G wie Geschichten
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About this ebook
Man muss sie nicht erfinden,
sie kommen von ganz alleine.
Sie können uns erfreuen,
nachdenklich machen
oder traurig.
Die Geschichten in diesem Buch sind in verschiedenen Verlagen erschienen, einige davon auch im Ausland.
Die erste Geschichte:
„Das Zimmermädchen kommt um neun“
wurde 2006 im Schweizer Radio DRS1 gelesen.
Renate Gerlach
Renate Gerlach wurde in Thüringen geboren, lebte einige Jahre in Köln und seit 1960 in Zürich. Mit dem Schreiben hat sie schon sehr früh begonnen. Mit Gedichten, Kurzgeschichten und Büchern, die in verschiedenen Verlagen erschienen sind, einige auch im Ausland. Sie sieht den Menschen zu, hört ihre Geschichten und schreibt darüber. Die Autorin liest aber auch sehr gerne, und wenn ihr diese Welt einmal nicht gefällt, versteckt sie sich in einem Buch.
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Book preview
G wie Geschichten - Renate Gerlach
Inhaltsverzeichnis
Das Zimmermädchen kommt um neun
Anna-Lena klaut
Irina kommt in Ringelsöckchen
Smog über Istanbul
Neues vom Zauberlehrling
Des Zauberlehrlings Kreuzfahrt
Die Frau im blauen Mantel
Michos - ein griechischer Kellner erzählt
Das Wunder von Korfu
Grossvaters Allergie
Grossvaters Netzwerk
Man wird nur einmal neunzig
Die Bettnässerin
Die gegoogelten Kartoffelküchlein
Der geträumte Job
Grillabend mit BBB
Veganer Gast
Vitamine
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Handy-Verbot aufgehoben
Valuta 24. Dezember
Impressum
Das Zimmermädchen kommt um neun
Als ich zur Anzeigentafel sah, legte sich meine Stirne in tausend Falten. Flug XA 507 war annulliert worden, und das war mein Flug. Die nächste Maschine, für die ich noch buchen könne, ginge am späten Nachmittag, sagte mir die Angestellte am Auskunftsschalter. Ich hatte somit mehr als fünf Stunden Zeit. Was könnte ich damit anfangen? Da fiel mir Tante Marga und Onkel Robert ein, die etwa 40 km vom Flughafen entfernt wohnen. Ich hatte sie seit Jahren nicht mehr gesehen, wusste nur dass Onkel Robert inzwischen pensioniert war. Eine halbe Stunde später sass ich in einem Mietwagen. Es war kurz vor elf Uhr.
Auf mein Läuten wurde sehr schnell geöffnet und vor mir stand ein überraschter und sichtlich erfreuter Onkel Robert. Gross und noch immer sehr schlank, mit vielen kleinen Fältchen um die strahlenden blauen Augen. Nachdem ich ihm den Grund für meinen Ueberfall gesagt hatte - das Malheur mit dem annullierten Flug - versprach er in Zukunft nur noch mit genau dieser Airline fliegen zu wollen. Er freute sich ganz offensichtlich sehr über meinen Besuch.
Dann kam Tante Marga und ihr Anblick haute mich fast um. Sie trug einen blauen Rock, eine weisse Bluse, eine kleine weisse Servierschürze mit Rüschen, die auf dem Rücken mit einer Schmetterlingsschleife gebunden war und zur Krönung des Ganzen auf den grau-melierten Haaren eine kleine Spitzenhaube. Auch sie freute sich sehr und sie kam mir bis auf ihr Outfit keinesfalls komisch oder verschroben vor. Aber im Stillen fragte ich mich natürlich schon, ob mit Tante Marga noch alles in Ordnung sei.
Nach der herzlichen Begrüssung sagte Onkel Robert: „Wenn du erst um vier Uhr wieder am Flughafen sein musst, haben wir ja herrlich viel Zeit um zusammen essen zu gehen. Ich werde gleich einen Tisch im Gambrinus bestellen, während Marga sich umziehen kann."
Da war Tante Marga plötzlich ganz ausser sich. „Um Himmels willen, Kind, was musst du bei meinem Anblick gedacht haben? Und zu Onkel Robert sagte sie in vorwurfsvollen Ton: „Also wirklich, Robert, du hättest mich doch aufmerksam machen müssen...
Ich gestand, dass mir ihre Aufmachung schon etwas ungewohnt vorgekommen war.
Onkel Robert lachte. „Das ist eine amüsante Geschichte und ich schlage vor, dass wir sie dir beim Mittagessen erzählen."
Darauf war ich sehr gespannt, aber ich musste mich gedulden bis Onkel Robert den Wein ausgewählt hatte, bis wir uns nach dem Studium der verführerischen Speisekarte entschieden hatten und schliesslich mit einem Glas Wein anstossen konnten.
Und dann erzählt Onkel Robert:
„Wir hatten uns gut auf die Pensionierung vorbereitet, wenigstens glaubten wir das. Wir hatten Kurse besucht, Vorträge angehört und vieles über diesen neuen Lebensabschnitt gelesen. Die Wirklichkeit war dann aber wie so oft anders. Ich hatte von einem Tag auf den anderen keine täglichen Pflichten mehr, während Margas Pflichten weiterhin bestanden. Damit kam ich nicht gut klar, mit dieser Selbstverständlichkeit, mit der sie ihre täglichen Aufgaben erledigte. Für sie war alles noch wie bisher strukturiert und vorgegeben. Natürlich freute ich mich über meine neue Freiheit, ich genoss es, die Zeitung von vorn bis hinten zu lesen, nicht nur wie bisher selektiv. Ich half auch im Haushalt, übernahm verschiedene Besorgungen. Trotzdem, etwas störte mich und ich weiss heute, was es war. Eben diese Selbstverständlichkeit, mit der das Leben für Marga weiter ging. Darauf war ich wohl eifersüchtig.
Und Tante Marga erzählt:
„Nein, mein Leben ging nicht gleich weiter, denn nun war ich ja Standby."
„Standby?", fragte ich etwas irritiert, denn dieser Ausdruck war mir nur von technischen Geräten bekannt.
„Ja, Standby. Wenn ein Mann pensioniert wird, kommt seine Frau in den Standby-Modus. Man erwartet nun von ihr, dass sie immer und zu jeder Zeit für alle Aktivitäten, Unternehmungen, Events ihres Mannes sofort zur Verfügung steht. Alle erwarten das, alle sagen das, nur wer diesen Unsinn erfunden hat weiss wieder mal keiner. Die Hausarbeit besteht ja weiterhin, sogar erweitert, aber man spricht nicht davon, sie wird totgeschwiegen.
In der Praxis sieht das dann so aus:
Du schaust am Morgen aus dem Fenster, es hat in der Nacht geregnet und gestürmt, und da denkst du, heute Morgen könnte ich die Terrasse in Ordnung bringen und sie am Nachmittag so richtig geniessen. Robert sagt, wir wollten doch schon lange mal wieder um den Obersee herum wandern. Das könnten wir heute tun. Und dann wandern wir um den Obersee herum und kehren im Ausflugsrestaurant ein. Das ist total überfüllt, weil gerade vorher eine Gruppe angekommen ist. Wir haben zwei schlechte Plätze neben dem Durchgang zur Küche, das Personal ist überlastet und gereizt.
Und da sagt Robert ganz treffend: Auf unserer Terrasse wäre es schöner.
Und ich sage, dass ich das auch vorgehabt hatte.
Und er fragt, warum ich dann nichts gesagt hätte.
Ja, warum wohl, weil ich eben Standby bin.
Dann kam zum Glück die Ferienreise nach Griechenland. Wir hatten es sehr gut getroffen, das Hotel lag wunderbar, direkt am Strand zwischen Bäumen und vielen Blumen. Nur etwas störte uns. Die Zimmermädchen kamen jeweils sehr früh zum Saubermachen. Kaum waren wir mit dem Frühstück fertig, rückte schon die Crew an und wir konnten nur noch schnell die Badesachen einpacken und verschwinden.
Einmal unterhielt ich mich im Flur mit einer Frau, die ich am Strand kennen gelernt hatte. Da rief Robert, ich solle mich beeilen, die Mädchen seien schon da. Ich rief gereizt zurück: Na sollen sie doch! Und da sagte mein Mann: Das musst du doch verstehen, die Mädchen müssen schliesslich ihre Arbeit machen, die macht sich nicht von alleine.
Aha!!!
Welche verständnisvollen Worte aus dem Munde meines Mannes, dieses Mannes, der mich zu Hause schon unzählige Male genervt hat mit Fragen
wie oft?
warum?
wieso?
musst du das jetzt machen????
Ja und da kam mir diese Idee. Gleich nachdem wir nach Hause zurückgekehrt waren ging ich in ein Geschäft für Hotelzubehör und kaufte mir meine Zimmermädchen-Uniform. Und seither kommt auch bei uns jeden Morgen um neun das Zimmermädchen."
Onkel Robert hat die ganze Zeit amüsiert zugehört. Nun lacht er. „Ja, ich habe gleich bei diesem kleinen Intermezzo auf dem Flur des Hotels gemerkt, dass da etwas