Österreich vegetarisch
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Book preview
Österreich vegetarisch - Katharina Seiser
VORNEWEG
FRÜHLING
SOMMER
HERBST
WINTER
JEDERZEIT
NACHSCHLAG
Register & Glossar
Küchenösterreichisch
Dank & Team
VORNEWEG
I. WARUM ÖSTERREICH VEGETARISCH?
Wir alle, die im letzten Jahr intensiv mit diesem Buch beschäftigt waren, sind keine Vegetarierinnen und Vegetarier. Trotzdem essen wir gerne – und immer öfter – vegetarisch.
Das hat einen ernsten und drei geschmackvolle Gründe. Der ernste: Je mehr Menschen Fleisch und Fisch essen wollen, desto intensiver werden die Anstrengungen, diese tierischen Produkte effizient und billig herzustellen. Wie Nutztiere heute in der Regel gehalten werden, ist mit Wertschätzung von Tieren nicht in Einklang zu bringen. Daher essen wir lieber weniger Fleisch und wenn, dann nur solches von Tieren, die unter bestmöglichen Bedingungen mit viel Platz und im Freien gehalten werden. Das schmeckt man auch. Die geschmackvollen Gründe: Erstens gibt es zahlreiche traditionelle vegetarische Gerichte der österreichischen Küchen, die wir gerne öfter essen würden. Nur denken wir zu selten daran, weil sie bisher nicht in einem Kochbuch versammelt waren. Dabei sind viele der Rezepte in diesem Buch Lieblingsgerichte aus der Kindheit oder dem Urlaub. Zweitens wollten wir eine umfassende Antwort auf die Frage geben: Was koche ich, wenn ich weniger Fleisch essen will? So sehr wir italienische Pasta und Risotti, indische Curries und orientalische Gemüsegerichte schätzen: Österreichs Küchen sind ebenso reich an vegetarischen Gerichten, auch wenn sie früher nicht so genannt wurden. Und drittens: Gemüse, Getreide, Erdäpfel, Schwammerl und Obst schmecken, wenn sie langsam reifen durften und in der Küche behutsam behandelt werden, einfach gut. So gut, dass sie locker die Hauptrolle auf jedem Teller spielen können.
VERTRAUTE KLASSIKER
Wir haben bekannte Gerichte auf ihre Alltagstauglichkeit überprüft und behutsam fürs 21. Jahrhundert überarbeitet. Fast alle werden Sie auf den ersten Blick wiedererkennen. Und doch sind fast alle kleine Interpretationen des Wiener Meisterkochs Meinrad Neunkirchner, die vertrauten Klassikern die historische Schwere und Üppigkeit nehmen oder sie noch besser auf den wohlschmeckenden Punkt bringen. Die Klassiker, auf die wir Bezug nehmen, kommen aus bäuerlichen wie bürgerlichen Küchen, der Vielvölkerstaat ist ebenso zu erahnen wie die Ausdehnung des kulinarischen Österreichs vom westlichen Bergkäse über nördlichen Mohn, Wiener Mehlspeisen, östliche Paradeiser, südliche Kräuter und im Zentrum Erdäpfel, Milchprodukte und Getreide.
FÜNF JAHRESZEITEN
Damit Sie sich leichter im Buch zurechtfinden und weil es geschmacklich keinen Zweifel an der Sinnhaftigkeit dieser Einteilung gibt, haben wir die 150 Rezepte und Hunderte Varianten und Tipps in fünf Jahreszeiten gruppiert. Fünf? Viele Klassiker der vegetarischen Küche Österreichs – darunter einige der beliebtesten Mehlspeisen – lassen sich rund ums Jahr zubereiten, deshalb haben wir „Jederzeit" als fünfte Saison eingeführt. Blättern Sie auf der Suche nach dem passenden Gericht aber auch durch die vorige und die nächste Jahreszeit, denn viele Zutaten sind länger als eine Saison verfügbar.
REZEPTE FÜR ALLE FÄLLE
In jeder der fünf Jahreszeiten finden Sie Rezepte für Suppen, Salate und kleine Gerichte, für pikante und süße Hauptspeisen ebenso wie für Kompotte, Nachspeisen und Kuchen. Im „Nachschlag" gibt es ein Wörterbuch des Küchenösterreichischen, ein Glossar und verschiedene Register, damit Sie jedes Rezept leicht (wieder)finden.
II. EINKAUFEN
Dass Österreich vegetarisch in fünf Jahreszeiten unterteilt ist, hat gute Gründe: Gemüse und Obst schmeckt nur, wenn es reif ist – und braucht auch nur zu seiner Saison zu schmecken. Während im späten Winter die Vorfreude auf Spargel und frische Kräuter steigt, schmecken richtig gelagerte Äpfel um diese Jahreszeit fantastisch. Im Sommer haben wir selten Lust auf Maroni (eher auf Marillen), aber wenn sie dann reif sind, und die Erdäpfel, Wurzeln und Nüsse noch dazu, dann steht das spätherbstliche Menü gedanklich schon auf dem Tisch. Die fünf Jahreszeiten sind dazu da, Ihnen die Kochentscheidungen so leicht wie möglich zu machen.
Warum wir Ihnen empfehlen, vor allem bei tierischen Produkten wie Eiern, Butter, Milch, Obers, Sauerrahm, Topfen oder Käse, aber auch bei Gemüse, Getreide, Erdäpfeln, Obst und Nüssen, Ölen, Essig, Zucker und Gewürzen auf Bio-Qualität zu achten, hat handfeste Gründe:
1.Bio-Tiere werden besser gehalten. Sie haben mehr Platz, mehr Kontakt zu ihren Artgenossen, mehr Beschäftigungsmöglichkeiten. Traditionelle österreichische Mehlspeisen brauchen oft reichlich Eier und Milchprodukte. Achten Sie daher bei diesen Zutaten auf Bio-Freilandhaltung.
2.Geschmack und Ertrag sind im Bio-Anbau gleich wichtig. Alte, regional bewährte Sorten und Raritäten verblüffen uns immer wieder mit ihrem Geschmack, ihrer Intensität und ihrem Aussehen. Gerade bei einfach wirkenden Rezepten, die auf wenigen Zutaten basieren, muss jede einzelne durch Reife, Geschmack und Konsistenz überzeugen. Bio-Anbau ist eine gute Basis dafür.
WAS UNS BEI DEN ZUTATEN WICHTIG IST
EIER – Wir verwenden immer Bio-Freilandeier. Wenn keine Größe angegeben ist, eher größere als kleinere.
KÄSE – In den Zutaten stehen auch Käsesorten, die mit tierischem Lab hergestellt werden. Wenn Sie diese nicht verwenden möchten, achten Sie beim Einkauf auf den Zusatz „mikrobielles Lab". Topfen kann, muss aber nicht Lab enthalten.
GEMÜSE, ERDÄPFEL, SALATE, KRÄUTER & OBST – Solange die Qualität stimmt, ist eine spezielle Sorte nicht zwingend notwendig. Allerdings kann sich mit anderen als den angegebenen Sorten der geschmackliche Charakter eines Gerichtes und seine Konsistenz ändern. Kräuter sind immer frisch, es sei denn, das Wort „gerebelt" weist auf getrocknete Ware hin.
ÖLE – Sie entscheiden bei der Zutat „Pflanzenöl" über die Sorte – üblich sind in Österreich Raps-, Sonnenblumen- und Maiskeimöl – und bei der Angabe einer Sorte über Kaltpressung oder die billigere, neutraler schmeckende Alternative. Wir bevorzugen Kaltpressung immer in Bio-Qualität und in kalten oder nur kurz erhitzten Gerichten.
GEWÜRZE – Kaufen Sie kleine Mengen und beste Qualität. Wenn Sie bei Gewürzen und Ölen (wie überhaupt bei den Zutaten) sparen, wird Ihnen am Gaumen etwas abgehen. Der Grund für ein fades Gericht ist selten mangelnde Kochkunst. Weit öfter sind es unreife, hoch verarbeitete oder zu alte, weitgereiste Zutaten außerhalb ihrer Saison. Und falls Sie sich über die Worcestersauce in manchen Rezepten wundern: Es gibt sie im Bioladen/Biosupermarkt auch vegetarisch, ohne Sardellen. Seien Sie nicht zu zaghaft beim Salz und bei der Säure, beides macht oft den kleinen Unterschied zwischen „ganz gut und „wunderbar
.
GETRÄNKE – Unsere Weinempfehlungen sind bewusst rein österreichisch, weil wir finden, dass österreichischer Wein oder Most am besten zu österreichischen Gerichten passt. Die Auswahl soll ein Anhaltspunkt sein, wohin die geschmackliche Reise gehen kann. Ihre Vorlieben entscheiden.
III. LOCKER KOCHEN
Hinter jedem gelungenen Gericht stehen starke Zutaten. Wenn Sie die eingekauft oder im eigenen Garten geerntet haben, fehlen nur noch zwei Dinge für einen reibungslosen und entspannten Ablauf in der Küche:
1.Lesen Sie vor dem Kochen die ZUTATENLISTE und die ZUBEREITUNG des geplanten Rezeptes bis zum Ende durch. Nur Sie können einschätzen, wie lange Sie für welchen Schritt brauchen. Auch Rast- und Ziehzeiten wollen gut geplant werden, damit Zeit für oft vernachlässigte Küchentätigkeiten wie das Einschenken des Köchinnen- und Kochweins, das sorgfältige Abschmecken und das rechtzeitige Tellerwärmen bleibt.
2.Geben Sie der MISE EN PLACE eine Chance. In Privatküchen ist sie unüblich, in Restaurantküchen geht nichts ohne sie: Darunter versteht man das Vorbereiten und Abwiegen von Zutaten, das Bereitstellen von Geräten und Geschirr und die saubere Küche vor Beginn der hitzigen, schnellen Schritte.
WICHTIGES WERKZEUG
Neben dem üblichen Küchenwerkzeug brauchen Sie für das vegetarische Österreich: wirklich scharfe Messer, einen guten Sparschäler, einen sehr großen Topf für Klare Gemüsesuppe (→ S. 214 – wichtige Zutat und Basis für 50 Rezepte im Buch), ein gutes Vierkant-Reibeisen, einen leistungsstarken Mixstab sowie Geschirrtücher und ein ausrangiertes Tisch- oder Leintuch als Strudeltuch, die weder nach Waschpulver noch nach Weichspüler riechen dürfen.
NOCH EIN PAAR WORTE ZU MENGEN UND GARZEITEN
Kein Rezept lässt sich aufs Gramm genau so reproduzieren, wie es einmal zubereitet oder von uns aufgeschrieben wurde. Zu groß sind die Variablen bei den Zutaten – Sorte, Reife und Wassergehalt, Konsistenz und Alter –, zu groß die möglichen Temperaturschwankungen bei den Zutaten (aus dem Kühlschrank oder Zimmertemperatur), beim Herd oder Backrohr, zu unterschiedlich das Empfinden von Bräunungsgrad, Biss und Bindung. Deshalb finden Sie viele EL- und TL-Angaben, die Handvoll, den Schuss oder die Prise, das „ca." vor einer Menge oder Zeitangabe.
Die Rezepte sind FÜR 4 PERSONEN gedacht, Ausnahmen sind beim jeweiligen Rezept vermerkt. Wir sind von zwei Gängen ausgegangen: Suppe oder Salat und Hauptspeise oder pikantes kleines Gericht und süße Hauptspeise oder pikante Hauptspeise und Kompott oder Nachspeise. Natürlich eignen sich alle süßen Hauptspeisen auch als Nachspeisen.
Zutaten zum VOLLENDEN gekennzeichnet. EVTL. vor einer Zutat zeigt an, dass sie eine geschmackliche Bereicherung, aber nicht unbedingt notwendig ist.
Unsere GARZEITEN sind knapp bemessen. Gemüse wurde in der Vergangenheit häufig übergart, das ging auf Kosten seines Geschmackes. „Kochen, „köcheln
, „reduzieren, „schmoren
etc. bedeutet immer offenes Garen, d.h. ohne Deckel, es sei denn, in der Zubereitung ist „zugedeckt" angegeben.
Verlassen Sie sich auf Ihr Fingerspitzengefühl, auf Ihre Nase und Ihren Gaumen. Machen Sie Probeknödel und -nockerl. Das wichtigste Werkzeug in der Küche bleiben die Hände. Wenn Sie wenig Zeit haben, streichen Sie sich lieber ein Holzofenbrot mit frischer Bio-Butter und einer Prise Salz, braten Sie sich ein schnelles Omelett (→ S. 225), kochen Sie sich ein Grießkoch (→ S. 49) oder machen Sie einfach ein Glas selbst gemachtes Kompott auf.
Österreich vegetarisch ist morgen auch noch da. Mit Ideen und Rezepten, Varianten und jeder Menge Inspiration für alle Tage. Wir freuen uns, wenn Sie sich die Rezepte aneignen, abwandeln und in Ihr Repertoire aufnehmen.
ZUR FÜNFTEN AUFLAGE
Als dieses Buch im Herbst 2012 erschien, ahnten wir nicht, dass wir Ihnen nicht einmal drei Jahre später die fünfte Auflage und bereits drei Folgebände (Deutschland, Italien und Türkei vegetarisch) präsentieren können. Diese Reihe gibt es für Sie und wegen Ihnen. Danke!
Viel Vergnügen beim Kochen und Essen!
Wien, im Sommer 2015
VORSPEISEN
Zuckererbsensuppe
Karottensuppe
Spargelcremesuppe
Lauwarmer Karottensalat
Marinierter Schafkäse mit Brennnesseln
Gemüsesulz mit Apfelkren
Frühlingssalat mit Löwenzahn & Eiervinaigrette
Kukuruzsalat mit Lauch
HAUPTSPEISEN
Spinat-Grieß-Strudel
Cremiger Spinat mit pochiertem Ei
Kärntner Nudeln
Gurkengemüse mit gebratenen Schupfnudeln
Polentaknöderl mit Kerbelfülle
Spargel mit Kräutervinaigrette & Heurigen
Gebackener Spargel mit Zitronenrahm
Gemüsetarhonya mit Joghurt
Gratiniertes Risibisi mit Salat
Überbackener Gemüsesemmelkren
Mit Erdäpfelpüree gefüllter Kohlrabi
Sauerrahmnockerl mit Bärlauch
SÜSSE HAUPTSPEISEN
Topfenoberscreme mit Vanille
Grießkoch mit Erdbeeren
NACHSPEISEN
Rhabarberstrudel
Weichselkompott
Kirschenkompott
Rhabarberkompott
Hollerblütenkaltschale mit Hippen
Hippen
Biskuitroulade
Karottenkuchen
ZUCKERERBSENSUPPE
Die Saison für frische Erbsen ist so kurz, dass es nichts zu zögern gibt: Kochen Sie heute Suppe und morgen Risibisi (→ S. 41) damit! Umgekehrt ist auch erlaubt.
ZUTATEN
300 g ausgelöste junge Erbsen (ersatzweise TK-Erbsen)
2 Schalotten, geschält, klein geschnitten
½ Knoblauchzehe, geschält, klein geschnitten
3 EL Butter
750 ml Gemüsesuppe (→ S. 214)
250 ml Obers
Salz
weißer Pfeffer aus der Mühle
Prise Muskatnuss
1 Handvoll Zuckerschoten
4 EL Weißbrotwürfel oder ungesüßte Briochewürfel
ZUBEREITUNG
In einem Topf Erbsen, Schalotten und Knoblauch in 2 EL Butter anschwitzen. Mit Gemüsesuppe aufgießen, Obers beifügen, mit Salz, Pfeffer und Muskatnuss würzen.
Ca. 5 Minuten köcheln lassen.
Zuckerschoten in Streifen schneiden, kurz in Salzwasser blanchieren.
Weißbrot- oder Briochewürfel entrinden, in 1 EL aufgeschäumter Butter langsam zu goldbraunen Croûtons rösten.
Suppe mit dem Mixstab pürieren, durch ein Sieb passieren, nochmals kurz mit dem Mixstab aufschäumen, in Suppentellern oder -tassen anrichten. Zuckerschotenstreifen als Einlage in die Suppe geben, mit Croûtons bestreuen.
TIPPS:
Die benötigte Erbsenmenge entspricht ca. 1,5 kg frischen Erbsen.
Beim Anschwitzen der Erbsen einige Minzblätter (Gartenminze, Schweizer Minze, Nudelminze, marokk. Minze) dazugeben.
KAROTTENSUPPE
Nur im Frühjahr schmecken Karotten so süß und fruchtig, dass eine derart pure Suppe geschmacklich überzeugen kann.
ZUTATEN
2 EL Butter
4 Karotten (ca. 300 g), geschält, in kleine Stücke geschnitten
Prise Staubzucker
2 Schalotten, geschält, klein geschnitten
750 ml Gemüsesuppe (→ S. 214)
250 ml Obers
Salz
weißer Pfeffer aus der Mühle
1 Karotte, geschält, in kleine Würfel geschnitten
1 EL grob geschnittener Kerbel (ersatzweise Schnittlauch oder Oregano)
ZUBEREITUNG
Butter in einem Topf aufschäumen, Karotten dazugeben, Staubzucker beifügen, bei kleiner Flamme glasieren. Schalotten dazugeben, kurz mitglasieren. Mit Gemüsesuppe ablöschen, Obers beifügen, salzen, pfeffern.
Bei kleiner Flamme ca. 10 Minuten weich kochen.
Währenddessen Karottenwürfel kurz in Salzwasser blanchieren.
Suppe mit dem Mixstab pürieren und durch ein Sieb passieren.
Karottenwürfel in Suppentellern oder -tassen verteilen. Geschnittenen Kerbel oder andere Kräuter dazugeben. Die mit dem Mixstab nochmals kurz aufgeschäumte Karottensuppe eingießen.
TIPP:
Einige Zweige ganz junges Karottengrün zum Garnieren verwenden.
SPARGELCREMESUPPE
Elegante Frühlingstradition, die je nach Säureanteil