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Otto von Bismarck: Der Reichsgründer
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Ebook80 pages1 hour

Otto von Bismarck: Der Reichsgründer

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Kein deutscher Staatsmann der vergangenen zwei Jahrhunderte wurde (und wird) von den Historikern so gegensätzlich beurteilt wie Otto von Bismarck, Preußens Ministerpräsident zwischen 1862 und 1890 und treibende Kraft im deutschen Einigungsprozess. Das Spektrum der Urteile reicht von fast hasserfüllter Verachtung bis zu höchster Wertschätzung.
Und tatsächlich war Otto von Bismarck, dieser konservative Gutsherr und Raufbold aus der preußischen Provinz, ein hochkomplexer, von inneren Widersprüchen zerrissener Mann:
Ein Zivilist, der versucht hatte, sich vor dem Militärdienst zu drücken, aber als Reichskanzler fast immer Generalsuniform trug. Ein vermeintlich "eiserner" Politiker, der zu kindischen Wutausbrüchen und Heulkrämpfen neigte sowie zu hysterischen Anfällen von Hypochondrie. Ein Erzreaktionär, der 1866 ein für jene Zeit ungemein freiheitliches Wahlrecht entwarf und durchsetzte. Ein Kriegstreiber, der nach militärischen Siegen oft seine Feinde schonte.
Doch wie auch immer man nun Bismarck beurteilt - ob als "politisches Genie" (so sein Biograf Steinberg) oder als "modernen Berufspolitiker von skrupelloser Flexibilität" (so der Historiker Hans-Ulrich Wehler): In einem zumindest sind sich seine Verehrer wie Gegner einig: Otto von Bismarck hat die Geschichte Preußens, Deutschlands, ja ganz Europas im 19. Jahrhundert entscheidend geprägt.

Inhalt

1. Reichsgründung: Der Lotse des neuen Deutschland
Von Heinrich Jaenecke

2. Bismarck im Urteil der Forscher: Diplomat, Kriegstreiber, Reichsgründer
Interview mit Prof. Dr. Bernd Jürgen Wendt

3. Zeitleiste: Die Ära des Otto von Bismarck
LanguageDeutsch
PublisherGEO EPOCHE
Release dateMar 21, 2015
ISBN9783652004886
Otto von Bismarck: Der Reichsgründer

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    Otto von Bismarck - GEO EPOCHE

    Der Lotse des neuen Deutschland

    Im Herzen Frankreichs, im Spiegelsaal von Versailles, wird der Preußenkönig Wilhelm I. am 18. Januar 1871 zum Deutschen Kaiser ausgerufen. Dieser Akt ist das Werk eines Mannes: des preußischen Ministerpräsidenten Otto von Bismarck. Mit Intrigen und Kriegen – zuletzt gegen Frankreich – hat der skrupellose Politiker sein Ziel erreicht und aus 25 Einzelstaaten eine geeinte Nation geformt. Für Jahrzehnte bestimmt vor allem er die Geschicke der Deutschen

    Von Heinrich Jaenecke

    Er war ein Gewaltmensch. In der hünenhaften Gestalt mit dem massigen Schädel brannte eine vulkanische Energie, die aus seinem Leben eine Kette unaufhörlicher Kämpfe machte. Blut schreckte ihn nicht. Als Student schlug er in drei Semestern 28 scharfe Mensuren und kam bei allen glimpflich davon. Als Staatsmann brach er in sechs Jahren drei Kriege vom Zaun, die er alle gewann. Er stapfte mit seinen Kürassierstiefeln durch das Jahrhundert und ließ ganz Europa erbeben in Schrecken und Bewunderung.

    Er war kein Gewaltmensch. In der hünenhaften Gestalt mit dem massigen Schädel hauste eine empfindsame, harmoniebedürftige Seele. Er litt unter schweren Depressionen und wurde in Lebenskrisen von Weinkrämpfen geschüttelt. Seiner Frau schrieb er von jeder Reise, jedem Feldzug, jeder Konferenz die zärtlichsten Briefe, über 40 Jahre hinweg. Er konnte kaltblütig über Schlachtfelder reiten, aber er geriet in Panik, wenn er drei Tage lang keine Post von ihr bekam.

    Er hasste seine Mutter, eine schöne, gebildete, ehrgeizige Frau, die ihn mit sechs Jahren aus seinem Kinderparadies, dem väterlichen Gut, riss und nach Berlin in ein Internat steckte. „Meine Kindheit hat man mir in der Plamannschen Anstalt verdorben, die mir wie ein Zuchthaus vorkam."

    Die Frauen seiner Dienstherren, Kaiserin Augusta und ihre englische Schwiegertochter Victoria, verabscheuten ihn. „Fürst Bismarck hat so viel Brutales und Zynisches, so wenig Anständiges und Ehrliches in seiner Natur; er ist ein Mensch aus einem ganz anderen Jahrhundert" – so Victoria, die Gemahlin Kaiser Friedrichs III.

    Er polarisierte und hatte ein Vergnügen daran. Er machte Bewunderer zu Feinden und Feinde zu Bewunderern. Theodor Fontane, anfangs ein Bewunderer, nannte ihn eine „Mischung von Übermensch und Schlauberger, von Heros und Heulhuber".

    Die preußische Kardinaltugend, der Gehorsam, war Bismarcks Sache nicht. „Ich habe nie Vorgesetzte vertragen können, bekannte er. „Nicht zu gehorchen, sondern zu befehlen sei sein Ehrgeiz. Als Behördenchef war er gefürchtet. „Die Zitrone ausdrücken und wegwerfen, das ist seine Politik", sagte ein Diplomat, der unter ihm arbeitete.

    Er war der erfolgreichste Machtmensch der deutschen Geschichte, aber er verlor nie den Boden unter den Füßen. „Das lernt sich in diesem Gewerbe, schrieb er seiner Frau, „dass man so klug sein kann wie die Klugen dieser Welt und doch jederzeit in die nächste Minute geht wie ein Kind ins Dunkle.

    Er hatte nichts übrig für einen deutschen Nationalstaat. Doch als dieser nicht zu verhindern war, setzte er sich an die Spitze der Bewegung und zimmerte ihn nach seinem Gusto zusammen. „An Grundsätzen hält man nur fest, solange sie nicht auf die Probe gestellt werden."

    Lange Zeit wusste er nicht, was er mit seinem Leben anfangen sollte. „Ich habe manche Stunde trostloser Niedergeschlagenheit mit dem Gedanken zugebracht, dass mein und anderer Menschen Dasein zwecklos und unersprießlich sei", sagte er mit 31 Jahren.

    Er musste sich nicht nach oben durchboxen. Er gehörte der Kaste an, die die tragende Säule des preußischen Staates war, und als er entdeckte, wozu er auf der Welt war – nämlich einzugreifen in den Lauf der Dinge, Schicksal zu sein statt zu erleiden –, brauchte er nur die Bühne zu betreten. Das Stück, das auf dem Spielplan des Jahrhunderts stand, hieß „Was soll aus Deutschland werden?".

    Die Welt ist im Umbruch, als Otto von Bismarck 1815 im väterlichen Schloss Schönhausen in der Altmark, 100 Kilometer westlich von Berlin, geboren wird. Napoleon ist geschlagen, Europa atmet auf nach einem Vierteljahrhundert Krieg und Tyrannei. Eine Welle der Hoffnung geht durch Deutschland. Das alte „Heilige Römische Reich Deutscher Nation, ein amorphes Gebilde, das sich wie ein Gespenst durch die Jahrhunderte schleppte, ist für immer untergegangen. Die Befreiungskriege haben das Tor zu einem neuen Zeitalter aufgestoßen. „Einheit und Freiheit heißt die Losung – Nationalstaat und Demokratie.

    Die deutschen Fürsten haben ihren Untertanen während der Erhebung gegen Napoleon freiheitliche Verfassungen versprochen. Doch nur wenige halten Wort. Österreich und Preußen, die beiden deutschen Großmächte, denken nicht daran, dem Volk Mitbestimmung einzuräumen. Klemens Fürst von Metternich, der österreichische Staatskanzler, dreht das Rad der Geschichte zurück und etabliert im Bündnis mit Preußen ein rigoroses Unterdrückungssystem.

    Auch von „Einheit ist keine Rede mehr. An die Stelle des alten Reiches tritt der „Deutsche Bund, ein loser Zusammenschluss der 39 Einzelstaaten (35 Erbmonarchien und vier Freie Städte), die ihre volle Souveränität behalten. Einzige gesamtdeutsche Institution ist der „Bundestag" in Frankfurt – kein Parlament, sondern ein Delegierten-Club der Regierungen.

    Der preußische Landjunker Otto von Bismarck wächst

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