Vier Tage und ein Leben lang
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Book preview
Vier Tage und ein Leben lang - Alexandra Liebert
Alexandra Liebert
VIER TAGE UND EIN LEBEN LANG
Eine Liebesgeschichte
© 2016
édition el!es
www.elles.de
info@elles.de
Alle Rechte vorbehalten.
ISBN 978-3-95609-169-8
Coverfoto:
© malwa – Fotolia.com
Erschrocken zuckte ich zusammen, während mein Blick ängstlich zum Fenster hinauswanderte. Es würde nicht mehr lange dauern, höchstens ein paar Sekunden. Bumm! Da war es schon. Obwohl ich wie gebannt nach draußen gehorcht und leise dabei gezählt hatte, erschrak ich auch diesmal. Dabei war es wirklich nicht unerwartet, dass auf diesen grellen Blitz von gerade eben nun auch ein Donner folgte.
Es schüttete in Strömen. Ich fragte mich, ob das nur Regen oder auch Hagel war, was da vom Himmel herunterprasselte. »Nicht mal einen Hund hab ich, mit dem ich mich jetzt gemütlich auf die Couch legen könnte«, brummelte ich leise vor mich hin. So weit war es schon mit mir gekommen. Die Suche nach einer Frau hatte ich längst – wann genau war das eigentlich? – aufgegeben und meine Sehnsüchte stattdessen auf Hunde beschränkt.
Es war nicht so, dass ich Angst vor Gewittern hatte. Das plötzliche, gleißende Licht des Blitzes hatte mich lediglich aus meinen Vorbereitungen gerissen. Vorbereitungen für eine Gartenparty, zu der ich später am Abend eingeladen war. Doch wie sich zeigte, war auf das Wetter wieder einmal kein Verlass. Ich würde wohl mein Sommeroutfit wieder in den Schrank packen und stattdessen die Gummistiefel aus dem Keller holen.
»Verena, schön, dass du hier bist!« Cordula zog mich strahlend an sich, um ihre Worte mit einer dicken Umarmung zu unterstreichen.
Ich drückte meiner Gastgeberin, die nebenbei auch noch seit gefühlten hundert Jahren meine beste Freundin war, eine Flasche Wein in die Hand, bevor sie mich mit einem sanften Stoß in den bereits dicht bevölkerten Garten schubste. »Geh dich amüsieren«, flüsterte sie mir dabei ins Ohr.
Ein vielfaches »Hallo« und »Wie geht’s?«, hin und wieder ein »Toll, dass das Wetter noch aufgeklart hat« – und meistens war ich dann doch wieder froh, dem faden Smalltalk zu entkommen. Für mich gab es nichts Schlimmeres als diese sinnleeren, immer wiederkehrenden Gespräche. Als ich noch jung gewesen war und meine ganze Verwandtschaft im Minutentakt an meinem Geburtstag anrief, hatte mir das manchmal die Geduld geraubt. Und das lag nicht nur daran, dass ich es hasste, Smalltalk mit Menschen zu führen, mit denen ich das ganze Jahr kaum Kontakt hatte. Was wirklich anstrengend war, waren die immer gleichen Fragen und Aussagen. »Na, feierst du schön?«, »Was hast du denn Schönes geschenkt bekommen?«, »Wie alt bist du denn jetzt geworden?« – das ist für einen Teenager manchmal wirklich zu viel. Natürlich lernte man im Laufe der Jahre besser damit umzugehen, und gerade bei geschäftlichen Terminen waren solche Gespräche oft unausweichlich. Aber im privaten Umfeld gönnte ich mir so oft es ging die Freiheit, vor solchen Oberflächlichkeiten davonzulaufen.
Zum Glück gab es aber auch ein paar gute Bekannte von mir unter den Gästen, so dass der Abend doch noch lustig und unterhaltsam wurde. Hin und wieder hatte ich auch Gelegenheit, unter all den bekannten Gesichtern in ein fremdes zu schauen. Doch keines davon weckte den Wunsch in mir, nähere Bekanntschaft zu schließen.
Mit einer Ausnahme. Eine Frau, sie musste wohl in meinem Alter sein, tauchte hin und wieder hinter einem Baum, neben dem Grill oder im Gespräch mit anderen Gästen auf. Manchmal hatte sie ein Glas Wein in der Hand, manchmal einen Teller mit Salaten, doch was sich nie änderte, war der gequälte, traurige Blick in ihren Augen.
Gerade als ich sie einmal wieder beobachtete – ich ertappte mich irgendwann dabei, dass ich das schon seit Stunden immer wieder tat, sie mit meinen Blicken suchte und, wenn ich sie nicht sofort entdeckte, den kompletten Garten systematisch nach ihr abscannte –, tauchte Cordula neben mir auf.
»Wer ist das?«, fragte ich so leise und desinteressiert wie möglich.
Cordulas Augen folgten meinem Blick. Ein kurzes Stirnrunzeln, dann sagte sie: »Ach, das ist Sarah. Ich kenne sie nicht wirklich, meine Cousine hat sie mit angeschleppt.«
»Franzi?«, fragte ich nach.
»Jo, genau die.« Damit nickte Cordula mir noch einmal kurz zu, um weiter ihre Runden zu drehen.
Doch mein Interesse war nun endgültig geweckt. Franzi war nicht nur irgendeine Cousine von Cordula. Sie war die Cousine, die ebenfalls auf Frauen stand. Das machte die fremde Frau doch gleich noch ein Stück interessanter. Ob sie wohl mit Franzi zusammen war? Diese Frage beschäftigte mich eine Weile. Ich