Gold und Geister - Unheimliche Geschichten
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Gold und Geister
Unheimliche Geschichten
von Hendrik M. Bekker
Der Umfang dieses Buchs entspricht 184 Taschenbuchseiten.
Sei es ein alter Spiegel, ein verlassenes Museum oder das nächtliche Hamburg, an vielen Orten lauern mysteriöse Erscheinungen... Ein Makler in Ostfriesland hat Probleme mit einem ruhelosen Geist, der ein Haus befallen hat. Und manchmal kann man froh sein, seine eigene Haut zu retten.
Diese Anthologie enthält folgende Geschichten:
Hendrik M. Bekker: Verlorene Gelegenheiten kommen nicht zurück …
Hendrik M. Bekker: Das Gold der Kowaja-Berge
Hendrik M. Bekker: Preisnachlass wegen Geisterbefall
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Gold und Geister - Unheimliche Geschichten - Hendrik M. Bekker
Gold und Geister
Unheimliche Geschichten
von Hendrik M. Bekker
Der Umfang dieses Buchs entspricht 184 Taschenbuchseiten.
Sei es ein alter Spiegel, ein verlassenes Museum oder das nächtliche Hamburg, an vielen Orten lauern mysteriöse Erscheinungen... Ein Makler in Ostfriesland hat Probleme mit einem ruhelosen Geist, der ein Haus befallen hat. Und manchmal kann man froh sein, seine eigene Haut zu retten.
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Copyright
Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books und BEKKERpublishing sind Imprints von Alfred Bekker
© by Author
© Cover by Hendrik M. Bekker
© dieser Ausgabe 2017 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen
www.AlfredBekker.de
postmaster@alfredbekker.de
Verlorene Gelegenheiten kommen nicht zurück ...
von Hendrik M. Bekker
1
Karl Gordes saß gemütlich in seiner kleinen Küche. Er setzte die blau-weiße Teetasse ab und sah zur Uhr. Er fluchte laut und pustete die Kerze im Stövchen unter der Kanne aus. Dann sprang er auf und zog sich eine Jacke an. Während er das Haus verließ, schloss er noch schnell seine Wohnungstür ab und machte sich dann auf den Weg die Große Straße entlang. Es war die Haupteinkaufsstraße seiner Stadt. Er bog in eine Seitenstraße ein, in Richtung des alten Drogeriemarktes. Die Kette war pleite gegangen, seitdem hatte sich kein neuer Investor finden können. Dort fanden seit einiger Zeit kleinere Auktionen von Haushaltsauflösungen statt. Viele Leute hatten heutzutage keine Erben mehr und auf diese Weise konnte noch Geld für die Beisetzung gesammelt werden. Die Stadt hatte das Projekt begrüßt und unterstützte es mit der Überlassung einer ungenutzten Immobilie. Karl ging gerne zu den Auktionen.
Er hoffte auf den ein oder anderen Glückstreffer bei der Auktion. Außerdem genoss er es, sich die Leute anzusehen, die boten. Seitdem Jakob Hinrichs diese Auktionen regelmäßig durchführte, waren sie vom Geheimtipp zu einer regionalen Attraktion geworden. Ob ältere Leute, die Eiche-rustikal-Möbel bevorzugten, oder Studenten der örtlichen Hochschule, die sich preiswert aber hochwertig einrichten wollten, bis hin zu Hausfrauen, die einfach nur ein Schnäppchen machen wollten, alles war vertreten. Es erinnerte ihn an die Flohmärkte, auf denen er mit seinem Vater früher immer gewesen war. Es war ein geschäftiges munteres Treiben voller Fremder und doch interessanter Leute. Als Karl den kleinen, ehemaligen Drogeriemarkt betrat, hatte die Auktion schon angefangen. Er ließ sich am Eingang ein Schild mit Nummer geben und setzte sich ins Publikum. Gut drei Dutzend Menschen waren anwesend, für einen Donnerstagabend eigentlich ziemlich gut.
Wer ein Gebot abgab, hob das Schild. Durch die Nummer war klar, wer die Person war und man brauchte nur zu sagen, was man bereit war zu zahlen. Wer nicht bar oder mit Karte zahlen konnte, da er das Geld nicht besaß, bekam den ersteigerten Gegenstand auch nicht ausgehändigt. Dann wurde er beim nächsten Mal erneut versteigert.
Gerade kam ein verzierter fünfzig Jahre alter Schreibtisch unter den Hammer. Er erinnerte an den Bauhausstil der goldenen Zwanziger.
Dann kam ein Spiegel. Dieser Spiegel gefiel Karl sofort. Dabei war er nicht besonders auffällig gearbeitet, er war nicht einmal offenkundig wertvoll.
Doch Karl war sich ziemlich sicher, dass es ein mittelalterliches Stück sein konnte. Das hier war auf jeden Fall ein solide gearbeitetes Stück mit hohem Alter.
So was hatte einen gewissen Wert bei Sammlern und durchaus auch bei Museen. Ansonsten konnte er es immer noch jemandem verkaufen, der auch glaubte, dass es alt und wertvoll war.
Dazu kam, dass der Spiegel einen Holzrahmen hatte. Holz ließ sich C14-datieren und so das wahre Alter ziemlich genau feststellen. Kohlenstoff-14-Atome kamen in jedem Lebewesen vor und wenn man aufhörte einen Stoffwechsel zu haben, weil man tot war, zerfiel es langsam. Daraus ließ sich das Alter bestimmen, oft auf wenige Jahre genau. Karl hatte zum Glück einen Studienkollegen, der sich mit der Ausrüstung der Universität ein wenig dazu verdiente. Solche Altersnachweise waren gern gesehen in den höheren Antiquitätenhändlerkreisen. Auch mancher Kunde, der mehr des Prestiges wegen ein altes Stück kaufte, als weil er wirklich Ahnung hatte von Antiquitäten, wollte so einen Nachweis.
„Der folgende Spiegel von Fritz Jakobs wurde im Haus vorgefunden. Es ist möglicherweise ein Erbstück, das der verstorbene Herr Jakobs hinterließ. Das Alter wurde von einem Fachmann auf mehrere hundert Jahre geschätzt. Leider gibt es keine klar datierbaren Verzierungen. Der Spiegel ist ohne Holzwurm, ohne Sprung und solide gearbeitet. Er hat kein Hersteller- oder Werkstattzeichen. Ich erwarte die Gebote", begann der Auktionator. Er war nicht ganz bei der Sache. Bei Stücken, die er für wirklich wertvoll hielt, wurde er deutlich enthusiastischer. Karl kannte das schon. Das hier war mehr das Standardprogramm.
Karl machte ein faires Angebot. Nicht allzu viel, aber doch einen vernünftigen Preis.
Zu seiner Überraschung bot ein etwas älterer Mann mit ihm. Er hatte ihn schon einige Male gesehen, immer wieder bot er für Gegenstände. Manches Mal bot er ziemliche Summen, um Dinge zu bekommen. Nach welchem Muster er das tat, wusste Karl nicht. Möglicherweise war er Antiquitätenhändler. Er wusste nur, dass er sich „Herr ten Dornan" nennen ließ. Der Mann überbot ihn, viermal in Folge. Karl zögerte erst, dann bot er weiter mit. Langsam ging es Karl nicht mehr nur um den Spiegel, es ging auch ums Gewinnen. Der Mann ging immer einige Euro über seinen Betrag! Irgendwann reichte es Karl. Hier ging es jetzt ums Prinzip! Er bot einen Betrag hundert Euro über dem aktuellen Angebot. Ein Raunen ging durch den Raum. Der andere Mann schien im Kopf zu rechnen, dann war alles vorbei. Karl hatte gewonnen! Der Mann ging nicht mit. Karl seufzte zufrieden und überlegte dann, ob es wirklich sinnvoll gewesen war. Doch für langes Nachdenken blieb keine Zeit, die nächsten Angebote kamen. Nach mehreren interessanten Stücken, bei denen er überboten wurde, entschied er sich, dass es genug war. Er ging zur Abholstelle und zahlte den gebotenen Preis für den Spiegel. Er hatte das Geld in bar dabei. Am Abend würde man ihn liefern.
2
Später am Abend saß Karl vor dem Fernseher und sah sich die Sportschau an. Irland hatte gegen Deutschland gespielt, kein berauschendes Ergebnis für die Deutschen. Zumindest nicht, wenn man das vorher an den Tag gelegte Selbstvertrauen mit beachtete. Es klingelte an der Haustür.
Karl schlurfte zur Tür. Ein freundlich lächelnder Mann im Trainingsanzug begrüßte ihn.
„Moin, hier is‘ Ihr Paket, nech. Haben Sie heute ja ersteigert, Karl Gordes, nech?"
Karl nickte.
„Dann unterschreiben Sie mal hier, nech", sagte der Mann im Trainingsanzug und reichte Karl ein Formular. Karl überflog es, es war eine Empfangsbestätigung. Er kannte das Formular schon, es war nichts Anstößiges daran. Nach dem Unterschreiben reichte er es dem Mann zurück. Daraufhin holte der Mann im Trainingsanzug ein großes Paket aus seinem VW-Bulli und trug es ihm in den Flur.
„So, viel Spaß, nech", sagte der Mann und war auch schon verschwunden. Karl kam gar nicht dazu, ihm einen Fünfer in die Hand zu drücken und ihn zu bitten, den Spiegel nach oben zu bringen.
Er seufzte. Wieder einmal war die Welt zu schnell für ihn.
Zuallererst räumte er im oberen Stockwerk seines Reihenhauses im Flur ein Stück der Wand leer, dann machte er sich daran, den Spiegel nach oben zu schaffen. Sein Rücken machte ihm seit einiger Zeit zu schaffen, zu viel Büroarbeit, zu wenig Bewegung, sagte der Arzt.
Stufe für Stufe brachte er mühsam den Spiegel nach oben. Er hängte ihn in sein Lesezimmer. So nannte er den großen Raum voller Bücher im zweiten Stock seines Reihenhauses.
Er lebte alleine dort und empfing selten Besuch. Es war nicht so, dass er kein Interesse an anderen Menschen oder einer Partnerin gehabt hätte, es hatte sich nur nie ergeben.
Oft, wenn er versuchte Bindungen aufzubauen oder aufrecht zu halten, scheiterte er. So vermied er sie irgendwann, um auch den Schmerz zu vermeiden.
Im Lesezimmer hängte er den Spiegel auf. Er war schön gearbeitet und bereits für die Auktion gesäubert worden.
Karl nahm sich vor, ihn ein paar Tage hängen zu lassen, bevor er entschied, was er mit ihm tat. Immerhin war er ziemlich teuer gewesen. Er kochte sich einen neuen Tee und setzte sich aufs Sofa im Lesezimmer. Dabei machte er das Radio an. Irgendein Sender, bei dem die ganze Zeit geredet wurde.
Anschließend nahm er sich ein Buch und begann zu lesen.
Er mochte das Gerede des Radios im Hintergrund. Es gab ihm das Gefühl, dass es Leben im Haus gab.
Während er las, griff er immer wieder nach seiner Tasse. Dann klirrte es, als er sie verfehlte und sie umstürzte.
Er fluchte, sprang auf und eilte in die Küche, um etwas zum Aufwischen zu holen.
Während er den Tee vom Linoleum damit aufwischte, fiel ihm etwas Seltsames auf.
Er ließ das vollgesogene Küchenpapier liegen und trat zum Spiegel.
Erst jetzt begriff er, was ihn stutzig gemacht hatte.
Der Raum war der Gleiche wie der, in dem er stand. Nur war Karl nicht zu sehen.
Er ging ins Badezimmer und sah in den Spiegel. Dort war er, so wie er sich kannte.
Er zog ein paar Grimassen. Sein Spiegelbild tat es ihm gleich.
Dann trat er erneut vor den Spiegel im Lesezimmer. Immer noch war dort kein Spiegelbild.
Er trat näher heran und hauchte dagegen. Es bildete sich kein Fleck, wo sein Atem die Oberfläche berührte.
Dann beugte sich Karl so weit vor, dass seine Nasenspitze den Spiegel berühren musste.
Doch sie tat es nicht. Da war kein Spiegel, es war vielmehr wie beim Fassen durch einen Fensterrahmen.
Er schrak zurück.
Dann hängte er den Spiegel ab und lehnte ihn an die Wand.
Vorsichtig machte er einen Schritt hindurch und kletterte auf die andere Seite.
Der Raum war der gleiche, selbst der Spiegel lehnte dort, wo er es eben getan hatte. Der einzige Unterschied war, dass der Raum verkehrt herum war. Was links stand, war rechts und umgekehrt.
Er sah sich um.
„Schatz?, fragte eine brünette Frau, die im Türrahmen zum Lesezimmer stand. „Ist dir nicht gut?
Karl fand keine Worte. Diese Frau, er kannte sie! Es fiel ihm nur nicht mehr ein woher. Sein Blick wanderte ihre Silhouette hinab, über ihr einladendes tief ausgeschnittenes Dekolleté hinab zu ihrer Hüfte.
„Ähm", setzte er an. Dann fiel es ihm ein. Er hatte sie schon mal getroffen. War das im Studium? War das eine Frau, mit der er sich mal verabredet hatte?
„Komm her, sagte sie und trat zu ihm, da er sich nicht bewegte. Sie duftete nach irgendwelchen Blumen, doch er wusste nicht, was für welche. Ihm gefiel der Duft. „Wenn dir nicht nach reden ist, ist das auch in Ordnung
, flüsterte sie ihm ins Ohr.
3
Es klingelte, laut und drängend. Karl öffnete die Augen und sah sich um.
Er lag alleine in seinem Bett, in Boxershorts und Socken. Erneut betätigte jemand die Türklingel. Wieder drückte dieser jemand mehrmals, was dem Klingeln etwas Forderndes gab.
Karl stand auf und zog seine Jeanshose an. Wer auch immer ihn störte, musste mit seinem nackten Oberkörper vorliebnehmen.
An der Tür war ein älterer Mann in einem Anzug, über dem er einen Kurzmantel trug. Er deutete eine Verbeugung an.
„Guten Tag, Herr Gordes, sagte der Mann. „Gehe ich richtig in der Annahme, dass Sie gestern einen Spiegel bei einer Auktion ersteigert haben?
„Hmm", brummte Karl.
„Hätten Sie Interesse, den Spiegel zu verkaufen?"
„Sie sind dieser andere, der mitgeboten hat", stellte Karl fest, der das Gesicht plötzlich einzuordnen wusste.
„Balthasar ten Dornan, ja. Ich habe großes Interesse an diesem Spiegel."
„Tja, der ist aber gerade nicht zu verkaufen", stellte Karl patzig fest. Was fiel diesem Kerl ein? Wer von den Auktionsveranstaltern hatte dem seine Privatadresse gegeben?
„Sie haben sich gar nicht meinen Preis angehört", stellte Balthasar ruhig fest. Karl begann die Tür zu schließen.
„Werde ich auch nicht."
Bevor sie ins Schloss fallen konnte, schob Balthasar ten Dornan seinen Fuß dazwischen. Karl hörte, wie der Mann scharf einatmete.
„In Ihrem und meinem Interesse sollten Sie mich anhören, stellte Balthasar fest. „Dieser Spiegel ist der Tod seines Besitzers.
„Ach was, auf einmal ist er verflucht, wenn man nicht verkaufen will?", erwiderte Karl.
„Ich beschäftige mich damit, solche Dinge aus dem Verkehr zu ziehen. Der Spiegel erahnt Ihre Wünsche und ...", setzte Balthasar erneut an, doch Karl drückte seinen Schuh zur Seite und zog die Tür zu.
Er ging zum Frühstück. Das Klingeln des Fremden ignorierte er einfach, bis dieser aufgab. Er schüttelte den Kopf. Erst dieser seltsame Traum und dann so ein schlechter Verlierer, der ihm Blödsinn erzählte.
Er wusste noch, dass er vor dem Einschlafen durch den Spiegel getreten war und den Abend mit dieser hinreißenden Frau verbracht hatte, seiner Ehefrau, wie sie sagte. Er seufzte. Es war einer der realistischsten Träume seit Langem gewesen und dabei auch einer der besten.
Wobei, das mit dem Spiegeltreten kam ihm bekannt vor. Ob er das schon mal bei Stephen King gelesen hatte? Dessen Bücher hatte er früher gerne und immer wieder gelesen. Da musste sein Unterbewusstsein die Inspiration her haben.
Karl ging nochmal ins Lesezimmer und sah sich den Spiegel an. Dabei beugte er sich vor und packte mit der Hand darauf. Er fühlte die Kälte des Spiegels und seine Finger hinterließen deutliche Fettflecken.
Zufrieden lächelte er. Was für ein mieser Antiquitätenhändler, der Leuten mit Geschichten Angst machen will.
Karl sah auf die Uhr und fluchte. Er beeilte sich,