Vom Wert der Freiheit
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Auch dieses eBook aus der Reihe "Schätze der Bibel" vermittelt einen wertvollen Blick auf einen wichtigen Bibeltext.
Volker Kauder
Volker Kauder, Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, wurde 1949 in Hoffenheim geboren. Er wollte, so sagt er, Zirkusdirektor werden, und landete in der Politik. Sein Vater war ihm als Stadt- und Kreisrat ein großes Vorbild und mit sechzehn Jahren trat Volker Kauder in die CDU ein. Seine politische Laufbahn begann der studierte Jurist 1980 als Landrat im Kreis Tuttlingen. Seit 1990 ist er Mitglied im Deutschen Bundestag und steht seit 2005 an der Spitze der größten Fraktion. Er ist evangelischer Christ und lebt mit seiner Frau in Tuttlingen. Mehr zu Volker Kauder finden Sie auf seiner Homepage www.volker-kauder.de
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Book preview
Vom Wert der Freiheit - Volker Kauder
ZU BEGINN
[ Zum Inhaltsverzeichnis ]
Freiheit. Es ist ein großes Wort. Ja, der Begriff der Freiheit ist ein Gigant, dessen Deutung
DIE DEFINITION VON
FREIHEIT DARF SICH
NICHT IM NEGATIVEN
ERSCHÖPFEN. WIR SIND
IN ERSTER LINIE NICHT
FREI VON ETWAS,
SONDERN WIR HABEN
DIE FREIHEIT, UNS FÜR
DAS ZU ENTSCHEIDEN
UND EINZUSETZEN,
WAS GUT, WAHR UND
WICHTIG IST.
uns sehr schnell in tiefe philosophische, theologische und auch staatsrechtliche Wasser führt. Die Definition von Freiheit darf sich nicht im Negativen erschöpfen. Wir sind in erster Linie nicht frei von etwas, sondern wir haben die Freiheit, uns für das zu entscheiden und einzusetzen, was gut, wahr und wichtig ist – immer im Respekt vor der Freiheit des anderen und im Dialog mit den Werten, für die andere sich in Freiheit einsetzen. Die Frage lautet aber auch: Was verbinden wir in unserem Alltag mit dem Begriff, mit dem Wert der Freiheit? Nehmen wir unsere freiheitliche demokratische Grundordnung, unser Leben in Freiheit einfach so als gottgegeben hin, sind uns Sicherheit, Wohlstand und Besitzstandswährung wichtiger geworden? Uns Deutschen wird gerne nachgesagt, wir seien ein ängstliches Volk. Tritt hinter den verschiedenen Ängsten das Grundthema der Freiheit zurück? Zu was nutzen wir unsere Freiheit?
Schauen wir in die Geschichte, so wissen wir, dass
DIE FREIHEIT WAR UND
IST FÜR VIELE MENSCHEN
EIN SO STARKER
IMPULS, DASS SIE
VERFOLGUNG, GEFÄNGNIS
UND SOGAR DEN TOD IN
KAUF GENOMMEN
HABEN, UM NICHT UNFREI
SEIN ZU MÜSSEN.
um der Freiheit willen Kriege geführt, Revolutionen begonnen und Diktaturen gestürzt wurden. Wir müssen nicht bis zum amerikanischen Unabhängigkeitskrieg oder bis zur Französischen Revolution zurückgehen. Erst 2011 hat der Drang nach Freiheit in der sogenannten Arabellion Machthaber und Autokraten in der arabischen Welt gestürzt – mit allerdings noch vielfach ungewissem Ausgang. Die Freiheit war und ist für viele Menschen ein so starker Impuls, dass sie Verfolgung, Gefängnis und sogar den Tod in Kauf genommen haben, um nicht unfrei sein zu müssen. Schon ein Blick in unsere eigene deutsche Geschichte im verhängnisvollen 20. Jahrhundert zeigt, dass Freiheitskämpfer einen hohen Blutzoll für ihr Streben nach Freiheit gezahlt haben. Ich denke dabei an die Vertreter des deutschen Widerstands, die trotz aller Aussichtslosigkeit ihres Unterfangens Moral und Anstand nicht verloren haben und sich gegen ein verbrecherisches System wandten. Ich denke auch an die Menschen, die sich am 17. Juni 1953 beim Volksaufstand in der DDR mutig gegen die sowjetischen Panzer gestellt haben. Das Wort „Freiheit wurde aber auch zynisch missbraucht. Der Schriftzug „Arbeit macht frei
über dem Eingang des Konzentrationslagers Auschwitz verhöhnt in menschenverachtender Weise die Opfer der furchtbaren Verbrechen der Nationalsozialisten.
Der Freiheitsdrang der Menschen kann Mauern sprengen – weil Unfreiheit dem Wesen des
DER FREIHEITSDRANG
DER MENSCHEN KANN
MAUERN SPRENGEN –
WEIL UNFREIHEIT DEM
WESEN DES MENSCHEN
WIDERSPRICHT.
Menschen widerspricht. Spontan fällt mir dabei Psalm 18,30 ein: „Mit meinem Gott kann ich über Mauern springen", wie der Psalmist so schön bildhaft sagt. Dieser Bibelvers lässt mich an die Bilder vom 9. November 1989 und von den Tagen danach denken, als die Menschen auf der Berliner Mauer standen, sich vor Freude in die Arme fielen und Mauer und Stacheldraht ihren Schrecken verloren hatten. Zuvor hatte die Freiheitsbewegung, die von Polen ausgegangen war, schon erste Risse im kommunistischen Teil Europas sichtbar gemacht. Die friedliche Revolution von 1989 in der damaligen DDR haben wir schließlich vor allem dem Freiheitswillen der Ostdeutschen zu verdanken. Sie haben sich zuerst im Schutz der Kirchen versammelt, sind dann mutig auf die Straßen gegangen und haben letztlich das sich auch wirtschaftlich im Niedergang befindende System des real existierenden Sozialismus mit Mauer und Stacheldraht von innen zum Einsturz gebracht. Sie und wir mit ihnen konnten die glückliche Erfahrung machen, dass das Streben nach Freiheit schließlich über Zwang, Gewalt und Ungerechtigkeit gesiegt hat. Diese Freiheitsrevolution ist ein Geschenk der ostdeutschen Bürgerinnen und Bürger an unser Land.
Der Freiheitsgedanke richtet sich aber
DER FREIHEITSGEDANKE
RICHTET SICH
GEGEN POLITISCHEN
RADIKALISMUS – EGAL
WELCHER COULEUR.
auch gegen politischen Radikalismus – egal welcher Couleur. Eine Politik, die sich der Freiheit verpflichtet fühlt, begegnet solchen Utopien und Ideologien mit großer Skepsis und Ablehnung. Weil sie in letzter Konsequenz menschenverachtend sind und nur noch der etwas zählt, der einer bestimmten Klasse, einer bestimmten Rasse, einer bestimmten Religion oder einer bestimmten Nation angehört. Auch deshalb haben gerade diejenigen Menschen, die Unfreiheit am eigenen Leibe erlebt haben, sich für das höchste Gut – die Freiheit – eingesetzt.
Freiheit ist vielschichtig und vielfältig.
FREIHEIT IST
VIELSCHICHTIG UND
VIELFÄLTIG. SO WIE
UNSER LEBEN.
So wie unser Leben. Es gibt die Gewissensfreiheit, die Gedankenfreiheit, die Religionsfreiheit, die Freiheit der Kunst, die Meinungsfreiheit, die Freiheit der Wissenschaft und der Forschung, die Rundfunk- und Pressefreiheit, die Versammlungsfreiheit, die Vereinigungsfreiheit, die Berufsfreiheit, die Reisefreiheit. Unser Grundgesetz gewährt diese Freiheiten in seinen ersten Artikeln. Sie sind nicht ohne die schrecklichen Erfahrungen, die Menschen in den Jahren zwischen 1933 und 1945 unter der nationalsozialistischen Zwangsherrschaft machen mussten, zu verstehen. Damals wurden Freiheit und Menschenwürde mit Füßen getreten. Im Widerstand gegen die Nazi-Diktatur waren es vor allem auch christliche Märtyrer, die sich nicht mit Unfreiheit,