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2 POLITIK & GESELLSCHAFT Luxemburger Wort

Freitag, den 23. Mai 2008

Das kommt auf die Erklärung zur Lage der Nation


Abgeordneten zu

Der lange Atem


In Planung, auf dem Instanzen-
weg oder kurz vor der Abstim-
mung im Kammerplenum: Pre-
mierminister Jean-Claude Jun-
cker kündigte gestern Nachmit-
tag einen ganzen Reigen von Ge- Premier Juncker warnt vor Nabelschau
setzesvorhaben an, über die die
Abgeordnetenkammer nach VON LAURENT ZEIMET ein weiteres Mal um sechs Prozent vor einer „unzufriedenen Ich-Ge-
Wunsch der Regierung bis zum an die Inflation angepasst werden. sellschaft“ und gab zu bedenken,
Ende der Legislaturperiode be- Ein Jahr bleibt der CSV/LSAP-Koali- Eine weitere Stärkung der Kauf- „es würde uns allen gut tun, zu
finden soll. Als da wären die vier tion. Christlich-Soziale und Sozialis- kraft verspricht die Koalition durch fragen, wie wir sein wollen, statt
Gesetzesprojekte, mit denen die ten haben sich für die letzten zwölf die Einführung eines Job-Bonus. ständig mehr haben zu wollen.“
Primärschule in eine Grund- Monate noch viel vorgenommen. Nach dem Vorbild des Kinderbo- Juncker erinnert an die Naturkata-
schule umgewandelt werden soll. Premier Jean-Claude Juncker stellte nus soll der Arbeitnehmerfreibe- strophen in China und Birma. Über
Die Berufsausbildung soll auch den sozialen Zusammenhalt in den trag umgewandelt werden. Alle Ar- hundert Kriegsschauplätze gebe es
noch vor den Landeswahlen im Mittelpunkt der Erklärung zur Lage beitnehmer, ob Steuerzahler oder immer noch auf der Welt, Millionen
Juni 2009 auf neue Beine gestellt der Nation. nicht, sollen einen Bonus in Höhe von Menschen würden in den Hun-
werden, ebenso wie die Bestim- von 300 Euro ausbezahlt bekom- gertod getrieben, weil „die Welt
mungen, die das Zusammenleben „Dieser Regierung geht die Luft men. Weitere Umwandlungen von nicht richtig funktioniert“, rief Jun-
zwischen Luxemburgern und nicht aus“, stellte Premier Jean- Abschlägen in Steuergutschriften cker den Abgeordneten in Erinne-
Ausländern regeln: Reform des Claude Juncker am Ende seiner lan- könnten folgen. rung.
Staatsbürgerschaftsrecht, Ein- gen Erklärung zur Lage der Nation Luxemburg gehöre seit langem
schreibefristen für die Europa- fest. Mit langem Atem wollen CSV Keine Wahlgeschenke zu den großen Globalisierungsge-
und Kommunalwahlen, Immigra- und LSAP bis zu den nächsten Die Regierung will zwar keine winnern, stellte der Regierungschef
tions- und Integrationsgesetz. Im Wahlen im Juni 2009 durchregie- Wahlgeschenke verteilen, aber fest. Juncker bezeichnete sich
Bereich der Justiz sollen Gesetze ren. „Mit vollem Einsatz“ wollen fristgerecht zum 1. Januar 2009 selbst dennoch als „keinen Globali-
über den Opferschutz, das elter- die Regierungsparteien ihr Pro- Mindestlohn und Renten anpassen. sierungsfanatiker“. Der Vorsit-
liche Sorgerecht, das Schei- gramm vorantreiben. Im Mittel- Für das kommende Jahr erwartet zende der Euro-Gruppe verträgt
dungsrecht, die Sicherheit im öf- punkt der Juncker-Rede stand die sich die Koalition eine leichte Ab- einzelne doktrinäre Weisheiten
fentlichen Transport sowie die Sorge um den sozialen Zusammen- schwächung der Konjunktur, die nicht mehr. Dem Ruf nach mehr
Erhöhung des Personalbestands halt. Nahezu alle Ressorts werden sich auch bei den Staatseinnahmen Markt und weniger Politik will Jun-
der Polizei in Kraft treten. Aus angehalten, sich um diese Kohäsion bemerkbar machen wird. cker nicht folgen. Es sei bezeich-
dem Familienressort stammen zu bemühen. Es war der 14. Auftritt Trotz aller Schwierigkeiten im nend, dass während der Finanzkrise
die Gesetzesprojekte über die von Jean-Claude Juncker vor dem Großherzogtum warnte Jean- die Anhänger des freien Marktes
Kinderfürsorge, die Sozialhilfe, Parlament, um aus Sicht der Regie- Claude Juncker vor zu viel Nabel- am lautesten nach dem Staat geru-
über die Besserstellung der Be- rung die Lage des Landes zu schil- schau. „Wir haben wenig Ursache fen haben, als sie mit ihrem „Speku-
hinderten sowie das Jugendge- dern. zu klagen und keinen Grund zur lationslatein“ am Ende waren, kriti-
setz. Und der Arbeitsminister Den Privathaushalten stellt die kollektiven Larmoyanz“, befand der sierte Juncker die Finanzwelt.
möchte bis zu den Landeswahlen Regierung im nächsten Jahr eine Premier, „wenn wir uns beklagen, Nächste Woche diskutieren die
die Bestimmungen über die Be- Erleichterung der Steuerlast in dann beklagen wir uns in der Regel Abgeordneten über die Erklärung
schäftigungsinitiativen, den Spra- Aussicht. Die Steuertabellen sollen auf hohem Niveau.“ Juncker warnte zur Lage der Nation. Noch ein Jahr bleibt der Juncker/Asselborn-
chenurlaub sowie die Zeitar-
beitskonten gebilligt sehen.
„Absolut wichtig“ sind für den
Premierminister auch folgende
Vorhaben: die Reorganisation
Was Schwarz-Rot noch vorhat und wünscht
der Hochschullandschaft, die Auf den Kinderbonus folgt der Job-Bonus / Gratis Kinderbetreuung angestrebt
neue Regelung der Berufsbilder
des Wirtschaftsprüfers und des Klimaschutz: Die Regierung will an die Obergrenze für von der Steuer beitnehmerfreibetrag wird in einen Kinderbetreuung kostenlos ange-
Anwalts, eine Vorlage über die ihren Kioto-Zielen festhalten. Da absetzbare Spenden erhöht wer- Steuerbonus in Höhe von 300 Euro boten werden. Der Ausbau der
Krankenhauseinweisung von die angestrebte Biotreibstoffmi- den. CSV und LSAP sind zwar ge- für alle Arbeitnehmer verwandelt. Strukturen wird fortgesetzt.
geistig gestörten Menschen, der schung überdacht werden muss, gen Steuerdumping, wollen die Auch der Rentnerfreibetrag wird in
Bau der „Liaison Micheville“, die sollen „die Hebel“ an anderer Stelle Steuerlandschaft aber weiter wett- einen Steuerbonus umgewandelt. Infrastrukturen: Noch in der zweiten
Reform der rechtlichen Umrah- angesetzt werden. Mit Hilfe einer bewerbsfähig gestalten. Neben der Hälfte dieses Jahres will die Regie-
mung des Finanzplatzes, die Re- „intensiveren Beratung“ soll mehr bereits angekündigten Abschaffung Arbeitsmarkt: Die Arbeitsmarktpoli- rung den sektoriellen Leitplan über
form des Konkurrenzrechts, eine Energie eingespart werden. Passiv- des Droit d'apport soll die Besteue- tik sei wesentlich „aktiver“ gewor- neue Aktivitätszonen für Klein-
bessere Zusammenarbeit des häuser, die energetische Sanierung rung der Betriebe schrittweise von den, befindet die Regierung und und Mittelindustrie vorlegen. Ins-
Steueramts und der Enregistre- von Häusern, Holzschnitzelanlagen 29,6 auf 25,5 Prozent abgesenkt stellt eine Reform der Arbeits- gesamt 400 Hektar sollen bis 2020
ment-Behörde, die Reform der und thermische Solarkollektoren werden, bei gleichzeitiger Vergrö- marktverwaltung Adem in Aus- zu diesem Zweck erschlossen wer-
Forschungsbeihilfen, der Woh- werden „besser gefördert“. 2008 ßerung der Bemessungsgrundlage sicht. Mehr Autonomie bei der Ein- den. Drei nationale Aktivitätszonen
nungspakt, das Wasserrahmenge- sind dafür zehn Millionen Euro vor- („wo es geht, wo es sein muss“). stellung und der Ausbildung der sollen in Ehleringen, im Raum Bet-
setz, eine Vorlage über die öf- gesehen. Die Nutzung von grünem Die Regierung will die staatlich Vermittler soll der Adem zugespro- temburg/Düdelingen und im Raum
fentlichen Ausschreibungen, ein Strom soll „ausgebaut werden“. Im verfügten Preise im laufenden und chen werden. Vom 4. bis zum 6. Juli Sanem/Differdingen entstehen. Im
Gesetz über die biomedizinische vergangenen Jahr hatte die Regie- im kommenden Jahr einfrieren und soll die erste Ausgabe der „Jour- zweiten Semester 2009 sollen die
Forschung, die Reform der Un- rung angekündigt, der Staat würde wünscht sich von den Gemeinden – nées nationales de l'emploi“ statt- Arbeiten zum Aufbau eines euro-
fallversicherung, ein neues auf grünen Strom umsteigen. Es nach Möglichkeit – eine ähnliche finden. Die Regierung wünscht sich päischen Logistikzentrums auf dem
Jagdgesetz sowie die Schaffung werden Kriterien zur Verwertung Zurückhaltung bei der Festlegung in den nächsten Monaten eine wei- früheren WSA-Gelände in Düdelin-
eines nationalen Spracheninsti- der Biomasse in der Energie- und der kommunalen Abgaben. tere Runde der Stahltripartite. gen/Bettemburg anlaufen. Die
tuts. Sollten darüber hinaus Lebensmittelerzeugung festgelegt. Breitbandinfrastrukturen werden
noch andere legislative Vorha- Öffentliche Ausschreibungen sol- Index und Löhne: Es bleibt dabei. Sozialreformen: Nach dem Einheits- weiter entwickelt, neue Internet-
ben die parlamentarische len „kiotogerecht“ werden. Eine Zum 1. Januar 2010 soll die automa- statut wollen sich CSV und LSAP Unternehmen sollen sich in Luxem-
Hürde schaffen, so wäre dies Kampagne soll für einen ökologi- tische Lohnanpassung wieder inte- nun an die Reform der Unfallversi- burg ansiedeln.
in den Augen des Staatsministers schen Fahrstil werben. Die Regie- gral hergestellt werden. Im Prinzip. cherung wagen. Kleine Unfallschä-
durchaus zu begrüßen. (jm) rung bestätigt ihre Absicht, lang- Es sei denn, die neue Regierung den sollen in Kapital ausbezahlt Mobilität: Der Schiene soll oberste
sam aber sicher dem Tanktouris- kommt gemeinsam mit den Sozial- werden. Die Unfallrente sich auf Priorität eingeräumt werden. Eine
mus ein Ende zu bereiten. Firmen- partnern aufgrund der wirtschaftli- den Lohnausfall konzentrieren. Für neue Eisenbahnlinie Luxemburg-
wagen sollen ab 1. Januar 2009 nicht chen Entwicklung zu einer anderen Betriebe mit effizienter Sicher- Bettemburg und der Ausbau der
mehr von der Betriebssteuer abge- Schlussfolgerung. Die Inflations- heitsstruktur soll ein Bonus/Malus- Strecken nach Rodange und Klein-
setzt werden können. Im Gegenzug gefahr erfordere weiterhin eine System eingeführt werden. Beim bettingen stehen auf der Tagesord-
können Firmen beim Kauf eines bescheidene Lohnpolitik. Löhne Rentensplitting will die Koalition nung. Esch/Belval soll erst in einer
energiesparenden Fahrzeugs den sollen nicht schneller steigen, als es nun endlich „Nägel mit Köpfen“ zweiten Phase direkt mit der
staatlichen Zuschuss in Höhe von die Produktivitätsverbesserungen machen und eine „pragmatische Hauptstadt verbunden werden. In
750 Euro beantragen. zulassen. Zum 1. Januar 2009 wer- Lösung suchen“. Luxemburg-Stadt sollen neue
den Mindestlohn und Renten er- Bahnhöfe und die Tram die Mobili-
Steuern und Abgaben: Für kommen- höht. Im öffentlichen Dienst wird Kinderarmut: Um die Kinderarmut tät verbessern. Trotz allem scheint
des Jahr plant die Koalition eine es zu keiner allgemeinen Gehälter- zu bekämpfen, soll der Steuerab- der Regierung ein Ausbau der Au-
weitere Anpassung der Steuerta- revision kommen. Die Regierung schlag für Alleinerziehende eben- tobahn zwischen Bettemburg und
bellen an die Inflation um sechs will weiter die Entwicklung von falls in einen Steuerbonus umge- Mamer „wahrscheinlich“.
Prozent. Kinderreiche Familien er- Diplomen, Verantwortung und wandelt werden. Statt das Kinder-
halten ab 2009 einen Abschlag auf Aufgaben einzelner Staatslaufbah- geld pauschal zu erhöhen, will die Philanthropie: Im Herbst will die
der Autosteuer. Die Regierung nen „genauestens analysieren“. Regierung Gutscheine einführen, Regierung Vorschläge unterbrei-
„Absolute Priorität“ der Regierung: Die stellt weiter in Aussicht, einzelne die Eltern gegen eine bestimmte ten, um ein günstigeres Umfeld für
Hochschullandschaft soll reformiert Steuerabschläge (wie die Versiche- Job-Bonus: Am 1. Januar 2009 wird Anzahl an Betreuungsstunden ein- das „philanthropische Wirken“ in
werden. (FOTO: TEDDY JAANS) rungskosten) zu erhöhen. Auch soll der Mindestlohn erhöht. Der Ar- lösen können. Stufenweise soll die Luxemburg zu schaffen. (LZB)

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