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Große Briefe der Freundschaft: "Unsere Seelen sind ja auf dem Du-Fuß. Tausend Aller-Allerbestes Du!"
Große Briefe der Freundschaft: "Unsere Seelen sind ja auf dem Du-Fuß. Tausend Aller-Allerbestes Du!"
Große Briefe der Freundschaft: "Unsere Seelen sind ja auf dem Du-Fuß. Tausend Aller-Allerbestes Du!"
Ebook333 pages3 hours

Große Briefe der Freundschaft: "Unsere Seelen sind ja auf dem Du-Fuß. Tausend Aller-Allerbestes Du!"

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About this ebook

"Lebe wohl und bleibe mir unwandelbar gewogen, wie ich auch Dich über Stock und Stein im Herzen zu tragen hoffe." Gottfried Keller an seinen Studienfreund, den Maler Salomon Hegi Gute Freunde sind das vielleicht Wichtigste auf der Welt - und das war schon immer so. Goethe und Schiller, Friedrich der Große und Voltaire, Rilke und Rodin, Ludwig II. von Bayern und Wagner - immer wieder haben tiefe Freundschaften zwischen Künstlern, Politikern, Philosophen und anderen großen Männern unsere Geschichte und Kultur entscheidend mitgeprägt. Meist stiller, aber nicht weniger bedeutend, waren die Freundschaften großer Frauen wie Bettina von Arnim, Catharina Elisabeth Goethe, Cosima Wagner und Rosa Luxemburg zueinander oder zu berühmten Männern, die sich von ihnen inspirieren ließen. Die Höhen und Tiefen solcher großen Freundschaften haben in vergangenen Jahrhunderten Eingang in zahlreiche Briefe gefunden, die mal von tiefsten Gefühlen, mal von kleinen, rührenden oder auch witzigen Alltäglichkeiten berichten. Diese Freundschaftsbriefe geben uns Einblick in eine Welt, in der all die wunderbaren Seiten des Freunde-Seins inniger und dauerhafter Ausdruck fanden, als das in unserer flüchtigen, elektronischen Zeit oft üblich ist.
LanguageDeutsch
Publishermarixverlag
Release dateJun 29, 2012
ISBN9783843801966
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    Book preview

    Große Briefe der Freundschaft - marixverlag

    Cover

    Über den Autor

    Über den Autor

    M.A. phil. Katharina Maier, geboren 1980, hat Vergleichende Literaturwissenschaften studiert und arbeitet inzwischen als freie Schriftstellerin und Übersetzerin. Sie ist Herausgeberin weiterer erfolgreicher Titel aus dem marixverlag.

    Zum Buch

    Zum Buch

    „Lebe wohl und bleibe mir unwandelbar gewogen, wie ich auch Dich über Stock und Stein im Herzen zu tragen hoffe."

    Gottfried Keller an seinen Studienfreund,

    den Maler Salomon Hegi

    Gute Freunde sind das vielleicht Wichtigste auf der Welt – und das war schon immer so. Die Höhen und Tiefen solcher großen Freundschaften haben in vergangenen Jahrhunderten Eingang in zahlreiche Briefe gefunden, die mal von tiefsten Gefühlen, mal von kleinen, rührenden oder auch witzigen Alltäglichkeiten berichten. Diese Freundschaftsbriefe geben uns Einblick in eine Welt, in der all die wunderbaren Seiten des Freunde-Seins inniger und dauerhafter Ausdruck fanden, als das in unserer flüchtigen, elektronischen Zeit oft üblich ist.

    Goethe und Schiller, Friedrich der Große und Voltaire, Rilke und Rodin, Ludwig II. von Bayern und Wagner – immer wieder haben tiefe Freundschaften zwischen Künstlern, Politikern, Philosophen und anderen großen Männern unsere Geschichte und Kultur entscheidend mitgeprägt.

    Meist stiller, aber nicht weniger bedeutend, waren die Freundschaften großer Frauen wie Bettina von Arnim, Catharina Elisabeth Goethe, Cosima Wagner und Rosa Luxemburg zueinander oder zu berühmten Männern, die sich von ihnen inspirieren ließen.

    Haupttitel

    Große Briefe der Freundschaft

    Unsere Seelen sind ja auf dem Du-Fuß

    Tausend Aller-Allerbestes Du!

    Herausgegeben von Katharina Maier

    marixverlag

    Impressum

    Inhalt

    Über den Autor

    Zum Buch

    Vorwort

    Luther und Melanchthon während des Augsburger Reichstags 1530

    Luther an Melanchthon

    Melanchthon an Luther

    Luther an Melanchthon

    Jonathan Swift und Charles Ford

    Swift an Ford

    Ford an Swift

    Swift an Ford

    Ford an Swift

    Swift an Ford

    Ford an Swift

    Friedrich der Große, der »Philosoph von Sanssouci«, an Voltaire

    Das »Pflegkind« Maria Theresia an Gräfin Rosalie von Edling

    Die Familie Klopstock und »Vater Gleim«

    Klopstock an Gleim

    Klopstock an Gleim und Ramler

    Meta Moller an Gleim

    Klopstock an Gleim

    Meta Klopstock an Gleim

    Gleim an Klopstock

    Klopstock an Gleim

    Gleim an Klopstock

    Gleim an Karl Christian Klopstock

    Klopstock an Gleim

    Gleim an Klopstock

    Gleim an Klopstock und dessen zweite Frau Johanna Elisabeth, genannt Windheme

    Klopstock und Windheme an Gleim

    Gleim an Windheme

    Gleim an Klopstock

    Windheme an Gleim

    Lichtenberg an seine Freunde

    An den Studienkollegen Jöns Matthias Ljungberg

    An den »Gevatter«, Buchhändler und Verleger Johann Christian Dieterich

    An Dieterich und dessen Frau Christiane

    An Frau Dieterich

    An Frau Dieterich (Christelchen)

    An Frau Dieterich und Töchter

    An Georg Heinrich Hollenberg

    An G. H. Amelung

    An Christoph Wilhelm Hufeland

    Catharina Elisabeth Goethe an Herzogin Anna Amalia

    Frau Aja, die Bettine und Goethe

    Bettine an Frau Aja

    Bettine an Frau Aja

    Frau Aja an Bettine

    Bettine an Frau Aja

    Frau Aja an Bettine

    Goethe an Bettine

    Bettine an Frau Aja

    Goethe an Bettine kurz nach dem Tod von Frau Aja

    Bettine an Goethe über den Tod von Frau Aja

    Goethe und Schiller

    Goethe an Schiller

    Schiller an Goethe

    Goethe an Schiller

    Schiller an Goethe

    Goethe an Schiller

    Schiller an Goethe

    Goethe an Schiller

    Schiller an Goethe

    Goethe an Schiller

    Schiller an Goethe

    Goethe an Schiller

    Schiller an Goethe

    Goethe an Schiller

    Schiller an Goethe

    Goethe an Schiller

    Schiller an Goethe

    Goethe an Schiller

    Schiller an Goethe

    Byron über Shelley

    An John Murray (1778–1843), bedeutender schottischer Verleger

    An R. B. Hopper

    An Thomas Moore (1779–1852), irischer Dichter

    An John Murray

    An Thomas Moore

    An Mary Shelley

    Eduard Mörike und Theodor Storm

    Mörike an Storm

    Storm an Mörike

    »Herr Meisterin« George Sand und der »alte Troubadour« Gustave Flaubert

    George Sand an Flaubert

    Flaubert an George Sand

    George Sand an Flaubert

    Flaubert an George Sand

    George Sand an Flaubert

    Flaubert an George Sand

    George Sand an Flaubert

    Flaubert an George Sand

    George Sand an Flaubert

    Flaubert an George Sand

    George Sand an Flaubert

    Franz Liszt an seinen Schüler und zeitweiligen Schwiegersohn Hans von Bülow

    Liszt an Wagner

    Richard und Cosima Wagner an Friedrich Nietzsche

    Cosima Wagner an Nietzsche

    Richard Wagner an Nietzsche

    Cosima Wagner an Nietzsche

    Richard Wagner an Nietzsche

    Cosima Wagner an Nietzsche

    Richard Wagner und Ludwig II. von Bayern

    Ludwig an Wagner

    Wagner an Ludwig

    Ludwig an Wagner

    Wagner an Ludwig

    Adolph Kolping an den Landschaftsmaler Ferdinand Müller

    Gottfried Keller an Theodor Storm, Paul Heyse und andere Freunde

    An Johann Salomon Hegi

    An Theodor Storm

    An Eduard Münch

    An Paul Heyse

    An Theodor Storm

    An Maria Knopf

    Johann Strauss an den Musikalienverleger Carl Haslinger

    Die »uralte« Marie von Ebener-Eschenbach an Enrica von Handel-Mazzetti

    Wilhelm Busch an Maria Anderson

    Manet an Mallarmé

    Paul Cézanne an Émile Bernard

    Zola an Flaubert

    August Strindberg und Paul Gauguin

    Strindberg an Gauguin

    Gauguin an Strindberg

    Van Gogh an Gauguin

    Rosa Luxemburg aus dem Gefängnis an Sophie Liebknecht

    Rilke an »seinen Meister« Rodin

    Paula Modersohn-Becker an Clara Westhoff (und an Rilke)

    Verzeichnis der Briefeschreiber

    Literaturverzeichnis

    Fußnoten

    Kontakt zum Verlag

    Vorwort

    »Ein Freund ist gleichsam ein anderes Ich«, schrieb der römische Schriftsteller und Rhetoriker Cicero im ersten Jahrhundert vor Christus. Ähnliches verkündete der große Philosoph Aristoteles schon über dreihundert Jahre früher: »Freundschaft, das ist eine Seele in zwei Körpern.«

    Wie die Liebe ist auch die Freundschaft etwas Zeitloses. Sie geht sogar mit Ersterer Hand in Hand. Im Deutschen mögen wir unseren Freunden weit weniger bereitwillig sagen, dass wir sie lieben, wie z.B. im Englischen oder im Griechischen, aber das Gefühl besteht nichtsdestotrotz. Es gibt sogar genug Denker, Dichter und ›ganz normale‹ Menschen, die der Freundesliebe eine viel größere Dauerhaftigkeit zuschreiben als der romantischen – und sei es so humoristisch wie Wilhelm Busch:

    »Es blüht die Wurst nur kurze Zeit

    Die Freundschaft blüht in Ewigkeit.«

    Sein ebenso scharfzüngiger Kollege Heinrich Heine stimmt ihm ernster zu: »Hat man die Liebe durchgeliebt, fängt man die Freundschaft an.«

    Natürlich bleiben nicht alle Freundschaften bestehen. Auch so einige der ›großen‹, berühmten Freundschaften, von denen Zeugnisse in diesem Buch abgedruckt sind, endeten im Streit oder doch zumindest in der Entfremdung. Andere wiederum dauerten Jahrzehnte, wenn nicht gar ein ganzes Leben. Doch ob sie nun lange Zeit oder nur kurz währten, die Freundschaften zwischen so bedeutenden Geistern wie Friedrich dem Großen und Voltaire, Goethe und Schiller, George Sand und Gustave Flaubert und van Gogh und Gauguin waren immer intensiv und fruchtbar. Im freundschaftlichen Austausch, so scheint es, erreichte ihre schriftstellerische, philosophische, künstlerische und politisch-kämpferische Produktivität neue Höhen. Gemeinsam waren sie ›mehr‹, als sie alleine waren. Die Großen Briefe der Freundschaft lassen uns einen kurzen Blick in das ›Innenleben‹ dieser faszinierenden Beziehungen werfen.

    Zugleich waren diese ›großen Freundschaften‹ auch Alltagsfreundschaften. Man erzählte einander von Krankheiten und Geldsorgen, Herzensangelegenheiten und anderen Ärgernissen, von Erfolg und Misserfolg, von Glück und Unglück. Und so bieten die Großen Briefe der Freundschaft auch Einblick in das Alltagsleben einiger der berühmten Männer und Frauen der Geschichte. Schließlich war in Zeiten vor E-Mail und Telefon der Brief die einzige Möglichkeit, mit weit entfernt lebenden Freunden in Kontakt und über deren Leben ›auf dem Laufenden‹ zu bleiben.

    Diese Briefkultur, die uns abhandengekommen ist, geht nicht selten mit einer tiefen Emotionalität einher, einer Innigkeit, wie sie uns nicht ganz vertraut ist. Daran ändert nichts, dass viele der Freunde, die auf den Seiten dieses Buches zu Wort kommen, stets das in unseren Ohren so formal klingende ›Sie‹ gebrauchen. Gerade in der Zeit des 18. und frühen 19. Jahrhunderts (und auch später noch) spricht dies selten von fehlender Herzlichkeit, sondern ist eher ein Zeichen fortwährenden Respekts. In der Tat lehren uns diese Großen Briefe der Freundschaft aus vergangenen Jahrhunderten so einiges über Offenheit und Freundesliebe.

    Jeder Brief in diesem Buch ist so eigen und individuell wie sein Schreiber, sein Empfänger und die Beziehung, die die beiden verbindet. Deswegen wurde der charakteristische Ausdruck eines jeden Briefeschreibers nach Möglichkeit bewahrt, wobei allerdings kleine Korrekturen zur besseren Lesbarkeit und Verständlichkeit der Briefe vorgenommen wurden. Außerdem wurden alle Briefe behutsam in die neue Rechtschreibung übertragen.

    Zuletzt möchte ich noch einen tiefen Dank an Eva Maier aussprechen, meiner ganz persönlichen ›Frau Aja‹. Sie weiß, wofür.

    Katharina Maier, Januar 2011

    Luther und Melanchthon während des Augsburger Reichstags 1530

    Philipp Melanchthon (1497–1560) war in vieler Hinsicht die rechte Hand des großen Reformators Martin Luther (1483–1546). Die Freundschaft zwischen den beiden war so innig, dass Melanchthon einmal gesagt haben soll, dass er lieber tot wäre, als von Luther getrennt zu sein.

    Der hochgelehrte Philosoph Melanchthon lernte den Reformator kennen, als er die Position eines Professors für griechische Sprache an Luthers Heimatuniversität in Wittenberg antrat. Er unterstützte den theologischen Rebellen oft mit gelehrtem Rat und entschlossener Tat in seinen zahlreichen Auseinandersetzungen mit Bischöfen, Kardinälen und anderen »Sophisten und Mönchen«.

    Besonders bedeutend war Melanchthons Auftreten beim Augsburger Reichstag 1530; zu dieser Gelegenheit wollten die protestantischen Theologen und Landesfürsten die Sache der Reformation vor Kaiser Karl V. und gegen ihre katholischen Gegner verteidigen. Luther selbst konnte Kursachsen, wo er unter dem Schutz des dortigen Kurfürsten stand, nicht verlassen, ohne sein Leben zu verwirken. Deswegen fungierte Melanchthon beim Augsburger Reichstag als Stellvertreter seines Freundes.

    Ganz reibungslos funktionierte die ganze Sache allerdings nicht, wie der Briefwechsel aus jener Zeit zeigt: Luther sorgt sich um die Freunde, die sich im fernen Augsburg in echter Gefahr befinden; noch mehr allerdings sorgt er sich um Melanchthons große Besorgtheit, der nichts so fürchtet wie das Scheitern der protestantischen Sache.

    Nichtsdestotrotz trat Melanchthon in Augsburg mit großer Beredtheit und Entschlossenheit auf. Aus seiner Feder stammt die »Confessio Augustana«, das Augsburger Bekenntnis, das die Vertreter der Reformation Kaiser Karl V. überreichten und das heute noch die Grundlage der evangelischen Kirchen bildet. Nach Luthers Tod wurde Melanchthon zu einem seiner bedeutendsten Nachfolger.

    Luther an Melanchthon

    12. Mai 1530

    Gnade und Friede im Herrn!

    Lieber Philipp, am 8. Mai habe ich eine Antwort auf Euren Brief aus Nürnberg begonnen; aber es kam etwas dazwischen, sodass ich’s bisher aufgeschoben habe. Inzwischen haben wir Euer Bündel Briefe aus Augsburg erhalten. Ich habe meine Streitschrift gegen die Geistlichen [von Augsburg] längst beendigt und nach Wittenberg geschickt. […] Als ich dies erledigt hatte, habe ich die Propheten zur Hand genommen und mit großem Eifer angefasst, ich überschlug, bis Pfingsten könne ich alle Propheten übersetzt haben. Dann Äsop und anderes.

    Ich hätte es auch sicherlich geschafft, so ging die Arbeit vorwärts. Aber der alte äußere Mensch erlitt einen Zusammenbruch, sodass er das Ungestüm des inneren, neuen Menschen weder aushalten noch ihm folgen konnte. Sausen, ja Donner erfüllte das Haupt, und wenn ich nicht sogleich aufgehört hätte, wäre ich in eine Ohnmacht gefallen, der ich auch kaum in diesen beiden Tagen entgangen bin. Nun ist es schon der dritte Tag, dass ich nicht einmal einen Buchstaben ansehen wollte noch auch konnte. Es will nicht mehr tun, sehe ich wohl, die Jahre treten herzu. […] Allmählich aber geht der Aufruhr im Kopfe zurück, da er mit Medikamenten und anderen Mitteln beruhigt ist. Das ist also der Grund, warum ich so spät geantwortet habe.

    An dem Tage, als Dein Brief von Nürnberg ankam, machte Satan seine Aufwartung bei mir. Ich war allein […], und so sehr übermannte er mich, dass er mich aus der Kammer trieb und ich die Gesellschaft der Menschen aufsuchen musste.

    […]

    Jene faulen Esel [beim Reichstag] denken über die Sache der Kirche nach und sind davon angetan. Magister Joachim schickte mir Karyken oder Datteln und Weintrauben und schreibt mir zweimal griechisch. Wenn ich wieder gesund bin, will ich ihm türkisch schreiben, damit er auch liest, was er nicht versteht. Warum schreibt er mir denn griechisch? Ich will hier aufhören, ein ander Mal mehr, damit ich nicht von Neuem die Kopfschmerzen, die sich gelegt haben, reize, zumal sie schon sehr reizbar sind. Aber ich bete, betet Ihr auch!

    […] Der Herr sei mit Euch! Grüße Euren ganzen Kreis! Aber höre, was ich besonders wünsche: Sieh zu, dass Du nicht an Deinem Kopfe Schaden leidest wie ich! Darum befehle ich Dir und dem ganzen Freundeskreise: Unter Bedrohung des Bannes sollen sie Dir Verhaltensmaßregeln für Dein Körperchen geben, damit Du nicht Dein eigener Mörder wirst und nachher tust, als ob es aus Gehorsam gegen Gott geschehen sei. Man dient Gott auch durch Ruhe, ja vielleicht durch nichts mehr als Ruhe. Deshalb hat er vor allem den Sabbat so streng gehalten wissen wollen. Also verachte das nicht! Gottes Wort ist es, was ich schreibe.

    Dein Martin Luther

    Melanchthon an Luther

    nach der Übergabe des Augsburger Bekenntnisses am 25. Juni, nach drei Wochen des Schweigens vonseiten der beim Reichstag versammelten Protestanten (deswegen Luthers Unmut)

    Wir sind hier in den elendsten Sorgen und beständig in Tränen. Dazu bin ich heute noch besonders niedergeschlagen, da ich [las], dass Du so sehr zürnst, ja, unsere Briefe nicht einmal lesen willst. Ich will, mein Vater, meinen Schmerz nicht noch durch Worte vergrößern, aber ich bitte Dich, zu bedenken, an welchem Orte und in wie großer Gefahr wir sind, wie wir außer Deinem Troste nichts Tröstliches haben können. Täglich strömen die Sophisten und Mönche zusammen, um den Hass des Kaisers gegen uns zu entzünden. Die Bischöfe hassen uns ohnedies furchtbar. Sind vorher Freunde da gewesen, jetzt sind sie fort. Wir kämpfen hier allein und verlassen mit unermesslichen Gefahren. Ich bitte Dich, auf uns, die wir gewiss in den wichtigsten Dingen Deiner Autorität folgen, und auf die öffentliche Sache Rücksicht zu nehmen, und Dich nicht zu weigern, unsere Briefe zu lesen und zu beantworten, damit Du unsere Verhandlungen leitest und uns tröstest. […]

    Luther an Melanchthon

    Gnade und Friede in Christo, ich sage; in Christo, nicht in der Welt, Amen. Ich hasse gar sehr Deine elenden Sorgen, von denen Du, wie Du schreibst, verzehrt wirst. Dass sie Dein Herz so beherrschen, liegt nicht an der Größe der Not, sondern an der Größe unseres Unglaubens. […] Warum zermarterst Du Dich beständig, ohne einmal aufzuatmen? Ist die Sache falsch, so wollen wir widerrufen. Ist sie aber wahr, warum machen wir Ihn mit Seinen so großen Verheißungen zum Lügner, da Er uns gebietet, getrost und ruhigen Sinnes zu sein? Wirf, so sagt Er, Deine Sorge auf den Herrn! Der Herr ist nahe allen, die bekümmerten Herzens sind und Ihn anrufen. Oder ist das in den Wind geredet und vor die Hunde geworfen?

    Auch ich werde häufig gequält, aber nicht beständig. Deine Philosophie quält Dich, nicht Deine Theologie, wie auch Dein Joachim von gleicher Sorge verzehrt zu werden scheint. Als ob Ihr mit Euren nutzlosen Sorgen etwas ausrichten könnt! Was kann denn der Teufel mehr tun, denn dass er uns erwürge! Was denn? Ich beschwöre Dich, der Du sonst immer so kampfeslustig bist, bekämpfe Dich auch selbst, Deinen schlimmsten Feind […]. Ich bete gewisslich für Dich mit allem Fleiß, aber das ist mein Kummer, dass Du Dir mit Deinen Sorgen hartnäckig das Blut aussaugen lässt und meine Gebete so zuschanden machst. Ich meinerseits bin wegen unserer Sache – ist es Beschränktheit oder Willen des Geistes, Christus weiß es! – nicht sehr besorgt, vielmehr habe ich größere Hoffnungen, als ich gedacht hatte.

    […]

    Aus unserer Wüste, 27. Juni 1530.

    Dein Martin Luther

    Gnade und Friede in Christo!

    Ich weiß wirklich nicht, lieber Philipp, was ich noch an Dich schreiben soll; so sehr schreckt mich der Gedanke an Deine elenden und eitlen Sorgen zurück, und ich weiß, dass ich tauben Ohren predige. Das kommt davon, wenn Du allein Dir, nicht aber mir und den andern glaubst, Dir sehr zum Schaden. Ich gestehe Dir: Ich bin in viel größerer Drangsal gewesen, als Du es je sein wirst; ich möchte es keinem Menschen wünschen, auch meinen ärgsten Feinden nicht, mögen sie auch noch so frevelhaft und ruchlos sein, dass es ihnen wie mir ergehe. Und doch habe ich in solchen Übeln oft Linderung erfahren durch den Zuspruch eines Bruders, […] bald von Dir, bald von Jonas oder einem andern. Warum hörst Du nun auch nicht auf uns? […]

    In persönlichen Kämpfen bin ich schwächer, Du aber tapferer; dagegen in öffentlichen Kämpfen stets umgekehrt: Du wie ich in persönlichen Kämpfen und ich wie Du, wenn ich »persönlich« das nennen darf, was zwischen mir und Satan vorgeht. Denn Du schätzt Dein Leben gering, fürchtest aber für die öffentliche Sache. Ich aber bin wegen der öffentlichen Sache getrosten Mutes und ruhigen Sinnes, denn ich weiß: Sie ist sicherlich gerecht und wahr, ja Christi und Gottes Sache, sie braucht darum ihrer Sünde halber nicht zu erblassen, wie ich kleiner Heiliger erblassen und zittern muss. Darum bin ich fast ein sorgloser Zuschauer, und jene wütenden und drohenden Papisten achte ich nicht so viel! Stürzen wir, so wird Christus mit stürzen, Er, der Herrscher der Welt! Und sei es denn, so will ich lieber mit Christus stürzen als mit dem Kaiser stehen!

    […]

    Der Herr Jesus Christus bewahre Dich, dass Dein Glaube nicht aufhöre, sondern wachse und siege, Amen! Ich bete für Dich, ich habe gebetet und werde es tun, und zweifle nicht, ich bin erhört. Denn ich fühle das Amen in meinem Herzen. Geschieht nicht, was wir wollen, dennoch wird geschehen, was besser ist! Denn wir erwarten ein künftig Reich, wenn alles in der Welt betrogen hat.

    Am letzten Juni 1530.

    Dein Martin Luther.

    Jonathan Swift und Charles Ford

    Jonathan Swift (1667–1745) ist der Nachwelt vor allem als Autor von Gullivers Reisen in Erinnerung geblieben, eines der meist gelesenen Bücher der Welt. Die Erzählungen von Gullivers Expeditionen zu den Liliputanern und zu den Riesen von Borbdingnag sind heutzutage vor allem in gekürzter Fassung und als Jugendbücher bekannt. Eigentlich aber handelt es sich bei Gullivers Reisen um einen der größten satirischen Texte der Literaturgeschichte.

    Swift war ein einzigartiger Satiriker, auch wenn er sich selbst in einem der unten stehenden Briefe genau dieses Talent abspricht. Einen Namen machte sich der gebürtige Ire im London des frühen 18. Jahrhunderts als politischer Journalist; am Anfang seiner Karriere stand er auf der Seite der liberalen Whigs, ab 1710 jedoch unterstützte er die konservativen Tories. Dies war auch der Grund dafür, dass Swift nach dem Tod von Königin Anne und dem Fall der Tories 1714 nicht vom heimatlichen Dublin nach London zurückkehren konnte, das er seiner Geburtsstadt eigentlich bei Weitem vorzog. Swift gilt bei den Iren zwar heute noch als Nationalheld, weil er tatkräftig gegen die Unterdrückung seiner Landsleute durch die Engländer kämpfte; im Grunde jedoch verabscheute Swift Irland von ganzem Herzen (zumindest tat er so).

    Überhaupt galt der Autor wie der Mensch Swift als ausgesprochener Misanthrop und Griesgram. Dem gegenüber stehen die tiefen Freundschaften, die ihn mit vielen der geistigen Größen seiner Zeit verbanden; an den klassizistischen Dichter und Verssatiriker Alexander Pope schrieb Swift einmal, dass er nur das »Tier Mensch« im Allgemeinen verachte, individuelle Exemplare der Spezies aber durchaus liebe.

    Zu diesen geliebten Menschen gehörte Charles Ford (1682–1741), ein Grundbesitzer, der seine Zelte dauerhaft in London aufgeschlagen hatte. Ford war ein politischer Mitstreiter Swifts und fungierte oft als Mittelsmann zwischen dem exilierten Satiriker und den Druckern und Buchhändlern der Hauptstadt. Swift bewunderte Ford als einen wahren Gentleman, der sich durch Unabhängigkeit, Selbstbewusstsein, Bescheidenheit, Umgänglichkeit, Nonchalance und Geschäftstüchtigkeit auszeichnete – alles Qualitäten, die der Schriftsteller an sich selbst vermisste.

    Im Laufe der Jahre wurde der ohnehin exzentrische Swift immer eigenbrötlerischer. Er litt sein Leben lang am Ménière-Syndrom, das sich bei ihm als Schwindel, akute Orientierungslosigkeit und temporäre Taubheit manifestierte. 1739 wurde der große Satiriker deswegen für geisteskrank erklärt.¹

    Swift an Ford

    London, 8. März 1709

    Ich habe mich kürzlich an einigen meiner Korrespondenten schuldig gemacht, und Du bist unter ihnen; ich kann diesen Umstand nur damit erklären, dass ich so wenig zu tun habe, und das nimmt all meine Zeit in Anspruch, da nämlich nichts so viel von derselben verschlingt wie Müßiggang.

    Es soll mir mehr als fernliegen, den Versuch zu wagen, Dich davon zu überzeugen, dass Du nicht glücklich bist; ich kann mir nur nicht erklären, warum Du behauptest, Dein Glück hätte im Februar letzten Jahres seinen Anfang genommen: Dieser Zeitraum

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