Discover millions of ebooks, audiobooks, and so much more with a free trial

Only $11.99/month after trial. Cancel anytime.

Vergangene Nostalgien
Vergangene Nostalgien
Vergangene Nostalgien
Ebook166 pages2 hours

Vergangene Nostalgien

Rating: 0 out of 5 stars

()

Read preview

About this ebook

»Vergangene Nostalgien« ist eine Sammlung von Kindheitserinnerungen, in denen sich der Autor in seiner gewohnt ironischen Art an seine Kindheit und Jugend erinnert, aber diesmal umgeben von der Zärtlichkeit und Schönheit dieser fast schon mystifizierten Erinnerungen. Einige dieser »Nostalgien« wurden bereits im Jahr 2016 erfolgreich in verschiedenen literarischen sozialen Kanälen veröffentlicht. Die Leser erinnerten sich durch die Erfahrungen des Protagonisten an eigene Erlebnisse. Entweder, weil sie ähnliche Situationen durchlebt hatten oder weil es sie an etwas erinnerte, das bereits vergessen war. Dieses Wiedererkennen gab es nicht nur bei Lesern in Spanien, sondern man fand auch Gemeinsamkeiten in Argentinien oder Mexiko. Schließlich hören Kinder nicht auf, Kinder zu sein, weil sie sich auf der anderen Seite des Planeten befinden.

Kehre zurück, um die Freude wieder zu erleben, wenn man dir einen Comic gekauft hat. Das pure Entsetzen, wenn es darum ging, den Zahnarzt aufzusuchen. Die Freude im Sommer am Strand. Die einfachen Geburtstage deiner Kindheit, wie sie im letzten Viertel des letzten Jahrhunderts üblich waren. Aber Vorsicht, vielleicht wirst du überrascht, wie ähnlich dieses Buch den Anfängen deiner eigenen Biografie ist....

LanguageDeutsch
PublisherBadPress
Release dateAug 14, 2018
ISBN9781547542000
Vergangene Nostalgien

Related to Vergangene Nostalgien

Related ebooks

Humor & Satire For You

View More

Related articles

Related categories

Reviews for Vergangene Nostalgien

Rating: 0 out of 5 stars
0 ratings

0 ratings0 reviews

What did you think?

Tap to rate

Review must be at least 10 words

    Book preview

    Vergangene Nostalgien - Mario Garrido Espinosa

    Widmung

    Für meine Eltern, meinen Bruder und alle Nebencharaktere dieser Nostalgien.

    Für alle, die beim Lesen dieses Buchs Fragmente ihres eigenen Lebens wiederfinden.

    Buch I – Das Viertel und seine Eigenheiten

    Großmutter

    Als ich Kind war, besuchten wir an manchen Nachmittagen Großmutter Maria. Zuerst holten wir Loli, die beste Freundin meiner Mutter, ab. Ihr Haus lag ohnehin auf dem Weg. Nachdem wir sie über die Gegensprechanlage benachrichtigt hatten, kam sie mit ihrer Tochter Eva, die etwa in meinem Alter war, herunter und wir spazierten zum Haus von Großmutter. Dazu mussten wir diese Häuserzeile, auch Santa Maria genannt, durchqueren. Es war etwas Undefinierbares, das theoretisch die Viertel San Ignacio de Loyola und Parque Europa teilte. Beide gehören zum Stadtteil Las Águilas und zusammen mit anderen derselben Art bilden sie die Dimension, die wir Stadt nennen. Ein Gefüge, das sich wie wir wissen, in Bezirke, Stadtteile, Viertel, Vororte, Pfarrbezirke, Nachbarschaften, Zonen und andere Gebiete unterteilt, von denen in Wirklichkeit niemand genau weiß, wo sie anfangen und enden.

    Auf halbem Weg erwartete uns eine geheimnisvolle Brücke. Unter dieser alten roten Überführung verlief eine Eisenbahnlinie, die zu den Kasernen des Lagers oder einem anderen geheimnisvollen Ort führte. Ich habe dort nie einen Zug gesehen, aber ich erinnere mich an das Pfeifen der Lokomotive, vielleicht auch nur in meiner Fantasie. Irgendwo aus der Ferne in der Nachbarschaft meines Elternhauses oder wenn ich ungeduldig darauf wartete, dass die langweilige Litanei des Gottesdienstes zu Ende ging, an jedem Sonntag, den ich zu meinem Bedauern in der neben der Bahnlinie gelegenen Kirche verbringen musste. Es ist so, dass unsere bescheidene Nachbarschaft etwas Besonderes war: Sie hatte mehrere Namen, ein riesiges Sportzentrum, den ältesten Flugplatz Spaniens, große Parks, geheime Militärzonen, wo die legendären Züge hinfuhren, die niemand sah, und diese rote Überführung, die immer maroder und verwitterter wurde und die ehrlich gesagt nur wir Kinder benutzten, da die Erwachsenen es vorzogen, die verlassenen Bahngleise zu überqueren.

    „Seid vorsichtig beim Überqueren und rennt nicht!", ermahnte uns eine der beiden Mütter.

    Und natürlich rannten meine Spielkameradin und ich, taub für die Ermahnung, im Zickzack die Rampe hinauf, bis wir oben ankamen. Wir liebten es, dort oben hinüberzugehen, da es ziemlich hoch war und durch unsere Schritte vibrierte, und wenn es uns erst einfiel, das Springen anzufangen, dann war die Überquerung ein kleines Abenteuer.

    Heute ist das alles verschwunden. Die Überführung, die Gleise, die Kaserne ... nun die Kirche ist noch da. Einige Dinge kann der Fortschritt nicht so leicht beseitigen, aber damals war es wie die Trennung zweier Städte. Das bescheidene, aber moderne San Ignacio und der scheinbar einfache Parque Europa mit seinen riesigen Hochhäusern mit den vielen Stockwerken, den aneinanderklebenden Balkonen und den unendlich vielen Wohnungen in seinem Inneren. Wahre Bienenstöcke, die architektonisch für mich ein Horror waren, aber mit der Zeit und traurig angesichts des Baus der unsäglichen Sozialwohnungen, die in den folgenden Jahrzehnten in ganz Madrid entstanden, sah ich sie als etwas, das in seinem funktionalen Charakter gar nicht so schlimm war.

    In einem dieser Wohnsilos, im Erdgeschoss, wohnte Großmutter Maria. Es war unser Ziel an diesen Nachmittagen: diese Frau besuchen, die Lolis Mutter war. Mit anderen Worten, familiär gesehen, war sie nicht meine, aber wenn ich eine Kindheitserinnerung habe, in der eine Großmutter auftaucht, dann ist es eine mit dieser winzigen scheuen Frau, ganz in Schwarz gekleidet, nicht sehr gesprächig und mit einem unendlich gütigen Gesicht. In meiner Kindheit war sie die einzige »Großmutter«, die ich mit einer gewissen Regelmäßigkeit sah, da meine Großmutter mütterlicherseits starb, bevor ich geboren wurde und meine Großmutter väterlicherseits damals in Alicante lebte. Diese Frau war die einzige Referenz, die ich in der Nachbarschaft hatte, soweit es Großmütter betraf.

    In meinen Erinnerungen an die Zeit als sehr kleiner Junge, man neigt unweigerlich dazu, zu idealisieren, sitzt diese Frau immer in einem Ohrensessel in einer Ecke des kleinen Wohnzimmers im Erdgeschoss. Durch das Fenster kommt ungebeten der Lärm der Straße, die auf gleicher Höhe liegt. In der Wohnung gab es auch einen Großvater. Ein sehr ernster Mann, hochgewachsen und man sagte aufbrausend. Das würde er auch an anderen auslassen. Ich habe keine besondere Erinnerung an diesen Mann. Ich erinnere mich jedoch sehr gut an Großmutter Maria, die kaum vom Sessel aufstehen konnte, dich aber mit Küssen und Umarmungen empfing. Du spürtest ihre Zerbrechlichkeit, ihren sauberen Geruch, die Weichheit ihrer fast pergamentenen Wangen, ihre Güte.

    Nachdem ihre Enkelin und ich auf der Straße gespielt hatten, rief man uns zum Kaffee. Auf dem Tisch stand ein Tablett mit köstlichem Mandelgebäck. Jedes Stück war länglich geformt und mit Marzipan überzogen, die beiden Enden waren in Schokolade getaucht. Im Inneren war ein fluffiger, mit Creme überzogener Biskuitkern versteckt. Köstlich und unwiderstehlich. Großmutter Maria kaufte sie in einer nahe gelegenen Konditorei, wenn ihre Tochter ihr sagte, dass wir kommen würden. Gott weiß, wie viel sie kosteten und worauf sie verzichtete, um sie zu kaufen. Sie wusste, dass ihre Enkelin und ich sie als die Leckerbissen verputzten, die sie waren, bis der Teller blitzblank war. Sie lächelte glücklich, während sie uns dabei zusah.

    Wenn der Besuch vorbei war, gingen wir ins Haus zurück und verabschiedeten uns von Großmutter. Die Frau nahm heimlich, sodass Großvater es nicht sehen konnte, Münzen aus ihrer Handtasche und gab sie verstohlen ihrer Enkelin und mir.

    „Mama, gib ihnen nichts", tadelte sie ihre Tochter.

    Aber sie bestand darauf und wir nahmen die kleine Ausbeute mit der Raffgier von Kindern. Sicher haben wir es gut genutzt, um später Süßigkeiten zu kaufen.

    ***

    Wie das Leben so spielt, die Frau starb, aber ich werde mich jedes Weihnachten an sie erinnern. In dieser Zeit hat eine berühmte Marke, eine Großkonditorei, die Rechte an den exklusiven Mandeltörtchen erworben. Am Ende des Jahres verkaufen sie sie zusammen mit anderen Weihnachtsartikeln. Sie nennen sie »marpeipis« und verkaufen sie einzeln verpackt. Aber sie haben nichts mit denen zu tun, die Großmutter Maria uns gekauft hat. Diese waren groß und fluffig und machten so satt, dass man an dem Tag kein Abendessen brauchte. Die von heute sind klein und mickrig. Ihr Mandelanteil dient nur als Alibi. Sie sind gut, obwohl sie mit denen, die ich in dem Erdgeschoss im Parque Europa gegessen habe, wenig gemeinsam haben. Auf jeden Fall bringen sie mich dazu, »Großmutter« nie zu vergessen.

    Comic Tauschbörse

    Das Kurzwarengeschäft Laly war ein Laden in der Nähe von San Ignacio de Loyola, wo man Comics tauschte. Meine Mutter hatte mindestens fünfzig der angesagtesten Comics: Clever&Smart, Zipizapes, Pulgarcitos, Tío Vivos, DDT und mehr. Alle drei, vier Monate nervte ich sie mit Tobsuchts- und Wutanfällen, damit wir wieder Comics tauschen gingen. Meine Mutter gab schließlich meinem Terror nach und wir brachten die Comics in den Laden. Für mich war es ein ganz besonderer Tag, fast wie eine Party.

    Der schwach beleuchtete Laden war langgezogen und durch eine alte Ladentheke geteilt. Die Rückwand säumten mysteriöse Holzschubladen. Die alte Frau, der der Laden gehörte, saß immer auf einem Hocker, mit einem Arm auf der Theke und warte auf Kundschaft. Wenn sich die Tür öffnete, erhob sie sich schwerfällig und schaute dich von der Seite an, vielleicht aus Misstrauen oder einfach nur, weil sie schlecht sah. Für mich war sie immer eine argwöhnische und misstrauische Frau, aber ihre mürrische Präsenz schmälerte nicht im Geringsten das Glück meines Comic-Tausch-Tages.

    Die Händlerin prüfte zuerst die Comics, die wir mitgebracht hatten. Wenn einer ihr nicht gefiel, weil er alt war, doppelt oder aus einer Serie stammte, die sie nicht kannte, legte sie ihn verächtlich an die Seite, als wollten wir ihr »ein X für ein U« verkaufen. Gleichzeitig sortierte sie nach Anzahl der Seiten. Für sie war ein Súper López aus der Kollektion »Olé!« nicht das Gleiche wie zum Beispiel ein Mortadelo Spezial. Jeder von ihnen hatte einen anderen Preis, wobei der Unterschied nur ein oder zwei Peseten betrug. Nach dieser strikten Überprüfung und Klassifizierung begann sie, ihre Comics unter der Theke hervorzuholen, sortiert nach Größe und Qualität, wobei sie die ältesten und abgerissenen zuerst anbot. Jetzt begannen wir in aller Ruhe mit der Suche nach einem Exemplar, das wir noch nicht gelesen hatten. Ich war, obwohl noch ein Kind, nicht dumm und von meiner Mutter gut unterwiesen worden (sie war immerhin diejenige, die bezahlte), und ich bewältigte die ersten Stapel unerbittlich und rettete den einen oder anderen Comic in vernünftigem Zustand, eher durch Strategie, als aus Überzeugung. Die alte Frau schnaubte jedes Mal, wenn sie einen Stapel von abgegriffenen Comics wieder verstauen musste, ohne dass wir einen davon genommen hätten. Sie wusste, dass der Moment kommen würde, wo sie ihre besten Stücke hervorholen musste und das gefiel ihr nicht.

    „Rein und raus gehen immer die Gleichen", sagte sie, als sie sah, dass wir kaum etwas genommen hatten, und dann, im Widerspruch zu ihren eigenen Argumenten, holte sie einen Stapel fast neuer Comics aus den letzten Jahren hervor. Es war ein Ausdauerspiel, in dem meine Mutter und ich immer mehr Übung bekamen.

    Letztendlich machte sie die Rechnung auf, von dem was wir genommen hatten, getrennt nach Größe sogar nach Themen: Magazine kleine oder normale Größe, Extraausgaben, Superhelden oder Conan (für den sie witzigerweise eine Pesete mehr nahm als für die anderen Superhelden, herausgegeben vom selben Verlag. Vielleicht war der Cimmerier für sie heldenhafter als die anderen und deshalb der höhere Preis.) und die Serie »Olé!« vom Verlag Bruguera. Wie wir bereits wissen, waren die Preise für den Tausch unterschiedlich, aber die Tatsache, eine höhere Seitenanzahl zu haben, machte sie immer teurer, als ob man für den Platz, den sie unter der Theke belegten, bezahlte. Die »Olé!« waren am teuersten. Vor allem war es schwierig, sie zurückzutauschen, was ich angesichts der Perspektive als Missbrauch empfand. Diese seltsame, habgierige Frau wirkte wie die Hexe aus dem Märchen, versteckt in ihrer Höhle als Kurzwarenladen getarnt, eifersüchtig wachend über ihre Stapel von Comics, die ihr saftige Peseten brachten und die sie immer in Bestzustand halten wollte, als wären sie ein Schatz, ähnlich dem Füllhorn.

    An diesem Punkt angelangt, begann die Frau auf einem Zettel zusammenzurechnen und sie ging es immer und immer wieder durch, als ob ein Fehler in diesem Verkauf die Schließung ihres Geschäfts bedeuten könnte. Meine Mutter bezahlte und die Händlerin riss das Papier exakt am Ende der Rechnung ab. Sicher wollte sie den Rest für den nächsten Kunden nutzen. Nach der Übergabe solch einer seltsamen – und betrügerischen – Rechnung gingen wir mit unserer Fracht. Wieder auf der Straße kontrollierten wir immer die Rechnung und manchmal hatte sie sich geirrt. Ich denke, nicht absichtlich, aber es war immer zu ihren Gunsten.

    Ich stelle mir vor, dass die alte Frau bereits Minuten später die Comics, die wir dagelassen hatten, noch einmal überprüfen würde, um sie auf die entsprechenden Stapel zu legen. Je nach Zustand, Dicke, Sammlung, Thema und ihren anderen Sortiermarotten. Dieses kranke und pingelige Bild vertiefte den ungeselligen Eindruck, den wir von dem Laden und seiner Besitzerin hatten.

    Mit der Zeit gingen wir nicht mehr dorthin, denn wir konnten keine Comics mehr tauschen, da »rein und raus immer die Gleichen gingen«, wie die Händlerin nie müde wurde zu sagen.

    Die Jahre vergingen und aus dem Kurzwarenladen wurde ein chinesisches Lebensmittelgeschäft. Einer mehr, der in die Nachbarschaft eindrang und ihr so einen Teil ihrer Persönlichkeit und Geschichte wegnahm.

    Stadtteilkino

    Das Kino im Stadtviertel San Ignacio war ziemlich groß. Zu dieser Zeit waren die Multiplexkinos mit ihrer inakzeptablen Beengtheit noch nicht erfunden. So hatte dieser Ort für die damalige Zeit eine riesige Leinwand (größer als die meisten Premierenkinos auf der Gran Vía). Diese war hinter einem Vorhang versteckt, als wäre es ein Theater. Wenn er zurückgezogen wurde und das Licht nach und nach ausging, wussten wir, dass das der Moment war, in dem die Magie begann.

    Das Kino befand sich auf einer Seite

    Enjoying the preview?
    Page 1 of 1