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Heidegger: Die Einführung des Nationalsozialismus in die Philosophie
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Heidegger: Die Einführung des Nationalsozialismus in die Philosophie

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Martin Heideggers Verstrickung in den Nationalsozialismus oder Das Elend der Intellektuellen im 20. Jahrhundert
Emmanuel Faye versucht so polemisch wie quellennah die Nähe der deutschen Philosophie der 30er Jahre zum Nationalsozialismus nachzuweisen. Er beeindruckt durch die Materialfülle, mit der er belegt, dass die Grundlagen Martin Heideggers Denken in rassischem, völkischem und antisemitischem Gedankengut zu finden sind.

"Heidegger. Die Einführung des Nationalsozialismus in die Philosophie" gehört zu den meist umstrittenen Büchern der letzten Jahre. Die deutsche Ausgabe hat Emmanuel Faye durchgesehen und mit einem neuen Nachwort versehen. Darin geht er auf die seit Erscheinen des Buchs in Frankreich nicht endenden Vorwürfe ein. Der deutsche Leser hat nun die Möglichkeit, eine Debatte kritisch zu beurteilen, deren Ende nicht absehbar ist, "denn zwei Tatsachen über Martin Heidegger sind so unleugbar, wie sie den Umgang mit seinem Werk kompliziert machen: Er ist einer der einflussreichsten Philosophen des 20. Jahrhunderts, und er war ein Nazi. An dieser Spannung entzünden sich bis heute immer neue Diskussionen um das Werk des deutschen Denkers." (DIE ZEIT)
LanguageDeutsch
Release dateJun 2, 2014
ISBN9783957570390
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    Heidegger - Emmanuel Faye

    Emmanuel Faye

    Heidegger

    Die Einführung des Nationalsozialismus in die Philosophie

    Im Umkreis der unveröffentlichten Seminare zwischen 1933 und 1935

    Traversen 5

    Emmanuel Faye

    Heidegger

    Die Einführung des Nationalsozialismus in die Philosophie
    Im Umkreis der unveröffentlichten Seminare
    zwischen 1933 und 1935

    Aus dem Französischen

    von Tim Trzaskalik

    Erste Auflage Berlin 2009

    Copyright © 2009 MSB Matthes & Seitz Berlin Verlagsgesellschaft mbH

    Göhrener Str. 7, 10437 Berlin, info@matthes-seitz-berlin.de

    Alle Rechte vorbehalten

    Copyright © 2005 Éditions Albin Michel

    Titel der Originalausgabe:

    Heidegger. L’introduction du nazisme dans la philosophie

    Autour des séminaires inédites de 1933-1935

    Umschlaggestaltung: Falk Nordmann, Berlin

    Druck und Bindung: GGP Media GmbH, Pößneck

    www.matthes-seitz-berlin.de

    ISBN 978-3-88221-025-5

    Inhalt

    Vorbemerkung

    Einleitung

    1. Vor 1933. Der Radikalismus Heideggers, die Zerstörung der philosophischen Tradition und der Ruf des Nationalsozialismus

    — Die Vorträge von 1925 über Der gegenwärtige Kampf um eine historische Weltanschauung

    Sein und Zeit. Vom individuellen Ich zur Schicksalsgemeinschaft des Volkes

    — Heidegger, Becker, Clauß. Umwelt, Volksgemeinschaft und Rassenkunde

    — Heidegger und Rothacker. »Geschichtsphilosophie« und »Rassegedanke« im Dritten Reich

    — Über Heideggers politische Ausrichtung vor 1933

    — Heideggers universitäre Personalpolitik und sein Antisemitismus

    2. Heidegger, die Gleichschaltung und das neue Studentenrecht

    — Heideggers Einverständnis mit der neuen antisemitischen Gesetzgebung

    — Der Rektor Heidegger und die Einführung des Führerprinzips an der Universität

    — Heideggers Berufungen nach Berlin und München und seine Reputation als politischer Extremist

    — Die »Aktion wider den undeutschen Geist« und das neue Studentenrecht

    3. Die Arbeitslager, die Volksgesundheit und das harte Geschlecht in den Vorträgen und Reden der Jahre 1933-1934

    — Die Rektoratsrede vom 27. Mai 1933

    — Die Apologie der Arbeitslager und der Züchtigung

    — Der Heidelberger Vortrag und die Exaltation des harten Geschlechts

    — Heidegger, die Volksgesundheit und die Medizin des Nationalsozialismus

    — Die Nazifizierung der Arbeit, des Wissens und der Freiheit

    — Die Apologie des Krieges, der »geistige« Kampf und der Totenkult

    — Das geheime Deutschland, die »Ehrfurcht« und die hitlersche Dreiheit des Dichters, des Denkers und der politischen Tat

    4. Die Vorlesungen der Jahre 1933-1935. Von der Frage nach dem Menschen zur Selbstbehauptung des deutschen Volkes und des deutschen Geschlechts

    — Die völkische Transformation der Frage nach dem Menschen in der Vorlesung aus dem Sommersemester 1933

    — Descartes als Unterrichtsgegenstand an den deutschen Universitäten: Eine »geistige Verlotterung«

    — Heideggers Rassismus und seine Biologiekritik in der Vorlesung aus dem Wintersemester 1933/34

    — Die völkische Gleichsetzung von Volk und Rasse in der Vorlesung aus dem Sommersemester 1934

    — Heidegger und Hölderlin. Das Sein als Vaterland, die hitlersche Dreiheit und das Hakenkreuz

    5. Heideggers »Hitlerismus« im Seminar Über Wesen und Begriff von Natur, Geschichte und Staat

    — Der Staat, das Volk und die Rasse

    — Die politische Erziehung des »Adels« für das Dritte Reich

    — Heidegger und Stadelmann. Die nationalsozialistische Vereinnahmung der deutschen Geschichte

    — Das Volk, der Staat und der Führer bei Heidegger und Carl Schmitt

    — Die mit dem Verhältnis von Sein und Seiendem gleichgesetzte Beziehung von Staat und Volk

    — Wie der Wille des Führers im Sein und in der Seele des Volkes verankert wird

    — Heidegger und der völkische Staat

    — Heidegger, die Erweiterung des Lebensraumes des deutschen Volkes und die semitischen Nomaden

    — Heideggers Apologie der Hitler-Herrschaft

    — Heidegger und die Reden Hitlers

    — Heidegger und der Führerstaat

    6. Heidegger, Carl Schmitt und Alfred Baeumler. Der Kampf gegen den Feind und dessen Vernichtung

    — Carl Schmitt und die Gleichschaltung als Mittel im Dienste der rassischen Gleichartigkeit des Volkes

    — Heideggers Brief an Carl Schmitt vom 22. August 1933, der Wunsch beider Männer nach »entscheidender Mitarbeit« und die Nazifizierung der Juristischen Fakultät in Freiburg

    — Schmitts Identifizierung des Feindes als »Fremdgearteter« in der Ausgabe von 1933 seiner von Heidegger gelobten Schrift über den Begriff des Politischen

    — Carl Schmitts Anmerkungen über Baeumler und Jünger und Baeumlers Verweis auf Heraklit

    — Die der Heimat zuerkannte »Wahrheit«

    — Die Vernichtung des Feindes in der Vorlesung vom Wintersemester 1933/34

    7. Das Recht und die Rasse. Erik Wolf zwischen Heidegger, Schmitt und Rosenberg

    — Wolfs rassistische Konzeption des totalen Staates und des Volkes während Heideggers Rektorat

    — Erik Wolf als Anhänger von Rosenberg und Schmitt

    — Jean-Michel Palmiers Verteidigung von Wolf und Heidegger

    — Zur Notwendigkeit neuer Forschungen über Erik Wolfs Werdegang

    8. Heidegger und der Fortbestand des nationalsozialistischen Staates im unveröffentlichten Seminar über Hegel und den Staat

    — Heidegger und der im Mai 1934 gegründete »Ausschuss für Rechtsphilosophie«

    — Das Seminar Hegel, über den Staat

    — Die Einführung in das Seminar: Wie dafür Sorge tragen, dass der national-sozialistische Staat auch noch in 50 oder 100 Jahren fortbesteht?

    — Heidegger und Richard Kroner

    — Die Unhaltbarkeit der heideggerschen Lehre und seine Antwort auf die studentischen Proteste

    — Die Identifizierung Hegels mit dem Staat von 1933

    — Heidegger und Erik Wolf. Von der Nicht-Unterscheidung zwischen den Begriffen zur Ontologisierung von Recht und Verfassung

    — Der völkische und totale Staat von 1933 und sein Verhältnis zu Hegel nach Carl Schmitt und Heidegger

    — Der Tempel, der Kunstwerk-Vortrag und der Nürnberger Parteitag von 1935

    — Der Begriff des Politischen nach Carl Schmitt und nach Martin Heidegger

    9. Von der Rechtfertigung der Rassenzüchtigung zum ontologischen Negationismus der Bremer Vorträge

    — Die Einführung des Nationalsozialismus in die »Metaphysik«

    — Die Eingriffe in den Wortlaut der Nietzsche-Vorlesungen und die Hochachtung Baeumlers

    — Die Eloge auf Spengler, der »Biologismus« und die Grundlagen der Politik

    — Heidegger und Oskar Becker. Sein, Wesen und Rasse

    — Die Descartes-Auslegung und die Auffassung von der »Metaphysik« während des deutschen Überfalls auf Frankreich

    — Die Legitimierung der Rassenzüchtung als »metaphysisch notwendig«

    — Das »völkische Prinzip« und Heideggers Antisemitismus in den Beiträgen zur Philosophie

    Besinnung oder der Angriff gegen das »jüdisch-christliche« Doppelspiel

    Koinon oder der an die Erfahrung des Seins gebundene »Gedanke der Rasse«

    Zu Ernst Jünger oder die diktatorische Weltherrschaft der deutschen Rasse und des deutschen Wesens

    — Heideggers Antisemitismus 1944

    — Vom Revisionismus in seiner Antwort auf Marcuse zum ontologischen Negationismus in den Bremer Vorträgen

    — Die Gefahr, die von Heidegger ausgeht, und sein negationistisches Nachleben

    Schlusswort

    Nachtrag

    Die politische Zuverlässigkeit des Parteigenossen Heidegger nach den Geheimberichten des SD

    Nachwort zur deutschen Ausgabe

    1. Heidegger und Carl Schmitt. Der Staat und das Volk

    2. Heidegger und Thomas Mann

    3. Über die Haltlosigkeit eines heideggerianischen Marxismus’

    4. Kritik der »spirituellen« oder »theologischen« Interpretation von Heideggers Antisemitismus

    5. Von der Verteidigung Heideggers zur Apologie der nationalsozialistischen Geschichtlichkeit

    6. Vom Historikerstreit zum »Philosophenstreit«?

    Auszug aus Heideggers Rektoratsrede, 1938 von Ernst Forsthoff veröffentlicht, neben den antisemitischen Thesen der Deutschen Studentenschaft

    Dank

    Anmerkungen

    Literaturverzeichnis

    Personenregister

    Vorbemerkung

    Wir haben noch nicht im vollen Ausmaß erfasst, was die Ausbreitung des Nationalsozialismus im »Denken« bedeutet. Unmerklich ergreift er den menschlichen Geist, nimmt ihn wie ein Malstrom in Besitz und löscht so im Menschen jeden Begriff von Widerstand aus. Der Sieg der Waffen, den die Menschheit mit einem Weltkrieg bezahlen musste, war nur ein erster, wenn auch lebensnotwendiger Sieg. Heute findet eine andere Schlacht statt, langwieriger und unterschwelliger, in allen Bereichen des menschlichen Denkens, von der Philosophie bis hin zum Recht und zur Geschichte, eine Schlacht, bei der die Zukunft der Menschheit auf dem Spiel steht. Es ist erforderlich, sich dessen bewusst zu werden.

    Ob es sich um Heidegger oder um Schmitt handelt – aber auch Jünger und Nolte verdienen es durchaus, hier genannt zu werden: Diese bedeutendsten Vertreter des Nationalsozialismus in der Welt des geschriebenen Wortes haben nach der Zerschlagung der hitlerschen Armeen langsam aber sicher ihre Strategien zur Wiedereroberung verlorenen Terrains verfeinert. Sie haben die Philosophie, das Recht, die Literatur und die Geschichte instrumentalisiert, sie dem Dienst der »Revision« und letztlich einer Rehabilitierung der Prinzipien des Nationalsozialismus unterstellt, und zwar durch das Verschleiern der wahren Ursachen, das Vertuschen von Verantwortlichkeiten in pauschalisierenden Betrachtungsweisen (»Nihilismus«, etc.), das Entwerten des humanistischen Denkens und der universalen Werte, das Mythisieren des Selbst in der Figur vom »Hüter des Seins«, in der Figur des »christlichen Epimetheus«, des »Anarchen« oder des Theoretikers des »historischen Rechts«. Schrittweise haben sich einige unter ihnen weltweite Beachtung bei einem Publikum verschafft, das meist nicht begriff, worum in dieser Beschlagnahmung des menschlichen Geistes gespielt wird. Es ist wahr, dass die Frontverläufe in diesem Kampf auf keiner Karte verzeichnet sind. Es gibt keine Geopolitik des Geistes, auch wenn sich anhand der großen Zahl apologetischer oder zu nachgiebiger Werke das Ausmaß der Verbreitung ermessen lässt.

    Dennoch haben sich mit der Zeit in zahlreichen Ländern Herde der Kritik und des Widerstands formiert. Im Falle Heideggers, um den es in diesem Buch geht, haben die scharfsinnigsten Kritiker sowohl in Europa als auch auf dem amerikanischen Kontinent ihre Stimme erhoben, angefangen mit Karl Löwith, der bereits 1947 schrieb, dass Heidegger »radikaler als die Herren Kriek [sic] und Rosenberg« war, diese zwei Stützpfeiler des nationalsozialistischen Regimes, die aber – weniger geschickt und trivialer – ihren Ruf mit dem Dritten Reich zugrunde gehen sahen.

    Heute zeigen uns neue Dokumente und gründlichere Forschungen, wie sehr Heidegger sich der Aufgabe gewidmet hat, die Philosophie in den Dienst der Rechtfertigung und Verbreitung des Nationalsozialismus und seiner Fundamente zu stellen. Das veranlasst uns, der Öffentlichkeit einige Auszüge aus den noch unveröffentlichten Seminaren Heideggers zu präsentieren, Seminare, die zwischen 1933 und 1935 stattfanden. Einige dieser nur wenigen Forschern bekannten Texte sind regelrechte Lehrstunden politischer Erziehung im Dienst des Nationalsozialismus. Sie gehen soweit, die ontologische Differenz zwischen Sein und Seiendem mit der politischen Beziehung des Staates zum Volk gleichzusetzen, während andere ausdrücklich auf Mittel und Wege sinnen, die Fortdauer des nationalsozialistischen »Geistes« langfristig zu gewährleisten. Wenn wir diese Auszüge der Öffentlichkeit übergeben, besteht unsere Absicht allein darin, die historische und philosophische Wahrheit zu ihrem Recht kommen zu lassen.

    Wir haben uns gleichfalls auf die kürzlich veröffentlichten Reden, Vorträge und Vorlesungen aus jenen Jahren gestützt. Diese in den Bänden 16, 36/37 und 38 der sogenannten »Gesamtausgabe« veröffentlichten Texte stehen, was ihren Rassismus und ihre nationalsozialistische Virulenz betrifft, den Schriften, die andere offizielle »Philosophen« des Nationalsozialismus wie Alfred Baeumler oder Hans Heyse geschrieben haben, in nichts nach. Sie heben sich sogar durch die Intensität ihrer Hitler-Gefolgschaft ab, die kein anderer »Philosoph« des Regimes erreichte. Trotzdem sind diese nationalsozialistischen Texte Heideggers heute in den Regalen der philosophischen Bibliotheken zu finden. Es ist erforderlich, sich dies erneut in aller Deutlichkeit bewusst zu machen.

    Ohne jemals die philosophische Reflexion von der unverzichtbaren historischen Befragung zu trennen, haben wir die Bestandsaufnahme und die Analyse der historischen Quellen, die von Historikern wie Hugo Ott oder Bernd Martin (und ebenso von Guido Schneeberger und Victor Farias) geleistet worden sind, mit der philosophischen Kritik an Heidegger verbinden wollen, wie sie von einer Reihe höchst unterschiedlicher Autoren entwickelt wurde. Um hier nur einige der bedeutendsten Namen zu zitieren: Ernst Cassirer, Benedetto Croce, Karl Löwith, Theodor W. Adorno, Günther Anders, Hans Blumenberg, Jürgen Habermas, Ernst Tugendhat, Eric Weil, Rainer Marten, Nicolas Tertulian, Jeffrey Barash, Domenico Losurdo, Arno Münster, Richard Wolin, Tom Rockmore, Thomas Sheehan, Herman Philipse, Hassan Givsan oder Reinhard Linde.

    Das vorliegende Buch unterbreitet den Vorschlag zu einem neuen Verständnis dessen, was Heidegger verwirklicht hat. Wir berücksichtigen dabei kaum bekannte oder sogar noch unveröffentlichte Texte. Wir richten unser Augenmerk zugleich auf die Lehren jener, mit denen Heidegger Umgang pflegte: der »Philosoph« Erich Rothacker, der Historiker Rudolf Stadelmann sowie der Jurist Erik Wolf. Und wir zeigen, dass die Frage nach den Beziehungen Heideggers zum Nationalsozialismus nicht die Frage nach dem Verhältnis des persönlichen Engagements eines Menschen, der zeitweilig einem Irrtum aufgesessen wäre, zu einem davon so gut wie unberührt gebliebenen philosophischen Werk ist. Es geht um die willentliche Einführung der Grundlagen des Nationalsozialismus in die Philosophie und in die eigene Lehrtätigkeit.

    Wenn wir diesen Nachweis erbringen, so nicht um Heideggers Renommee weiter anwachsen zu lassen, indem wir es mit noch mehr Schwefeldampf überziehen. Wir unterschreiben nicht die These, dass Heidegger den Nationalsozialismus im Denken analysiert hat. Anstatt uns aufzuklären, hat er stets nur die für ihn charakteristische Undurchsichtigkeit der Schwärze des Phänomens beigemischt.

    Heidegger hat durch die Verherrlichung der hitlerschen »Größe« dazu beigetragen, den zutiefst zerstörerischen Gehalt von Hitlers Unterfangen zu verschleiern. Anstatt die Philosophie zu bereichern, hat Heidegger ihre Zerstörung ins Werk gesetzt, indem er sie in den Dienst einer Bewegung stellte, welche in der mörderischen Diskriminierung, durch die sie sich selbst am Leben hielt, und im Unternehmen der völligen Vernichtung, die sie durchführte, die radikale Negation aller Menschlichkeit wie auch allen Denkens darstellt.

    Nach dem Höhepunkt der nationalsozialistischen Bewegung, auf den Heidegger vorausschauend und weit vor 1933 bereits hingearbeitet hatte, nach der Virulenz und Gehässigkeit, wie sie so oft in seinen Vorlesungen der Jahre 1933 und 1934 zu finden sind, muss man seit Kriegsende der Vermehrung der heideggerschen Schriften beiwohnen. Nach der Explosion sinkt die Asche langsam herab, eine graue Wolke, die das Denken erstickt und zum Erlöschen bringt. Bald schon werden die 102 Bände der sogenannten »Gesamtausgabe« in den Regalen stehen¹: inmitten der Philosophie des zwanzigsten Jahrhunderts; über Tausende von Seiten ein Wiederkäuen immer derselben Behauptungen, die weiterhin weltweit die Grundlagen des Nationalsozialismus im Denken verbreiten.

    Es ist also unerlässlich, sich über dieses Unternehmen die notwendige Klarheit zu verschaffen, zu reagieren, gegen seinen Einfluss auf das Denken Widerstand zu leisten, bevor es zu spät ist. Sich dessen bewusst zu werden ist unverzichtbar, um wieder zu erlangen, was die Philosophie in Wahrheit für den Menschen, für sein Denken, für seine allgemeine Entwicklung und für seine Vervollkommnung bedeutet.

    Einleitung

    Wir sind an einem entscheidenden Augenblick für das vertiefte Verständnis und die Beurteilung des heideggerschen Werks angelangt. Seit der versierten Kritik Karl Löwiths und Eric Weils, die nach Ende des Krieges 1945 in Frankreich veröffentlicht wurde, seit Guido Schneebergers Neuausgabe mehrerer politischer Reden zu Beginn der sechziger Jahre haben die Forschungen von Hugo Ott und Victor Farias zu wichtigen Enthüllungen und Richtigstellungen geführt. Sie erlaubten, den radikalen Charakter des nationalsozialistischen Engagements des Freiburger Universitätsrektors zu ermessen. Insofern diese Arbeiten sich jedoch fast ausschließlich auf Tatsachen und Reden stützten und kaum auf die Lehrtätigkeit selbst, konnte es noch als möglich erscheinen – zumindest mit einer gehörigen Portion Blindheit – zwischen Mensch und Werk zu trennen oder das »Politische« und das »Philosophische« zu unterscheiden. Heute hingegen verfügen wir fast über die Gesamtheit der von Heidegger gehaltenen Vorlesungen.² Außerdem ist es möglich geworden, sich dank der in mehreren Studien erschienenen Zusammenfassungen und Zitate ein Bild von bestimmten unveröffentlichten Seminaren zu machen, von denen Mitschriften und Aufzeichnungen der Studenten im Heidegger-Nachlass in Marbach aufbewahrt sind. Für ein ausgewähltes Publikum bestimmt erstrahlen sie in einem anderen Licht als die Vorlesungen. Trotzdem kommt der berechtigte Anspruch des Lesers auf die historische Wahrheit zu kurz: Tatsächlich kann die sogenannte »Gesamtausgabe«, die keine kritische Edition ist, keinerlei philologische Genauigkeit gewährleisten, wie mehrere kundige Kritiker bereits nachgewiesen haben. Zudem gestattet Hermann, der Sohn von Martin Heidegger, nur auf äußerst spärliche Weise Einsicht in die unveröffentlichten Seminare, von der Korrespondenz ganz zu schweigen – und ohnehin nur universitären Forschern mit weißer Weste. So bleibt drei Jahrzehnte nach Heideggers Tod ein Großteil seiner Schriften nicht nur für die Öffentlichkeit, sondern auch für die Forschung unzugänglich, zumindest wenn sie einen vorurteilslosen Blick auf Heideggers Laufbahn werfen will.

    Trotz dieser Hindernisse entdecken wir heute, was Heidegger während der Jahre 1933 bis 1935 Woche für Woche gelehrt hat. Denn was wir jetzt in der sogenannten Gesamtausgabe anhand der Vorlesungen zur Kenntnis nehmen können und was wir in gewissen Mitschriften aus den unveröffentlichten Seminaren erfahren, die unter den Spezialisten von Hand zu Hand weiter gereicht werden, zerstört das Bild, das wir lange Zeit von Heidegger gehabt haben. Die Vorlesungen und Seminare bestätigen nicht nur die Radikalität seiner Parteinahme für Adolf Hitler, sondern sie offenbaren uns auch, dass »Philosophisches« und »Politisches« für ihn zusammenfallen, dass er das im radikalsten nationalsozialistischen Sinne aufgefasste Politische im Herzen der Philosophie verortet. In seinem unveröffentlichten Seminar zur politischen Erziehung aus dem Winter 1933/34 lässt er ohne Vorbehalt die Beziehung zwischen dem Sein und dem Seienden in der Beziehung aufgehen, in welcher sich der Staat und die Volksgemeinschaft im »Geschlecht« zum hitlerschen Führerstaat vereinen. Außerdem nimmt er die von Kant gestellte Frage »Was ist der Mensch?« nur auf, um sie auf die Frage »Wer sind wir?« zu reduzieren; wobei dieses »wir« nichts anderes meint als das völkische Dasein des deutschen Volkes unter dem Joch Hitlers. So bekräftigt Heidegger denn auch jedes Mal dieselbe Antwort: »Wir sind das Volk«, das einzige, das seines Erachtens noch eine Geschichte und ein »Geschick« hat, das einzige »metaphysische« Volk …

    In den Vorlesungen und in den sich »philosophisch« gebenden Seminaren wohnt man so der fortschreitenden Auflösung des Menschen bei, dessen individueller Wert in der Gemeinschaft eines im Boden verwurzelten und im Blut vereinten Volkes ausdrücklich verneint wird. Das unveröffentlichte Seminar von 1933/34 geht sogar soweit, das Volk über »Stammesgemeinschaft und Rasse« zu identifizieren. Mit Heideggers Lehre halten die »völkischen« Konzeptionen des Nationalsozialismus Einzug in die Philosophie.

    Diese radikale Perversion der Philosophie ist nicht auf einige Gelegenheitsvorträge beschränkt, sondern bestätigt sich auf Tausenden von Seiten, ja sogar im gesamten Werk, wo sich die einzelnen Texte über Querverweise gegenseitig stützen, wie es zum Beispiel die Verweise auf die Rektoratsrede oder auf die den Titel Logik tragende rassistische Vorlesung von 1934 in den Beiträgen zur Philosophie aus den Jahren 1936-1938 belegen. Auch handelt es sich bei den offen nationalsozialistischen Schriften der Jahre 1933 bis 1935 keinesfalls um Ausnahmen, die durch nichts vorhersehbar gewesen und bald schon widerrufen worden wären. In Wirklichkeit können diese Schriften nicht losgelöst vom übrigen Werk betrachtet werden. Sie offenbaren das innerste und schwärzeste Fundament seiner »Lehre«, der Heidegger bis zum Schluss die Treue halten wird. Deren Deckungsgleichheit mit den wesentlichen Grundlagen des Nationalsozialismus offenbart sich im Studium der unveröffentlichten Texte.

    Deshalb können wir heute ermessen, was es mit der Einführung des Nationalsozialismus in die Philosophie durch Martin Heidegger auf sich hat. Der Nationalsozialismus hat sich in der Tat nicht nur des politischen und militärischen Lebens in Deutschland bemächtigt, sondern sich methodisch in allen Bereichen des gesellschaftlichen, intellektuellen und kulturellen Lebens in Stellung gebracht. Er hat das Recht, die Geschichte, die Biologie unterwandert, aber auch die Architektur, die Musik und die Dichtung – ganz zu schweigen von der Religion. Selbst die Philosophie wurde nicht ausgespart. Und gerade hier hat sich die Gefahr am größten erwiesen. Denn indem der Nationalsozialismus die Philosophie attackierte, wollte er die Grundlagen des Denkens und des Geistes ruinieren. Wenn wir uns dieser Gefahr nicht bewusst werden und ihr nicht entgegentreten, dann können die auf die Zerstörung des Menschen abzielenden Prinzipien des Nationalsozialismus weiter Unheil stiften und die ihm verpflichteten Werke ihre Wirkung ausüben.

    Der Fall Heidegger ist zudem nicht einfach ein Beispiel unter anderen. Wenn auch das Dritte Reich die enthusiastische Anhängerschaft vieler Philosophen erleben durfte – oder solcher, die vorgaben, Philosophen zu sein, wie Alfred Baeumler, Ernst Krieck, Hans Heyse oder Oskar Becker (die beiden zuletzt genannten waren Schüler Heideggers) – ist es doch allein Heidegger gelungen, dafür Sorge zu tragen, dass sein Werk, welches an allen Phasen des Dritten Reichs von 1933 bis 1945 teilhatte und mit der Niederlage des Nationalsozialismus seinen Abschluss fand, dennoch nach dem Krieg gelesen wurde und eine weltweite Verbreitung erfuhr.

    Besonders schwerwiegend ist, dass die Texte, die am deutlichsten Heideggers Treue zu Hitler hervorkehren, heute Bestandteil der Gesamtausgabe sind, wobei Martin Heidegger sie ohne einen auch noch so zaghaften Vorbehalt oder das geringste Anzeichen von Reue zur Veröffentlichung freigab: die Reden, Vorträge und Vorlesungen der Jahre 1933 bis 1935 oder jene den mörderischen Rassismus legitimierenden Schriften wie die Koinon betitelten Ausführungen von 1939/40, die Vorlesung über Nietzsche von 1941/42 oder die Ausführungen zu Ernst Jünger.³ Gerade aber diese Schriften stellen, insofern in ihnen die Apologie einer mörderischen Diskriminierung betrieben wird, die radikalste Negation der menschlichen Wahrheiten dar, denen die Philosophie verpflichtet ist.

    Die Situation erfordert also ein der Tragweite des Problems angemessenes Bewusstsein. In dieser Absicht wurde das vorliegende Buch geschrieben. Es steht am Ende von drei Jahrzehnten der Reflexion und von vielen Jahren der Recherche, geprägt nicht nur von Heideggers Schriften, sondern auch von Aufenthalten in mehreren deutschen und französischen Archiven, in denen unveröffentlichte Manuskripte Heideggers aufbewahrt werden.

    In der Sorge, nichts zu behaupten, was nicht durch Texte oder Zeugnisse zu belegen ist, haben wir eine größtmögliche Zahl von Texten zitiert, im Namen dessen, was das Recht auf die historische Wahrheit genannt werden kann, zumal diese Texte oft kaum zugänglich oder sogar unveröffentlicht sind.

    Unsere Analysen beziehen sich nicht nur auf Heideggers Schriften, sondern auch auf die Schriften einiger anderer im Nationalsozialismus höchst engagierter intellektueller Persönlichkeiten, mit denen Heidegger im Briefverkehr stand oder denen er besonders nah war. So sind wir zu einer ganz neuen Einschätzung der intellektuellen Beziehungen zwischen Martin Heidegger und Carl Schmitt und ihres wechselseitigen Einflusses aufeinander gelangt, und zwar auf der Grundlage expliziter Verweise auf Schmitt, die wir in den unveröffentlichten Seminaren Heideggers gefunden haben. Wir haben uns dabei auch auf ihre jeweiligen Konzeptionen des polemos und des Kampfes gestützt, denen man diejenige Alfred Baeumlers zur Seite stellen muss – im Zusammenhang mit der Interpretation von Heraklits Fragment 53. Zudem haben wir die Schriften von Gelehrten wie Erich Rothacker, Rudolf Stadelmann, Erik Wolf oder Oskar Becker studiert, die bisher im Dunkeln belassen worden sind. Durch die mitunter sehr engen Beziehungen, die diese Autoren zu Heidegger gepflegt haben, klären ihre Texte entscheidend über die rassische Dimension auf, die im Fundament der Konzeptionen Heideggers zu finden ist. Denn wenn man beobachtet, was Autoren wie Heidegger, Rothacker, Becker und Clauß seit den zwanziger Jahren – und vor dem Hintergrund der zu jener Zeit im Umkreis des Begriffes der Umwelt sich artikulierenden Rassenlehre – miteinander verbindet, dann begreift man, dass Heideggers Werk keinesfalls einer »Philosophie« entspricht, die sich bereits ausgebildet hätte, bevor sie auf ihrem Weg dem Nationalsozialismus begegnete, sondern ganz im Gegenteil einer Lehre, die seit den zwanziger Jahren auf einer Konzeption der »geschichtlichen Existenz« und der »Umwelt« fußt, die mit der Rassenlehre des Nationalsozialismus übereinstimmt, wie sie damals unter zum Teil transponierten und maskierten Formen im intellektuellen Leben Gestalt annahm.

    Außerdem wollten wir die Bedeutung wesentlicher Dokumente in den Vordergrund stellen, wie die zwei partiellen Neuauflagen der »Rektoratsrede« (1938 und 1943), herausgegeben von dem aus der Schule Schmitts hervorgegangenen Juristen Ernst Forsthoff, der diesen Text Heideggers neben der im April 1933 verfassten antisemitischen Hetzschrift der Deutschen Studentenschaft publizierte, deren Aktivitäten der Freiburger Rektor unterstützt hatte und mit deren Anführern er engen Umgang pflegte.⁴ Diese beiden Neuauflagen werden weder von seinen Verteidigern noch von seinem Sohn Hermann erwähnt, der freilich selbst diese Rede neu aufgelegt hat.

    Wie schließlich dem Untertitel des vorliegenden Buchs zu entnehmen ist, bezieht es seine Berechtigung und seine Notwendigkeit aus der genauen Lektüre zweier unveröffentlichter Seminare, die uns entscheidende Auskünfte über den tatsächlichen Sinn des heideggerschen Werks liefern. Während des Wintersemesters 1933/34 gehalten, trägt das erste den Titel Über Wesen und Begriff von Natur, Geschichte und Staat. Man entdeckt dort, dass Heidegger Hitlers Figur oder Gestalt in den Herzen seiner Zuhörer verankern will. Er huldigt dem eros des Volkes, das den Führer verehrt. Das Protokoll des Seminars offenbart uns, dass die zentrale Terminologie seiner »Lehre« wie »Sein« und »Seiendes« in Wirklichkeit auf die Beziehung des Hitler-Staats zum Volk zielt. Und seine vorbehaltlosen Apologien der Hitler-Reden und des Führerstaats zeigen, wie sehr der Nationalsozialismus mit seiner Herrschaftsbeziehung zwischen Führung und Gefolgschaft Heideggers Denken beeinflusst.

    Das zweite Seminar, dessen Titel Hegel, über den Staat lautet und das zusammen mit Erik Wolf während des Wintersemesters 1934/35 gehalten wurde, stellt Heideggers Konzeption des Politischen als Selbstbehauptung eines Volkes oder einer Rasse vor. Diese Selbstbehauptung ist ihm zufolge ursprünglicher als Schmitts Unterscheidung zwischen Freund und Feind. Die Ausführungen Heideggers offenbaren seinen persönlichen Ehrgeiz, derjenige zu sein, der das Werden des nationalsozialistischen Staates auf lange Sicht in die Wege leitet. Wir werden daher sehen, dass weder die Niederlegung des Rektorats noch die »Nacht der langen Messer« sein Engagement für den Nationalsozialismus gemindert haben. Das Studium der Schriften und Vorlesungen aus den Jahren 1939 bis 1942 mit ihrer Apologie der Rassenzüchtung wird uns dies endgültig belegen.

    Diese verschiedenen Texte geben heute Hugo Ott und Victor Farias Recht, die jeder für sich bereits in den achtziger Jahren die Intensität des nationalsozialistischen Engagements von Martin Heidegger aufgezeigt haben. Diesbezüglich gilt es, die Hartnäckigkeit und den Mut zu rühmen, mit denen Farias, der Autor von Heidegger und der Nationalsozialismus, seine Recherchen zu einem Abschluss gebracht und veröffentlicht hat, ohne Rücksicht auf die grobschlächtigsten Attacken von Seiten der Verteidiger Heideggers, die in diesem Zusammenhang selten Nachforschungen durchgeführt haben, die ihres Namens würdig wären. Derselbe Autor hat wenige Jahre später in Spanien ein zweites Buch veröffentlicht, in dem die Vorlesung des Jahres 1934 mit dem Titel Logik nach dem von Helene Weiss hinterlassenen Manuskript ediert ist. Jedoch ist die Existenz dieses Buchs derart vertuscht worden, dass man es in keiner Bibliothek Frankreichs findet. Genau diejenigen, die Farias vorwarfen, sich nicht die Zeit genommen zu haben, Heidegger zu lesen, hüteten sich davor, diese Vorlesung bekannt zu machen und daraus die notwendigen Schlüsse zu ziehen.

    Die Ergiebigkeit und die Genauigkeit von Hugo Otts Arbeiten muss ganz ausdrücklich betont werden. In einer Reihe von Artikeln und in einer Aufsehen erregenden Monographie hat er umfangreiche Nachforschungen über Heideggers Rektorat angestellt, just zu dem Zeitpunkt, da der Sohn 1983 – genau fünfzig Jahre nach Hitlers Machtergreifung – eine apologetische Edition der Rektoratsrede veröffentlicht. Zudem hat Ott einen eindringlichen Bericht über die Deportation der Freiburger Juden verfasst, in dem er auf die antisemitischen Verlautbarungen Heideggers und Jüngers verweist.⁶

    Wenn auch die Forschungen von Victor Farias und Hugo Ott uns in ihrer Unterschiedlichkeit viel gelehrt haben – der erste hat eine beachtliche Masse an Dokumenten und Tatsachen angehäuft, während der zweite sich auf einige wesentliche Momente wie die Rektoratszeit beschränkt hat – so folgt unser Buch doch anderen Prinzipien und sein Gegenstand ist nicht derselbe. Denn wir wollten nicht das politische Engagement Martin Heideggers als solches studieren, sondern die Frage nach den Grundlagen stellen, auf denen sein Werk in seiner Gesamtheit beruht. Diese Befragung hängt mit der neuen Situation zusammen, die sich aus dem Fortschreiten der Gesamtausgabe und aus der Entdeckung von unveröffentlichten oder im Dunkeln belassenen Seminaren und Dokumenten ergeben hat.

    Für einen Philosophen bleibt die entscheidende Frage die folgende: Worauf beruht ein Werk, in welchem die Prinzipien des Nationalsozialismus zum Ausdruck gelangen – und zwar nicht nur in einigen isolierten Texten, sondern über Tausende von Seiten hinweg, ob es sich nun um Reden, Vorträge, Vorlesungen, Seminare oder persönliche Fragmente handelt? Tatsächlich benutzt Heidegger regelmäßig bei den Nationalsozialisten hoch im Kurs stehende Begriffe wie »Kampf«, »Opfer«, »Schicksal« und »Volksgemeinschaft«. Die wegen ihrer politischen Färbung vollkommen unübersetzbaren Begriffe nationalsozialistischer Terminologie wie »völkisch«⁷, »Volksgenosse«, »Führung« etc. sind ihm genauso vertraut. Außerdem zögert er nicht, sich fest in der Rassenlehre und der Mythologie des Nationalsozialismus verankerte Worte wie »Blut«, »Boden«, »Zucht« und »Rasse« anzueignen. Schließlich – und hier geht es um das, was für den Philosophen am verwirrendsten ist – sind diese »Begriffe« sehr oft verbunden und manchmal geradezu identisch mit den zentralen Begriffen seiner »Lehre« wie »Sein«, »Seiendes«, »geschichtliche Existenz«, »Metaphysik«, »Wesen« und »Wahrheit« des Seins.

    Das gründliche Studium der heideggerschen Schriften zeigt, dass die Wirklichkeit des Nationalsozialismus, mit der wir beim Lesen Heideggers konfrontiert sind, keineswegs nur seine Sprache affiziert, sondern das gesamte Werk bis in die Wurzeln inspiriert und nährt, sodass es nicht mehr möglich ist, das Werk vom politischen Engagement zu trennen. Daher haben wir mit den von uns ans Tageslicht gebrachten Texten und den erfolgten Beweisführungen die Wirklichkeit des Unterfangens zeigen wollen, dem Martin Heidegger sich hingab: den Nationalsozialismus in die Philosophie einzuführen. Nur so kann man sich heute der Gefahren bewusst werden, die der Versuch in sich birgt, der Legitimation seines Werks das Wort zu reden.

    1.

    Vor 1933.

    Der Radikalismus Heideggers, die Zerstörung der philosophischen Tradition und der Ruf des Nationalsozialismus

    Martin Heideggers Eintritt in die NSDAP am 1. Mai 1933, also an dem Tag, an dem auch andere Intellektuelle wie der Jurist Carl Schmitt oder der Philosoph Erich Rothacker der Partei beitraten, ist nicht der Ausdruck eines gelegentlichen, persönlichen Anschlusses eines Menschen, dessen philosophisches Werk davon unberührt fortbestände. In Wirklichkeit beinhalten seine Schriften der zwanziger Jahre bereits all die Themen, die man dann im Herzen seiner offen nationalsozialistischen Schriften der Jahre 1933 bis 1935 wiederfinden wird. Außerdem stellt die Übereinstimmung zwischen Heideggers Radikalismus und dem des Nationalsozialismus nicht einen isolierten Einzelfall dar, sondern spiegelt die Entwicklung einer ganzen Gruppe von deutschen »Philosophen«. Zwischen Freiburg, Marburg, Bonn und Berlin korrespondieren und begeistern sich neben Heidegger Männer wie Oskar Becker, Ludwig Ferdinand Clauß, Erich Rothacker und Alfred Baeumler. Alle werden sich früher oder später und auf mehr oder weniger explizite Weise die Rassenlehre und den nationalsozialistischen Antisemitismus zu eigen machen. Um die Motive zu verstehen, die Heidegger bewegen, muss man die wirkungsmächtigen intellektuellen und existenziellen Beziehungen beachten, die jene verschiedenen Figuren miteinander unterhalten, anstatt den Heidegger der zwanziger Jahre auf einen zeitlosen Dialog mit Aristoteles oder Kant zurückzuführen.

    Die Entwicklung des jungen Heidegger ist nicht die eines in die reine Philosophie vertieften Forschers. Von 1910 bis 1932 radikalisiert sich Heideggers Denken kontinuierlich. Zunächst steht er einem antimodernistischen und nationalistischen Katholizismus nahe, der sich aus der Scholastik Carl Braigs⁸ und seiner persönlichen Bekanntschaft mit Conrad Gröber⁹ speist. Über die antiliberale und dezisionistische Theologie eines Friedrich Gogarten, mit der er für einige Jahre, von 1919 bis 1923, liebäugelt, gelangt er schließlich zu einer radikalen und immer politischeren Konzeption der Geschichtlichkeit, die er mit Erich Rothacker teilt und die ihn dazu führt, von 1932 an für die NSDAP zu stimmen. Die Persönlichkeiten, denen er in diesen drei aufeinanderfolgenden Phasen intellektuell jeweils nahe stehen wird – der katholische Theologe Engelbert Krebs, der protestantische Theologe Friedrich Gogarten und der »Geschichtsphilosoph« Erich Rothacker – werden wie er 1933 ihren Eintritt in die NSDAP verkünden.

    Anfang der zwanziger Jahre, als er in Freiburg bis 1923 Assistent Husserls ist, kommt sein Radikalismus am deutlichsten in seinen Briefen an Karl Löwith zum Ausdruck. Löwith ist zu diesem Zeitpunkt zusammen mit Oskar Becker einer der wichtigsten Studenten Heideggers. 1920 schreibt Heidegger an Löwith von seiner auch gegen das Christentum gerichteten »formalen Anzeige« der weltlichen Existenz:

    »Ich will mindestens etwas anderes – das ist nicht viel: nämlich was ich in der heutigen faktischen Umsturzsituation lebend als notwendig erfahre, ohne Seitenblick darauf, ob daraus eine neue Kultur wird oder eine Beschleunigung des Untergangs.«¹⁰

    Diese Radikalität der reinen Entscheidung des Seienden gegenüber dem Nichts, getroffen ohne Rücksicht auf Verluste, durch kein rationales Motiv zu untermauern, gehört zu den wesentlichen Grundlagen des Nationalsozialismus. Karl Löwith hat dies zu sehen vermocht:

    »der Geist des Nationalsozialismus hat es nicht so sehr mit dem Nationalen und dem Sozialen zu tun als vielmehr mit jener radikalen Entschlossenheit und Dynamik die jede Diskussion und Verständigung ablehnt, weil sie sich einzig und allein auf sich selber verläßt – auf das je eigene (deutsche) Seinkönnen.«¹¹

    Diese Diagnose wird bestätigt durch die Affinitäten zwischen dem politischen Dezisionismus Carl Schmitts, dem theologischen Dezisionismus Friedrich Gogartens und dem existenziellen Dezisionismus Heideggers, wie Karl Löwith sie in bemerkenswerter Weise nachgewiesen hat.¹²

    Die reine Entscheidung im Hinblick auf eine »authentische«, »eigentliche« Existenz, die sich nur durch sich selbst autorisiert, trachtet danach, alle vernünftige Abwägung, alle Vorsicht und letztlich alles wirkliche Denken zu negieren. Sie ist in diesem Sinne das Ende der Philosophie. Die von Heidegger während der Zwanziger Jahre auf seine Studenten ausgeübte besondere Faszination schuldet viel der Tatsache, dass im Unterschied zu Gogarten, der als Theologe die Entscheidung zum Glauben lehrt, oder im Unterschied zu Schmitt, der als Jurist den Dezisionismus der Theologie auf Politik und Recht überträgt, die heideggersche Entscheidung als reine Entschlossenheit des Seienden gegenüber dem Tod in gewisser Weise der Leere verhaftet bleibt und ein Zerstörungsprogramm der philosophischen Tradition erfordert, das insbesondere die Philosophie der menschlichen Individualität und des Ich nach Descartes ins Visier nimmt. Es ist dieses Programm, das 1927 in Sein und Zeit als ein zweiter Teil angekündigt wird. Dieser zweite Teil ist nie erschienen, aber für viele wird der Ankündigungseffekt ausgereicht haben. Wie Löwith schreibt: »Der innere Nihilismus und selbst Nationalsozialismus dieser nackten Entschlossenheit vor dem Nichts war zunächst (…) verdeckt.«¹³ Heideggers Radikalität der reinen Entscheidung und der eigentlichen Entschlossenheit hat während der Jahre von 1925 bis 1932 gewiss dazu beigetragen, seine Studenten und seine deutschen Leser geistig zu entwaffnen und sie für den »Ruf« der nationalsozialistischen »Revolution« empfänglich zu machen.

    In seiner Lehrtätigkeit und in seinen vor 1933 verfassten Schriften verfolgt Heidegger meist eine Strategie der Verdunkelung und Verbergung. Unter den bereits erwähnten Verbündeten Clauß, Becker, Rothacker, Baeumler ist er sicherlich der beste Stratege – und von daher auch der effizienteste und auf lange Sicht einflussreichste. Nur Heidegger hat es geschafft, glaubhaft vorzugeben, dass ein derart vom Nationalsozialismus durchtränktes Werk wie das seine einen Neubeginn für das Denken darstellen kann. Ludwig Clauß beginnt bereits 1923 damit, sich öffentlich zu erkennen zu geben. Heidegger im Gegenteil bekennt Farbe zunächst nur auf privater Ebene oder in einigen wenigen Briefen. Will man also versuchen, den Heidegger der zwanziger Jahre zu verstehen, so muss man sich ihm auf verschiedene Weisen nähern. Man muss die Entwicklung seiner Schriften analysieren, die intellektuellen Beziehungen zu den schon erwähnten Personen beachten, die Zeugnisse seiner ehemaligen Studenten zur Kenntnis nehmen und untersuchen, wie er seinen Antisemitismus in der Universitätspolitik umsetzt.

    Allerdings ist es notwendig, zunächst ein paar Worte über eine andere Seite Heideggers zu verlieren, bevor eine solche Studie in Angriff genommen werden kann, selbst wenn das vorliegende Buch nicht den Anspruch erhebt, diesen naturgemäß schwer greifbaren Aspekt, der in keiner Weise die Philosophie betrifft, vollständig zu durchleuchten. Hinter dem Universitätslehrer Heidegger verbirgt sich noch ein anderes Gesicht Heideggers, das sich durch sein Gespür für die verdeckte Aktion und seinen Geschmack am Geheimnis charakterisiert. Diese Dimension der Person hat nicht wenig zu dem Anstrich beigetragen, den er sich schon während der ersten Jahre seiner Lehrtätigkeit zu geben wusste, obwohl er bis dahin eigentlich noch fast nichts veröffentlicht hatte. Bekanntlich war Heidegger sehr früh in Aktivitäten des Graalsbundes involviert, deren geistiger Führer der Wiener Richard von Kralik war, der dem antisemitischen Rädelsführer Karl Lueger nahe stand.¹⁴ Auch später scheint ihn der Geschmack an Gemeinschaften, deren geheimer Meister er war, nicht verlassen zu haben. In der Korrespondenz mit Jaspers beispielsweise deuten mehrere Anspielungen in diese Richtung. In seinem langen Brief vom 22. Januar 1921 spricht er nicht ohne Herablassung von »einem bestimmten Kreis von mittelmäßigen Leuten«, die sich um Husserl scharten und »die versuchten, sich mir anzuhängen, was ihnen aber nicht gelingt. Sie meinen damit, daß sie Sätze aus meinen Vorlesungen nachschwatzen, sei es gewonnen. Dabei merken sie nicht, wie scharf ich sie in der Kontrolle habe.«¹⁵ Im selben Brief redet er in recht ungewöhnlicher Weise über Studenten, von denen noch die »Besten« seinen Worten nach »Schwarmgeister«, »Theosophen« oder »Georgianer« seien.¹⁶ Er spielt damit auf den George-Kreis an, aus dem zum Beispiel Heideggers Schüler Hans-Georg Gadamer hervorgegangen ist; aber auch auf andere Kreise ähnlicher Art, die er nicht näher bestimmt. Er selbst ist ständig umgeben von einer Schar getreuer Gefolgsleute – was zugleich den sichtbarsten Aspekt seiner übermächtigen Ausstrahlung bezeichnet. Als er 1923 seinen Ruf nach Marburg erhält, erwähnt er gegenüber Jaspers einen »Stoßtrupp von sechzehn Mann », der ihn begleitet.¹⁷ (Hinsichtlich der Davoser Begegnungen von 1929 zwischen Heidegger und dem Philosophen Ernst Cassirer sprach dessen Frau Toni Cassirer ebenfalls von der »Schar der Heideggerschen Elite«, »die ihn begleitete«.¹⁸) Die hervorstechendste Anspielung findet sich in einem Brief an Jaspers vom 14. Juli 1923. Nachdem er – wie es seine Gewohnheit war – den Zustand der deutschen Universität beklagt hat, schreibt er: »je organischer und konkreter und unauffälliger der Umsturz sich vollzieht, um so nachhaltiger und sicherer wird er sein.«¹⁹ Was Heidegger vorschwebt, ist also nicht eine individuelle Aktion, sondern ein geschickt eingefädelter Plan, der umso effizienter zu sein verspricht, je mehr er im Verborgenen und vorausschauend durchgeführt wird. Das erfordert, wie er deklariert, »eine unsichtbare Gemeinschaft.«²⁰ Mehr wird Heidegger gegenüber Jaspers nicht vernehmen lassen, obwohl er anscheinend damals Jaspers mit in diese »Kampfgenossenschaft«, wie er es nennt, hineinziehen wollte. Aber wir finden ähnliche Anspielungen in seinen Beiträgen zur Philosophie der Jahre 1936 bis 1938, was ein Anzeichen dafür ist, dass diese seine Vorlieben eine entscheidende Rolle in seinem politischen Engagement der dreißiger Jahre gespielt haben. Ein solcher zugleich radikaler, planmäßiger und geheimer Aktivismus ist Ausdruck einer Strategie der Macht und hat nichts Philosophisches an sich. Man begreift nur zu gut, dass er gegenüber Löwith sagen konnte, dass er kein Philosoph sei.²¹

    Die Vorträge von 1925 über Der gegenwärtige Kampf um eine historische Weltanschauung

    Schon sehr früh, bereits seit dem Ende der zehner Jahre, vertritt Heidegger Positionen, die zumindest bis zum Anfang der dreißiger Jahre – um nicht zu sagen: bis zum Schluss – die seinen bleiben werden, auch wenn sich seine Terminologie ab Ende der dreißiger Jahre beträchtlich verändern wird. Einerseits sind hier die Kritik einer jeden Form von Objektivierung zugunsten der gelebten Erfahrung, das Zurückweisen der Universalität als etwas Nicht-Authentisches ab 1919 und die Verachtung für das Ideal der Humanität zu erwähnen. Andererseits muss man die Selbstbehauptung und die Sorge um das Selbst ebenso wie die Aufmerksamkeit für die Geschichtlichkeit des Daseins betonen. Diese Dreh- und Angelpunkte behaupten sich in Heideggers Denken seit den Jahren 1919 bis 1923, während er an der Universität in Freiburg als Assistent Husserls lehrt. Heidegger stützt sich zu diesem Zeitpunkt vor allem auf Dilthey, aber auch auf Spengler, der gerade Der Untergang des Abendlandes publiziert hatte. So hält er bereits 1920 in Wiesbaden einen Vortrag mit dem Titel »Oswald Spengler und sein Buch Der Untergang des Abendlandes«.²² Heidegger nähert sich gerade Jaspers an, mit dem er sich in einer Kampfgenossenschaft sieht, in einem Kampf, der für Heidegger gegen den Neukantianismus gerichtet ist, aber auf kryptischere Weise auch gegen die Phänomenologie Husserls.

    Den Schein eines Bündnisses mit Husserl hält Heidegger, 1923 durch Empfehlung Husserls auf den Lehrstuhl einer außerordentlichen Professur nach Marburg berufen, weiter aufrecht, bis er 1928 zu dessen Nachfolger in Freiburg ernannt wird. Zwei Monate nach seiner Nominierung bricht er alle Verbindungen zu seinem ehemaligen Lehrer ab.

    Heideggers Denken konstituiert sich während dieser Jahre keinesfalls in der Isolation. Die Inspirationsquellen sind vielfältig und die kritischen Konfrontationen auch, selbst wenn all dies in Sein und Zeit zum Teil kaschiert wird. Seine Beziehungen zu Husserl und zum Denken Diltheys sind am besten erforscht. Wir haben seine Affinitäten zur Theologie Gogartens erwähnt. Eine vorübergehende Zusammenarbeit mit Rudolf Bultmann wäre hier hinzuzufügen. Auch muss man seine Beziehung zu Erich Rothacker beachten, der die Reihe »Philosophie und Geisteswissenschaften« ins Leben rief, deren erster Band, erschienen im Dezember 1923, der Briefwechsel zwischen Wilhelm Dilthey und dem Grafen Paul Yorck von Wartenburg war.²³ Dieser Briefwechsel und besonders die Person des Grafen faszinieren Heidegger. Ihm verdankt Heidegger vor allem seine Konzeption der Geschichtlichkeit, aber auch seine Forderung nach einem »Boden« für die Philosophie. Dabei sollte man wissen, in welch offen antisemitischen Begriffen Yorck auf das Problem des »Fehlens eines Boden« zu sprechen kommt. Geht es darum, zu veranschaulichen, was man darunter zu verstehen hat, dann verweist Yorck auf die »jüdischen Stämme«.

    »Ich gratuliere zu jedem einzelnen Fall, wo Sie die dünne jüdische Routine, der das Bewußtsein der Verantwortlichkeit für die Gedanken fehlt, wie dem ganzen Stamme das Gefühl psychischen und physischen Bodens, von dem Lehrstuhle fernhalten.«²⁴

    Es ist schwer, nicht an solche Äußerungen des Grafen zu denken, wenn Heidegger im Paragraphen 77 von Sein und Zeit gegen das wettert, was er seinerseits Bodenlosigkeit nennt und bei der Gelegenheit lobend auf die Briefe Yorcks verweist.

    Am 15. Dezember 1923 beginnt ein langer Briefwechsel zwischen Heidegger und Rothacker, der sich mindestens bis 1941 fortsetzt. Rothacker schlägt ihm vor, die Rezension des Briefwechsels Dilthey-Yorck für die kurz vorher gegründete Deutsche Vierteljahresschrift für Literaturwissenschaft und Geistesgeschichte zu übernehmen, deren Mitherausgeber Rothacker ist. Die 1924 abgeschlossene Rezension gerät viel zu lang, um von der Zeitschrift dann auch angenommen zu werden (sie umfasst siebzig Seiten!). Aber sie stellt wahrscheinlich eine Grundlage für die Kassler Vorträge (1925) und für Sein und Zeit dar, wo Heidegger im Paragraphen 77 auf Yorck zurückkommt. So steht nicht nur sein Hauptwerk in der Schuld des auf Initiative Rothackers herausgegebenen Briefwechsels, sondern umgekehrt ist letzterer einer der ersten, der von den Gedanken erfährt, die schon auf Sein und Zeit vorausdeuten.

    Seinerseits veröffentlicht Rothacker 1927, im Erscheinungsjahr von Sein und Zeit, seine Logik und Systematik der Geisteswissenschaften, und dann, 1934, seine Geschichtsphilosophie, zwei Werke, die mit Heidegger nicht nur eine gewisse Gemeinsamkeit im Denken aufweisen, sondern auch ein Verständnis seines Werks formulieren, das Beachtung verdient, weil es uns über den rassischen Hintergrund von Heideggers Arbeiten aufklärt.

    Ein weiterer Zeitgenosse dient als Bindeglied zwischen Heidegger und Rothacker: Alfred Baeumler, den Heidegger zu seinem Nachfolger machen will, als er 1928 Marburg verlässt, und dem er sich zu Beginn der dreißiger Jahre besonders nahe fühlt. Baeumler ist zudem der Herausgeber des Handbuchs der Philosophie, in der die beiden schon zitierten Monographien Rothackers erscheinen werden. Heidegger ist dieses Handbuch, das er Elisabeth Blochmann zur Lektüre empfiehlt, mit Sicherheit vertraut. Bevor wir jedoch Heideggers intellektuelle Beziehungen zu Rothacker studieren und das, was sie uns von den innersten Tendenzen Heideggers zu erkennen geben, ist es zunächst notwendig, auf die beiden Hauptwerke Heideggers während seiner Marburger Zeit einzugehen: die Vorträge von 1925 über Der gegenwärtige Kampf um eine historische Weltanschauung und Sein und Zeit.

    Kennt man die deutsche Geschichte und die Leitartikel dieser Zeit, dann konnte die auf die Gegenwart und auf die Geschichtlichkeit bezogene Verbindung von Kampf und Weltanschauung im Titel nicht ohne Hintergedanken sein. Eine der Achsen der Vorträge ist die Descartes-Kritik, und mit ihr die Kritik an der Philosophie des Ich (moi). Diese Kritik ist auch eng verbunden mit einer Infragestellung der Phänomenologie Husserls und der neukantianischen Erkenntnistheorie. Heidegger wirft der Phänomenologie vor, den Menschen als »Erlebniszusammenhang« zu bestimmen, der

    »durch die Einheit des Ich als eines Aktzentrums zusammengehalten wird. Nach dem Seinscharakter dieses Zentrums wird nicht gefragt.«²⁵

    Dazu müsste man auf einem Boden fußen, der ihm zufolge Husserl aber fehlt. Allem Anschein nach wird hier nicht der Begriff des Zentrums zurückgewiesen. Denn tatsächlich hatte Heidegger kurz vorher im dritten Vortrag zustimmend die Essays von Dilthey in Das Erlebnis und die Dichtung über Novalis, Hölderlin und Goethe erwähnt, und in diesem Zusammenhang die dort unternommene Anstrengung, die konkreten geschichtlichen Individuen von ihrem »geistigen Kern« und von ihrem Zentrum oder von ihrer »Mitte« ausgehend zu verstehen, einem Sprachgebrauch folgend, wie er damals im George-Kreis üblich war.²⁶ Es ist dies eine im Einvernehmen erfolgende Anspielung auf die damals in der Sammlung Werke der Wissenschaft erscheinenden historischen Monographien, auf deren Buchdeckeln stets das Swastika prangte, ein auch von George verwendetes Symbol. Heidegger verwirft also nicht den Begriff der »Mitte«, sondern das als ein Zentrum aufgefasste Bewusstsein und Ich. Für ihn formt sich diese Mitte nicht im menschlichen Bewusstsein, sondern in der Umwelt und im Boden, in welchem die Existenz verwurzelt ist. Er stigmatisiert also in Descartes denjenigen, der den Menschen als ein Ich bestimmt hat – übrigens ohne zu begreifen, dass dies keinesfalls Descartes’ These ist. Heidegger scheint nichts zu wissen über dessen Philosophie von der Einheit oder Union des Menschen, so wie sie insbesondere in seinen Briefen an die Prinzessin Elisabeth aus dem Jahr 1643 vorgestellt wird. Was Heidegger beibehalten hat, um es dann zu verwerfen, ist einzig der Ausgangspunkt des Ich, insofern er in der kantischen Befragung unter dem Gesichtspunkt der Erkenntnistheorie und des Subjekt-Objekt-Verhältnisses wieder aufgegriffen wird.

    Heidegger setzt an den Anfang, was er die Wirklichkeit des Lebens nennt. Dies führt ihn dann dazu, den Vorrang der »Umwelt« zu behaupten. Dieser Begriff ist nicht von ihm geschaffen worden, sondern von der nicht-darwinschen Biologie übernommen, von Uexküll. Und vor Heidegger findet er sich schon nicht nur bei Husserl selbst, sondern auch und vor allem bei einem aus der Phänomenologie kommenden Autor, Ludwig Clauß, der in Die nordische Seele ausdrücklich die husserlsche Methode auf die Beschreibung von Artung, Prägung und Schicksalsgemeinschaft des Volkes anwendet. Dieses Werk von Clauß erscheint bei Max Niemeyer²⁷, dem Verleger, der vier Jahre später Sein und Zeit veröffentlichen wird. 1925 ist Heidegger sicherlich gemäßigter oder weniger ausdrücklich als Clauß. Dennoch muss man erkennen, welche Konnotationen die Ersetzung des Bewusstseins durch die Umwelt in diesem intellektuellen Kontext haben kann.

    Zudem denkt Heidegger sicherlich an Uexküll, wenn er darauf hinweist, dass die Erkenntnis der Wechselbeziehung zwischen dem Leben und seiner Umwelt die Biologie zu durchdringen beginnt.²⁸ Zwar hat Heidegger in den dreißiger Jahren die darwinsche Biologie, die »liberale Biologie«, wie er sie nennt, immer bekämpft, tatsächlich aber hat er sich stets sehr stark von der »neuen Biologie«, wie er in einem Brief an Elisabeth Blochmann schreibt, beeinflussen lassen. Er meint damit die Biologie Uexkülls, der übrigens 1928 Herausgeber des Rassenforschers Houston S. Chamberlain wird.

    Wie wir noch im Detail zeigen werden, nimmt Heidegger jedenfalls die Geschichtsphilosophie von Rothacker sehr wohlgesonnen auf²⁹, eine Studie, die voller virulentem Nationalsozialismus steckt und gänzlich der Rassenkunde verschrieben ist. An zwei Stellen über die Beziehung des Seienden zu seiner Umwelt bringt Rothacker Heidegger mit Clauß in Verbindung und insistiert in diesem Zusammenhang auf dem Einfluss Uexkülls.³⁰

    Will man den Geist der Vorträge von 1925 zusammenfassen, dann lässt sich als allgemeine Ausrichtung Heideggers zu diesem Zeitpunkt festhalten: einen Boden bereiten, sich der Vergangenheit da bemächtigen, wo wir, wie er sagt, »die eigentlichen Wurzeln unserer Existenz finden und das lebenskräftig in die eigene Gegenwart hinübernehmen«.³¹ Was Heidegger in seinem Kampf um eine historische Weltanschauung mobilisiert, immer vorausgesetzt, dass für ihn die Geschichte nichts anderes ist als ein Geschehen, das wir selbst sind³², ist dieses Streben nach dem Boden, nach der eigentlichen Verwurzelung, nach der Befreiung der Lebenskräfte. Das »wir« bezeichnet dabei ganz offensichtlich die Deutschen, da ja in Heideggers Vorträgen nicht die Menschheit den Horizont abgibt, nicht einmal Europa, sondern, wie er sagt, »die Existenz unserer ganzen Nation«.³³ Von 1925 an lehnt er alle »undeutschen« Auffassungen ab, alles was nicht zu seiner Vorstellung von der geschichtlichen Gemeinschaft der deutschen Nation passt: die cartesianische Philosophie, den Neukantianismus, die Phänomenologie, wie sie von Husserl entwickelt worden war und die »sich auszeichnet durch Geschichtslosigkeit und – feindlichkeit«³⁴. Ab 1925 sind die Gegner klar benannt.

    Sein und Zeit. Vom individuellen Ich zur Schicksalsgemeinschaft des Volkes

    Zwei Jahre nach den Vorträgen von 1925 veröffentlicht Heidegger das Werk, das es ihm erlauben wird, in Freiburg die Husserl-Nachfolge anzutreten, und ihm immer mehr Beachtung über die Grenzen Deutschlands hinaus einbringen wird, insbesondere durch den Existenzialismus Sartres, obwohl dieser aus einem ganz anderen Holz geschnitzt ist. Sein und Zeit stellt das Paradox einer Ontologie ohne Kategorien dar, aufpoliert dadurch, dass Heidegger bei seiner Zurückweisung der aristotelischen Kategorie der Substanz in ganz scholastischer Weise den Infinitiv »sein« substantiviert, um fortan vom Sein zu sprechen. Zudem ersetzt er die transzendentale Analytik Kants durch eine Analyse des Daseins und stellt »Existenzialien« zur Diskussion – das In-der-Welt-Sein, das Mitdasein, das Sein zum Tode, usw. Diese stehen an der Stelle einer Kategorientafel. Der Kontrast zwischen der existenziellen Ausrichtung der Ausführungen und der durch und durch scholastischen Schwerfälligkeit seines Vortrags hat einige Leser fasziniert, andere abgestoßen. Die offensichtliche Unbestimmtheit seiner Erörterung trug, wie Löwith gezeigt hat, wesentlich zum Erfolg bei. Dabei gibt es in dem Buch wahrlich Anzeichen genug, bei denen die Philosophen hätten aufhorchen müssen: zuallererst die Liquidierung des Begriffs »Mensch«, der als zu »bestimmt« angesehen wird,³⁵ Heidegger zieht ihm den offensichtlich viel unbestimmteren Begriff des »Daseins« vor und pflegt dabei geradezu die Ambiguität. Der Leser kann den Eindruck gewinnen, dass es um die Beschreibung der individuellen Existenz geht, obwohl es sich in Wirklichkeit um etwas ganz anderes handelt, wie die Paragraphen 27 und 74 dann klar und deutlich zu erkennen geben.

    Der rote Faden des Buchs ist der einer doppelten Zurückweisung, die sich zugleich gegen jegliches Denken des Universalen und gegen alle Spielarten der Philosophie der individuellen Existenz richtet. Selbstverständlich wird damit die Philosophie Descartes’ zu einer der wichtigsten Zielscheiben von Sein und Zeit. Heidegger verwirft jeden Versuch der »Aufklärung« der Existenz, insofern dabei das Verständnis »fremdester Kulturen« als Grundlage dienen sollte. Genauso setzt er sich von dem Bemühen ab, zu einem universalen Verständnis des Daseins zu gelangen. Heidegger zufolge führte ein solches Bemühen nur dazu, das Dasein sich selbst fremd werden zu lassen, das heißt in die Bodenlosigkeit. »Entfremdung« und »Bodenlosigkeit« treten in dieser heideggerschen Zurückweisung des Universalen gehäuft auf den Plan.³⁶ Er verwirft ebenfalls jede Philosophie des Ich und der menschlichen Individualität. Dem auf eine »unverbindliche formale Anzeige« reduzierten Ich stellt Heidegger das als Mitdasein verstandene Selbst des Seienden entgegen.³⁷ In einer Formulierung, die den gesamten Ertrag des Paragraphen 27 zusammenfasst, bekräftigt er:

    »Die Selbigkeit des eigentlich existierenden Selbst ist (…) ontologisch durch eine Kluft getrennt von der Identität des (…) Ich.«³⁸

    Diese Eigentlichkeit des Selbst hat also nichts Individuelles an sich. Sie wird nur in der Zeitlichkeit und der Geschichtlichkeit des als Schicksal verstandenen Daseins erlangt. Das Schicksal ist hier selbst ein »Geschehen« und ein »Geschick«:

    »Das Geschick setzt sich nicht aus einzelnen Schicksalen zusammen, sowenig als das Miteinandersein als ein Zusammenvorkommen mehrerer Subjekte begriffen werden kann.«³⁹

    Man kann also kaum noch ausdrücklicher werden, als Heidegger es hier tut. Das eigentliche Dasein hat jede Spur des individuellen Seins ausgelöscht. Es vollzieht sich nur als gemeinsames »Geschick« im »Geschehen der Gemeinschaft, des Volkes.«

    An dieser Stelle des Paragraphen 74 – Höhepunkt der Ausführungen über die Geschichtlichkeit des Daseins und damit zugleich Gipfel des gesamten Werks, insofern alles auf die Paragraphen zur Geschichtlichkeit hinausläuft – sind die Begriffe, die zu den Grundlagen des Nationalsozialismus gehören, bereits gegenwärtig: Schicksalsgemeinschaft und Volksgemeinschaft. Sogar das biologische Motiv wird im Rückgriff auf die »Generation« im selben Paragraphen angedeutet. Heidegger übernimmt das Wort von Dilthey, wo es sowohl eine biologische, als auch eine soziale Bedeutung hat. Das »Elementare« weist gleichfalls in eine biologische Richtung. In diesem Zusammenhang bekommt die Unterscheidung zwischen dem eigentlichen Dasein und dem uneigentlichen »Man« einen stark diskriminierenden Sinn.

    Die Begriffe »Geschichtlichkeit«, »Geschehen« und »Generation« führt Heidegger freilich schon in Paragraph 6 ein, und zwar im Kontext der »elementaren Geschichtlichkeit des Daseins«. Hier spricht er schon vom »Elementaren«, einem der kryptischsten Pfeiler von Sein und Zeit. Insbesondere in den Paragraphen 41 und 42 begegnet man diesem »Elementaren« wieder: im Rahmen der ontologischen »elementaren Ganzheit« der Sorge. Deren »elementare Vorzeichnungen« finden sich in der Cura-Fabel, an die Konrad Burdach 1923 in der ersten Ausgabe von Rothackers Zeitschrift erinnert. Heidegger weist in einer Anmerkung darauf hin.⁴⁰ Der Rückgriff aufs Elementare in Verbindung mit dem Begriff der »Generation« wird bei den »Philosophen« des Nationalsozialismus« überaus folgenreich sein. Alfred Baeumlers Definition der mit »elementaren Verhaltungsweisen« gleichgesetzten Rasse, denen man im »Wechsel der Generationen« begegnet, ist nur ein Beispiel.⁴¹ In Heideggers jüngst veröffentlichten Schriften über Ernst Jünger ist das neue »Verhältnis zum Elementaren« ausdrücklich eine Frage der Rasse.⁴² In Wahrheit ist Sein und Zeit dem Willen verpflichtet, das Denken des Ich zu zerstören, um für die »radikalste Individuation«, die sich keinesfalls im Individuum, sondern in der organischen Unteilbarkeit der Volksgemeinschaft verwirklicht, Platz zu schaffen. Die »Destruktion« der cartesianischen Ontologie, im Entwurf des Buchs für den zweiten Abschnitt des zweiten Teils angekündigt, wird Heidegger niemals veröffentlichen⁴³, wahrscheinlich weil er sie niemals geschrieben hat. Indessen hat Heideggers rhetorische Überzeugungskraft anscheinend ausgereicht, damit gewisse Leser den reinen Ankündigungseffekt mit der Ausführung des Vorhabens verwechseln konnten. So hat beispielsweise Jürgen Habermas, ungeachtet der Tatsache, dass Heidegger seine Ankündigung niemals in die Tat umgesetzt hat, ein Loblied auf Sein und Zeit angestimmt:

    »Die bahnbrechende Leistung von Sein und Zeit besteht nun darin, daß Heidegger einen entscheidenden argumentativen Schritt zur Überwindung des bewußtseinsphilosophischen Ansatzes tut.«⁴⁴

    Er verschweigt dabei, dass im ganzen Werk keinerlei philosophische und kritische Analyse der cartesianischen Metaphysik des cogito sum zu finden ist. Anscheinend begreift er auch nicht, welche Gemeinschaftsdoktrin Heidegger seinen Lesern bereits zu dieser Zeit anempfiehlt. Den Heidegger von 1953 hat Habermas durchschaut und streng beurteilt. Doch den Heidegger von vor 1929 liest er sehr nachlässig.

    Alles was man in Sein und Zeit über das cartesianische »ich denke« lesen kann, erschöpft sich in wenigen Zeilen zu Beginn des 10. Paragraphen. Heidegger schreibt hier,

    »daß der Ansatz eines zunächst gegebenen Ich und Subjekts den phänomenalen Bestand des Daseins von Grund aus verfehlt.«⁴⁵

    Selbst die Paragraphen 19 bis 21, die einzigen, die eine etwas ausführlichere Diskussion Descartes’ enthalten, in der es aber um die res extensa und nicht um das ego cogito geht, werden von Heidegger als ein Provisorium bezeichnet, dessen »ausführliche Begründung (…) erst durch die phänomenologische Destruktion des ›cogito sum‹ « zu haben sein wird.⁴⁶

    Tatsächlich offenbart diese Abwesenheit, dass Heidegger dem cartesianischen »ich denke« keine philosophisch tragfähigen Argumente entgegen zu setzen weiß. Die anticartesianischen Diatriben seiner Vorlesungen aus dem Jahr 1933 beweisen dies deutlich genug. Die Zerstörung des Individuums und des menschlichen Ich und deren Ersetzung durch die Schicksalsgemeinschaft des Volkes stellt weder ihrer Intention noch ihrer Vorgehensweise nach ein rein philosophisches Unterfangen dar, sondern ist ein »politisches« Projekt, das zu den Grundlagen des Nationalsozialismus und seiner Lehre von der Volksgemeinschaft gehört.

    Heidegger, Becker, Clauß. Umwelt, Volksgemeinschaft und Rassenkunde

    Während seiner Marburger Zeit legte Heidegger nur zögerlich und schrittweise, mit äußerster Vorsicht, die Grundlagen seiner Lehre offen. In der Tat muss man Sein und Zeit im Lichte der Paragraphen über die Geschichtlichkeit und der Ausführungen des Paragraphen 74 über die Schicksalsgemeinschaft des Volkes lesen, um wirklich zu verstehen, wohin er seine Leser führen will. Dass diese Vorgehensweise auf einer ausgereiften Strategie beruht, kann man auch an einem Wort Heideggers erkennen, das Erich Rothacker von Ludwig Ferdinand Clauß zugetragen worden ist: »Was ich denke, das sage ich, wenn ich Ordinarius bin.«⁴⁷ Tatsächlich begann die politische Radikalität des heideggerschen Denkens erst ab 1929 klar und deutlich hervorzutreten, als er sich endlich in Freiburg als Nachfolger Husserls niederlassen konnte. Während also Heidegger 1954 auf dem Zenith seines Ruhmes angelangt war, blieb dem ein für alle mal diskreditierten Clauß zu diesem Zeitpunkt nichts anderes mehr übrig,

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