Glücksmomente: 11 Märchen für Groß und Klein
By Claudia Schröder and Julian Markl
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"Glücksmomente" sind solche Geschichten und Märchen, Fabeln und Fantasien. Mit Botschaften zum Mut machen, die zeigen, dass einfach nichts unmöglich ist, wenn man nur daran glaubt. 11 Geschichten zum Selberlesen und Vorlesen.
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Glücksmomente - Claudia Schröder
steckt!
1. Tintenklecks, oder wie man erkennt, dass man Geschichten schreiben muss
Es war einmal ein kleines Mädchen. Da es immer Papier und einen Füller mit sich trug, der auf ihrer Kleidung Tintenkleckse hinterließ, wurde sie Tintenklecks genannt.
Egal wo sie war, sie schrieb alles auf, was ihr im Kopf herumspukte. Es ging um Feen, Einhörner und Prinzen. Immer wenn sie diese Geschichten aufschrieb, wurden sie lebendig. Es öffnete sich ein Tor und alle Wesen besuchten Tintenklecks. Sie wurden zu ihren besten Freunden. Wenn sie den Füller wieder beiseitelegte, gingen Feen, Einhörner und Prinzen wieder durch das Tor in ihre Welt.
Vor allem Prinz Erwin hatte es ihr angetan. Er war tapfer und bekämpfte mutig böse Drachen, rettete Kinder vor Gefahren und brachte Tintenklecks ganz oft zum Lachen.
Je älter Tintenklecks wurde, desto seltener öffnete sie das Tor. Der Prinz und alle anderen besuchten sie nur noch unregelmäßig, bis sie eines Tages gar nicht mehr zu Besuch kamen. Das Lächeln verschwand von Tintenklecks Gesicht. Sie war erwachsen geworden.
Manchmal huschte ihr das Gesicht des Prinzen noch ins Gedächtnis, aber sie wusste nicht, wem es gehörte. Und so vergaß sie es immer schnell wieder. Für Hirngespinste hatte sie keine Zeit. Sie musste arbeiten, Geld verdienen und ihre Familie versorgen.
Eines Nachts träumte sie. Eine Fee besuchte sie.
„Hey, Tintenklecks, wach auf."
Tintenklecks öffnete die Augen. Sie erinnerte sich, dass sie diesen Namen kannte. Woher nur? Sie schlug die Augen auf. Vor ihr schwebte ein kleines Wesen, nicht größer als der kleine Finger an einer Kinderhand. Es leuchtete und schimmerte. Tintenklecks wischte sich müde über die Augen. Sie musste träumen.
„Endlich, du bist wach, Tintenklecks!"
„Meinst du mich?"
„Ja, ich meine dich. Tintenklecks. Öffne das Tor! Unser Prinz ist krank und braucht dich."
Tintenklecks wusste nicht, was dieses Wesen meinte, sagte jedoch ganz automatisch:
„Ich kann das nicht, ich bin jetzt erwachsen!"
Tintenklecks dreht sich auf die Seite und die Fee verschwand.
Am nächsten Morgen hatte sie ihren Traum schon wieder vergessen.
In der nächsten Nacht träumte sie erneut.
„Pssst, Tintenklecks, wach auf."
Tintenklecks öffnete die Augen. War nicht sie mit Tintenklecks gemeint? Eine dunkle Erinnerung flackerte kurz in ihr auf. Vor ihrem Bett stand ein weißes Pferd mit rosa Flügeln und einem Horn auf der Stirn. Konnte das ein Einhorn sein?
„Du bist wach, Tintenklecks. Hör mir zu!"
„Meinst du mich?"
„Ja, natürlich meine ich dich. Erinnere dich. Der Prinz ist krank, du musst das Tor endlich wieder öffnen. Wir vermissen dich alle so sehr."
Tintenklecks schaute das Einhorn fragend an und antwortete automatisch:
„Ich kann das nicht, ich bin jetzt erwachsen!"
Sie drehte sich in ihrem Bett um und das Einhorn verschwand. Am nächsten Morgen hatte sie den Traum vergessen.
In der dritten Nacht träumte sie erneut. Diesmal stand ein junger Mann vor ihr und lächelte sie warmherzig an.
„Wie schön, du bist wach, Tintenklecks."
„Natürlich. Ich weiß es wieder."
Tintenklecks konnte sich erinnern. Auch an den Mann vor ihr.
„Du bist Prinz Erwin."
„Du erinnerst dich, wie schön."
„Das ist so lange her, wie konnte ich dich nur vergessen?"
„Es stimmt, es ist lange her. Und du hast uns vergessen. Aber nun bin ich krank."
„Wie kann ich dir helfen?"
„Öffne dein Herz und unser Tor. Wir müssen wieder in deine Welt. Wenn man uns vergisst, dann ist unsere Welt in Gefahr. Die Menschen müssen an uns erinnert werden."
„Was muss ich tun?"
„Du weißt, was zu tun ist, erinnere dich!"
Am nächsten Morgen wusste Tintenklecks genau, was sie tun musste. Sie begann, alle Geschichten aufzuschreiben. Sie erzählte von den Feen, den Einhörnern und Prinz Erwin. Sie alle besuchten sie wieder in ihrer Welt und zauberten ihr ein Lächeln auf ihr Gesicht.
Gemeinsam mit dem Prinzen beschloss sie, dass auch andere Menschen von ihnen erfahren sollten und so veröffentlichte sie ihre Geschichten.
Alle ihre Wesen kamen jetzt regelmäßig in die wirkliche Welt. Sie machten die Welt bunter und friedlicher. Alle Menschen, die die Geschichten lasen, hatten ein Lächeln auf dem Gesicht und waren glücklich.
Das Tor blieb nun immer auf und die Feen, Einhörner und Prinzen machten die Welt besser.
Und wenn Tintenklecks nicht gestorben ist, dann schreibt sie immer noch Geschichten von Prinz Erwin und den Feen.
2. Wo dein Herz zu Hause ist
Seit vielen Jahrhunderten schon steht irgendwo in Deutschland auf einer weiten Wiese auf einem Hügel ein Baum. Es ist eine alte, dicke Eiche, die schon sehr viel erlebt hat. Sie weiß so viel zu erzählen, dass man, wenn man Glück hat, und der Wind leise durch die Blätter weht, die alte Eiche reden hören kann. Seid mal ganz still, vielleicht können wir sie ja verstehen!
Ich stehe hier schon seit mehreren Jahrhunderten und habe viele Menschen kommen und gehen sehen. Ich bin eine Eiche und kann mich über mein Leben nicht beschweren. Bisher war immer viel los. An meinem Stamm halten sich gerne die Ameisen auf. Sie lieben es, über meine Rinde zu krabbeln. Ich mag dieses Gefühl. Es ist nicht wirklich mit dem Wort ‚kitzeln‘ zu beschreiben. Es ist eher wie der Wind,