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Gnadenloser McQuade - Zwölf Abenteuer in einem Band (Der Kopfgeldjäger - Western-Serie von Pete Hackett)
Gnadenloser McQuade - Zwölf Abenteuer in einem Band (Der Kopfgeldjäger - Western-Serie von Pete Hackett)
Gnadenloser McQuade - Zwölf Abenteuer in einem Band (Der Kopfgeldjäger - Western-Serie von Pete Hackett)
Ebook544 pages7 hours

Gnadenloser McQuade - Zwölf Abenteuer in einem Band (Der Kopfgeldjäger - Western-Serie von Pete Hackett)

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About this ebook

Kopfgeldjäger-Sammelband (Band 37-48) 12 weitere Western von Pete Hackett Über den Autor Unter dem Pseudonym Pete Hackett verbirgt sich der Schriftsteller Peter Haberl. Er schreibt Romane über die Pionierzeit des amerikanischen Westens, denen eine archaische Kraft innewohnt, wie sie sonst nur dem jungen G.F.Unger eigen war - eisenhart und bleihaltig. Seit langem ist es nicht mehr gelungen, diese Epoche in ihrer epischen Breite so mitreißend und authentisch darzustellen. Mit einer Gesamtauflage von über zwei Millionen Exemplaren ist Pete Hackett (alias Peter Haberl) einer der erfolgreichsten lebenden Western-Autoren. Für den Bastei-Verlag schrieb er unter dem Pseudonym William Scott die Serie "Texas-Marshal" und zahlreiche andere Romane. Ex-Bastei-Cheflektor Peter Thannisch: "Pete Hackett ist ein Phänomen, das ich gern mit dem jungen G.F. Unger vergleiche. Seine Western sind mannhaft und von edler Gesinnung." Hackett ist auch Verfasser der neuen Serie "Der Kopfgeldjäger". Sie erscheint exklusiv als E-book bei CassiopeiaPress. INHALT 37 Sterben in Silver Bell 38 Die Bande des Schreckens 39 Die Sprache der Gewalt 40 Blutspur nach Vado Hondo 41 Die Entrechteten 42 Seine Währung war heißes Blei 43 Hass pflastert den Weg zur Hölle 44 Die Rache des Comancheros 45 Wer den Wind sät ... 46 Die ohne Skrupel sind 47 Todestrail 48 Allgegenwärtig ist der Tod
LanguageDeutsch
Release dateAug 29, 2014
ISBN9783956172304
Gnadenloser McQuade - Zwölf Abenteuer in einem Band (Der Kopfgeldjäger - Western-Serie von Pete Hackett)

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    Gnadenloser McQuade - Zwölf Abenteuer in einem Band (Der Kopfgeldjäger - Western-Serie von Pete Hackett) - Pete Hackett

    Gnadenloser McQuade

    12 weitere Western von Pete Hackett

    Kopfgeldjäger-Sammelband (Band 37-48)

    Ein CassiopeiaPress E-Book

    © by Author www.Haberl-Peter.de

    © der Digitalausgabe 2013 by AlfredBekker/CassiopeiaPress

    www.AlfredBekker.de

    1. digitale Auflage 2014 Zeilenwert GmbH

    ISBN 9783956172304

    Inhalt

    Cover

    Titel

    Impressum

    Über den Autor

    Sterben in Silver Bell

    Die Bande des Schreckens

    Die Sprache der Gewalt

    Blutspur nach Vado Hondo

    Die Entrechteten

    Seine Währung war heißes Blei

    Hass pflastert den Weg zur Hölle

    Die Rache des Comancheros

    Wer den Wind sät …

    Die ohne Skrupel sind

    Todestrail

    Allgegenwärtig ist der Tod

    Über den Autor

    Unter dem Pseudonym Pete Hackett verbirgt sich der Schriftsteller Peter Haberl. Er schreibt Romane über die Pionierzeit des amerikanischen Westens, denen eine archaische Kraft innewohnt, wie sie sonst nur dem jungen G.F.Unger eigen war – eisenhart und bleihaltig. Seit langem ist es nicht mehr gelungen, diese Epoche in ihrer epischen Breite so mitreißend und authentisch darzustellen.

    Mit einer Gesamtauflage von über zwei Millionen Exemplaren ist Pete Hackett (alias Peter Haberl) einer der erfolgreichsten lebenden Western-Autoren. Für den Bastei-Verlag schrieb er unter dem Pseudonym William Scott die Serie Texas-Marshal und zahlreiche andere Romane. Ex-Bastei-Cheflektor Peter Thannisch: Pete Hackett ist ein Phänomen, das ich gern mit dem jungen G.F. Unger vergleiche. Seine Western sind mannhaft und von edler Gesinnung.

    Hackett ist auch Verfasser der neuen Serie Der Kopfgeldjäger. Sie erscheint exklusiv als E-book bei CassiopeiaPress.

    Sterben in Silver Bell

    McQuade zügelte auf der Anhöhe, über die der Weg führte, den Falben und beobachtete den Trauerzug, der sich zu dem eingezäunten Boot Hill bewegte, der sich etwa zweihundert Yards von der kleinen Stadt entfernt befand. Es handelte sich um ungefähr hundert Menschen, die den Sarg begleiteten. Er stand auf einem Wagen, der keine Bordwände besaß und der von einem schwarzen Pferd, das dem Anlass entsprechend geschmückt war, gezogen wurde. Ein hagerer Mann, der mit einem schwarzen Anzug bekleidet war und auf dessen Kopf ein Zylinder saß, führte den Rappen.

    Nachdem der Kopfgeldjäger den Eindruck, der sich seinem Blick bot, verarbeitet hatte, ruckte er im Sattel. »Hüh!« Das Pferd setzte sich in Bewegung. Gray Wolf, der große, graue Wolfshund, der sich auf die Hinterläufe niedergelassen hatte, erhob sich, streckte seinen muskulösen Körper, gähnte und trottete dann hinter dem Falben her.

    Im Schritttempo ritt McQuade auf die Ansammlung von Häusern, Schuppen, Scheunen und Stallungen zu. Die ganze Stadt war ohne besondere bauliche Ordnung errichtet worden. Am Stadtrand befanden sich die Corrals, Koppeln und Pferche, in denen die Nutztiere der Stadtbewohner untergebracht waren.

    Der Texaner passierte das hölzerne, verwitterte Ortsschild. Mit schwarzer Farbe, die schon abblätterte, war der Name der Stadt darauf gepinselt worden. Silver Bell. Alles mutete grau in grau und ärmlich an. Auf dem großen Platz zwischen den Häusern und Hütten gab es einen Brunnen mit einer gemauerten Einfassung und einer galgenähnlichen Vorrichtung mit einer Winde, von der ein Ledereimer hing. Einige Laubbäume spendeten um den Brunnen herum Schatten. Die Plaza war staubig. Auf einigen Fensterbänken standen Blumenkästen mit farbigen Geranien.

    Die Aufschrift auf einem hohen Schuppen wies McQuade darauf hin, dass es sich um den Mietstall handelte. Es gab auch einen Saloon, ein Hotel, einen Town Marshal, einen Store und einen Barber Shop. Sogar eine kleine Kirche mit einem spitzen Glockenturm hatten die Bewohner errichtet.

    Zwischen den Häusern und auf der Plaza war kein Mensch zu sehen. Silver Bell mutete an wie ausgestorben. Wahrscheinlich befand sich die gesamte Einwohnerschaft bei dem Begräbnis.

    McQuade ritt zum Mietstall und musste feststellen, dass das Tor verschlossen war. Auch der Saloon hatte geschlossen. McQuade lenkte den Falben zum Brunnen und saß ab. Die Winde quietschte durchdringend, als er einen Eimer voll Wasser in die Höhe hievte. Er stellte ihn vor das Pferd hin und das Tier steckte seine Nase in das kühle Nass. Gray Wolf legte sich auf den Boden und bettete den mächtigen Kopf zwischen die Vorderläufe. McQuade drehte sich eine Zigarette und rauchte sie, während der Falbe soff.

    Es war um die Mittagszeit und die Sonne stand hoch im Zenit. Die Hitze war mörderisch. McQuade kam von Tucson herüber. Er ritt auf der Fährte eines Mannes namens Ben Sturgess – eines Postkutschenräubers und Mörders. Sie führte von Tucson aus nach Westen. Sturgess war dem County Sheriff von Willcox tausend Dollar wert.

    Nachdem das Pferd seinen Durst gelöscht hatte, trank auch der Wolfshund, dann holte der Kopfgeldjäger frisches Wasser aus dem Brunnen und wusch sich Staub und Schweiß aus dem hohlwangigen, stoppelbärtigen Gesicht. Anschließend führte er das Pferd hinüber zum Saloon, band es an dem verkrümmten Holm fest, setzte sich auf dem Vorbau in den Schaukelstuhl und wartete. Gray Wolf legte sich zu seinen Füßen auf die Bohlen.

    Der Kopfgeldjäger musste sich über eine halbe Stunde gedulden, bis die Bürger in die Stadt zurückkehrten. Viele verschwanden in ihren Häusern. Einige bildeten kleine Gruppen, sie begannen zu debattieren und zu gestikulieren. Ein Mann mittleren Alters steuerte den Saloon an. Er stieg auf den Vorbau, heftete den Blick auf McQuade und sagte: »Tut mir leid, Fremder, wenn Sie warten mussten. Wir haben den Deputy des Town Marshals beerdigt. Alles, was in diesem Ort zwei Beine hat, war anwesend.«

    McQuade erhob sich. »Kein Problem. Ich bin nur auf dem Durchritt und wollte bei Ihnen lediglich etwas essen.«

    Der Salooner schloss die Sicherheitstür auf und schlug die beiden Flügel nach innen. McQuade folgte ihm in den Saloon. Es roch nach kaltem Tabakrauch und verschüttetem Bier. Auf die Frage des Salooners, was er trinken wollte, bat er um einen Krug voll Wasser. Und er bestellte sich ein Steak mit Bratkartoffeln.

    Weitere Männer kamen in den Saloon. Alle waren sonntäglich gekleidet. Neugierig und unverhohlen musterten sie den verstaubten Mann an einem der runden Tisch, dann begannen sie zu tuscheln. Nachdem McQuade gegessen hatte und rauchte, winkte er den Salooner zu sich heran. Er nahm den zusammengelegten Steckbrief von Ben Sturgess aus der Manteltasche, faltete ihn auseinander und zeigte ihn dem Mann. »Die Fährte des Banditen führt hierher«, erklärte der Kopfgeldjäger. »Hat er in Silver Bell Halt gemacht?«

    Der Salooner schaute sich eine ganze Weile das Bild auf dem Steckbrief an, dann schüttelte er den Kopf. »Nein, Sir, den habe ich nicht gesehen. Vielleicht war er in der Stadt und ich habe nur nicht darauf geachtet. Bei uns ist es in den vergangenen beiden Tagen drunter und drüber gegangen. Nachdem Ken Davis aus dem Jail ausgebrochen ist und Andy Ledden, den Deputy, erschoss, ist hier nichts mehr so wie früher.«

    »Der Mann, den Sie vorhin beerdigt haben, wurde erschossen?«

    »Ja. Andy hatte die Nachtwache im Marshal's Office übernommen. Sie müssen wissen, Ken Davis wartete im Gefängnis auf seinen Prozess, nachdem er vor drei Wochen hier im Saloon den alten Harrison erschoss. Obwohl Harrison bewaffnet war, nahm in der Marshal fest und klagte ihn wegen Mordes an. Brad Harrison war nämlich kaum in der Lage, seinen Revolver zu halten. Er hatte Gicht. Seine Hände waren voller Knoten. Und sicher hätte er auf zehn Schritte nicht mal ein Scheunentor getroffen.«

    »Woher hatte der Gefangene eine Waffe?«, fragte McQuade.

    Der Salooner zuckte mit den Achseln. »In der Stadt vermutet man, dass einer von Davis' Brüdern oder vielleicht auch sein Vater den Revolver in die Zelle schmuggelte. Was Genaues weiß man nicht. Der Marshal ist mit einem Aufgebot zur Davis Ranch geritten, aber dort war Ken nicht. Sie durchkämmten das Land in einem Umkreis von zehn Meilen nach ihm – erfolglos. Nun hat die Stadt fünfhundert Dollar Kopfgeld ausgesetzt. Wer Ken Davis tot oder lebend nach Silver Bell bringt, bekommt die Summe in bar ausgezahlt. Jeder Stadtbewohner hat seinen Teil dazu beigetragen. Der Marshal verwahrt die fünfhundert Bucks.«

    »Ich vermute, die Ranch gehört dem Vater des Burschen«, sagte McQuade.

    »Ja. Sie liegt in den Ausläufern der Santa Rosa Mountains, vier Meilen westlich von Silver Bell. Bei Scott Davis und seinen drei Söhnen handelt es sich um wenig erfreuliche Zeitgenossen. Die Ranch ist heruntergekommen und gewissermaßen dem Verfall preisgegeben. Die Kerle hausen dort wie die wilden Tiere. Wovon sie leben ist ungewiss.«

    »Wie kam es zu der Schießerei zwischen Ken Davis und Brad Harrison?«, erkundigte sich McQuade.

    »Ein harmloser Streit. Ken Davis war angetrunken. Im Laufe des Streits forderte er Harrison heraus. Als Harrison ablehnte, spuckte ihn Davis an und nannte ihn einen Feigling. Das führte dazu, dass Harrison zum Revolver griff. Nun, er brachte ihn nicht mal aus dem Holster …«

    Der Salooner verstummte, schwang halb herum und ging hinter den Tresen.

    *

    Zwei Stunden später lag vor McQuade die Davis Ranch. Langsam ritt er auf die heruntergekommenen Hütten zu. In einem Corral standen ein halbes Dutzend Pferde. Je näher der Texaner der Ranch kam, umso deutlicher wurde der desolate Zustand des Haupthauses, der Schuppen und des Stalles.

    Im Hof zerrte McQuade den Falben in den Stand, als aus dem Ranchhaus ein Mann trat. Er war mittelgroß und hager, ein wild wuchernder Bart von grauer Farbe verdeckte das Kinn und den Mund des Burschen. Die Kopfhaare waren ebenfalls grau und kurz geschoren.

    McQuade vermutete, dass er Scott Davis vor sich hatte. Um die Hüften des Ranchers lag ein Patronengurt, im Holster an der rechten Hüfte steckte ein langläufiger 45er.

    Scott Davis wirkte verwegen, hart gesotten und falkenäugig. Ein unstetes, unregelmäßiges Leben hatte unübersehbare Spuren in seinem eingefallenen, faltigen Gesicht hinterlassen. Der Blick, mit dem er den Kopfgeldjäger fixierte, war stechend. Sein Unterkiefer bewegte sich unablässig, als würde er etwas kauen. »Was wollen Sie?«

    »Ich stieß zufällig auf die Ranch«, versetzte McQuade. »Meine Tiere haben Durst, meine Wasserflasche ist leer. Ich dachte …«

    Davis wies zum Brunnen am Hofrand. »Bedienen Sie sich.« Das schwelende Misstrauen in seinen Augen entging McQuade nicht. Der Kopfgeldjäger ahnte, dass an den Fenstern die Söhne des Ranchers mit Gewehren im Anschlag standen. Der Texaner hob das rechte Bein über das Sattelhorn und ließ sich vom Pferd gleiten, nahm den Falben am Kopfgeschirr und führte ihn zum Brunnen. Gray Wolf glitt neben seinem Herrn her.

    Langsam näherte sich Scott Davis. McQuade holte einen Eimer voll Wasser aus dem Brunnen und stellte ihn vor das Pferd hin. Zwei Schritt von ihm entfernt blieb Davis stehen und verschränkte die Arme vor der Brust. »Sie sehen aus wie ein Satteltramp«, stieß der Rancher hervor. »Darf man fragen, woher Sie kommen?«

    »Von Tucson herüber. Ein besonderes Ziel habe ich nicht.«

    »Für einen Satteltramp sind Sie aber viel zu gut bewaffnet«, knurrte Davis. »Machten Sie auf Ihrem Ritt nach Westen in Silver Bell Station?«

    »Silver Bell?«

    »Eine kleine Stadt, vier Meilen weiter östlich.«

    »Scheinbar bin ich daran vorbeigeritten«, gab McQuade zu verstehen. Gelassen ertrug er den forschenden, einschätzenden Blick des heruntergekommenen Ranchers. Irgendwie, fand der Texaner, stand dem Kerl die Verkommenheit ins Gesicht geschrieben. »Wohnen Sie alleine hier?«, fragte er.

    »Mit meiner Frau und meinen Söhnen. Ich habe drei. Mein Ältester ist im Moment allerdings nicht in der Gegend. – Ist das ein echter Wolf?« Davis wies mit dem Kinn auf Gray Wolf.

    »Ein Wolfshund«, antwortete McQuade. »Er ist mir unten an der Grenze zugelaufen und ein guter Partner geworden.«

    »Na schön, Mister. Wir wollen hier keine Fremden. Wenn also Ihre Tiere gesoffen und Sie Ihre Canteen aufgefüllt haben, dann sollten Sie weiterreiten.«

    »Natürlich«, murmelte McQuade. »Ich will Sie nicht stören.«

    Wenige Minuten später ritt der Kopfgeldjäger in westliche Richtung von der Ranch. Er hatte sich ein Bild von Scott Davis machen können. Ganz sicher gehörte der Rancher nicht zur ehrenwerten, rechtschaffenen und gottesfürchtigen Sorte. Davis war sich selbst der Nächste. Seine Spezies verschwendete keinen Gedanken an die Vergangenheit, sie dachte auch nicht an die Zukunft – sie lebte ausschließlich in der Gegenwart. Nur der Augenblick war wichtig. Von Scott Davis war so etwas ein animalischer Geruch ausgegangen, ein Strom von Härte, Kompromisslosigkeit und unerbittlicher Brutalität. McQuade hatte sich auf dem rauchigen Pfad, den er ritt, genug Menschenkenntnis angeeignet, um einen Mann einzustufen. Und ihm war klar, dass es sich Scott Davis um einen zweibeinigen Wolf handelte.

    Hügeliges Terrain nahm den Texaner, den ein ungnädiges Schicksal ins Arizona-Territorium verschlagen hatte, auf. Aus den Hügelflanken und –kuppen erhoben sich Felsen in allen Grüßen und Formen. Dazwischen wuchsen dorniges Strauchwerk und Büschel harten, trockenen Grases. McQuade lenkte den Falben einen Abhang hinauf. Unterhalb des Hügelkammes saß er ab, band das Pferd an einen Strauch, zog das Gewehr aus dem Scabbard und stieg die letzten Yards empor. Gray Wolf wich ihm nicht von der Seite. Aus dem Schutz eines Felsens, der zugleich Schatten spendete, beobachtete der Kopfgeldjäger die Ranch.

    Seine Geduld wurde auf keine allzu große Probe gestellt. Nach zwanzig Minuten etwa sah er einen Reiter, der die Ranch in nordwestliche Richtung verließ. Als er zwischen den Hügeln verschwunden war, lief der Kopfgeldjäger zu seinem Pferd, band es los, warf sich in den Sattel und trieb das Tier an. »Go on, Partner!«

    Aber Gray Wolf wäre dem Texaner auch ohne diesen Befehl gefolgt. Im Schutz der Hügel ritt McQuade zu der Stelle, an der er den Reiter zwischen den Abhängen verschwinden sah. Und es gelang ihm, die Spur aufzunehmen. Er saß bei einem Hufabdruck ab, den das Pferd im Sand hinterlassen hatte, und ging auf die Hacken nieder. Gray Wolf drängte sich an ihn und fiepte leise. Der Kopfgeldjäger legte seine flache Hand auf den Hufabdruck und sagte leise: »Hier, Partner.« Gray Wolf senkte seine Nase über die Hand, die der Mann nun zurückzog. Der Wolfshund schnupperte an der Fährte. »Such, Partner!«, stieß McQuade hervor und schwang sich in den Sattel.

    Gray Wolf bellte einmal, dann lief er – die Nase dicht über dem Boden – vor dem Falben her. Das Terrain wurde felsig. Geröll lag überall herum und es gab große Inseln aus Kies, die vollkommen frei von Vegetation waren. Zu beiden Seiten des Kopfgeldjägers erhoben sich jetzt zerklüftete Felsen, an deren Basis nur noch wilder Lorbeer, Thymian und verkrüppelte Dornenbüsche wuchsen.

    Vor McQuade öffnete sich eine Schlucht. Sie hatten etwa vier Meilen zurückgelegt. Eine Stunde mochte vergangen sein, seit er die Spur aufgenommen hatte. Der Eingang in die Schlucht war schmal. Gray Wolf lief direkt darauf zu. Ein in vielen Gefahren geprägter Instinkt warnte McQuade. Es war ein untrügliches Gefühl, das ihm sagte, dass vor ihm zwischen den Felsen möglicherweise das Unheil lauerte. Er parierte den Falben und pfiff Gray Wolf zurück.

    Der Kopfgeldjäger entschloss sich. Mit einem Schenkeldruck trieb er den Falben an, nahm ihn aber etwas herum und ritt nicht zum Maul der Schlucht, sondern folgte der Felsenkette nach Norden, bis er eine Möglichkeit zum Aufstieg fand. Es war eine Rinne, deren Boden von Geröll übersät war. McQuade saß ab und führte das Pferd. Die Hufe krachten und klirrten auf dem Felsgestein. Manchmal löste sich ein Steinbrocken und polterte ein Stück hangabwärts. Das Pferd stemmte die Hinterbeine gegen das Zurückgleiten und schnaubte mit geblähten Nüstern.

    Der Weg wurde immer beschwerlicher. Mit den glatten Ledersohlen der Reitstiefel fand McQuade nur unzureichend Halt auf dem steinigen Untergrund. Die hohen Absätze waren ausgesprochen hinderlich. Bald rann ihm der Schweiß über das Gesicht und hinterließ helle Spuren in der Schicht aus Staub auf seiner Haut.

    Aber McQuade gab nicht auf. Es war anstrengend. Seine Füße wurden schwer wie Blei. Jeder Schritt kostete ihn Überwindung. Der Schweiß brannte in seinen Augen. Schließlich kam er ziemlich außer Atem oben an. Er trank einen Schluck aus der Canteen, schüttete etwas Wasser in die Krone seines Hutes und ließ das Pferd saufen, und dann durfte auch Gray Wolf seinen Durst löschen.

    Sie befanden sich auf einem Hochplateau. Felsen erhoben sich ringsum. Ein heißer Südwind trieb den Staub dicht über dem Boden vor sich her. Die Sonne stand im Südwesten und mutete an wie eine zerfließende Scheibe aus Weißgold. McQuade musste nach Süden, wenn er den Rand der Schlucht erreichen wollte, in die die Spur führte, der zu folgen ihn aber eine innere Stimme gewarnt hatte.

    Atmung und Herzschlag normalisierten sich wieder. Der Kopfgeldjäger stieg in den Sattel und ritt an. Er zog sich den Hut tief in die Stirn, damit die Krempe seine Augen vor dem blendenden Sonnenlicht schützte. Die Hufe pochten gleichmäßig, manchmal klirrte die Gebisskette.

    Der Texaner erreichte den Rand der Schlucht und folgte ihm nach Westen. Der Grund der Schlucht lag tief unter McQuade im Schatten. An manchen Stellen traten die Felsen weit auseinander, dann rückten sie wieder eng zusammen. Es war wie ein riesiges Grab des Schweigens, in das der Kopfgeldjäger schaute und in dem wahrscheinlich nur Eidechsen und Skorpione ihr Unwesen trieben.

    McQuade sagte sich, dass die Schlucht ein ideales Versteck für einen Mann war, der sich verkriechen musste wie ein waidwundes Tier, weil auf ihn der Schatten des Galgens fiel.

    *

    Als McQuade den Reiter sah, der aus einer dieser Engstellen kam, riss er den Falben in den Stand, saß ab und zerrte das Pferd vom Schluchtrand weg. Nachdem er den langen Zügel um den Ast eines Comastrauches geschlungen hatte, kehrte er zu Fuß zu dem steilen Abbruch zurück, beugte sich etwas nach vorn schaute in die Tiefe. Er erkannte den Mann an der Kleidung. Es war der Reiter, den er beobachtete, als er die Davis Ranch verließ. Er hatte den Weg zurück zur Ranch wieder unter die Hufe seines Braunen genommen.

    Kein Geräusch drang zu McQuade herauf. Der Reiter verschwand um einen Knick der Schlucht aus dem Blickfeld des Kopfgeldjägers. Dieser lief zu seinem Pferd und wenig später zog er weiter am Rand der Schlucht entlang nach Westen.

    Die Felswände traten auseinander. Die Schlucht war an dieser Stelle an die fünfzig Yards breit. Ein kleiner Teich hatte sich an der Basis der Feldwand, die den tiefen Spalt nach Süden begrenzte, gebildet. Er wurde von einer Quelle gespeist, deren Wasser in etwa zehn Fuß Höhe aus dem Fels sprudelte und in dünnen Kaskaden in die Tiefe stürzte. Um den Teich herum wuchsen Sträucher und Gras.

    Neben dem Teich sah McQuade ein kleines Zelt. Ein Pferd war mit einem Lasso an einem Strauch festgebunden. So hatte es einen genügend großen Radius, um zu grasen und zu saufen.

    Dem Kopfgeldjäger war klar, dass er das Versteck Ken Davis' gefunden hatte. Der Reiter, dem er, McQuade, gefolgt war, hatte ihm entweder Proviant gebracht oder er hatte ihn vor dem fremden Reiter mit dem großen, grauen Wolfshund gewarnt. Scott Davis, der Vater des Deputymörders, hatte kein Hehl aus seinem Misstrauen gemacht.

    Das Gelände senkte sich ab. McQuade hatte das Rim, das von der Schlucht geteilt wurde, überquert und suchte nun nach einem Abstieg. Es war ein natürlicher Pfad, der zwischen bis zu haushohen Felsen in die Tiefe führte. Der Abstieg war mindestens ebenso anstrengend wie der Aufstieg. Immer wieder scheute der Falbe zurück. Er fürchtete sich vor der Tiefe. Es wurde erst besser, als ihm McQuade mit seinem Halstuch die Augen verband. Sie kamen heil unten an und McQuade konnte dem Tier das Tuch wieder abnehmen. Nach einer kurzen Verschnaufpause schwang sich der Texaner in den Sattel und ritt von Westen her in die Schlucht hinein. Gray Wolf glitt lautlos neben dem Pferd her. Die lange Zunge hing dem Wolfshund seitlich aus dem Maul.

    Als McQuade befürchten musste, dass Ken Davis die Hufschläge hörte, ließ er das Pferd zurück. Mit der geladenen Henry Rifle in den Händen pirschte er dicht an der Felswand weiter. Schließlich hatte er den kleinen Teich vor sich. Von Ken Davis war nichts zu sehen. Wahrscheinlich befand er sich im Zelt. Das Pferd des Banditen graste.

    »Okay, Partner«, presste McQuade zwischen den Zähnen hervor. »Schnappen wir uns den Hombre.«

    Er glitt weiter. Zwei – drei Schritte. Plötzlich hob das Pferd des Banditen den Kopf und witterte in die Richtung, aus der sich der Kopfgeldjäger und Gray Wolf näherten. Das Tier spielte erregt mit den Ohren, blähte die Nüstern und prustete, dann wieherte es hell, fast trompetend. Es hatte die Witterung des Wolfshundes aufgenommen …

    Ein Mann kroch aus dem Zelt, richtete sich auf und stand geduckt, wie sprungbereit da. Mit beiden Händen hielt er eine Henrygun schräg vor der Brust. Sein gehetzter Blick sprang in die Runde. Seine Lippen waren in der Anspannung zu einem dünnen, blutleeren Strich zusammengepresst.

    McQuade jagte eine Kugel über seinen Kopf hinweg. Für den Bruchteil einer Sekunde staute sich der donnernde Knall zwischen den Felsen. McQuades klirrende Stimme erklang: »Lass das Gewehr fallen und heb die Hände, Davis! Solltest du mich zwingen, ein weiteres Mal zu schießen, halte ich einige Handbreit tiefer.«

    McQuades Stimme verhallte. Ken Davis schien zu einer Salzsäule erstarrt zu sein. Weiß traten die Knöchel unter der Haut hervor, so sehr hatten sich seine Hände um Kolbenhals und Schaft des Gewehres verkrampft. Seine Kiefer mahlten.

    »Wird's bald!«, peitschte McQuades stählern klingende Stimme.

    Schließlich überwand sich Ken Davis, öffnete die Hände und ließ das Gewehr fallen.

    »Und jetzt den Revolver!«, gebot der Kopfgeldjäger.

    Wieder schien der Bandit sekundenlang unschlüssig zu sein, ob er den Befehl befolgen sollte. Schließlich aber zog er den Sechsschüsser aus dem Holster und schleuderte ihn neben das Gewehr auf den Boden. Dann hob er die Hände.

    »Gib acht, Partner!«, knurrte McQuade und setzte sich in Bewegung. Das Gewehr an der Hüfte im Anschlag näherte er sich dem Banditen. Auch der Wolfshund glitt auf Ken Davis zu, blieb zwei Schritte vor ihm mit aufgestellten Nackenhaaren stehen, fletschte die Zähne und knurrte drohend.

    Fast ängstlich beobachtete der Bandit kurze Zeit den Hund, als es dieser aber bei seiner drohenden Haltung beließ, richtete er den Blick auf den Kopfgeldjäger. McQuade schaute in ein von Verworfenheit und Niedertracht geprägtes Gesicht mit tagealten Bartstoppeln. Ihm entgingen nicht die Heimtücke im Blick des Banditen und das abwartende Lauern. »Wer bist du?«, fragte Ken Davis. Er sprach abgehackt, seine Stimme klang belegt.

    »Hat dir dein Bruder nicht von mir erzählt?« McQuade war vorsichtig. Davis würde jede noch so kleine Chance wahrnehmen. Er fühlte sich in die Enge getrieben, er war unberechenbar und sicher tödlich gefährlich.

    »Du hast meinem Vater Sand in die Augen gestreut, Hombre«, knirschte Davis. »Er wird dir dafür das Fell über die Ohren ziehen.«

    »Spar dir derartige Drohungen, mein Freund«, knurrte McQuade. »Ich bringe dich nach Silver Bell und übergebe dich dort dem Town Marshal.«

    »Sage mir deinen Namen.«

    »McQuade.«

    Davis kniff die Augen zusammen. »Ich habe von einem verdammten Bluthund gehört, der McQuade heißt und der für harte Dollars Männer jagt. Bist du dieser Mister?«

    »Ja. Allerdings muss ich dich verbessern, mein Freund. Ich jage für harte Dollars Verbrecher – Mörder, Räuber und Vergewaltiger. Ein redlicher Mann hat von mir nichts zu befürchten. – Dreh dich um und lege die Hände auf den Rücken.«

    »Ich habe in Silver Bell dem alten Andy Ledden eine Kugel verpasst. Er ist an dem Stück Blei gestorben. Wenn du mich in die Stadt bringst, werden sie mich lynchen.«

    »Ich weiß es nicht. Sobald ich dich dem Town Marshal übergeben habe, ist mein Job erledigt. Aber es ist wohl so, dass du auf jeden Fall am Strick enden wirst. Ob mit richterlicher Zustimmung oder nicht – es wird für dich keine Rolle spielen.«

    Es hatte mitleidlos geklungen. McQuade zeigte nicht die Spur einer Gemütsregung. Für diesen Menschenschlag konnte er keine Gefühle aufbringen. Männer wie Ken Davis waren aus Sicht des Kopfgeldjägers animalischen Trieben gehorchende Individuen, charakterlos und von niedriger Gesinnung.

    »Sie wollten mich wegen Mordes vor Gericht stellen!«, brach es über die Lippen des Banditen. Seine Augen funkelten gehässig. »Als ich Brad Harrison erschoss, war das Notwehr. Noch nie ist ein Mann vor dem Richter gelandet, weil er im Kampf einen anderen tötete. Mir aber versicherte Wayne Adams, der dreckige Sternschlepper, dass man mir für den Schuss auf Harrison den Hals lang ziehen würde.«

    »Du hast einen alten Mann gedemütigt, und als er deine Demütigungen nicht länger ertragen wollte, hast du ihn eiskalt und ohne mit der Wimper zu zucken abgeknallt. Wer hat dir eigentlich den Revolver zugespielt, mit dem du den Deputy ermordet hast?«

    Der Bandit spuckte geringschätzig aus. »In der Nacht erschien mir eine Fee«, schnarrte er. »Sie brachte mir das Eisen.«

    »Okay, Davis. Dreh dich um!«

    Wie von Schnüren gezogen kam der Bandit dem Befehl nach. McQuade nahm ein Handschellenpaar aus der Tasche seines braunen, zerschlissenen Staubmantels und fesselte Ken Davis' Hände auf den Rücken.

    »Mein Vater und meine Brüder lassen nicht zu, dass ich aufgehängt werde!«, prophezeite er grollend. »Ehe es so weit kommt, brennen sie Silver Bell nieder.«

    *

    Es war Nacht, als McQuade mit seinem Gefangenen die Stadt erreichte. Aus dem einen oder anderen Fenster fiel noch Licht. Auch der Saloon hatte noch geöffnet. McQuade ritt zum Marshal's Office. Hinter dem Fenster war es dunkel. Der Kopfgeldjäger saß ab und versuchte die Tür zu öffnen. Sie war verschlossen. Er führte die Pferde schräg über die Plaza zum Saloon, band sie am Hitchrack fest und stieß hervor: »Absitzen, Davis.«

    »Zur Hölle mit dir, McQuade! Sie werden nicht lange fackeln und mich …«

    »Runter vom Pferd!« McQuade zog das Gewehr aus dem Scabbard. Das Gewehr des Banditen hatte er in seine Deckenrolle geschoben. Davis' Colt befand sich in einer seiner Satteltaschen.

    »Weder du noch der Marshal werden es verhindern können!«, zeterte der Bandit. Im vagen Licht, das aus den beiden Frontfenstern und der Tür des Saloons fiel, nahm McQuade wahr, wie die Angst vor der aufgebrachten Bürgerschaft in den Zügen des jungen Banditen wütete.

    McQuade konnte kein Mitleid empfinden. Davis hatte eiskalt und skrupellos Leben ausgelöscht. Für den Texaner war er die Luft nicht wert, die er atmete. Mit einem Schritt war er bei dem Burschen. Seine linke Hand zuckte in die Höhe, verkrallte sich im Hemd des Banditen, ein Ruck, und Davis krachte aufbrüllend in den Staub. Der Kopfgeldjäger zerrte ihn auf die Beine, bugsierte ihn die Stufen zum Vorbau hinauf und dann in den Schankraum.

    Sofort brachen sämtliche Gespräche ab. Es waren etwa ein Dutzend Männer, die Ken Davis und den Texaner anstarrten. An Davis' Kleidung und in seinem Gesicht klebte der Staub der Plaza. Die Mienen verhärteten sich. In die stechenden Augen trat der Ausdruck von Mitleidlosigkeit. Eine tiefe Stimme grollte: »Sieh an, der Deputymörder. Du siehst ziemlich jämmerlich aus, Davis. Wo ist denn deine Großspurigkeit geblieben, die du an den Tag legtest, als du dem armen Brad Harrison einen aussichtslosen Kampf aufgezwungen hast?«

    Drohendes Gemurmel erhob sich. Die kalte Feindseligkeit, die die Männer verströmten, berührte Ken Davis wie ein eisiger Hauch. Er erschauerte und die Panik stieg wie ein Schrei in ihm auf. Wie tödliches Fieber jagte die Angst durch seine Blutbahnen, verzerrte sein Denken und ließ sein Herz rasen.

    McQuade ließ seine Stimme erklingen. »Hole jemand den Marshal, damit ich ihm den Gefangenen übergeben kann.«

    »Wir brauchen keinen Marshal!«, schnarrte einer. »Darum holen wir nicht Wayne Adams, sondern lediglich einen soliden Strick, mit dem wir dieses Stück Dreck an den nächsten Baum hängen.«

    Wieder erhob sich Gemurmel – zustimmendes, unheilvolles Geraune, und die Männer an den Tischen erhoben sich wie auf ein geheimes Kommando. Ein Strom von Unerbittlichkeit und unumstößlicher Entschlossenheit ging von ihnen aus. Ken Davis duckte sich. Er stand da wie ein Mann, der sich im nächsten Moment herumwerfen und die Flucht ergreifen würde. In seinen Augen irrlichterten das Grauen und das Entsetzen, vielleicht sogar Verzweiflung.

    »Solange sich Davis in meiner Gewalt befindet, werdet ihr die Hände von ihm lassen!«, kam es hart, furchtlos und unerschrocken von McQuade. »Und jetzt sagt dem Marshal Bescheid. Ich werde mit Davis hier auf ihn warten.«

    Als keiner Anstalten machte, den Saloon zu verlassen, um Wayne Adams zu holen, meldete sich der Salooner zu Wort. Er rief: »Stellt euch nicht so an! Ihr wisst genau, dass auch Wayne keinen Lynchmord dulden würde. Mitch!«

    Ein Bursche von höchstens einundzwanzig Jahren antwortete: »Was willst du, Bart?«

    »Hol den Marshal!«

    »Aber …«

    »Hol ihn! Denkt an Ken Davis' Sippschaft, Leute! Wollt ihr von Scott Davis und seinen verkommenen Söhnen zur Rechenschaft gezogen werden, nur weil ihr euch an diesem niederträchtigen Subjekt die Hände schmutzig gemacht habt?«

    In die Augen des einen oder anderen trat nach diesen mahnenden Worten des Salooners ein grüblerischer Ausdruck. Die Verkrampfungen in den Gesichtern lösten sich. Einer knurrte schließlich: »Mach schon, Mitch, hol den Marshal.«

    Der Bursche verschwand. Die Männer setzten sich wieder an die Tische. McQuade dirigierte seinen Gefangenen ebenfalls zu einem Tisch und befahl ihm, sich zu setzen.

    Zehn Minuten später erschien Wayne Adams, der Town Marshal. Mit einem zufriedenen Ausdruck im Gesicht sagte er: »Wenn ich mir nicht sicher war, Davis, dass dich der Richter nach dem Mord an Brad Harrison unter den Galgen geschickt hätte – jetzt, nachdem du Andy Ledden umgebracht hast, bin ich es.«

    »Mein Vater und meine Brüder …«

    Die Linke des Marshals fuhr unduldsam durch die Luft: »Ein zweites Mal werden sie keine Gelegenheit bekommen, dir einen Revolver durchs Fenster in die Zelle zu schmuggeln. Ich werde morgen Früh die Anklage gegen dich schriftlich fixieren und ein Bote wird sie nach Tucson zum Bezirksgericht bringen. Zugleich werde ich das Gericht ersuchen, umgehend einen Richter nach Silver Bell zu schicken.«

    Ken Davis knirschte mit den Zähnen.

    Der Town Marshal wandte sich an McQuade. »Vielen Dank, Mr. McQuade. Helfen Sie mir, Davis ins Jail zu bringen?«

    McQuade nickte.

    Als der Bandit hinter Schloss und Riegel war und sich der Gesetzeshüter und der Kopfgeldjäger im Office befanden, sagte Wayne Adams: »Scott Davis und seine Söhne werden sehr bald wissen, dass sich Ken in meiner Gewalt befindet, und sie werden hier aufkreuzen. Ist es zuviel verlangt, wenn ich Sie bitte, noch ein paar Tage in Silver Bell zu bleiben? Von den Bürgern dieser Stadt habe ich schätzungsweise keine Hilfe zu erwarten. Wenn es hart auf hart gehen sollte, ziehen sie allesamt die Schwänze ein. Ihr Einsatz wäre umsonst gewesen, McQuade, wenn es Scott Davis und seinen Söhnen gelingt, Ken aus dem Jail zu holen.«

    Ohne große Begeisterung fixierte McQuade den Town Marshal. »Ich bin auf der Fährte eines steckbrieflich gesuchten Banditen nach Silver Bell gekommen«, erklärte er dann. »Und mit jeder Stunde, die ich länger hier verweile, gewinnt der Schuft an Vorsprung.«

    »Es gilt auch hier, dem Recht Geltung zu verschaffen, McQuade. Unter dieser Prämisse ziehen Sie doch durchs Land und jagen irgendwelche Kerle, die Recht und Gesetz mit Füßen treten. Ken Davis ist ein Mörder. Er hat zwei Männer kaltblütig abgeknallt. Brad Harrison erschoss er aus reiner Mordlust, meinen Deputy, um sich seiner gerechten Bestrafung zu entziehen. Er muss zur Rechenschaft gezogen werden. Aber ich werde ganz alleine dastehen, wenn Scott Davis mit seinem Anhang kommt. Vermutlich wird auch Doug Milton mit von der Partie sein. Er ist der Schwager des alten Davis und Kens Onkel. Ein Coltschwinger der übelsten Sorte; niederträchtig, heimtückisch, unberechenbar und tödlich wie Schlangengift.«

    McQuade entschloss sich von einem Augenblick zum anderen, nickte und sagte: »All right, Marshal, ich bleibe hier. Sie haben recht. Ken Davis darf nicht leer ausgehen.«

    *

    Am übernächsten Tag gegen Mittag, als McQuade im Saloon zu Mittag aß, kam der Town Marshal in den Schankraum, steuerte McQuades Tisch an, setzte sich und sagte: »Soeben ist der Mann, den ich mit der Anklageschrift nach Tucson schickte, zurückgekehrt. Der Richter wird heute Nachmittag um 6 Uhr mit der Stagecoach in Silver Bell ankommen und er will morgen schon gegen Ken Davis verhandeln.«

    »Fein«, versetzte McQuade. »Wenn Davis zum Tode verurteilt werden sollte – wo wird das Urteil vollstreckt? In Tucson oder hier in Silver Bell?«

    »Hier, auf der Plaza.«

    »Dagegen werden Scott Davis und seine Verwandtschaft einiges einzuwenden haben«, gab McQuade zu bedenken. »Ich kann nicht ewig in Ihrer Stadt bleiben, Marshal. Vielleicht sollten Sie doch mit einigen Leuten sprechen. Es gibt genug Männer in dem Ort, die eine Waffe halten können. Die Davis-Sippschaft kommt zu viert. Wenn sich die waffenfähigen Männer der Stadt zusammenschließen, blasen sie das Quartett auf den Mond.«

    »Ich kann es mal versuchen, doch glaube ich nicht, dass auch nur einer ein Risiko eingeht. Sie werden sich darauf berufen, dass sie mich bezahlen und dass es mein Job sei, Ärger innerhalb der Stadtgrenzen im Keim zu ersticken.«

    »Das wäre jämmerlich«, knurrte McQuade.

    Der Marshal setzte an, um zu antworten, als auf der Plaza vier Reiter in sein Blickfeld zogen. Sein Mund verkniff sich, ein Schatten schien über sein Gesicht zu huschen, dann knirschte er: »O verdammt! Wenn man vom Teufel spricht …«

    McQuade hatte den Kopf gedreht und schaute ebenfalls durch das Frontfenster nach draußen. Er erkannte Scott Davis. Der grauhaarige, hagere Rancher hockte zusammengesunken auf dem Pferd, die Henry Rifle hielt er in der rechten Hand, er hatte sie quer über dem Widerrist des Pferdes liegen.

    Die beiden jungen Kerle, beide Mitte zwanzig, konnten nur seine Söhne sein. Sie waren mit Revolvern bewaffnet, in den Scabbards an ihren Sätteln steckten Gewehre.

    Der vierte Mann war in Scott Davis' Alter. Auch er war hager, und auch seine Haare waren grau. Sie quollen allerdings dicht unter dem breitrandigen Stetson hervor und fielen bis auf die Schultern des Burschen. Im offenen Holster an seinem linken Oberschenkel steckte ein 45er Coltrevolver, aus dem Sattelschuh ragte der glatte Kolben einer Henrygun. McQuade sagte sich, dass es sich um Doug Milton handeln musste, den der Marshal als üblen Gunslinger beschrieben hatte.

    »Sieht ganz so aus, als würde der Tanz beginnen«, entrang es sich Wayne Adams. Von ihm ging plötzlich fiebernde Unruhe aus, Rastlosigkeit prägte sein Gesicht, in seinen Augen nahm McQuade ein nervöses Flackern wahr.

    McQuade schwieg und beobachtete die Reiter, die Steigbügel an Steigbügel über die breite Plaza kamen und sich dem Saloon näherten. Sie erreichten den Holm, schwangen sich von den Pferden und leinten sie an. Wortfetzen waren im Schankraum zu vernehmen, dann riefen harte Absätze auf den Vorbaubohlen ein dröhnendes Hämmern wach. Im nächsten Moment flogen die Türpendel auseinander und die vier Kerle drängten in den Saloon. Knarrend und Quietschend schlugen die Batwings der Tür hinter ihnen aus. Als wären sie gegen eine unsichtbare Wand gelaufen blieben sie abrupt stehen, als sie McQuade und den Town Marshal wahrnahmen. Sekundenlang war es still im Saloon – totenstill, und man hätte sicher die berühmte Stecknadel fallen hören können.

    In die von Lasterhaftigkeit gezeichneten Gesichter der vier Ankömmlinge schlich sich ein böser Ausdruck, die Augen glitzerten wie Reptilienaugen, die jähe Feindschaft, die von ihnen ausging, war wie ein höllischer Atem. Scott Davis sprengte die Stille, als er klirrend rief: »Sieh an, der Satteltramp mit dem Wolfshund! Und der Sternschlepper, der meinen Jungen unbedingt am Galgen sehen will.«

    Wayne Adams gab sich einen Ruck, räusperte sich und erwiderte mit erzwungener Festigkeit im Tonfall: »Ken hat zwei Männer ermordet. Auf Mord kennt das Gesetz nur eine Antwort. Sie werden es nicht verhindern können, Davis.«

    Scott Davis lachte giftig auf. »Ken ist mein Fleisch und Blut. Darum werde ich verhindern, dass ihm jemand einen Strick um den Hals legt. Das ist ein Versprechen, Marshal. Ich werde jetzt ein Bier trinken. Und dann möchte ich mit Ken sprechen. Du kannst es mir nicht verwehren.«

    »Er ist Ihr Sohn, Davis«, versetzte Wayne Adams. »Kommen Sie alleine und ohne Waffen ins Office. Wenn Sie sich an die Regeln halten, steht Ihrem Besuch bei Ken nichts entgegen.«

    Scott Davis' Blick verkrallte sich an McQuade. »Wir hätten dich, als du bei uns auf der Ranch erschienen bist, mit einem Stück Blei vom Gaul pusten sollen, Satteltramp. Aber keine Sorge: Wir werden das nachholen. Man wird hier in Silver Bill sechs Fuß Erde über dich häufen.«

    Mit dem letzten Wort setzte sich Scott Davis in Bewegung und stakste zum Schanktisch. Seine Söhne und sein Schwager folgten ihm. »Gib uns Bier!«, fuhr Scott Davis den Salooner an.

    Der Town Marshal nagte an seiner Unterlippe. Plötzlich nickte er McQuade zu, dann machte er kehrt und strebte dem Ausgang zu. Als er verschwunden war und seine Schritte auf dem Vorbau verklungen waren, erhob sich McQuade. Gray Wolf glitt unter dem Tisch hervor, wo er gelegen hatte, dehnte sich und folgte dann seinem Herrn, der sich ebenfalls der Pendeltür zugewandt hatte.

    Scott Davis' Stimme holte ihn ein: »He, Sattelstrolch!«

    Der Kopfgeldjäger hielt an. Ohne sich umzudrehen stieß er mit klingender, präziser Stimme hervor: »Mein Name ist McQuade. Haben Sie gehört, Davis, nicht Satteltramp oder Sattelstrolch, sondern McQuade. Sie sollten sich den Namen merken.«

    »Schön, McQuade. Ich werde ihn auf dein Grabkreuz pinseln lassen. Und deinen Köter werde ich hinter dir herschicken.«

    Ohne etwas zu erwidern schritt McQuade zum Ausgang, trat ins Freie und begab sich zum Hotel, wo er ein Zimmer gemietet hatte. Vom Fenster des Zimmers aus beobachtete er die Plaza. Es dauerte nicht lange, dann sah er Scott Davis den Saloon verlassen und in Richtung des Marshal's Office marschieren. Nicht ein einziger Stadtbewohner ließ sich blicken. Sicherlich drückten sie sich an den Fenstern ihrer Häuser die Nasen platt – aber sie hüteten sich, ihre Behausungen zu verlassen und vielleicht Opfer der wechselvollen Stimmung des hartbeinigen Rudels, das Silver Bell heimgesucht hatte, zu werden.

    Scott Davis verschwand im Office.

    Aus dem Saloon kam ein weiterer Mann, ging bis zum Vorbaugeländer und blieb breitbeinig stehen. Es war Doug Milton, der alte Revolverschwinger. Er legte die Hände auf die Querstange des Geländers und schaute umfassend in die Runde. McQuade sagte sich, dass dieser Bursche der gefährlichste von allen vieren war. Der Geruch von Pulverdampf und Blei haftete ihm an.

    Die Pferde des Quartetts standen in der prallen Hitze am Holm und peitschten mit den Schweifen nach den lästigen Blutsaugern, die auf ihren Flanken herumkrochen.

    Nach einiger Zeit kam Scott Davis zurück. Auf dem Vorbau des Saloons empfing ihn Doug Milton. Die beiden sprachen kurz miteinander, dann betraten sie den Schankraum und McQuade konnte sie nicht mehr sehen. Er verließ das Hotel durch den Hinterausgang und klopfte wenig später an die Hintertür des Gebäudes, in dem das Marshal's Office und das Gefängnis untergebracht waren.

    Hinter der Tür waren Schritte zu hören, dann erklang die Stimme des Town Marshals: »Wer ist da?«

    »McQuade.«

    Ein Riegel knirschte rostig, die Tür wurde aufgezogen, Wayne Adams trat zur Seite und ließ den Kopfgeldjäger und Gray Wolf an sich vorbei, drückte die Tür wieder zu und schlug den Riegel in die Halterung.

    »Ich habe einen Fehler gemacht«, stieß der Marshal hervor, ging hinter den Schreibtisch und ließ sich schwer auf seinen Stuhl fallen. »Einen dummen Fehler. Und wenn Sie nicht zu mir gekommen wären, McQuade, dann hätte ich Sie im Hotel aufgesucht. Sie müssen der Kutsche entgegenreiten, die der Richter für die Fahrt nach Silver Bell benutzt.«

    McQuade kniff die Augen zusammen, über seiner Nasenwurzel bildeten sich zwei senkrechte Falten, sein Blick drückte Ungläubigkeit aus. »Sie haben dem Halunken doch nicht erzählt, dass der Richter noch heute mit der Stagecoach von Tucson herüber kommt?«

    »Ich habe es Ken Davis gesagt«, knurrte der Marshal. »Wenn ich geahnt hätte, dass die Davis-Sippschaft so schnell hier aufkreuzt, hätte ich es natürlich unterlassen. Nun, ich kann es nicht mehr rückgängig machen.«

    »Was sprach Scott Davis? Erging er sich wieder in Drohungen?«

    »Er regte sich darüber auf, dass ich eine Pritsche in den Gang vor den Zellen gestellt und Ken an der Gitterwand festgekettet habe.«

    »Sicher«, murmelte McQuade. »Damit haben Sie ihm die Möglichkeit genommen, Ken in der Nacht wieder eine Waffe durchs Fenster zu reichen.«

    »Er sprach mit Ken und versicherte ihm, dass er nicht zulassen werde, dass wir ihn aufgehängen. Mir prophezeite er, dass er mich Ihnen und Ihrem Hund in die Hölle hinterherschicken würde.«

    »Haben Sie Angst, Marshal?«

    Wayne Adams zeigte ein grimmiges Grinsen. »Als Angst würde ich es nicht bezeichnen, McQuade. Aber ich muss zugeben, ich fühle mich nicht wohl in meiner Haut.«

    »Halten Sie hier im Office die Stellung, Marshal«, knurrte der Texaner. »Um den Rest kümmere ich mich. – Gehen wir, Partner.«

    *

    Bei der Stagecoach handelte es sich um eine rot gestrichene Concord, die von sechs Pferden gezogen wurde. Sie kam auf dem staubigen Reit- und Fahrweg zwischen den Hügeln hervor und zog eine wallende Staubfahne

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