euro) bis der Finanzen (BMF) wurde seinerzeit vom Bundeskanzler-
zum Jahr 2004 amt mit dem Ziel initiiert, vermittels Informationsaustausch
– überwiegend für die Abtragung der Altschulden der und gegenseitiger Unterstützung beiseite geschafftes DDR-
neuen Länder an den Bund 735 Mio. DM (375,8 Mio. Vermögen zuverlässig zu ermitteln und zu sichern. Unter
Euro) und diesem Aspekt besteht Besorgnis über die bestehende Ab-
sicht des Bundesministeriums der Finanzen, die Tätigkeit
– zu einem geringeren Teil für Maßnahmen des Denkmal- der AKE zum 31. Dezember 2003 zu beenden. Es muss die
schutzes 50 Mio. DM (25,6 Mio. Euro) Möglichkeit erhalten bleiben, sowohl Partei- als auch
in jährlichen Ratenzahlungen aufzubringen. Staatsvermögen zu ermitteln. Jedenfalls muss dafür Sorge
getragen werden, dass durch Übertragung der Aktenbe-
Ab dann werden die Unabhängige Kommission und die BvS stände sowie durch konkrete Maßnahmen zum Transfer von
wieder selbst über die Empfänger der Vermögenswerte im personellem und inhaltlichem Know-how die Arbeitsfähig-
Rahmen der gesetzlichen Vorgaben entscheiden können. keit der Unabhängigen Kommission uneingeschränkt erhal-
Nach derzeitiger Prognose stehen dafür jedenfalls über ten bleibt.
33,9 Mio. Euro (siehe C.III.1.d. des Berichts) jetzt schon ei-
nigermaßen gesichert zur Verfügung. Tatsächlich dürfte das D.II.2. Personelle Ausstattung des Sekretariats
ein absolutes Minimum sein, da die zu erwartenden Zu- der Unabhängigen Kommission
flüsse beträchtlich höher liegen (siehe D.I.1 und D.I.2. des Das Sekretariat der Unabhängigen Kommission hat seinen
Berichts). Beitrag zu Effizienzoptimierung und Bürokratieabbau vor-
Im Anschluss an das Auslaufen des Altschuldenregelungs- bildlich erbracht. In den letzten Jahren ist der Personalbe-
gesetzes im Jahr 2004 steht nach dem Gesetz über die Er- stand ganz erheblich reduziert worden (jetzt weniger als
richtung einer Stiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur 10 % des maximalen Bestands und rund 20 % des Ist-Be-
vom 5. Juni 1998 (BGBl. I S. 1226 bis 1228) die „Stiftung stands von Ende 1997). Der erfolgreiche Abschluss der Ar-
zur Aufarbeitung der SED-Diktatur“ als erste Verwendungs- beiten hängt aber davon ab, dass jedenfalls der vorhandene
empfängerin fest. Nach § 3 Abs. 3 des Errichtungsgesetzes Stamm nicht weiter reduziert und bei Bedarf sogar gegebe-
sind, über die jährlichen Zuschüsse durch den Bund hinaus, nenfalls verstärkt wird. Aufgrund der in den Jahren 1990 bis
im Rahmen der Verfügbarkeit Mittel aus dem PMO-Vermö- 1992 anstehenden Aufgaben im Bereich der Inlandsermitt-
gen vorrangig zur Erfüllung des Stiftungszweckes zu ver- lungen betrug die Mitarbeiterzahl des Sekretariats in dieser
wenden. Phase bis zu 85 (Stand 1992). Der Personalbestand verrin-
gerte sich bis zum Jahre 1997 (Stand für den Bericht vom
Die Unabhängige Kommission empfiehlt, aus dem bereits 24. August 1998) auf 32 Mitarbeiter, die sich auf folgende
jetzt über die gesetzliche Festlegung hinaus verfügbaren Laufbahngruppen verteilten:
Vermögen der Stiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur
33 Mio. Euro für den Aufbau ihres Stiftungsvermögens zur
Verfügung zu stellen. Höherer Gehobener Mittlerer
Dienst Dienst Dienst
16) Nach Angabe der BvS, Stand: 31. Dezember 2002. 14 15 3
Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 27 – Drucksache 15/1777
Nach weiterem Personalabbau sind im Sekretariat der Un- Der Personal- und Sachhaushalt der Unabhängigen Kom-
abhängigen Kommission derzeit noch 7 Mitarbeiter tätig17): mission beläuft sich augenblicklich auf jährlich knapp
1 Mio. Euro18).
Höherer Gehobener Mittlerer
Im Verhältnis zu den noch zu sichernden Beträgen (siehe
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D.I.1. und D.I.2. des Berichts) handelt es sich um eine unge-
3 2 2 wöhnlich günstige Nutzen/Kosten-Relation.
17) Nicht mit eingerechnet ist eine Angestellte, die dem Sekretariat der 18) Dieser Haushalt enthält auch die Ausgaben/Kosten für Wirtschafts-
Unabhängigen Kommission für Serviceaufgaben von der Zentralab- prüfer, Berater und Sachverständige, die im Auftrag der Unabhängi-
teilung des BMI zur Verfügung gestellt wurde. gen Kommission tätig wurden.
Der Haushaltsplan weist für die Unabhängige Kommission im Ver-
gleich zum tatsächlichen Personaleinsatz eine höhere Anzahl von
Planstellen aus. Dies erklärt sich dadurch, dass seit dem Haushalts-
jahr 1999 durch Haushaltsvermerk Planstellen und Stellen des BMI
(Kapitel 0601) und der Unabhängigen Kommission (vormals Kapitel
0619, jetzt Kapitel 0601, Titelgruppe 01) zur gegenseitigen Verstär-
kung herangezogen werden. Begründet ist dies insbesondere mit der
Lösung personalwirtschaftlicher Problemstellungen.
Drucksache 15/1777 – 28 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode
E. Anlagen
Anlage 1
Gesamtdarstellung der PMO-Vermögensentwicklung 1998 bis 2002
Anlage 2
Abkürzungsverzeichnis