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Gründungsförderung für Migrantinnen und Migranten: Determinanten einer zielgruppenadäquaten, kompetenzorientierten Gründungsberatung und -weiterbildung
Gründungsförderung für Migrantinnen und Migranten: Determinanten einer zielgruppenadäquaten, kompetenzorientierten Gründungsberatung und -weiterbildung
Gründungsförderung für Migrantinnen und Migranten: Determinanten einer zielgruppenadäquaten, kompetenzorientierten Gründungsberatung und -weiterbildung
Ebook619 pages5 hours

Gründungsförderung für Migrantinnen und Migranten: Determinanten einer zielgruppenadäquaten, kompetenzorientierten Gründungsberatung und -weiterbildung

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About this ebook

Im Gegensatz zum insgesamt eher stagnierenden Gründungsgeschehen in Deutschland hat sich die Zahl der Selbstständigen mit Migrationshintergrund innerhalb der letzten 25 Jahre nahezu verdreifacht. Dabei haben sich Gründende mit Migrationshintergrund längst von dem Klischee emanzipiert, sich ausschließlich in den Bereichen Gastronomie und Handel selbstständig zu machen. Vielmehr gründen Migrantinnen und Migranten in allen Wirtschaftsbranchen, schaffen Arbeits- und Ausbildungsplätze und tragen zur Diversifizierung der Wirtschaft bei.
Der Erfolg von Unternehmensgründungen hängt in hohem Maße von einer intensiven Vorbereitung ab. Gründungswilligen in Deutschland steht dafür grundsätzlich eine Vielzahl von Angeboten der individuellen Gründungsförderung zur Verfügung. Diese sind allerdings – so die These – im Wesentlichen auf „klassische“ Gründer ausgerichtet. Da sich heute aber ein deutlich differenzierteres Bild hinsichtlich der vorzufindenden Gründer(innen)gruppen, Gründungsformen oder -anlässe abzeichnet, stellt sich die Frage, inwiefern dieser Heterogenität im System der Gründungsförderung bereits Beachtung geschenkt wird. Vor diesem Hintergrund werden im Rahmen der deutschlandweiten Untersuchung bestehende Maßnahmen und Strukturen der Gründungsberatung und -weiterbildung aus unterschiedlicher Perspektive beleuchtet. Zentral wird dabei in den Blick genommen, inwieweit Gründerinnen und Gründer mit Migrationshintergrund tatsächlich spezifische Beratungs- und Weiterbildungsbedarfe im Zuge des Gründungsprozesses aufweisen und welche zielgruppenspezifischen Herausforderungen daraus für die Gestaltung von Angeboten der Gründungsförderung abgeleitet werden können.
LanguageDeutsch
Release dateMay 30, 2016
ISBN9783741206863
Gründungsförderung für Migrantinnen und Migranten: Determinanten einer zielgruppenadäquaten, kompetenzorientierten Gründungsberatung und -weiterbildung
Author

Christian Vogel

Christian Vogel studierte Erwachsenenbildung und Politikwissenschaft an der TU Chemnitz sowie Bildungsmanagement an der Universität Hildesheim. Im Zuge seiner beruflichen Stationen beschäftige er sich mit unterschiedlichen Themen, wobei die Themen Bildung und Migration stets zentrale Bezugspunkte seiner Forschungs- und Entwicklungsprojekte waren. Seine Forschungsinteressen liegen daher insbesondere in den Bereichen Durchlässigkeit von beruflicher und akademischer Bildung, Bildungsgerechtigkeit und -strukturen, Weiterbildung und nachhaltiges Lernen, sowie Migrations- und Integrationsforschung.

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    Book preview

    Gründungsförderung für Migrantinnen und Migranten - Christian Vogel

    „Selbstständige mit Migrationshintergrund

    sind in gewissem Sinne als Vermittler

    zwischen Zugewanderten und Einheimischen

    und letztlich zwischen verschiedenen

    kulturellen Welten zu sehen."

    (René Leicht)

    Inhaltsverzeichnis

    ABBILDUNGSVERZEICHNIS

    TABELLENVERZEICHNIS

    ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS

    AUFBAU DER ARBEIT

    TEIL I: PROLOG

    1 EINLEITUNG

    1.1 Relevanz der Thematik

    1.2 Bedarf, Ziele und zentrale Fragestellungen

    TEIL II: FORSCHUNGSSTAND UND THEORETISCHE GRUNDLAGEN

    2 BEGRIFFLICHE FUNDIERUNG

    2.1 Migranten, Ausländer, Flüchtlinge und Menschen mit Migrationshintergrund

    2.2 Migration

    2.2.1 Migration als globales Phänomen

    2.2.2 Migration in Bezug auf Deutschland

    2.3 Integration

    2.4 Selbstständige unternehmerische Tätigkeit

    2.5 Kompetenz- und Zielgruppenorientierung

    3 MIGRANTENÖKONOMIE

    3.1 Grundlegende Gedanken zur Grenzziehung

    3.2 Stand der Forschung

    3.2.1 Internationale Forschungstraditionen

    3.2.2 Forschung zur Migrantenökonomie im deutschsprachigen Raum

    3.2.3 Zentrale empirische Befunde

    3.3 Trends und Entwicklungsperspektiven in der Forschung zu Migrantenökonomien

    4 GRÜNDUNGSFÖRDERUNG FÜR MIGRANTINNEN UND MIGRANTEN

    4.1 Grundlegende Gedanken zur Grenzziehung

    4.2 Stand der Forschung

    4.2.1 Gründungsförderung im Kontext politischer und soziodemografischer Rahmenbedingungen

    4.2.1.1 Gründungsförderung im internationalen Vergleich

    4.2.1.2 Zusammenhänge von Gründungsförderung und arbeitsmarkt-, wirtschafts- und sozialpolitischen Entwicklungen

    4.2.2 Gründungsförderung als Beratungs- und Bildungsprozess

    4.2.2.1 Institutionen der Gründungsberatung und - weiterbildung

    4.2.2.2 Professionalisierung und Kompetenzen in Gründungsberatung und -weiterbildung

    4.2.2.3 Gründungsberatung und -weiterbildung als pädagogische Intervention

    4.2.3 Inanspruchnahme von Gründungsberatung und - weiterbildung durch Migrantinnen und Migranten

    4.2.3.1 Beratungs- und Weiterbildungsbeteiligung gründungswilliger Migrantinnen und Migranten

    4.2.3.2 Individuelle Hürden für die Inanspruchnahme von Gründungsberatung und -weiterbildung bei gründungswilligen Migrantinnen und Migranten

    4.2.3.3 Institutionelle Hürden für die Inanspruchnahme von Gründungsberatung und -weiterbildung bei gründungswilligen Migrantinnen und Migranten

    4.3 Trends und Entwicklungsperspektiven in der Forschung zur Gründungsförderung

    TEIL III: THEORETISCHE ABLEITUNGEN UND METHODISCHES VORGEHEN

    5 THEORETISCHE ABLEITUNGEN UND SCHLUSSFOLGERUNGEN FÜR DIE ANALYSE VON DETERMINANTEN EINER ZIELGRUPPEN- UND KOMPETENZORIENTIERTEN GRÜNDUNGSFÖRDERUNG

    5.1 Zielgruppen- und Kompetenzorientierung als Mehrebenensystem

    5.2 Analyserahmen für die empirische Untersuchung von Determinanten einer zielgruppen- und kompetenzorientierten Gründungsberatung und - weiterbildung

    5.3 Methodologische Grundlagen

    5.4 Untersuchungsdesign

    5.4.1 Untersuchungsinstrumente

    5.4.2 Feldzugang, Fallauswahl und Durchführung der Untersuchung

    5.4.3 Datenaufbereitung und -auswertung

    5.5 Qualität der Daten

    5.5.1 Güte der vorliegenden Daten

    5.5.2 Grenzen der Aussagekraft

    TEIL IV: EMPIRISCHE ERGEBNISSE

    6 INANSPRUCHNAHME PROFESSIONELLER GRÜNDUNGSFÖRDERUNG DURCH MIGRANTINNEN UND MIGRANTEN

    6.1 Analyse der Inanspruchnahme von Angeboten der Gründungsberatung bzw. -weiterbildung

    6.2 Die Rolle öffentlicher Gründungsförderung im Unterstützungssystem von Gründerinnen und Gründern

    6.3 Gründe für die Nichtnutzung professioneller Beratungs- und Weiterbildungsangebote aus Sicht der Selbstständigen

    7 DETERMINANTEN FÜR DIE INANSPRUCHNAHME VON ANGEBOTEN DER GRÜNDUNGSFÖRDERUNG

    7.1 Einflussfaktoren auf die Nutzung von Angebotsstrukturen aus Perspektive der Gründenden

    7.1.1 Bewusstsein für Beratungs- und Weiterbildungsbedarfe

    7.1.2 Zusammenhänge zwischen personenbezogenen Merkmalen und der Inanspruchnahme von Beratungs- und Weiterbildungsangeboten

    7.1.3 Wege der Informationssuche in Bezug auf Angebote der Gründungsberatung und -weiterbildung

    7.2 Einflussfaktoren auf die Nutzung von Angebotsstrukturen aus Perspektive der Anbieter

    7.2.1 Migrantinnen und Migranten als Zielgruppe der Gründungsberatung und -weiterbildung

    7.2.2 Probleme beim Zugang zu öffentlichen Einrichtungen der Gründungsförderung für gründungswillige Migrantinnen und Migranten

    7.2.3 Zugangswege zu Migrantinnen und Migranten als Zielgruppe der Gründungsberatung und - weiterbildung

    8 FÖRDERUNG GRÜNDUNGSBEZOGENER KOMPETENZEN

    8.1 Beratungs- und Weiterbildungsbedarfe von Gründenden mit Migrationshintergrund

    8.1.1 Analyse spezifischer Beratungs- und Weiterbildungsbedarfe gründungswilliger Migrantinnen und Migranten

    8.1.2 Domänen spezifischer Kompetenzentwicklungsbedarfe bei gründungswilligen Migrantinnen und Migranten

    8.2 Gestaltungsansätze der öffentlichen Gründungsförderung

    8.2.1 Inhalte der Gründungsberatung und - weiterbildung

    8.2.2 Formate in der Gründungsberatung und - weiterbildung

    8.2.3 Organisatorische Gestaltungsansätze der Gründungsförderung

    8.3 Kompetenzen von Gründungsberaterinnen und - beratern

    8.3.1 Anforderungen an Gründungsberaterinnen und - berater aus Perspektive der Ratsuchenden

    8.3.2 Anforderungen an Gründungsberaterinnen und - berater aus Perspektive der Beratenden

    8.3.3 Selbstverständnis von Gründungsberaterinnen und -beratern

    8.3.4 Ableitung zentraler Kompetenzen von Gründungsberaterinnen und -beratern

    9 STRUKTURELLE HERAUSFORDERUNGEN EINER DIVERSITÄTSORIENTIERTEN GRÜNDUNGSBERATUNG UND -WEITERBILDUNG

    9.1 Die Problematik des Ineinandergreifens individueller und struktureller Herausforderungen

    9.2 Grundlegende Beratungskonzepte und -ansätze

    9.3 Heterogenität von Gründungswilligen und Konsequenzen aus der Perspektive gründungsfördernder Einrichtungen

    9.4 Vernetzung und Interaktion von Einrichtungen der Gründungsförderung

    TEIL V: EPILOG

    10 SCHLUSSFOLGERUNGEN UND DISKUSSION DER ERGEBNISSE

    10.1 Die Komplexität individueller Entscheidungen hinsichtlich der Nutzung von Angeboten der Gründungsförderung

    10.2 Die Notwendigkeit eines differenzierten Blicks auf gründungswillige Migrantinnen und Migranten

    10.3 Anforderungen an eine zielgruppenadäquate, kompetenzorientierte Gründungsberatung und - weiterbildung

    10.4 Professionelle Gründungsberatung und - weiterbildung in der Einwanderungsgesellschaft

    10.5 Die Parallelität lokaler bzw. regionaler Unterstützungssysteme für Migrantinnen und Migranten

    11 FAZIT UND AUSBLICK

    12 LITERATURVERZEICHNIS

    Abbildungsverzeichnis

    Abbildung 1: Entwicklung von ausländischen Selbstständigen in Deutschland

    Abbildung 2: Strukturierung des Konzeptes „Personen mit Migrationshintergrund"

    Abbildung 3: Anzahl und Anteil der weltweiten Migranten

    Abbildung 4: Zuwanderung in der BRD

    Abbildung 5: Bevölkerung mit und ohne Migrationshintergrund in Deutschland

    Abbildung 6: Anteil der Deutschen mit Migrationshintergrund in Deutschland

    Abbildung 7: Von der Bundesagentur für Arbeit geförderte Existenzgründungen in Deutschland 1986 bis 2012

    Abbildung 8: Verhältnis von Arbeitslosenzahlen und geförderten Existenzgründungen in Deutschland 2000 bis 2010

    Abbildung 9: Aktuelle Themen der kommunalen Wirtschaftsförderungen

    Abbildung 10: Zielgruppen- und Kompetenzorientierung in der Gründungsförderung als Mehrebenensystem

    Abbildung 11: Analysedimensionen von Determinanten einer zielgruppen- und kompetenzorientierten Gründungsberatung und -weiterbildung für Gründende mit Migrationshintergrund

    Abbildung 12: Untersuchungsdesign

    Abbildung 13: Erreichte Einrichtungen im Rahmen der Onlinebefragung

    Abbildung 14: Inanspruchnahme von Beratung (differenziert nach Migrationshintergrund)

    Abbildung 15: Inanspruchnahme von Beratung (differenziert nach Einwanderungsländern)

    Abbildung 16: Inanspruchnahme von Beratung (differenziert nach Einwanderungsgeneration)

    Abbildung 17: Inanspruchnahme von Beratung (differenziert nach Migrationsstatus)

    Abbildung 18: Inanspruchnahme von Beratungseinrichtungen (differenziert nach Migrationshintergrund)

    Abbildung 19: Inanspruchnahme öffentlicher Beratung (differenziert nach Herkunftsland)

    Abbildung 20: Inanspruchnahme öffentlicher Beratung (differenziert nach Migrationsstatus)

    Abbildung 21: Gründe für die Nichtnutzung von Beratung (differenziert nach Migrationshintergrund)

    Abbildung 22: Bedarf an externer Unterstützung (differenziert nach Migrationshintergrund)

    Abbildung 23: Bedarf an externer Unterstützung (differenziert nach Einwanderergeneration)

    Abbildung 24: Bedarf an externer Unterstützung (differenziert nach Herkunftsland)

    Abbildung 25: Bedarf an externer Unterstützung (differenziert nach Bildungshintergrund)

    Abbildung 26: Bedarf an externer Unterstützung (differenziert nach Geschlecht)

    Abbildung 27: Inanspruchnahme von Beratung in Abhängigkeit eigener Bedarfsformulierung (differenziert nach Migrationshintergrund)

    Abbildung 28: Inanspruchnahme von Beratung in Abhängigkeit eigener Bedarfsformulierung (differenziert nach Migrationshintergrund)

    Abbildung 29: Inanspruchnahme von Beratung (differenziert nach Bildungsabschlüssen)

    Abbildung 30: Inanspruchnahme professioneller Beratung (differenziert nach Kontakt zu Deutschen)

    Abbildung 31: Inanspruchnahme professioneller Beratung (differenziert nach Sprachkenntnissen)

    Abbildung 32: Wege der Informationssuche zu Beratungsangeboten (Befragte ohne Migrationshintergrund)

    Abbildung 33: Wege der Informationssuche zu Beratungsangeboten (Befragte mit Migrationshintergrund)

    Abbildung 34: Ansprache bestimmter Zielgruppen durch Einrichtungen der Gründungsförderung

    Abbildung 35: Ansprache, Erreichbarkeit und Nutzungsverhalten spezifischer Zielgruppen der Gründungsberatung und -weiterbildung

    Abbildung 36: Zugänge zu gründungswilligen Migrantinnen und Migranten

    Abbildung 37: Gründungshemmnisse (differenziert nach Migrationshintergrund)

    Abbildung 38: Gründungshemmnisse (differenziert nach Migrationshintergrund)

    Abbildung 39: Angebotsspektrum im Rahmen der Gründungsförderung

    Abbildung 40: (Didaktische) Formate der Gründungsförderung

    Abbildung 41: Strategien im Umgang mit Sprachproblemen der Ratsuchenden

    Abbildung 42: Kosten für Maßnahmen der Gründungsförderung

    Abbildung 43: Erwartungen an Beratende in der Gründungsförderung (Selbstständige ohne Migrationshintergrund)

    Abbildung 44: Erwartungen an Beratende in der Gründungsförderung (Selbstständige mit Migrationshintergrund)

    Abbildung 45: Selbsteinschätzung wichtiger Kompetenzen von Beraterinnen und Beratern

    Abbildung 46: Erforderliche Wissensbestände für die Beratung gründungswilliger Migrantinnen und Migranten

    Abbildung 47: Selbstverständnis von Beraterinnen und Beratern

    Abbildung 48: Beratungskonzepte von Einrichtungen

    Abbildung 49: Entwicklung einrichtungsspezifischer Beratungskonzepte

    Abbildung 50: Wahrnehmung von Heterogenität in der Beratung

    Abbildung 51: Beratungseinrichtungen als Teil von Gründungsnetzwerken

    Abbildung 52: Verweis von Ratsuchenden zu anderen Einrichtungen

    Abbildung 53: Gründe für das Verweisen von Ratsuchenden zu anderen Einrichtungen

    Abbildung 54: Determinanten für die Inanspruchnahme von Angeboten der Gründungsberatung und -weiterbildung

    Abbildung 55: Typisierung Gründender mit Migrationshintergrund

    Tabellenverzeichnis

    Tabelle 1: Struktur der Beratungsanbieter für Gründerinnen und Gründer

    Tabelle 2: Rücklaufstatistik der Unternehmensbefragung

    Tabelle 3: Domänen spezifischer Kompetenzentwicklungsbedarfe bei gründungswilligen Migrantinnen und Migranten im Zuge des Gründungsprozesses

    Tabelle 4: Inhalte der Gründungsberatung und -weiterbildung

    Tabelle 5: (Didaktische) Formate der Gründungsförderung

    Tabelle 6: Kompetenzen von Gründungsberaterinnen und -beratern in Anlehnung an die DQR-Matrix

    Tabelle 7: Phasen des Gründungsberatungsprozesses

    Tabelle 8: Kompetenzprofil für professionell in der Gründungsberatung und -weiterbildung Tätige

    Abkürzungsverzeichnis

    Aufbau der Arbeit

    Grundsätzlich gliedert sich die Arbeit in fünf Kapitel.

    Im Prolog wird zunächst für die Relevanz der vorliegenden Arbeit argumentiert, wofür der Versuch einer Einordnung der Thematik in gesamtgesellschaftliche Entwicklungen und Herausforderungen steht. Daraufhin erfolgt die Ableitung von Thesen, die den Anlass zur Formulierung der übergeordneten Zielstellung dieser Arbeit sowie zentraler forschungsleitender Fragestellungen liefern.

    Um die Themenstellung in den existierenden Forschungsstand einzubetten und unterschiedliche disziplinäre Zugänge herzustellen, dient der zweite Teil zur Diskussion bestehender wissenschaftlicher Befunde sowie theoretischer Grundlagen. Zu diesem Zweck werden zunächst zentrale Begriffe erörtert und für die vorliegende Arbeit definiert (Gliederungspunkt 2). Daran anschließend erfolgt eine Darstellung der Forschung zu Migrantenökonomien, wobei ausgehend von internationalen Forschungstraditionen insbesondere auf die wissenschaftliche Auseinandersetzung sowie zentrale empirische Befunde im deutschsprachigen Raum eingegangen wird (Gliederungspunkt 3). Mit Blick auf die zentrale Fragestellung der Arbeit wird daraufhin Forschungsarbeiten zur Gründungsförderung besondere Aufmerksamkeit gewidmet (Gliederungspunkt 4). In diesem Sinne gilt es einerseits, grundlegende wirtschafts-, arbeitsmarkt- und sozialpolitische Hintergründe der Unterstützung von Unternehmensgründungen zu destillieren und einzuordnen. Um im empirischen Teil der Arbeit speziell Determinanten einer zielgruppenadäquaten, kompetenzorientierten Gründungsberatung und -weiterbildung zu adressieren, werden andererseits vor allem Ansätze der Gründungsförderung als Beratungs- und Bildungsprozesse durchleuchtet. Im Mittelpunkt stehen dabei Konzepte zur Unterstützung gründungswilliger Migrantinnen und Migranten.

    Im dritten Kapitel werden die bestehenden theoretischen Ansätze und wissenschaftlichen Befunde zu einem theoretischen Modell einer zielgruppenadäquaten, kompetenzorientierten Gründungsberatung und -weiterbildung zusammengeführt (Gliederungspunkt 5). Aus dessen Dekonstruktion erfolgt daraufhin die Ableitung eines Analyserahmens, welcher als Grundlage der empirischen Untersuchung dienen soll. Im Weiteren werden das daraus abgeleitete forschungsmethodische Design, Untersuchungsinstrumente, Zugänge zum Feld sowie die Durchführung der Datenerhebung beschrieben. Ferner sollen die zentralen Herausforderungen der Datenerhebung und letztlich die damit einhergehende Aussagekraft vor dem Hintergrund methodologischer Grundlagen eingeordnet und kritisch diskutiert werden.

    Das vierte Kapitel umfasst die Darstellung und Diskussion der empirischen Ergebnisse. Ausgehend von einer grundsätzlichen Analyse der Inanspruchnahme professioneller Unterstützungsmaßnahmen durch gründungswillige Migrantinnen und Migranten (Gliederungspunkt 6) werden im Zuge dessen auf Basis der erhobenen Daten zunächst Determinanten herausgearbeitet, die einen Einfluss auf die individuelle Nutzung bestehender Angebote der Gründungsberatung und -weiterbildung haben (Gliederungspunkt 7). Diesbezüglich wird sowohl auf die Perspektive der Gründenden mit Migrationshintergrund (Nachfrageseite) als auch auf die Perspektive der anbietenden Einrichtungen (Angebotsseite) eingegangen. Ferner gilt es, inhaltliche, didaktische und organisatorische Gestaltungsansätze der Gründungsförderung sowie Kompetenzen von in der Beratung Tätigen näher zu beleuchten, wobei dezidiert auf die besonderen Herausforderungen bei der Unterstützung gründungswilliger Migrantinnen und Migranten eingegangen wird (Gliederungspunkt 8). Letztlich wird das empirische Material mit Blick auf strukturelle Herausforderungen einer diversitätsorientierten Gründungsberatung und -weiterbildung ausgewertet und diskutiert (Gliederungspunkt 9).

    Das fünfte Kapitel stellt den Epilog der Arbeit dar. In diesem Sinne werden die zentralen Schlussfolgerungen der Untersuchung zusammengefasst sowie im Spiegel bestehender theoretischer Konzepte bzw. empirischer Befunde bewertet und weiterentwickelt (Gliederungspunkt 10). Das abschließende Fazit stellt ein Resümee bezüglich der Analyse dar, wobei vor allem die forschungsleitenden Fragestellungen rückblickend adressiert werden (Gliederungspunkt 11).

    Teil I: Prolog

    1 Einleitung

    1.1 Relevanz der Thematik

    Moderne Gesellschaften sind mehr denn je von Vielfalt geprägt. Ein Streifzug mit offenen Augen durch die urbanen Zentren Deutschlands offenbart die bestehende Diversität hinsichtlich Wohn- und Arbeitsformen, Bevölkerungszusammensetzung, Wirtschaftsstruktur oder kulturellem Leben. Aus modernisierungstheoretischem Blickwinkel wird der postindustriellen Gesellschaft in diesem Sinne ein umfassender Strukturwandel mit einschneidenden Auswirkungen auf Denk- und Wertesysteme, Wissenschaftssysteme, ökonomische Strukturen, Arbeits- und Produktionsprozesse, politische Partizipationsprozesse, Biografien und Lebensweisen attestiert (vgl. Beck 1986, S. 115 ff.). Dementsprechend sind Individuen und Institutionen gleichermaßen damit konfrontiert, sich dem Umgang mit Vielfalt neu anzunähern. Dies gilt im Grunde für alle gesellschaftlichen Funktionsbereiche wie beispielsweise das Bildungssystem, das Beschäftigungssystem oder das politische System. Vor dem Hintergrund dieses Selbstverständnisses gilt es, Konzepte und Umgangsformen zu entwickeln, die den Anforderungen einer zunehmend heterogenen Gesellschaft Rechnung tragen und den entsprechend sehr unterschiedlichen individuellen Herausforderungen mit Blick auf eine gesellschaftliche Teilhabe gerecht werden.

    Gleichzeitig gibt es „kaum ein emotionaleres politisches Thema als die Zuwanderung (Schieritz 2014, S. 24). Ein wesentlicher Grund dafür liegt wohl darin, dass Zuwanderung in den Medien, in der Gesellschaft und von politischen Entscheidungsträgern ganz unterschiedlich wahrgenommen und diskutiert wird. So warnen Kritiker auf der einen Seite vor „Überfremdung, „Parallelgesellschaften und „Armutszuwanderung und weisen vor allem auf die Gefahren und negativen Folgewirkungen von Migrationsprozessen hin. Nicht selten wird im Zuge dessen das apokalyptische Ende materiellen Wohlstands und gesellschaftlicher Stabilität vorhergesagt (vgl. Sarrazin 2010, S. 21). Auf der anderen Seite argumentieren die Befürworter zu Recht damit, dass vor dem Hintergrund einer zunehmenden ökonomischen, politischen und gesellschaftlichen Vernetzung institutionell geschlossene Gesellschaften in einer globalisierten Weltgesellschaft kaum vorstellbar bzw. sogar kontraproduktiv sind (vgl. Bukow et al. 2007, S. 11). Ihnen kann aber durchaus vorgeworfen werden, auf bestehende Ängste, die offensichtlich in Teilen der Bevölkerung vorherrschen, nur unzureichend einzugehen. Dies findet seinen Ausdruck im Erfolg rechtspopulistischer Parteien in ganz Europa, die an dieser Stelle eine allzu großzügige Ignoranz existierender Herausforderungen und diffuser Vorbehalte geschickt ausnutzen. Insofern muss es sich die Wissenschaft umso mehr zur Aufgabe machen, einen nüchternen, auf belastbaren Daten basierenden Blick hinsichtlich der Thematik zu forcieren und damit die gesellschaftliche Diskussion zu versachlichen (vgl. Brückner 2013, S. 2).

    Mit dem Wissen, dass Migrationsprozesse einerseits „kein Sonderfall der Moderne" (Süssmuth 2006, S. 19) sind, die seit jeher die Menschheitsgeschichte prägen und andererseits selten ohne Spannungen und Konflikte verlaufen, will diese Arbeit dazu beitragen, den diesbezüglich eingeforderten nüchternen Blick zu schärfen. Zu diesem Zweck ist es allerdings unerlässlich, eine potenzialorientierte Perspektive einzunehmen, die die Offenheit gegenüber anderen Kulturen grundsätzlich als Bereicherung für ökonomische und gesellschaftliche Entwicklungsprozesse in das Zentrum der Betrachtung stellt. Dahinter verbirgt sich die Überzeugung, dass gesellschaftlicher Wohlstand in einer global vernetzten Welt nur in einer Atomsphäre des konstruktiven und wertschätzenden Zusammenlebens erzeugt werden kann und letztlich von der Kreativität und den Ideen verschiedener Bevölkerungsgruppen abhängig ist.

    Deutschland ist ein Einwanderungsland. Laut Statistischem Bundesamt leben aktuell 16,3 Millionen Menschen mit Migrationshintergrund in der Bundesrepublik, d.h. 19,5 % der Bevölkerung, also annähernd jeder fünfte Einwohner (vgl. Statistisches Bundesamt 2013, S. 7). Davon besitzen mehr als 60 % (rund 9,8 Millionen) die deutsche Staatsbürgerschaft und ca. 6,5 Millionen sind Ausländer (vgl. ebd.). Sie sind entweder selbst nach Deutschland eingewandert oder haben mindestens einen Elternteil mit Migrationserfahrung. Laut Statistik wird sich der Anteil von Einwohnern mit einem unmittelbaren Bezug zu anderen Kulturkreisen aufgrund des demografischen Wandels in Zukunft tendenziell noch deutlich erhöhen. So haben in der Altersgruppe der unter 25-Jährigen bereits 23,4 Prozent einen Migrationshintergrund, bei den Kindern unter 6 Jahren sogar mehr als jedes dritte Kind (34,9 %) (vgl. ebd.).

    Für die Innovationsfähigkeit der deutschen Wirtschaft ist Migration in Zukunft ein wichtiges Thema. Dies gilt nicht nur vor dem Hintergrund des zu erwartenden Fachkräftemangels in einigen Wirtschaftsbereichen infolge der demografischen Entwicklung. Vielmehr hängt die internationale Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands in hohem Maße von innovativen Geschäftsideen ab, die zur Gründung neuer Unternehmen führen. Insofern muss eine zukunftsfeste Wirtschaftspolitik unter anderem darauf ausgerichtet sein, einerseits die unternehmerischen Potenziale hier lebender Migrantinnen und Migranten wahrzunehmen und zu fördern sowie andererseits Rahmenbedingungen zu schaffen, die es Gründungswilligen aus dem Ausland ermöglichen, ihre Geschäftsideen in Deutschland umzusetzen. Die Förderung von Unternehmertum unter Berücksichtigung der speziellen Bedarfe von Migrantinnen und Migranten gilt diesbezüglich als ein erfolgversprechendes Instrument.

    In diesem Sinne steht die Sichtweise von Migration und Integration als ausschließlich sozialpolitisches Thema zur Disposition. Vielmehr gilt es, integrationsspezifische Diskurse auch unter dem Blickwinkel ökonomischer Gesichtspunkte zu führen, um eine ganzheitliche Betrachtung der Thematik zu gewährleisten. Denn nur so verstetigt sich der oben beschriebene Paradigmenwechsel – Zuwanderung als Potenzial für die Gesellschaft – auch in der gesamtgesellschaftlichen Wahrnehmung, sodass Integrationsprozesse nicht nur mit dem Erlernen der deutschen Sprache gleichgesetzt, sondern als Teilhabe in allen gesellschaftlichen Bereichen, also im Berufsleben, dem Engagement im Verein oder im Stadtteil, zur Selbstverständlichkeit werden.

    1.2 Bedarf, Ziele und zentrale Fragestellungen

    In Deutschland hat die Zahl der von Migrantinnen und Migranten gegründeten Unternehmen in den letzten zwei Jahrzehnten überproportional stark zugenommen (vgl. Abbildung 1). So haben heute von den insgesamt etwa 4,5 Millionen Selbstständigen in Deutschland circa 750.000 einen Migrationshintergrund (vgl. Statistisches Bundesamt 2013, S. 47). Dementsprechend wird nahezu jedes fünfte Unternehmen in der Bundesrepublik von Migrantinnen und Migranten geführt. Insgesamt scheint sich dieser Trend auch in Zukunft fortzusetzen, da Migrantinnen und Migranten im Vergleich zu Personen ohne Migrationshintergrund in Deutschland auch weiterhin häufiger den Schritt in die Selbstständigkeit wagen. Diesbezüglich zeigen beispielsweise Leicht et al. im Zuge der Auswertung von Gewerbemeldungen in Baden-Württemberg auf, dass von den 57.000 Existenzgründungen im Jahr 2010 etwa ein Drittel auf Ausländer (18.900) entfielen, wobei deren Anteil an der Gesamtbevölkerung im Bezugsjahr lediglich bei 13 % lag (vgl. Leicht et al. 2012, S. 44). Damit ist die Gründungsquote bei Ausländern dreimal so hoch wie bei Deutschen.¹ Vor diesem Hintergrund erfährt die Auseinandersetzung mit dem Thema „Migrantenökonomie" sowohl aus wissenschaftlicher als auch aus wirtschafts- und integrationspolitischer Perspektive zunehmend Aufmerksamkeit.

    Abbildung 1: Entwicklung von ausländischen Selbstständigen in Deutschland (vgl. Statistisches Bundesamt, Mikrozensus; eigene Berechnungen ifm Universität Mannheim, Leicht/Langhauser 2014, S. 23)

    Insbesondere auf regionaler und kommunaler Ebene rücken selbstständig tätige Migrantinnen und Migranten in das Zentrum der Betrachtung. Denn abgesehen von den damit verbundenen ökonomischen Chancen entfalten sich daraus positive soziale und sozialräumliche Effekte (vgl. Reimann/Schuleri-Hartje 2009, S. 509). Unternehmerinnen und Unternehmer mit Migrationshintergrund schaffen Arbeits- und Ausbildungsplätze, nehmen eine stabilisierende Rolle in sozioökonomisch benachteiligten Stadtteilen ein und werden damit zu einem entscheidenden Vermittlungsakteur zwischen unterschiedlichen gesellschaftlichen Gruppen (Integrationsfunktion). Gleichzeitig stimmt ein Blick auf die Liquidationsquoten insofern skeptisch, als dass Ausländer im Vergleich zu Deutschen ihre selbstständige Tätigkeit dreimal so häufig aufgeben (vgl. Leicht et al. 2012, S. 50). In der Forschung zu migrantischem Unternehmertum stellt sich vor diesem Hintergrund immer stärker die Frage, welche Ursachen sich hinter der hohen Fluktuation von Ein- und Austritten im Gründungsgeschehen von Ausländern verbergen.

    Dem Problem der Nachhaltigkeit von Gründungen durch Migrantinnen und Migranten wurde bis dato in der Forschung lediglich in Ansätzen Aufmerksamkeit gewidmet. So können aktuelle Untersuchungen beispielsweise keine greifbaren Indizien dafür liefern, ob Charakteristika der Gründerpersonen oder unternehmensstrategische Aspekte für die im Schnitt höhere Liquidationsquote verantwortlich sind (vgl. di Bella 2013, S. 1). Ebenso wenig systematische Erkenntnisse sind darüber vorhanden, inwiefern die Inanspruchnahme von gründungsunterstützenden Strukturen (Gründungsberatung/-weiterbildung) mit dem langfristigen Erfolg von selbstständiger Tätigkeit in Zusammenhang steht. Es liegt allerdings die Vermutung nahe, dass die Nutzung gründungsvorbereitender Beratungs- und Weiterbildungsmaßnahmen durchaus einen hohen Einfluss auf die Qualität von Unternehmensgründungen haben kann. So weist u.a. Metzger darauf hin, dass die Bestandsfestigkeit von Gründungsprojekten statistisch höher ist, wenn Gründende ein entsprechendes Qualifizierungsangebot nutzen (vgl. Metzger 2013, S. 4).

    Erfolgreiches Unternehmertum hängt von vielen Faktoren ab. Grundsätzlich gleichen sich zwar die Herausforderungen im Gründungsprozess bei Gründenden mit und ohne Migrationshintergrund (vgl. Floeting/Reimann/Schuleri-Hartje 2004, S. 114). Die Untersuchungen der letzten Jahre zeigen aber auch, dass selbstständige Migrantinnen und Migranten durchaus spezifischen Problemen gegenüberstehen. Deren Analyse erfolgte bis dato in unterschiedlicher Tiefe und Intensität, sodass belastbare Aussagen darüber, welchen besonderen Herausforderungen gründungswillige Migrantinnen und Migranten in Deutschland gegenüberstehen, allenfalls ansatzweise und fragmentiert existieren. Zusammenfassend deuten bestehende Publikationen überblicksartig auf folgende Befunde hin, die als forschungsleitende Thesen der vorliegenden Arbeit vorangestellt werden sollen: (1) Erstens weisen Selbstständige mit Migrationshintergrund häufig besondere Qualifizierungsbedarfe mit Blick auf ihre unternehmerische Tätigkeit auf. (2) Zweitens nehmen Selbstständige mit Migrationshintergrund vor allem die bestehenden öffentlichen Angebote der Gründungsvorbereitung und - förderung vergleichsweise selten in Anspruch und nutzen vorhandene regionale Unterstützungssysteme² nur in geringerem Maße. (3) Drittens scheinen gründungswillige Migrantinnen und Migranten beim Zugang zu entsprechenden Angebotsstrukturen aufgrund unterschiedlicher Faktoren benachteiligt zu sein.

    Abseits der Annahme, dass Unterstützungsangebote für Gründerinnen und Gründer mit Migrationshintergrund besser als bisher auf die besonderen Bedarfslagen dieser Zielgruppe ausgerichtet sein müssten, gilt die Thematik der Gründungsberatung und -weiterbildung an sich als verhältnismäßig junges, kaum wissenschaftlich durchdrungenes Forschungsfeld. Anderseck verweist diesbezüglich in Anlehnung an Steyrer darauf, dass die theoretische Auseinandersetzung mit dem Begriff der Gründungsberatung „einen äußerst geringen Präzessionsgrad […] und ein Höchstmaß an Inkonsistenz" (Steyrer 1991, S. 7) aufweist. Insbesondere aus bildungswissenschaftlichem Blickwinkel lassen sich dabei nur wenige Anhaltspunkte dafür finden, welche inhaltlichen, didaktischen und organisationalen Gestaltungsanforderungen hinsichtlich einer kompetenzorientierten Gründungsberatung und -weiterbildung gelten. Darüber hinaus ist die Frage der Qualifikation und der Kompetenzen von in der Gründungsberatung Tätigen ebenfalls noch kaum gestellt worden (vgl. Anderseck 2009, S. 24). Vor diesem Hintergrund lassen sich weiterführend folgende Thesen formulieren. (4) Die Entwicklung unternehmerischer Kompetenzen erfordert eine an den Prinzipien der Kompetenzorientierung ausgerichtete Gründungsförderung. (5) Weiterhin bedarf es für die Umsetzung kompetenzorientierter Gründungsberatung und -weiterbildung für Migrantinnen und Migranten eines spezifischen Sets an Gestaltungskompetenzen aufseiten der professionell in diesem Bereich Tätigen.

    Vor diesem Hintergrund ergeben sich für die Analyse von Determinanten einer ebenso kompetenzorientierten wie zielgruppenadäquaten Gründungsberatung und -weiterbildung folgende übergeordnete Fragestellungen:

    Wie müssen zielgruppen- und kompetenzorientierte Beratungs- und Weiterbildungsangebote für gründungswillige Migrantinnen und Migranten idealerweise gestaltet werden?

    Welche Anforderungen ergeben sich aus der Gestaltung kompetenzorientierter, zielgruppensensibler Gründungsförderung an in der Gründungsberatung und -weiterbildung Tätige sowie relevante Einrichtungen?

    Die Beantwortung der Fragen nach dem Erwerb gründungsrelevanter Kompetenzen sowie der Gestaltung entsprechender Angebotsstrukturen impliziert eine Auseinandersetzung auf verschiedenen Betrachtungsebenen. Auf der individuellen Ebene (Mikroebene) sollen gründungsbezogene Kompetenzen und deren Entwicklung in den Blick genommen werden. Dabei gilt es zu untersuchen, inwiefern die Gruppe der Gründerinnen und Gründer mit Migrationshintergrund tatsächlich spezifische Beratungs- und Weiterbildungsbedarfe aufweist und welche besonderen Herausforderungen dadurch für die Gestaltung von Angeboten der Gründungsförderung abgeleitet werden können. Auf organisationaler Ebene (Mesoebene) sollen weiterhin die Anforderungen an eine professionelle migrationssensible Unterstützung und Förderung von Gründenden mit Migrationshintergrund näher beleuchtet werden. Dabei rücken vor allem öffentliche Gründungsberatungs- und -weiterbildungsangebote in den Fokus der Betrachtung. Diesbezüglich richtet sich die Analyse einerseits an den Fragen aus, wie sich die inhaltliche, didaktische und organisatorische Gestaltung bestehender Formate aktuell darstellt und was eine migrationssensible Gründungsförderung ausmacht. Andererseits stellt sich die Frage, über welche Kompetenzen in der Gründungsberatung und -weiterbildung Tätige vor diesem Hintergrund verfügen müssen. Auf struktureller Ebene (Makroebene) wird darüber hinaus eine Auseinandersetzung mit regionalen Unterstützungsstrukturen für Selbstständige mit Migrationshintergrund notwendig. Wenngleich das Deutsche Institut für Urbanistik (DIFU), das europäische Forum für Migrationsstudien (efms) oder der Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Integration und Migration (SVR) als die Debatte durchaus prägende Institutionen sich dieses Themas bereits in Ansätzen angenommen haben, sind systematische, empirische Studien und komparative Analysen zu Strukturen und Strategien regionaler Gründungsförderung insbesondere mit Blick auf diese spezifische Zielgruppe rar (vgl. Filsinger 2009, S. 280). Daher nimmt die vorliegende Arbeit auch in den Blick, inwiefern relevante Akteure der Gründungsförderung auf regionaler Ebene Konzepte besitzen und zusammenarbeiten, um einen gleichberechtigten Zugang zu entsprechenden Angeboten für die Zielgruppe herzustellen.


    ¹ Die Gewerbemeldungen enthalten nur Informationen zur Staatsangehörigkeit der Person. Es ist aber zu vermuten, dass ähnliche Tendenzen für Personen mit Migrationshintergrund zutreffen.

    ² Unter einem regionalen Unterstützungssystem werden neben genuinen Beratungs- und Weiterbildungseinrichtungen für Existenzgründerinnen und -gründer (z.B. Kammern) auch weitere gründungsrelevante Institutionen wie bspw. branchen- und zielgruppenspezifische Unternehmensverbände, Gründerzentren und -netzwerke (Inkubatoren), Ämter und Behörden, Vorsorgeeinrichtungen und Versicherungen sowie Banken und Finanzdienstleister verstanden.

    Teil II: Forschungsstand und theoretische Grundlagen

    2 Begriffliche Fundierung

    2.1 Migranten, Ausländer, Flüchtlinge und Menschen mit Migrationshintergrund

    Unter Migrantinnen und Migranten werden allgemein Personen zusammengefasst, die ihren Wohnsitz für eine bestimmte bzw. unbestimmte Zeit – eventuell für immer – in eine andere Region des eigenen Landes oder ins Ausland verlegen (vgl. Münz 2007, S. 1). Dabei lässt sich zunächst prinzipiell nicht unterscheiden, ob dafür eigene Motivationslagen (z.B. Studium im Ausland) oder existenzielle Zwänge (z.B. Verfolgung) ausschlaggebend sind. Dementsprechend kommt dem Begriff grundsätzlich eine wertneutrale Bedeutung zu, die erst durch gesellschaftliche Zuschreibungen, bspw. das Herausstellen milieuspezifisch begründeter Defizite von Migrantinnen und Migranten, eine negative Konnotation erfährt. Im Gegensatz dazu wird weder der Auszubildende aus Sachsen, der aufgrund subjektiv besser empfundener Arbeits- und Lebensbedingungen nach Baden-Württemberg zieht, noch die amerikanische Gastprofessorin in der gesellschaftlichen Wahrnehmung als Migrant bzw. Migrantin bezeichnet, wenngleich die oben angeführte Definition in gleicher Form zutreffen würde.

    Diesem analytischen Begriffsverständnis stehen auf der Ebene nationalstaatlicher Verfasstheit juristische Konstrukte gegenüber, die den rechtlichen Status von Migrantinnen und Migranten im Sinne staatsbürgerlicher Zuordnung definieren. Dabei lässt sich grundsätzlich zwischen Ausländern, also Personen die nicht die deutsche Staatsbürgerschaft besitzen, und Migrantinnen bzw. Migranten mit deutscher Staatsbürgerschaft differenzieren. Im Detail unterscheidet sich die Gruppe der Ausländer hinsichtlich des Aufenthaltsstatus. Das Gesetz über den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern im Bundesgebiet (AufenthG) legt dabei vier unterschiedliche Aufenthaltstitel fest, angefangen vom Visum als kurzfristig geltende (max. 3 Monate) befristete Aufenthaltserlaubnis (z.B. zur Durchreise oder für Urlaubsreisen) bis zur unbefristeten Aufenthaltserlaubnis (z.B. EU-Bürger). Besonders für diese Arbeit ist in dem Zusammenhang relevant, dass die gesetzliche Definition des Aufenthaltsstatus auch dafür bestimmend ist, ob Ausländer in Deutschland einer beruflichen Beschäftigung nachgehen können. Demgemäß hängt auch die Ausübung einer selbstständigen Tätigkeit von einer entsprechenden Aufenthaltserlaubnis ab. Im Detail regelt der § 21 des AufenthG alle damit einhergehenden Voraussetzungen und Bestimmungen.

    Für Flüchtlinge gelten wiederum weiterführende Regularien gemäß Abschnitt 6 des AufenthG und der Genfer Flüchtlingskonvention. Demnach werden als Flüchtlinge nach Deutschland eingewanderte Personen bezeichnet, die aus den in der Genfer Flüchtlingskonvention definierten Gründen verfolgt werden und einen effektiven Schutz in ihrem eigenen Heimatstaat nicht beanspruchen können oder in ihrem Heimatland potenziell von Verfolgung bedroht sind. Danach gilt als Flüchtling laut dem hohen Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen (UNHCR), wer

    „ […] aus der begründeten Furcht vor Verfolgung aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung sich außerhalb des Landes befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt, und den Schutz dieses Landes nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Befürchtungen nicht in Anspruch nehmen will; oder der sich als staatenlos infolge solcher Ereignisse außerhalb des Landes befindet, in welchem er seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte, und nicht dorthin zurückkehren kann oder wegen der erwähnten Befürchtungen nicht dorthin zurückkehren will" (Der hohe Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen 1951, S. 2).

    Als besonders interessant mit Blick auf die vorliegende Arbeit ist hervorzuheben, dass sich die vertragsschließenden Staaten mit dem Artikel 18 des 1951 ratifizierten Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge dazu verpflichten, den

    „… Flüchtlingen, […], hinsichtlich der Ausübung einer selbstständigen Tätigkeit […] eine möglichst günstige und jedenfalls nicht weniger günstige Behandlung [zu] gewähren, als sie Ausländern im Allgemeinen unter den gleichen Umständen gewährt wird" (Der hohe Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen 1951, S. 9).

    In der Realität wird dieser Forderung allerdings häufig nur ungenügend nachgekommen, was vor allem auf die zum Teil langwierigen Feststellungsverfahren zur Anerkennung des Flüchtlingsstatus und damit des Aufenthaltstitels zurückzuführen ist. Insbesondere für die Betroffenen (Asylbewerberinnen und -bewerber) ist dieser Umstand mitunter problematisch. Ohne die Klärung des Aufenthaltsstatus ist es ihnen nicht gestattet, an Integrationskursen bzw. anderen Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen teilzunehmen bzw. einer beruflichen oder einer selbstständigen Tätigkeit nachzugehen. Ferner wird langfristig gesehen sowohl ihre berufliche als auch gesamtgesellschaftliche Integration erschwert, wenn sie über Jahre hinweg abgeschottet und ohne Entwicklungsperspektive „verwaltet" werden. Gleichzeitig entsteht auch für Deutschland als Aufnahmestaat dadurch nicht selten eine paradoxe Situation. Während einerseits gut ausgebildete Fachkräfte dringend gebraucht werden, bleiben die Potenziale innerhalb der Gruppe der Flüchtlinge ungenutzt. Wenngleich in den letzten Jahren versucht wurde, durch gesetzliche Novellierungen schnellere Bearbeitungsmechanismen durchzusetzen, gilt es in dem Zusammenhang stärkere Anstrengungen seitens der beteiligten politischen Akteure zu unternehmen, um keine Potenziale zu vergeuden und Integrationsprozesse nicht zu konterkarieren.

    Im Gegensatz zur „Staatsangehörigkeit und zum „Aufenthaltsstatus stellt der Begriff „Migrationshintergrund" ein Konstrukt dar, welches weder eindeutig definiert noch einheitlich operationalisiert und erfasst wird. Die vorliegende Arbeit orientiert sich daher an der Definition des Statistischen Bundesamtes, um zumindest einer amtlichen Grundlage folgen zu können. Demgemäß wird zunächst zwischen Personen mit eigener Migrationserfahrung, also selbst Zugewanderten, und Personen ohne eigene Migrationserfahrung, also nicht selbst Zugewanderten, unterschieden. Als Personen mit eigener Migrationserfahrung werden sowohl Ausländer als Deutsche, die nach Deutschland immigriert sind und die deutsche Staatsbürgerschaft besitzen, bezeichnet. Letzteres betrifft beispielsweise die sog. russlanddeutschen Kontingentflüchtlinge, die vor allem nach dem Zusammenbruch der ehemaligen Sowjetunion aus deren Nachfolgestaaten nach Deutschland eingewandert sind.

    Als Personen mit Migrationshintergrund ohne eigene Migrationserfahrung gelten wiederum diejenigen, die nicht selbst nach Deutschland eingewandert sind. Auch hier wird zwischen Ausländern und Deutschen differenziert. Ausländer ohne eigene Migrationserfahrung können beispielsweise Nachkommen von Eingewanderten sein, die aufgrund der Staatsbürgerschaft ihrer Eltern keine deutsche Staatsbürgerschaft erhalten. Ferner wird nicht selbst Zugewanderten mit deutscher Staatsbürgerschaft ein Migrationshintergrund zugeschrieben, die mindestens einen zugewanderten oder als Ausländer in Deutschland geborenen Elternteil haben. Das trifft vor allem auf die Kinder und Enkel von sog. Gastarbeitern zu, die seit ihrer Geburt die deutsche Staatsbürgerschaft besitzen.

    Die folgende Darstellung (vgl. Abbildung 2) strukturiert den Begriff Migrationshintergrund überblicksartig:

    Abbildung 2: Strukturierung des Konzeptes „Personen mit Migrationshintergrund" (eigene Darstellung)

    Im Detail differenziert das Statistische Bundesamt die Bevölkerung mit Migrationshintergrund folgendermaßen aus: (vgl. Statistisches Bundesamt 2013, S. 7)

    1 Deutsche ohne Migrationshintergrund

    2 Personen mit Migrationshintergrund im weiteren Sinn

    2.1 Migrationshintergrund nicht durchgehend bestimmbar

    2.2 Personen mit Migrationshintergrund im engeren Sinn

    2.2.1 Personen mit eigener Migrationserfahrung (Zugewanderte)

    2.2.1.1 Ausländer

    2.2.1.2 Deutsche

    2.2.1.2.1 (Spät-)Aussiedler

    2.2.1.2.2 Eingebürgerte

    2.2.2 Personen ohne eigene Migrationserfahrung (nicht Zugewanderte)

    2.2.2.1 Ausländer (2. und 3. Generation)

    2.2.2.2 Deutsche

    2.2.2.2.1 Eingebürgerte

    2.2.2.2.2 Deutsche mit mindestens einem zugewanderten oder als Ausländer in Deutschland geborenen Elternteil

    2.2.2.2.2.1 mit beidseitigem Migrationshintergrund

    2.2.2.2.2.2 mit einseitigem Migrationshintergrund

    Abseits der beschriebenen eher technokratischen Definition von „Personen mit Migrationshintergrund stellt sich die Lebenswirklichkeit von Migrantinnen und Migranten in der deutschen Einwanderungsgesellschaft heute differenzierter dar. Diesbezüglich wird in der aktuellen Debatte einerseits die begriffliche Definition und die damit assoziierte gesellschaftliche Zuschreibung bestimmter Wesensmerkmale diskutiert. Andererseits ignoriert die begriffliche Fassung nicht selten Selbstwahrnehmung von Migrantinnen und Migranten. Als zentraler Kritikpunkt kristallisiert sich in dem Zusammenhang heraus, dass bei der Verwendung der Begriffe „Migranten bzw. „Menschen mit Migrationshintergrund häufig eine einheitliche, zumeist negativ konnotierte soziale Gruppe kolportiert wird (vgl. Beck/Perry 2007, S. 192). Dies entlarvt die empirische Sozialforschung allerdings als Irrtum. Aus vorliegenden Untersuchungen wird vielmehr deutlich, dass sich Migrantinnen und Migranten nicht länger als eine homogene Gruppe begreifen lassen (vgl. Wippermann/Flaig 2009, S. 6). Als Grundlage dieser Aussage gelten die Befunde von Wippermann und Flaig, die erstmals den gesellschaftswissenschaftlichen Ansatz der Sinus-Milieus auf die Analyse von Lebenswelten und Lebensstilen von in Deutschland lebenden Menschen mit unterschiedlichem Migrationshintergrund übertragen haben. Insgesamt kommen sie zu dem Ergebnis, dass es sich bei der Gruppe der Migrantinnen und Migranten „nicht um ein besonderes und schon gar nicht um ein einheitliches Segment der Gesellschaft handelt (ebd., S. 11). Die Migrations- und Integrationsforschung mit ihren zahlreichen Teilbereichen hat dies bereits in vielfältiger Form zur Kenntnis genommen. So werden migrationsrelevante Themen innerhalb verschiedener Fachdisziplinen heute im Wesentlichen nicht mehr unter der Chimäre von Negativ- und Defizitorientierung behandelt. Im Gegenteil kristallisieren sich innovative Ansätze in der Migrationsforschung heraus, die ohne Anspruch auf Vollständigkeit die Potenziale von „transnationalen sozialen Räumen" (vgl. Pries 2001, S. 51),

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